L 11 KR 802/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 902/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 802/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Krankengeld (Krg) über den 21. November 2007 hinaus.

Der 1953 geborene Kläger bezog vom 29. Oktober 2005 bis 26. Oktober 2007 Arbeitslosengeld und beantragte am 25. Juli 2007 bei der Beigeladenen die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Für den Kläger legitimierte sich gegenüber der Beigeladenen am 1. Oktober 2007 und gegenüber der Beklagten am 6. November 2007 der bevollmächtigte Rentenberater. Seit 1. Oktober 2007 bestand beim Kläger wegen eines akuten Visusverlustes bei Diabetes mellitus Arbeitsunfähigkeit (AU). AU-Bescheinigungen stellte Dr. L. am 2. Oktober 2007 für den Zeitraum bis 31. Oktober 2007 und am 31. Oktober 2007 für den Zeitraum bis 21. November 2007 aus, am 21. November 2007 folgte ein Auszahlschein für Krg, der an diesem Tag bei der Beklagten einging. Ab 27. Oktober 2007 gewährte die Beklagte Krg in Höhe von 61,66 EUR täglich.

Mit Bescheid vom 30. November 2007 gewährte die Beigeladene dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. August 2007 in Höhe von 1.260,88 EUR brutto, von der sie Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner einbehält. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Auf Antrag des Klägers ruht dieses Vorverfahren.

Die Beklagte meldete bei der Beigeladenen vorsorglich einen Erstattungsanspruch an und stellte, nachdem ihr am 3. Dezember 2007 die Rentenbewilligung mitgeteilt worden war, die Krg-Zahlung mit dem 21. November 2007 nach § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) mit Bescheid vom 10. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2008 ein. Weder bestehe ein Anspruch auf Krg noch auf den hilfsweise geltend gemachten Krg-Spitzbetrag über die zugebilligte Rente hinaus. Daran ändere auch nichts, dass Widerspruch gegen die Gewährung von Erwerbsminderungsrente eingelegt worden sei. Denn eine Aufhebung oder Rücknahme des Bewilligungsbescheides der Beigeladenen sei bisher nicht erfolgt.

Hiergegen hat der Kläger am 22. Februar 2008 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben mit der Begründung, er könne den Rentenantrag jederzeit zurücknehmen. Es stehe ihm frei, die für ihn günstigere Sozialleistung zu wählen. Da die Beklagte die Beigeladene mehrmals an die Bearbeitung des Rentenantrages erinnert habe, sei eine unbotmäßige Beschleunigung des Rentenantragsverfahrens erfolgt und damit eine rechtswidrige Verkürzung seiner Sozialleistungsansprüche.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. Januar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anspruch des Klägers auf Krg sei nach § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V ausgeschlossen. Da der Antrag auf Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zurückgenommen worden sei, führe die tatsächliche Bewilligung und Auszahlung der Rente zur Beendigung des Anspruchs auf Krg. Die fiktive Möglichkeit, den einmal gestellten Rentenantrag wieder zurückzunehmen, reiche nicht aus, um die Rechtsfolge des § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V zu verhindern. Auch der Hilfsantrag bezüglich der Gewährung des Spitzbetrages im Verhältnis zur Rente wegen voller Erwerbsminderung habe keinen Erfolg. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V ende der Anspruch auf Krg mit Beginn der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das gelte auch, wenn zB rechtswidrig Krg abgelehnt worden sei und erst recht, wenn, wie vorliegend, der Anspruch rechtmäßig abgelehnt worden sei. § 50 Abs 1 Satz 2 SGB V gewähre keinen weitergehenden Anspruch.

Mit der am 17. Februar 2010 dagegen eingelegten Berufung hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Es gehe ihm um die Gewährung von Krg statt Rente. Die Rücknahme des Rentenantrags sei selbstverständlich noch möglich, denn eine eingeschränkte Dispositionsbefugnis nach § 51 SGB V bestehe im vorliegenden Fall nicht und der Rentenbescheid sei noch nicht bindend geworden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Januar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krg über den 21. November 2007 hinaus, hilfsweise unter Anrechnung der von der Beigeladenen gezahlten Rente wegen voller Erwerbsminderung, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig.

Mit Beschluss vom 4. November 2010 hat die Berichterstatterin die Deutsche Rentenversicherung Bund zum Verfahren beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Akte der Beigeladenen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom Bescheid vom 10. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2008 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Ein Anspruch auf Krg oder den Krg-Spitzbetrag über den 21. November 2007 hinaus besteht nicht, da die Beigeladene schon seit 1. August 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt hat.

Die gemäß § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V Versicherten haben gemäß §§ 44 Abs 1, 47b Abs 1 Satz 2, 46 Satz 1 Nr 2 SGB V ua Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht und die AU lückenlos ärztlich festgestellt ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger die Voraussetzungen des Anspruchs auf Krg dem Grunde nach erfüllt. Denn er hat jedenfalls deshalb keinen Anspruch auf Zahlung von Krg, weil ein solcher Anspruch nach § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V wegen des Bezugs der Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen ist. Nach dieser Norm endet für Versicherte, die Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen, ein Anspruch auf Krg vom Beginn dieser Leistung an; nach Beginn dieser Leistung entsteht ein neuer Krg-Anspruch nicht. Ist über den Beginn der in § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Leistungen hinaus Krg gezahlt worden und übersteigt dieses den Betrag der Leistungen, kann die Krankenkasse den überschießenden Betrag vom Versicherten nicht zurückfordern (§ 50 Abs 1 Satz 2 SGB V). Wird eine der in § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Leistungen nicht mehr gezahlt, entsteht ein Anspruch auf Krg, wenn das Mitglied bei Eintritt einer erneuten AU mit Anspruch auf Krg versichert ist (§ 50 Abs 1 Satz 4 SGB V).

Entgegen der Auffassung des Klägers unterfällt er dem Ausschlusstatbestand des § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V. Für den Ausschluss des Krg-Anspruchs nach § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V genügt es, dass Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden ist, ohne dass es auf die Höhe des Zahlbetrags oder die Frage, ob die Rente nach Entstehung des Krg-Anspruchs beginnt, ankommt (BSG, Urteil vom 28. September 2010, B 1 KR 31/09 R, juris). Die Regelung bezweckt, die Eintrittspflicht der Systeme der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung durch den rechtstechnischen Zeitpunkt des Rentenbeginns voneinander abzugrenzen. Mit dem "Beginn" der jeweiligen Rente, auch soweit sie nur auf Zeit gewährt wird, ist der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an sie im rentenversicherungsrechtlichen Sinne beansprucht werden kann (BSG aaO mwN), hier somit der 1. August 2007. Dieser Zeitpunkt ist leicht und verwaltungspraktikabel feststellbar, da der Beginn der Rente notwendiger Verfügungssatz eines Bescheides über die Gewährung von Rente ist. Nicht maßgeblich ist hingegen der Rentenbewilligungsbescheid, dessen Wirksamkeit oder die Mitteilung des Rentenversicherungsträgers an die Beklagte, so dass die Gewährung von Krg auch nicht im Zeitraum vom 22. November 2007 bis 30. November 2007 oder 3. Dezember 2007 in Betracht kommt. Denn die Erteilung eines Rentenbescheides besitzt nur deklaratorische Bedeutung und aus § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V kann nicht entnommen werden, dass der Übergang des Rentenanspruchs den Erlass eines Rentenbescheides oder die Erfüllung irgendwelcher anderer formeller Voraussetzungen erfordert (BSG, Urteil vom 10. Juli 1979, 3 RK 87/77, SozR 2200 § 183 Nr 25 mwN zu § 183 RVO). Die Ausschlusswirkung tritt auch dann ein, wenn Krg über den Beginn der Rentenleistungen hinaus gezahlt worden ist, weil die Rente erst nachträglich bewilligt worden ist; in einem solchen Fall fällt der Krg-Anspruch insgesamt rückwirkend weg (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1992, 1 RK 9/92, SozR 3-2500 § 48 Nr 4), und zwar selbst dann, wenn bis dahin (rechtmäßig oder rechtswidrig) kein Krg gezahlt worden ist (BSG, Urteil vom 8. März 1990, 3 RK 9/89, SozR 3-2200 § 183 Nr 1). Allerdings darf die Krankenkasse – soweit Krg gezahlt wurde - gemäß § 50 Abs 1 Satz 2 SGB V den Unterschiedsbetrag zwischen der Rente und dem höheren Krg, den sog Krg-Spitzbetrag, nicht von dem Versicherten zurückfordern.

Nach dem Gesetz besteht somit kein Anspruch auf die Gewährung von Krg, auch nicht auf den Krg-Spitzbetrag. Denn mit Zubilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ist der Anspruch des Klägers auf Krg ausgeschlossen. Der Anspruch lässt sich auch nicht aus § 50 Abs 1 Satz 2 SGB V herleiten, denn die Beklagte hat die Krg-Zahlung mit Ablauf des 21. November 2007 eingestellt und die Vorschrift stellt nach den og Grundsätzen keine eigene Anspruchsgrundlage, sondern nur einen Einwand des Versicherten gegen die Rückforderung tatsächlich ausgezahlten Krg bezogen auf den Spitzbetrag dar. Auch ein Fall des § 50 Abs 1 Satz 4 SGB V ist nicht gegeben, da der Kläger durchgehend seit 1. August 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Beigeladenen bezieht.

Obwohl der Rentenbewilligungsbescheid gegenüber dem Kläger noch nicht bestandskräftig geworden ist, tritt der Ausschluss des Krg-Anspruchs ein. Denn mit der Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides wird der Verwaltungsakt gemäß § 39 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wirksam. Der Bescheid bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs 2 SGB X). Mit dem Wirksamwerden tritt für die erlassende Behörde, hier die Beigeladene, deshalb die materielle Bestandskraft des Verwaltungsaktes ein, dh die Beigeladene ist an ihn gebunden, auch wenn der Kläger ihn noch anfechten kann bzw wie vorliegend mit Widerspruch angefochten hat (BSG, Urteil vom 12. Juni 1989, 2 RU 33/88, SozR 2200 § 587 Nr 7; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 77 RdNr 5 ff). Die Regelung der Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. August 2007 ist somit für die Beigeladene grundsätzlich verbindlich.

Ob der Kläger diese Bindungswirkung des Rentenbescheides durch eine Rücknahme des Rentenantrages noch beseitigen kann, braucht nicht entschieden zu werden. Unterstellt, die Rücknahme des Rentenantrags wäre auch jetzt noch möglich, ergibt sich kein weitergehender Anspruch des Klägers. Denn dieser setzt die Ausübung des Gestaltungsrechts, somit die Vornahme der Rücknahme, voraus. Bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger jedoch den Rentenantrag nicht zurückgenommen, sondern sich eine solche Rücknahme lediglich vorbehalten. Zu Recht verweist das SG darauf, dass allein diese fiktive Möglichkeit nicht die Ausschlusswirkung des § 50 Abs 1 Satz 1 SGB V beseitigt.

Schließlich kann der Kläger Krg von der Beklagten auch nicht im Wege des Herstellungsanspruchs beanspruchen, falls eine Rücknahme des Rentenantrages nicht mehr möglich sein sollte. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (stRspr; vgl dazu zB BSG, Urteil vom 6. November 2008, B 1 KR 8/08 R, juris mwN). Ein Herstellungsanspruch scheidet hier schon deshalb aus, weil der Kläger bereits ab 1. Oktober 2007 durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten war und dieser, wie sein Vortrag zeigt, von der Möglichkeit der Rücknahme des Rentenantrages Kenntnis hatte. Eine etwaiger Beratungsfehler der Beklagten oder Beigeladenen wäre damit nicht kausal für die Entscheidung des Klägers, den Rentenantrag nicht zurückzunehmen.

Der Kläger hat im Übrigen im Zusammenhang mit der Stellung des Rentenantrages weder bei der Beklagten noch der Beigeladenen eine (dann unterbliebene) Beratung erbeten noch ist eine Fehlberatung seitens dieser Leistungsträger erfolgt. Eine Beratung des Klägers ist auch nicht pflichtwidrig unterblieben. In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass der Leistungsträger unabhängig von einem konkreten Beratungsbegehren gehalten ist, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (sog Spontanberatung; vgl BSG, Urteil vom 2. November 2007, B 1 KR 14/07 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Ist das von den Krankenkassen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf einem Gebiet bereitgestellte Leistungsangebot für die Versicherten so unübersichtlich, dass sich im Einzelfall nicht vermeiden lässt, einen konkreten Weg aufzuzeigen, der zu den gesetzlich möglichen Leistungen führt, ist eine solche Spontanberatung geboten (BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 5/05 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 8). Das gilt insbesondere dann, wenn sich aus dem Verhalten eines Versicherten ergibt, dass er über die gesetzlichen Möglichkeiten nicht ausreichend informiert ist (vgl BSG, Urteil vom 28. November 1979, 3 RK 64/77, SozR 2200 § 182 Nr 57). Das setzt aber voraus, dass der Beklagten oder der Beigeladenen als einem ggf zu berücksichtigenden Dritten ein solcher Informationsbedarf überhaupt erkennbar ist. Dies lässt sich nicht feststellen. Ab 1. Oktober 2007 fehlt es daran schon deshalb, weil der Kläger ab diesem Zeitpunkt durch einen Rentenberater vertreten war, der - wie dargelegt - über die gesetzlichen Möglichkeiten, hier insbesondere die Voraussetzungen der Rücknahme eines Rentenantrags, informiert war.

Hinzu kommt, dass weder die Beklagte noch die Beigeladene - als evtl einzubeziehende Dritte - verpflichtet waren, den Kläger spontan auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass er seinen Rentenantrag zurücknehmen kann. Eine Beratung über eine Rücknahme des Rentenantrags und deren Voraussetzungen hätte der Zielsetzung des § 51 SGB V widersprochen. Denn die Beklagte wäre ihrerseits berechtigt gewesen, unter Ausübung von Ermessen die Dispositionsbefugnis des Klägers über den bereits gestellten Rentenantrag gemäß § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V einzuschränken (vgl BSG, Urteil vom 26. Juni 2008, B 13 R 141/07 R, juris mwN). Anhaltspunkte aufgrund eines berechtigten Interesses des Klägers vorliegend von einer solchen Aufforderung im Wege des Ermessens abzusehen, sind nicht ersichtlich. Denn § 51 SGB V räumt grundsätzlich den Interessen der Krankenkasse den Vorrang ein. Das bloße Interesse des Versicherten, weiterhin und möglichst lange das im Vergleich zu Rentenleistungen höhere Krg in Anspruch nehmen zu wollen, ist deshalb nicht schützenswert und kann regelmäßig kein durchgreifender Umstand für das Abgehen von der Antragsfiktion sein. Im gleichen Sinne reicht das Interesse an höheren Rentenleistungen, die sich aus der Berücksichtigung zusätzlicher Anrechnungszeiten wegen krankheitsbedingter AU bzw Beitragszeiten wegen Krg-Bezugs ergeben, nicht für die Zustimmung aus (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004, B 1 KR 6/03 R, SozR 4-2500 § 51 Nr 1). Damit stimmt auch die Bewertung in § 50 Abs 1 Satz 2 SGB V überein. Sie billigt Versicherten lediglich zu, dass sie empfangenes Krg behalten dürfen, soweit es die Rente wegen voller Erwerbsminderung übersteigt. Sie können dagegen eine nachträgliche Optimierung der Zahlungen im Wege der Einforderung einer Spontanberatung nicht beanspruchen (BSG, Urteil vom 28. September 2010, B 1 KR 31/09 R, aaO; BSG, Urteil vom 8. März 1990, 3 RK 9/89, aaO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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