Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2090/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2786/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren noch die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung bereits vor dem 01. April 2005.
Die 1968 geborene Klägerin war nach einer Lehre als Drogistin (1986 bis 1989) bis 1991 als Drogistin, Kosmetikverkäuferin und stellvertretende Filialleiterin sowie von 1991 an als Filialleiterin, ab 1992 bei der Firma S., beschäftigt. Ab 17. Februar 1998 war sie arbeitsunfähig und bezog dann bis 17. August 1999 Krankengeld, ab 18. August 1999 Arbeitslosengeld und ab 07. Januar 2001 Arbeitslosenhilfe bis 19. Dezember 2004. Eine von der Arbeitsverwaltung geförderte Weiterbildungsmaßnahme brach die Klägerin Anfang November 2004 ab und war ab 08. November 2004 wieder arbeitsunfähig mit Krankengeldbezug. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 22. Februar 2005 (Blatt 880f der Akten des Sozialgerichts Konstanz [SG]) verwiesen.
Die Klägerin macht eine Vielzahl von Erkrankungen - insbesondere eine multiple chemische Sensibilität (MCS), die u. a. auch zu Unverträglichkeiten bei diversen Nahrungsmitteln führe, und eine Erkrankung der Leber - sowie Beschwerden unterschiedlichster Organsysteme mit multiplen (68 zum Rentenantrag aufgelistete) Symptomen geltend, die sie im Wesentlichen auf Vergiftungen, insbesondere mit Amalgam, zurückführt.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin vom 17. Februar 2000 mit Bescheid vom 15. Juni 2000 und Widerspruchsbescheid vom 12. September 2000 ab, da die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Leiden, einer Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose und überwiegend hysterischer Persönlichkeitsstruktur und einer Vergrößerung der Leber, weiterhin in ihrem bisherigen Beruf als Drogistin bzw. Filialleiterin vollschichtig erwerbstätig sein könne und deshalb weder berufs- noch erwerbsunfähig sei.
Dem lagen - neben von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen und Äußerungen - u. a. ein von der Beklagten veranlasstes internistisches Gutachten des Dr. R. vom 03. April 2000 (Gesundheitsstörungen: niedrige Blutdruckwerte, Zeichen verstärkter vegetativer Einflüsse sowie gesteigerter Selbstbeobachtung und verstärkter Beschwerdezuwendung, zwei echoarme inhomogene Strukturen annähernd gleicher Größe und weitgehend scharf begrenzt ca. 5 cm mal 4 cm im rechten sowie im linken Leberlappen; Diagnosen: Verdacht auf hypochondrische/konversionsneurotische Persönlichkeitsstruktur, chronische Schilddrüsen-Jod-Unterversorgung, fokal noduläre Hyperplasie der Leber; die organischen Verhältnisse führten zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens, die Klägerin sei als Drogistin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leistungsfähig) und ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 16. Mai 2000 (Diagnosen: Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose mit überwiegend hysterischer Persönlichkeitsstruktur, fokale noduläre Hyperplasie der Leber; im bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin vollschichtig leistungsfähig) zu Grunde.
Deswegen hat die Klägerin am 06. Oktober 2000 Klage beim SG erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, bei ihr bestünden nach einer Schwermetallintoxikation durch unkontrollierte Entfernung von Amalgam-Füllungen ihrer Zähne und einer Phenylquecksilberborat-Allergie ein MCS-Syndrom, eine fokal noduläre Hyperplasie und weitere Gesundheitsstörungen, deretwegen sie zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit nicht mehr in der Lage sei. Wegen der Einzelheiten der von ihr geltend gemachten Erkrankungen und Beschwerden wird auf den schriftlichen Vortrag ihres Bevollmächtigten sowie ihre beim SG eingereichten persönlichen Stellungnahmen nebst Anlagen und Ausführungen zu Ermittlungsergebnissen des SG, insbesondere vom 30. Oktober 2001, 05. September und 03. November 2002, 17. Mai und 02. Oktober 2003, 06. Januar, 20. Mai und 28. Juni 2004 ("Beschwerdebild neuester Stand") sowie 23. August 2005 verwiesen. Ferner hat die Klägerin u. a. zahlreiche Atteste und ärztliche Äußerungen des Dr. M., Dermatologie, Venerologie, Umweltmedizin (u. a. aus der Zeit von 1999 bis 07. Dezember 2005), des Krankenhauses (KH) St. Elisabeth vom 25. März 1998, des Städtischen KH W. vom 23. April 1998 (fokal noduläre Hyperplasie im linksseitigen Lebersegment, drei größere Herde), des Radiologen PD Dr. Dr. Just vom 11. Mai 1998 (bei den Leberherden handle es sich primär um eine fokal noduläre Hyperplasie, ein Leberadenom oder auch ein Karzinom sei weniger wahrscheinlich), MDK-Gutachten von Dr. S.-M. vom 24. November 1998 (Diagnose: weiterhin unklare Oberbauchbeschwerden, Abklärung Pankreatitis) und 24. August 1999 (Diagnose: Oberbauchbeschwerden, es gehe im Wesentlichen noch um zahnärztliche Sanierungsmaßnahmen), des Prof. Dr. K. vom 08. Dezember 1998 (kein Nachweis einer Faszioliasis), des Zahnarztes Dr. M. vom 14. Januar 1999 (Behandlung vom 10. bis 22. Dezember, Amalgamentfernung in 2 Sitzungen), des Prof. Dr. G. vom 05. Mai 1999 (u.a. Verdacht auf Somatisierungsstörung), des Städtischen KH W. vom 09. Juli 1999, des Internisten Dr. T. vom 13. September 1999 und 16. Januar 2000 (Diagnose: chronische Schwermetallintoxikation, Quecksilberallergie, eine Detoxikation und eine notwendige Zahnsanierung würden derzeit durchgeführt), des praktischen Arztes K. vom 21. und 24. Januar 2000 sowie 21. Januar 2002, des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 13. September 2001 (neurologisch kein Korrelat für geklagte Körpermissempfindungen), der Allgemeinmedizinerin Dr. K.-K. vom 25. Januar 2002, der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vom 04. März 2002 (abgeklungene Parästhesien linke Wange und rechter Arm unklarer Genese), Befundberichte der Dres. Pruggmayer und Schnackenberg vom 25. März 2004 (über die Bestimmung von Varianten in den Genen), des Radiologen Dr. H. vom 7. Dezember 2004 und 02. März 2005, des Nervenarztes Dr. B. vom 05. März 2005 (u. a. Neuropathie, erhebliche Myopathie, schwere chemische Überempfindlichkeit, Hörminderung, keine sichere Leistungsminderung in der Psychometrie, schwere Störungen der Glucose-Utilisation), ein Gutachten der Dr. W., Gesundheitsamt F., vom 28. April 2006 (eingeholt wegen Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Klägerin sei nicht erwerbsfähig) und außerdem zahlreiche Laborbefunde bzw. Ergebnisse pathologischer Untersuchungen aus den Jahren 1998 bis 2005 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten und des Inhalts wird auf diese in den Akten des SG enthaltenen Berichte und ärztlichen Äußerungen verwiesen.
Das SG hat die benannten behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. T. hat am 20. Dezember 2000 berichtet, die Klägerin sei seit 06. Mai 1998 seine Patientin. Abweichend von den Verwaltungsgutachten schildere die Klägerin multiple Symptome, die zu einer Schwermetallintoxikation/Quecksilberallergie passen würden, es könne auch eine gewisse neurotische Entwicklung entstanden sein. Als Drogistin sei die Klägerin "wohl nur eingeschränkt einsetzbar", Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien unter zweistündig möglich. Der praktische Arzt K. hat am 27. Dezember 2000 ausgesagt, seine Befunde stimmten mit denen in den Verwaltungsgutachten im Wesentlichen überein, wobei die Auswirkung der Amalgamintoxikation zu wenig berücksichtigt sei. Die lange Krankheitsgeschichte mache eine psychische Überlagerung und Störung nachvollziehbar. Die Klägerin sei weder psychisch noch physisch voll leistungsfähig. Der Dermatologe und Umweltmediziner Dr. M. hat am 05. Juni 2001 über seine Behandlungen berichtet und u. a. angegeben, die chronische Belastung mit Schwermetallen führe zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin, die seit 1998 arbeitsunfähig sei. Es gebe keinen Grund für eine psychiatrische Interpretation des Krankheitsbildes.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. M. vom 15. Mai 2002 eingeholt. Ihm hat die Klägerin weitere Unterlagen vorgelegt und angegeben, es seien bereits im jungen Erwachsenenalter Amalgamfüllungen in ihren Zähnen eingebracht worden, wobei in den letzten 10 Jahren mehrere Amalgamplomben ohne jegliche Schutzmaßnahmen entfernt worden seien. Ferner seien zwei Brücken eingesetzt worden, wobei man ihren Wünschen nach Goldbrücken nicht entsprochen habe, sondern Palladiumbrücken eingesetzt habe, ohne sie über die Risiken und Nebenwirkungen zu informieren. Im Urlaub am 17. Februar 1998 habe sie plötzlich unter einem akut aufgetretenen grippeartigen Krankheitsbild gelitten und dann den ganzen Urlaub im Bett verbracht. In der Folge habe sie nicht mehr an den Arbeitsplatz zurückkehren können. Danach habe sich ihr Zustand immer wieder krisenhaft verschlechternd chronifiziert. Nachdem ein Zahnarzt den Verdacht einer Amalgamvergiftung geäußert habe, sei dann sofort das restliche Amalgam entfernt worden. Dr. M. habe dann eine Amalgamintoxikation diagnostiziert. In der Folge seien weitere Zähne und sämtliches Metall im Mund entfernt worden. Die damit verbundenen Beschwerden hätten über ein Jahr angedauert. Seit der Behandlung durch Dr. M. gehe es ihr etwas besser. Es sei deshalb dringend notwendig, die eingeleitete Entgiftungstherapie weiterzuführen.
Dr. M. ist zum Ergebnis gelangt, die Klägerin sei im Februar 1998 plötzlich erkrankt. Nach anfänglich typischem Verlauf einer Panikstörung sei es sehr rasch zu einer sekundären Chronifizierung des Verlaufs mit Ausweitung der Beschwerdesymptomatik gekommen, wobei zwischenzeitlich es kaum einen Körperteil oder ein Organsystem gebe, das nicht als krankhaft verändert erlebt und referiert werde. Deutlich diskrepant seien im Verlauf die subjektive Befindlichkeit und der Befund. Zahlreiche Untersuchungen in verschiedenen medizinischen Fachdisziplinen hätten bis auf den Zufallsbefund einer Leberveränderung und einer grenzwertigen Schilddrüsenveränderung keine fassbaren Auffälligkeiten ergeben. Insbesondere sei kein funktionsrelevanter entsprechend leistungslimitierender Befund außerhalb der subjektiven Befindlichkeitsebene dokumentiert. Die Befunde des Hausarztes, des Zahnarztes und des Dr. M. beschränkten sich in einer Aufzählung der von der Klägerin berichteten körperlichen Beeinträchtigungen. Ein objektivierbarer, geschweige denn schulmedizinisch nachvollziehbarer Körperbefund sei mit Ausnahme der Leber nicht zu finden. Vergiftungen, insbesondere Schwermetallvergiftungen manifestierten sich nicht nur in subjektiven Beeinträchtigungen, sondern - wenn funktionsrelevant - auch in Organschäden (Blutbild, neurologische Ausfälle). Festzustellen sei, dass leistungsrelevante körperliche Defizite auszuschließen seien. Aus den in den Akten dokumentierten Eigenberichten der Klägerin ergebe sich eine Verdrängung. Auf Grund der psychiatrischen Untersuchung gebe es erhebliche Hinweise für eine somatoforme Störung, d.h. eine körperlich ausagierte neurotische Störung auf dem Boden einer im Rahmen einer Einmaluntersuchung nicht darstellbaren latenten oder manifesten Konfliktsituation. Auf Grund der neurologischen wie auch psychiatrischen Befunde bestünden keine funktionsrelevanten Defizite, die eine berufliche Wiedereingliederung ausschlössen. Die Klägerin sei weder in ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit allgemein, noch in ihrer Tätigkeit als Drogistin beeinträchtigt. Sie könne vollschichtig alle ihrer beruflichen Qualifikation und Bildung entsprechenden Tätigkeiten verrichten. Sie könne auch vier Mal arbeitstäglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen und eine Gehstrecke von über 500 Meter zurücklegen und benötige auch keine betriebsunüblichen Pausen. Der Leistungsbeurteilung des Nervenarztes Dr. W. schließe er sich an. Beigefügt hat er eine umfangreiche schriftliche Schilderung der Klägerin über ihr Beschwerdebild vom 06. März 2002. In einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 18. April 2003 hat Dr. M. - unter Berücksichtigung der Einwände der Klägerin (das Gutachten des Dr. M. sei fachlich unhaltbar, dieser sei auch nicht fachkompetent), wozu sie neben Äußerungen des Dr. M. das Kieler Amalgamgutachten 1997 und eine Bestätigung ihres Lebensgefährten R. vom 05. September 2002 vorgelegt hat - an seiner Einschätzung im Gutachten vom 15. Mai 2002 festgehalten.
Das SG hat dann Dr. M. nochmals als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat am 13. Mai 2003 angegeben, es bestehe weiterhin eine MCS, bei der es sich nicht um eine psychische, psychosomatische oder somatoforme Erkrankung handle. Die Beseitigung der Amalgamfüllungen sei wesentliche Voraussetzung für anschließende therapeutische Schritte gewesen. Inzwischen habe sich das Befinden soweit gebessert, dass komplexbildende Medikamente eingesetzt werden könnten, derzeit überwiegend Natriumthiosulfat. Prinzipiell sei der Schweregrad der Erkrankung mit dem einer frisch operierten Person vergleichbar. Es bestehe eine chronische Erschöpfung und eine erhebliche Einschränkung der kognitiven Hirnleistung, weswegen die Klägerin für die Abfassung eines Schreibens oft ein bis zwei Wochen benötige. Bei einer alltäglichen Chemikalienexposition könne sich das Leistungsprofil nochmals akut verschlechtern, auch bei Verzehr belasteter Nahrung. Auf Grund der hochgradigen Chemikalienempfindlichkeit sei die Klägerin außerstande an einem Arbeitsplatz zu arbeiten, der berufsabhängig oder durch die dortig tätigen Personen bzw. die Art der Einrichtung Belastungen aufweise. Adäquate Arbeitsplätze stünden in der Arbeitswelt derzeit nicht zur Verfügung, worauf er in vielen Vorträgen hingewiesen habe.
Die Klägerin hat am 07. Februar 2005 ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Prof. Dr. S. vom 26. Juli 2004 zur Leistungsfähigkeit im Zeitraum von August 1999 bis 14. August 2000, erstellt in einem Rechtstreit der Klägerin beim SG Konstanz (S 2 AL 1931/00) gegen die Bundesagentur für Arbeit, vorgelegt und geltend gemacht, durch die darin diagnostizierte Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose sei eine vollständige Erwerbsunfähigkeit nachgewiesen. Prof. Dr. S. hat - mit Hinweis auf z. T. wörtlich referierte Gutachten, u. a. auch des Arbeitsmediziners Schmitt und des Dr. Münch - u. a. ausgeführt, die Klägerin sei nach den üblichen Kriterien der modernen Medizin organisch nicht krank. Die Leberbefunde hätten keinen Krankheitswert, die immer wieder auftretende Schilddrüsenthematik sei ohne Bedeutung, Regulationsstörungen an diesem Organ seien gut therapierbar. Im Magen-Darm-Takt habe die Klägerin offenbar gelegentlich funktionelle Störungen, ein objektiver Befund liege indes nicht vor. Die Laktose-Malabsorption sei labortechnisch dokumentiert, doch komme ihr keine Kausalität für die gesundheitlichen Klagen zu. Die im Rahmen der umweltmedizinischen Betreuung, vor allem durch Dr. M., entstandenen Befunde seien eine einmalig festgestellte Allergie gegen Phenylquecksilberborat (Hauttest), bei Laboruntersuchungen festgestellte immunologische Befunde bezüglich Gangliosiden und Myelin-assoziiertem Glykoprotein und auch gegenüber Hydrochinon sowie wechselnde Ergebnisse bezüglich Quecksilber im Stuhl. Die Erhebungsmethoden zu den immunologischen Befunden hätten keine wissenschaftliche Akzeptanz gefunden, hinsichtlich des Quecksilberbefundes fehle jegliche Standardisierung. Für die enzymgenetische Untersuchung von März 2004 gelte, dass ein sicherer Bezug zu im Alltag toxikologisch relevanten Störungen völlig fehle. Im Zeitraum von August 1999 bis 14. August 2000 seien die Diagnosen "Somatisierungsstörungen bei Konversionsneurose, fokal noduläre Hyperplasie (Leber), funktionelle Magen-Darm-Beschwerden ohne ausreichenden organischen Befund (bei Laktose-Malabsorbtion), Gebiss im Zustand der Sanierung (Zahnextraktion)" zu stellen. Die berufliche Leistungsfähigkeit sei durch die erheblich reduzierte psychische Belastbarkeit eingeschränkt, wobei dies nicht so sehr durch die Anforderungen im Beruf selbst, sondern durch die subjektiv empfundene ungeklärte allgemeine Situation bedingt sei. Die psychische Verfassung während einer auftretenden Krise erlaube keine konzentrierte Berufstätigkeit und werde immer zur Arbeitsunfähigkeit führen. Quantitativ resultiere daraus und aus den vielen Zahnbehandlungen von August 1999 bis August 2000 eine erhebliche Gesamteinschränkung der Leistungsfähigkeit. Diese sei ansonsten für die mehrfach beschriebenen leichten bis mittelschweren körperlichen Tätigkeiten in keiner Weise eingeschränkt und könne auch vollschichtig ausgeübt werden. Grundsätzlich sei eine Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose kein Befund, der die Arbeitsfähigkeit bestimme. In Zuständen ohne aktuelle Somatisierungsphänomene sei eine vollschichtige leichte bis mittelschwere Tätigkeit möglich, wobei man davon ausgehen sollte, dass gerade ein geordnetes Arbeitsverhältnis sich günstig auswirke. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Gutachten von Dr. S. verwiesen.
Ferner hat die Klägerin ein MDK-Gutachten von Dr. S. vom 07. März 2005, erstellt auf Grund einer Untersuchung und unter Berücksichtigung ärztlicher Berichte, vorgelegt. Die Diagnose darin lautet: Verdacht auf automome somatoforme Funktionsstörung, anamnestisch beschriebene MCS und ebenfalls anamnestisch beschriebener Verdacht auf toxische Encephalopathie. Es sei von einer seit Jahren bestehenden autonomen somatoformen Funktionsstörung auszugehen, verbunden mit vielfältigen körperlichen Beschwerden mit deutlicher Einschränkung der affektiven Schwingungsfähigkeit und Stimmungsverschlechterung, verstärkt durch einen mittlerweile extremen sozialen Rückzug. Aus sozialmedizinischer neurologisch-psychiatrischer Sicht sei "derzeit" die psychische Störung so ausgeprägt und chronifiziert, dass von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei. Im Hinblick auf den langen Krankheitsverlauf sei von einer "erheblichen Gefährdung, wenn nicht gar Minderung der Erwerbsfähigkeit" auszugehen.
Ferner hat das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Sachverständigengutachten des Dr. O., Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Allergologie, Umweltmedizin u.a., vom 14. September 2006 eingeholt, das dieser auf Grund einer am 31. Mai 2005 durchgeführten Untersuchung erstattet hat. Er hat als Diagnosen "MCS (multiple chemical sensitivity), geringgradige Innenohrschwerhörigkeit links, Schwindel, Ausschluss otogener Ursache, Verdacht auf toxisch ausgelösten zentralen Schwindel, Nachweis von Polymorphismen als Ausdruck verminderter Metabolisierungsfähigkeit von Schadstoffen, neuropathologisch nachgewiesene Myopathien, in der Positron-Emissionstomographie nachgewiesene Glukose-Utilisations-Verminderung, persistierende Leberwerterhöhungen (GPT und Y-GT), Sensibilisierungsnachweis gegenüber Phenylquecksilberborat, Beryllium, Hydrochinon, Dental-Kunststoff N,N,-Dimethyl-4-Toloidin, Sensibilisierungsnachweis gegenüber polychlorierten Biphenylen, den Schimmelpilzen Aspergillus fumigatus, Rizipus nigricans und Cladosporium herbarum, unterschwellige Sensibilisierung auf Permethrin-, Benzol-, Toluol-, Xylol-Gemische, persistierende Infektneigung bei Ebstein-Barr-Virus-Reaktivierung, Interferon-Y-Erhöhung, resorptive Palladium- und Quecksilberbelastung, Autoimmunität gegenüber Gangliosid Q 1 B und myolinas-soziiertes Glukoprotein, Leptinresistenz des hypothalamischen Sättigungszentrums, Beschädigung der Blut-Hirn-Schranke mit erhöhter Protein-S100-Freisetzung, Hypocortisolismus, Selenmangel" angegeben. Außerhalb des integren Wohnbereiches sei immer wieder mit Chemie-Fremdkontakten zu rechnen, womit bis auf weiteres unvorhergesehene massive, reaktiv ausgelöste Symptome aufträten, die einen vorhersehbaren geregelten Tagesablauf, vor allem an einem Arbeitsplatz, unmöglich machten. Insbesondere eine Tätigkeit als Drogistin könne in absehbarer Zeit nicht mehr aufgenommen werden, da es hier zu Kontakt mit chemischen Substanzen komme, die eine MCS-Symptomatik auslösten. Die Klägerin sei zur Zeit nicht in der Lage, körperliche Arbeiten jeglicher Art zu verrichten. Zum "jetzigen" Erkrankungszustand sei auch eine Erwerbsunfähigkeit zu attestieren. Abhängig von der täglichen physischen und psychischen Ausgangslage sei eine tägliche Gehstrecke von 500 Meter bei guter Ausgangslage zuzumuten, ebenso der Gang zur Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei nicht möglich, da dort viele chemische Ausdünstungen, auch der Fahrgäste, sofort eine erhebliche MCS-Symptomatik hervorrufen würden. Die Benutzung eines Kfz würde MCS-Symptome auslösen. Dies könne sie bewusst einkalkulieren, um nachfolgende Erholungsphasen mit einzuplanen. Auf die Frage, seit wann die festgestellte Leistungseinschränkung bestehe, hat der Sachverständige angegeben, die Klägerin gebe "klassisch das Frühjahr 1998 als Zeitpunkt einer solch massiven Beschwerdesymptomatik an", wobei schon der Arbeitsversuch an Ostern 1998 wegen schwerer Beschwerdesymptomatik habe abgebrochen werden müssen.
Die Beklagte hat am 13. November 2006 ausgeführt, das Gutachten von Dr. O. sei nicht plausibel. Großen Raum nähmen die subjektive Beschwerdeschilderung, die Darstellung extern erhobener Befunde und allgemeine Ausführungen zur MCS ein, wohingegen die selbst erhobenen Befunde nicht ausreichend und umfassend seien. Der Gutachter habe nur einen HNO-ärztlichen Status erhoben und einen ergometrischen Stufentest veranlasst. Die HNO-ärztliche Untersuchung inklusive Untersuchung mit Frenzelbrille und Belastbarkeit bis 60 Watt im Stufentest ohne Zeichen einer Übersäuerung sprächen für eine ausreichende Belastbarkeit für leichte körperliche Tätigkeit mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel. Weitergehende Befunde habe Dr. O. nicht erhoben. Er räume ein, dass keine der bisher durchgeführten Untersuchungsmethoden die Symptomatik der Klägerin erklären könne, und folge vorrangig der subjektiven Beschwerdeschilderung ohne diese ausreichend zu objektivieren. Demgegenüber habe Dr. S. im neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom März 2005 die anamnestisch geschilderten Konzentrationsstörungen nicht festgestellt und keine Gedächtnis- oder Wortfindungsstörungen beschrieben. Ferner sei eine Muskelschwäche gutachterlich nicht nachgewiesen. Dr. O. habe einen Muskelstatus nicht einmal erhoben. Einem Nervenarzt komme bei der Beurteilung der vorliegenden Störungen eine größere Fachkompetenz zu, als einem Umweltmediziner. Die Sichtweise von Dr. O. sei auf die Feststellung einer MCS eingeengt. Sein Gutachten sei in Bezug auf das psychiatrische Leiden nicht weiterführend und nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar und ausreichend belegt. Auch wenn somit der Einschätzung von Dr. O. nicht gefolgt werden könne, könne unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. S. vom März 2005 von einem inzwischen deutlichen sozialen Rückzug durch eine chronfizierte somatoforme Störung ausgegangen werden. Der beratende nervenärztliche Referent Schönberger sei hier zum Ergebnis gelangt, Dr. S. habe zwar lediglich eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit festgestellt, jedoch bereits in der Beurteilung des Leistungsvermögens die psychische Störung als so schwer ausgeprägt und chronifiziert angegeben, dass er nicht nur eine weitere Arbeitsunfähigkeit prognostiziert habe, sondern u. a. eine deutliche Einschränkung der affektiven Schwingungsfähigkeit und eine Stimmungsverschlechterung. Verstärkt werde dies durch die mittlerweile durch einen extremen sozialen Rückzug bedingte Situation. Unter Berücksichtigung des Längsschnittverlaufs habe unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. S. das psychische Leiden einen so erheblichen Schweregrad angenommen, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit zu diesem Zeitpunkt aus nervenärztlicher und sozialmedizinischer Sicht ausreichend belegt sei und retrospektiv angenommen werden könne. Ab März 2005 könne ein aufgehobenes Leistungsvermögen angenommen werden. Sie biete einen Vergleich auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. April 2005 auf der Grundlage eines Leistungsfalles vom 7. März 2005 an.
Dieses Vergleichsangebot hat die Klägerin abgelehnt. Die bei ihr festgestellten Tumore seien inoperabel. Sie sei organisch geschädigt. Im Übrigen sei das Leistungsvermögen seit Antragstellung in rentenberechtigendem Grade eingeschränkt.
Mit Urteil vom 28. Februar 2007 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin ab 01. April 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.
Gegen das am 02. April 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. April 2007 Berufung eingelegt. Sie begehrt ab 17. Februar 2000 Rente "wegen voller Erwerbsminderung" (richtig wohl Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, soweit der Zeitraum vor dem 1. Januar 2001 betroffen ist). Seit Jahren bestehe ein lebensbedrohlicher Extremzustand. Nach 1998 habe sie in den Anfangsjahren im Sterben gelegen. Die MCS sei bei der Beurteilung des Leistungsvermögens nicht zutreffend berücksichtigt worden. Sie stelle keine psychische Erkrankung dar und sei nach ICD-10-GM unter dem Kapitel 19 (Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen) eingeordnet. Nach der - vorgelegten - Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 21. November 2008 sei eine MCS im Einzelfall entsprechend den Symptomen zu beurteilen. Eine Somatisierungsstörung schließe eine MCS daneben nicht aus. Es bestehe auch eine Schädigung des Nervensystems, eine Polyneuropathie und eine Encephalopathie. Hierzu hat der Bevollmächtigte der Klägerin umfassend vorgetragen und ärztliche Äußerungen des Dr. T. vom 03. Oktober 2004, Dr. M. vom 19. April und 17. Oktober 2007 sowie 07. Februar, 16. April und 08. Juni 2008, des Dr. H. vom 05. Oktober 2006 und des praktischen Arztes K. vom 02. September 2004 (zum Gesundheitszustand vom 17. Februar 1998 bis Oktober 1999) vorgelegt. Ferner hat der Bevollmächtigte der Klägerin deren weitere Ausführungen und Beschwerdeschilderungen vom 26. April, 15. August ("neuester Stand" des Beschwerdebildes) sowie 18. Oktober 2007, 25. Januar sowie 11. April 2008 und 8. Juli 2009 vorgelegt und sind weitere Äußerungen der Klägerin u. a. vom 14. März, 11. April sowie 20. Juni 2008 eingegangen, auf die jeweils verwiesen wird.
Die Klägerin beantragt - zum Teil sinngemäß -,
zum Beweis dafür, dass die MCS nicht automatisch als somatoforme Störung einzuordnen ist, auch nach ICD-10-GM nicht unter psychischen Störungen eingeordnet ist und ein eigenständiges Krankheitsbild darstellt, Auskünfte des Bundesministeriums für Gesundheit, vertreten durch das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Informationen sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales einzuholen, zum Beweis dafür, dass bei der Diagnose einer somatoformen Störung eine MCS-Erkrankung nicht ausgeschlossen ist, die Stellungnahmen der Beklagten nicht das eigenständige Krankheitsbild einer MCS-Erkrankung betreffen, Dr. M. für die Untersuchung von MCS-Erkrankungen, die nicht in seinen Facharztbereich fallen, nicht sachlich kompetent ist und ihr seit 1998 das Berufsbild einer Drogistin verschlossen ist, ein Sachverständigengutachten einzuholen, zum Beweis dafür, dass es ihr von 1998 bis 2005 sehr schlecht gegangen sei und sie bei zeitweiligen Besserungen nur nicht mehr so schwerwiegend krank gewesen sei bzw. sich nicht mehr in lebensbedrohlichen Krankheitszuständen befunden habe, den praktischen Arzt Krätzler, Dr. M. und Dr. K.-K. als sachverständige Zeugen zu hören, zum Beweis dafür, dass die von den von der Beklagten beauftragten Beratungsärzten und Gutachtern sowie Dr. M. durchgeführten Untersuchungen nicht einmal dem üblichen Standard im Bereich der jeweiligen Fachdisziplin (Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik) entsprechen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, sowie zum Beweis dafür, dass bereits 1998 ein schwerwiegendes lebensbedrohliches und chronisches Krankheitsgeschehen vorgelegen habe, welches zur andauernden vollen Erwerbsminderung geführt habe, Dr. M. als sachverständigen Zeugen - gegebenenfalls in Abwesenheit ihres Bevollmächtigten - zu hören, hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. Februar 2007 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2000 zu verurteilen, ihr ab 17. Februar 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit, hilfsweise ab 01. Januar 2001 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ein früherer Versicherungsfall sei nicht belegt. Hierzu hat sie beratungsärztliche Stellungnahmen des Nervenarztes Schönberger vom Februar 2008 und vom 21. April 2008 vorgelegt, auf die verwiesen wird.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet, denn die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, noch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vor dem 01. April 2005.
Die Beklagte hat zwar mit Bescheid vom 15. Juni 2000 und Widerspruchsbescheid vom 12. September 2000 lediglich über die Frage des Bestehens eines Anspruchs auf Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit entschieden, doch ist im vorliegenden Fall auch über einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach den ab 01. Januar 2001 geltenden Bestimmungen vom Gericht zu entscheiden, entsprechend ist auch der Antrag der Klägerin auszulegen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 2005, B 13 RJ 31/04 R, in SozR 4-2600 § 43 Nr. 3 m.w.N.).
Soweit der Eintritt eines Leistungsfalles vor dem 01. Januar 2001 und die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit strittig ist, ist gemäß § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI das Sechste Buch Sozialgesetzbuch in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) heranzuziehen, wobei ein vor dem 01. Januar 2001 entstandener Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bei unveränderter Einschränkung des Leistungsvermögens über den 31. Dezember 2000 hinaus fortbestehen würde. Soweit ein Leistungsfall nach dem 31. Dezember 2000 und die Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit in Betracht kommt, ist das SGB VI in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.) maßgeblich.
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatten nach den bis 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen Versicherte, die die allgemeine Wartezeit erfüllten, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnten und darüber hinaus erwerbsunfähig waren (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.).
Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Erster Halbsatz SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 DM überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbstständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F.).
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hatten nach den bis 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen Versicherte, die berufsunfähig waren, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hatten und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllten (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.).
Berufsunfähig waren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten gesunken war, wobei der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, alle Tätigkeiten umfasste, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnte. Berufsunfähig war nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a.F.).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtete sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden für Angestellte die Gruppen durch die Leitberufe des Angestellten mit hoher beruflicher Qualifikation, des Angestellten mit längerer Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren (Ausgebildete), des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte) und des unausgebildeten Angestellten (Ungelernte) charakterisiert.
Grundsätzlich darf nach dieser Rechtsprechung ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Danach kann ein Angestellter mit längerer Ausbildung regelmäßig von drei Jahren - wie die Klägerin - nur auf Tätigkeiten eines Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren sozial zumutbar verwiesen werden. (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, Stand Januar 2002, § 240 SGB VI, Rdnrn. 69,70 mwN).
Nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - u. a. - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n.F. sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n.F. sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI n.F. ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, dabei ist die jeweilige Arbeitmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI n.F. haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.
Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen hat die Klägerin vor dem 01. April 2005 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, die - sofern ein solcher Anspruch entstanden wäre - auch über den 31. Dezember 2000 hinaus zu gewähren wäre. Die Voraussetzungen der §§ 43, 44 SGB VI a.F. sind nicht erfüllt, denn die Klägerin war vor dem 01. Januar 2001 nicht berufs- oder erwerbsunfähig. Jedenfalls bis 31. Dezember 2000 war die Klägerin - von vorübergehenden Zuständen der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - noch in der Lage, ihren bisherigen Beruf als Drogistin und Filialleiterin im Drogeriebereich vollschichtig auszuüben.
Dies ergibt sich für den Senat schlüssig und überzeugend aus den im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten des Internisten Dr. R. vom 03. April 2000 und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 16. Mai 2000, die im Ergebnis auch durch das vom SG eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. M. und das von der Klägerin vorgelegte Gutachten des Prof. Dr. S. ihre Bestätigung gefunden haben.
Soweit die Klägerin geltend macht, unter den organischen Folgen einer MCS zu leiden, ist zunächst festzustellen, dass - wie von ihr angegeben - die MCS gemäß ICD-10-GM nicht den psychischen Erkrankungen zugeordnet ist, sondern im Abschnitt XIX (Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen) unter T78.4 Allergie nicht näher bezeichnet (allergische Reaktion o.n.A., Idiosynkrasie o.n.A., Überempfindlichkeit o.n.A.) klassifiziert ist und dass ferner der Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Antwort auf ein Schreiben der MCS-Patienteninitiative gegen Diskriminierung vom 29. September 2008 empfohlen hat, in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit" unter 26.18 den Satz "Die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungssyndrome (z. B. CFS/MCS) sind jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen." durch den Satz "Die Fibromyalgie, Chronisches Fatigue Syndrom (CFS), Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen." zu ersetzen. Daraus ist für den Senat abzuleiten, dass das MCS-Syndrom in diagnostischer Hinsicht nicht mit einem Somatisierungssyndrom gleichzusetzen ist. Dies ändert aber nichts daran, dass das Krankheitsbild der MCS diagnostisch nicht hinreichend definiert ist - wie die Einordnung unter T78.4 Allergie nicht näher bezeichnet beweist - und in seiner Entstehung und auch in seiner klinischen Diagnostik umstritten ist, wie die Beklagte im Schriftsatz vom 31. März 2004 unter Vorlage wissenschaftlicher Äußerungen dargelegt hat. MCS-Patienten beklagen multiple, unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen und sonstige Schmerzen, wobei die Beschwerden in der Regel ausgesprochen subjektiv sind und sich apparativ und laborchemisch nicht beweisen lassen (vgl. Hakimi "Umweltsyndrome und seelische Störungen", Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin 38, 7, 2003, S. 385, 388 - von der Beklagten vorgelegt). Damit übereinstimmend führt Neeck in Fritze/Mehrhoff, Die ärztliche Begutachtung, 7. Aufl. 2007, S. 450f aus, dass Untersuchungen im Rahmen von drei vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten Projekten kein charakteristisches Symptommuster und keinen systematischen Zusammenhang zwischen beklagten Beschwerden und angeschuldigten Noxen, keine Hinweise auf eine besondere genetische Disposition der MCS-Patienten und keinen Beleg für eine eindeutige Störung des olfaktorischen Systems oder eine neurogene Entzündung ergeben haben. Maßgebend bleiben insofern die feststellbaren organisch bedingten Einschränkungen, bezüglich derer auf die bereits dargelegten Feststellungen in den Gutachten von Dr. R. und Prof. Dr. S. verwiesen wird.
Andererseits ergab die im Rahmen der genannten Untersuchungen durchgeführte standardisierte psychiatrische Diagnostik, dass Umweltambulanzpatienten signifikant häufiger unter psychischen Störungen leiden, als die vergleichbare allgemeine Bevölkerung und dass die psychischen Störungen bei den meisten Patienten den umweltbezogenen Beschwerden weit vorausgehen (Neeck, a.a.O. S. 451). Auch Hakimi (a.a.O. S. 388) weist darauf hin, dass psychodynamische Erklärungsansätze bei der Pathogenese der MCS eine große Rolle spielen und depressive oder somatoforme Störungen wie Angstneurosen, Konversionsneurosen und Phobien als Erklärungsmodell herangezogen werden.
Die organischen Störungen führten bis 31. Dezember 2000 zu keiner rentenrechtlich erheblichen Einschränkung des Leistungsvermögens. Die Klägerin war als Drogistin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - von vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - vollschichtig leistungsfähig. Es lagen bei der Klägerin in der Zeit bis 31. Dezember 2000 im organischen Bereich z. T. zeitweilig eine chronische Schilddrüsen-Jod-Unterversorgung, eine fokal noduläre Hyperplasie der Leber und funktionelle Magen-Darm-Beschwerden ohne ausreichenden organischen Befund bei Laktose-Malabsorption vor. Darüber hinausgehende dauerhafte Gesundheitsstörungen organischer Art, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung wären, sind dagegen für diese Zeit, insbesondere auch durch die vorgelegten ärztlichen Äußerungen, die zum Teil auf späteren Untersuchungen beruhen, nicht nachgewiesen. Dies steht zur Überzeugung des Senats auf Grund des Gutachtens des Dr. R. vom 3. April 2000, der die Klägerin eingehend untersucht und die ihm vorgelegten ärztlichen Äußerungen behandelnder Ärzte ausgewertet hat, fest. Auch Prof. Dr. S. hat in dem von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachten vom 26. Juli 2004 - bei im Wesentlichen gleichen Befunden und Diagnosen - mit ausführlicher und schlüssiger Begründung dargelegt, dass die Klägerin weder in dem von ihm zu begutachtenden Zeitraum vom August 1999 bis 14. August 2000, noch bei seiner Untersuchung am 7. Juli 2004 nach den üblichen Kriterien der modernen Medizin organisch krank war. Vielmehr wies er dem Leberbefund keinen Krankheitswert zu, die Schilddrüsenstörung bezeichnete er als jederzeit gut therapierbar und im Magen-Darmtrakt konnte trotz intensiver Suche kein objektiver organischer Befund erhoben werden. Nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. R. waren die Angaben zu den zahlreichen Beschwerden sehr allgemein, was sich auch aus der vorgelegten Auflistung der Beschwerden durch die Klägerin selbst ergibt. Auch bei strukturierter Anamnese ließen sie sich nicht ohne weiteres einem medizinisch umschriebenen organischen Krankheitsbild zuordnen. Einzelne der geschilderten Symptome können zwar bei einer Schilddrüsenfunktionsstörung auftreten, eher jedoch bei einer Hyperthyreose, die allerdings nicht vorlag. Die zeitweilige hypothyreote bzw. latente hypothyreote Stoffwechsellage war bei der Untersuchung vollständig kompensiert und euthyreot. Durch eine Jod-Supplementierung konnte die ausgeglichene Stoffwechsellage aufrecht erhalten werden. Im Hinblick auf eine Laktose-Malabsorbation, die bei 20 % der mitteleuropäischen erwachsenen Bevölkerung vorliegt, genügte ein Verzicht auf laktosehaltige Nahrungsmittel oder aber eine Supplementierung mit Laktose, womit dann keinerlei Symptome mehr zu erwarten waren. Im Übrigen lagen definitive Symptome dieser klar definierten Krankheitsbilder bei der Klägerin nach den Feststellungen des Dr. R. nicht vor. Die übrigen Symptome waren organisch nicht zuzuordnen. Die zahlreichen Untersuchungsbefunde hatten keine Hinweise für eine organische Erkrankung ergeben. Die geltend gemachte chronische Schwermetallintoxikation war - so Dr. R. - wissenschaftlich nicht zu belegen. Ein Kausalzusammenhang zwischen erhöhten Konzentrationen von Schwermetallen in Körperflüssigkeiten, soweit diese überhaupt in verlässlichen standardisierten Verfahren erhoben wurden und vorlagen, und den geklagten Symptomen ist nicht nachweisbar. Es wurden überhaupt uncharakteristische Beschwerden angegeben, die keine spezifische Zuordnung erlaubten. Nahrungsmittelallergien waren auch durch andere ärztliche Untersuchungen ausgeschlossen, wobei eine ausgedehnte Untersuchung allein mit 24 Gruppen- und Einzelbestimmungen per RAST vorgenommen worden waren. Auch für Nahrungsmittelunverträglichkeiten anderer Pathogenese fanden sich keine hinreichenden Anhaltspunkte. Bereits im Klinikum Großhadern war dringend empfohlen worden, die unausgewogene Diät zu beenden. Das klinische Bild einer Phenylquecksilberborat-Allergie, auf die eine Sensibilisierung gefunden wurde, bestand bei der Klägerin nicht. Die Persönlichkeitsstruktur legte für Dr. R. den dringenden Verdacht nahe, dass es sich bei den Beschwerden um Ausdruck einer hypochondrischen bzw. konversionsneurotischen Persönlichkeitsstruktur handelte. Eine rentenrechtlich relevante Leistungsminderung durch organische Erkrankungen ist damit bis 31. Dezember 2000 nicht belegt, nachdem auch das Hinzukommen weiterer wesentlicher organischer Gesundheitsstörungen jedenfalls bis 31. Dezember 2000 nicht nachgewiesen ist. Dies bestätigt sich auch durch die Feststellungen im Gutachten des Prof. Dr. S. vom 26. Juli 2004.
Auch die Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet standen bis 31. Dezember 2000 der vollschichtigen Tätigkeit einer Drogistin und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegen. Dies entnimmt der Senat dem im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 16. Mai 2000, der die Klägerin auch untersucht und eine Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose mit überwiegend hysterischer Persönlichkeitsstruktur diagnostiziert hat. Dieses ist schlüssig. Er beschrieb die Klägerin als bewusstseinsklar, allseits orientiert, ohne Störungen von Merkfähigkeit, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Konzentration, ohne depressive Grundstimmung und mit unauffälligem Antrieb. Nachdem das Hinzukommen weiterer wesentlicher Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bis 31. Dezember 2000 nicht nachgewiesen ist und auch Dr. M. die Klägerin - bezogen auf das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet - im Jahr 2002 noch für vollschichtig leistungsfähig erachtet hat, ist eine rentenrechtlich relevante Leistungsminderung, die zur Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit geführt hätte, vor dem 1. Januar 2001 nicht bewiesen.
Den Einschätzungen der behandelnden Ärzte, insbesondere des Dr. M., des Dr. T. und des Praktischen Arztes K., die unter Hinweis auf u. a. das MCS-Syndrom eine rentenrechtlich relevante Leistungseinschränkung bereits seit 1998 angenommen haben, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zunächst ist festzustellen, dass allein Diagnosen für die hier relevante Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht von Bedeutung sind. Maßgeblich sind objektivierbare bewiesene funktionelle Einschränkungen. Derartige funktionelle Einschränkungen, die einer entsprechenden Tätigkeit entgegen standen, sind jedoch nicht objektiviert. Die behandelnden Ärzte haben hier bei ihrer Bewertung im Wesentlichen die subjektiven Angaben der Klägerin in den Vordergrund gestellt, ohne diese - was die funktionellen Einschränkungen anbelangt - kritisch zu hinterfragen und letztlich für den Senat überzeugend zu objektivieren. Zwar verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin seit dem 17. Februar 1998 arbeitsunfähig erkrankt war und bis zum 17. August 1999 Krankengeld bezog. Sie erhielt aber im Anschluss daran Arbeitslosengeld, nachdem der Arbeitsamtsarzt Dr. M.im Oktober 1999 - wie auch dem Gutachten von Prof. Dr. S. zu entnehmen - eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin festgestellt hatte. Auch der Arbeitsamtsarzt Schmitt hielt die Klägerin im Gutachten 6. Juli 2000 für leichte bis mittelschwere Arbeiten für vollschichtig einsatzfähig, wie es in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. S. bestätigt wurde.
Der Senat stimmt auch mit Prof. Dr. S. in der Feststellung überein, dass sich die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit immer nur auf einen aktuellen, zeitlich begrenzten Zustand bezieht und keine Aussage zur generellen Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beinhaltet. Dies gilt auch im Falle der Klägerin insbesondere unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten MDK-Gutachten von Dr. S.-M., welche am 24. November 1998 und am 23. August 1999 bei den Diagnosen unklare Oberbauchbeschwerden bzw. Oberbauchbeschwerden eine weitere Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit nur wegen der diagnostischen Abklärung einer möglichen Pankreatitis bzw. wegen des Abschlusses der seit Dezember 1998 aktenkundigen zahnärztlichen Sanierungsmaßnahmen befürwortete. Die von der Klägerin geltend gemachte lebensgefährliche Gesundheitssituation lässt sich diesen Gutachten nicht entnehmen. In diesem Zusammenhang hat Prof. Dr. S. nachvollziehbar und zutreffend dargelegt, dass diagnostische Maßnahmen oder erforderliche Zahnbehandlungen zwar eine Arbeitsunfähigkeit begründen können, jedoch keine dauerhaften Auswirkungen auf das Leistungsvermögen im rentenrechtlichen Sinne haben, weshalb er eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin für vollschichtige leichte bis mittelschwere Arbeiten in dem von ihm zu beurteilenden Zeitraum vom 18. August 1999 bis zum 14. August 2000 nicht feststellen konnte. Dem schließt sich der Senat an.
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Klägerin auf Grund der bis 31. Dezember 2000 nachgewiesenen Gesundheitsstörungen - von vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - noch in der Lage war, ihrer beruflichen Tätigkeit als Drogeriemarktleiterin oder in vergleichbaren Tätigkeiten vollschichtig nachzugehen. Eine weitergehende Leistungsminderung ist nicht nachgewiesen.
Da die Klägerin vor dem 01. Januar 2001 somit weder berufs- noch erwerbsunfähig war, besteht ein Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI a.F. nicht.
Die Klägerin hat auch für die Zeit ab 01. Januar 2001 bis 31. März 2005 keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI n.F. kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht vor dem 02. Januar 1961, sondern am 06. März 1968 geboren ist.
Auch ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung besteht für diesen Zeitraum nicht, weil nicht feststellbar ist, dass die Klägerin vor dem 07. März 2005, dem Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. S. - von vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - außerstande war, eine einfache Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes dauerhaft wenigstens sechs Stunden täglich auszuüben.
Für den Senat steht auf der Grundlage der Gutachten von Dr. R. und Prof. Dr. S. fest, dass - bezogen auf das MCS-Syndrom und die im Zusammenhang damit geltenden gemachten organischen Beschwerden - keine wesentliche Änderung eingetreten ist. Prof. Dr. S. hat, wie zuvor Dr. R., bei seiner Untersuchung am 9. Juli 2004 bei der Klägerin keine organische Erkrankung nach den üblichen Kriterien der modernen Medizin festgestellt. Eine solche hat auch Dr. O. nicht festgestellt, nachdem er an eigenen Untersuchungen lediglich einen HNO-ärztlichen Status erhoben und einen ergometrischen Stufentest in der Reha-Klinik Überruh hat durchführen lassen, der keinen Anhalt für eine mitochondriale Muskelstoffwechselstörung und eine Belastbarkeit der Klägerin bis mindestens 60 Watt ergab.
Auf nervenärztlichem Gebiet stellt der Senat anhand der Gutachten von Dr. W. und Dr. M. fest, dass die Klägerin bis zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. M. keine leistungsrelevanten körperlichen Defizite zeigte. Dr. M. hat aus der deutlichen Diskrepanz zwischen subjektiver Befindlichkeit und den in umfangreichen Untersuchungen erhobenen im Wesentlichen unauffälligen organischen Befunden für den Senat nachvollziehbar abgeleitet, dass die Annahme, die körperliche Befindlichkeit werde durch die Folgen einer Schwermetallvergiftung verursacht, wesentlich hypothetischer ist, als die vor dem Hintergrund der Vorgeschichte darstellbare psychiatrische Erklärung. Schon im Mai 1998 war bei der Untersuchung an der medizinischen Universitätsklinik Ulm eine deutliche psychische Labilität der Klägerin auffällig gewesen (Bericht vom 25. Mai 1998). Nach der umfangreichen und sorgfältigen Diagnostik in den Jahren 1998 und 1999 wurde seitens der Klinikums Großhadern an eine mögliche somatoforme Störung gedacht und angeregt, die Möglichkeit einer psychotherapeutischen Evaluation zu diskutieren (Bericht vom 23. März 1999). Schließlich ergab sich bei einer psychiatrischen Konsiliaruntersuchung während des stationären Aufenthalts im Klinikum Großhadern vom 16. bis 30. April 1999 der Verdacht einer Somatisierungsstörung bei einer Ablöseproblematik vom Elternhaus, wobei die Klägerin dieses Erklärungsmodell für sich strikt ablehnte (Bericht vom 5. Mai 1999). Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass psychodynamische Erklärungsansätze bei der Pathogenese der MCS eine große Rolle spielen und depressive oder somatoforme Störungen wie Angstneurosen, Konversionsneurosen und Phobien als Erklärungsmodell herangezogen werden (Hakimi a.a.O. S. 388) und dass nach dem von der Beklagten vorgelegten Beitrag von Röttgers in Versicherungsmedizin 58 (2006) S. 126 ff. bei der Mehrzahl der MCS-Patienten eine psychische Störung anzunehmen ist und nur eine kleine Minderheit an zuvor nicht diagnostizierten organischen Erkrankungen leidet, überzeugen den Senat die Stellungnahmen der ärztlichen Hauptreferentin der Beklagten Dr. B. und des Nervenarztes S., die als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar sind. Sie haben aus den Feststellungen im MDK-Gutachten von Dr. S. vom 7. März 2005 abgeleitet, dass für den davor liegenden Zeitraum zwar multiple Beschwerden nachvollziehbar seien, diese jedoch erst zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. S. aus nervenärztlicher Sicht im Sinne einer Somatisierungsstörung zu einer so erheblichen Leidensschwere geführt haben, dass ein ausreichendes Leistungsvermögen nicht mehr vorlag. Entscheidend waren demnach nicht das Vorliegen von subjektiven Beschwerdeangaben und einer Vielzahl von ärztlichen Konsultationen, sondern - in einer Längsschnittbetrachtung seit 1998 - die inzwischen eingetretene - auch iatrogen verursachte - Fixierung und Chronifizierung des subjektiven Beschwerdebilds der Klägerin mit der Unmöglichkeit der Umkehrung bzw. Besserung der Symptomatik, auch bei Aufgreifen fachspezifischer Behandlungsmöglichkeiten. Erst die damit feststellbare erhebliche Schwere des Leidens und die fehlenden Besserungsaussichten wegen mittlerweile eingetretener Fixierung und Chronifizierung bedingten dann nachweisbar ab März 2005 eine überdauernde Einschränkung auch der zeitlichen Leistungsfähigkeit des Klägerin.
Dies erscheint auch unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin bei der Untersuchung vom 31. Mai 2005 bei Dr. O. plausibel. Dort hat die Klägerin zum Tagesablauf angegeben, sie schlafe bis 10 Uhr, frühstücke etwas, danach ruhe sie sich aus, diktiere danach notwendige Schreiben an BfA, Arbeitsamt u.a., esse dann zu Mittag, gehe etwas spazieren, esse zu Abend, sehe anschließend etwas Fernsehen oder lese etwas ohne ausreichende Konzentration und lege sich gegen 21.30 Uhr schlafen. Damit schilderte die Klägerin eine vita minima mit einem erheblichen sozialen Rückzug, die die seit März 2005 eingetretene zeitliche Leistungseinschränkung bestätigt.
Soweit die Klägerin weitere Gesundheitsstörungen für die Zeit vom 01. Januar 2001 bis März 2005 geltend macht, vermag der Senat solche nicht festzustellen und hieraus auch keine wesentliche Leistungsminderung abzuleiten, die zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden vor dem 07. März 2005 führen würde. Eine solche ergibt sich auch nicht aus den eingegangenen ärztlichen Äußerungen, insbesondere des Dr. M. und den vorgelegten, zum Teil allgemeinen Äußerungen zur Problematik des MCS-Syndroms.
Soweit die Klägerin für die Beurteilung ihres Leistungsvermögens im streitigen Zeitraum die Einholung von Auskünften beantragt hat, bedarf es dessen nicht. Zum einen ist die von der Klägerin behauptete Einordnung des MCS-Syndroms nach ICD-10-GM zutreffend, zum andern kommt es darauf nicht an. Soweit die Anhörung behandelnder Ärzte als sachverständige Zeugen, insbesondere des Dr. M., beantragt worden ist, besteht hierzu keine Veranlassung, da das SG den praktischen Arzt K. schon einmal und Dr. M. bereits zweimal als sachverständige Zeuge gehört hat und eine Vielzahl von ärztlichen Äußerungen dieser Ärzte in den Akten enthalten sind. Ebenso ist eine ärztliche Äußerung von Dr. K.-K. bereits aktenkundig. Welche zusätzlichen Befunde, über die bereits mitgeteilten Befunde hinaus, durch eine weitere Vernehmung dieser Ärzte im Berufungsverfahren nachgewiesen werden sollten, wurde von der Klägerin nicht dargetan. Soweit die Klägerin eine gutachterliche Anhörung dieser Ärzte wünscht, besteht für den Senat hierzu von Amts wegen keine Veranlassung. Ferner wurde deren Anhörung auch nicht nach § 109 SGG beantragt. Soweit die Klägerin die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens beantragt hat, besteht hierzu keine Veranlassung, da der Sachverhalt insoweit durch die vorliegenden Gutachten, auch die im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. S. und Prof. Dr. S., geklärt ist. Im Übrigen besteht auch kein Anlass, zu der fachlichen Kompetenz der Verfasser vorliegender Gutachterlicher Äußerungen und zu durchgeführten Untersuchungen ein Gutachten einzuholen. Die Durchführung weiterer Ermittlungen hatte somit nicht zu erfolgen.
Soweit die Klägerin - in einem vorgelegten persönlichen Schreiben - die Erstattung von Kosten anlässlich der Begutachtung durch Dr. O. angesprochen hat, was allerdings ihr Bevollmächtigter nicht beantragt hat, ist darauf hinzuweisen, dass bezüglich der Übernahme dieser Gutachtenskosten auf die Staatskasse nach § 109 SGG auf Antrag das SG zu entscheiden hat.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, soweit weitere Rentenansprüche für die Zeit vor dem 1. April 2005 geltend gemacht werden, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren noch die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung bereits vor dem 01. April 2005.
Die 1968 geborene Klägerin war nach einer Lehre als Drogistin (1986 bis 1989) bis 1991 als Drogistin, Kosmetikverkäuferin und stellvertretende Filialleiterin sowie von 1991 an als Filialleiterin, ab 1992 bei der Firma S., beschäftigt. Ab 17. Februar 1998 war sie arbeitsunfähig und bezog dann bis 17. August 1999 Krankengeld, ab 18. August 1999 Arbeitslosengeld und ab 07. Januar 2001 Arbeitslosenhilfe bis 19. Dezember 2004. Eine von der Arbeitsverwaltung geförderte Weiterbildungsmaßnahme brach die Klägerin Anfang November 2004 ab und war ab 08. November 2004 wieder arbeitsunfähig mit Krankengeldbezug. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 22. Februar 2005 (Blatt 880f der Akten des Sozialgerichts Konstanz [SG]) verwiesen.
Die Klägerin macht eine Vielzahl von Erkrankungen - insbesondere eine multiple chemische Sensibilität (MCS), die u. a. auch zu Unverträglichkeiten bei diversen Nahrungsmitteln führe, und eine Erkrankung der Leber - sowie Beschwerden unterschiedlichster Organsysteme mit multiplen (68 zum Rentenantrag aufgelistete) Symptomen geltend, die sie im Wesentlichen auf Vergiftungen, insbesondere mit Amalgam, zurückführt.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin vom 17. Februar 2000 mit Bescheid vom 15. Juni 2000 und Widerspruchsbescheid vom 12. September 2000 ab, da die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Leiden, einer Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose und überwiegend hysterischer Persönlichkeitsstruktur und einer Vergrößerung der Leber, weiterhin in ihrem bisherigen Beruf als Drogistin bzw. Filialleiterin vollschichtig erwerbstätig sein könne und deshalb weder berufs- noch erwerbsunfähig sei.
Dem lagen - neben von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen und Äußerungen - u. a. ein von der Beklagten veranlasstes internistisches Gutachten des Dr. R. vom 03. April 2000 (Gesundheitsstörungen: niedrige Blutdruckwerte, Zeichen verstärkter vegetativer Einflüsse sowie gesteigerter Selbstbeobachtung und verstärkter Beschwerdezuwendung, zwei echoarme inhomogene Strukturen annähernd gleicher Größe und weitgehend scharf begrenzt ca. 5 cm mal 4 cm im rechten sowie im linken Leberlappen; Diagnosen: Verdacht auf hypochondrische/konversionsneurotische Persönlichkeitsstruktur, chronische Schilddrüsen-Jod-Unterversorgung, fokal noduläre Hyperplasie der Leber; die organischen Verhältnisse führten zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens, die Klägerin sei als Drogistin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leistungsfähig) und ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 16. Mai 2000 (Diagnosen: Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose mit überwiegend hysterischer Persönlichkeitsstruktur, fokale noduläre Hyperplasie der Leber; im bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin vollschichtig leistungsfähig) zu Grunde.
Deswegen hat die Klägerin am 06. Oktober 2000 Klage beim SG erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, bei ihr bestünden nach einer Schwermetallintoxikation durch unkontrollierte Entfernung von Amalgam-Füllungen ihrer Zähne und einer Phenylquecksilberborat-Allergie ein MCS-Syndrom, eine fokal noduläre Hyperplasie und weitere Gesundheitsstörungen, deretwegen sie zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit nicht mehr in der Lage sei. Wegen der Einzelheiten der von ihr geltend gemachten Erkrankungen und Beschwerden wird auf den schriftlichen Vortrag ihres Bevollmächtigten sowie ihre beim SG eingereichten persönlichen Stellungnahmen nebst Anlagen und Ausführungen zu Ermittlungsergebnissen des SG, insbesondere vom 30. Oktober 2001, 05. September und 03. November 2002, 17. Mai und 02. Oktober 2003, 06. Januar, 20. Mai und 28. Juni 2004 ("Beschwerdebild neuester Stand") sowie 23. August 2005 verwiesen. Ferner hat die Klägerin u. a. zahlreiche Atteste und ärztliche Äußerungen des Dr. M., Dermatologie, Venerologie, Umweltmedizin (u. a. aus der Zeit von 1999 bis 07. Dezember 2005), des Krankenhauses (KH) St. Elisabeth vom 25. März 1998, des Städtischen KH W. vom 23. April 1998 (fokal noduläre Hyperplasie im linksseitigen Lebersegment, drei größere Herde), des Radiologen PD Dr. Dr. Just vom 11. Mai 1998 (bei den Leberherden handle es sich primär um eine fokal noduläre Hyperplasie, ein Leberadenom oder auch ein Karzinom sei weniger wahrscheinlich), MDK-Gutachten von Dr. S.-M. vom 24. November 1998 (Diagnose: weiterhin unklare Oberbauchbeschwerden, Abklärung Pankreatitis) und 24. August 1999 (Diagnose: Oberbauchbeschwerden, es gehe im Wesentlichen noch um zahnärztliche Sanierungsmaßnahmen), des Prof. Dr. K. vom 08. Dezember 1998 (kein Nachweis einer Faszioliasis), des Zahnarztes Dr. M. vom 14. Januar 1999 (Behandlung vom 10. bis 22. Dezember, Amalgamentfernung in 2 Sitzungen), des Prof. Dr. G. vom 05. Mai 1999 (u.a. Verdacht auf Somatisierungsstörung), des Städtischen KH W. vom 09. Juli 1999, des Internisten Dr. T. vom 13. September 1999 und 16. Januar 2000 (Diagnose: chronische Schwermetallintoxikation, Quecksilberallergie, eine Detoxikation und eine notwendige Zahnsanierung würden derzeit durchgeführt), des praktischen Arztes K. vom 21. und 24. Januar 2000 sowie 21. Januar 2002, des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 13. September 2001 (neurologisch kein Korrelat für geklagte Körpermissempfindungen), der Allgemeinmedizinerin Dr. K.-K. vom 25. Januar 2002, der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vom 04. März 2002 (abgeklungene Parästhesien linke Wange und rechter Arm unklarer Genese), Befundberichte der Dres. Pruggmayer und Schnackenberg vom 25. März 2004 (über die Bestimmung von Varianten in den Genen), des Radiologen Dr. H. vom 7. Dezember 2004 und 02. März 2005, des Nervenarztes Dr. B. vom 05. März 2005 (u. a. Neuropathie, erhebliche Myopathie, schwere chemische Überempfindlichkeit, Hörminderung, keine sichere Leistungsminderung in der Psychometrie, schwere Störungen der Glucose-Utilisation), ein Gutachten der Dr. W., Gesundheitsamt F., vom 28. April 2006 (eingeholt wegen Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Klägerin sei nicht erwerbsfähig) und außerdem zahlreiche Laborbefunde bzw. Ergebnisse pathologischer Untersuchungen aus den Jahren 1998 bis 2005 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten und des Inhalts wird auf diese in den Akten des SG enthaltenen Berichte und ärztlichen Äußerungen verwiesen.
Das SG hat die benannten behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. T. hat am 20. Dezember 2000 berichtet, die Klägerin sei seit 06. Mai 1998 seine Patientin. Abweichend von den Verwaltungsgutachten schildere die Klägerin multiple Symptome, die zu einer Schwermetallintoxikation/Quecksilberallergie passen würden, es könne auch eine gewisse neurotische Entwicklung entstanden sein. Als Drogistin sei die Klägerin "wohl nur eingeschränkt einsetzbar", Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien unter zweistündig möglich. Der praktische Arzt K. hat am 27. Dezember 2000 ausgesagt, seine Befunde stimmten mit denen in den Verwaltungsgutachten im Wesentlichen überein, wobei die Auswirkung der Amalgamintoxikation zu wenig berücksichtigt sei. Die lange Krankheitsgeschichte mache eine psychische Überlagerung und Störung nachvollziehbar. Die Klägerin sei weder psychisch noch physisch voll leistungsfähig. Der Dermatologe und Umweltmediziner Dr. M. hat am 05. Juni 2001 über seine Behandlungen berichtet und u. a. angegeben, die chronische Belastung mit Schwermetallen führe zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin, die seit 1998 arbeitsunfähig sei. Es gebe keinen Grund für eine psychiatrische Interpretation des Krankheitsbildes.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. M. vom 15. Mai 2002 eingeholt. Ihm hat die Klägerin weitere Unterlagen vorgelegt und angegeben, es seien bereits im jungen Erwachsenenalter Amalgamfüllungen in ihren Zähnen eingebracht worden, wobei in den letzten 10 Jahren mehrere Amalgamplomben ohne jegliche Schutzmaßnahmen entfernt worden seien. Ferner seien zwei Brücken eingesetzt worden, wobei man ihren Wünschen nach Goldbrücken nicht entsprochen habe, sondern Palladiumbrücken eingesetzt habe, ohne sie über die Risiken und Nebenwirkungen zu informieren. Im Urlaub am 17. Februar 1998 habe sie plötzlich unter einem akut aufgetretenen grippeartigen Krankheitsbild gelitten und dann den ganzen Urlaub im Bett verbracht. In der Folge habe sie nicht mehr an den Arbeitsplatz zurückkehren können. Danach habe sich ihr Zustand immer wieder krisenhaft verschlechternd chronifiziert. Nachdem ein Zahnarzt den Verdacht einer Amalgamvergiftung geäußert habe, sei dann sofort das restliche Amalgam entfernt worden. Dr. M. habe dann eine Amalgamintoxikation diagnostiziert. In der Folge seien weitere Zähne und sämtliches Metall im Mund entfernt worden. Die damit verbundenen Beschwerden hätten über ein Jahr angedauert. Seit der Behandlung durch Dr. M. gehe es ihr etwas besser. Es sei deshalb dringend notwendig, die eingeleitete Entgiftungstherapie weiterzuführen.
Dr. M. ist zum Ergebnis gelangt, die Klägerin sei im Februar 1998 plötzlich erkrankt. Nach anfänglich typischem Verlauf einer Panikstörung sei es sehr rasch zu einer sekundären Chronifizierung des Verlaufs mit Ausweitung der Beschwerdesymptomatik gekommen, wobei zwischenzeitlich es kaum einen Körperteil oder ein Organsystem gebe, das nicht als krankhaft verändert erlebt und referiert werde. Deutlich diskrepant seien im Verlauf die subjektive Befindlichkeit und der Befund. Zahlreiche Untersuchungen in verschiedenen medizinischen Fachdisziplinen hätten bis auf den Zufallsbefund einer Leberveränderung und einer grenzwertigen Schilddrüsenveränderung keine fassbaren Auffälligkeiten ergeben. Insbesondere sei kein funktionsrelevanter entsprechend leistungslimitierender Befund außerhalb der subjektiven Befindlichkeitsebene dokumentiert. Die Befunde des Hausarztes, des Zahnarztes und des Dr. M. beschränkten sich in einer Aufzählung der von der Klägerin berichteten körperlichen Beeinträchtigungen. Ein objektivierbarer, geschweige denn schulmedizinisch nachvollziehbarer Körperbefund sei mit Ausnahme der Leber nicht zu finden. Vergiftungen, insbesondere Schwermetallvergiftungen manifestierten sich nicht nur in subjektiven Beeinträchtigungen, sondern - wenn funktionsrelevant - auch in Organschäden (Blutbild, neurologische Ausfälle). Festzustellen sei, dass leistungsrelevante körperliche Defizite auszuschließen seien. Aus den in den Akten dokumentierten Eigenberichten der Klägerin ergebe sich eine Verdrängung. Auf Grund der psychiatrischen Untersuchung gebe es erhebliche Hinweise für eine somatoforme Störung, d.h. eine körperlich ausagierte neurotische Störung auf dem Boden einer im Rahmen einer Einmaluntersuchung nicht darstellbaren latenten oder manifesten Konfliktsituation. Auf Grund der neurologischen wie auch psychiatrischen Befunde bestünden keine funktionsrelevanten Defizite, die eine berufliche Wiedereingliederung ausschlössen. Die Klägerin sei weder in ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit allgemein, noch in ihrer Tätigkeit als Drogistin beeinträchtigt. Sie könne vollschichtig alle ihrer beruflichen Qualifikation und Bildung entsprechenden Tätigkeiten verrichten. Sie könne auch vier Mal arbeitstäglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen und eine Gehstrecke von über 500 Meter zurücklegen und benötige auch keine betriebsunüblichen Pausen. Der Leistungsbeurteilung des Nervenarztes Dr. W. schließe er sich an. Beigefügt hat er eine umfangreiche schriftliche Schilderung der Klägerin über ihr Beschwerdebild vom 06. März 2002. In einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 18. April 2003 hat Dr. M. - unter Berücksichtigung der Einwände der Klägerin (das Gutachten des Dr. M. sei fachlich unhaltbar, dieser sei auch nicht fachkompetent), wozu sie neben Äußerungen des Dr. M. das Kieler Amalgamgutachten 1997 und eine Bestätigung ihres Lebensgefährten R. vom 05. September 2002 vorgelegt hat - an seiner Einschätzung im Gutachten vom 15. Mai 2002 festgehalten.
Das SG hat dann Dr. M. nochmals als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat am 13. Mai 2003 angegeben, es bestehe weiterhin eine MCS, bei der es sich nicht um eine psychische, psychosomatische oder somatoforme Erkrankung handle. Die Beseitigung der Amalgamfüllungen sei wesentliche Voraussetzung für anschließende therapeutische Schritte gewesen. Inzwischen habe sich das Befinden soweit gebessert, dass komplexbildende Medikamente eingesetzt werden könnten, derzeit überwiegend Natriumthiosulfat. Prinzipiell sei der Schweregrad der Erkrankung mit dem einer frisch operierten Person vergleichbar. Es bestehe eine chronische Erschöpfung und eine erhebliche Einschränkung der kognitiven Hirnleistung, weswegen die Klägerin für die Abfassung eines Schreibens oft ein bis zwei Wochen benötige. Bei einer alltäglichen Chemikalienexposition könne sich das Leistungsprofil nochmals akut verschlechtern, auch bei Verzehr belasteter Nahrung. Auf Grund der hochgradigen Chemikalienempfindlichkeit sei die Klägerin außerstande an einem Arbeitsplatz zu arbeiten, der berufsabhängig oder durch die dortig tätigen Personen bzw. die Art der Einrichtung Belastungen aufweise. Adäquate Arbeitsplätze stünden in der Arbeitswelt derzeit nicht zur Verfügung, worauf er in vielen Vorträgen hingewiesen habe.
Die Klägerin hat am 07. Februar 2005 ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Prof. Dr. S. vom 26. Juli 2004 zur Leistungsfähigkeit im Zeitraum von August 1999 bis 14. August 2000, erstellt in einem Rechtstreit der Klägerin beim SG Konstanz (S 2 AL 1931/00) gegen die Bundesagentur für Arbeit, vorgelegt und geltend gemacht, durch die darin diagnostizierte Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose sei eine vollständige Erwerbsunfähigkeit nachgewiesen. Prof. Dr. S. hat - mit Hinweis auf z. T. wörtlich referierte Gutachten, u. a. auch des Arbeitsmediziners Schmitt und des Dr. Münch - u. a. ausgeführt, die Klägerin sei nach den üblichen Kriterien der modernen Medizin organisch nicht krank. Die Leberbefunde hätten keinen Krankheitswert, die immer wieder auftretende Schilddrüsenthematik sei ohne Bedeutung, Regulationsstörungen an diesem Organ seien gut therapierbar. Im Magen-Darm-Takt habe die Klägerin offenbar gelegentlich funktionelle Störungen, ein objektiver Befund liege indes nicht vor. Die Laktose-Malabsorption sei labortechnisch dokumentiert, doch komme ihr keine Kausalität für die gesundheitlichen Klagen zu. Die im Rahmen der umweltmedizinischen Betreuung, vor allem durch Dr. M., entstandenen Befunde seien eine einmalig festgestellte Allergie gegen Phenylquecksilberborat (Hauttest), bei Laboruntersuchungen festgestellte immunologische Befunde bezüglich Gangliosiden und Myelin-assoziiertem Glykoprotein und auch gegenüber Hydrochinon sowie wechselnde Ergebnisse bezüglich Quecksilber im Stuhl. Die Erhebungsmethoden zu den immunologischen Befunden hätten keine wissenschaftliche Akzeptanz gefunden, hinsichtlich des Quecksilberbefundes fehle jegliche Standardisierung. Für die enzymgenetische Untersuchung von März 2004 gelte, dass ein sicherer Bezug zu im Alltag toxikologisch relevanten Störungen völlig fehle. Im Zeitraum von August 1999 bis 14. August 2000 seien die Diagnosen "Somatisierungsstörungen bei Konversionsneurose, fokal noduläre Hyperplasie (Leber), funktionelle Magen-Darm-Beschwerden ohne ausreichenden organischen Befund (bei Laktose-Malabsorbtion), Gebiss im Zustand der Sanierung (Zahnextraktion)" zu stellen. Die berufliche Leistungsfähigkeit sei durch die erheblich reduzierte psychische Belastbarkeit eingeschränkt, wobei dies nicht so sehr durch die Anforderungen im Beruf selbst, sondern durch die subjektiv empfundene ungeklärte allgemeine Situation bedingt sei. Die psychische Verfassung während einer auftretenden Krise erlaube keine konzentrierte Berufstätigkeit und werde immer zur Arbeitsunfähigkeit führen. Quantitativ resultiere daraus und aus den vielen Zahnbehandlungen von August 1999 bis August 2000 eine erhebliche Gesamteinschränkung der Leistungsfähigkeit. Diese sei ansonsten für die mehrfach beschriebenen leichten bis mittelschweren körperlichen Tätigkeiten in keiner Weise eingeschränkt und könne auch vollschichtig ausgeübt werden. Grundsätzlich sei eine Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose kein Befund, der die Arbeitsfähigkeit bestimme. In Zuständen ohne aktuelle Somatisierungsphänomene sei eine vollschichtige leichte bis mittelschwere Tätigkeit möglich, wobei man davon ausgehen sollte, dass gerade ein geordnetes Arbeitsverhältnis sich günstig auswirke. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Gutachten von Dr. S. verwiesen.
Ferner hat die Klägerin ein MDK-Gutachten von Dr. S. vom 07. März 2005, erstellt auf Grund einer Untersuchung und unter Berücksichtigung ärztlicher Berichte, vorgelegt. Die Diagnose darin lautet: Verdacht auf automome somatoforme Funktionsstörung, anamnestisch beschriebene MCS und ebenfalls anamnestisch beschriebener Verdacht auf toxische Encephalopathie. Es sei von einer seit Jahren bestehenden autonomen somatoformen Funktionsstörung auszugehen, verbunden mit vielfältigen körperlichen Beschwerden mit deutlicher Einschränkung der affektiven Schwingungsfähigkeit und Stimmungsverschlechterung, verstärkt durch einen mittlerweile extremen sozialen Rückzug. Aus sozialmedizinischer neurologisch-psychiatrischer Sicht sei "derzeit" die psychische Störung so ausgeprägt und chronifiziert, dass von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei. Im Hinblick auf den langen Krankheitsverlauf sei von einer "erheblichen Gefährdung, wenn nicht gar Minderung der Erwerbsfähigkeit" auszugehen.
Ferner hat das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Sachverständigengutachten des Dr. O., Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Allergologie, Umweltmedizin u.a., vom 14. September 2006 eingeholt, das dieser auf Grund einer am 31. Mai 2005 durchgeführten Untersuchung erstattet hat. Er hat als Diagnosen "MCS (multiple chemical sensitivity), geringgradige Innenohrschwerhörigkeit links, Schwindel, Ausschluss otogener Ursache, Verdacht auf toxisch ausgelösten zentralen Schwindel, Nachweis von Polymorphismen als Ausdruck verminderter Metabolisierungsfähigkeit von Schadstoffen, neuropathologisch nachgewiesene Myopathien, in der Positron-Emissionstomographie nachgewiesene Glukose-Utilisations-Verminderung, persistierende Leberwerterhöhungen (GPT und Y-GT), Sensibilisierungsnachweis gegenüber Phenylquecksilberborat, Beryllium, Hydrochinon, Dental-Kunststoff N,N,-Dimethyl-4-Toloidin, Sensibilisierungsnachweis gegenüber polychlorierten Biphenylen, den Schimmelpilzen Aspergillus fumigatus, Rizipus nigricans und Cladosporium herbarum, unterschwellige Sensibilisierung auf Permethrin-, Benzol-, Toluol-, Xylol-Gemische, persistierende Infektneigung bei Ebstein-Barr-Virus-Reaktivierung, Interferon-Y-Erhöhung, resorptive Palladium- und Quecksilberbelastung, Autoimmunität gegenüber Gangliosid Q 1 B und myolinas-soziiertes Glukoprotein, Leptinresistenz des hypothalamischen Sättigungszentrums, Beschädigung der Blut-Hirn-Schranke mit erhöhter Protein-S100-Freisetzung, Hypocortisolismus, Selenmangel" angegeben. Außerhalb des integren Wohnbereiches sei immer wieder mit Chemie-Fremdkontakten zu rechnen, womit bis auf weiteres unvorhergesehene massive, reaktiv ausgelöste Symptome aufträten, die einen vorhersehbaren geregelten Tagesablauf, vor allem an einem Arbeitsplatz, unmöglich machten. Insbesondere eine Tätigkeit als Drogistin könne in absehbarer Zeit nicht mehr aufgenommen werden, da es hier zu Kontakt mit chemischen Substanzen komme, die eine MCS-Symptomatik auslösten. Die Klägerin sei zur Zeit nicht in der Lage, körperliche Arbeiten jeglicher Art zu verrichten. Zum "jetzigen" Erkrankungszustand sei auch eine Erwerbsunfähigkeit zu attestieren. Abhängig von der täglichen physischen und psychischen Ausgangslage sei eine tägliche Gehstrecke von 500 Meter bei guter Ausgangslage zuzumuten, ebenso der Gang zur Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei nicht möglich, da dort viele chemische Ausdünstungen, auch der Fahrgäste, sofort eine erhebliche MCS-Symptomatik hervorrufen würden. Die Benutzung eines Kfz würde MCS-Symptome auslösen. Dies könne sie bewusst einkalkulieren, um nachfolgende Erholungsphasen mit einzuplanen. Auf die Frage, seit wann die festgestellte Leistungseinschränkung bestehe, hat der Sachverständige angegeben, die Klägerin gebe "klassisch das Frühjahr 1998 als Zeitpunkt einer solch massiven Beschwerdesymptomatik an", wobei schon der Arbeitsversuch an Ostern 1998 wegen schwerer Beschwerdesymptomatik habe abgebrochen werden müssen.
Die Beklagte hat am 13. November 2006 ausgeführt, das Gutachten von Dr. O. sei nicht plausibel. Großen Raum nähmen die subjektive Beschwerdeschilderung, die Darstellung extern erhobener Befunde und allgemeine Ausführungen zur MCS ein, wohingegen die selbst erhobenen Befunde nicht ausreichend und umfassend seien. Der Gutachter habe nur einen HNO-ärztlichen Status erhoben und einen ergometrischen Stufentest veranlasst. Die HNO-ärztliche Untersuchung inklusive Untersuchung mit Frenzelbrille und Belastbarkeit bis 60 Watt im Stufentest ohne Zeichen einer Übersäuerung sprächen für eine ausreichende Belastbarkeit für leichte körperliche Tätigkeit mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel. Weitergehende Befunde habe Dr. O. nicht erhoben. Er räume ein, dass keine der bisher durchgeführten Untersuchungsmethoden die Symptomatik der Klägerin erklären könne, und folge vorrangig der subjektiven Beschwerdeschilderung ohne diese ausreichend zu objektivieren. Demgegenüber habe Dr. S. im neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom März 2005 die anamnestisch geschilderten Konzentrationsstörungen nicht festgestellt und keine Gedächtnis- oder Wortfindungsstörungen beschrieben. Ferner sei eine Muskelschwäche gutachterlich nicht nachgewiesen. Dr. O. habe einen Muskelstatus nicht einmal erhoben. Einem Nervenarzt komme bei der Beurteilung der vorliegenden Störungen eine größere Fachkompetenz zu, als einem Umweltmediziner. Die Sichtweise von Dr. O. sei auf die Feststellung einer MCS eingeengt. Sein Gutachten sei in Bezug auf das psychiatrische Leiden nicht weiterführend und nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar und ausreichend belegt. Auch wenn somit der Einschätzung von Dr. O. nicht gefolgt werden könne, könne unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. S. vom März 2005 von einem inzwischen deutlichen sozialen Rückzug durch eine chronfizierte somatoforme Störung ausgegangen werden. Der beratende nervenärztliche Referent Schönberger sei hier zum Ergebnis gelangt, Dr. S. habe zwar lediglich eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit festgestellt, jedoch bereits in der Beurteilung des Leistungsvermögens die psychische Störung als so schwer ausgeprägt und chronifiziert angegeben, dass er nicht nur eine weitere Arbeitsunfähigkeit prognostiziert habe, sondern u. a. eine deutliche Einschränkung der affektiven Schwingungsfähigkeit und eine Stimmungsverschlechterung. Verstärkt werde dies durch die mittlerweile durch einen extremen sozialen Rückzug bedingte Situation. Unter Berücksichtigung des Längsschnittverlaufs habe unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. S. das psychische Leiden einen so erheblichen Schweregrad angenommen, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit zu diesem Zeitpunkt aus nervenärztlicher und sozialmedizinischer Sicht ausreichend belegt sei und retrospektiv angenommen werden könne. Ab März 2005 könne ein aufgehobenes Leistungsvermögen angenommen werden. Sie biete einen Vergleich auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. April 2005 auf der Grundlage eines Leistungsfalles vom 7. März 2005 an.
Dieses Vergleichsangebot hat die Klägerin abgelehnt. Die bei ihr festgestellten Tumore seien inoperabel. Sie sei organisch geschädigt. Im Übrigen sei das Leistungsvermögen seit Antragstellung in rentenberechtigendem Grade eingeschränkt.
Mit Urteil vom 28. Februar 2007 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin ab 01. April 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.
Gegen das am 02. April 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. April 2007 Berufung eingelegt. Sie begehrt ab 17. Februar 2000 Rente "wegen voller Erwerbsminderung" (richtig wohl Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, soweit der Zeitraum vor dem 1. Januar 2001 betroffen ist). Seit Jahren bestehe ein lebensbedrohlicher Extremzustand. Nach 1998 habe sie in den Anfangsjahren im Sterben gelegen. Die MCS sei bei der Beurteilung des Leistungsvermögens nicht zutreffend berücksichtigt worden. Sie stelle keine psychische Erkrankung dar und sei nach ICD-10-GM unter dem Kapitel 19 (Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen) eingeordnet. Nach der - vorgelegten - Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 21. November 2008 sei eine MCS im Einzelfall entsprechend den Symptomen zu beurteilen. Eine Somatisierungsstörung schließe eine MCS daneben nicht aus. Es bestehe auch eine Schädigung des Nervensystems, eine Polyneuropathie und eine Encephalopathie. Hierzu hat der Bevollmächtigte der Klägerin umfassend vorgetragen und ärztliche Äußerungen des Dr. T. vom 03. Oktober 2004, Dr. M. vom 19. April und 17. Oktober 2007 sowie 07. Februar, 16. April und 08. Juni 2008, des Dr. H. vom 05. Oktober 2006 und des praktischen Arztes K. vom 02. September 2004 (zum Gesundheitszustand vom 17. Februar 1998 bis Oktober 1999) vorgelegt. Ferner hat der Bevollmächtigte der Klägerin deren weitere Ausführungen und Beschwerdeschilderungen vom 26. April, 15. August ("neuester Stand" des Beschwerdebildes) sowie 18. Oktober 2007, 25. Januar sowie 11. April 2008 und 8. Juli 2009 vorgelegt und sind weitere Äußerungen der Klägerin u. a. vom 14. März, 11. April sowie 20. Juni 2008 eingegangen, auf die jeweils verwiesen wird.
Die Klägerin beantragt - zum Teil sinngemäß -,
zum Beweis dafür, dass die MCS nicht automatisch als somatoforme Störung einzuordnen ist, auch nach ICD-10-GM nicht unter psychischen Störungen eingeordnet ist und ein eigenständiges Krankheitsbild darstellt, Auskünfte des Bundesministeriums für Gesundheit, vertreten durch das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Informationen sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales einzuholen, zum Beweis dafür, dass bei der Diagnose einer somatoformen Störung eine MCS-Erkrankung nicht ausgeschlossen ist, die Stellungnahmen der Beklagten nicht das eigenständige Krankheitsbild einer MCS-Erkrankung betreffen, Dr. M. für die Untersuchung von MCS-Erkrankungen, die nicht in seinen Facharztbereich fallen, nicht sachlich kompetent ist und ihr seit 1998 das Berufsbild einer Drogistin verschlossen ist, ein Sachverständigengutachten einzuholen, zum Beweis dafür, dass es ihr von 1998 bis 2005 sehr schlecht gegangen sei und sie bei zeitweiligen Besserungen nur nicht mehr so schwerwiegend krank gewesen sei bzw. sich nicht mehr in lebensbedrohlichen Krankheitszuständen befunden habe, den praktischen Arzt Krätzler, Dr. M. und Dr. K.-K. als sachverständige Zeugen zu hören, zum Beweis dafür, dass die von den von der Beklagten beauftragten Beratungsärzten und Gutachtern sowie Dr. M. durchgeführten Untersuchungen nicht einmal dem üblichen Standard im Bereich der jeweiligen Fachdisziplin (Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik) entsprechen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, sowie zum Beweis dafür, dass bereits 1998 ein schwerwiegendes lebensbedrohliches und chronisches Krankheitsgeschehen vorgelegen habe, welches zur andauernden vollen Erwerbsminderung geführt habe, Dr. M. als sachverständigen Zeugen - gegebenenfalls in Abwesenheit ihres Bevollmächtigten - zu hören, hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. Februar 2007 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2000 zu verurteilen, ihr ab 17. Februar 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit, hilfsweise ab 01. Januar 2001 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ein früherer Versicherungsfall sei nicht belegt. Hierzu hat sie beratungsärztliche Stellungnahmen des Nervenarztes Schönberger vom Februar 2008 und vom 21. April 2008 vorgelegt, auf die verwiesen wird.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet, denn die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, noch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vor dem 01. April 2005.
Die Beklagte hat zwar mit Bescheid vom 15. Juni 2000 und Widerspruchsbescheid vom 12. September 2000 lediglich über die Frage des Bestehens eines Anspruchs auf Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit entschieden, doch ist im vorliegenden Fall auch über einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach den ab 01. Januar 2001 geltenden Bestimmungen vom Gericht zu entscheiden, entsprechend ist auch der Antrag der Klägerin auszulegen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 2005, B 13 RJ 31/04 R, in SozR 4-2600 § 43 Nr. 3 m.w.N.).
Soweit der Eintritt eines Leistungsfalles vor dem 01. Januar 2001 und die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit strittig ist, ist gemäß § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI das Sechste Buch Sozialgesetzbuch in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) heranzuziehen, wobei ein vor dem 01. Januar 2001 entstandener Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bei unveränderter Einschränkung des Leistungsvermögens über den 31. Dezember 2000 hinaus fortbestehen würde. Soweit ein Leistungsfall nach dem 31. Dezember 2000 und die Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit in Betracht kommt, ist das SGB VI in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.) maßgeblich.
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatten nach den bis 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen Versicherte, die die allgemeine Wartezeit erfüllten, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnten und darüber hinaus erwerbsunfähig waren (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.).
Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Erster Halbsatz SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 DM überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbstständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F.).
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hatten nach den bis 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen Versicherte, die berufsunfähig waren, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hatten und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllten (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.).
Berufsunfähig waren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten gesunken war, wobei der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, alle Tätigkeiten umfasste, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnte. Berufsunfähig war nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a.F.).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtete sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden für Angestellte die Gruppen durch die Leitberufe des Angestellten mit hoher beruflicher Qualifikation, des Angestellten mit längerer Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren (Ausgebildete), des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte) und des unausgebildeten Angestellten (Ungelernte) charakterisiert.
Grundsätzlich darf nach dieser Rechtsprechung ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Danach kann ein Angestellter mit längerer Ausbildung regelmäßig von drei Jahren - wie die Klägerin - nur auf Tätigkeiten eines Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren sozial zumutbar verwiesen werden. (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, Stand Januar 2002, § 240 SGB VI, Rdnrn. 69,70 mwN).
Nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - u. a. - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n.F. sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n.F. sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI n.F. ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, dabei ist die jeweilige Arbeitmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI n.F. haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.
Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (§ 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen hat die Klägerin vor dem 01. April 2005 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, die - sofern ein solcher Anspruch entstanden wäre - auch über den 31. Dezember 2000 hinaus zu gewähren wäre. Die Voraussetzungen der §§ 43, 44 SGB VI a.F. sind nicht erfüllt, denn die Klägerin war vor dem 01. Januar 2001 nicht berufs- oder erwerbsunfähig. Jedenfalls bis 31. Dezember 2000 war die Klägerin - von vorübergehenden Zuständen der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - noch in der Lage, ihren bisherigen Beruf als Drogistin und Filialleiterin im Drogeriebereich vollschichtig auszuüben.
Dies ergibt sich für den Senat schlüssig und überzeugend aus den im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten des Internisten Dr. R. vom 03. April 2000 und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 16. Mai 2000, die im Ergebnis auch durch das vom SG eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. M. und das von der Klägerin vorgelegte Gutachten des Prof. Dr. S. ihre Bestätigung gefunden haben.
Soweit die Klägerin geltend macht, unter den organischen Folgen einer MCS zu leiden, ist zunächst festzustellen, dass - wie von ihr angegeben - die MCS gemäß ICD-10-GM nicht den psychischen Erkrankungen zugeordnet ist, sondern im Abschnitt XIX (Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen) unter T78.4 Allergie nicht näher bezeichnet (allergische Reaktion o.n.A., Idiosynkrasie o.n.A., Überempfindlichkeit o.n.A.) klassifiziert ist und dass ferner der Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Antwort auf ein Schreiben der MCS-Patienteninitiative gegen Diskriminierung vom 29. September 2008 empfohlen hat, in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit" unter 26.18 den Satz "Die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungssyndrome (z. B. CFS/MCS) sind jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen." durch den Satz "Die Fibromyalgie, Chronisches Fatigue Syndrom (CFS), Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen." zu ersetzen. Daraus ist für den Senat abzuleiten, dass das MCS-Syndrom in diagnostischer Hinsicht nicht mit einem Somatisierungssyndrom gleichzusetzen ist. Dies ändert aber nichts daran, dass das Krankheitsbild der MCS diagnostisch nicht hinreichend definiert ist - wie die Einordnung unter T78.4 Allergie nicht näher bezeichnet beweist - und in seiner Entstehung und auch in seiner klinischen Diagnostik umstritten ist, wie die Beklagte im Schriftsatz vom 31. März 2004 unter Vorlage wissenschaftlicher Äußerungen dargelegt hat. MCS-Patienten beklagen multiple, unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen und sonstige Schmerzen, wobei die Beschwerden in der Regel ausgesprochen subjektiv sind und sich apparativ und laborchemisch nicht beweisen lassen (vgl. Hakimi "Umweltsyndrome und seelische Störungen", Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin 38, 7, 2003, S. 385, 388 - von der Beklagten vorgelegt). Damit übereinstimmend führt Neeck in Fritze/Mehrhoff, Die ärztliche Begutachtung, 7. Aufl. 2007, S. 450f aus, dass Untersuchungen im Rahmen von drei vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten Projekten kein charakteristisches Symptommuster und keinen systematischen Zusammenhang zwischen beklagten Beschwerden und angeschuldigten Noxen, keine Hinweise auf eine besondere genetische Disposition der MCS-Patienten und keinen Beleg für eine eindeutige Störung des olfaktorischen Systems oder eine neurogene Entzündung ergeben haben. Maßgebend bleiben insofern die feststellbaren organisch bedingten Einschränkungen, bezüglich derer auf die bereits dargelegten Feststellungen in den Gutachten von Dr. R. und Prof. Dr. S. verwiesen wird.
Andererseits ergab die im Rahmen der genannten Untersuchungen durchgeführte standardisierte psychiatrische Diagnostik, dass Umweltambulanzpatienten signifikant häufiger unter psychischen Störungen leiden, als die vergleichbare allgemeine Bevölkerung und dass die psychischen Störungen bei den meisten Patienten den umweltbezogenen Beschwerden weit vorausgehen (Neeck, a.a.O. S. 451). Auch Hakimi (a.a.O. S. 388) weist darauf hin, dass psychodynamische Erklärungsansätze bei der Pathogenese der MCS eine große Rolle spielen und depressive oder somatoforme Störungen wie Angstneurosen, Konversionsneurosen und Phobien als Erklärungsmodell herangezogen werden.
Die organischen Störungen führten bis 31. Dezember 2000 zu keiner rentenrechtlich erheblichen Einschränkung des Leistungsvermögens. Die Klägerin war als Drogistin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - von vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - vollschichtig leistungsfähig. Es lagen bei der Klägerin in der Zeit bis 31. Dezember 2000 im organischen Bereich z. T. zeitweilig eine chronische Schilddrüsen-Jod-Unterversorgung, eine fokal noduläre Hyperplasie der Leber und funktionelle Magen-Darm-Beschwerden ohne ausreichenden organischen Befund bei Laktose-Malabsorption vor. Darüber hinausgehende dauerhafte Gesundheitsstörungen organischer Art, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung wären, sind dagegen für diese Zeit, insbesondere auch durch die vorgelegten ärztlichen Äußerungen, die zum Teil auf späteren Untersuchungen beruhen, nicht nachgewiesen. Dies steht zur Überzeugung des Senats auf Grund des Gutachtens des Dr. R. vom 3. April 2000, der die Klägerin eingehend untersucht und die ihm vorgelegten ärztlichen Äußerungen behandelnder Ärzte ausgewertet hat, fest. Auch Prof. Dr. S. hat in dem von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachten vom 26. Juli 2004 - bei im Wesentlichen gleichen Befunden und Diagnosen - mit ausführlicher und schlüssiger Begründung dargelegt, dass die Klägerin weder in dem von ihm zu begutachtenden Zeitraum vom August 1999 bis 14. August 2000, noch bei seiner Untersuchung am 7. Juli 2004 nach den üblichen Kriterien der modernen Medizin organisch krank war. Vielmehr wies er dem Leberbefund keinen Krankheitswert zu, die Schilddrüsenstörung bezeichnete er als jederzeit gut therapierbar und im Magen-Darmtrakt konnte trotz intensiver Suche kein objektiver organischer Befund erhoben werden. Nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. R. waren die Angaben zu den zahlreichen Beschwerden sehr allgemein, was sich auch aus der vorgelegten Auflistung der Beschwerden durch die Klägerin selbst ergibt. Auch bei strukturierter Anamnese ließen sie sich nicht ohne weiteres einem medizinisch umschriebenen organischen Krankheitsbild zuordnen. Einzelne der geschilderten Symptome können zwar bei einer Schilddrüsenfunktionsstörung auftreten, eher jedoch bei einer Hyperthyreose, die allerdings nicht vorlag. Die zeitweilige hypothyreote bzw. latente hypothyreote Stoffwechsellage war bei der Untersuchung vollständig kompensiert und euthyreot. Durch eine Jod-Supplementierung konnte die ausgeglichene Stoffwechsellage aufrecht erhalten werden. Im Hinblick auf eine Laktose-Malabsorbation, die bei 20 % der mitteleuropäischen erwachsenen Bevölkerung vorliegt, genügte ein Verzicht auf laktosehaltige Nahrungsmittel oder aber eine Supplementierung mit Laktose, womit dann keinerlei Symptome mehr zu erwarten waren. Im Übrigen lagen definitive Symptome dieser klar definierten Krankheitsbilder bei der Klägerin nach den Feststellungen des Dr. R. nicht vor. Die übrigen Symptome waren organisch nicht zuzuordnen. Die zahlreichen Untersuchungsbefunde hatten keine Hinweise für eine organische Erkrankung ergeben. Die geltend gemachte chronische Schwermetallintoxikation war - so Dr. R. - wissenschaftlich nicht zu belegen. Ein Kausalzusammenhang zwischen erhöhten Konzentrationen von Schwermetallen in Körperflüssigkeiten, soweit diese überhaupt in verlässlichen standardisierten Verfahren erhoben wurden und vorlagen, und den geklagten Symptomen ist nicht nachweisbar. Es wurden überhaupt uncharakteristische Beschwerden angegeben, die keine spezifische Zuordnung erlaubten. Nahrungsmittelallergien waren auch durch andere ärztliche Untersuchungen ausgeschlossen, wobei eine ausgedehnte Untersuchung allein mit 24 Gruppen- und Einzelbestimmungen per RAST vorgenommen worden waren. Auch für Nahrungsmittelunverträglichkeiten anderer Pathogenese fanden sich keine hinreichenden Anhaltspunkte. Bereits im Klinikum Großhadern war dringend empfohlen worden, die unausgewogene Diät zu beenden. Das klinische Bild einer Phenylquecksilberborat-Allergie, auf die eine Sensibilisierung gefunden wurde, bestand bei der Klägerin nicht. Die Persönlichkeitsstruktur legte für Dr. R. den dringenden Verdacht nahe, dass es sich bei den Beschwerden um Ausdruck einer hypochondrischen bzw. konversionsneurotischen Persönlichkeitsstruktur handelte. Eine rentenrechtlich relevante Leistungsminderung durch organische Erkrankungen ist damit bis 31. Dezember 2000 nicht belegt, nachdem auch das Hinzukommen weiterer wesentlicher organischer Gesundheitsstörungen jedenfalls bis 31. Dezember 2000 nicht nachgewiesen ist. Dies bestätigt sich auch durch die Feststellungen im Gutachten des Prof. Dr. S. vom 26. Juli 2004.
Auch die Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet standen bis 31. Dezember 2000 der vollschichtigen Tätigkeit einer Drogistin und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegen. Dies entnimmt der Senat dem im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 16. Mai 2000, der die Klägerin auch untersucht und eine Somatisierungsstörung bei Konversionsneurose mit überwiegend hysterischer Persönlichkeitsstruktur diagnostiziert hat. Dieses ist schlüssig. Er beschrieb die Klägerin als bewusstseinsklar, allseits orientiert, ohne Störungen von Merkfähigkeit, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Konzentration, ohne depressive Grundstimmung und mit unauffälligem Antrieb. Nachdem das Hinzukommen weiterer wesentlicher Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bis 31. Dezember 2000 nicht nachgewiesen ist und auch Dr. M. die Klägerin - bezogen auf das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet - im Jahr 2002 noch für vollschichtig leistungsfähig erachtet hat, ist eine rentenrechtlich relevante Leistungsminderung, die zur Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit geführt hätte, vor dem 1. Januar 2001 nicht bewiesen.
Den Einschätzungen der behandelnden Ärzte, insbesondere des Dr. M., des Dr. T. und des Praktischen Arztes K., die unter Hinweis auf u. a. das MCS-Syndrom eine rentenrechtlich relevante Leistungseinschränkung bereits seit 1998 angenommen haben, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zunächst ist festzustellen, dass allein Diagnosen für die hier relevante Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht von Bedeutung sind. Maßgeblich sind objektivierbare bewiesene funktionelle Einschränkungen. Derartige funktionelle Einschränkungen, die einer entsprechenden Tätigkeit entgegen standen, sind jedoch nicht objektiviert. Die behandelnden Ärzte haben hier bei ihrer Bewertung im Wesentlichen die subjektiven Angaben der Klägerin in den Vordergrund gestellt, ohne diese - was die funktionellen Einschränkungen anbelangt - kritisch zu hinterfragen und letztlich für den Senat überzeugend zu objektivieren. Zwar verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin seit dem 17. Februar 1998 arbeitsunfähig erkrankt war und bis zum 17. August 1999 Krankengeld bezog. Sie erhielt aber im Anschluss daran Arbeitslosengeld, nachdem der Arbeitsamtsarzt Dr. M.im Oktober 1999 - wie auch dem Gutachten von Prof. Dr. S. zu entnehmen - eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin festgestellt hatte. Auch der Arbeitsamtsarzt Schmitt hielt die Klägerin im Gutachten 6. Juli 2000 für leichte bis mittelschwere Arbeiten für vollschichtig einsatzfähig, wie es in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. S. bestätigt wurde.
Der Senat stimmt auch mit Prof. Dr. S. in der Feststellung überein, dass sich die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit immer nur auf einen aktuellen, zeitlich begrenzten Zustand bezieht und keine Aussage zur generellen Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beinhaltet. Dies gilt auch im Falle der Klägerin insbesondere unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgelegten MDK-Gutachten von Dr. S.-M., welche am 24. November 1998 und am 23. August 1999 bei den Diagnosen unklare Oberbauchbeschwerden bzw. Oberbauchbeschwerden eine weitere Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit nur wegen der diagnostischen Abklärung einer möglichen Pankreatitis bzw. wegen des Abschlusses der seit Dezember 1998 aktenkundigen zahnärztlichen Sanierungsmaßnahmen befürwortete. Die von der Klägerin geltend gemachte lebensgefährliche Gesundheitssituation lässt sich diesen Gutachten nicht entnehmen. In diesem Zusammenhang hat Prof. Dr. S. nachvollziehbar und zutreffend dargelegt, dass diagnostische Maßnahmen oder erforderliche Zahnbehandlungen zwar eine Arbeitsunfähigkeit begründen können, jedoch keine dauerhaften Auswirkungen auf das Leistungsvermögen im rentenrechtlichen Sinne haben, weshalb er eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin für vollschichtige leichte bis mittelschwere Arbeiten in dem von ihm zu beurteilenden Zeitraum vom 18. August 1999 bis zum 14. August 2000 nicht feststellen konnte. Dem schließt sich der Senat an.
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Klägerin auf Grund der bis 31. Dezember 2000 nachgewiesenen Gesundheitsstörungen - von vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - noch in der Lage war, ihrer beruflichen Tätigkeit als Drogeriemarktleiterin oder in vergleichbaren Tätigkeiten vollschichtig nachzugehen. Eine weitergehende Leistungsminderung ist nicht nachgewiesen.
Da die Klägerin vor dem 01. Januar 2001 somit weder berufs- noch erwerbsunfähig war, besteht ein Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI a.F. nicht.
Die Klägerin hat auch für die Zeit ab 01. Januar 2001 bis 31. März 2005 keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI n.F. kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht vor dem 02. Januar 1961, sondern am 06. März 1968 geboren ist.
Auch ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung besteht für diesen Zeitraum nicht, weil nicht feststellbar ist, dass die Klägerin vor dem 07. März 2005, dem Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. S. - von vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - außerstande war, eine einfache Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes dauerhaft wenigstens sechs Stunden täglich auszuüben.
Für den Senat steht auf der Grundlage der Gutachten von Dr. R. und Prof. Dr. S. fest, dass - bezogen auf das MCS-Syndrom und die im Zusammenhang damit geltenden gemachten organischen Beschwerden - keine wesentliche Änderung eingetreten ist. Prof. Dr. S. hat, wie zuvor Dr. R., bei seiner Untersuchung am 9. Juli 2004 bei der Klägerin keine organische Erkrankung nach den üblichen Kriterien der modernen Medizin festgestellt. Eine solche hat auch Dr. O. nicht festgestellt, nachdem er an eigenen Untersuchungen lediglich einen HNO-ärztlichen Status erhoben und einen ergometrischen Stufentest in der Reha-Klinik Überruh hat durchführen lassen, der keinen Anhalt für eine mitochondriale Muskelstoffwechselstörung und eine Belastbarkeit der Klägerin bis mindestens 60 Watt ergab.
Auf nervenärztlichem Gebiet stellt der Senat anhand der Gutachten von Dr. W. und Dr. M. fest, dass die Klägerin bis zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. M. keine leistungsrelevanten körperlichen Defizite zeigte. Dr. M. hat aus der deutlichen Diskrepanz zwischen subjektiver Befindlichkeit und den in umfangreichen Untersuchungen erhobenen im Wesentlichen unauffälligen organischen Befunden für den Senat nachvollziehbar abgeleitet, dass die Annahme, die körperliche Befindlichkeit werde durch die Folgen einer Schwermetallvergiftung verursacht, wesentlich hypothetischer ist, als die vor dem Hintergrund der Vorgeschichte darstellbare psychiatrische Erklärung. Schon im Mai 1998 war bei der Untersuchung an der medizinischen Universitätsklinik Ulm eine deutliche psychische Labilität der Klägerin auffällig gewesen (Bericht vom 25. Mai 1998). Nach der umfangreichen und sorgfältigen Diagnostik in den Jahren 1998 und 1999 wurde seitens der Klinikums Großhadern an eine mögliche somatoforme Störung gedacht und angeregt, die Möglichkeit einer psychotherapeutischen Evaluation zu diskutieren (Bericht vom 23. März 1999). Schließlich ergab sich bei einer psychiatrischen Konsiliaruntersuchung während des stationären Aufenthalts im Klinikum Großhadern vom 16. bis 30. April 1999 der Verdacht einer Somatisierungsstörung bei einer Ablöseproblematik vom Elternhaus, wobei die Klägerin dieses Erklärungsmodell für sich strikt ablehnte (Bericht vom 5. Mai 1999). Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass psychodynamische Erklärungsansätze bei der Pathogenese der MCS eine große Rolle spielen und depressive oder somatoforme Störungen wie Angstneurosen, Konversionsneurosen und Phobien als Erklärungsmodell herangezogen werden (Hakimi a.a.O. S. 388) und dass nach dem von der Beklagten vorgelegten Beitrag von Röttgers in Versicherungsmedizin 58 (2006) S. 126 ff. bei der Mehrzahl der MCS-Patienten eine psychische Störung anzunehmen ist und nur eine kleine Minderheit an zuvor nicht diagnostizierten organischen Erkrankungen leidet, überzeugen den Senat die Stellungnahmen der ärztlichen Hauptreferentin der Beklagten Dr. B. und des Nervenarztes S., die als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar sind. Sie haben aus den Feststellungen im MDK-Gutachten von Dr. S. vom 7. März 2005 abgeleitet, dass für den davor liegenden Zeitraum zwar multiple Beschwerden nachvollziehbar seien, diese jedoch erst zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. S. aus nervenärztlicher Sicht im Sinne einer Somatisierungsstörung zu einer so erheblichen Leidensschwere geführt haben, dass ein ausreichendes Leistungsvermögen nicht mehr vorlag. Entscheidend waren demnach nicht das Vorliegen von subjektiven Beschwerdeangaben und einer Vielzahl von ärztlichen Konsultationen, sondern - in einer Längsschnittbetrachtung seit 1998 - die inzwischen eingetretene - auch iatrogen verursachte - Fixierung und Chronifizierung des subjektiven Beschwerdebilds der Klägerin mit der Unmöglichkeit der Umkehrung bzw. Besserung der Symptomatik, auch bei Aufgreifen fachspezifischer Behandlungsmöglichkeiten. Erst die damit feststellbare erhebliche Schwere des Leidens und die fehlenden Besserungsaussichten wegen mittlerweile eingetretener Fixierung und Chronifizierung bedingten dann nachweisbar ab März 2005 eine überdauernde Einschränkung auch der zeitlichen Leistungsfähigkeit des Klägerin.
Dies erscheint auch unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin bei der Untersuchung vom 31. Mai 2005 bei Dr. O. plausibel. Dort hat die Klägerin zum Tagesablauf angegeben, sie schlafe bis 10 Uhr, frühstücke etwas, danach ruhe sie sich aus, diktiere danach notwendige Schreiben an BfA, Arbeitsamt u.a., esse dann zu Mittag, gehe etwas spazieren, esse zu Abend, sehe anschließend etwas Fernsehen oder lese etwas ohne ausreichende Konzentration und lege sich gegen 21.30 Uhr schlafen. Damit schilderte die Klägerin eine vita minima mit einem erheblichen sozialen Rückzug, die die seit März 2005 eingetretene zeitliche Leistungseinschränkung bestätigt.
Soweit die Klägerin weitere Gesundheitsstörungen für die Zeit vom 01. Januar 2001 bis März 2005 geltend macht, vermag der Senat solche nicht festzustellen und hieraus auch keine wesentliche Leistungsminderung abzuleiten, die zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden vor dem 07. März 2005 führen würde. Eine solche ergibt sich auch nicht aus den eingegangenen ärztlichen Äußerungen, insbesondere des Dr. M. und den vorgelegten, zum Teil allgemeinen Äußerungen zur Problematik des MCS-Syndroms.
Soweit die Klägerin für die Beurteilung ihres Leistungsvermögens im streitigen Zeitraum die Einholung von Auskünften beantragt hat, bedarf es dessen nicht. Zum einen ist die von der Klägerin behauptete Einordnung des MCS-Syndroms nach ICD-10-GM zutreffend, zum andern kommt es darauf nicht an. Soweit die Anhörung behandelnder Ärzte als sachverständige Zeugen, insbesondere des Dr. M., beantragt worden ist, besteht hierzu keine Veranlassung, da das SG den praktischen Arzt K. schon einmal und Dr. M. bereits zweimal als sachverständige Zeuge gehört hat und eine Vielzahl von ärztlichen Äußerungen dieser Ärzte in den Akten enthalten sind. Ebenso ist eine ärztliche Äußerung von Dr. K.-K. bereits aktenkundig. Welche zusätzlichen Befunde, über die bereits mitgeteilten Befunde hinaus, durch eine weitere Vernehmung dieser Ärzte im Berufungsverfahren nachgewiesen werden sollten, wurde von der Klägerin nicht dargetan. Soweit die Klägerin eine gutachterliche Anhörung dieser Ärzte wünscht, besteht für den Senat hierzu von Amts wegen keine Veranlassung. Ferner wurde deren Anhörung auch nicht nach § 109 SGG beantragt. Soweit die Klägerin die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens beantragt hat, besteht hierzu keine Veranlassung, da der Sachverhalt insoweit durch die vorliegenden Gutachten, auch die im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. S. und Prof. Dr. S., geklärt ist. Im Übrigen besteht auch kein Anlass, zu der fachlichen Kompetenz der Verfasser vorliegender Gutachterlicher Äußerungen und zu durchgeführten Untersuchungen ein Gutachten einzuholen. Die Durchführung weiterer Ermittlungen hatte somit nicht zu erfolgen.
Soweit die Klägerin - in einem vorgelegten persönlichen Schreiben - die Erstattung von Kosten anlässlich der Begutachtung durch Dr. O. angesprochen hat, was allerdings ihr Bevollmächtigter nicht beantragt hat, ist darauf hinzuweisen, dass bezüglich der Übernahme dieser Gutachtenskosten auf die Staatskasse nach § 109 SGG auf Antrag das SG zu entscheiden hat.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, soweit weitere Rentenansprüche für die Zeit vor dem 1. April 2005 geltend gemacht werden, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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