L 4 P 5648/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 P 4665/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 5648/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 01. April 2009 wird verworfen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin fordert vom Beklagten Beiträge zur privaten Pflegeversicherung nebst Verzugsschaden. Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren auch streitig, ob der Beklagte fristgemäß Berufung eingelegt hat.

Der Beklagte schloss bei der Klägerin einen Vertrag über eine private Pflegeversicherung mit Wirkung ab 01. Januar 1995. Für die Zeit vom 01. Juni 2002 bis 01. November 2007 zahlte der Beklagte Beiträge nach Angaben der Klägerin in Höhe von EUR 728,37 nicht. Über diesen Beitragsrückstand informierte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 05. Oktober 2007. Mit Mahnbescheid vom 30. Oktober 2007, dem Beklagten zugestellt am 07. November 2007, sowie Vollstreckungsbescheid vom 27. November 2007, dem Beklagten zugestellt am 29. November 2007, forderte die Klägerin vom Beklagten Beiträge zur privaten Pflegeversicherung nach ihren Angaben für die Zeit vom 01. Juni 2002 bis 01. November 2007 in Höhe von EUR 728,37 nebst Kosten in Höhe von EUR 111,95, Mahnkosten in Höhe von EUR 12,50, Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit in Höhe von EUR 120,67 sowie Zinsen in Höhe von EUR 323,12, mithin in der Summe EUR 1.296,61 zuzüglich laufender Zinsen in Höhe von 8,19% aus EUR 728,39 ab dem 31. Oktober 2007.

Der Beklagte legte am 28. November 2007 Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, der wegen der Verspätung und des zwischenzeitlichen Erlasses des Vollstreckungsbescheides als Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid behandelt wurde. Das Amtsgericht Hagen gab daraufhin den Rechtsstreit zur Durchführung des streitigen Verfahrens an das Sozialgericht Reutlingen (SG), in dessen Bezirk der Beklagte zu diesem Zeitpunkt wohnte, ab. Beim SG ging der Aktenvorgang am 06. Dezember 2007 ein.

Die Klägerin trug vor, der Beklagte habe für den oben genannten Zeitraum die Beiträge aus seinem Pflegeversicherungsvertrag, den die Parteien abgeschlossen hätten, nicht gezahlt. Aus dem Gesichtspunkt des Verzuges sei er zur Erstattung von Anwaltskosten verpflichtet. Nachdem die Klägerin zunächst die vollumfängliche Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheides beantragt hatte, nahm sie mit Schriftsatz vom 22. Juli 2008 die Klage hinsichtlich der Hauptforderung in Höhe eines Teilbetrags von EUR 79,17 zurück und beantragte nunmehr, den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 27. November 2007 dahingehend aufrechtzuerhalten, dass der Beklagte verurteilt werde, an die Klägerin EUR 649,20 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01. Januar 2003 sowie EUR 12,50 vorgerichtliche Kosten und EUR 120,67 Verzugsschaden zu zahlen.

Der Beklagte äußerte sich zur Klage nicht.

Nach Anhörung der Beteiligten vom 02. März 2009 hielt das SG mit Gerichtsbescheid vom 01. April 2009 den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 27. November 2007 insoweit aufrecht, dass der Beklagte verurteilt wird, EUR 649,20 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 01. Januar 2003 sowie EUR 12,50 Mahnkosten und EUR 120,67 Verzugsschaden an die Klägerin zu zahlen. Ab 01. Juni 2002 habe zwischen den Beteiligten ein Versicherungsvertrag zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit bestanden. Deshalb sei der Beklagte verpflichtet, im streitigen Zeitraum vom 01. Juni 2002 bis 01. November 2007 noch offen gebliebene Beiträge in Höhe von EUR 649,20 zu zahlen.

Der Gerichtsbescheid wurde dem Beklagten zunächst unter der Adresse H.-W.-Straße XX in L. zugestellt, woraufhin der Postzusteller mitteilte, der Empfänger sei unbekannt verzogen. Nach Einholung einer telefonischen Auskunft beim Bürgeramt L. erfolgte erneute Zustellung an der Adresse W. Straße X in L. am 11. April 2009. Die Zustellerin beurkundete auf der Postzustellungsurkunde, unter der Zustellanschrift das Schriftstück dem Adressaten persönlich übergeben zu haben.

Mit Schreiben vom 30. November 2009, eingegangen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 03. Dezember 2009, hat der Beklagte Berufung beim LSG eingelegt. Zur Begründung führt er aus, er habe den Versicherungsvertrag bei der Klägerin zum 01. November 1999 wieder gekündigt und sei in dem streitigen Zeitraum anderweitig kranken- und pflegeversichert gewesen. Er habe erst am Montag, dem 30. November 2009 eine Kopie des Gerichtsbescheides des SG bekommen. Das Original habe er nicht erhalten, er habe nämlich in der angegebenen Zeit nicht in L. geweilt. Er sei in der Zeit vom 10. bis 20. April 2009 in V.-S. gewesen. Er hat die Bescheinigung der mhplus Betriebskrankenkasse vom 26. November 2009 vorgelegt, wonach er vom 01. Juni 2001 bis 31. Oktober 2003 und vom 26. November 2003 bis 31. August 2009 versicherungspflichtiges Mitglied sowie seit 01. September 2009 freiwilliges Mitglied in der Krankenversicherung und demgemäß auch in der Pflegeversicherung sei, sowie den Mahnbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 22. Dezember 2009, mit welchem die Klägerin Beiträge für die Zeit vom 01. November 2007 bis 01. Januar 2010 in Höhe von EUR 298,62 geltend macht, vorgelegt.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 01. April 2009 sowie den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 27. November 2007 aufzuheben.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zu verwerfen.

Die Berufung sei bereits unzulässig, da sie nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids eingelegt worden sei. Die Zustellungsurkunde erbringe als öffentliche Urkunde den vollen Beweis für die ordnungsgemäß erfolgte Zustellung des Gerichtsbescheides. Auf die Einwände des Beklagten in der Sache komme es nicht an.

Der Berichterstatter des Senats hat unter dem 15. Juni 2010 den Beteiligten Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt und den Beklagten auf die Notwendigkeit hingewiesen, Beweis für seine Behauptung anzutreten, am 11. April 2009 in V.-S. gewesen zu sein. Hierauf hat der Beklagte nicht mehr geantwortet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist bereits unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingelegt wurde. Sie war daher zu verwerfen (§ 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Beklagte hat gegen den ihm am 11. April 2009 zugestellten Gerichtsbescheid erst am 03. Dezember 2009 Berufung eingelegt und damit die Monatsfrist weit überschritten. Der Gerichtsbescheid vom 01. April 2009 ist ihm unter der Adresse W. Straße X in L. am 11. April 2009 zugestellt worden, indem er durch die Postbedienstete C. Z. von der Deutschen Post AG ihm persönlich ausgehändigt worden ist. Die Postzustellungsurkunde ist eine öffentliche Urkunde, die gemäß § 418 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 202 SGG den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsache begründet. Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist nach Maßgabe des § 418 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 202 SGG zwar zulässig. Der Beklagte hat jedoch trotz entsprechender Aufforderung durch das Gericht vom 15. Juni 2010 nichts vorgebracht. Er hat lediglich mit Berufungsschrift vom 30. November 2009, eingegangen beim LSG am 03. Dezember 2009 behauptet, in der fraglichen Zeit in V.-S. gewesen zu sein. Dies sei nachweisbar. Bis zum heutigen Tage hat er jedoch keinerlei Beweismittel benannt.

Damit ist bewiesen, dass der Gerichtsbescheid vom 01. April 2009 dem Beklagten am 11. April 2009 zugestellt wurde und die Berufung ist damit als unzulässig, weil verfristet, zu verwerfen.

Anhaltspunkte für fehlendes Verschulden als Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. § 67 Abs. 1 SGG) sind nicht ersichtlich. Sie sind seitens des Beklagten auch nach dem entsprechenden gerichtlichen Hinweis vom 15. Juni 2010 nicht geltend gemacht worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 i.V.m. § 183 Satz 1 SGG, da der Beklagte in der Eigenschaft als Versicherter als Beklagter am Rechtsstreit beteiligt ist.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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