L 4 KR 2453/10 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1395/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2453/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. April 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren, die aufschiebende Wirkung einer von ihnen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) am 10. März 2010 erhobenen Klage (S 3 KR 1026/10) anzuordnen, mit welcher sie sich gegen die Bescheide der Beklagten vom 16. Februar 2010 über die Erhebung von Zusatzbeiträgen ab 01. Februar 2010 wenden.

Die beiden Kläger sind Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner bei der Beklagten. Die Beklagte nahm mit Genehmigung des Bundesversicherungsamts mit Wirkung zum 01. Februar 2010 in ihre Satzung folgende Regelung auf:

"§ 14 Zusatzbeitrag: Für Mitglieder beträgt der Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V monatlich EUR 8,00."

Über diese Änderung und das damit verbundene Sonderkündigungsrecht informierte die Beklagte mit Schreiben vom Februar 2010 auch die beiden Kläger. Diese teilten mit Schreiben vom 10. Februar 2010 der Beklagten mit, hiermit nicht einverstanden zu sein. Die Beklagte erläuterte daraufhin mit Schreiben vom 16. Februar 2010 die Anforderung des Zusatzbeitrags und erließ gegenüber beiden Klägern Bescheide vom 16. Februar 2010, wonach diese gemäß § 242 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i. V. mit § 14 der Satzung der Beklagten ab 01. Februar 2010 einen monatlichen Zusatzbeitrag von je EUR 8,00 zu entrichten hätten. Der Zusatzbeitrag sei auch dann zu entrichten, wenn die Kläger Widerspruch/Klage gegen den Bescheid erhöben. Eine Stundung bis zur abschließenden gerichtlichen Entscheidung sei nicht möglich. Der Beitrag sei am 15. des Folgemonats fällig.

Gegen die mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheide legten die Kläger mit Schreiben vom 09. März 2010 jeweils Widersprüche ein, die der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit den Widerspruchsbescheiden vom 14. Juli 2010 zurückwies. Krankenkassen hätten einen Zusatzbeitrag zu erheben, wenn ihr Finanzbedarf durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht gedeckt sei. Sie hätten eine entsprechende Bestimmung in ihre Satzung aufzunehmen. Die Krankenkasse könne dabei wählen, ob sie den Zusatzbeitrag prozentual (abhängig von der Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen) oder in Höhe eines gleichbleibenden monatlichen Betrags erhebe. Die Höhe des Zusatzbeitrags dürfe 1 v.H. der beitragspflichtigen Einnahmen nicht überschreiten. Nur wenn der monatliche Zusatzbeitrag den Betrag von EUR 8,00 nicht übersteige, entfalle die Prüfung der Einnahmen des Mitglieds (§ 242 Abs. 1 SGB V). Erhebe die Krankenkasse einen Zusatzbeitrag, könne die Mitgliedschaft zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden. Die Krankenkasse habe ihre Mitglieder auf dieses Kündigungsrecht spätestens einen Monat vor erstmaliger Fälligkeit hinzuweisen (§ 175 Abs. 4 Abs. 5 und 6 SGB V). Mit dem Informationsschreiben aus dem Februar 2010 seien die Kläger über die Erhebung des Zusatzbeitrags und das damit verbundene Sonderkündigungsrecht informiert worden. Dieses Schreiben sei ihnen spätestens am 15. Februar 2010, also einen Monat vor Fälligkeit des Zusatzbeitrags, zugestellt worden. Von ihrem Kündigungsrecht hätten sie keinen Gebrauch gemacht. Da der Zusatzbeitrag auf EUR 8,00 monatlich festgesetzt worden sei, gelte er für alle Mitglieder unabhängig von der Höhe ihrer Einnahmen. Ausnahmen seien nicht möglich; auch dann nicht, wenn die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen niedriger als EUR 800,00 seien. Die Belastungsgrenzen nach § 62 SGB V beträfen nicht den Zusatzbeitrag.

Bereits am 10. März 2010 hatten die Kläger Klage beim SG erhoben und auf ihre Zuzahlungsbefreiung als chronisch Kranke verwiesen. Auf entsprechenden Hinweis des SG, die Klage sei mangels Vorverfahrens derzeit unzulässig, erklärten die Kläger, die Klage nicht zurücknehmen zu wollen, mit einem Ruhen des Klageverfahrens bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens aber einverstanden zu sein. Zugleich erklärten sie mit Schriftsatz vom 30. März 2010, beim SG eingegangen am 31. März 2010, es solle/müsse eine "einstweilige Verfügung angesichts der Dringlichkeit zur Einstellung der Zusatz-Zahlungen und Zurücküberweisung schon gezahlter Beträge ... erfolgen." Die Zusatzbeiträge in Höhe von insgesamt EUR 16,00 seien für sie viel Geld. Die Pauschale verlasse auch das Prinzip der Solidargemeinschaft, nämlich die prozentuale Beitragshöhe nach dem Einkommen.

Diesem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz trat die Beklagte entgegen unter Verweis darauf, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erhebung des Zusatzbeitrags seien erfüllt.

Mit Beschluss vom 29. April 2010 lehnte das SG den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, ab. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung komme mangels anderer für die Abwägung relevanter Umstände im vorliegenden Fall dann in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide der Beklagten bestünden. Dies sei gemäß § 242 SGB V und § 14 der Satzung der Beklagten nicht der Fall. Die nach Maßgabe des § 62 SGB V zu beachtenden Belastungsgrenzen beträfen nur Zuzahlungen nach § 61 SGB V, mithin nur die Inanspruchnahme von im einzelnen in § 61 SGB V aufgeführten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung fänden diese bei der Beitragserhebung auch nach Maßgabe des § 242 SGB V keine Berücksichtigung. Anhaltspunkte dafür, dass der Zusatzbeitrag in Höhe von jeweils EUR 8,00 pro Monat für die Kläger eine unbillige, nicht durch überwiegend öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, seien für die erkennende Kammer nicht ersichtlich.

Am 20. Mai 2010 haben die Kläger Beschwerde beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Ergänzend zu ihren bisherigen Ausführungen tragen sie zur Begründung vor, der pauschale Zusatzbeitrag verstoße gegen § 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), die soziale Gerechtigkeit und auch das Europäische Sozialrecht. Eine prozentuale Beitragszahlung nach dem Einkommen werde grundsätzlich akzeptiert, müsse aber bei der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V, die sie erreicht hätten, aufhören. Auch § 242 SGB V begrenze ausdrücklich den Zusatzbeitrag auf 1 vom Hundert der beitragspflichtigen Einnahmen. Vorrangig vor Beitragserhöhungen müssten Organisation und Strukturen des Gesundheitswesens verbessert werden. Der Kläger zu 1) verfüge über eine Rente in Höhe von EUR 1.223,27 brutto bzw. EUR 1.192,78 netto. Die Bruttorente der Klägerin zu 2) betrag EUR 426,89, ihre Nettorente EUR 388,61. Sie zahlten den Zusatzbeitrag laufend. Hierzu haben die Kläger eine Rentenanpassungsmitteilung und Kopien von Kontoauszügen vorgelegt.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. April 2010 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 10. März 2010 (S 3 KR 1026/10) wegen der Bescheide vom 16. Februar 2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14. Juli 2010 anzuordnen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des einstweiligen Rechtsschutzes beider Rechtszüge sowie der Gerichtsakte S 3 KR 1026/10 des Sozialgerichts Karlsruhe sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Kläger ist zulässig. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen. Mit den beiden Bescheiden vom 16. Februar 2010 an die beiden Kläger hat die Beklagte nämlich einen monatlichen Zusatzbeitrag ab 01. Februar 2010 in Höhe von je EUR 8,00 zeitlich unbegrenzt und damit für mehr als ein Jahr gefordert (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die zulässige Beschwerde der Kläger ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 10. März 2010 (S 3 KR 1026/10) wegen der Bescheide vom 16. Februar 2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14. Juli 2010 anzuordnen, abgelehnt.

Das von den Klägern im Schriftsatz vom 30. März 2010 an das SG formulierte Begehren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Einstellung der Zahlungen des Zusatzbeitrags hat das SG zutreffend als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Bescheide vom 16. Februar 2010 ausgelegt. Nachdem am 14. Juli 2010 jeweils Widerspruchsbescheide ergangen sind, war das Begehren der Antragsteller sinngemäß nunmehr dahingehend auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung der am 10. März 2010 erhoben und nach Abschluss des Vorverfahrens nunmehr zulässig gewordenen Klage angeordnet werden soll. Mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung wäre nämlich die Zahlungspflicht aus den angefochtenen Bescheiden bis zum Eintritt der Bestandskraft dieser Bescheide suspendiert.

Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die von den Klägern gegen die Bescheide vom 16. Februar 2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14. Juli 2010 erhobene (Anfechtungs-)Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Denn nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung (von Widerspruch und Klage) bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Mit den angefochtenen Bescheiden erhebt die Beklagte Zusatzbeiträge, mithin Beiträge.

Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu entscheiden. Maßgeblich ist, ob das Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit schwerer wiegt als das gegenläufige Interesse am Erhalt der aufschiebenden Wirkung. Die Interessenabwägung fällt grundsätzlich von vornherein zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit aus, wenn die gegenläufigen Interessen nicht schutzwürdig sind, weil die Klage gegen den Verwaltungsakt aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur summarischen Prüfung erkennbar aussichtslos ist. Sie fällt von vornherein für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aus, wenn der Verwaltungsakt nach summarischer Prüfung erkennbar rechtswidrig ist. Ist keiner dieser Fälle der erkennbaren Aussichtslosigkeit der Klage oder der erkennbaren Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts gegeben, so sind die beteiligten Interessen anhand sonstiger Umstände im Einzelfall zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen.

Im Rahmen der Interessenabwägung spricht gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage S 3 KR 1026/10, dass aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes die mit der Klage angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 16. Februar 2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14. Juli 2010 nicht erkennbar rechtswidrig sind.

Mit Wirkung vom 01. Januar 2009 hat der Gesetzgeber in das Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in § 242 Abs. 1 folgende Regelung eingefügt: Soweit der Finanzbedarf einer Krankenkasse durch die Zuweisungen aus dem Fonds nicht gedeckt ist, hat sie in ihrer Satzung zu bestimmen, dass von ihren Mitgliedern ein Zusatzbeitrag erhoben wird. Der Zusatzbeitrag ist auf 1 v.H. der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds begrenzt. Abweichend hiervon erhebt die Krankenkasse den Zusatzbeitrag ohne Prüfung der Höhe der Einnahmen des Mitglieds, wenn der monatliche Zusatzbeitrag den Betrag von EUR 8,00 nicht übersteigt.

Hiernach hatte die Beklagte, nachdem ihr Finanzbedarf durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht gedeckt war, in ihrer Satzung eine Bestimmung über einen Zusatzbeitrag zu treffen, was mit dem mit Wirkung zum 01. Februar 2010 eingefügten § 14 der Satzung der Beklagten erfolgte. Die Satzungsänderung ist nach Maßgabe des § 195 Abs. 1 SGB V von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden. Der Senat lässt im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes offen, ob und in welchem Umfang die Frage der finanziellen Unterdeckung als Voraussetzung der Erhebung des Zusatzbeitrags der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Jedenfalls nach der im vorläufigen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung kann davon ausgegangen werden, dass angesichts der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde diese Voraussetzung mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt.

Es ist mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 242 Abs. 1 Satz 3 SGB V vereinbar, dass die Beklagte diesen Zusatzbeitrag in § 14 ihrer Satzung einkommensunabhängig auf EUR 8,00 pro Monat und Mitglied festgesetzt hat. Nur bei Festsetzung eines höheren Zusatzbeitrags wäre sie gezwungen gewesen, in ihrer Satzung entsprechend der Regelung in § 242 Abs. 1 Satz 2 SGB V eine Einkommensabhängigkeit des Beitrags vorzusehen.

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, gilt die Belastungsgrenze des § 62 SGB V für Zuzahlungen im Sinne des § 61 SGB V, nämlich für bestimmte in Anspruch genommenen Leistungen, und nicht für den Zusatzbeitrag gemäß § 242 SGB V. Für letzteren hat der Gesetzgeber vielmehr eine "Überforderungsklausel" dahingehend geschaffen, dass der Zusatzbeitrag für jedes Mitglied bis zu EUR 8,00 monatlich betragen darf und darüber hinausgehend höhere Zusatzbeiträge bis zur Grenze von 1 v.H. der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds zulässig sind.

Die Kläger sind auch rechtzeitig auf das Sonderkündigungsrecht gemäß § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V mit dem Schreiben der Beklagten hingewiesen worden, das ihnen vor dem 10. Februar 2010 zugegangen sein muss. Insoweit hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 einen erneuten Ausdruck dieses Schreibens vom 31. Mai 2010 vorgelegt, der seitens der Kläger unwidersprochen geblieben ist. Erstmals war der ab 01. Februar 2010 erhobene Zusatzbeitrag am 15. des Folgemonats fällig, also am 15. März 2010.

Sind sonach die angefochtenen Bescheide vom 16. Februar 2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14. Juli 2010 nicht erkennbar rechtswidrig, so ist auch nicht ersichtlich, dass den Klägern durch die Vollziehung der Bescheide unbillige nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härten entstünden. Die Kläger verfügen insgesamt über Nettorenteneinkünfte von zusammen EUR 1.581,39. Weitere Einzelheiten zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Kläger sind nicht bekannt. Es spricht vieles dafür, dass den Klägern jedenfalls die vorläufige Belastung mit den Zusatzbeiträgen in Höhe von zusammen EUR 16,00 monatlich bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens angesichts ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse zuzumuten ist. Jedenfalls gebieten diese wirtschaftlichen Verhältnisse eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung aus folgenden Gründen nicht: Zum einen besteht bei Bedürftigkeit der Kläger die Möglichkeit der Beantragung von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bzw. Sozialhilfe nach Maßgabe des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII). Die Übernahme der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung nach dem SGB V umfasst gemäß §§ 42 Satz 1 Nr. 4, 32 Abs. 4 SGB XII ausdrücklich auch den Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V in der ab dem 01. Januar 2009 geltenden Fassung. Zum anderen besteht auch nach Verstreichen der Frist für das Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V weiterhin die Möglichkeit der Ausübung des Kassenwahlrechts gemäß § 175 SGB V. Die Kläger könnten also eine andere Krankenkasse wählen, die Zusatzbeiträge nicht erhebt. Diese darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen (§ 175 Abs. 1 Satz2 SGB V). Eine Vielzahl gesetzlicher Krankenkassen erhebt weiterhin keine Zusatzbeiträge, wie einer Vielzahl von Veröffentlichungen in den Medien zu entnehmen ist (vgl. etwa auch die von einem privaten Betreiber erstellte Übersicht unter www.kranken-kassen.de sowie die Informationsangebote der verschiedenen Krankenkassen). Angesichts ansonsten gleich hoher Beiträge hätten die Kläger somit ohne Weiteres die Möglichkeit, durch einen Kassenwechsel bei weitestgehend gleichem Leistungsumfang die Befreiung von dem Zusatzbeitrag zu erreichen. Anhaltspunkte dafür, dass innerhalb der letzten 18 Monate eine Ausübung des Kassenwahlrechts erfolgt wäre und daher derzeit ein weiterer Kassenwechsel nach Maßgabe des § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V nicht möglich wäre, bestehen nicht.

Sonach ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung weder aufgrund der Erfolgsaussichten in der Hauptsache noch wegen einer unbilligen nicht durch Überwiegen der öffentlichen Interessen gebotenen Härte anzuordnen. Vielmehr hat bei dieser Sachlage das vom Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG berücksichtigte öffentliche Interesse an der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Sozialleistungsträger durch vollständige und pünktliche Erzielung ihrer Einnahmen Vorrang.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der (weiteren) Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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