Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 3097/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 6025/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.11.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV- nachfolgend BK Nr. 4302) streitig.
Die im Jahr 1949 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie stammt aus der früheren S ... Dort studierte sie, unterbrochen von einer Tätigkeit beim Arbeitsamt, in den Jahren 1971 bis 1981 Internationales Meeresrecht. Anschließend war sie wieder beim Arbeitsamt mit Bürotätigkeiten befasst. Im Jahr 1984 siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie arbeitete zunächst als Küchenhilfe, nachfolgend als Packerin in einer Dragee-Fabrik und in den Jahren 1991 bis 2003 in der Brauerei F. , überwiegend in der Flaschenabfüllung. Ein bis zwei Stunden täglich fielen in der Brauerei auch Reinigungsarbeiten an. Als Reinigungsmittel wurden Industriereiniger der Firmen D. L. und B. eingesetzt. Zusätzlich kam die Klägerin in Kontakt mit einem Bandschmiermittel der Firma B ... Alle zwei Wochen fand eine Großreinigung über acht Stunden statt. Die verwandten Industriereiniger sind generell bei unvorschriftsmäßiger Verdünnung und demgemäß zu hoher Konzentration geeignet, Reizerscheinungen der oberen und unteren Atemwege hervorzurufen. Wegen weiterer Einzelheiten hierzu und wegen Hinweisen, dass die Klägerin trotz häufiger Anweisungen, die Mittel falsch dosierte und in heißem, statt kaltem Wasser verdünnte und dadurch Dämpfe entstanden, wird auf den Ermittlungsbericht des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) der Beklagten vom 26.05.1999 (Bl. 91 bis 102 der Verwaltungsakte) Bezug genommen. Seit dem Jahr 1999 werden die genannten Mittel nicht mehr benutzt.
Im Anschluss an die Tätigkeit bei der Brauerei F. arbeitete die Klägerin in der Registratur des Amtsgerichts Mannheim. Von Dezember 2005 bis April 2008 war sie arbeitslos. Seither ist sie in Teilzeit in einem Forschungslabor für Leukämie an der Universität H. beschäftigt, wo sie u.a. Reinigungsarbeiten an Zentrifugen etc. durchführt, wobei - so ihre Angaben gegenüber dem späteren Sachverständigen Dr. H. (vgl. Bl. 75 SG-Akten) bzw. im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten an das Sozialgericht vom 19.08.2008 (vgl. Bl. 83 SG-Akten) - kein Kontakt zu reizenden Stoffen besteht und auch keine pulmonalen Beschwerden auftreten.
Die Klägerin beklagte seit dem Jahr 1989 rezidivierend auftretende Bronchitiden. Beginnend im Jahr 1991 wurden bei der Kläger u.a. auch die Diagnosen eines depressiven Syndroms und einer Neurose gestellt.
Wegen einer im Herbst des Jahres 1997 verstärkten Hustensymptomatik, die die Klägerin auf die Belastungen in der Flaschenabfüllung zurückführte, erstattete die Hautärztin Dr. B.-R. im März 1998 eine BK-Anzeige. In deren Folge fanden zahlreiche lungenfachärztliche Untersuchungen und Begutachtungen statt. Der behandelnde Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. T. äußerte einen Verdacht auf ein toxisch-irritatives Asthma bronchiale. Bei Begutachtungen durch Prof. Dr. M. , Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie im Krankenhaus Großhansdorf, im April 1998 und Dr. L. , Klinisches Institut für Allergien und Atemwegserkrankungen in H. , im September 1999 konnte - genauso wenig wie bei einem stationären Aufenthalt der Klägerin im Forschungszentrum B. im März 1999 (Entlassungsbericht von Prof. Dr. Sch. ) - keine Obstruktion der tieferen Atemwege klinisch oder lungenfunktionstechnisch eindeutig nachgewiesen werden. Durchgängig wurde eine eingeschränkte Verwertbarkeit bzw. Unbrauchbarkeit der Messwerte auf Grund fehlender Mitarbeit der Klägerin beschrieben. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 19.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.1999 die Feststellung einer BK ab, da eine Sensibilisierung gegenüber berufsspezifischen Stoffen nicht habe festgestellt werden können. Die dagegen beim Sozialgericht Schleswig erhobene Klage nahm die Klägerin im November 1999 zurück.
Nachdem die Klägerin im Jahr 2003 eine verstärkte Atemnot geltend machte, holte die Beklagte einen weiteren Befundbericht von Dr. T. ein, der wiederum Obstruktionen nicht als nachgewiesen erachtete.
Ab Dezember 2004 stand die Klägerin beim Lungenarzt Dr. T. in Behandlung. Dieser diagnostizierte eine leichte bronchiale Obstruktion sowie eine bronchiale Hyperreagibilität (Arztbrief vom 14.12.2004). Eine berufsbedingte Atemwegserkrankung sah er jedoch nicht (Arztbrief vom 01.12.2005).
Im März 2006 begehrte die Klägerin erneut die Feststellung einer BK. Sie nahm insbesondere auf ein vom Lungenarzt und Internisten Dr. H. auf Grund einer Untersuchung im Juli 2006 für die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erstelltes Rentengutachten Bezug. Dieser diagnostizierte eine obstruktive Atemwegserkrankung im Sinne eines Asthma bronchiale. Mit Bescheid vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2007 lehnte die Beklagte die Feststellung einer BK sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Überprüfung der bisherigen Ablehnung als auch unter dem Gesichtspunkt einer Änderung der Verhältnisse nach der Ablehnung ab. Sie stützte sich dabei auch auf eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. T. , der u.a. nach Auswertung von Befunden von Dr. T. keine eindeutige manifeste obstruktive Ventilationsstörung sah und auch eine bronchiale Hyperreagibilität nicht für nachgewiesen erachtete.
Deswegen hat die Klägerin am 10.09.2007 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Das SG hat Dr. T. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat von einer ausgeprägten unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität und von behandlungspflichtigen Beschwerden einer obstruktiven Atemwegskrankheit berichtet. Auf die Fragen nach einem Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin als Brauereiarbeiterin und dem Vorliegen eines Aufgabezwangs hat er auf ihm fehlende Angaben und Informationen sowie fehlende nachprüfbaren Befundberichte verwiesen. Neben verschiedenen Messprotokollen hat er auch den Entlassungsbericht über die im Herbst 2007 u.a. unter der Diagnose eines gemischtförmigen Asthma bronchiale im Reha-Zentrum T. durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme vorgelegt.
Das SG hat Dr. H. (Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde) mit der Erstellung eines pneumologischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat berichtet, die Klägerin habe schon beim Betreten seiner Praxisräume ein auffälliges Verhaltensmuster mit situationsabhängig auftretenden Husten- und Dyspnoeattacken mit vereinzelten Weinkrämpfen gezeigt. Trotz mehrerer Versuche habe sich keine auswertbare lungenfunktionelle Diagnostik durchführen lassen. Eine internistisch-pneumologische gutachtliche Stellungnahme sei ihm nicht möglich.
Sodann hat das SG bei Dr. G. (Internist, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologe) ein internistisch-pneumologisches Gutachten eingeholt. Dieser hat auf dem lungenfachärztlichen Gebiet ein chronifiziertes unspezifisches Reizsyndrom der oberen und unteren Luftwege mit ausgeprägter funktioneller Überlagerung und chronischer Hyperventilation bei einem im Vordergrund der Beschwerden stehenden Reizhusten diagnostiziert. Wegen ständig zunehmendem Husten und ausgeprägter Hyperventilation sei eine reguläre Untersuchung sehr schwierig gewesen. Eine Erkrankung der tieferen Atemwege im Sinne eines Asthma bronchiale oder einer chronischen obstruktiven Bronchitis sei nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen. Die Hustensymptomatik habe einen stark appellativen Charakter. Die Befunddokumentationen von Dr. T. , Dr. H. und der Reha-Klinik T. würden eine obstruktive Atemwegserkrankung nicht zweifelsfrei belegen. Sofern möglicherweise im Rahmen der Behandlung bei Dr. T. ab dem Jahr 2004 doch vorübergehend einmal eine leichte bronchiale Obstruktion oder auch eine bronchiale Überempfindlichkeit bestanden habe, spreche dies nicht für die Annahme einer BK. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin längst nicht mehr beruflich mit irritativen oder toxischen Substanzen belastet gewesen. Voraussetzung für die Annahme einer BK sei jedoch, dass zeitnah zur angeschuldigten Exposition eine bronchiale Obstruktion oder Hyperreagibilität nachweisbar sei.
Die Klägerin hat dem Gutachten von Dr. G. widersprochen und einen Arztbrief von Dr. H. von Januar 2009 vorgelegt. Dieser hat darin ausgeführt, er habe eine heftige bronchiale Überempfindlichkeit nachweisen können. Man müsse "also wohl mit Sicherheit von einem Asthma bronchiale ausgehen".
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.11.2009 abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob der Antrag der Klägerin vom März 2006 als Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) oder gemäß § 48 SGB X auszulegen sei, da keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Bescheide aus dem Jahr 1999 und keine Verschlimmerung vorliegen würden. Die BK Nr. 4302 sei nicht feststellbar. Zwar könne zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass sie in geringem Umfang chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen bis zum Jahr 1999 ausgesetzt gewesen sei. Jedoch sei nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. G. keine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung nachgewiesen. Die Auffassung von Dr. H. , der selbst auf eine schlechte Mitarbeit der Klägerin und starke Schwankungen zwischen den einzelnen Messungen hingewiesen habe, sei nicht schlüssig und nachvollziehbar. Selbst wenn unter Zugrundelegung der Angaben von Dr. T. und Dr. H. eine obstruktive Atemwegserkrankung bzw. Hyperreagibilität unterstellt werde, käme die Annahme einer BK nicht in Betracht, da die Klägerin zu den maßgeblichen Zeitpunkten nicht mehr irritativen oder toxischen Stoffen ausgesetzt gewesen sei. Eine Stellungnahme zum beruflichen Zusammenhang hätten weder Dr. T. noch Dr. H. abgegeben.
Gegen den ihr am 26.11.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.12.2009 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, Dr. G. habe sich nicht hinreichend mit den Vorbefunden auseinandergesetzt und den Befundbericht von Dr. T. vom 14.12.2004 ignoriert. Hinsichtlich des Befundberichts von Dr. H. habe Dr. G. keine Feststellungen getroffen. Soweit das SG unterstellt habe, die darin bestätigte obstruktive Atemwegserkrankung sei als berufsunabhängig anzusehen, fehle es ihm an der medizinischen Sachkunde. Dr. G. habe die Ursächlichkeit der beruflichen Tätigkeit für den Eintritt oder die Verschlimmerung einer obstruktiven Atemwegserkrankung nicht geprüft, da er bereits das Vorliegen einer solchen abgelehnt habe. Die Auffassung des Sachverständigen, bereits der zeitliche Ablauf spreche gegen das Vorliegen einer berufsbedingten Ursache, sei nicht überzeugend. Die Tätigkeit in der Brauerei habe im Jahr 2003 geendet, der Befundbericht von Dr. T. stamme aus dem Jahr 2004. Dass die Diagnose einer obstruktiven Atemwegserkrankung bei ärztlichen Behandlungen seit dem Jahr 1999 nicht eindeutig gestellt worden sei, bedeute nicht, dass es eine solche nicht gegeben habe. Die Klägerin hat zum Nachweis einer obstruktiven Störung weitere Lungenfunktionsprotokolle von Dr. T. (Zeitraum Oktober 2008 bis Juni 2010) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23.11.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2007 zu verpflichten, den Bescheid vom 19.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.1999 zurückzunehmen, hilfsweise, den Gerichtsbescheid vom 23.11.2009 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2007 das Vorliegen der BK Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, Dr. G. habe sich intensiv mit den Befunden von Dr. T. und Dr. H. auseinandergesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2007. Darin entschied die Beklagte zum einen über die Frage, ob sie bei Erlass des Bescheids vom 19.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.1999 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen war und deswegen zu Unrecht die Anerkennung der BK Nr. 4302 abgelehnt hatte. Die rechtliche Grundlage für diese Prüfung bildet § 44 SGB X (dazu nachfolgend 1.). Zum anderen prüfte die Beklagte, ob die BK Nr. 4302 nach dem aktuellen Stand - auf Grund einer Veränderung des Gesundheitszustands - anzuerkennen war. Da die Ablehnung der Anerkennung im Jahr 1999 keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstellt, wäre eine Aufhebung dieser Ablehnung nicht nötig gewesen, um den Weg für eine abweichende Entscheidung freizumachen (Steinwedel in Kassler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X Rdnr. 12). Die Beklagte traf hinsichtlich der aktuellen Situation mithin eine originäre Entscheidung. Der von ihr im Widerspruchsbescheid als Rechtsgrundlage zitierte § 48 SGB X, den auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid erwähnt hat, ist nicht einschlägig. In der Sache ergibt sich dadurch freilich keine Änderung (dazu nachfolgend 2.).
1. Grundsätzlich kann bei Ablehnung jedweder Entschädigung, weil keine BK vorliege, ein Versicherter sein Begehren auf Feststellung einer BK zwar im Wege einer Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG verfolgen (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2). Dies ist indessen im Rahmen eines so genannten Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X nicht möglich. Denn dieses Verfahren hat das Ziel, den bestandskräftigen, eine BK verneinenden Verwaltungsakt zu beseitigen, im Falle des entsprechenden Klageverfahrens die Beklagte zur Rücknahme dieses Verwaltungsaktes zu verurteilen. Bevor der bestandskräftige Ablehnungsbescheid aber nicht beseitigt ist, steht dieser - eben wegen seiner Bestandskraft - einer gegenteiligen Feststellung durch das Gericht entgegen. Die Beklagte kann auch nicht zur Feststellung einer BK verurteilt werden. Hierfür fehlt es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Dem Bedürfnis der Versicherten wird - normalerweise - von der Rechtsprechung mit der Feststellungsklage Rechnung getragen. Damit beschränkt sich das Klagebegehren sachgerechterweise auf die Verurteilung der Beklagten zur Rücknahme des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides (ständige Rechtsprechung des Senats seit Urteil vom 27.04.2006, L 10 U 5290/03).
Die Beklagte lehnte zu Recht die Rücknahme der bestandskräftig gewordenen Ablehnung der Feststellung der BK Nr. 4302 ab. Auch der Senat kann sich - wie zuvor schon das SG - nicht davon überzeugen, dass bei Erlass des Bescheids vom 19.01.1999 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde.
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Prüfung des Anspruchs der Klägerin auf eine Rücknahme der bestandskräftig gewordenen Ablehnung nach § 44 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zu richten hat. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass vom einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Da im bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 19.01.1999 hinsichtlich der jetzt von der Klägerin zur Überprüfung gestellten Frage des Vorliegens einer BK an sich nicht über Leistungen entschieden wurde, könnten Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X gesehen werden. Für die Anwendung dieser Regelung (so auch ohne weitere Problematisierung für die streitige Feststellung eines Arbeitsunfalls: BSG, Urteil vom 05.09.2006, B 2 U 24/05 R in SozR 4 - 2700 § 8 Nr. 18) spricht jedoch, dass es bei der Feststellung einer BK letztendlich in der Regel doch (indirekt) um Leistungsansprüche geht. Zudem erscheint der die Feststellung einer BK begehrende potentielle Leistungsempfänger insoweit, als ihn § 44 Abs. 1 SGB X gegenüber dem alternativ in Betracht kommenden § 44 Abs. 2 SGB X privilegiert, schutzwürdig. Denn im Anwendungsbereich des Abs. 1 ist eine gebundene Entscheidung über die Korrektur mit Wirkung für die Vergangenheit zu treffen, während der Behörde im Anwendungsbereich des Abs. 2 ein Ermessensspielraum gewährt wird. Letztlich kann die Frage, ob Abs. 1 oder Abs. 2 des § 44 SGB X anzuwenden ist, offen bleiben, da auch nach § 44 Abs. 2 SGB X Voraussetzung wäre, dass die Beklagte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen war. Das kann hier nicht festgestellt werden.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII).
Eine BK nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII i. V. m. Nr. 4302 der Anlage bzw. - seit 01.07.2009 - Anlage 1 zur BKV sind durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung und Entschädigung einer Erkrankung der BK Nr. 4302 müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten muss eine obstruktive Atemwegserkrankung vorliegen, die durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe (so genannte arbeitstechnische Voraussetzungen) verursacht wurde. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und als Konsequenz aus diesem Zwang muss die Aufgabe dieser Tätigkeiten tatsächlich erfolgt sein.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung - hier also die obstruktive Atemwegserkrankung - erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.), das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16) Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Wie schon das SG nimmt auch der Senat auf der Grundlage des Ermittlungsberichts des TAD vom Mai 1999 und den Ausführungen von Dr. L. im Gutachten vom September 1999 an, dass die Klägerin - nicht zuletzt wegen eigener Anwendungsfehler - bei Verwendung der in den Jahren 1991 bis 1999 zum Einsatz gekommenen Industriereiniger der Fa. D. L. und B. Stoffen ausgesetzt war, die Reizerscheinungen der oberen und unteren Atemwege hervorrufen konnten.
Für die Feststellung einer BK im Januar 1999 fehlte es jedoch am Nachweis einer obstruktiven Atemwegserkrankung. Ein solcher Nachweis ist für den damaligen Zeitpunkt bis heute nicht erbracht, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte bei der Entscheidung vom 19.01.1999 einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde legte. Eine obstruktive Atemwegserkrankung wurde erstmalig im Dezember 2004 von Dr. T. als Diagnose gestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist keine eindeutige ärztliche Diagnose einer obstruktiven Atemwegserkrankung ersichtlich. Dr. T. äußerte lediglich einen Verdacht auf ein toxisch-irritatives Asthma bronchiale. Prof. Dr. M. und Dr. L. konnten aber im Rahmen der Begutachtungen klinisch oder lungenfunktionstechnisch keine eindeutige Obstruktion der tieferen Atemwege nachweisen. Dies war auch während der Behandlung der Klägerin im Forschungszentrum B. im März 1999 nicht möglich. Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung darauf hinweist, bereits seit dem Jahr 1999 in ärztlicher Behandlung wegen ihrer Lungenbeschwerden gestanden zu haben, ersetzt dies nicht den erforderlichen Nachweis für das Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung. Soweit die Klägerin weiter vorträgt, die fehlende Diagnosestellung bedeute lediglich, dass die obstruktive Atemwegserkrankung vor dem Befundbericht von Dr. T. nicht eindeutig diagnostiziert worden sei, verkennt sie, dass das Vorliegen der obstruktiven Atemwegserkrankung nachgewiesen sein muss. Mit dem Hinweis auf die fehlende "eindeutige" Diagnosestellung räumt sie letztlich selbst ein, dass dieser Nachweis für den Zeitpunkt des Erlasses der bestandskräftig gewordenen Ausgangsentscheidung nicht erbracht ist. Dies geht zu ihren Lasten.
2. Hinsichtlich der Zeit nach Erlass des Bescheides vom 19.01.1999 hat das SG, gestützt auf das Gutachten von Dr. G. und unter Heranziehung des Gutachtens von Dr. L. und des Befundberichts von Dr. T. vom Mai 2003, umfassend und zutreffend dargestellt, dass eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung nicht nachgewiesen ist und selbst wenn ausgehend von den Ausführungen von Dr. T. und Dr. H. eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung unterstellt würde, diese nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die berufliche Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen wäre. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zu den Einwendungen der Klägerin im Berufungsverfahren ist ergänzend anzumerken: Es ist unzutreffend, dass sich der Gutachter Dr. G. nicht mit den Befundberichten von Dr. T. , insbesondere dem mehrmals von der Klägerin vorgelegten Befundbericht vom 14.12.2004 auseinandergesetzt habe. Dr. G. hat ausdrücklich erwähnt, dass Dr. T. möglicherweise in seiner Behandlung vorübergehend eine leichte bronchiale Obstruktion oder auch eine bronchiale Überempfindlichkeit sah, er hat jedoch diese Diagnose anhand der von Dr. T. verfassten Befunddokumentation nicht nachvollziehen können; gleiches gilt für die von Dr. H. im Juli 2006, und der Reha-Klinik T. im Herbst 2007 dokumentierten Befunde. Dies begründet beim Senat durchschlagende Zweifel am Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung in der Zeit seit Dezember 2004. Darüber hinaus hat Dr. G. überzeugend - eine dauerhafte derartige Erkrankung seit Dezember 2004 unterstellend - mit dem fehlenden zeitlichen Zusammenhang mit der hier maßgeblichen beruflichen Belastung durch irritative Substanzen, also mit der fehlenden (wahrscheinlichen) Ursächlichkeit, argumentiert. Jedenfalls am zuletzt genannten Gesichtspunkt scheitert die Anerkennung einer BK. Voraussetzung dafür wäre eine zeitnah zur maßgeblichen Einwirkung von irritativen Stoffen nachgewiesene obstruktive Atemwegserkrankung. Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Exposition und dem Krankheitsbeginn wird auch im Merkblatt zur BK Nr. 4302 als bedeutsam beschrieben (Merkblatt zur BK Nr. 4302, BArbBl. 7/8/1979). Von einem ausreichenden, die Ursächlichkeit wahrscheinlich machenden, zeitlichen Zusammenhang kann hier selbst bei Unterstellung einer obstruktiven Atemwegserkrankung - so Dr. G. - nicht ausgegangen werden, denn die maßgeblichen Stoffe wurden seit dem Jahr 1999 nicht mehr zu Reinigungszwecken benutzt und die Diagnose erstmalig - nach ca. sechs Jahren - Ende des Jahres 2004 gestellt.
Soweit die Klägerin einen ausreichenden zeitlichen Zusammenhang damit begründet, dass sie bis zum Jahr 2003 in der Brauerei beschäftigt war, lässt sie außer Acht, dass die hier maßgeblichen Stoffe - wie eben ausgeführt - nach den Feststellungen des TAD bereits seit dem Jahr 1999 nicht mehr benutzt wurden, mithin ab diesem Zeitpunkt die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die streitgegenständliche BK nicht mehr als erfüllt unterstellt werden können.
Den Unterlagen kann im Übrigen entnommen werden, dass auch Dr. T. von einem fehlenden Zusammenhang zwischen der Tätigkeit in der Brauerei und der von ihm diagnostizierten obstruktiven Atemwegserkrankung ausgeht. Im Arztbrief vom 01.12.2005 teilte er mit, dass die Atemwegserkrankung unmöglich berufsbedingt ist. Dies hat er der Klägerin auch in einem längeren Gespräch erklärt. Soweit er, befragt als sachverständiger Zeuge, auf die gerichtlichen Fragen zum Zusammenhang zwischen der Erkrankung der Klägerin und ihrer beruflichen Tätigkeit bzw. den Voraussetzungen einer BK letztlich eine Antwort schuldig geblieben ist und sich auf fehlende nachprüfbare Befundberichte und Informationen zurückgezogen hat, ist dies vor dem Hintergrund seiner Stellung als therapierender Arzt zu erklären.
Das SG hat sich auch mit der Auffassung von Dr. H. auseinandergesetzt. Soweit sich die Klägerin zur Begründung der Berufung insbesondere auf seinen Befundbericht vom 05.01.2009, der Dr. G. bei der Begutachtung im November 2008 zwangsläufig noch nicht vorgelegen hat, stützt, kann der Senat diesem Bericht eben nicht entnehmen, dass hierin das Vorliegen einer obstruktiven Lungenerkrankung klar festgehalten ist. Zwar hat Dr. H. beschrieben, dass die Klägerin auf entsprechende Provokationen spezifisch reagiert habe. Gleichzeitig hat er aber auf die bekannte Problematik der eingeschränkten Mitarbeit, wie sie zuvor von vielen Sachverständigen beschrieben wurde und an deren Vorliegen der Senat daher keine Zweifel hat, hingewiesen. Die abschließende Formulierung von Dr. H. , man müsse also wohl mit Sicherheit von einem Asthma bronchiale ausgehen, stellt sich für den Senat vor diesem Hintergrund und bei dieser Vorgeschichte, auch wenn das Wort "Sicherheit" auftaucht, alles andere als eine klare und sichere Diagnose dar.
Im Übrigen gilt auch hier - wie vom SG ausgeführt -, dass selbst bei Unterstellung eines sicheren Nachweises einer obstruktiven Atemwegserkrankung im Januar 2005 kein ausreichender zeitlicher Zusammenhang mit der beruflichen Belastung bestehen würde. Wenn Dr. G. einen fehlenden ausreichenden Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung bis zum Jahr 1999 und einem Auftreten einer obstruktiven Atemwegserkrankung im Dezember 2004 verneint, muss dies erst recht für einen erst im Januar 2005 erfolgten Nachweis einer solchen obstruktiven Atemwegserkrankung gelten. Für diesen logischen Schluss bedarf es entgegen dem Ansinnen der Klägerin keiner medizinischen Sachkunde. In Anknüpfung daran besteht auch angesichts der zuletzt von der Klägerin vorgelegten Lungenfunktionsprotokolle, die den noch später gelegenen Zeitraum von Oktober 2008 bis Juni 2010 betreffen, kein Anlass für weitere Ermittlungen. Ebenso ist die Einholung weiterer, zwangsläufig auch neuerer Befunde bei Dr. T. nicht angezeigt.
Soweit die Klägerin zuletzt darauf hingewiesen hat, bei dem für die letzte Tätigkeit zuständigen Unfallversicherungsträger. einen Antrag auf Feststellung einer BK wegen ihrer Lungenbeschwerden gestellt zu haben und meint, das dort in Auftrag gegebene Gutachten möge abgewartet werden, sieht der Senat hierzu keine Veranlassung. Für die vorliegend zu beantwortende Frage liegen mehrere Gutachten vor, sodass kein Grund besteht, ein weiteres Gutachten abzuwarten. Hinzu kommt, dass nach den eigenen Angaben der Klägerin gegenüber Dr. H. und dem SG es bei der Tätigkeit im Universitätsklinikum weder zu Kontakt mit reizenden Stoffen noch zu pulmonalen Beschwerden gekommen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV- nachfolgend BK Nr. 4302) streitig.
Die im Jahr 1949 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie stammt aus der früheren S ... Dort studierte sie, unterbrochen von einer Tätigkeit beim Arbeitsamt, in den Jahren 1971 bis 1981 Internationales Meeresrecht. Anschließend war sie wieder beim Arbeitsamt mit Bürotätigkeiten befasst. Im Jahr 1984 siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie arbeitete zunächst als Küchenhilfe, nachfolgend als Packerin in einer Dragee-Fabrik und in den Jahren 1991 bis 2003 in der Brauerei F. , überwiegend in der Flaschenabfüllung. Ein bis zwei Stunden täglich fielen in der Brauerei auch Reinigungsarbeiten an. Als Reinigungsmittel wurden Industriereiniger der Firmen D. L. und B. eingesetzt. Zusätzlich kam die Klägerin in Kontakt mit einem Bandschmiermittel der Firma B ... Alle zwei Wochen fand eine Großreinigung über acht Stunden statt. Die verwandten Industriereiniger sind generell bei unvorschriftsmäßiger Verdünnung und demgemäß zu hoher Konzentration geeignet, Reizerscheinungen der oberen und unteren Atemwege hervorzurufen. Wegen weiterer Einzelheiten hierzu und wegen Hinweisen, dass die Klägerin trotz häufiger Anweisungen, die Mittel falsch dosierte und in heißem, statt kaltem Wasser verdünnte und dadurch Dämpfe entstanden, wird auf den Ermittlungsbericht des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) der Beklagten vom 26.05.1999 (Bl. 91 bis 102 der Verwaltungsakte) Bezug genommen. Seit dem Jahr 1999 werden die genannten Mittel nicht mehr benutzt.
Im Anschluss an die Tätigkeit bei der Brauerei F. arbeitete die Klägerin in der Registratur des Amtsgerichts Mannheim. Von Dezember 2005 bis April 2008 war sie arbeitslos. Seither ist sie in Teilzeit in einem Forschungslabor für Leukämie an der Universität H. beschäftigt, wo sie u.a. Reinigungsarbeiten an Zentrifugen etc. durchführt, wobei - so ihre Angaben gegenüber dem späteren Sachverständigen Dr. H. (vgl. Bl. 75 SG-Akten) bzw. im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten an das Sozialgericht vom 19.08.2008 (vgl. Bl. 83 SG-Akten) - kein Kontakt zu reizenden Stoffen besteht und auch keine pulmonalen Beschwerden auftreten.
Die Klägerin beklagte seit dem Jahr 1989 rezidivierend auftretende Bronchitiden. Beginnend im Jahr 1991 wurden bei der Kläger u.a. auch die Diagnosen eines depressiven Syndroms und einer Neurose gestellt.
Wegen einer im Herbst des Jahres 1997 verstärkten Hustensymptomatik, die die Klägerin auf die Belastungen in der Flaschenabfüllung zurückführte, erstattete die Hautärztin Dr. B.-R. im März 1998 eine BK-Anzeige. In deren Folge fanden zahlreiche lungenfachärztliche Untersuchungen und Begutachtungen statt. Der behandelnde Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. T. äußerte einen Verdacht auf ein toxisch-irritatives Asthma bronchiale. Bei Begutachtungen durch Prof. Dr. M. , Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie im Krankenhaus Großhansdorf, im April 1998 und Dr. L. , Klinisches Institut für Allergien und Atemwegserkrankungen in H. , im September 1999 konnte - genauso wenig wie bei einem stationären Aufenthalt der Klägerin im Forschungszentrum B. im März 1999 (Entlassungsbericht von Prof. Dr. Sch. ) - keine Obstruktion der tieferen Atemwege klinisch oder lungenfunktionstechnisch eindeutig nachgewiesen werden. Durchgängig wurde eine eingeschränkte Verwertbarkeit bzw. Unbrauchbarkeit der Messwerte auf Grund fehlender Mitarbeit der Klägerin beschrieben. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 19.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.1999 die Feststellung einer BK ab, da eine Sensibilisierung gegenüber berufsspezifischen Stoffen nicht habe festgestellt werden können. Die dagegen beim Sozialgericht Schleswig erhobene Klage nahm die Klägerin im November 1999 zurück.
Nachdem die Klägerin im Jahr 2003 eine verstärkte Atemnot geltend machte, holte die Beklagte einen weiteren Befundbericht von Dr. T. ein, der wiederum Obstruktionen nicht als nachgewiesen erachtete.
Ab Dezember 2004 stand die Klägerin beim Lungenarzt Dr. T. in Behandlung. Dieser diagnostizierte eine leichte bronchiale Obstruktion sowie eine bronchiale Hyperreagibilität (Arztbrief vom 14.12.2004). Eine berufsbedingte Atemwegserkrankung sah er jedoch nicht (Arztbrief vom 01.12.2005).
Im März 2006 begehrte die Klägerin erneut die Feststellung einer BK. Sie nahm insbesondere auf ein vom Lungenarzt und Internisten Dr. H. auf Grund einer Untersuchung im Juli 2006 für die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erstelltes Rentengutachten Bezug. Dieser diagnostizierte eine obstruktive Atemwegserkrankung im Sinne eines Asthma bronchiale. Mit Bescheid vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2007 lehnte die Beklagte die Feststellung einer BK sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Überprüfung der bisherigen Ablehnung als auch unter dem Gesichtspunkt einer Änderung der Verhältnisse nach der Ablehnung ab. Sie stützte sich dabei auch auf eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. T. , der u.a. nach Auswertung von Befunden von Dr. T. keine eindeutige manifeste obstruktive Ventilationsstörung sah und auch eine bronchiale Hyperreagibilität nicht für nachgewiesen erachtete.
Deswegen hat die Klägerin am 10.09.2007 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Das SG hat Dr. T. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat von einer ausgeprägten unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität und von behandlungspflichtigen Beschwerden einer obstruktiven Atemwegskrankheit berichtet. Auf die Fragen nach einem Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin als Brauereiarbeiterin und dem Vorliegen eines Aufgabezwangs hat er auf ihm fehlende Angaben und Informationen sowie fehlende nachprüfbaren Befundberichte verwiesen. Neben verschiedenen Messprotokollen hat er auch den Entlassungsbericht über die im Herbst 2007 u.a. unter der Diagnose eines gemischtförmigen Asthma bronchiale im Reha-Zentrum T. durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme vorgelegt.
Das SG hat Dr. H. (Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde) mit der Erstellung eines pneumologischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat berichtet, die Klägerin habe schon beim Betreten seiner Praxisräume ein auffälliges Verhaltensmuster mit situationsabhängig auftretenden Husten- und Dyspnoeattacken mit vereinzelten Weinkrämpfen gezeigt. Trotz mehrerer Versuche habe sich keine auswertbare lungenfunktionelle Diagnostik durchführen lassen. Eine internistisch-pneumologische gutachtliche Stellungnahme sei ihm nicht möglich.
Sodann hat das SG bei Dr. G. (Internist, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologe) ein internistisch-pneumologisches Gutachten eingeholt. Dieser hat auf dem lungenfachärztlichen Gebiet ein chronifiziertes unspezifisches Reizsyndrom der oberen und unteren Luftwege mit ausgeprägter funktioneller Überlagerung und chronischer Hyperventilation bei einem im Vordergrund der Beschwerden stehenden Reizhusten diagnostiziert. Wegen ständig zunehmendem Husten und ausgeprägter Hyperventilation sei eine reguläre Untersuchung sehr schwierig gewesen. Eine Erkrankung der tieferen Atemwege im Sinne eines Asthma bronchiale oder einer chronischen obstruktiven Bronchitis sei nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen. Die Hustensymptomatik habe einen stark appellativen Charakter. Die Befunddokumentationen von Dr. T. , Dr. H. und der Reha-Klinik T. würden eine obstruktive Atemwegserkrankung nicht zweifelsfrei belegen. Sofern möglicherweise im Rahmen der Behandlung bei Dr. T. ab dem Jahr 2004 doch vorübergehend einmal eine leichte bronchiale Obstruktion oder auch eine bronchiale Überempfindlichkeit bestanden habe, spreche dies nicht für die Annahme einer BK. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin längst nicht mehr beruflich mit irritativen oder toxischen Substanzen belastet gewesen. Voraussetzung für die Annahme einer BK sei jedoch, dass zeitnah zur angeschuldigten Exposition eine bronchiale Obstruktion oder Hyperreagibilität nachweisbar sei.
Die Klägerin hat dem Gutachten von Dr. G. widersprochen und einen Arztbrief von Dr. H. von Januar 2009 vorgelegt. Dieser hat darin ausgeführt, er habe eine heftige bronchiale Überempfindlichkeit nachweisen können. Man müsse "also wohl mit Sicherheit von einem Asthma bronchiale ausgehen".
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.11.2009 abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob der Antrag der Klägerin vom März 2006 als Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) oder gemäß § 48 SGB X auszulegen sei, da keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Bescheide aus dem Jahr 1999 und keine Verschlimmerung vorliegen würden. Die BK Nr. 4302 sei nicht feststellbar. Zwar könne zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass sie in geringem Umfang chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen bis zum Jahr 1999 ausgesetzt gewesen sei. Jedoch sei nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. G. keine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung nachgewiesen. Die Auffassung von Dr. H. , der selbst auf eine schlechte Mitarbeit der Klägerin und starke Schwankungen zwischen den einzelnen Messungen hingewiesen habe, sei nicht schlüssig und nachvollziehbar. Selbst wenn unter Zugrundelegung der Angaben von Dr. T. und Dr. H. eine obstruktive Atemwegserkrankung bzw. Hyperreagibilität unterstellt werde, käme die Annahme einer BK nicht in Betracht, da die Klägerin zu den maßgeblichen Zeitpunkten nicht mehr irritativen oder toxischen Stoffen ausgesetzt gewesen sei. Eine Stellungnahme zum beruflichen Zusammenhang hätten weder Dr. T. noch Dr. H. abgegeben.
Gegen den ihr am 26.11.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.12.2009 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, Dr. G. habe sich nicht hinreichend mit den Vorbefunden auseinandergesetzt und den Befundbericht von Dr. T. vom 14.12.2004 ignoriert. Hinsichtlich des Befundberichts von Dr. H. habe Dr. G. keine Feststellungen getroffen. Soweit das SG unterstellt habe, die darin bestätigte obstruktive Atemwegserkrankung sei als berufsunabhängig anzusehen, fehle es ihm an der medizinischen Sachkunde. Dr. G. habe die Ursächlichkeit der beruflichen Tätigkeit für den Eintritt oder die Verschlimmerung einer obstruktiven Atemwegserkrankung nicht geprüft, da er bereits das Vorliegen einer solchen abgelehnt habe. Die Auffassung des Sachverständigen, bereits der zeitliche Ablauf spreche gegen das Vorliegen einer berufsbedingten Ursache, sei nicht überzeugend. Die Tätigkeit in der Brauerei habe im Jahr 2003 geendet, der Befundbericht von Dr. T. stamme aus dem Jahr 2004. Dass die Diagnose einer obstruktiven Atemwegserkrankung bei ärztlichen Behandlungen seit dem Jahr 1999 nicht eindeutig gestellt worden sei, bedeute nicht, dass es eine solche nicht gegeben habe. Die Klägerin hat zum Nachweis einer obstruktiven Störung weitere Lungenfunktionsprotokolle von Dr. T. (Zeitraum Oktober 2008 bis Juni 2010) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23.11.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2007 zu verpflichten, den Bescheid vom 19.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.1999 zurückzunehmen, hilfsweise, den Gerichtsbescheid vom 23.11.2009 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2007 das Vorliegen der BK Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, Dr. G. habe sich intensiv mit den Befunden von Dr. T. und Dr. H. auseinandergesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2007. Darin entschied die Beklagte zum einen über die Frage, ob sie bei Erlass des Bescheids vom 19.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.1999 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen war und deswegen zu Unrecht die Anerkennung der BK Nr. 4302 abgelehnt hatte. Die rechtliche Grundlage für diese Prüfung bildet § 44 SGB X (dazu nachfolgend 1.). Zum anderen prüfte die Beklagte, ob die BK Nr. 4302 nach dem aktuellen Stand - auf Grund einer Veränderung des Gesundheitszustands - anzuerkennen war. Da die Ablehnung der Anerkennung im Jahr 1999 keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstellt, wäre eine Aufhebung dieser Ablehnung nicht nötig gewesen, um den Weg für eine abweichende Entscheidung freizumachen (Steinwedel in Kassler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X Rdnr. 12). Die Beklagte traf hinsichtlich der aktuellen Situation mithin eine originäre Entscheidung. Der von ihr im Widerspruchsbescheid als Rechtsgrundlage zitierte § 48 SGB X, den auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid erwähnt hat, ist nicht einschlägig. In der Sache ergibt sich dadurch freilich keine Änderung (dazu nachfolgend 2.).
1. Grundsätzlich kann bei Ablehnung jedweder Entschädigung, weil keine BK vorliege, ein Versicherter sein Begehren auf Feststellung einer BK zwar im Wege einer Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG verfolgen (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2). Dies ist indessen im Rahmen eines so genannten Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X nicht möglich. Denn dieses Verfahren hat das Ziel, den bestandskräftigen, eine BK verneinenden Verwaltungsakt zu beseitigen, im Falle des entsprechenden Klageverfahrens die Beklagte zur Rücknahme dieses Verwaltungsaktes zu verurteilen. Bevor der bestandskräftige Ablehnungsbescheid aber nicht beseitigt ist, steht dieser - eben wegen seiner Bestandskraft - einer gegenteiligen Feststellung durch das Gericht entgegen. Die Beklagte kann auch nicht zur Feststellung einer BK verurteilt werden. Hierfür fehlt es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Dem Bedürfnis der Versicherten wird - normalerweise - von der Rechtsprechung mit der Feststellungsklage Rechnung getragen. Damit beschränkt sich das Klagebegehren sachgerechterweise auf die Verurteilung der Beklagten zur Rücknahme des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides (ständige Rechtsprechung des Senats seit Urteil vom 27.04.2006, L 10 U 5290/03).
Die Beklagte lehnte zu Recht die Rücknahme der bestandskräftig gewordenen Ablehnung der Feststellung der BK Nr. 4302 ab. Auch der Senat kann sich - wie zuvor schon das SG - nicht davon überzeugen, dass bei Erlass des Bescheids vom 19.01.1999 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde.
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Prüfung des Anspruchs der Klägerin auf eine Rücknahme der bestandskräftig gewordenen Ablehnung nach § 44 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zu richten hat. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass vom einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Da im bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 19.01.1999 hinsichtlich der jetzt von der Klägerin zur Überprüfung gestellten Frage des Vorliegens einer BK an sich nicht über Leistungen entschieden wurde, könnten Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X gesehen werden. Für die Anwendung dieser Regelung (so auch ohne weitere Problematisierung für die streitige Feststellung eines Arbeitsunfalls: BSG, Urteil vom 05.09.2006, B 2 U 24/05 R in SozR 4 - 2700 § 8 Nr. 18) spricht jedoch, dass es bei der Feststellung einer BK letztendlich in der Regel doch (indirekt) um Leistungsansprüche geht. Zudem erscheint der die Feststellung einer BK begehrende potentielle Leistungsempfänger insoweit, als ihn § 44 Abs. 1 SGB X gegenüber dem alternativ in Betracht kommenden § 44 Abs. 2 SGB X privilegiert, schutzwürdig. Denn im Anwendungsbereich des Abs. 1 ist eine gebundene Entscheidung über die Korrektur mit Wirkung für die Vergangenheit zu treffen, während der Behörde im Anwendungsbereich des Abs. 2 ein Ermessensspielraum gewährt wird. Letztlich kann die Frage, ob Abs. 1 oder Abs. 2 des § 44 SGB X anzuwenden ist, offen bleiben, da auch nach § 44 Abs. 2 SGB X Voraussetzung wäre, dass die Beklagte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen war. Das kann hier nicht festgestellt werden.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII).
Eine BK nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII i. V. m. Nr. 4302 der Anlage bzw. - seit 01.07.2009 - Anlage 1 zur BKV sind durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung und Entschädigung einer Erkrankung der BK Nr. 4302 müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten muss eine obstruktive Atemwegserkrankung vorliegen, die durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe (so genannte arbeitstechnische Voraussetzungen) verursacht wurde. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und als Konsequenz aus diesem Zwang muss die Aufgabe dieser Tätigkeiten tatsächlich erfolgt sein.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung - hier also die obstruktive Atemwegserkrankung - erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.), das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16) Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Wie schon das SG nimmt auch der Senat auf der Grundlage des Ermittlungsberichts des TAD vom Mai 1999 und den Ausführungen von Dr. L. im Gutachten vom September 1999 an, dass die Klägerin - nicht zuletzt wegen eigener Anwendungsfehler - bei Verwendung der in den Jahren 1991 bis 1999 zum Einsatz gekommenen Industriereiniger der Fa. D. L. und B. Stoffen ausgesetzt war, die Reizerscheinungen der oberen und unteren Atemwege hervorrufen konnten.
Für die Feststellung einer BK im Januar 1999 fehlte es jedoch am Nachweis einer obstruktiven Atemwegserkrankung. Ein solcher Nachweis ist für den damaligen Zeitpunkt bis heute nicht erbracht, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte bei der Entscheidung vom 19.01.1999 einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde legte. Eine obstruktive Atemwegserkrankung wurde erstmalig im Dezember 2004 von Dr. T. als Diagnose gestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist keine eindeutige ärztliche Diagnose einer obstruktiven Atemwegserkrankung ersichtlich. Dr. T. äußerte lediglich einen Verdacht auf ein toxisch-irritatives Asthma bronchiale. Prof. Dr. M. und Dr. L. konnten aber im Rahmen der Begutachtungen klinisch oder lungenfunktionstechnisch keine eindeutige Obstruktion der tieferen Atemwege nachweisen. Dies war auch während der Behandlung der Klägerin im Forschungszentrum B. im März 1999 nicht möglich. Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung darauf hinweist, bereits seit dem Jahr 1999 in ärztlicher Behandlung wegen ihrer Lungenbeschwerden gestanden zu haben, ersetzt dies nicht den erforderlichen Nachweis für das Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung. Soweit die Klägerin weiter vorträgt, die fehlende Diagnosestellung bedeute lediglich, dass die obstruktive Atemwegserkrankung vor dem Befundbericht von Dr. T. nicht eindeutig diagnostiziert worden sei, verkennt sie, dass das Vorliegen der obstruktiven Atemwegserkrankung nachgewiesen sein muss. Mit dem Hinweis auf die fehlende "eindeutige" Diagnosestellung räumt sie letztlich selbst ein, dass dieser Nachweis für den Zeitpunkt des Erlasses der bestandskräftig gewordenen Ausgangsentscheidung nicht erbracht ist. Dies geht zu ihren Lasten.
2. Hinsichtlich der Zeit nach Erlass des Bescheides vom 19.01.1999 hat das SG, gestützt auf das Gutachten von Dr. G. und unter Heranziehung des Gutachtens von Dr. L. und des Befundberichts von Dr. T. vom Mai 2003, umfassend und zutreffend dargestellt, dass eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung nicht nachgewiesen ist und selbst wenn ausgehend von den Ausführungen von Dr. T. und Dr. H. eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung unterstellt würde, diese nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf die berufliche Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen wäre. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zu den Einwendungen der Klägerin im Berufungsverfahren ist ergänzend anzumerken: Es ist unzutreffend, dass sich der Gutachter Dr. G. nicht mit den Befundberichten von Dr. T. , insbesondere dem mehrmals von der Klägerin vorgelegten Befundbericht vom 14.12.2004 auseinandergesetzt habe. Dr. G. hat ausdrücklich erwähnt, dass Dr. T. möglicherweise in seiner Behandlung vorübergehend eine leichte bronchiale Obstruktion oder auch eine bronchiale Überempfindlichkeit sah, er hat jedoch diese Diagnose anhand der von Dr. T. verfassten Befunddokumentation nicht nachvollziehen können; gleiches gilt für die von Dr. H. im Juli 2006, und der Reha-Klinik T. im Herbst 2007 dokumentierten Befunde. Dies begründet beim Senat durchschlagende Zweifel am Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung in der Zeit seit Dezember 2004. Darüber hinaus hat Dr. G. überzeugend - eine dauerhafte derartige Erkrankung seit Dezember 2004 unterstellend - mit dem fehlenden zeitlichen Zusammenhang mit der hier maßgeblichen beruflichen Belastung durch irritative Substanzen, also mit der fehlenden (wahrscheinlichen) Ursächlichkeit, argumentiert. Jedenfalls am zuletzt genannten Gesichtspunkt scheitert die Anerkennung einer BK. Voraussetzung dafür wäre eine zeitnah zur maßgeblichen Einwirkung von irritativen Stoffen nachgewiesene obstruktive Atemwegserkrankung. Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Exposition und dem Krankheitsbeginn wird auch im Merkblatt zur BK Nr. 4302 als bedeutsam beschrieben (Merkblatt zur BK Nr. 4302, BArbBl. 7/8/1979). Von einem ausreichenden, die Ursächlichkeit wahrscheinlich machenden, zeitlichen Zusammenhang kann hier selbst bei Unterstellung einer obstruktiven Atemwegserkrankung - so Dr. G. - nicht ausgegangen werden, denn die maßgeblichen Stoffe wurden seit dem Jahr 1999 nicht mehr zu Reinigungszwecken benutzt und die Diagnose erstmalig - nach ca. sechs Jahren - Ende des Jahres 2004 gestellt.
Soweit die Klägerin einen ausreichenden zeitlichen Zusammenhang damit begründet, dass sie bis zum Jahr 2003 in der Brauerei beschäftigt war, lässt sie außer Acht, dass die hier maßgeblichen Stoffe - wie eben ausgeführt - nach den Feststellungen des TAD bereits seit dem Jahr 1999 nicht mehr benutzt wurden, mithin ab diesem Zeitpunkt die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die streitgegenständliche BK nicht mehr als erfüllt unterstellt werden können.
Den Unterlagen kann im Übrigen entnommen werden, dass auch Dr. T. von einem fehlenden Zusammenhang zwischen der Tätigkeit in der Brauerei und der von ihm diagnostizierten obstruktiven Atemwegserkrankung ausgeht. Im Arztbrief vom 01.12.2005 teilte er mit, dass die Atemwegserkrankung unmöglich berufsbedingt ist. Dies hat er der Klägerin auch in einem längeren Gespräch erklärt. Soweit er, befragt als sachverständiger Zeuge, auf die gerichtlichen Fragen zum Zusammenhang zwischen der Erkrankung der Klägerin und ihrer beruflichen Tätigkeit bzw. den Voraussetzungen einer BK letztlich eine Antwort schuldig geblieben ist und sich auf fehlende nachprüfbare Befundberichte und Informationen zurückgezogen hat, ist dies vor dem Hintergrund seiner Stellung als therapierender Arzt zu erklären.
Das SG hat sich auch mit der Auffassung von Dr. H. auseinandergesetzt. Soweit sich die Klägerin zur Begründung der Berufung insbesondere auf seinen Befundbericht vom 05.01.2009, der Dr. G. bei der Begutachtung im November 2008 zwangsläufig noch nicht vorgelegen hat, stützt, kann der Senat diesem Bericht eben nicht entnehmen, dass hierin das Vorliegen einer obstruktiven Lungenerkrankung klar festgehalten ist. Zwar hat Dr. H. beschrieben, dass die Klägerin auf entsprechende Provokationen spezifisch reagiert habe. Gleichzeitig hat er aber auf die bekannte Problematik der eingeschränkten Mitarbeit, wie sie zuvor von vielen Sachverständigen beschrieben wurde und an deren Vorliegen der Senat daher keine Zweifel hat, hingewiesen. Die abschließende Formulierung von Dr. H. , man müsse also wohl mit Sicherheit von einem Asthma bronchiale ausgehen, stellt sich für den Senat vor diesem Hintergrund und bei dieser Vorgeschichte, auch wenn das Wort "Sicherheit" auftaucht, alles andere als eine klare und sichere Diagnose dar.
Im Übrigen gilt auch hier - wie vom SG ausgeführt -, dass selbst bei Unterstellung eines sicheren Nachweises einer obstruktiven Atemwegserkrankung im Januar 2005 kein ausreichender zeitlicher Zusammenhang mit der beruflichen Belastung bestehen würde. Wenn Dr. G. einen fehlenden ausreichenden Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung bis zum Jahr 1999 und einem Auftreten einer obstruktiven Atemwegserkrankung im Dezember 2004 verneint, muss dies erst recht für einen erst im Januar 2005 erfolgten Nachweis einer solchen obstruktiven Atemwegserkrankung gelten. Für diesen logischen Schluss bedarf es entgegen dem Ansinnen der Klägerin keiner medizinischen Sachkunde. In Anknüpfung daran besteht auch angesichts der zuletzt von der Klägerin vorgelegten Lungenfunktionsprotokolle, die den noch später gelegenen Zeitraum von Oktober 2008 bis Juni 2010 betreffen, kein Anlass für weitere Ermittlungen. Ebenso ist die Einholung weiterer, zwangsläufig auch neuerer Befunde bei Dr. T. nicht angezeigt.
Soweit die Klägerin zuletzt darauf hingewiesen hat, bei dem für die letzte Tätigkeit zuständigen Unfallversicherungsträger. einen Antrag auf Feststellung einer BK wegen ihrer Lungenbeschwerden gestellt zu haben und meint, das dort in Auftrag gegebene Gutachten möge abgewartet werden, sieht der Senat hierzu keine Veranlassung. Für die vorliegend zu beantwortende Frage liegen mehrere Gutachten vor, sodass kein Grund besteht, ein weiteres Gutachten abzuwarten. Hinzu kommt, dass nach den eigenen Angaben der Klägerin gegenüber Dr. H. und dem SG es bei der Tätigkeit im Universitätsklinikum weder zu Kontakt mit reizenden Stoffen noch zu pulmonalen Beschwerden gekommen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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