Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 582/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1095/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheides gem. § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Gewährung von Leistungen wegen seines Arbeitsunfalls vom 13.09.1997 über den 04.10.1997 hinaus.
Der 1938 geborene Kläger war als selbstständiger Architekt bei der Beklagten freiwillig unfallversichert. Am 18.06.1996 erlitt er einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als ein Hohlblockstein auf seinen Fuß stürzte und er sich eine Prellung und Quetschung am rechten Vorfuß zuzog (Bescheid vom 03.03.1997 unter Anerkennung einer ohne wesentliche Folgen verheilten Vorfußquetschung rechts und einer darauf beruhenden Arbeitsunfähigkeit bzw. Behandlungsbedürftigkeit bis 16.07.1996). Am 13.09.1997 ereignete sich ein weiterer Unfall, als der Kläger vor einer Baustelle stürzte (so Unfallanzeige des Klägers vom 30.09.1997). Der Chirurg Dr. Sch. gab im Durchgangsarztbericht vom 30.09.1997 an, der Kläger habe ihn am 30.09.1997 aufgesucht und angegeben, er sei vor einer Baustelle gestürzt und dabei mit dem rechten Fuß umgeknickt. Er erhob folgenden Befund: Schwellung, Druckschmerz, Bewegungsschmerz, Supinationsschmerz rechtes Sprunggelenk im Außenknöchel und Außenbandbereich. Das Röntgen des rechten Sprunggelenks ergab keinen sicheren Hinweis für eine Fraktur und keine vermehrte Aufklappbarkeit. Die Behandlung bestand im Anlegen eines elastischen Verbandes und in der Empfehlung von Eisanwendung. Er diagnostizierte eine Distorsion des rechten Sprunggelenks. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B. gab unter dem 06.10.1997 an, er habe den Kläger am 14.09.1997 behandelt, ab 13.09.1997 Arbeitsunfähigkeit bescheinigt und am 30.09.1997 die Vorstellung des Klägers beim Durchgangsarzt veranlasst. Der Kläger teilte am 17.10.1997 der Beklagten telefonisch mit, er sei auf der Wiese vor dem Haus ausgerutscht. Bei der Baustelle handle es sich um das künftige Büro- und Wohnhaus. Er betreue sein eigenes Projekt; Bauherrin sei seine Ehefrau.
Nachdem die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 15.12.1997 die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 13.09.1997 abgelehnt hatte, weil der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls wegen eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe, hob sie auf den Widerspruch des Klägers nach Besichtigung der Unfallstelle am 28.01.1998 mit Bescheid vom 25.05.1998 den Bescheid vom 15.12.1997 auf, anerkannte das Ereignis vom 13.09.1997 als Arbeitsunfall und gewährte dem Kläger bis 04.10.1997 Verletztengeld. Hierbei stützte sie sich auf das Gutachten von Dr. B., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses F., vom 10.03.1998 nebst ergänzender Stellungnahme vom 15.04.1998, der wegen Schmerzen und Schwellung am rechten Sprunggelenk für einen Zeitraum von drei Wochen Folgen des Ereignisses vom 13.09.1997 annahm, allerdings auch nicht ausschloss, dass es auf Grund einer beim Kläger bestehenden Arthritis urica auch ohne äußeres Ereignis zu der Schwellung des rechten Sprunggelenks hätte gekommen sein können.
Nachdem Dr. Sch. den Kläger in die B.-Klinik Ü., Fachklinik für Innere Medizin und Orthopädie, überwiesen hatte, stellte Dr. S., Chefarzt der inneren Abteilung, beim Kläger eine beidseitige hochgradige Coxarthrose fest und vertrat die Ansicht, diese sei durch die vorbestehende Distorsion des rechten oberen Sprunggelenks vom 13.09.1997 und das dadurch bedingte Fehlbelastungsmuster und Hinken aktiviert worden (Bescheinigung vom 10.06.1998).
Gegen den Bescheid vom 25.05.1998 erhob der Kläger am 15.06.1998 Widerspruch sowie Klage zum Sozialgericht (SG) Reutlingen (S 3 U 1601/98), mit der er die Gewährung von Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum 25.06.1999 begehrte. Das SG sah den Bescheid vom 25.05.1998 als Widerspruchsbescheid an und wies die Klage mit Urteil vom 10.06.1999 ab. Zur Begründung stützte es sich auf das Gutachten von Dr. B. und führte aus, die Folgen des Arbeitsunfalls mit dreiwöchiger Arbeitsunfähigkeit hätten die im Mai 1998 diagnostizierte beiderseitige hochgradige Coxarthrose nicht verursacht. Wesentliche Bedingung für deren Entstehen seien die Anlage, die Degeneration, die Arthritis urica, das Rheuma und nicht die dreiwöchige Fehlbelastung und das Hinken. Die über den 04.10.1997 hinaus bestehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht mehr durch die Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.09.1997 bedingt gewesen.
Die hiergegen mit dem Begehren, Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum 23.07.1999 zu gewähren, zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 2 U 2977/99, L 2 U 3005/02 bzw. L 2 U 4434/04) nahm der Kläger am 09.03.2005 zurück. Das Landessozialgericht hatte dabei die Akten des Landgerichts Stuttgart (LG) einschließlich dem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 10.10.2002 (Rechtsstreit des Klägers gegen die Vereinte Versicherung AG, Az.: 22 O 401/00 und 25 O 407/00) beigezogen. Darin führte das OLG u. a. aus, die Unfallursächlichkeit der beiderseitigen hochgradigen Coxarthrose sei nicht bewiesen. Auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. W. stehe zur Überzeugung des Senats fest, dass beim Kläger bereits vor dem Unfallzeitpunkt eine beiderseitige Coxarthrose vorgelegen habe. Weiter stehe fest, dass die Verschlimmerung der Coxarthrose nicht auf das Unfallereignis vom 13.09.1997 zurückzuführen sei. Der Sachverständige Prof. Dr. W. habe dem Röntgenbefund vom 15.08.1997, der ca. einen Monat vor dem Unfall gefertigt worden sei, das Vorliegen einer beidseits mittelgradigen Coxarthrose entnommen. Seine Einschätzung decke sich mit derjenigen der vorgerichtlich erstellten Gutachten Giehl und S ... Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird verwiesen.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 28.04.2005, eingegangen bei der Beklagten am 02.05.2005, beantragte der Kläger die Rücknahme des Bescheides vom 25.05.1998 gem. § 44 SGB X. Er legte hierzu Gutachten der Orthopäden B. vom 31.03.2005 und Dr. N. vom 29.06.2005 vor.
Der Orthopäde B. führte darin aus, der Kläger sei am 13.09.1997 auf einer Unebenheit auf einer Baustelle ausgerutscht. An den genauen Unfallhergang könne er sich nicht erinnern. Er sei mit dem rechten Fuß umgeknickt und sei im Ausfallschritt in die Grätsche rückwärts mit voller Wucht auf das Gesäß gefallen. Er habe dann starke Schmerzen im rechten Sprunggelenk sowie in beiden Hüften verspürt. Wegen starker Schmerzen des rechten Hüftgelenks und in den Hüften habe er den Hausarzt Dr. B. aufgesucht und sei durch ihn ca. 10 bis 14 Tage konservativ behandelt worden. Da die Beschwerden schlechter geworden seien, er vor allem über zunehmende, rasende Schmerzen in beiden Hüftgelenken rechts mehr als links geklagt habe, sei er zur Weiterbehandlung an den Unfallchirurgen und Durchgangsarzt Dr. Sch. überwiesen worden. Der Orthopäde B. vertrat die Ansicht, die vorbestehenden degenerativen Veränderungen an den Hüftgelenken seien als unwesentliche Mitursache des jetzt beim Kläger bestehenden Gesundheitsschadens einzustufen. Solche schnellen und beidseitigen Krankheitsverläufe beobachte man in der Praxis nur nach traumatischen Unfällen. Dr. N. gelangte ebenfalls zum Ergebnis, dass der Arbeitsunfall vom 13.09.1997 ursächlich verantwortlich für die dramatische Verschlechterung des Zustandes beider Hüften gewesen sei. Es habe ein adäquates Unfallereignis vorgelegen. So habe die Ehefrau in mehreren Vorgutachten das Unfallereignis als Grätschsturzbewegung beschrieben. Der von ihr geschilderte Unfallmechanismus sei geeignet gewesen, minimale osteochondrale Frakturen zu erzeugen, welche dann im Rahmen einer gestörten Knorpel-Knochen-Struktur und einer verminderten Durchblutung zum raschen Fortschreiten auch einer mäßig vorbestehenden Coxarthrose führten.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme ein. Der Chirurg Dr. Sch. führte unter dem 28.09.2005 aus, es spreche überhaupt nichts dafür, dass das Ereignis vom 13.09.1997 die wesentliche Bedingung für den Verschleiß beider Hüftgelenke des Klägers gewesen sei. Dr. B. unterstelle einen Unfallhergang, der sich anhand der zeitnah zum Unfallereignis dokumentierten Angaben nicht bestätigen lasse. Ähnlich argumentiere Dr. N. Weder Dr. B. noch Dr. N. stellten sich der Frage, welche andere Ursache es haben könnte, dass es bei dem Kläger zu einer progredienten Entwicklung einer Coxarthrose beidseits gekommen sei.
Mit Bescheid vom 20.10.2005 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 25.05.1998 ab und wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2006 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.02.2006 Klage zum SG Reutlingen (S 4 U 582/06) und beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2006 zu verurteilen, ihm unter Rücknahme des Widerspruchsbescheides vom 25.05.1998 Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum Ablauf von 78 Wochen sowie im Anschluss hieran Verletztenrente unter Feststellung der Coxarthrose beidseits als Unfallfolge zu gewähren. Zur Begründung berief er sich insbesondere auf die Gutachten von Dr. B. vom 31.03.2005 und Dr. N. vom 29.06.2005 sowie ältere ärztliche Unterlagen (Gutachten des Orthopäden B. vom 15.03.2002 und Dr. Z. vom 23.01.2003, gutachterliche Stellungnahme von Dr. Sagebiel vom 10.03.2003, ärztliche Bescheinigung von Dr. B. vom 17.01.2000).
Mit Urteil vom 15.12.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen im Zugunstenwege durchsetzbaren Anspruch auf Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus für insgesamt 78 Wochen und ebenso keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente. Aus § 44 Abs. 4 SGB X folge, dass der Kläger von vornherein keinen Anspruch auf rückwirkende Verletztengeldzahlung für Zeiten habe, welche länger als vier Jahre - gerechnet vom Beginn des Jahres, in dem der Überprüfungsantrag gestellt wurde - zurücklägen. Von der Ausschlussfrist betroffen seien alle Ansprüche, die den Zeitraum vor dem 01.01.2001 beträfen. Dies führe dazu, dass der Kläger schon aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Anspruch auf Verletztengeld haben könne, da die maximale Anspruchsdauer von 78 Wochen am 01.01.2001 längst erschöpft gewesen sei. Das Ereignis, das die Beklagte als Arbeitsunfall anerkannt habe, habe keine Gesundheitsstörungen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade von 20 vH. hinterlassen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens habe der Kläger lediglich eine Distorsion des rechten Sprunggelenks erlitten, die folgenlos ausgeheilt sei. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Coxarthrose beidseits nicht Unfallfolge. Bei dieser Beurteilung stütze sich das SG auf das Gutachten von Dr. B. vom 10.03.1998 sowie Prof. Dr. W. vom 31.07.2001. Soweit Dr. B. und Dr. N. einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Hüftgelenksarthrose sähen, vermöge das nicht zu überzeugen. Im Übrigen gehe Dr. N. von einem Unfallhergang aus, der so nicht nachgewiesen sei. So habe die Ehefrau des Klägers vor dem Amtsgericht Freudenstadt als Zeugin bekundet, dass sie den Unfall nicht beobachtet habe. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 10.02.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.03.2009 Berufung eingelegt.
Unter Vorlage einer fachärztlichen Stellungnahme des Dr. Dr. T., Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie V.-S. vom 17.07.2000 hält der Kläger daran fest, die Coxarthrose sei unmittelbare Folge des Arbeitsunfalles. Darüber hinaus wendet er sich gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens des Prof. Dr. W. und sieht insoweit die § 200 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) verletzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 19.05.2010 verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Dezember 2008 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2006 zu verurteilen, ihm unter Rücknahme des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 1998 Verletztengeld über den 4. Oktober 1997 hinaus bis zum Ablauf von 78 Wochen sowie im Anschluss hieran Verletztenrente unter Feststellung der Coxarthrose beidseits als Unfallfolge zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die bisherigen Feststellungen.
Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten zuletzt mit Verfügung vom 01.12.2010 darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss in Betracht kommt.
Der Senat hat die Akten des LG Stuttgart Az. 22 O 401/00 und 25 O 407/00 sowie des LG Köln und die Akten der Beklagten, den Unfall des Klägers vom 18.06.1996 betreffend, beigezogen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, des SG, des Senats, die Vorakten des LSG (L 2 U 2977/99, L 2 U 3005/02 und L 2 U 4434/04) sowie die oben genannten beigezogenen Akten Bezug genommen
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Insoweit sind keine Gründe ersichtlich, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machen könnten. Der Sachverhalt ist im Hinblick auf den bestehenden Streitgegenstand geklärt. Eine weitere mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich, da der Kläger bereits Gelegenheit hatte, sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG zu äußern. Im Vergleich zur Entscheidung des SG sind weder neue Tatsachen oder Rechtsfragen noch sonst neue Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Die vertretene Rechtsauffassung hat der Senat bereits in seinem Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sowie in dem mit dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers durchgeführten Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes dargelegt. Über den bisherigen Vortrag hinaus sind weitergehende rechtserhebliche Einwendungen auch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht zu erwarten. Der Senat hat die Beteiligten mit den Verfügungen u.a. vom 19.07.2010 und 15.11.2010 auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken ehrenamtliche Richter nicht mit (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Der Senat entscheidet in der aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung, nachdem er das Befangenheitsgesuch gegen den Berichterstatter des Senats mit unanfechtbarem Beschluss vom 21.10.2010 abgelehnt hat. Das Aufrechterhalten des Inhalts "seitheriger Schreiben" stellt keinen erneuten Befangenheitsantrag dar, zumal eine abweichende oder weitergehende Begründung hierfür nicht vorgetragen wurde und der Senat sich mit den vorgetragenen Gründen bereits auseinandergesetzt hatte.
Gegenstand des Rechtsstreits ist, wie sich dem in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Sachantrag sowie den Schriftsätzen der damaligen Bevollmächtigten des Klägers sowie aus dessen Schreiben selbst ergibt, auch weiterhin die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, den durch die Berufungsrücknahme im Verfahren L 2 U 4434/04 bindend gewordenen Bescheid vom zurückzunehmen, Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum Ablauf von 78 Wochen sowie im Anschluss daran Verletztenrente unter Anerkennung einer Coxarthrose als Unfallfolge zu gewähren. Dieses Begehren bleibt aber auch im Berufungsverfahren ohne Erfolg.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme eines nach § 77 SGG bindend gewordenen Bescheides ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt auch für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erwiesen hat, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Darüber hinaus bestimmt aber § 44 Abs. 4 SGB X, dass Sozialleistungen dann, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wurde oder wird, nur für längstens 4 Jahre vor der Rücknahme erbracht werden. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Einen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum Ablauf der 78. Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit (vgl. § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -) kann der Kläger - ausgehend von der Antragstellung im April 2005 für die Zeit vor dem 01.01.2001 und damit weit nach Ablauf der 78 Wochen nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, nicht mehr geltend machen, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die Entscheidung rechtswidrig gewesen ist. An der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, worauf es hier jedoch nicht ankommt, hat der Senat im Übrigen keinen Zweifel, worauf er bereits in seinem Beschluss vom 06.08.2009 (Ablehnung des Antrages auf Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe) hingewiesen hat und auf den daher ergänzend verwiesen werden kann.
Darüber hinaus sind die Anfechtungs- und Feststellungsklage bzw. Leistungsklage des Klägers, soweit er die Anerkennung der Coxarthrose als Unfallfolge und die Gewährung von Verletztenrente begehrt, unzulässig. Denn diesbezüglich fehlt es bereits an der Klagebefugnis. An dieser fehlt es dann, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt, weil eine anfechtbare Entscheidung der Beklagten in Bezug auf das Klagebegehren fehlt (vgl. BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R, in Juris). In dem Bescheid vom 25.05.1998, dessen Rücknahme der Kläger jetzt begehrt, war lediglich über einen Anspruch auf Verletztengeld entschieden worden, nicht aber auch über das Vorliegen von Unfallfolgen oder die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalles vom 13.09.1997. Es fehlt insoweit an der Durchführung eines Vorverfahrens bzw. an einer entsprechenden Entscheidung zum Nachteil des Klägers, die im Rahmen des § 44 SGB X zurück genommen werden könnte.
Eine förmliche Feststellung von Unfallfolgen enthalten auch der vom Kläger angefochtene Bescheid vom 19.10.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 26.01.2006 nicht. Soweit diese ausführen, die Beschwerden an den Hüftgelenken seien nicht auf den Unfall vom 13.09.1997 zurückzuführen, diente dies lediglich der Begründung der Ablehnung der Gewährung von Verletztengeld über den gewährten Zeitraum hinaus. Eine Entscheidung, ob und ggfs. in welchem Umfang ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles (§ 56 SGB VII) besteht, wurde dort ebenfalls nicht getroffen, zumal der Kläger ein auf die Gewährung von Rente gerichtetes Begehren erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG (S 4 U 582/06) äußerte. Bei Klageerhebung begehrte der Kläger aufgrund der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit noch - ausschließlich - die Zahlung von Verletztengeld. Die insoweit mit der Stellung des Antrages in der mündlichen Verhandlung vor dem SG erfolgte Klageänderung (§ 99 SGG) war und ist unzulässig, weil das nach § 78 SGG erforderliche Vorverfahren für diese geltend gemachten Ansprüche nicht durchgeführt war.
Soweit der Kläger eine Verletzung von § 200 SGB VII rügt, verkennt er, dass das Gutachten von Prof. Dr. W. nicht von einem Unfallversicherungsträger in Auftrag gegeben wurde. § 200 SGB VII findet in diesem Zusammenhang also keine Anwendung. Im Übrigen ist der Einwand für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungsrelevant, weil der Anspruch auf Verletztengeld wie ausgeführt schon aus Rechtsgründen nicht mehr geltend gemacht werden kann und die Klageerweiterung im Hinblick auf die Gewährung von Verletztenrente und Anerkennung von Unfallfolgen unzulässig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheides gem. § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Gewährung von Leistungen wegen seines Arbeitsunfalls vom 13.09.1997 über den 04.10.1997 hinaus.
Der 1938 geborene Kläger war als selbstständiger Architekt bei der Beklagten freiwillig unfallversichert. Am 18.06.1996 erlitt er einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als ein Hohlblockstein auf seinen Fuß stürzte und er sich eine Prellung und Quetschung am rechten Vorfuß zuzog (Bescheid vom 03.03.1997 unter Anerkennung einer ohne wesentliche Folgen verheilten Vorfußquetschung rechts und einer darauf beruhenden Arbeitsunfähigkeit bzw. Behandlungsbedürftigkeit bis 16.07.1996). Am 13.09.1997 ereignete sich ein weiterer Unfall, als der Kläger vor einer Baustelle stürzte (so Unfallanzeige des Klägers vom 30.09.1997). Der Chirurg Dr. Sch. gab im Durchgangsarztbericht vom 30.09.1997 an, der Kläger habe ihn am 30.09.1997 aufgesucht und angegeben, er sei vor einer Baustelle gestürzt und dabei mit dem rechten Fuß umgeknickt. Er erhob folgenden Befund: Schwellung, Druckschmerz, Bewegungsschmerz, Supinationsschmerz rechtes Sprunggelenk im Außenknöchel und Außenbandbereich. Das Röntgen des rechten Sprunggelenks ergab keinen sicheren Hinweis für eine Fraktur und keine vermehrte Aufklappbarkeit. Die Behandlung bestand im Anlegen eines elastischen Verbandes und in der Empfehlung von Eisanwendung. Er diagnostizierte eine Distorsion des rechten Sprunggelenks. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B. gab unter dem 06.10.1997 an, er habe den Kläger am 14.09.1997 behandelt, ab 13.09.1997 Arbeitsunfähigkeit bescheinigt und am 30.09.1997 die Vorstellung des Klägers beim Durchgangsarzt veranlasst. Der Kläger teilte am 17.10.1997 der Beklagten telefonisch mit, er sei auf der Wiese vor dem Haus ausgerutscht. Bei der Baustelle handle es sich um das künftige Büro- und Wohnhaus. Er betreue sein eigenes Projekt; Bauherrin sei seine Ehefrau.
Nachdem die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 15.12.1997 die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 13.09.1997 abgelehnt hatte, weil der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls wegen eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe, hob sie auf den Widerspruch des Klägers nach Besichtigung der Unfallstelle am 28.01.1998 mit Bescheid vom 25.05.1998 den Bescheid vom 15.12.1997 auf, anerkannte das Ereignis vom 13.09.1997 als Arbeitsunfall und gewährte dem Kläger bis 04.10.1997 Verletztengeld. Hierbei stützte sie sich auf das Gutachten von Dr. B., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses F., vom 10.03.1998 nebst ergänzender Stellungnahme vom 15.04.1998, der wegen Schmerzen und Schwellung am rechten Sprunggelenk für einen Zeitraum von drei Wochen Folgen des Ereignisses vom 13.09.1997 annahm, allerdings auch nicht ausschloss, dass es auf Grund einer beim Kläger bestehenden Arthritis urica auch ohne äußeres Ereignis zu der Schwellung des rechten Sprunggelenks hätte gekommen sein können.
Nachdem Dr. Sch. den Kläger in die B.-Klinik Ü., Fachklinik für Innere Medizin und Orthopädie, überwiesen hatte, stellte Dr. S., Chefarzt der inneren Abteilung, beim Kläger eine beidseitige hochgradige Coxarthrose fest und vertrat die Ansicht, diese sei durch die vorbestehende Distorsion des rechten oberen Sprunggelenks vom 13.09.1997 und das dadurch bedingte Fehlbelastungsmuster und Hinken aktiviert worden (Bescheinigung vom 10.06.1998).
Gegen den Bescheid vom 25.05.1998 erhob der Kläger am 15.06.1998 Widerspruch sowie Klage zum Sozialgericht (SG) Reutlingen (S 3 U 1601/98), mit der er die Gewährung von Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum 25.06.1999 begehrte. Das SG sah den Bescheid vom 25.05.1998 als Widerspruchsbescheid an und wies die Klage mit Urteil vom 10.06.1999 ab. Zur Begründung stützte es sich auf das Gutachten von Dr. B. und führte aus, die Folgen des Arbeitsunfalls mit dreiwöchiger Arbeitsunfähigkeit hätten die im Mai 1998 diagnostizierte beiderseitige hochgradige Coxarthrose nicht verursacht. Wesentliche Bedingung für deren Entstehen seien die Anlage, die Degeneration, die Arthritis urica, das Rheuma und nicht die dreiwöchige Fehlbelastung und das Hinken. Die über den 04.10.1997 hinaus bestehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht mehr durch die Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.09.1997 bedingt gewesen.
Die hiergegen mit dem Begehren, Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum 23.07.1999 zu gewähren, zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 2 U 2977/99, L 2 U 3005/02 bzw. L 2 U 4434/04) nahm der Kläger am 09.03.2005 zurück. Das Landessozialgericht hatte dabei die Akten des Landgerichts Stuttgart (LG) einschließlich dem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom 10.10.2002 (Rechtsstreit des Klägers gegen die Vereinte Versicherung AG, Az.: 22 O 401/00 und 25 O 407/00) beigezogen. Darin führte das OLG u. a. aus, die Unfallursächlichkeit der beiderseitigen hochgradigen Coxarthrose sei nicht bewiesen. Auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. W. stehe zur Überzeugung des Senats fest, dass beim Kläger bereits vor dem Unfallzeitpunkt eine beiderseitige Coxarthrose vorgelegen habe. Weiter stehe fest, dass die Verschlimmerung der Coxarthrose nicht auf das Unfallereignis vom 13.09.1997 zurückzuführen sei. Der Sachverständige Prof. Dr. W. habe dem Röntgenbefund vom 15.08.1997, der ca. einen Monat vor dem Unfall gefertigt worden sei, das Vorliegen einer beidseits mittelgradigen Coxarthrose entnommen. Seine Einschätzung decke sich mit derjenigen der vorgerichtlich erstellten Gutachten Giehl und S ... Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird verwiesen.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 28.04.2005, eingegangen bei der Beklagten am 02.05.2005, beantragte der Kläger die Rücknahme des Bescheides vom 25.05.1998 gem. § 44 SGB X. Er legte hierzu Gutachten der Orthopäden B. vom 31.03.2005 und Dr. N. vom 29.06.2005 vor.
Der Orthopäde B. führte darin aus, der Kläger sei am 13.09.1997 auf einer Unebenheit auf einer Baustelle ausgerutscht. An den genauen Unfallhergang könne er sich nicht erinnern. Er sei mit dem rechten Fuß umgeknickt und sei im Ausfallschritt in die Grätsche rückwärts mit voller Wucht auf das Gesäß gefallen. Er habe dann starke Schmerzen im rechten Sprunggelenk sowie in beiden Hüften verspürt. Wegen starker Schmerzen des rechten Hüftgelenks und in den Hüften habe er den Hausarzt Dr. B. aufgesucht und sei durch ihn ca. 10 bis 14 Tage konservativ behandelt worden. Da die Beschwerden schlechter geworden seien, er vor allem über zunehmende, rasende Schmerzen in beiden Hüftgelenken rechts mehr als links geklagt habe, sei er zur Weiterbehandlung an den Unfallchirurgen und Durchgangsarzt Dr. Sch. überwiesen worden. Der Orthopäde B. vertrat die Ansicht, die vorbestehenden degenerativen Veränderungen an den Hüftgelenken seien als unwesentliche Mitursache des jetzt beim Kläger bestehenden Gesundheitsschadens einzustufen. Solche schnellen und beidseitigen Krankheitsverläufe beobachte man in der Praxis nur nach traumatischen Unfällen. Dr. N. gelangte ebenfalls zum Ergebnis, dass der Arbeitsunfall vom 13.09.1997 ursächlich verantwortlich für die dramatische Verschlechterung des Zustandes beider Hüften gewesen sei. Es habe ein adäquates Unfallereignis vorgelegen. So habe die Ehefrau in mehreren Vorgutachten das Unfallereignis als Grätschsturzbewegung beschrieben. Der von ihr geschilderte Unfallmechanismus sei geeignet gewesen, minimale osteochondrale Frakturen zu erzeugen, welche dann im Rahmen einer gestörten Knorpel-Knochen-Struktur und einer verminderten Durchblutung zum raschen Fortschreiten auch einer mäßig vorbestehenden Coxarthrose führten.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme ein. Der Chirurg Dr. Sch. führte unter dem 28.09.2005 aus, es spreche überhaupt nichts dafür, dass das Ereignis vom 13.09.1997 die wesentliche Bedingung für den Verschleiß beider Hüftgelenke des Klägers gewesen sei. Dr. B. unterstelle einen Unfallhergang, der sich anhand der zeitnah zum Unfallereignis dokumentierten Angaben nicht bestätigen lasse. Ähnlich argumentiere Dr. N. Weder Dr. B. noch Dr. N. stellten sich der Frage, welche andere Ursache es haben könnte, dass es bei dem Kläger zu einer progredienten Entwicklung einer Coxarthrose beidseits gekommen sei.
Mit Bescheid vom 20.10.2005 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 25.05.1998 ab und wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2006 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.02.2006 Klage zum SG Reutlingen (S 4 U 582/06) und beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2006 zu verurteilen, ihm unter Rücknahme des Widerspruchsbescheides vom 25.05.1998 Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum Ablauf von 78 Wochen sowie im Anschluss hieran Verletztenrente unter Feststellung der Coxarthrose beidseits als Unfallfolge zu gewähren. Zur Begründung berief er sich insbesondere auf die Gutachten von Dr. B. vom 31.03.2005 und Dr. N. vom 29.06.2005 sowie ältere ärztliche Unterlagen (Gutachten des Orthopäden B. vom 15.03.2002 und Dr. Z. vom 23.01.2003, gutachterliche Stellungnahme von Dr. Sagebiel vom 10.03.2003, ärztliche Bescheinigung von Dr. B. vom 17.01.2000).
Mit Urteil vom 15.12.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen im Zugunstenwege durchsetzbaren Anspruch auf Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus für insgesamt 78 Wochen und ebenso keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente. Aus § 44 Abs. 4 SGB X folge, dass der Kläger von vornherein keinen Anspruch auf rückwirkende Verletztengeldzahlung für Zeiten habe, welche länger als vier Jahre - gerechnet vom Beginn des Jahres, in dem der Überprüfungsantrag gestellt wurde - zurücklägen. Von der Ausschlussfrist betroffen seien alle Ansprüche, die den Zeitraum vor dem 01.01.2001 beträfen. Dies führe dazu, dass der Kläger schon aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Anspruch auf Verletztengeld haben könne, da die maximale Anspruchsdauer von 78 Wochen am 01.01.2001 längst erschöpft gewesen sei. Das Ereignis, das die Beklagte als Arbeitsunfall anerkannt habe, habe keine Gesundheitsstörungen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade von 20 vH. hinterlassen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens habe der Kläger lediglich eine Distorsion des rechten Sprunggelenks erlitten, die folgenlos ausgeheilt sei. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Coxarthrose beidseits nicht Unfallfolge. Bei dieser Beurteilung stütze sich das SG auf das Gutachten von Dr. B. vom 10.03.1998 sowie Prof. Dr. W. vom 31.07.2001. Soweit Dr. B. und Dr. N. einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Hüftgelenksarthrose sähen, vermöge das nicht zu überzeugen. Im Übrigen gehe Dr. N. von einem Unfallhergang aus, der so nicht nachgewiesen sei. So habe die Ehefrau des Klägers vor dem Amtsgericht Freudenstadt als Zeugin bekundet, dass sie den Unfall nicht beobachtet habe. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 10.02.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.03.2009 Berufung eingelegt.
Unter Vorlage einer fachärztlichen Stellungnahme des Dr. Dr. T., Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie V.-S. vom 17.07.2000 hält der Kläger daran fest, die Coxarthrose sei unmittelbare Folge des Arbeitsunfalles. Darüber hinaus wendet er sich gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens des Prof. Dr. W. und sieht insoweit die § 200 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) verletzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 19.05.2010 verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Dezember 2008 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2006 zu verurteilen, ihm unter Rücknahme des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 1998 Verletztengeld über den 4. Oktober 1997 hinaus bis zum Ablauf von 78 Wochen sowie im Anschluss hieran Verletztenrente unter Feststellung der Coxarthrose beidseits als Unfallfolge zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die bisherigen Feststellungen.
Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten zuletzt mit Verfügung vom 01.12.2010 darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss in Betracht kommt.
Der Senat hat die Akten des LG Stuttgart Az. 22 O 401/00 und 25 O 407/00 sowie des LG Köln und die Akten der Beklagten, den Unfall des Klägers vom 18.06.1996 betreffend, beigezogen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, des SG, des Senats, die Vorakten des LSG (L 2 U 2977/99, L 2 U 3005/02 und L 2 U 4434/04) sowie die oben genannten beigezogenen Akten Bezug genommen
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Insoweit sind keine Gründe ersichtlich, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machen könnten. Der Sachverhalt ist im Hinblick auf den bestehenden Streitgegenstand geklärt. Eine weitere mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich, da der Kläger bereits Gelegenheit hatte, sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG zu äußern. Im Vergleich zur Entscheidung des SG sind weder neue Tatsachen oder Rechtsfragen noch sonst neue Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Die vertretene Rechtsauffassung hat der Senat bereits in seinem Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sowie in dem mit dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers durchgeführten Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes dargelegt. Über den bisherigen Vortrag hinaus sind weitergehende rechtserhebliche Einwendungen auch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht zu erwarten. Der Senat hat die Beteiligten mit den Verfügungen u.a. vom 19.07.2010 und 15.11.2010 auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken ehrenamtliche Richter nicht mit (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Der Senat entscheidet in der aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung, nachdem er das Befangenheitsgesuch gegen den Berichterstatter des Senats mit unanfechtbarem Beschluss vom 21.10.2010 abgelehnt hat. Das Aufrechterhalten des Inhalts "seitheriger Schreiben" stellt keinen erneuten Befangenheitsantrag dar, zumal eine abweichende oder weitergehende Begründung hierfür nicht vorgetragen wurde und der Senat sich mit den vorgetragenen Gründen bereits auseinandergesetzt hatte.
Gegenstand des Rechtsstreits ist, wie sich dem in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Sachantrag sowie den Schriftsätzen der damaligen Bevollmächtigten des Klägers sowie aus dessen Schreiben selbst ergibt, auch weiterhin die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, den durch die Berufungsrücknahme im Verfahren L 2 U 4434/04 bindend gewordenen Bescheid vom zurückzunehmen, Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum Ablauf von 78 Wochen sowie im Anschluss daran Verletztenrente unter Anerkennung einer Coxarthrose als Unfallfolge zu gewähren. Dieses Begehren bleibt aber auch im Berufungsverfahren ohne Erfolg.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme eines nach § 77 SGG bindend gewordenen Bescheides ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt auch für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erwiesen hat, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Darüber hinaus bestimmt aber § 44 Abs. 4 SGB X, dass Sozialleistungen dann, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wurde oder wird, nur für längstens 4 Jahre vor der Rücknahme erbracht werden. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Einen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld über den 04.10.1997 hinaus bis zum Ablauf der 78. Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit (vgl. § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -) kann der Kläger - ausgehend von der Antragstellung im April 2005 für die Zeit vor dem 01.01.2001 und damit weit nach Ablauf der 78 Wochen nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, nicht mehr geltend machen, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die Entscheidung rechtswidrig gewesen ist. An der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, worauf es hier jedoch nicht ankommt, hat der Senat im Übrigen keinen Zweifel, worauf er bereits in seinem Beschluss vom 06.08.2009 (Ablehnung des Antrages auf Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe) hingewiesen hat und auf den daher ergänzend verwiesen werden kann.
Darüber hinaus sind die Anfechtungs- und Feststellungsklage bzw. Leistungsklage des Klägers, soweit er die Anerkennung der Coxarthrose als Unfallfolge und die Gewährung von Verletztenrente begehrt, unzulässig. Denn diesbezüglich fehlt es bereits an der Klagebefugnis. An dieser fehlt es dann, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt, weil eine anfechtbare Entscheidung der Beklagten in Bezug auf das Klagebegehren fehlt (vgl. BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R, in Juris). In dem Bescheid vom 25.05.1998, dessen Rücknahme der Kläger jetzt begehrt, war lediglich über einen Anspruch auf Verletztengeld entschieden worden, nicht aber auch über das Vorliegen von Unfallfolgen oder die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalles vom 13.09.1997. Es fehlt insoweit an der Durchführung eines Vorverfahrens bzw. an einer entsprechenden Entscheidung zum Nachteil des Klägers, die im Rahmen des § 44 SGB X zurück genommen werden könnte.
Eine förmliche Feststellung von Unfallfolgen enthalten auch der vom Kläger angefochtene Bescheid vom 19.10.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 26.01.2006 nicht. Soweit diese ausführen, die Beschwerden an den Hüftgelenken seien nicht auf den Unfall vom 13.09.1997 zurückzuführen, diente dies lediglich der Begründung der Ablehnung der Gewährung von Verletztengeld über den gewährten Zeitraum hinaus. Eine Entscheidung, ob und ggfs. in welchem Umfang ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles (§ 56 SGB VII) besteht, wurde dort ebenfalls nicht getroffen, zumal der Kläger ein auf die Gewährung von Rente gerichtetes Begehren erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG (S 4 U 582/06) äußerte. Bei Klageerhebung begehrte der Kläger aufgrund der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit noch - ausschließlich - die Zahlung von Verletztengeld. Die insoweit mit der Stellung des Antrages in der mündlichen Verhandlung vor dem SG erfolgte Klageänderung (§ 99 SGG) war und ist unzulässig, weil das nach § 78 SGG erforderliche Vorverfahren für diese geltend gemachten Ansprüche nicht durchgeführt war.
Soweit der Kläger eine Verletzung von § 200 SGB VII rügt, verkennt er, dass das Gutachten von Prof. Dr. W. nicht von einem Unfallversicherungsträger in Auftrag gegeben wurde. § 200 SGB VII findet in diesem Zusammenhang also keine Anwendung. Im Übrigen ist der Einwand für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungsrelevant, weil der Anspruch auf Verletztengeld wie ausgeführt schon aus Rechtsgründen nicht mehr geltend gemacht werden kann und die Klageerweiterung im Hinblick auf die Gewährung von Verletztenrente und Anerkennung von Unfallfolgen unzulässig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved