L 10 U 4289/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 5500/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4289/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.06.2007 wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind von der Beklagten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Verletztenrente auf unbestimmte Zeit sowie über die erfolgte Rücknahme der Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls.

Der am 1958 geborene Kläger stammt aus K. und ist deutscher Staatsangehöriger. Anfang der Achtzigerjahre zog sich der Kläger bei einem Sturz einen Bruch des rechten oberen Sprunggelenks zu. Die Fraktur wurde konservativ behandelt und verheilte in Fehlstellung. Insoweit bestanden nach den Angaben des Klägers nachfolgend jedoch keine Beschwerden und keine eingeschränkte Belastbarkeit. Im Jahr 1990 reiste der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er eine Anstellung als Bauarbeiter im Straßenbau fand.

Am 15.08.2002 zog sich der Kläger während der Arbeit beim Sturz von einer Leiter einen Ausrenkungsbruch der körperfernen Fußwurzelreihe rechts (Lisfrancgelenk) mit knöcherner Absprengung des Würfelbeins und der Basis des ersten Mittelfußknochens zu. Anfänglich wurde diese Verletzung geschlossen eingerenkt und mittels eingebrachter Kirschnerdrähte operativ stabilisiert. Wegen anhaltender Schmerzen und einer röntgenologisch sichtbaren Gefügestörung wurde im April 2003 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen eine Schraubenversteifungsoperation (Lisfranc-Schraubenarthrodese) unter Einbringung von körpereigenen Knochenspänen vom Beckenkamm durchgeführt. Der Kläger nahm nach dem Arbeitsunfall vom 15.08.2002 die Berufstätigkeit nicht mehr auf. Er bezieht inzwischen eine Erwerbsminderungsrente. Am rechten Fuß des Klägers liegen neben der Versteifung des Lisfrancgelenks, Arthroseveränderungen des körpernahen Fußwurzelgelenks (Chopartgelenk) sowie des unteren und oberen Sprunggelenks vor. Der Kläger weist beim Gehen ein deutliches Schonhinken mit verkürzter und eingeschränkter Abrollphase rechts auf. Er benützt einen Gehstock.

Mit Bescheid vom 23.03.2005 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen des Arbeitsunfalls vom 15.08.2002 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. ab dem 12.02.2004, dem Tag nach der Einstellung des zuvor gewährten Verletztengeldes. Dem lag im Wesentlichen ein Erstes Rentengutachten von Dr. W. , Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses A. , vom März 2004 zugrunde. Im Begründungsteil des Bescheids teilte die Beklagte mit, die vorbestehende Sprunggelenksfraktur bei der Bewertung der MdE nicht berücksichtigt zu haben. Gleichzeitig führte sie jedoch u.a. eine Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks unter den bei der Bewertung der MdE berücksichtigten Beeinträchtigungen an.

Nachfolgend holte die Beklagte ein Gutachten zur Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit bei Dr. T. ein, der die bisherige Bewertung der MdE u.a. unter Hinweis auf eine deutlich sichtbare Arthrose im Chopartgelenk bestätigte. Letztere hielt der beratende Arzt der Beklagten Dr. M. anhand der Unfallbilder nicht für zwanglos über den altersentsprechenden Befund hinaus nachvollziehbar. Hieraus und aus von ihm festgestellten degenerativen Veränderungen im Bereich des Sprunggelenks schloss er, dass die Bewegungseinschränkungen des oberen und unteren Sprunggelenks wesentlich auf den Vorschaden zurückzuführen seien. Darauf gestützt entzog die Beklagte nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 09.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2005 die vorläufig gewährte Rente ab 01.09.2005 und lehnte Rente auf unbestimmte Zeit ab. Im Widerspruchsbescheid stützte sich die Beklagte u.a. auf neu bei Prof. Dr. L. im August 2005 eingeholte Röntgenbefunde. Dieser beschrieb im rechten oberen Sprunggelenk eine schwere deformierende Arthrose und im unteren Sprunggelenk sowie im Talonaviculargelenk (Teil der Chopartgelenklinie) eine geringe Arthrose. Dr. M. schloss hieraus in einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme, der Kläger habe sowohl zum Unfallzeitpunkt als auch im Jahr 2005 eine gleichwertig schwere Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks, des unteren Sprunggelenks und des Chopartgelenks gehabt. Er leitete daraus ab, dass wesentliche Anteile der Bewegungseinschränkung im rechten oberen und unteren Sprunggelenk aus dem Vorschaden resultierten.

Am 23. 12.2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Das SG hat beim Chefarzt der Sch. Bad P.-G. Dr. W. ein fachorthopädisches Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme eingeholt. Dr. W. hat die Arthrose des Chopartgelenks, die auf der Unfallaufnahme noch nicht zu sehen gewesen sei, und des unteren Sprunggelenks, auf die funktionellen Auswirkungen der Versteifung des Lisfrancgelenks zurückgeführt. Unfallunabhängig sei die Situation am oberen Sprunggelenk. Insgesamt hat er die MdE wegen der Beeinträchtigungen auf 30 v.H., unter Außerachtlassung des Vorschadens auf 20 v.H. eingeschätzt. Zur weiteren Begründung hat er u.a. auf das Fehlen wesentlicher Funktionsbeeinträchtigungen bis zum Arbeitsunfall und die Bedeutung des Lisfrancgelenks für das Abrollverhalten des Fußes hingewiesen. Dagegen hat der beratende Arzt der Beklagten Dr. T. eingewandt, angesichts einer geringen, nicht mehr messbaren funktionellen Bedeutung des Lisfrancgelenks liege keine unfallbedingte MdE mehr vor. Rückschlüsse aus einem leeren Vorerkrankungsverzeichnis seien spekulativ.

Mit Bescheid vom 05.03.2007 hat die Beklagte den Bescheid vom "23.05.2003" für die Zukunft hinsichtlich der Unfallfolgen Bewegungseinschränkungen der Sprunggelenke sowie Arthrose im oberen Sprunggelenk teilweise zurückgenommen.

Das SG hat im Urteil vom 19.06.2007 den Bescheid der Beklagten vom 09.08.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2005 und den Bescheid vom 05.03.2007 soweit darin die Anerkennung der Bewegungseinschränkung des unteren Sprunggelenks zurückgenommen wurde, aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 15.08.2002 über den 01.09.2005 hinaus eine Rente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das SG hat sich im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. W. gestützt.

Gegen das ihr nach eigenen Angaben am 27.08.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.08.2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt vor, schon am Unfalltag hätten Arthrosen am oberen und unteren Sprunggelenk sowie am Chopartgelenk vorgelegen.

Der Senat hat bei Dr. H. ein orthopädisch-traumatologisches Gutachten (nebst ergänzender Stellungnahme) eingeholt. Dr. H. hat auch die Schädigung der Chopart’schen Gelenklinie als unfallbedingt angesehen und eine MdE um 20 v.H. wegen einer erheblichen Einschränkung der Fußwurzelfunktion für gerechtfertigt erachtet. Die zeitnah zum Unfall erstellten, nicht eindeutig zu beurteilenden Röntgenbilder legten den Verdacht nahe, dass unfallunabhängig bereits eine Degeneration des Chopartgelenks bestanden habe. Er sehe jedoch grundsätzlich eine Zunahme der Arthroseveränderung. Zudem sei schwer vorstellbar, dass bei dem Verletzungsmechanismus das Lisfrancgelenk schwer geschädigt worden sei und das maximal drei Zentimeter weiter körperwärts liegende Chopartgelenk keinerlei Schädigungen davon getragen haben solle.

Die Beklagte hat ergänzende beratungsärztliche Stellungnahmen von Dr. Sch. und Dr. L. vorgelegt. Dr. Sch. hat ausgeführt, in den Röntgenbildern vom September und Oktober 2002 finde sich eine deutliche Arthrose des Chopartgelenks, die nachfolgend keine wesentliche Progredienz zeige. Daraus könne gefolgert werden, dass die Arthrose zwei Monate nach dem Unfall nicht in diesem fortgeschrittenen Ausmaß Unfallfolge sei, zumindest hätte hier eine direkte Verletzung des Gelenks mit vorhanden gewesen sein müssen. Die Arthrose im Chopartgelenk habe damit ihre wesentliche Ursache im Vorschaden. Dr. L. (Ärztin am Zentrum für Teleradiologie, Radiologische Begutachtung und Beratung) hat röntgenmorphologisch keine signifikante richtunggebende Verschlimmerung der bereits zum Unfallzeitpunkt bestandenen Arthrosen am oberen und unteren Sprunggelenk sowie am Chopartgelenk gesehen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.06.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger weist zur Erwiderung darauf hin, dass er beim Gehen nach wie vor auf einen Laufstock angewiesen sei und sich trotz mehrjähriger Behandlung an seinem Zustand nichts geändert habe.

Der Senat hat die behandelnde praktische Ärztin Dr. Grasse-Loch schriftlich als sachverständige Zeugin befragt. Sie hat mitgeteilt, den Kläger vor dem Arbeitsunfall nicht wegen Beschwerden am rechten Sprunggelenk behandelt zu haben.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagte , über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Gegenstand des Verfahrens sind der Bescheid über die Ablehnung einer Rente auf unbestimmte Zeit und Entziehung der Rente als vorläufige Entschädigung vom 09.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2005 sowie gemäß § 96 Abs. 1 SGG der Bescheid vom 05.03.2007. Mit dem letztgenannten Bescheid beabsichtigte die Beklagte, vermeintlich festgestellte Unfallfolgen neu zu beschreiben. Der eigentliche Verfügungssatz dieses Bescheides findet sich versteckt im Text. Bewegungseinschränkungen der Sprunggelenke sowie die Arthrose im oberen Sprunggelenk sollten nicht weiter als Unfallfolge anerkannt und somit auch keine Berücksichtigung bei der MdE finden. In der Eingangsformulierung wird hinsichtlich dieser teilweisen Rücknahme auf einen Bescheid vom 23.05.2003 verwiesen. Im Text wird ein Bescheid vom 23.05.2005 genannt. Bescheide mit diesen Daten existieren nicht. Es handelt sich jeweils um offensichtliche Schreibfehler. Gemeint ist der Bescheid vom 23.03.2005, mit dem eine Rente als vorläufige Entschädigung bewilligt wurde und der in der Tat auch Ausführungen zu Unfallfolgen, insbesondere auch am oberen Sprunggelenk enthält. Allerdings wird in der Eingangsformulierung der Bescheid vom 23.05.2003 auch als Entscheidung über die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit bezeichnet. Diese Entscheidung erfolgte aber mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 09.08.2005, in dem Einschränkungen der Sprunggelenke im Begründungsteil unter den zugrunde gelegten Unfallfolgen jedoch nicht auftauchen, vielmehr jedenfalls teilweise bereits ausdrücklich als unfallunabhängig bezeichnet werden. Inhaltlich gesehen bezieht sich der Bescheid vom 05.03.2007 im Wesentlichen auf den Bescheid über die vorläufige Rentengewährung vom 23.03.2005, der nicht Streitgegenstand ist. An sich wäre damit für die Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG kein Raum. Da die Beklagte aber mit den eben dargestellten, unklaren Formulierungen des Bescheids zumindest formal doch einen Zusammenhang mit dem Bescheid über die Gewährung der Rente auf unbestimmte Zeit, der Gegenstand des Rechtsstreit ist, knüpft und im Übrigen die Unfallfolgen für die Zukunft, d.h. im zeitlichen Wirkungsbereich dieses Renten(entziehungs)bescheids neu zu beschreiben beabsichtigt um so Einfluss auf die gerade streitgegenständliche Frage der MdE zu nehmen, ist das SG zutreffend in entsprechender Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG in der damals geltenden Fassung von einer Einbeziehung des Bescheids in das Klageverfahren ausgegangen.

Das SG hat zu Recht den Rentenentziehungsbescheid vom 09.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2000 ganz (dazu nachfolgend 1.) und den Bescheid vom 05.03.2007 teilweise aufgehoben (dazu nachfolgend 2.) aufgehoben. 1. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger nach § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII die Verletztenrente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung nach § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE nach § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Dies bedeutet, dass für die Feststellung der MdE im Zusammenhang mit der Frage der Gewährung einer Dauerrente die im Zeitpunkt der Feststellung bestehende MdE unabhängig von der Frage einer wesentlichen Besserung oder Verschlechterung des Gesundheitszustandes gegenüber der vorläufigen Rentenbewilligung und damit unabhängig von § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) maßgeblich ist.

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung der ihm ursprünglich bewilligten vorläufigen Rente und begehrt die Gewährung einer Dauerrente. Hierfür ist die Anfechtungsklage die zutreffende Klageart, denn mit Aufhebung des angefochtenen Entziehungsbescheides würde die vorläufig gewährte Rente nach Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall schon kraft Gesetzes zur Dauerrente (st. Rechtsprechung des Senats unter Hinweis auf Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 62 SGB VII, Rdnr. 10). Die Verurteilung zur weiteren Rentengewährung wäre nicht erforderlich gewesen, da sich diese Rechtsfolge unmittelbar aus der Aufhebung des Rentenentziehungsbescheids ergibt. Sie ist aber unschädlich (vgl. BSG, Urteil vom 05.02.2008, B 2 U 6/07 R).

Dem Kläger steht über den 31.08.2005 hinaus eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu.

Der Kläger erlitt am 15.08.2002 während seiner Arbeit beim Sturz von einer Leiter eine Fraktur des Lisfrancgelenks. Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. H. ist der Senat davon überzeugt, dass beim Kläger neben der Zerreißung der Gelenke der Lisfranc’schen Gelenklinie mit sekundärer operativer Versteifung auch eine Funktionsbeeinträchtigung der Chopart’schen Gelenklinie durch Arthroseveränderungen, die im Zusammenhang mit diesem Unfall steht - sei es im Rahmen einer Verursachung, Verschlimmerung oder einer Aktivierung -, vorliegt und die deswegen insgesamt eingeschränkte Funktion der Fußwurzel mit einer MdE um 20 v.H. zu bewerten ist.

Unstreitig ist der Unfallzusammenhang hinsichtlich der Versteifung des Lisfrancgelenks. Hierzu erübrigen sich angesichts des klar dokumentierten Gesundheitserstschadens und der nachfolgend durchgeführten Behandlungen weitere Ausführungen.

Auch das Schadensbild am Chopartgelenk, zu dem - so die klarstellenden Ausführungen von Dr. H. - als funktioneller Teil auch das vordere untere Sprunggelenk gehört, ist als solches nicht umstritten. Da jedoch selbst Dr. H. einen naheliegenden Verdacht gesehen hat, dass im Chopartgelenk bereits unfallunabhängig Degenerationen bestanden, die von Dr. Sch. im Zusammenhang mit der Fraktur des oberen Sprunggelenks in den achtziger Jahren gesehen worden sind, ist Kern des Streits, ob die Beschwerden aufgrund der Arthrose im Chopartgelenk auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist. Dies bejaht der Senat.

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.

Hier ist es zum einen unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitserstschädigung wahrscheinlich, dass der Sturz am 15.08.2002 naturwissenschaftliche Ursache einer - wenn auch nicht dokumentierten - Schädigung des Chopartgelenks, zumindest im Rahmen einer Zerrung, war. Dr. H. hat schlüssig dargelegt, dass es schwer vorstellbar ist, dass bei dem Verletzungsmechanismus zwar das Lisfrancgelenk schwer geschädigt wurde, jedoch das maximal 3 cm weiter körperwärts liegende Chopartgelenk keinerlei Schädigungen davongetragen haben sollte. Denn dann hätte die Impulskraft des Traumas komplett vom Lisfrancgelenk aufgefangen worden sein müssen, ohne anatomisch direkt benachbarte weiter körperwärts davon gelegene Strukturen zu schädigen. Dies ist unwahrscheinlich. Für die hier allein streitige Frage der Rentengewährung kommt es jedoch nicht auf das Vorliegen einer ggf. vorübergehenden Gesundheitserstschädigung (Zerrung), sondern auf die lang andauernden Unfallfolgen an.

Hinsichtlich der langfristigen Unfallfolgen ist wahrscheinlich, dass die Versteifung des Lisfrancgelenks mittelbar zu einer vermehrten Belastung und entsprechenden Beschwerden am Chopartgelenk führte. Ob die wahrscheinliche Zerrung des Chopartgelenks daneben eine eigenständige Bedeutung für die überdauernden Beschwerden an diesem Gelenk hat - so versteht der Senat die Hinweise von Dr. H. auf die Bedeutung des Verletzungsmechanismus -, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn Dr. W. hat überzeugend die Bedeutung, die das Lisfrancgelenk für das Abrollverhalten des Fußes hat, dargestellt. Dieser Funktionszusammenhang reicht dem Senat als Erklärungsmodell für die am Chopartgelenk aufgetretenen Beschwerden aus. Entgegen der Auffassung von Dr. T. kann hier nicht von einer nur geringen funktionellen Bedeutung des Lisfrancgelenks ausgegangen werden. Dr. W. hat unter Heranziehung des medizinischen Standardwerks von Kapandji "Funktionelle Anatomie der Gelenke" (2. Auflage, Bl. 56 SG-Akte) nachvollziehbar dargelegt, dass für ein physiologisches Gangbild naturgemäß alle Gelenke des Fußes und nicht nur, wie von Dr. T. dargelegt, das obere Sprunggelenk und die Zehengelenke von Bedeutung sind. Schlüssig ist, dass eine Versteifung des Lisfrancgelenks - so Dr. W. - zu einer vermehrten Belastung des vorderen unteren Sprunggelenks (Chopartgelenk) und gegebenenfalls auch des Rückfußes führt. Dr. W. deutet weitergehend sogar mögliche Auswirkungen auf das obere Sprunggelenk an. Der komplizierte Ablauf des Gehvorgangs und die mannigfach möglichen Störungen dieses Gefüges werden auch in der unfallmedizinischen Literatur bestätigt (Schönberger/Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8.Aufl., S. 678).

Ist somit der naturwissenschaftliche Zusammenhang zwischen den Beschwerden im Bereich des Chopartgelenks und dem Unfall zu bejahen, stellt sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich war.

Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als wesentlich anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen.

Die innere Ursache muss bei dieser Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, die bloße Möglichkeit einer inneren Ursache genügt nicht (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Dies gilt auch für das Ausmaß der inneren Ursache (BSG, Urteil vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob das Unfallgeschehen bloße Gelegenheitsursache war, ob ein alltägliches Ereignis etwa zu derselben Zeit zum selben Erfolg geführt hätte, Wahrscheinlichkeit notwendig; die bloße Möglichkeit genügt auch hier nicht (BSG Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Dies bedeutet, dass die Grundlagen der Beurteilung, ob das Unfallereignis bloße "Gelegenheitsursache" war, im Sinne des Vollbeweises feststehen müssen, die Kausalitätsfrage ist wieder nach Wahrscheinlichkeit zu beurteilen.

Im vorliegenden Verfahren bestehen anhand der durchgeführten Röntgendiagnostik Anhaltspunkte dafür, dass im Chopartgelenk bereits im Zeitpunkt des Unfallereignisses und damit unfallunabhängig Degenerationen in Form einer vorbestehenden Arthrose vorlagen. Allerdings lässt sich aus den röntgenologischen Befunden hinsichtlich der arthrotischen Veränderungen im Chopartgelenk keine vorbestehende Gesundheitsstörung i. S. funktioneller Einschränkungen nachweisen.

Im Übrigen kann sich der Senat auch nicht davon überzeugen, dass die arthrotischen Veränderungen in voller Ausprägung bereits im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls vorlagen. Soweit Dr. Sch. in den seit dem Arbeitsunfall erstellten Röntgenbildern kein Voranschreiten dieser Arthrose sieht und deswegen davon ausgeht, dass die Versteifung im Lisfrancgelenk nicht zu einer wesentlichen Verschlimmerung der Arthrose im Chopartgelenk geführt habe, überzeugt dies den Senat nicht. Die Entwicklung der Arthrose im Chopartgelenk kann, wie Dr. H. nachvollziehbar erläutert hat, anhand der röntgenologischen Befunde nicht sicher beurteilt werden. Dr. Huber, der durchaus eine grundsätzliche Zunahme der Arthroseveränderungen sieht, räumt - was für ihn spricht - ein, dass diese messtechnisch nicht reproduzierbar sei. Die Interpretation der Röntgenbilder weist vorliegend angesichts der komplexen Strukturen in der Fußwurzel und unscharf bestimmter Parameter Spielräume auf, die von beratungsärztlicher Seite, obwohl auch von dort uneinheitliche Bewertungen erfolgten, nicht eingestanden werden. Dies geht so weit, dass derselbe Arzt unter Zugrundelegung derselben Bilder unterschiedliche Bewertungen erstellte. Dr. M. konnte in seiner Stellungnahme vom 18.07.2005 anhand der Unfallbilder vom 15.08.2002 Arthrosezeichen des Chopartgelenks "nicht zwanglos über den altersentsprechenden Befund hinaus" nachvollziehen. Wenige Monate später, am 29.11.2005, beschrieb er wiederum nach Vorliegen der Unfallbilder vom 15.08.2002 und weiterer Röntgenbilder vom 19.08.2005 eine schwere Arthrose des Chopartgelenks. Damit hat er sich nicht nur in Widerspruch zu seiner eigenen vorangegangenen Meinung gesetzt, sondern auch in Widerspruch zu der Auffassung von Prof. Dr. Laubenberger, der in den Bildern vom 19.08.2005 nur eine geringe Arthrose im Talonaviculargelenk (einem Teil des Chopartgelenks) sah. Die Bandbreite der Beurteilungen zeigen auch die Stellungnahmen von Dr. Sch. vom Oktober 2008 und Dr. Lenk vom August 2009. Während Dr. Lenk bis zuletzt von einer nur mäßigen Arthrose im Chopartgelenk (vorrangig des Talonaviculargelenks) ausgegangen ist, hat Dr. Sch. die Arthrose im selben Gelenk anhand der Bilder aus dem Jahr 2002 bereits als deutlich bewertet. Die zuletzt von der Beklagten vorgelegte röntgenmorphologische Auswertung von Dr. Lenk steht im Übrigen entgegen dem ersten Anschein nicht zwingend im Widerspruch zur Auffassung von Dr. Huber. Dr. Lenk schloss lediglich eine "signifikante" richtunggebende Verschlimmerung der Arthrose im Chopartgelenk aus. Eine signifikante Veränderung hat aber auch Dr. H. gerade nicht gesehen. Auch die Auffassung von Dr. Sch. und Dr. H. kann zusammengeführt werden. Denn Dr. Sch. hat die von ihm auf den Bildern von September und Oktober 2002 gesehenen arthrotischen Veränderungen am Chopartgelenk unter ausdrücklichem Hinweis auf eine fehlende direkte Verletzung dieses Gelenks als nicht unfallbedingt erachtet. Eine Verletzung des Chopartgelenks ist aber - so überzeugend Dr. H. - jedenfalls in Form einer Zerrung wahrscheinlich.

Der Senat ist somit im Ergebnis nicht davon überzeugt, dass die degenerativen Veränderungen im Chopartgelenk bereits vorbestanden. Dies ist allerdings auch nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Maßgeblich für die hier streitentscheidende Bewertung sind nämlich nicht die röntgenologisch nachweisbaren oder nicht nachweisbaren Degenerationen, insbesondere deren Ausprägung zu den jeweiligen Zeitpunkten, sondern die aufgetretenen bzw. vorher schon bestandenen Beeinträchtigungen oder Beschwerden.

Insoweit steht aber fest, dass der Kläger bis zum Unfallereignis keine funktionellen Beeinträchtigungen oder Beschwerden hatte. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Mitteilung des Klägers gegenüber Dr. Huber, dass er nach Abheilung des in K. zugezogenen Bruchs des oberen Sprunggelenks wieder völlig normal laufen konnte, seine Tätigkeit auf Baustellen absolvierte und zudem Fußball und Hockey spielte. Auch die sachverständige Zeugin Dr. Grasse-Loch hat bestätigt, dass bis zum Arbeitsunfall keine relevanten Beschwerden am rechten Fuß oder Sprunggelenk vorlagen. Der Kläger hat bis zum Arbeitsunfall der Belastung einer Arbeit im Straßenbau standgehalten, während er sich jetzt nur noch mit Schonhinken unter Benutzung eines Gehstocks fortbewegen kann. Das Vorerkrankungsverzeichnis, weist bis auf einen Eintrag über eine Überlastungsarthropathie, die - so Dr. W. - evtl. einer Einschränkung im rechten oberen Sprunggelenk zugeordnet werden könnte, keine Hinweise auf Vorerkrankungen auf. Entgegen der Auffassung von Dr. T. bietet die Auswertung von Vorerkrankungsverzeichnissen wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit von Vorschädigungen. Nicht nur die Gerichte, sondern auch die Berufsgenossenschaften bedienen sich regelmäßig dieser Erkenntnisquellen, nicht zuletzt, wenn daraus erhebliche Vorerkrankungen hervorgehen. Soweit Dr. T. die Auswertung eines leeren Vorerkrankungsverzeichnisses als Spekulation abtut, kann diese einseitige Sichtweise - hier insbesondere unter Berücksichtigung der konkreten Berufstätigkeit des Klägers - nicht nachvollzogen werden.

Selbst wenn hier ein bereits bestehender struktureller degenerativer Schaden des Chopartgelenks zum Unfallzeitpunkt unterstellt wird, führte dieser trotz der körperlichen Arbeit des Klägers im Straßenbau zu keinerlei Beschwerden; in diesem Fall einer vorbestehenden Degeneration des Chopartgelenkes ohne funktionelle Auswirkungen wäre somit von einer unfallbedingten Aktivierung einer Krankheitsanlage auszugehen. Angesichts der bis zum Unfall erfolgten Belastung des rechten Fußes vermag der Senat daher nicht anzunehmen, dass just im Zeitpunkt des Unfallereignisses eine sonst alltägliche Belastung zu dem jetzt bestehenden Schadensbild geführt hätte bzw. sich dieses Bild ohne die Schädigung des Lisfrancgelenks entwickelt hätte.

Dr. W. und Dr. H. haben die Funktionseinschränkung der Fußwurzel unter Heranziehung der unfallmedizinischen Literatur (Mehrhoff, Meindl, Murr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage, jetzt 12. Auflage S.166 f.) nachvollziehbar und angesichts der erheblichen Gehbeeinträchtigung des Klägers überzeugend mit einer MdE um 20 v.H. bewertet. Gegen die herangezogenen Vergleichsmaßstäbe: mehrfache Mittelfußbrüche einseitig mit guter Funktion verheilt (MdE 0) bzw. in schlechter Stellung oder gar nicht verheilt (MdE bis 30), Versteifung des vorderen unteren Sprunggelenks (MdE 10) und Sprungbeinbruch mit Verformung desselben und sekundär Arthrose (MdE bis 30 v.H.) bestehen keine Bedenken.

2. Der Bescheid vom 05.03.2007 ist von vornherein ins Leere gegangen. Eine teilweise Rücknahme der Bescheide vom 23.03.2005 oder vom 09.08.2005 hinsichtlich der Feststellung von Unfallfolgen, kommt nicht in Betracht, da in diesen Bescheiden überhaupt keine Unfallfolgen festgestellt wurden. Zwar kann der Versicherungsträger in einem Rentenbescheid mit einem besonderen Verfügungssatz bestimmte Gesundheitsschäden als Folge eines Arbeitsunfalls feststellen (s. hierzu: BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 36/03 R, zitiert nach Juris). Eine solche Feststellung hat die Beklagte im Rentenbescheid vom 23.03.2005 jedoch nicht getroffen. Der Verfügungssatz dieses Bescheids bezieht sich allein auf die Rentengewährung. Die Beschreibung der Unfallfolgen steht nach der einleitenden Formulierung: "unsere Entscheidung begründen wir wie folgt". Diese Beschreibung ist also ersichtlich nicht als Verfügungssatz ausgestaltet, sondern dient allein der Begründung der im Verfügungssatz getroffenen Regelung (Rentengewährung). Für den Empfänger war deshalb schon aus dem äußeren Aufbau des Bescheids und der logischen Zuordnung der Aussagen über die verbliebenen Unfallfolgen ohne weiteres erkennbar, dass eine Entscheidung allein über den Rentenanspruch getroffen werden sollte. Entsprechendes gilt für den Bescheid vom 09.08.2005. Auch in diesem Bescheid wurden keine Feststellungen zu den Unfallfolgen getroffen. Für eine Auslegung des Rücknahmebescheides als eigenständigen Feststellungsbescheid besteht keine Veranlassung. Eine solche Auslegung würde dem Wortlaut und der (vermeintlichen) Regelungsabsicht widersprechen. Zudem tauchen schon im Rentenbescheid vom 09.08.2005 die "zurückgenommenen" Unfallfolgen nicht mehr als solche auf. Damit fehlt es für eine bescheidmäßige Rücknahme der Feststellung von Unfallfolgen an einem Regelungsgegenstand. Der Rücknahmebescheid wäre damit nicht nur wie vom SG vorgenommen teilweise, sondern allein aus formalen Gründen ganz aufzuheben gewesen. Hierüber war jedoch, da nur die Beklagte Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat, nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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