Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 3526/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4314/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. August 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Rechtmäßigkeit des Veranlagungsbescheids für den ab 1. Januar 2001 geltenden Gefahrtarif der Beklagten.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der Zeitarbeit und seit 1. November 1990 im Mitgliedsverzeichnis der Beklagten eintragen.
Mit Veranlagungsbescheid vom 27. Juni 2001 stufte die Beklagte die Klägerin in den ab 1. Januar 2001 geltenden Gefahrtarif (GT) ein, und zwar in Gefahrtarifstelle 52 mit der Unternehmensart "Gewerbliche Arbeitsnehmerüberlassung" (Beschäftigte, die ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen der Verleiher und Entleiher eingesetzt sind und ausschließlich kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten verrichten) mit der Gefahrklasse 0,56 und in Gefahrtarifstelle 53 die Unternehmensart "Gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung" (Beschäftigte, die nicht die in der Gefahrtarifstelle 52 genannten Voraussetzungen erfüllen) mit der Gefahrklasse 10,66. Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin, der eine Vielzahl von Zeitarbeitsnehmen vor Gericht vertritt, Widerspruch und brachte vor, dass bereits die GT 1995 und 1998 für die Zeitarbeitsbranche eine erhebliche Steigerung der Gefahrklassen mit sich gebracht hätten. Diese Steigerung weise der GT 2001 zwar nicht aus, jedoch hätte es aufgrund der sinkenden Unfallzahlen in der Zeitarbeitsbranche zu einer niedrigeren Gefahrklasse insbesondere im nichtkaufmännischen Bereich führen müssen. Auch sei von der Beklagten bestätigt worden, dass es in der Vergangenheit erhebliche Überdeckungen gegeben habe, denn die Zeitarbeitsbranche erbringe seit Jahren das Dreifache an Beiträgen verglichen mit den Unfall-lasten auf. Die Veranlagung sei deshalb willkürlich und entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Deshalb müsse die Satzung die Möglichkeit eines Beitragsnachlasses vorsehen, um den gesetzlichen Voraussetzungen zu genügen. Insbesondere sei es unzulässig, den gesamten gewerblichen Bereich in lediglich einer Gefahrklasse abzubilden. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 6. September 2001 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben (Az.: S 9 U 2124/01). Darin hat der Bevollmächtigte das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft. Auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten wurde mit Beschluss vom 20. November 2001 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Mit Schriftsatz vom 30. September 2009, eingegangen beim SG am 8. Oktober 2009, hat der Bevollmächtigte der Klägerin das Verfahren wieder angerufen. Dazu hat er ein Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 10. Juni 2009 (Az.: S 1 U 139/08), betreffend den GT 1995 und die Klage abweisend, sowie seinen Schriftsatz vom 20. Juli 2009 an das LSG Rheinland-Pfalz (Az.: L 2 U 260/08) vorgelegt. Im Kern geht es um Vorwürfe, die Beklagte habe 1995 600 Mio. DM Überschuss eingenommen, von dem ein Großteil aus überhöhten Beiträgen der Zeitarbeitsunternehmen herrühre, diese weder an die Mitgliedsunternehmen zurückbezahlt noch ordnungsgemäß verbucht. Dies habe ihm Herr Dr. J. berichtet, der zum damaligen Zeitpunkt bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei und der die Aufgabe erhalten habe, Vergleichsverhandlungen mit den Zeitarbeitsunternehmen zu führen, um Rechtsstreitigkeiten mit diesen zu vermeiden. Da die abgeschlossenen Vergleiche nicht die gesamten 600 Mio. DM aufgebraucht hätten, sei der Rest größtenteils umgeleitet worden in einen neu gegründeten Pensionsfonds. Es habe darüber hinaus auch umfangreiche Geschäfte mit der Commerzbank gegeben. Dies habe sich auch auf die Erstellung des Gefahrtarifs ausgewirkt. Auch wenn dies unmittelbar nur die Wirtschaftsjahre 1994 und 1995 betreffe, seien davon auch die Folgejahre berührt, da sie auf den Bilanzen der Vorjahre aufbauten. Dass der DGUV und das Bundesversicherungsamt die jeweiligen Rechnungsabschlüsse geprüft und genehmigt hätten, rechtfertige keine andere Beurteilung, da man die Mehreinnahmen gerade verschleiert habe. Darüber hinaus habe die Beklagte für den Gefahrtarif 1998 nicht auf ausreichendes Zahlenmaterial zurückgreifen können und deshalb sowohl interne Nacherhebungen als auch eine Fragebogenaktion gegenüber den Zeitarbeitsunternehmen gestartet. Beide Maßnahmen hätten sich als völlig unzureichend erwiesen, da zum einen der Fragebogenrücklauf zu gering gewesen sei und zum anderen die interne Nacherhebung mangels eines funktionierenden Computerprogramms nicht funktioniert habe. Auch wenn darüber beim Sozialgericht D. umfassend Beweis erhoben worden sei und diese Angaben nicht bestätigt worden seien, könne dieses Beweisergebnis vor dem Hintergrund der verschleierten 600 Mio. DM nicht tragen. Daher beruhten die Gefahrtarife 1995, 1998 und 2001 lediglich auf Schätzungen.
Vorgelegt hat der Bevollmächtigte ergänzend ein weiteres Anlagenkonvolut mit Schriftsätzen und Stellungnahmen (u.a. Urteil SG Koblenz vom 10. Juni 2009 - S 1 U 139/08; Landgericht Hamburg, Urteil vom 13. Februar 2009 - 324 O 601/08).
Die Beklagte hat sich gegen die erhobenen Vorwürfe gewandt und ihrerseits verschiedene Schreiben und Entscheidungen vorgelegt, u.a. das - ebenfalls nicht für das dort klagende Zeitarbeitsunternehmen sprechende - Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22. September 2009 (S 15 U 322/07), betreffend den GT 2007 sowie das für das klagende Zeitarbeitsunternehmen ebenfalls negative Urteil des LSG Rheinland-Pfalz in og. Streitsache vom 27. Juli 2009.
Die Beschwerde des Bevollmächtigten gegenüber dem Bundesversicherungsamt wurde mit Schreiben vom 23. November 2009 abschlägig beschieden. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat am 3. Februar 2010 bei der Staatsanwaltschaft B. "Strafanzeige gegen Verantwortliche der Verwaltungsberufsgenossenschaft" wegen "Verdacht auf Prozessbetrug, Urkundenfälschung, uneidliche Falschaussage etc." sowie "dubioser Immobiliengeschäfte" gestellt. In dieser Anzeige hat er die bereits im Rahmen der Klagebegründung vorgetragenen Vorwürfe wiederholt.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. August 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anspruch der Klägerin sei nicht begründet, da weder der Gefahrtarif 2001 noch die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif rechtlich zu beanstanden sei. Die Ausführungen der Klägerin zur angeblichen Beitragsüberdeckung 1995 seien schon nicht entscheidungserheblich, da diese allenfalls die Beitragshöhe, nicht aber die Berechnung der Gefahrklassen beeinflussen könne. Beitragsbescheide seien jedoch nicht Streitgegenstand. Daher seien auch die zum Beweis der Überdeckung angebotenen Zeugen nicht zu vernehmen. Im Übrigen verpflichte der im sozialgerichtlichen Verfahren herrschende Amtsermittlungsgrundsatz nicht, unsubstantiierten, ehrenrührigen Behauptungen durch die Erhebung von Ausforschungsbeweisen nachzugehen. Dies hätten bereits mehrere Sozialgerichte sowie das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz ausgeführt und auch vom Landgericht Hamburg sei dem Klägerbevollmächtigten die Unterlassung der ehrenrührigen Behauptungen aufgegeben worden. Dass der Klägerbevollmächtigte mittlerweile Strafantrag gestellt habe, rechtfertige keine abweichende Beurteilung, insbesondere nicht, das Klageverfahren nach § 114 Abs. 3 SGG auszusetzen. Es handle sich beim Vorbringen des Klägerbevollmächtigten nämlich um reine Spekulationen, nicht aber den Verdacht einer Straftat.
Gegen den am 16. August 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 13. September 2010 Berufung eingelegt, mit der der Bevollmächtigte das bisherige Vorbringen wiederholt.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. August 2010 sowie den Bescheid vom 27. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2001 aufzuheben, hilfsweise die Beweise gemäß Anträgen im Schriftsatz vom 13.09.2010 zu erheben.
Für den Fall, dass diesen Anträgen nicht gefolgt wird, rüge er bereits jetzt die Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Grundsatzes der Amtsermittlung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid. Sie hat weiter mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaften D. und B. zwei Ermittlungsverfahren eingestellt hätten. Die Einstellungsbeschlüsse (Staatsanwaltschaft D. [Az.: 741 Js 139/10] und B. [Az.: 37 Js 67/10]) sind vorgelegt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten sowie das Vorbringen der Beteiligten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Die Veranlagungsbescheide der Beklagten sind rechtmäßig ergangen.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Veranlagungsbescheid vom 27. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2001, mit dem die Klägerin zum Gefahrtarif 2001 der Beklagten veranlagt worden ist.
Rechtsgrundlage für diesen Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Dieser Gefahrtarif ist vom Unfallversicherungsträger als autonomes Recht festzusetzen. In ihm sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen (§ 157 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VII). Er ist nach Tarifstellen zu gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen (§ 157 Abs. 1 bis 3 SGB VII).
Entsprechend dieser Kriterien hat die Beklagte die Klägerin zum Gefahrtarif 2001 veranlagt. Das Bundessozialgericht hat bereits in seinem Urteil vom 24. Juni 2003 entschieden (Az.: B 2 U 21/02 R), dass die Gefahrtarifstellen und die Gefahrklassen im Gefahrtarif 1998 der Beklagten, die für ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gebildet wurden, in Übereinstimmung mit höherrangigem Recht stehen. Davon wurde seitens der Beklagten im Gefahrtarif 2001 keine Abweichung vorgenommen. Der Senat sieht deshalb insoweit auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens keine Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung des hier streitigen Gefahrtarifs. Dem entspricht das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juni 2010 (Az.: L 3 U 261/08), das sich mit dem identischen Vortrag des Bevollmächtigten zum Gefahrtarif 2001 auseinander gesetzt und nicht im Sinne des Klägerbevollmächtigten entschieden hat.
Die vom Klägerbevollmächtigten gegen den Veranlagungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vorgebrachten Einwände vermögen eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat schon nicht dargetan, wie sich die behaupteten Mehreinnahmen der Beklagten auf die Gefahrklassenberechnung auswirken sollten. Die Gefahrklassen berechnen sich aus dem Verhältnis der Entschädigungslasten zu den gezahlten Entgelten einer Tarifstelle während eines bestimmten Zeitraums. Die sich daraus ergebende Belastungsziffer ergibt die Gefahrklasse. Keiner dieser Faktoren ist jedoch von den behaupteten Mehreinnahmen auch nur annähernd betroffen. Darauf ist auch das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 29. Juni 2010 (Az.: L 3 U 261/08) auf Seiten 16 und 17 der Entscheidungsgründe sehr ausführlich eingegangen, worauf ergänzend verwiesen wird. Mit diesem Gesichtspunkt und der zugrunde liegenden rechtlichen Problematik hat sich der Klägerbevollmächtigte in keiner Weise auseinander gesetzt. Das Vorbringen, wonach 600 Mio. DM Mehreinnahmen "sehr wohl" auch den hier maßgeblichen Veranlagungsbescheid betreffen würden, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte lediglich ausgeführt, dass "wenn es stimmt, dass die Beklagte in den Jahren 1995 und 1996 festgestellt hat, dass sie aufgrund der vorangegangenen Gefahrtarifumstellung 600 Mio. DM zu viel in der Kasse hatte, so hätte dies selbstverständlich zur Folge haben müssen, dass man die Berechnungsgrundlagen für die neuen Gefahrklassen hätte ändern müssen". Dieser Vortrag berücksichtigt nicht die für die Aufstellung des Gefahrtarifs und die Bildung der Gefahrklassen maßgeblichen Kriterien, wie sie bereits dargestellt worden sind, bzw. die Frage, wo überhaupt eine Mehreinnahme von 600 Mio. DM hätte relevant sein können. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des Senats in seinen Urteilen zwischen den Beteiligten, betreffend Beitragsbescheide ab 1997, vom 13. Dezember 2010 in den Verfahren L 1 U 4395/10, L 1 U 4396/10 und L 1 U 4676/10 verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Dem hilfsweise gestellten Antrag auf Vernehmung der Zeugen Dr. J. und Anderer war mangels rechtlicher und tatsächlicher Bedeutung für das vorliegende Verfahren nicht nachzugehen. Darüber hinaus soll sich der angebotene Beweis auf Vorgänge beziehen, die die Wirtschaftsjahre 1994 und 1995 betreffen und damit weit vor Beginn des Zeitraums liegen, der für den Gefahrtarif 2001 von Bedeutung ist. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorbringt, dass diese Vorgänge "selbstverständlich" auch auf die Folgejahre Einfluss hätten, da "das Haushaltswesen und auch die Jahresabschlüsse jeweils auf das Vorjahr aufbauen", ist mit diesem Vorbringen weder hinreichend dargelegt noch substantiiert ein Zusammenhang der Wirtschaftsjahre 1994/1995 und dem Gefahrtarif 2001 vorgetragen. Es handelt sich um eine bloße Behauptung, für deren Richtigkeit der Klägerbevollmächtigte weder Beweis angeboten noch Unterlagen vorgelegt hat, die einen solchen Zusammenhang belegen könnten. Nur ergänzend weist der Senat deshalb darauf hin, dass bereits das Landgericht Hamburg in seinem Urteil vom 13. Februar 2009 zutreffend ausgeführt hat, dass schon der Vortrag von behaupteten Mehreinnahmen in Höhe von 600 Mio. DM auch vor dem Hintergrund des im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes nicht hinreichend konkret ist. Soweit der Klägerbevollmächtigte im Berufungsverfahren vorträgt, der Umstand, dass das Oberlandesgericht Hamburg noch immer nicht über seine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg entschieden habe, spreche für eine Sachentscheidung zu seinen Gunsten, handelt es sich um reine Spekulation, der nachzugehen der Senat keine Veranlassung hat.
Auch das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten gegenüber dem Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde war ohne Erfolg, wie dessen Schreiben vom 23. November 2009 belegt. So hat das Bundesversicherungsamt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich im Zuge der aufsichtsrechtlichen Prüfung keinerlei Hinweise auf Tatsachen ergeben hätten, die ein rechtsfehlerhaftes Vorgehen der Beklagten bei der Aufstellung der Gefahrtarife begründet hätten. Anhaltspunkte, die belegen könnten, dass sich die Beklagte die Genehmigungen u.a. des Bundesversicherungsamtes "erschlichen" hat, hat offenbar auch das Bundesversicherungsamt dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten nicht entnehmen können. Soweit dafür Beweis angeboten worden ist, dass das Bundesversicherungsamt von "verschleierten Mehreinnahmen in Höhe von 600 Mio. DM" nichts gewusst hat bzw. den Gefahrtarif nicht genehmigt hätte, wären diese Mehreinnahmen bekannt gewesen, ist dies unerheblich.
Unsubstantiiert ist auch der Vortrag, Nacherhebungen der Beklagten u.a. für den Gefahrtarif 1998 seien unter anderem deshalb unzutreffend erfolgt, da ein ausreichendes Computerprogramm zur Datenauswertung nicht vorgelegen habe. Unabhängig von der fehlenden Relevanz für das vorliegende Verfahren hat das Bundessozialgericht bereits in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2003 (B 2 U 21/03 R) zum Gefahrtarif 1998 ausgeführt (dem lagen entsprechende Rügen des Klägerbevollmächtigten zugrunde, die Beklagte habe der Berechnung der Gefahrklassen unzureichendes Zahlenmaterial zugrunde gelegt), dass an der Festsetzung der Gefahrklassen keine rechtlichen Zweifel bestehen. Das Landessozialgericht Schleswig-Holstein hat in der zugrunde liegenden Entscheidung sehr ausführlich Bezug genommen auf das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. März 2001 (L 2 U 151/99), das auf alle vom Klägerbevollmächtigten nunmehr wiederholten Einwände nach einer ausführlichen Zeugenbefragung bereits eingegangen ist. Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat auch für das vorliegende Verfahren an.
Soweit der Klägerbevollmächtigte zuletzt vorgetragen hat, dass er im März 2010 Strafanzeige gegen "Verantwortliche der Verwaltungsberufsgenossenschaft" u.a. wegen Verdacht auf Prozessbetrug, Urkundenfälschung, uneidliche Falschaussage etc. gestellt und diese auch vorgelegt hat, ist das Verfahren von der Staatsanwaltschaft D. mit Beschluss vom 10. August 2010 wegen Verjährung der zugrunde liegenden Vorwürfe eingestellt worden. Soweit dort noch ein weiteres staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren anhängig ist, handelt es sich hierbei um Ermittlungen wegen der "diverser Immobiliengeschäfte", die bereits aus diesem Grund nicht mit der Erstellung des Gefahrtarifs 2001 der Beklagten in Zusammenhang stehen. Die Staatsanwaltschaft B. hat mit Beschluss vom 8. September 2010 ein dort ebenfalls anhängiges Ermittlungsverfahren wegen der vom Klägerbevollmächtigten erhobenen Betrugsvorwürfe gegen einen Mitarbeiter der Beklagten, die der Klägerbevollmächtigte auf das selbe Vorbringen wie im vorliegenden Verfahren gestützt hat, ebenfalls eingestellt, da eine Täuschungshandlung nicht habe festgestellt werden können. Eines Eingehens des Gerichts auf den Aussetzungsbeschluss des Berichterstatters im 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts im Verfahren L 3 U 203/08 vom 29. Juli 2010 bedarf es deshalb ebenfalls nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das vorliegende Verfahren ist, auch wenn weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen gehören, nicht nach § 197a SGG gerichtskostenpflichtig, da die Klage gegen angefochtenen Bescheide bereits am 6. September 2001 und damit vor Inkrafttreten des § 197a SGG zum 1. Januar 2002 erhoben worden ist.
Das Kostenrecht des sozialgerichtlichen Verfahrens ist mit Wirkung vom 2. Januar 2002 (Art 19 Satz 3 6. SGGÄndG) grundlegend umgestaltet worden. In den in § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG umschriebenen Verfahren entfällt die Gerichtskostenfreiheit. Gerichtskosten werden nunmehr nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Für die Frage, wer im Verhältnis der Beteiligten zueinander die im Rechtsstreit entstandenen Kosten zu tragen hat, ordnet das Gesetz die entsprechende Anwendung der §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) an (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG).
Nach der Übergangsvorschrift des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 des 6. SGGÄndG vom 17. August 2001 gelten für einen Rechtszug, für den am Tag vor dem Inkrafttreten diese Gesetzes die Gebühr fällig geworden ist oder Kosten gemäß § 192 SGG auferlegt worden sind, die §§ 184 bis 187 und 192 des SGG und die Rechtsverordnung nach § 184 Abs. 2 SGG in der bisherigen Fassung weiter. Für Verfahren nach § 197 a SGG gilt nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 SGG, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtshängig waren, § 183 des SGG in der bisherigen Fassung weiter. Die Aufhebung der Gerichtskostenfreiheit erfasst deshalb nach der Übergangsregelung des Art 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGGÄndG solche Verfahren nicht, die vor dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes rechtshängig waren.
Das Bundessozialgericht hat in mehreren grundlegenden Entscheidungen zur Streitfrage, ob in Art. 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGGÄndG wie in Satz 1 auf den jeweiligen Rechtszug abzustellen ist oder auf die Rechtshängigkeit der Streitsache an sich, ausgeführt, dass abweichend von Satz 1 die Rechtshängigkeit maßgeblich ist und nicht der Rechtszug (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 12/01 R = SozR 3-2500 § 116 Nr. 24; Beschluss vom 27. November 2003 - B 6 KA 79/02 B; Beschluss vom 5. Mai 2003 - B 13 SF 5/02 S = SozR 4-1500 § 183 Nr. 1; a.A. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Mai 2002 - L 13 AL 283/02 - auch in Satz 2 sei auf den Rechtszug abzustellen).
Das Verfahren ist mit der Klageerhebung vor dem SG am 6. September 2001 rechtshängig geworden und damit vor dem Inkrafttreten des § 197a in der Fassung des 6. SGGÄndG vom 17. August 2001. Das Ruhen des Verfahrens bis zur Wiederanrufung am 8. Oktober 2009 lässt die Rechtshängigkeit unberührt (BSG SozR Nr. 4 zu § 185 SGG; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 94 Rn. 4a mwN).
Damit ist der Beschluss über die vorläufige Festsetzung des Streitwerts vom 29. September 2010 obsolet.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Rechtmäßigkeit des Veranlagungsbescheids für den ab 1. Januar 2001 geltenden Gefahrtarif der Beklagten.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der Zeitarbeit und seit 1. November 1990 im Mitgliedsverzeichnis der Beklagten eintragen.
Mit Veranlagungsbescheid vom 27. Juni 2001 stufte die Beklagte die Klägerin in den ab 1. Januar 2001 geltenden Gefahrtarif (GT) ein, und zwar in Gefahrtarifstelle 52 mit der Unternehmensart "Gewerbliche Arbeitsnehmerüberlassung" (Beschäftigte, die ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen der Verleiher und Entleiher eingesetzt sind und ausschließlich kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten verrichten) mit der Gefahrklasse 0,56 und in Gefahrtarifstelle 53 die Unternehmensart "Gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung" (Beschäftigte, die nicht die in der Gefahrtarifstelle 52 genannten Voraussetzungen erfüllen) mit der Gefahrklasse 10,66. Dagegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin, der eine Vielzahl von Zeitarbeitsnehmen vor Gericht vertritt, Widerspruch und brachte vor, dass bereits die GT 1995 und 1998 für die Zeitarbeitsbranche eine erhebliche Steigerung der Gefahrklassen mit sich gebracht hätten. Diese Steigerung weise der GT 2001 zwar nicht aus, jedoch hätte es aufgrund der sinkenden Unfallzahlen in der Zeitarbeitsbranche zu einer niedrigeren Gefahrklasse insbesondere im nichtkaufmännischen Bereich führen müssen. Auch sei von der Beklagten bestätigt worden, dass es in der Vergangenheit erhebliche Überdeckungen gegeben habe, denn die Zeitarbeitsbranche erbringe seit Jahren das Dreifache an Beiträgen verglichen mit den Unfall-lasten auf. Die Veranlagung sei deshalb willkürlich und entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Deshalb müsse die Satzung die Möglichkeit eines Beitragsnachlasses vorsehen, um den gesetzlichen Voraussetzungen zu genügen. Insbesondere sei es unzulässig, den gesamten gewerblichen Bereich in lediglich einer Gefahrklasse abzubilden. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 6. September 2001 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben (Az.: S 9 U 2124/01). Darin hat der Bevollmächtigte das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft. Auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten wurde mit Beschluss vom 20. November 2001 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Mit Schriftsatz vom 30. September 2009, eingegangen beim SG am 8. Oktober 2009, hat der Bevollmächtigte der Klägerin das Verfahren wieder angerufen. Dazu hat er ein Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 10. Juni 2009 (Az.: S 1 U 139/08), betreffend den GT 1995 und die Klage abweisend, sowie seinen Schriftsatz vom 20. Juli 2009 an das LSG Rheinland-Pfalz (Az.: L 2 U 260/08) vorgelegt. Im Kern geht es um Vorwürfe, die Beklagte habe 1995 600 Mio. DM Überschuss eingenommen, von dem ein Großteil aus überhöhten Beiträgen der Zeitarbeitsunternehmen herrühre, diese weder an die Mitgliedsunternehmen zurückbezahlt noch ordnungsgemäß verbucht. Dies habe ihm Herr Dr. J. berichtet, der zum damaligen Zeitpunkt bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei und der die Aufgabe erhalten habe, Vergleichsverhandlungen mit den Zeitarbeitsunternehmen zu führen, um Rechtsstreitigkeiten mit diesen zu vermeiden. Da die abgeschlossenen Vergleiche nicht die gesamten 600 Mio. DM aufgebraucht hätten, sei der Rest größtenteils umgeleitet worden in einen neu gegründeten Pensionsfonds. Es habe darüber hinaus auch umfangreiche Geschäfte mit der Commerzbank gegeben. Dies habe sich auch auf die Erstellung des Gefahrtarifs ausgewirkt. Auch wenn dies unmittelbar nur die Wirtschaftsjahre 1994 und 1995 betreffe, seien davon auch die Folgejahre berührt, da sie auf den Bilanzen der Vorjahre aufbauten. Dass der DGUV und das Bundesversicherungsamt die jeweiligen Rechnungsabschlüsse geprüft und genehmigt hätten, rechtfertige keine andere Beurteilung, da man die Mehreinnahmen gerade verschleiert habe. Darüber hinaus habe die Beklagte für den Gefahrtarif 1998 nicht auf ausreichendes Zahlenmaterial zurückgreifen können und deshalb sowohl interne Nacherhebungen als auch eine Fragebogenaktion gegenüber den Zeitarbeitsunternehmen gestartet. Beide Maßnahmen hätten sich als völlig unzureichend erwiesen, da zum einen der Fragebogenrücklauf zu gering gewesen sei und zum anderen die interne Nacherhebung mangels eines funktionierenden Computerprogramms nicht funktioniert habe. Auch wenn darüber beim Sozialgericht D. umfassend Beweis erhoben worden sei und diese Angaben nicht bestätigt worden seien, könne dieses Beweisergebnis vor dem Hintergrund der verschleierten 600 Mio. DM nicht tragen. Daher beruhten die Gefahrtarife 1995, 1998 und 2001 lediglich auf Schätzungen.
Vorgelegt hat der Bevollmächtigte ergänzend ein weiteres Anlagenkonvolut mit Schriftsätzen und Stellungnahmen (u.a. Urteil SG Koblenz vom 10. Juni 2009 - S 1 U 139/08; Landgericht Hamburg, Urteil vom 13. Februar 2009 - 324 O 601/08).
Die Beklagte hat sich gegen die erhobenen Vorwürfe gewandt und ihrerseits verschiedene Schreiben und Entscheidungen vorgelegt, u.a. das - ebenfalls nicht für das dort klagende Zeitarbeitsunternehmen sprechende - Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22. September 2009 (S 15 U 322/07), betreffend den GT 2007 sowie das für das klagende Zeitarbeitsunternehmen ebenfalls negative Urteil des LSG Rheinland-Pfalz in og. Streitsache vom 27. Juli 2009.
Die Beschwerde des Bevollmächtigten gegenüber dem Bundesversicherungsamt wurde mit Schreiben vom 23. November 2009 abschlägig beschieden. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat am 3. Februar 2010 bei der Staatsanwaltschaft B. "Strafanzeige gegen Verantwortliche der Verwaltungsberufsgenossenschaft" wegen "Verdacht auf Prozessbetrug, Urkundenfälschung, uneidliche Falschaussage etc." sowie "dubioser Immobiliengeschäfte" gestellt. In dieser Anzeige hat er die bereits im Rahmen der Klagebegründung vorgetragenen Vorwürfe wiederholt.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. August 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anspruch der Klägerin sei nicht begründet, da weder der Gefahrtarif 2001 noch die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif rechtlich zu beanstanden sei. Die Ausführungen der Klägerin zur angeblichen Beitragsüberdeckung 1995 seien schon nicht entscheidungserheblich, da diese allenfalls die Beitragshöhe, nicht aber die Berechnung der Gefahrklassen beeinflussen könne. Beitragsbescheide seien jedoch nicht Streitgegenstand. Daher seien auch die zum Beweis der Überdeckung angebotenen Zeugen nicht zu vernehmen. Im Übrigen verpflichte der im sozialgerichtlichen Verfahren herrschende Amtsermittlungsgrundsatz nicht, unsubstantiierten, ehrenrührigen Behauptungen durch die Erhebung von Ausforschungsbeweisen nachzugehen. Dies hätten bereits mehrere Sozialgerichte sowie das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz ausgeführt und auch vom Landgericht Hamburg sei dem Klägerbevollmächtigten die Unterlassung der ehrenrührigen Behauptungen aufgegeben worden. Dass der Klägerbevollmächtigte mittlerweile Strafantrag gestellt habe, rechtfertige keine abweichende Beurteilung, insbesondere nicht, das Klageverfahren nach § 114 Abs. 3 SGG auszusetzen. Es handle sich beim Vorbringen des Klägerbevollmächtigten nämlich um reine Spekulationen, nicht aber den Verdacht einer Straftat.
Gegen den am 16. August 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 13. September 2010 Berufung eingelegt, mit der der Bevollmächtigte das bisherige Vorbringen wiederholt.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. August 2010 sowie den Bescheid vom 27. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2001 aufzuheben, hilfsweise die Beweise gemäß Anträgen im Schriftsatz vom 13.09.2010 zu erheben.
Für den Fall, dass diesen Anträgen nicht gefolgt wird, rüge er bereits jetzt die Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Grundsatzes der Amtsermittlung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid. Sie hat weiter mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaften D. und B. zwei Ermittlungsverfahren eingestellt hätten. Die Einstellungsbeschlüsse (Staatsanwaltschaft D. [Az.: 741 Js 139/10] und B. [Az.: 37 Js 67/10]) sind vorgelegt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten sowie das Vorbringen der Beteiligten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Die Veranlagungsbescheide der Beklagten sind rechtmäßig ergangen.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Veranlagungsbescheid vom 27. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2001, mit dem die Klägerin zum Gefahrtarif 2001 der Beklagten veranlagt worden ist.
Rechtsgrundlage für diesen Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Dieser Gefahrtarif ist vom Unfallversicherungsträger als autonomes Recht festzusetzen. In ihm sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen (§ 157 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VII). Er ist nach Tarifstellen zu gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen (§ 157 Abs. 1 bis 3 SGB VII).
Entsprechend dieser Kriterien hat die Beklagte die Klägerin zum Gefahrtarif 2001 veranlagt. Das Bundessozialgericht hat bereits in seinem Urteil vom 24. Juni 2003 entschieden (Az.: B 2 U 21/02 R), dass die Gefahrtarifstellen und die Gefahrklassen im Gefahrtarif 1998 der Beklagten, die für ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gebildet wurden, in Übereinstimmung mit höherrangigem Recht stehen. Davon wurde seitens der Beklagten im Gefahrtarif 2001 keine Abweichung vorgenommen. Der Senat sieht deshalb insoweit auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens keine Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung des hier streitigen Gefahrtarifs. Dem entspricht das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juni 2010 (Az.: L 3 U 261/08), das sich mit dem identischen Vortrag des Bevollmächtigten zum Gefahrtarif 2001 auseinander gesetzt und nicht im Sinne des Klägerbevollmächtigten entschieden hat.
Die vom Klägerbevollmächtigten gegen den Veranlagungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vorgebrachten Einwände vermögen eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat schon nicht dargetan, wie sich die behaupteten Mehreinnahmen der Beklagten auf die Gefahrklassenberechnung auswirken sollten. Die Gefahrklassen berechnen sich aus dem Verhältnis der Entschädigungslasten zu den gezahlten Entgelten einer Tarifstelle während eines bestimmten Zeitraums. Die sich daraus ergebende Belastungsziffer ergibt die Gefahrklasse. Keiner dieser Faktoren ist jedoch von den behaupteten Mehreinnahmen auch nur annähernd betroffen. Darauf ist auch das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 29. Juni 2010 (Az.: L 3 U 261/08) auf Seiten 16 und 17 der Entscheidungsgründe sehr ausführlich eingegangen, worauf ergänzend verwiesen wird. Mit diesem Gesichtspunkt und der zugrunde liegenden rechtlichen Problematik hat sich der Klägerbevollmächtigte in keiner Weise auseinander gesetzt. Das Vorbringen, wonach 600 Mio. DM Mehreinnahmen "sehr wohl" auch den hier maßgeblichen Veranlagungsbescheid betreffen würden, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte lediglich ausgeführt, dass "wenn es stimmt, dass die Beklagte in den Jahren 1995 und 1996 festgestellt hat, dass sie aufgrund der vorangegangenen Gefahrtarifumstellung 600 Mio. DM zu viel in der Kasse hatte, so hätte dies selbstverständlich zur Folge haben müssen, dass man die Berechnungsgrundlagen für die neuen Gefahrklassen hätte ändern müssen". Dieser Vortrag berücksichtigt nicht die für die Aufstellung des Gefahrtarifs und die Bildung der Gefahrklassen maßgeblichen Kriterien, wie sie bereits dargestellt worden sind, bzw. die Frage, wo überhaupt eine Mehreinnahme von 600 Mio. DM hätte relevant sein können. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des Senats in seinen Urteilen zwischen den Beteiligten, betreffend Beitragsbescheide ab 1997, vom 13. Dezember 2010 in den Verfahren L 1 U 4395/10, L 1 U 4396/10 und L 1 U 4676/10 verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Dem hilfsweise gestellten Antrag auf Vernehmung der Zeugen Dr. J. und Anderer war mangels rechtlicher und tatsächlicher Bedeutung für das vorliegende Verfahren nicht nachzugehen. Darüber hinaus soll sich der angebotene Beweis auf Vorgänge beziehen, die die Wirtschaftsjahre 1994 und 1995 betreffen und damit weit vor Beginn des Zeitraums liegen, der für den Gefahrtarif 2001 von Bedeutung ist. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorbringt, dass diese Vorgänge "selbstverständlich" auch auf die Folgejahre Einfluss hätten, da "das Haushaltswesen und auch die Jahresabschlüsse jeweils auf das Vorjahr aufbauen", ist mit diesem Vorbringen weder hinreichend dargelegt noch substantiiert ein Zusammenhang der Wirtschaftsjahre 1994/1995 und dem Gefahrtarif 2001 vorgetragen. Es handelt sich um eine bloße Behauptung, für deren Richtigkeit der Klägerbevollmächtigte weder Beweis angeboten noch Unterlagen vorgelegt hat, die einen solchen Zusammenhang belegen könnten. Nur ergänzend weist der Senat deshalb darauf hin, dass bereits das Landgericht Hamburg in seinem Urteil vom 13. Februar 2009 zutreffend ausgeführt hat, dass schon der Vortrag von behaupteten Mehreinnahmen in Höhe von 600 Mio. DM auch vor dem Hintergrund des im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes nicht hinreichend konkret ist. Soweit der Klägerbevollmächtigte im Berufungsverfahren vorträgt, der Umstand, dass das Oberlandesgericht Hamburg noch immer nicht über seine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg entschieden habe, spreche für eine Sachentscheidung zu seinen Gunsten, handelt es sich um reine Spekulation, der nachzugehen der Senat keine Veranlassung hat.
Auch das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten gegenüber dem Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde war ohne Erfolg, wie dessen Schreiben vom 23. November 2009 belegt. So hat das Bundesversicherungsamt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich im Zuge der aufsichtsrechtlichen Prüfung keinerlei Hinweise auf Tatsachen ergeben hätten, die ein rechtsfehlerhaftes Vorgehen der Beklagten bei der Aufstellung der Gefahrtarife begründet hätten. Anhaltspunkte, die belegen könnten, dass sich die Beklagte die Genehmigungen u.a. des Bundesversicherungsamtes "erschlichen" hat, hat offenbar auch das Bundesversicherungsamt dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten nicht entnehmen können. Soweit dafür Beweis angeboten worden ist, dass das Bundesversicherungsamt von "verschleierten Mehreinnahmen in Höhe von 600 Mio. DM" nichts gewusst hat bzw. den Gefahrtarif nicht genehmigt hätte, wären diese Mehreinnahmen bekannt gewesen, ist dies unerheblich.
Unsubstantiiert ist auch der Vortrag, Nacherhebungen der Beklagten u.a. für den Gefahrtarif 1998 seien unter anderem deshalb unzutreffend erfolgt, da ein ausreichendes Computerprogramm zur Datenauswertung nicht vorgelegen habe. Unabhängig von der fehlenden Relevanz für das vorliegende Verfahren hat das Bundessozialgericht bereits in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2003 (B 2 U 21/03 R) zum Gefahrtarif 1998 ausgeführt (dem lagen entsprechende Rügen des Klägerbevollmächtigten zugrunde, die Beklagte habe der Berechnung der Gefahrklassen unzureichendes Zahlenmaterial zugrunde gelegt), dass an der Festsetzung der Gefahrklassen keine rechtlichen Zweifel bestehen. Das Landessozialgericht Schleswig-Holstein hat in der zugrunde liegenden Entscheidung sehr ausführlich Bezug genommen auf das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. März 2001 (L 2 U 151/99), das auf alle vom Klägerbevollmächtigten nunmehr wiederholten Einwände nach einer ausführlichen Zeugenbefragung bereits eingegangen ist. Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat auch für das vorliegende Verfahren an.
Soweit der Klägerbevollmächtigte zuletzt vorgetragen hat, dass er im März 2010 Strafanzeige gegen "Verantwortliche der Verwaltungsberufsgenossenschaft" u.a. wegen Verdacht auf Prozessbetrug, Urkundenfälschung, uneidliche Falschaussage etc. gestellt und diese auch vorgelegt hat, ist das Verfahren von der Staatsanwaltschaft D. mit Beschluss vom 10. August 2010 wegen Verjährung der zugrunde liegenden Vorwürfe eingestellt worden. Soweit dort noch ein weiteres staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren anhängig ist, handelt es sich hierbei um Ermittlungen wegen der "diverser Immobiliengeschäfte", die bereits aus diesem Grund nicht mit der Erstellung des Gefahrtarifs 2001 der Beklagten in Zusammenhang stehen. Die Staatsanwaltschaft B. hat mit Beschluss vom 8. September 2010 ein dort ebenfalls anhängiges Ermittlungsverfahren wegen der vom Klägerbevollmächtigten erhobenen Betrugsvorwürfe gegen einen Mitarbeiter der Beklagten, die der Klägerbevollmächtigte auf das selbe Vorbringen wie im vorliegenden Verfahren gestützt hat, ebenfalls eingestellt, da eine Täuschungshandlung nicht habe festgestellt werden können. Eines Eingehens des Gerichts auf den Aussetzungsbeschluss des Berichterstatters im 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts im Verfahren L 3 U 203/08 vom 29. Juli 2010 bedarf es deshalb ebenfalls nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das vorliegende Verfahren ist, auch wenn weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen gehören, nicht nach § 197a SGG gerichtskostenpflichtig, da die Klage gegen angefochtenen Bescheide bereits am 6. September 2001 und damit vor Inkrafttreten des § 197a SGG zum 1. Januar 2002 erhoben worden ist.
Das Kostenrecht des sozialgerichtlichen Verfahrens ist mit Wirkung vom 2. Januar 2002 (Art 19 Satz 3 6. SGGÄndG) grundlegend umgestaltet worden. In den in § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG umschriebenen Verfahren entfällt die Gerichtskostenfreiheit. Gerichtskosten werden nunmehr nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Für die Frage, wer im Verhältnis der Beteiligten zueinander die im Rechtsstreit entstandenen Kosten zu tragen hat, ordnet das Gesetz die entsprechende Anwendung der §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) an (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG).
Nach der Übergangsvorschrift des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 des 6. SGGÄndG vom 17. August 2001 gelten für einen Rechtszug, für den am Tag vor dem Inkrafttreten diese Gesetzes die Gebühr fällig geworden ist oder Kosten gemäß § 192 SGG auferlegt worden sind, die §§ 184 bis 187 und 192 des SGG und die Rechtsverordnung nach § 184 Abs. 2 SGG in der bisherigen Fassung weiter. Für Verfahren nach § 197 a SGG gilt nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 SGG, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtshängig waren, § 183 des SGG in der bisherigen Fassung weiter. Die Aufhebung der Gerichtskostenfreiheit erfasst deshalb nach der Übergangsregelung des Art 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGGÄndG solche Verfahren nicht, die vor dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes rechtshängig waren.
Das Bundessozialgericht hat in mehreren grundlegenden Entscheidungen zur Streitfrage, ob in Art. 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGGÄndG wie in Satz 1 auf den jeweiligen Rechtszug abzustellen ist oder auf die Rechtshängigkeit der Streitsache an sich, ausgeführt, dass abweichend von Satz 1 die Rechtshängigkeit maßgeblich ist und nicht der Rechtszug (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 12/01 R = SozR 3-2500 § 116 Nr. 24; Beschluss vom 27. November 2003 - B 6 KA 79/02 B; Beschluss vom 5. Mai 2003 - B 13 SF 5/02 S = SozR 4-1500 § 183 Nr. 1; a.A. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Mai 2002 - L 13 AL 283/02 - auch in Satz 2 sei auf den Rechtszug abzustellen).
Das Verfahren ist mit der Klageerhebung vor dem SG am 6. September 2001 rechtshängig geworden und damit vor dem Inkrafttreten des § 197a in der Fassung des 6. SGGÄndG vom 17. August 2001. Das Ruhen des Verfahrens bis zur Wiederanrufung am 8. Oktober 2009 lässt die Rechtshängigkeit unberührt (BSG SozR Nr. 4 zu § 185 SGG; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 94 Rn. 4a mwN).
Damit ist der Beschluss über die vorläufige Festsetzung des Streitwerts vom 29. September 2010 obsolet.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
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