Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AL 1688/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 634/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. November 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 12. Januar 2007.
Der 1980 geborene Kläger war vom 20. Juni 2002 bis 31. Dezember 2005 bei der Firma Autohaus H. GmbH in B.versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt als Kfz-Mechaniker. Ab 9. Januar 2006 nahm er an einer Weiterbildung zum Kfz-Meister teil, die als Vollzeitunterricht an der W.-M ...-Schule in S. durchgeführt wurde. Der Schulbesuch endete am 22. Dezember 2006, die Abschlussprüfungen fanden am 8./9. Januar 2007 statt.
Am 2. November 2006 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitsuchend. Ein zweites persönliches Gespräch fand am 23. November 2006 statt, Gegenstand war die berufliche Situation des Klägers. Auf einen Vermittlungsvorschlag der Beklagten bewarb sich der Kläger bei der Firma D. GmbH in R. und führte dort Ende Dezember 2006 ein Vorstellungsgespräch.
Nach Abschluss der Meisterprüfung beantragte der Kläger am 12. Januar 2007 Alg, die Beklagte wertete dies zugleich als persönliche Arbeitslosmeldung mit Wirkung zum 10. Januar 2007.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 10. Januar 2007 habe der Kläger nicht mindestens zwölf Monate in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe sich auf Anraten der Sachbearbeiterin nur arbeitsuchend gemeldet. Die Weiterbildungsmaßnahme habe am 22. Dezember 2006 geendet, er hätte sich daher ab 23. Dezember 2006 arbeitslos melden können. Bei dem Beratungsgespräche am 23. November 2006 habe ihm die Sachbearbeiterin jedoch mitgeteilt, dass dies erst nach Abschluss der Prüfungen im Januar 2007 möglich sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies darauf, dass der Kläger innerhalb der Rahmenfrist vom 10. Januar 2005 bis 9. Januar 2007 nur 356 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe, weshalb die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei.
Hiergegen richtet sich die am 5. März 2007 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wiederholt der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und führt ergänzend aus, die Beklagte habe ihn auf die Problematik der Anwartschaftszeit nicht hingewiesen. Er habe den Unterschied zwischen der Meldung als "arbeitsuchend" und "arbeitslos" nicht gekannt. Da ein Beratungsfehler der Beklagten vorliege, könne sich diese nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht auf die verspätete Arbeitslosmeldung und die fehlende Erfüllung der Anwartschaftszeit berufen. Der Kläger beansprucht Alg lediglich bis 14. März 2007, anschließend stand er erneut in einem Beschäftigungsverhältnis.
Mit Urteil vom 5. November 2009 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, dem Kläger Alg ab 12. Januar 2007 im gesetzlichen Umfang zu gewähren. Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit hätten Arbeitnehmer gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), die arbeitslos seien (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt hätten (Nr. 3). Arbeitslos sei ein Arbeitnehmer, der nicht ein einem Beschäftigungsverhältnis stehe (Beschäftigungslosigkeit), sich bemühe, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehe (Verfügbarkeit). Nach diesen Maßstäben sei der Kläger ab 23. Dezember 2006 arbeitslos. Insbesondere sei er verfügbar gewesen i.S.v. § 119 Abs. 5 SGB III. Der Vollzeitunterricht habe am 22. Dezember 2006 geendet, der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung wie auch während des Verwaltungsverfahrens angegeben, er habe zwischen Unterrichtsende und Prüfungsterminen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden und sei bereits vor den Prüfungen bereit gewesen, eine neue Tätigkeit aufzunehmen. Hiervon sei auch die Beklagte ausgegangen, die dem Kläger im Dezember 2006 einen Vermittlungsvorschlag übersandt habe, der in ein Vorstellungsgespräche Ende Dezember 2006 gemündet habe.
Weiter habe sich der Kläger im Beratungsgespräch am 23. November 2006 auch persönlich arbeitslos gemeldet (§ 122 Abs. 1 SGB III). Die Arbeitslosmeldung stelle eine Tatsachenerklärung dar, mit der der Arbeitsagentur die Tatsache des Eintritts der Arbeitslosigkeit angezeigt werde. An diese Tatsachenerklärung seien keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Eine Arbeitslosmeldung liege schon dann vor, wenn der Arbeitslose in der Arbeitsagentur erscheine und jedenfalls sinngemäß zum Ausdruck bringe, er sei arbeitslos. Der Kläger habe der Sachbearbeiterin im Beratungsgespräch am 23. November 2006 mitgeteilt, dass der Schulbesuch im Dezember 2006 ende, er bereit sei, eine neue Beschäftigung anzutreten, jedoch noch keine Anschlussbeschäftigung gefunden habe. Die Beklagte habe daher Kenntnis vom Eintritt des Leistungsfalls gehabt. Der Kläger habe auch - jedenfalls sinngemäß - mitgeteilt, dass nach dem Ende des Schulbesuchs Arbeitslosigkeit eintreten werde. Da er davon ausgegangen sei, schnell eine neue Beschäftigung beginnen zu können, habe er den Antrag auf Leistungen nach dem SGB III erst zu einem späteren Zeitpunkt stellen wollen. Unerheblich sei, dass die Arbeitslosigkeit erst am 23. Dezember 2006 eingetreten sei, die persönliche Meldung sei bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit möglich.
Der Kläger habe auch die Anwartschaftszeit erfüllt. Dies sei der Fall, wenn der Arbeitslose innerhalb der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe (§ 123 Satz 1 SGB III). Die Rahmenfrist betrage gemäß § 124 Abs. 1 SGB III zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Maßgebend sei der Tag, an dem der Anspruch nach § 117 SGB III entstanden sei. Das Stammrecht entstehe, sobald die Voraussetzungen des § 118 SGB III vorlägen. Liege eine Anspruchsvoraussetzung erst nach dem Tag der persönlichen Arbeitslosmeldung vor, seien erst zu diesem Zeitpunkt alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt und die Rahmenfrist gehe dem Tag unmittelbar voraus, an dem die letzte Anspruchsvoraussetzung eingetreten sei. Innerhalb der Rahmenfrist vom 23. Dezember 2004 bis zum 22. Dezember 2006 habe der Kläger bis 31. Dezember 2005 ununterbrochen in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Nach alledem sei das Stammrecht auf Alg bereits zum 23. Dezember 2006 entstanden, Anspruch auf Auszahlung bestehe daher ab Antragstellung zum 12. Januar 2007.
Gegen das ihr am 22. Januar 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 8. Februar 2010 eingelegte Berufung der Beklagten. Der Kläger habe sich ab Ende des Schulbesuchs bis zur mündlichen Prüfung in der kurzen Prüfungsvorbereitungsphase befunden. Naheliegend sei, dass der Kläger in dieser Phase der intensiven Prüfungsvorbereitung seinem Erscheinungsbild nach noch Schüler gewesen sei und daher nicht in der Lage, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen, es fehle an der Verfügbarkeit. Soweit das SG sich im Wesentlichen auf die Aussage des Klägers gestützt habe, er habe am 23. November 2006 der Sachbearbeiterin mitgeteilt, dass der Schulbesuch im Dezember 2006 ende und er bereits zwischen Ende des Schulbesuchs und den Prüfungen arbeiten könne, werde dies bestritten. Diese Angaben könnten weder dem Vermerk vom 23. November 2006 entnommen werden, noch der schriftlichen Stellungnahme der Mitarbeiterin Wolf-Böhm vom 24. September 2009. Soweit das SG eine persönliche Arbeitslosmeldung am 23. November 2006 zum 23. Dezember 2006 erkenne, könne das Gegenteil bereits aus den Ausführungen des Klägers entnommen werden, da dieser kein konkretes Datum hinsichtlich des Schulbesuchs mitgeteilt habe. Er habe selbst mit Schriftsatz vom 10. September 2007 vortragen lassen, dass er sich "bereits am 23. Dezember 2006 arbeitslos gemeldet hätte, wenn " Die Beklagte könne daher in der Angabe des Klägers am 23. November 2006, er wolle sich nicht arbeitslos melden, da er davon ausgehe, selbst eine Stelle zu finden, gerade nicht die Erklärung der Tatsache der Arbeitslosigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt erkennen. Hilfsweise werde noch angemerkt, dass weder eine unrichtige noch eine unvollständige Beratung zu erkennen sei. Darüber hinaus setze ein etwaiger Herstellungsanspruch voraus, dass der vermeintlich erlittene Nachteil - vorliegend die verspätete Arbeitslosmeldung - mit verwaltungskonformen Mitteln ausgeglichen werden könne. Das Fehlen einer wirksamen Arbeitslosmeldung könne nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht nachträglich im Wege des Herstellungsanspruchs ersetzt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er habe den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden, was seine Bewerbungsaktivitäten belegten. Im Übrigen schreibe das Gesetz nur eine wöchentliche Verfügbarkeit von 15 Stunden vor, was einer täglichen Verfügbarkeit von drei Stunden bei einer 5-Tagewoche entspreche. Die verbleibende Zeit sei mehr als üppig und ausreichend gewesen, sich auf die Prüfung vorzubereiten. Der Mitschüler des Klägers M. W. habe beispielsweise im Prüfungsvorbereitungszeitraum gearbeitet und zwar mehr als 15 Stunden wöchentlich. Hinsichtlich der persönlichen Arbeitslosmeldung schließt sich der Kläger den Ausführungen des SG an. Desweiteren macht er geltend, dass bereits aus der Stellungnahme der Frau W.-B. hervorgehe, dass eine Falschberatung vorliege. Sie habe insoweit mitgeteilt, dass selbst dann, wenn sich der Kläger im Dezember 2006 arbeitslos gemeldet hätte, eine Arbeitslosmeldung nur zum Tag nach der letzten Prüfung möglich gewesen wäre. Dies sei falsch. Im Übrigen verweist der Kläger auf seine Ausführungen vor dem SG.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt. Die Berufung ist indes in der Sache nicht begründet, denn das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger Alg zu gewähren.
Das SG hat die Rechtsgrundlagen für den Anspruch auf Alg zutreffend dargestellt und mit überzeugender Begründung dargelegt, dass diese erfüllt sind. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Urteilsgründe Bezug und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten auszuführen, dass das Vorliegen von Arbeitslosigkeit nicht unter dem Gesichtspunkt der Prüfungsvorbereitung in der Zeit vor der Abschlussprüfung ausgeschlossen war. Arbeitslos ist nach § 119 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der (1.) nicht ein einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), (2.) sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und (3.) den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Der Kläger war ab 23. Dezember 2006 beschäftigungslos, er hat auch ausreichende Eigenbemühungen unternommen. Er hat zahlreiche Bewerbungen geschrieben und noch im Dezember 2006 auf einen Vermittlungsvorschlag der Beklagten ein Vorstellungsgespräch geführt. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem Kläger nicht entgegen gehalten werden, seine Bemühungen seien deshalb nicht ausreichend, weil er ausdrücklich eine Stelle ab Februar 2007 entsprechend der Qualifikation als Kfz-Meister gesucht habe, wie sich etwa aus der Bewerbung vom 15. Dezember 2006 (Auto D. GmbH) ergebe. Die geforderten Eigenbemühungen sind eine versicherungsrechtliche Obliegenheit, die entsprechend der gesetzlichen Regelung Anspruchsvoraussetzung für den Anspruch auf Alg ist. Die für den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen erforderliche erhebliche Obliegenheitsverletzung setzt ein nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab zu beurteilendes schuldhaftes Handeln des Arbeitslosen voraus (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 - B 11a AL 13/05 R - info also 2007, 29; Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl., § 119 Rdnr. 47). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, denn der Kläger ist bei der Vorsprache am 23. November 2006 nicht darauf hingewiesen worden, dass er sich auch für Stellen als Kfz-Mechaniker mit sofortiger Wirkung bewerben solle. Im Übrigen beruhte gerade die Bewerbung vom 15. Dezember 2006 bei der Firma Auto D. GmbH in R.auf einem Vermittlungsvorschlag der Beklagten. Auch die Beklagte selbst dürfte zum damaligen Zeitpunkt an den Eigenbemühungen des Klägers keinen Zweifel gehabt haben, wie sich aus dem Beratungsvermerk vom 12. Januar 2007 ergibt ("bewirbt sich schon fleißig").
Ebenso hat der Senat keine Zweifel an der Verfügbarkeit des Klägers. Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht nach § 119 Abs. 5 SGB III, wer (1.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, (2.) Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, (3.) bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben und (4.) bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
Ab dem 23. Dezember 2006 fand kein Unterricht mehr statt, der Kläger konnte somit auch eine Tätigkeit i.S.d. § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III ausüben. Dafür, dass eine Prüfungsvorbereitung in einem Umfang erforderlich gewesen wäre, die einer entsprechenden Tätigkeit entgegen stünde, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Insoweit ist eine Vernehmung der vom Kläger als Zeugen hierfür benannten Mitschüler nicht erforderlich. Der Kläger konnte Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten, er war auch bereit, jede Beschäftigung i.S.d. Nr. 1 der Vorschrift anzunehmen und auszuüben. Dies ergibt sich nicht nur aus seinem Vortrag vor dem SG, insbesondere der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung, sondern auch daraus, dass er sich auf einen Vermittlungsvorschlag der Beklagten beworben und noch Ende Dezember 2006 ein Vorstellungsgespräch geführt hat. Auch im Beratungsvermerk vom 23. November 2006 ist ausdrücklich festgehalten, dass der Kläger bereit war, sich bundesweit zu bewerben; mit seinem Einverständnis wurde auch sein anonymisiertes Bewerberprofil veröffentlicht. Daraus, dass in schriftlichen Bewerbungen, wie bereits oben erwähnt, als Beginn der gewünschten Tätigkeit der 1. Februar 2007 (bei Bewerbungen im Februar der 1. März 2007) genannt wurde, lässt sich nicht schließen, dass der Kläger subjektiv nicht bereit gewesen wäre, bereits ab Unterrichtsende im Dezember 2006 eine Beschäftigung aufzunehmen. Derartige Angaben hat er weder bei den Vorsprachen gegenüber der Beklagten gemacht, noch bestehen sonstige Anhaltspunkte dafür, dass sein Vortrag vor dem SG unzutreffend ist. Am Vorliegen von Arbeitslosigkeit i.S.v. §§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 SGB III ab 23. Dezember 2006 bestehen nach alledem keine Zweifel.
Ebenso teilt der Senat die Auffassung des SG, dass sich der Kläger bei seiner persönlichen Vorsprache am 23. November 2006 arbeitslos gemeldet hat. Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat sich der Arbeitslose persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist (§ 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Nach der Rechtsprechung des BSG sind an die Arbeitslosmeldung als Tatsachenerklärung keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Eine Arbeitslosmeldung liegt vor, wenn der Arbeitslose in der zuständigen Agentur für Arbeit erscheint und jedenfalls sinngemäß zum Ausdruck bringt, er sei (oder werde) arbeitslos (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 2005 - B 11/11a AL 41/04 R - (juris)). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausgeführt, er habe bei dem Beratungsgespräch am 23. November 2006 auf die Beendigung des Schulbesuchs Mitte Dezember 2006 sowie darauf hingewiesen, dass er davon ausgehe, eine Stelle zu finden, wenn er auch noch keine Anschlussbeschäftigung habe. Damit hat der Kläger hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass ab dem Ende des Schulbesuchs Arbeitslosigkeit droht. Dass er keinen genauen Zeitpunkt genannt hat und tatsächlich der Schulbesuch nicht Mitte Dezember, sondern erst am 22. Dezember 2006 endete, spielt keine Rolle. Für die Wirksamkeit der Arbeitslosmeldung ist unerheblich, ob die damit verbundene Tatsachenerklärung inhaltlich zutrifft. Weder der Zweck der Arbeitslosmeldung, ein Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen, das einerseits die Vermittlung des Arbeitslosen und andererseits die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen der Leistung zu Ziel hat, fordert eine derartige Überfrachtung der Meldung, noch gibt es ein Bedürfnis für eine materiell zutreffende Erklärung mit Blick auf die Anspruchsvoraussetzungen, denn für den Zeitraum einer unzutreffenden Erklärung ist ein Leistungsanspruch schon mit Blick auf die fehlende Arbeitslosigkeit zu verneinen (vgl. BSG SozR 4-4300 § 122 Nr. 2 = BSGE 93, 209). Auch der Inhalt des Beratungsvermerks vom 23. November 2006 steht der Annahme einer Arbeitslosmeldung nicht entgegen. Dort ist ausgeführt: "Herr F. möchte sich noch nicht alos melden, da er denkt, eine Stelle zu finden." In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 24. September 2007 hat sich Frau W.-B. auf den Vermerk bezogen, da es ihr aufgrund der Vielzahl der zu führenden Beratungsgespräche nicht möglich sei, zum Gesprächsinhalt detaillierte Angaben zu machen. Ergänzend hat sie ausgeführt, sie sehe keinen Fehler darin, den Kläger darauf hingewiesen zu haben, es sei noch rechtzeitig, sich am Tag nach der letzten Prüfung arbeitslos zu melden, nachdem der Kläger geäußert habe, er werde seine letzte Prüfung im Januar 2007 ablegen. Dem Kläger selbst war, wie er wiederholt geäußert hat, kein Unterschied zwischen der Meldung als arbeitsuchend oder arbeitslos bekannt. Ihm ging es, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ohne weiteres entnehmen lässt, darum, sich für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen, auch wenn er zum Zeitpunkt der Vorsprache noch keinen Leistungsantrag stellen wollte, da er davon ausging, voraussichtlich nur kurz arbeitslos zu sein. Der Inhalt des Beratungsvermerks, der Kläger wolle sich noch nicht arbeitslos melden, beruht damit allein auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung der Sachbearbeiterin. Für die Abgabe der erforderlichen Tatsachenerklärung - Arbeitslosmeldung - kommt es hierauf indes nicht an.
Da der Senat davon ausgeht, dass sich der Kläger bereits am 23. November 2006 arbeitslos gemeldet hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob ein Beratungsfehler der Beklagten darin liegt, dass der Kläger nicht auf den drohenden Verlust der Anwartschaftszeit hingewiesen wurde und ob sich daraus der begehrte Anspruch auf Alg im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ableiten ließe (vgl. hierzu BSG SozR 4100§ 103 Nr. 36 = BSGE 58, 104; SozR 4100 § 105 Nr. 2 = BSGE 60, 43).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 12. Januar 2007.
Der 1980 geborene Kläger war vom 20. Juni 2002 bis 31. Dezember 2005 bei der Firma Autohaus H. GmbH in B.versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt als Kfz-Mechaniker. Ab 9. Januar 2006 nahm er an einer Weiterbildung zum Kfz-Meister teil, die als Vollzeitunterricht an der W.-M ...-Schule in S. durchgeführt wurde. Der Schulbesuch endete am 22. Dezember 2006, die Abschlussprüfungen fanden am 8./9. Januar 2007 statt.
Am 2. November 2006 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitsuchend. Ein zweites persönliches Gespräch fand am 23. November 2006 statt, Gegenstand war die berufliche Situation des Klägers. Auf einen Vermittlungsvorschlag der Beklagten bewarb sich der Kläger bei der Firma D. GmbH in R. und führte dort Ende Dezember 2006 ein Vorstellungsgespräch.
Nach Abschluss der Meisterprüfung beantragte der Kläger am 12. Januar 2007 Alg, die Beklagte wertete dies zugleich als persönliche Arbeitslosmeldung mit Wirkung zum 10. Januar 2007.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 10. Januar 2007 habe der Kläger nicht mindestens zwölf Monate in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe sich auf Anraten der Sachbearbeiterin nur arbeitsuchend gemeldet. Die Weiterbildungsmaßnahme habe am 22. Dezember 2006 geendet, er hätte sich daher ab 23. Dezember 2006 arbeitslos melden können. Bei dem Beratungsgespräche am 23. November 2006 habe ihm die Sachbearbeiterin jedoch mitgeteilt, dass dies erst nach Abschluss der Prüfungen im Januar 2007 möglich sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies darauf, dass der Kläger innerhalb der Rahmenfrist vom 10. Januar 2005 bis 9. Januar 2007 nur 356 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe, weshalb die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei.
Hiergegen richtet sich die am 5. März 2007 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wiederholt der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und führt ergänzend aus, die Beklagte habe ihn auf die Problematik der Anwartschaftszeit nicht hingewiesen. Er habe den Unterschied zwischen der Meldung als "arbeitsuchend" und "arbeitslos" nicht gekannt. Da ein Beratungsfehler der Beklagten vorliege, könne sich diese nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht auf die verspätete Arbeitslosmeldung und die fehlende Erfüllung der Anwartschaftszeit berufen. Der Kläger beansprucht Alg lediglich bis 14. März 2007, anschließend stand er erneut in einem Beschäftigungsverhältnis.
Mit Urteil vom 5. November 2009 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, dem Kläger Alg ab 12. Januar 2007 im gesetzlichen Umfang zu gewähren. Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit hätten Arbeitnehmer gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), die arbeitslos seien (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt hätten (Nr. 3). Arbeitslos sei ein Arbeitnehmer, der nicht ein einem Beschäftigungsverhältnis stehe (Beschäftigungslosigkeit), sich bemühe, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehe (Verfügbarkeit). Nach diesen Maßstäben sei der Kläger ab 23. Dezember 2006 arbeitslos. Insbesondere sei er verfügbar gewesen i.S.v. § 119 Abs. 5 SGB III. Der Vollzeitunterricht habe am 22. Dezember 2006 geendet, der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung wie auch während des Verwaltungsverfahrens angegeben, er habe zwischen Unterrichtsende und Prüfungsterminen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden und sei bereits vor den Prüfungen bereit gewesen, eine neue Tätigkeit aufzunehmen. Hiervon sei auch die Beklagte ausgegangen, die dem Kläger im Dezember 2006 einen Vermittlungsvorschlag übersandt habe, der in ein Vorstellungsgespräche Ende Dezember 2006 gemündet habe.
Weiter habe sich der Kläger im Beratungsgespräch am 23. November 2006 auch persönlich arbeitslos gemeldet (§ 122 Abs. 1 SGB III). Die Arbeitslosmeldung stelle eine Tatsachenerklärung dar, mit der der Arbeitsagentur die Tatsache des Eintritts der Arbeitslosigkeit angezeigt werde. An diese Tatsachenerklärung seien keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Eine Arbeitslosmeldung liege schon dann vor, wenn der Arbeitslose in der Arbeitsagentur erscheine und jedenfalls sinngemäß zum Ausdruck bringe, er sei arbeitslos. Der Kläger habe der Sachbearbeiterin im Beratungsgespräch am 23. November 2006 mitgeteilt, dass der Schulbesuch im Dezember 2006 ende, er bereit sei, eine neue Beschäftigung anzutreten, jedoch noch keine Anschlussbeschäftigung gefunden habe. Die Beklagte habe daher Kenntnis vom Eintritt des Leistungsfalls gehabt. Der Kläger habe auch - jedenfalls sinngemäß - mitgeteilt, dass nach dem Ende des Schulbesuchs Arbeitslosigkeit eintreten werde. Da er davon ausgegangen sei, schnell eine neue Beschäftigung beginnen zu können, habe er den Antrag auf Leistungen nach dem SGB III erst zu einem späteren Zeitpunkt stellen wollen. Unerheblich sei, dass die Arbeitslosigkeit erst am 23. Dezember 2006 eingetreten sei, die persönliche Meldung sei bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit möglich.
Der Kläger habe auch die Anwartschaftszeit erfüllt. Dies sei der Fall, wenn der Arbeitslose innerhalb der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe (§ 123 Satz 1 SGB III). Die Rahmenfrist betrage gemäß § 124 Abs. 1 SGB III zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Maßgebend sei der Tag, an dem der Anspruch nach § 117 SGB III entstanden sei. Das Stammrecht entstehe, sobald die Voraussetzungen des § 118 SGB III vorlägen. Liege eine Anspruchsvoraussetzung erst nach dem Tag der persönlichen Arbeitslosmeldung vor, seien erst zu diesem Zeitpunkt alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt und die Rahmenfrist gehe dem Tag unmittelbar voraus, an dem die letzte Anspruchsvoraussetzung eingetreten sei. Innerhalb der Rahmenfrist vom 23. Dezember 2004 bis zum 22. Dezember 2006 habe der Kläger bis 31. Dezember 2005 ununterbrochen in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Nach alledem sei das Stammrecht auf Alg bereits zum 23. Dezember 2006 entstanden, Anspruch auf Auszahlung bestehe daher ab Antragstellung zum 12. Januar 2007.
Gegen das ihr am 22. Januar 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 8. Februar 2010 eingelegte Berufung der Beklagten. Der Kläger habe sich ab Ende des Schulbesuchs bis zur mündlichen Prüfung in der kurzen Prüfungsvorbereitungsphase befunden. Naheliegend sei, dass der Kläger in dieser Phase der intensiven Prüfungsvorbereitung seinem Erscheinungsbild nach noch Schüler gewesen sei und daher nicht in der Lage, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen, es fehle an der Verfügbarkeit. Soweit das SG sich im Wesentlichen auf die Aussage des Klägers gestützt habe, er habe am 23. November 2006 der Sachbearbeiterin mitgeteilt, dass der Schulbesuch im Dezember 2006 ende und er bereits zwischen Ende des Schulbesuchs und den Prüfungen arbeiten könne, werde dies bestritten. Diese Angaben könnten weder dem Vermerk vom 23. November 2006 entnommen werden, noch der schriftlichen Stellungnahme der Mitarbeiterin Wolf-Böhm vom 24. September 2009. Soweit das SG eine persönliche Arbeitslosmeldung am 23. November 2006 zum 23. Dezember 2006 erkenne, könne das Gegenteil bereits aus den Ausführungen des Klägers entnommen werden, da dieser kein konkretes Datum hinsichtlich des Schulbesuchs mitgeteilt habe. Er habe selbst mit Schriftsatz vom 10. September 2007 vortragen lassen, dass er sich "bereits am 23. Dezember 2006 arbeitslos gemeldet hätte, wenn " Die Beklagte könne daher in der Angabe des Klägers am 23. November 2006, er wolle sich nicht arbeitslos melden, da er davon ausgehe, selbst eine Stelle zu finden, gerade nicht die Erklärung der Tatsache der Arbeitslosigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt erkennen. Hilfsweise werde noch angemerkt, dass weder eine unrichtige noch eine unvollständige Beratung zu erkennen sei. Darüber hinaus setze ein etwaiger Herstellungsanspruch voraus, dass der vermeintlich erlittene Nachteil - vorliegend die verspätete Arbeitslosmeldung - mit verwaltungskonformen Mitteln ausgeglichen werden könne. Das Fehlen einer wirksamen Arbeitslosmeldung könne nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht nachträglich im Wege des Herstellungsanspruchs ersetzt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. November 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er habe den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden, was seine Bewerbungsaktivitäten belegten. Im Übrigen schreibe das Gesetz nur eine wöchentliche Verfügbarkeit von 15 Stunden vor, was einer täglichen Verfügbarkeit von drei Stunden bei einer 5-Tagewoche entspreche. Die verbleibende Zeit sei mehr als üppig und ausreichend gewesen, sich auf die Prüfung vorzubereiten. Der Mitschüler des Klägers M. W. habe beispielsweise im Prüfungsvorbereitungszeitraum gearbeitet und zwar mehr als 15 Stunden wöchentlich. Hinsichtlich der persönlichen Arbeitslosmeldung schließt sich der Kläger den Ausführungen des SG an. Desweiteren macht er geltend, dass bereits aus der Stellungnahme der Frau W.-B. hervorgehe, dass eine Falschberatung vorliege. Sie habe insoweit mitgeteilt, dass selbst dann, wenn sich der Kläger im Dezember 2006 arbeitslos gemeldet hätte, eine Arbeitslosmeldung nur zum Tag nach der letzten Prüfung möglich gewesen wäre. Dies sei falsch. Im Übrigen verweist der Kläger auf seine Ausführungen vor dem SG.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt. Die Berufung ist indes in der Sache nicht begründet, denn das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger Alg zu gewähren.
Das SG hat die Rechtsgrundlagen für den Anspruch auf Alg zutreffend dargestellt und mit überzeugender Begründung dargelegt, dass diese erfüllt sind. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Urteilsgründe Bezug und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten auszuführen, dass das Vorliegen von Arbeitslosigkeit nicht unter dem Gesichtspunkt der Prüfungsvorbereitung in der Zeit vor der Abschlussprüfung ausgeschlossen war. Arbeitslos ist nach § 119 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der (1.) nicht ein einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), (2.) sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und (3.) den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).
Der Kläger war ab 23. Dezember 2006 beschäftigungslos, er hat auch ausreichende Eigenbemühungen unternommen. Er hat zahlreiche Bewerbungen geschrieben und noch im Dezember 2006 auf einen Vermittlungsvorschlag der Beklagten ein Vorstellungsgespräch geführt. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem Kläger nicht entgegen gehalten werden, seine Bemühungen seien deshalb nicht ausreichend, weil er ausdrücklich eine Stelle ab Februar 2007 entsprechend der Qualifikation als Kfz-Meister gesucht habe, wie sich etwa aus der Bewerbung vom 15. Dezember 2006 (Auto D. GmbH) ergebe. Die geforderten Eigenbemühungen sind eine versicherungsrechtliche Obliegenheit, die entsprechend der gesetzlichen Regelung Anspruchsvoraussetzung für den Anspruch auf Alg ist. Die für den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen erforderliche erhebliche Obliegenheitsverletzung setzt ein nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab zu beurteilendes schuldhaftes Handeln des Arbeitslosen voraus (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 - B 11a AL 13/05 R - info also 2007, 29; Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl., § 119 Rdnr. 47). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, denn der Kläger ist bei der Vorsprache am 23. November 2006 nicht darauf hingewiesen worden, dass er sich auch für Stellen als Kfz-Mechaniker mit sofortiger Wirkung bewerben solle. Im Übrigen beruhte gerade die Bewerbung vom 15. Dezember 2006 bei der Firma Auto D. GmbH in R.auf einem Vermittlungsvorschlag der Beklagten. Auch die Beklagte selbst dürfte zum damaligen Zeitpunkt an den Eigenbemühungen des Klägers keinen Zweifel gehabt haben, wie sich aus dem Beratungsvermerk vom 12. Januar 2007 ergibt ("bewirbt sich schon fleißig").
Ebenso hat der Senat keine Zweifel an der Verfügbarkeit des Klägers. Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht nach § 119 Abs. 5 SGB III, wer (1.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, (2.) Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, (3.) bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben und (4.) bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
Ab dem 23. Dezember 2006 fand kein Unterricht mehr statt, der Kläger konnte somit auch eine Tätigkeit i.S.d. § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III ausüben. Dafür, dass eine Prüfungsvorbereitung in einem Umfang erforderlich gewesen wäre, die einer entsprechenden Tätigkeit entgegen stünde, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Insoweit ist eine Vernehmung der vom Kläger als Zeugen hierfür benannten Mitschüler nicht erforderlich. Der Kläger konnte Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten, er war auch bereit, jede Beschäftigung i.S.d. Nr. 1 der Vorschrift anzunehmen und auszuüben. Dies ergibt sich nicht nur aus seinem Vortrag vor dem SG, insbesondere der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung, sondern auch daraus, dass er sich auf einen Vermittlungsvorschlag der Beklagten beworben und noch Ende Dezember 2006 ein Vorstellungsgespräch geführt hat. Auch im Beratungsvermerk vom 23. November 2006 ist ausdrücklich festgehalten, dass der Kläger bereit war, sich bundesweit zu bewerben; mit seinem Einverständnis wurde auch sein anonymisiertes Bewerberprofil veröffentlicht. Daraus, dass in schriftlichen Bewerbungen, wie bereits oben erwähnt, als Beginn der gewünschten Tätigkeit der 1. Februar 2007 (bei Bewerbungen im Februar der 1. März 2007) genannt wurde, lässt sich nicht schließen, dass der Kläger subjektiv nicht bereit gewesen wäre, bereits ab Unterrichtsende im Dezember 2006 eine Beschäftigung aufzunehmen. Derartige Angaben hat er weder bei den Vorsprachen gegenüber der Beklagten gemacht, noch bestehen sonstige Anhaltspunkte dafür, dass sein Vortrag vor dem SG unzutreffend ist. Am Vorliegen von Arbeitslosigkeit i.S.v. §§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 SGB III ab 23. Dezember 2006 bestehen nach alledem keine Zweifel.
Ebenso teilt der Senat die Auffassung des SG, dass sich der Kläger bei seiner persönlichen Vorsprache am 23. November 2006 arbeitslos gemeldet hat. Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat sich der Arbeitslose persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist (§ 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Nach der Rechtsprechung des BSG sind an die Arbeitslosmeldung als Tatsachenerklärung keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Eine Arbeitslosmeldung liegt vor, wenn der Arbeitslose in der zuständigen Agentur für Arbeit erscheint und jedenfalls sinngemäß zum Ausdruck bringt, er sei (oder werde) arbeitslos (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 2005 - B 11/11a AL 41/04 R - (juris)). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausgeführt, er habe bei dem Beratungsgespräch am 23. November 2006 auf die Beendigung des Schulbesuchs Mitte Dezember 2006 sowie darauf hingewiesen, dass er davon ausgehe, eine Stelle zu finden, wenn er auch noch keine Anschlussbeschäftigung habe. Damit hat der Kläger hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass ab dem Ende des Schulbesuchs Arbeitslosigkeit droht. Dass er keinen genauen Zeitpunkt genannt hat und tatsächlich der Schulbesuch nicht Mitte Dezember, sondern erst am 22. Dezember 2006 endete, spielt keine Rolle. Für die Wirksamkeit der Arbeitslosmeldung ist unerheblich, ob die damit verbundene Tatsachenerklärung inhaltlich zutrifft. Weder der Zweck der Arbeitslosmeldung, ein Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen, das einerseits die Vermittlung des Arbeitslosen und andererseits die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen der Leistung zu Ziel hat, fordert eine derartige Überfrachtung der Meldung, noch gibt es ein Bedürfnis für eine materiell zutreffende Erklärung mit Blick auf die Anspruchsvoraussetzungen, denn für den Zeitraum einer unzutreffenden Erklärung ist ein Leistungsanspruch schon mit Blick auf die fehlende Arbeitslosigkeit zu verneinen (vgl. BSG SozR 4-4300 § 122 Nr. 2 = BSGE 93, 209). Auch der Inhalt des Beratungsvermerks vom 23. November 2006 steht der Annahme einer Arbeitslosmeldung nicht entgegen. Dort ist ausgeführt: "Herr F. möchte sich noch nicht alos melden, da er denkt, eine Stelle zu finden." In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 24. September 2007 hat sich Frau W.-B. auf den Vermerk bezogen, da es ihr aufgrund der Vielzahl der zu führenden Beratungsgespräche nicht möglich sei, zum Gesprächsinhalt detaillierte Angaben zu machen. Ergänzend hat sie ausgeführt, sie sehe keinen Fehler darin, den Kläger darauf hingewiesen zu haben, es sei noch rechtzeitig, sich am Tag nach der letzten Prüfung arbeitslos zu melden, nachdem der Kläger geäußert habe, er werde seine letzte Prüfung im Januar 2007 ablegen. Dem Kläger selbst war, wie er wiederholt geäußert hat, kein Unterschied zwischen der Meldung als arbeitsuchend oder arbeitslos bekannt. Ihm ging es, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ohne weiteres entnehmen lässt, darum, sich für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen, auch wenn er zum Zeitpunkt der Vorsprache noch keinen Leistungsantrag stellen wollte, da er davon ausging, voraussichtlich nur kurz arbeitslos zu sein. Der Inhalt des Beratungsvermerks, der Kläger wolle sich noch nicht arbeitslos melden, beruht damit allein auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung der Sachbearbeiterin. Für die Abgabe der erforderlichen Tatsachenerklärung - Arbeitslosmeldung - kommt es hierauf indes nicht an.
Da der Senat davon ausgeht, dass sich der Kläger bereits am 23. November 2006 arbeitslos gemeldet hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob ein Beratungsfehler der Beklagten darin liegt, dass der Kläger nicht auf den drohenden Verlust der Anwartschaftszeit hingewiesen wurde und ob sich daraus der begehrte Anspruch auf Alg im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ableiten ließe (vgl. hierzu BSG SozR 4100§ 103 Nr. 36 = BSGE 58, 104; SozR 4100 § 105 Nr. 2 = BSGE 60, 43).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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