L 4 KR 2807/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2814/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2807/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger für die Jahre 1999, 2004 und 2006 wegen einkommensabhängiger Beitragseinstufung die Erstattung von zu viel gezahlten Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung (KV) in Höhe von EUR 6.691,05 verlangen kann.

Der am 1948 geborene Kläger war vom 01. Januar 1989 bis zum 31. Dezember 1998 bei der Beklagten als Angestellter (mit Krankengeldanspruch) wegen eines Arbeitsentgelts oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (Entgelt 1995 DM 93.600,00, 1996 DM 96.000,00, 1997 DM 98.400,00 und 1998 DM 100.800,00) freiwillig krankenversichert, zuletzt mit einem monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung von DM 882,00, und bei deren Pflegekasse pflegepflichtversichert. Seit 01. Januar 1999 war er als Kaufmann im Grundstücks- und Wohnungsbereich selbstständig tätig. Mit Schreiben vom 28. Dezember 1998 hatte die Beklagte den Kläger auf die Änderung des Versicherungsverhältnisses auf Grund des Endes des Beschäftigungsverhältnisses zum 31. Dezember 1998 hingewiesen. Unter anderem wurde die Frage gestellt, ob seine Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung fortgeführt werden solle. In der Abschrift einer Erklärung (Bl. 3 der Verwaltungsakte der Beklagten), deren Original (Bl. 2 der Verwaltungsakte der Beklagten) unlesbar ist, die keine Unterschrift und kein Datum enthält, war angegeben "Ich (der Kläger) möchte weiterhin Mitglied der DAK sein und übe hiermit mein Wahlrecht zum 01. Januar 1999 aus." Er (der Kläger) sei hauptberuflich selbstständig tätig. Ferner war angegeben: "Meine Einkünfte betragen über 6.375,00 DM Einstufung soll ohne Krankengeld erfolgen". Mit Einstufungsbescheid vom 29. Dezember 1998 stufte die Beklagte den Kläger ab 01. Januar 1999 in die Versicherungsklasse F11 0 (Beitragsstufe 00) ohne Anspruch auf Krankengeld ein und setzte den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung auf DM 841,50 fest. Dem Einstufungsbescheid war ein Blatt 2 mit "Hinweisen zum Einstufungsbescheid" beigefügt, wobei der Einstufungsbescheid den Zusatz enthielt: "Beachten Sie bitte auch die Hinweise auf Blatt 2.". Auf Blatt 2 hieß es für "hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige": "Überschreiten die beitragspflichtigen Einnahmen die jeweils maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht, kann eine abweichende Einstufung erfolgen, wenn die niedrigeren Einnahmen nachgewiesen werden. Wir erteilen Ihnen gern weitere Auskünfte." Ferner waren in dem Einstufungsbescheid als Anlagen "Beitragstabelle" und "Einzugsermächtigung" angekreuzt. Der Kläger bestreitet, die Anlagen sowie das Blatt 2 erhalten zu haben. Ferner erließ die Pflegekasse der Beklagten den Einstufungsbescheid vom 29. Dezember 1998, in dem der monatliche Beitrag zur Pflegeversicherung ab 01. Januar 1999 auf DM 108,38 festgesetzt war mit dem Hinweis, dass für die Beitragsbemessung beitragspflichtige Einnahmen von monatlich über DM 6.375,00 zugrunde zu legen seien. Der Kläger bezahlte in der Folgezeit die festgesetzten Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung. Neue Einstufungsbescheide bei Änderung der Rechnungsgrößen in der Sozialversicherung sowie bei der Änderung des Beitragssatzes ergingen danach nicht.

Nach dem Bescheid für 1999 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer des Finanzamts R. (FA) vom 31. Oktober 2001 beliefen sich die Einkünfte des Klägers (Gesamtbetrag) auf DM 64.429,00. Dieser Bescheid wurde mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12. August 2009 vorgelegt (Bl. 25, 26 der LSG-Akte). Nach dem vorläufigen Steuerbescheid für 2004 vom 21. Juli 2005, vorgelegt am 28. Dezember 2009, waren beim Kläger negative Einkünfte von EUR 14.879,00 festgestellt worden (Bl. 55 der LSG-Akte). In dem geänderten Bescheid für 2004 vom 05. Dezember 2007, der dem Kläger am 06. bzw. 07. Dezember 2007 zugegangen war und den er im Dezember 2007 der Beklagten vorgelegt hatte, waren beim Kläger die Einkünfte mit insgesamt EUR 57.543,00 festgestellt worden (Bl. 8, 9 der Verwaltungsakte der Beklagten). Im entsprechenden Steuerbescheid für 2005 vom 06. Dezember 2007, der dem Kläger am 10. Dezember 2007 zugegangen war und den er der Beklagten im Dezember 2007 vorgelegt hatte, waren negative Einkünfte (Gesamtbetrag) von EUR 15.598,00 festgesetzt (Bl. 10, 11 der Verwaltungsakte der Beklagten). Im weiteren Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 07. Dezember 2007, der dem Kläger am 10. Dezember 2007 zugegangen war und den er der Beklagten ebenfalls im Dezember 2007 vorgelegt hatte (Bl. 12, 13 der Verwaltungsakte der Beklagten), sind negative Einkünfte (Gesamtbetrag) von EUR 85.710,00 festgestellt (bei negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb von EUR 113.508,00 und Einkünften aus Kapitalvermögen, abzüglich Werbungskostenpauschale und Sparerfreibetrag, von EUR 7.172,00 sowie aus Vermietung und Verpachtung von EUR 20.626,00).

Unter Vorlage der genannten Einkommensteuerbescheide für 2004 vom 05. Dezember 2007, für 2005 vom 06. Dezember 2007 und für 2006 vom 07. Dezember 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten am 27. Dezember 2007 die "Rückstufung der letzten zehn Jahre". Die Beklagte erließ daraufhin den Beitragsbescheid vom 30. Januar 2008, mit dem sie den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung ab 01. Januar 2008 auf EUR 353,06 festsetzte (weiterhin Versicherungsklasse F11 0 ohne Anspruch auf Krankengeld). Der Beitrag für die freiwillige Krankenversicherung bemesse sich nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers. Insoweit sei ein monatlicher Betrag von EUR 2.434,92 zu Grunde zu legen. Dieser ergebe sich aus den angegebenen und mit Einkommensteuerbescheid für 2006 nachgewiesenen beitragspflichtigen Einnahmen. Ferner erließ die Pflegekasse der Beklagten den Bescheid vom 30. Januar 2008, in dem der monatliche Beitrag zur Pflegeversicherung ab 01. Januar 2008 aufgrund beitragspflichtiger Einnahmen von ebenfalls EUR 2.434,92 monatlich auf EUR 41,40 festgesetzt wurde. Weiter lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Februar 2008 die rückwirkende Änderung der Einstufung ab. Der Kläger sei bei ihr (der Beklagten) seit Jahren als hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger geführt worden, wobei die Beitragseinstufung in der Vergangenheit nach Einnahmen in Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze erfolgt sei. Aufgrund des Antrags vom 27. Dezember 2007 und des vorgelegten Einkommensteuerbescheids für 2006 sei eine Beitragsumstufung ab 01. Januar 2008 vorgenommen worden, indem beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von monatlich EUR 2.434,92 zu Grunde gelegt worden seien. Der Kläger habe in einem Gespräch vom 20. Januar 2008 zwar geltend gemacht, in den vergangenen zehn Jahren mangels notwendiger Beratung wesentlich zu hohe Beiträge entrichtet zu haben. Nach der Vorschrift des § 240 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) würden jedoch für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige seien, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 SGB V, bei Nachweis niedrigerer Einnahmen der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (Mindestbeitragsbemessungsgrenze) gelten. Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises könnten nur vom ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Daraus sei ersichtlich, dass für den Kläger als hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigen grundsätzlich die Beitragseinstufung nach beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2008 = EUR 3.600,00) vorzunehmen sei. Liege das tatsächliche Einkommen unter der Beitragsermessungsgrenze könne auf Antrag und bei entsprechendem Nachweis eine einkommensbezogene Einstufung vorgenommen werden, wobei die Mindestbeitragsbemessungsgrenze zu beachten sei. Die Einnahmen des Klägers überstiegen weiterhin die Mindestbemessungsgrenze (2008 = EUR 1.863,75). Bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen könne die vom Kläger begehrte Saldierung der Verluste aus Negativ-Einnahmen aus Gewerbebetrieb mit den Einkünften aus Kapitalvermögen und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht vorgenommen werden. Insoweit stütze sie sich auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG), wonach die Zulässigkeit des so genannten "horizontalen Verlustausgleichs" verneint werde. Die einkommensbezogene Beitragseinstufung sei nach Maßgabe des § 240 Abs. 4 Satz 5 SGB V (in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) nur zukunftsorientiert möglich; nachdem der Antrag und der Einkommensteuerbescheid erst am 27. Dezember 2007 eingegangen seien, habe eine Änderung erst zum 01. Januar 2008 erfolgen können. Bezüglich der bemängelten fehlenden Beratung in der Vergangenheit sei darauf hinzuweisen, dass sie (die Beklagte) ihre Mitglieder regelmäßig im Mitgliedermagazin über die einkommensabhängige Beitragsbemessung Selbstständiger informiere. Ebenso ergebe sich aus den Beitragstabellen eindeutig, dass eine einkommensbezogene Einstufung Selbstständiger nur auf Antrag erfolgen könne. Der Kläger habe sich in der Vergangenheit selbst über die Möglichkeit der einkommensbezogenen Einstufung informieren können. Im Einstufungsbescheid vom 29. Dezember 2008 sei der Hinweis auf die einkommensbezogene Einstufung enthalten gewesen.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er berief sich auf § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sowie auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Die Abschrift, in der angegeben sei, seine Einkünfte betrügen über DM 6.375,00, trage keine Unterschrift von ihm. Er sei bis 31. Dezember 1998 angestellt und krankenversichert gewesen. Seitdem sei er selbstständiger Gewerbetreibender und freiwillig versichert. Dabei hätten seine Einkünfte zum 01. Januar 1999 über der Beitragsbemessungsgrenze 1999 von damals DM 6.375,00 gelegen. Bl. 2 des Einstufungsbescheids habe er nie erhalten. Ein Hinweis auf irgendeine Befristung auf eine abweichende Einstufung sei ohnehin nicht gegeben worden, auch kein mündlicher Hinweis. Er sei so zu stellen, wie wenn er ordnungsgemäß belehrt worden wäre; er hätte dann zeitnah sein tatsächliches Einkommen nachgewiesen. Von 1999 bis 2003 habe sein Einkommen weit unter der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze gelegen. Für die Jahre 2004 bis 2006 verweise er auf die vorgelegten Einkommensteuerbescheide. Allein ab 01. Januar 2004 sei eine Überzahlung von EUR 8.405,86 entstanden. Dieser Rückzahlungsanspruch ergebe sich einerseits aus einem Beratungsfehler der Beklagten, die ihn schon bei der ersten Einstufung am 29. Dezember 1998 nicht hinreichend darauf aufmerksam gemacht habe, dass ihrer Ansicht nach keine rückwirkende Neueinstufung und Verminderung der Krankenversicherungsbeiträge möglich sei. Vielmehr sei ihm erklärt worden, für selbstständige Versicherte gebe es nur einen Beitrag. Ferner ergebe sich der Rückzahlungsanspruch aus der Nebenbestimmung zum ursprünglichen Einstufungsbescheid vom 29. Dezember 1998, aus der gerade nicht hervorgehe, dass eine rückwirkende Einstufung nicht möglich sein solle; dies gelte auch für den Fall, dass die Beklagte weiterhin behaupte, der Hinweis sei ihm zugegangen. Dieser sei nicht vollständig und irreführend. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsausschusses vom 16. Juli 2008 zurückgewiesen. Das Recht sei bei Erlass des Bescheids vom 29. Dezember 1998 nicht unrichtig angewandt worden und es sei auch nicht von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweise. Der Kläger könne sich auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Kläger in der Vergangenheit über niedrigere Einkünfte als nach der Beitragsermessungsgrenze verfügt habe. Sie (die Beklagte) übersende ihren Mitgliedern regelmäßig das DAK-Magazin. In diesem Magazin seien auch die Beitragstabellen abgedruckt. Diese enthielten Aussagen über Beiträge für Selbstständige mit nachgewiesenen Einnahmen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze. Der Kläger habe also über die Information verfügt, dass eine einkommensbezogene Einstufung möglich sei. Dennoch habe er einen Nachweis über niedrigere Einnahmen erst am 27. Dezember 2007 erbracht.

Deswegen erhob der Kläger am 05. August 2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) und begehrte zunächst, ihm die ab 01. Januar 2004 zu viel gezahlten Beiträge zu erstatten (Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 29. September 2008), in der mündlichen Verhandlung des SG am 28. April 2009 dann, unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2008 ihm die ab 01. Januar 1999 zu viel gezahlten Beiträge zu erstatten. Er verwies auf die Widerspruchsbegründung. Der ihm zugesandte Einstufungsbescheid vom 29. Dezember 1998 habe keine weiteren Hinweise enthalten. Er habe zu keinem Zeitpunkt angegeben, dass eine Einkünfte monatlich über DM 6.375,00 liegen würden. Er gehe davon aus, dass diese Angabe hausintern bei der Beklagten in das Formular aufgenommen worden sei. Damals sei ihm von der Mitarbeiterin G. D. (früher H.) gesagt worden, dass es bei der Beklagten nur einen Tarif gebe, in den er (der Kläger) eingestuft werde; es bestehe keine andere Möglichkeit der Einstufung. Er sei weder schriftlich noch mündlich darauf hingewiesen worden, dass bei Änderung des Einkommens auch der Beitrag geändert werden könne. Bei richtiger Beratung hätte er auf jeden Fall die geringeren Einkünfte zwecks Rückstufung nachgewiesen. Ersichtlich habe die Beklagte bei der Einstufung ab 01. Januar 1999 das Einkommen zu Grunde gelegt, dass er vor Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit erzielt habe. Im Jahre 2007 habe dann die Mitarbeiterin M. S. ihn in seinem Büro aufgesucht und erklärt, sie habe festgestellt, dass ein Beratungsfehler der Kasse vorliegen würde sowie er einen Rückerstattungsanspruch habe. Dieses Gespräch habe in Gegenwart seiner Partnerin Dr. R. L. stattgefunden.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage einer schriftlichen Äußerung der M. S. entgegen.

Das SG vernahm G. D. im Termin vom 28. April 2009 als Zeugin. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 28. April 2009 (Bl. 33/36 der SG Akte) verwiesen.

Mit Urteil vom 28. April 2009, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 11. Mai 2009 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht eine rückwirkende Änderung der Einstufung für die Beitragszahlung vor dem 01. Januar 2008 und damit ab 01. Januar 1999 abgelehnt, weil der Kläger Einkommensteuerbescheide erst im Dezember 2007 vorgelegt habe. Der Kläger sei auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, wie wenn er rechtzeitig niedrigere Einnahmen nachgewiesen hätte und in der Folge die einkommensbezogene Einstufung durchzuführen gewesen wäre. Eine fehlerhafte Beratung oder Auskunft durch die Beklagte gemäß §§ 14, 15 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sei zur Überzeugung der Kammer nicht belegt. Der Kläger habe nicht persönlich bei der Beklagten vorgesprochen. Es sei vielmehr ein Telefongespräch geführt worden. Der Kläger könne auch nicht mehr angeben, ob er mit der Zeugin D. oder einer anderen Mitarbeiterin der Beklagten gesprochen habe. Er habe ausgeführt, er habe nach niedrigen Beiträgen, beispielsweise nach Herabstufungsmöglichkeiten bei Selbstbeteiligung gefragt, wonach ihm gesagt worden sei, dies sei nicht möglich, es gebe nur einen Tarif. Daraus könne eine Fehlberatung nicht hergeleitet werden. Möglich erscheine vielmehr ein Missverständnis, wonach die Mitarbeiterin der Beklagten Angaben nur zur fehlenden Möglichkeit der Selbstbeteiligung gemacht habe, weil sie den Kläger so verstanden habe, dass danach gefragt worden sei, der Kläger aber Auskunft generell zu günstigeren Beiträgen gewünscht habe, dies jedoch nicht so verstanden worden sei. Nachdem im Schreiben des Klägers (schlecht leserlich) vermerkt worden sei, dass seine Einkünfte über DM 6.375,00 betrügen, spreche vieles dafür, dass doch darüber gesprochen worden sei, ob die künftigen prognostizierten Einkünfte der Höhe nach vergleichbar den früheren vor der Selbstständigkeit über der Beitragsbemessungsgrenze liegen würden. Zwar sei es schlüssig und leuchte ein, dass es den Kläger darauf angekommen sei, nach Möglichkeit niedrigere Beiträge zu leisten. Die Einzelheiten des vor über zehn Jahren geführten Gesprächs ließen sich jedoch in Folge des Zeitablaufs und nachdem dem Kläger der Name der Mitarbeiterin der Beklagten nicht sicher bekannt sei, nicht mehr aufklären. Die Zeugin D. habe nur ausführen können, wie die Beratung üblicherweise von ihr durchgeführt werde; an das Gespräch mit dem Kläger habe sie sich, was nach dem langen Zeitablauf überzeuge, nicht mehr erinnern können. Dem Kläger hätte es sich zudem aufdrängen müssen, bezüglich des fehlenden Hinweisblattes bei der Beklagten nachzufragen. Hierbei werde davon ausgegangen, dass er das regelmäßig mitgeschickte Hinweisblatt im Ausnahmefall hier nicht erhalten habe. Der Einstufungsbescheid habe jedoch den hervorgehobenen Vermerk enthalten: "Beachten Sie bitte auch den Hinweis auf Blatt 2". Eine Nachfrage habe der Kläger nicht vorgenommen. Weiterhin habe für ihn die Möglichkeit der Information im Mitteilungsblatt der Beklagten bestanden. Ein Beratungsversäumnis der Beklagten, das kausal für die unterbliebene Vorlage von Einkommensteuerbescheiden gewesen sei, sei zur Überzeugung des Gerichts nicht festzustellen. Auch aus der Aussage einer anderen Mitarbeiterin der Beklagten, diese als zutreffend unterstellt, es habe ein Beratungsfehler vorgelegen, sei nichts anders herzuleiten. Eine solche mündliche Äußerung ergebe keine Grundlage für einen Herstellungsanspruch. Eine schriftliche Zusage habe nicht vorgelegen.

Gegen das Urteil des SG hat der Kläger am Tag nach Fronleichnam, am Freitag 12. Juni 2009, schriftlich Berufung beim SG zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er begehrt die Erstattung von zu viel gezahlten Beiträgen für die Jahre 1999, 2004 und 2006 in Höhe von EUR 6.691.05. Auch Pflegeversicherungsbeiträge seien in Höhe von EUR 850,18 überzahlt worden. Mit dem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 29. September 2008 habe er (der Kläger) sein Begehren nicht auf die Erstattung von Beiträgen seit 01. Januar 2004 beschränkt. Vielmehr sei es ihm, wie im Widerspruchsverfahren, auch um die Erstattung der zu viel gezahlten Beiträge für 1999 gegangen. Nach dem (jetzt vorgelegten) Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 31. Oktober 2001 habe bei ihm im ersten Jahr der Selbstständigkeit das monatliche Einkommen EUR 2.745,17 betragen. Es habe damit - ebenso wie 2004 und 2006 - unter der Beitragsbemessungsgrenze gelegen. Durch den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 05. Dezember 2007 sei der frühere vorläufige Bescheid vom 21. Juli 2005 geändert werden. Der Rückzahlungsanspruch für die Jahre 1999, 2004 und 2006 ergebe sich einerseits aus § 44 SGB X und ferner aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Dieser Rückzahlungsanspruch bestehe unabhängig von "§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V". Der Beklagten sei anlässlich der Umstellung auf die Beiträge als freiwillig Versicherter ein Beratungsversäumnis anzulasten. Die Beklagte habe die Pflicht gehabt, ihn umfassend zu beraten. Die Beklagte habe auch vergessen, ihm das entsprechende Hinweisblatt zu schicken. Hier hätte das bloße Merkblatt, das im Übrigen keinen Hinweis darauf enthalte, dass eine Rückforderung für die Vergangenheit ausgeschlossen sei, nicht ausgereicht. Da wegen seiner ausdrücklichen Nachfrage eine umfassende Beratung notwendig gewesen sei, komme es auch auf Hinweisblätter und auf die Mitgliederzeitung nicht an. Spätestens im Jahre 2002 hätte die Beklagte ihn noch einmal über die Beitragsbemessungsgrenze informieren müssen. Auf die zeitliche Grenze von vier Jahren nach § 44 Abs. 4 SGB X könne sich die Beklagte hier nicht berufen, nachdem sie den Bescheid vom 29. Dezember "1999" (richtig wohl 1998) bisher nicht aufgehoben habe und dieser damit weiterhin Rechtswirkung entfalte. Insoweit berufe er sich auf das Urteil des BSG vom 13. September 2006 (B 12 AL 1/05 R). Damit sei auch keine Verjährung für das Jahr 1999 eingetreten. Zudem wäre die Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte grob unbillig. Die Einzugsermächtigung habe er der Beklagten erst unter dem 05. Januar 2000 erteilt. Wäre er richtig, zeitnah und vollständig aufgeklärt worden, insbesondere darüber, dass er das geringere Einkommen nachzuweisen habe, hätte er die Einkommensteuerbescheide zum Nachweis der geringeren Einnahmen vorgelegt und wäre in den Jahren 1999, 2004 und 2006 mit niedrigeren Beiträgen belastet worden. Er habe weder die vorgelegten Beitragstabellen noch sonstige Beitragstabellen erhalten. Er wisse nicht, ob, seit wann und wie oft er die Mitgliederzeitung der Beklagten zugeschickt erhalten habe. Er sei nicht verpflichtet, die Mitgliederzeitung zu lesen und habe dies nie getan. Er bezweifle auch, dass ihm alle Ausgaben der Mitgliederzeitung zugegangen seien. Wenn die Beklagte ihrer Informationspflicht durch die Mitgliederzeitung nachkommen wolle, müsse sie dafür sorgen, dass die Mitgliederzeitung die Versicherten erreiche. Die Beklagte möge nachweisen, dass er (der Kläger) lückenlos alle Ausgaben der Mitgliederzeitung mit den Beitragstabellen und den ihn betreffenden Informationen erhalten habe. Das SG habe den Sachverhalt auch nicht voll umfänglich aufgeklärt. Insbesondere habe das SG nicht seine Partnerin (Dr. R. L.) als Zeugin zum Gespräch im Jahre 2007 zwischen Frau S. und ihm vernommen. Seine Partnerin habe gehört, wie Frau S. eine unzureichende Beratung eingeräumt habe. Es sei auch angegeben worden, dass sein Fall Anlass für die Beklagte gewesen sei, alle freiwillig versicherten Selbstständigen anzuschreiben und die Einstufung zu überprüfen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. April 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2008 zu verurteilen, ihm auch unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 29. Dezember 1998 für 1999, 2004 und 2006 zu viel gezahlte Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von EUR 6.691,05 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die streitbefangenen Bescheide und das angegriffene Urteil für zutreffend. Für sie (die Beklagte) habe auch in den Folgejahren keine Beratungspflicht bestanden. Sie informiere die Versicherten über die Beitragsgestaltung mit ihrem offiziellen Mitteilungsorgan, dem DAK-Magazin. Es könne ihr nicht angelastet werden, wenn der Kläger die ihm in dieser Form zur Kenntnis gegebenen Informationen nicht für sich auswerte. Es bestehe keine Verpflichtung ihrerseits, ihren Mitgliedern die Beitragstabellen per Fax zu übersenden. Auch wenn der Kläger bereits zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von der Möglichkeit der einkommensabhängigen Beitragserhebung nach beitragspflichtigen Einnahmen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze gehabt hätte, wäre eine einkommensbezogene Beitragserhebung erst zum 01. Januar 2008 möglich gewesen, da die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2006 erst im Dezember 2007 vom FA erlassen worden seien. Die Beklagte hat die Beitragstabellen für die Zeit seit 1998 und die vom Kläger am 05. Januar 2000, bei ihr am 10. Januar 2000 eingegangen, erteilte Einzugsermächtigung vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und insbesondere, nachdem der 11. Juni 2009 ein Feiertag war, auch fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig und auch sonst statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben. Im Streit stehen wiederkehrende Leistungen, zu denen auch Beiträge zählen, für die Jahre 1999, 2004 und 2006 und damit für mehr als ein Jahr sowie ein Erstattungsbetrag in Höhe von EUR 6.691,05, mithin von mehr als EUR 750,00.

II.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2008, mit dem die Beklagte eine rückwirkende Änderung der Beitragsfestsetzung abgelehnt hat. Sie hat damit zum einen die teilweise Rücknahme des Einstufungsbescheids vom 29. Dezember 1998 nach § 44 SGB X sowie zum anderen sinngemäß auch die Erstattung von zu viel gezahlten Beiträgen zur Krankenversicherung für die Jahre 1999, 2004 und 2006, auf die der Kläger sein Erstattungsbegehren im Berufungsverfahren begrenzt hat, abgelehnt. Die Erstattung der zur sozialen Pflegeversicherung gezahlten Beiträge ist hier nicht im Streit. Zuständig hierfür ist nicht die Beklagte, sondern die bei der Beklagten gebildete Pflegekasse.

III.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist rechtmäßig. Im Ergebnis zu Recht hat das SG die Klage des Klägers als unbegründet abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2008, mit dem die Beklagte die teilweise Rücknahme des Einstufungsbescheids vom 29. Dezember 1998 abgelehnt und die Erstattung zu viel gezahlter Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung u.a. für die im Berufungsverfahren noch streitigen Jahre 1999, 2004 und 2006 abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann die begehrte teilweise Rücknahme des bestandskräftigen Bescheids vom 29. Dezember 1998 weder auf § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X stützen (1.) noch liegen die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs vor (2.) und deshalb keinen Anspruch auf Erstattung von Beiträgen, die er zur Krankenversicherung in den Jahren 1999, 2004 und 2006 entrichtete.

Der Senat geht davon aus, dass die Klage, soweit sie die Erstattung der zu viel gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung für das Jahr 1999 betrifft, nicht bereits deshalb abzuweisen ist, weil der Bescheid vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2008 insoweit bestandskräftig geworden ist. Zwar hat der Kläger mit der Klagebegründung vom 29. September 2008 nur die Erstattung der zu viel bezahlten Beiträge seit 01. Januar 2004 begehrt, doch hat er am 05. August 2008 insgesamt gegen den Bescheid vom 11. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2008 Klage erhoben und in der Klagebegründung vom 29. September 2008 in vollem Umfang auf die Widerspruchsbegründung vom 16. Juni 2008 verwiesen, mit der er die Erstattung zu viel bezahlter Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2006 begehrt hatte. Außerdem hat er anlässlich der mündlichen Verhandlung am 28. April 2009 beantragt, zu viel gezahlte Beiträge seit 01. Januar 1999 zurückzuerstatten. Das SG hat in seinem Urteil vom 28. April 2009 auch hierüber entschieden. Die Berufung wurde insgesamt gegen das Urteil eingelegt und mit Schriftsatz vom 11. August 2009 auf die Erstattung zu viel bezahlter Beiträge für die Jahre 1999, 2004 und 2006 beschränkt.

Nach § 27 Abs. 2 SGB IV sind bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten. Die Beiträge, die der Kläger in den Jahren 1999, 2004 und 2006 zur Krankenversicherung entrichtete, sind zu Recht entrichtete Beiträge. Rechtsgrund hierfür ist der bestandskräftige Bescheid vom 29. Dezember 1998. Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme dieses Bescheides sind nicht gegeben.

1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die Beklagte ist bei Erlass des Bescheids vom 29. Dezember 1998 weder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen noch hat sie das Recht unrichtig angewandt. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 29. Dezember 1998 den Krankenversicherungsbeitrag des ab 01. Januar 1999 hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen Klägers für die Zeit ab 01. Januar 1999 ausgehend von beitragspflichtigen Einkünften von über DM 6.375,00 auf DM 841,50 festgesetzt.

Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Beiträge hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger ist § 240 SGB V, jeweils in der für die hier streitigen Jahre 1999, 2004 und 2006 noch maßgeblichen Fassung. Nach § 240 Abs. 1 SGB V in der seit Inkrafttreten des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung wurde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt (Satz 1), wobei sicherzustellen war, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigte (Satz 2). Die Satzung musste mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrundezulegen waren (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der seit Inkrafttreten des GRG bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung). Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V, eingefügt mir Wirkung zum 01. Januar 1993 durch Art. 1 Nr. 137 Buchst. c) des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I, S. 2266) - soweit im vorliegenden Fall von Bedeutung bis heute unverändert - gelten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig waren, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Die Beitragsbemessungsgrenze belief sich im Jahr 1999 auf DM 6.375,00, der für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld ermäßigte Beitragssatz in der Krankenversicherung auf 13,2 v.H ... Hieraus errechnete sich ein monatlicher Beitrag in Höhe von DM 841,50. Durch die Festsetzung des Beitrags auf diese Höhe mit Bescheid vom 29. Dezember 1998 wurde damit das Recht richtig angewandt.

Die Beklagte ist, gestützt auf die Angaben des Klägers in der Aufnahmeerklärung, in der er angab, dass seine Einkünfte über DM 6.375,00 betrügen, auch vom richtigen Sachverhalt ausgegangen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die in der Verwaltungsakte vorliegende Abschrift der Aufnahmeerklärung weder unterschrieben noch mit Datum versehen ist und das Original nicht mehr lesbar ist. Zwar ist damit nicht schon aufgrund des Antrags belegt, dass diese Angaben vom Kläger stammen, doch hat der Senat hieran letztendlich keine Zweifel. Fest steht, dass aufgrund der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers zum 31. Dezember 1998 ein zumindest telefonischer Kontakt mit dem Kläger stattfand und dass der Kläger vor dem 01. Januar 1999 Einkünfte oberhalb der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze hatte und entsprechend eingestuft war. Sein monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung vor dem 01. Januar 1999 belief sich zuletzt auf DM 882,00. Auch in der Widerspruchsbegründung trug der Kläger vor, dass seine Einkünfte zum 01. Januar 1999 über der Beitragsbemessungsgrenze 1999 gelegen hätten. Der Senat geht davon aus, dass über die Beitragsbemessungsgrenze bei dem Telefonat auch gesprochen wurde, da der Betrag in der Erklärung genannt wurde, zumindest muss dem Kläger die Beitragsbemessungsgrenze bekannt gewesen sein. Denn aufgrund der Fiktion in § 240 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V haben hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige regelmäßig den Höchstbeitrag zu entrichten. Die Regelung hat grundsätzlich zur Folge, dass die Krankenkassen die genannten (fiktiven) Einnahmen zugrunde legen müssen, solange das freiwillige Mitglied keine niedrigeren beitragsrelevanten Einnahmen nachweist. Dies lässt den zwingenden Schluss darauf zu, dass der Kläger bei dem Kontakt mit der Beklagten angab, dass seine Einkünfte über DM 6.375,00 liegen würden.

Der Sachverhalt wurde bei Erlass des Bescheids vom 29. Dezember 1998 auch nicht deshalb unrichtig angewandt, weil sich die Einkünfte des Klägers im Jahr 1999 - wie sich auch aus dem Einkommensteuerbescheid vom 31. Oktober 2001 für das Jahr 1999 ergibt - tatsächlich nur auf EUR 1.745,17 beliefen. Dieser Einkommensteuerbescheid lag zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 29. Dezember 1998 nicht vor und konnte deshalb nicht Grundlage dieses Bescheids sein. Dieser Einkommensteuerbescheid hätte allenfalls zu einer Änderung der Beitragsfestsetzung nach § 48 Abs. 1 SGB X führen können, wenn er alsbald nach seinem Erlass der Beklagten vorgelegt worden wäre. Diesen Einkommensteuerbescheid hat der Kläger aber erst im Berufungsverfahren mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 11. August 2009 vorgelegt. Damit hat der Kläger auch erst zu diesem Zeitpunkt nachgewiesen, dass seine Einkünfte im Jahr 1999 tatsächlich unter der Beitragsbemessungsgrenze lagen. Bis zum Nachweis niedrigerer Einkünfte bleibt die Festsetzung für das Jahr 1999 richtig, denn der neue Sachverhalt ist erst ab dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem er aufgrund des Einkommensteuerbescheids feststeht und der Beklagten nachgewiesen ist. Veränderung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises wurden nach § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V in der vom 01. Januar 1992 bis 30. März 2007 geltenden und hier maßgeblichen Fassung des GSG erst vom ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises vorliegenden Monats wirksam. Das BSG (Urteil vom 02. September 2009 - B 12 KR 21/08 R -) hat, bezugnehmend auf frühere Rechtsprechung (u.a. Urteil vom 26. September 1996 - 12 RK 46/95 = SozR 3-2500 § 240 Nr. 27), für die Beitragsbemessung auf der Grundlage von § 240 SGB V nur auf das am Einkommensteuerrecht ausgerichtete Einkommen abgestellt, da derzeit kein gesetzlich oder anderweitig geregeltes System der Einkommensermittlung zur Verfügung stehe, das verwaltungsmäßig durchführbar wäre und ohne unzumutbare Benachteiligung dieses Personenkreises verwirklicht werden könne, den Nachweis über die Höhe der Einnahmen erst mit Vorlage des Einkommensteuerbescheids als erbracht ansah und die Anpassung der Beitragshöhe an die verschlechterte Einkommenssituation erst und nur zum Beginn des auf die Vorlage des letzten Einkommensteuerbescheids folgenden Monats vorgenommen werden darf.

Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht für die Jahre 2004 und 2006. Auch insoweit gilt, dass der Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 05. Dezember 2007 ebenso wie der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 07. Dezember 2007 der Beklagten erst im Dezember 2007 vorgelegt wurde und damit ein Nachweis über niedrigere Einkünfte erst ab Dezember 2007 vorlag und zum Zeitpunkt der Beitragsbemessung für die Jahre 2004 und 2006 ebenfalls auf der Grundlage der Angaben des Klägers, die er nach Dezember 1998 der Beklagten gegenüber nicht korrigierte, nicht unrichtig war.

2. Ein Anspruch des Klägers auf teilweise Rücknahme des Bescheids vom 29. Dezember 1998 für die Jahre 1999, 2004 und 2006 kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger von der Beklagten falsch beraten worden sei. Für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist hier kein Raum. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (ständige Rechtsprechung, zuletzt BSG, Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 31/09 R - m.w.N. in juris)

Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Sozialleistungen in Analogie zu § 44 Abs. 4 SGB X binnen vier Jahren verjähren (vgl. zuletzt Beschluss des BSG vom 25. August 2009 - B 3 KS 1/09 B - m.w.N. in juris), was einem Anspruch der Erstattung von Leistungen für das Jahr 1999 entgegenstehen könnte, oder ob die Verjährungseinrede hier nicht eingreift, weil nach dem Vortrag des Klägers der Bescheid vom 29. Dezember 1998 nicht aufgehoben worden sei, denn es fehlt hier - wie bereits das SG ausführlich dargelegt hat - auch nach Überzeugung des Senats an einer Pflichtverletzung der Beklagten.

Soweit der Kläger sich insoweit darauf beruft, er sei anlässlich des Telefongesprächs im Dezember 1998, das zum Einstufungsbescheid vom 29. Dezember geführt hat, hinsichtlich niedrigerer Beiträge nicht richtig beraten worden, vermag er schon nicht anzugeben, mit welchem Mitarbeiter der Beklagten er telefoniert hat. Die vom SG gehörte Zeugin Doser konnte sich an ein Telefonat mit dem Kläger nicht erinnern und schilderte nur, wie eine Beratung ihrerseits normalerweise verläuft. Ein Beratungsfehler eines Mitarbeiters der Beklagten, für den der Kläger die objektive Beweislast trägt, nachdem es sich insoweit um eine für ihn günstige Tatsache handelt, lässt sich deshalb nicht feststellen. Auf einen Beratungsfehler anlässlich dieses Telefongesprächs kann auch nicht aus der vorliegenden Abschrift der Aufnahmeerklärung und den sonstigen Angaben des Klägers geschlossen werden. Zum einen spricht die Tatsache, dass der Kläger eine Einstufung ohne Krankengeld begehrte, dafür, dass tatsächlich über die Beiträge und insbesondere auch die Möglichkeit niedrigerer Beiträge gesprochen wurde. Zum anderen musste sich für die Beklagte insoweit auch eine weitere Aufklärung nicht aufdrängen, nachdem der Kläger angegeben hatte, dass seine Einkünfte über der Beitragsbemessungsgrenze lägen und dies auch schon in der Vergangenheit der Fall war. Denn - wie bereits dargelegt - haben hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige regelmäßig ohne Nachweis niedrigerer beitragsrelevanter Einnahmen den Höchstbeitrag zu entrichten. Der Kläger selbst behauptet nicht, entsprechend niedrigere Einnahmen erwartet zu haben.

Auch auf den Einstufungsbescheid der Beklagten vom 29. Dezember 1998 lässt sich kein Beratungsfehler der Beklagten stützen. Zwar trägt der Kläger insoweit vor, er habe nur die Seite 1 des Bescheid erhalten, die Hinweise auf Blatt 2 und auch die Beitragstabellen und die Einzugsermächtigung seien ihm jedoch nicht zugegangen. Auch wenn dem so war, ergibt sich hieraus indessen kein Beratungsfehler der Beklagten, denn auf Seite 1 des Bescheids heißt es ausdrücklich, "Beachten Sie bitte auch die Hinweise auf Blatt 2", außerdem ist auf Blatt 1 angekreuzt, dass die Beitragstabelle und eine Einzugsermächtigung beigefügt seien. Wenn der Kläger diese Anlagen nicht erhalten hat, hätte es an ihm gelegen hier bei der Beklagten nachzufragen und zu bitten, die fehlenden Anlagen zum Einstufungsbescheid der Beklagten vom 29. Dezember 1998 zu übersenden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil auf die Hinweise fett gedruckt hingewiesen wurde. Für die Beklagte gab es - unterstellt der Vortrag des Klägers träfe zu - keine Anhaltspunkte dafür, dass Anlagen zu dem Einstufungsbescheid vom 29. Dezember 1998 dem Kläger nicht zugegangen waren. Blatt 2 enthält Ausführungen für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige. Danach kann eine abweichende Einstufung erfolgen, wenn Einnahmen unter der maßgebenden Jahresentgeltgrenze nachgewiesen werden. Ausdrücklich heißt es weiter, "Wir erteilen Ihnen gern weitere Auskünfte". Damit hat die Beklagte den Kläger ausreichend informiert.

Eine Beratungspflicht der Beklagten entstand auch nicht in der Zeit bis zur Vorlage der Einkommensteuerbescheide des Klägers im Dezember 2007. In der BSG-Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der Leistungsträger unabhängig von einem konkreten Beratungsbegehren gehalten ist, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (sog. Spontanberatung, vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2010 a.a.O.). Der Beklagten war hier jedoch nicht bekannt, dass die Einkünfte des Klägers zumindest teilweise unter der Beitragsbemessungsgrenze lagen. Der Kläger hat ihr dies bis zur Vorlage der Einkommensteuerbescheide im Dezember 2007 nicht mitgeteilt. Ein Informationsbedürfnis des Klägers war für sie nicht erkennbar. Die Beklagte ist auch nicht gehalten, bei den bei ihr versicherten hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen in bestimmten Grenzen nach den beitragsrelevanten Einnahmen nachzufragen. Vielmehr ist es Sache des jeweiligen Versicherten, auf geringe Einnahmen hinzuweisen und diese auch nachzuweisen (vgl. § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V in der vom 01. Januar 1992 bis 30. März 2007 geltenden und hier maßgeblichen Fassung des GSG; seit 01. Januar 2009 § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V).

Darüber hinaus ist auch zu beachten, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf Nachweismöglichkeiten mithilfe eines Einkommensteuerbescheids zumindest für das Jahr 1999 nicht kausal wäre. Eine Änderung der Beiträge ist - wie bereits ausgeführt - erst aufgrund des Nachweises im Einkommensteuerbescheid möglich. Der Kläger hat den ersten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999, nachdem sich die Einkünfte auf DM 64.429,00 beliefen, erst am 31. Oktober 2001 erhalten. Wenn er zu diesem Zeitpunkt den Einkommensteuerbescheid sofort vorgelegt hätte, hätten somit erst für die Zeit ab 2002, nicht jedoch bereits für das Jahr 1999 niedrigere Beiträge festgesetzt werden können.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Mitarbeiterin der Beklagten Schelling ihm gesagt habe, dass er falsch beraten worden sei. Unterstellt dies trifft zu, ergibt sich hieraus kein Anspruch des Klägers. Notwendig wäre insoweit eine schriftliche Zusicherung der Mitarbeiterin der Beklagten (§ 34 Abs. 1 SGB X). Eine solche liegt nicht vor. Im Übrigen ist dies auch eine rechtliche Wertung dieser Mitarbeiterin, so dass hierüber nicht Beweis zu erheben ist.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved