Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 7025/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4302/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.08.2009 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.08.2007 abgeändert.
Als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 19.12.2006 wird festgestellt: Operierter Bandscheibenvorfall L3/4.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung einer weiteren Unfallfolge.
Der Kläger leidet ca. seit seinem 20. Lebensjahr an Rückenschmerzen. Wegen Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) gab er im Jahr 1992 seine Tätigkeit als Gießereiarbeiter auf und ließ sich zum Feinmechaniker umschulen. Seit dem Jahr 1999 ist der Kläger bei der Fa. R. L. GmbH - zuletzt in der Qualitätssicherung - beschäftigt. Unter anderem wegen eines chronisch rezidivierenden Lumbal- und Zervikalsyndroms mit pseudoradikulärer Symptomtaik wurde dem Kläger im Jahr 2002 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme gewährt (Entlassungsbericht von Prof. Dr. R.-B.). Der Kläger wurde auch nach dieser Maßnahme regelmäßig ambulant wegen Beschwerden an der Wirbelsäule behandelt. Im Februar 2005 wurden Röntgenaufnahmen und eine Computertomographie der LWS angefertigt. Dabei zeigte sich keine sichere Bandscheibenvorwölbung.
Am 19.12.2006 erlitt der damals ca. 100 kg schwere und 186 cm große Kläger einen Arbeitsunfall. Er rutschte von einer Stufe in Höhe von ca. 30 bis 40 cm aus und traf mit dem linken Fuß auf den Boden auf. Trotz Schmerzen arbeitete der Kläger unter Selbstmedikation noch bis zum 21.12.2006 weiter. An diesem Tag musste er die Arbeit schmerzbedingt abbrechen. Er stellte sich im Kreiskrankenhaus Waiblingen beim Durchgangsarzt Dr. E. K. vor, der eine Distorsion der LWS und des linken Beckens diagnostizierte. Da die Beschwerden weiter zunahmen, wurde der Kläger am 22.12.2006 stationär im Kreiskrankenhaus Waiblingen aufgenommen. Bei der am gleichen Tag durchgeführten Computertomographie stellte sich ein frischer lateraler Bandscheibenvorfall im Segment L3/4 (nachfolgend nur noch: Bandscheibenvorfall) mit Kompression der Nervenwurzel jedoch ohne Fraktur dar (Arztbrief des Chefarztes der Radiologie des Kreiskrankenhauses Waiblingen Dr. W.). Dieser Bandscheibenvorfall wurde Anfang Januar 2007 mikrochirurgisch im K. St. beseitigt (Entlassungsbericht des Ärztlichen Direktors der neurochirurgischen Klinik Prof. Dr. H.). Es schlossen sich eine stationäre Anschlussheilbehandlung in den Fachkliniken H. (Entlassungbericht des Chefarztes Prof. Dr. H.) und ambulante Nachbehandlungen an. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers endete am 10.04.2007.
Auf der Grundlage einer Unfallanzeige der Arbeitgeberin, der Berichte von Dr. E. K. nebst dem radiologischen Befundbericht von Dr. W. sowie der Verlaufsberichte der behandelnden Chirurgin und Sportmedizinerin Dr. Z. stellte die Beklagte im Bescheid vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2007 das Vorliegen eines Arbeitsunfalls und als dessen Folgen eine Zerrung der LWS und des linken Beckens fest. Die Anerkennung des Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge lehnte sie genauso wie die Gewährung von Leistungen nach dem 21.12.2006 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Zerrungen seien am 21.12.2006 folgenlos ausgeheilt gewesen. Vorwölbungen der Bandscheibe seien Folge einer langsamen Zermürbung. Isolierte traumatische Bandscheibenverletzungen ohne knöcherne Beteiligung seien fast unmöglich. Bei dem Unfallereignis handle es sich um eine Gelegenheitsursache im Rahmen einer schicksalsmäßigen Entwicklung.
Deswegen hat der Kläger am 20.09.2007 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Im Auftrag des SG hat Dr. H. auf Grund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 29.04.2008 ein fachorthopädisches Gutachten erstellt. Er hat ausgeführt, es bestehe ein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem symptomatischen Bandscheibenvorfall. Dieser sei in der Computertomographie vom Februar 2005 noch nicht zur Darstellung gekommen. Es fänden sich keine eindeutigen Hinweise dafür, dass der Kläger vor dem Unfall einen symptomatischen Bandscheibenvorfall gehabt habe, danach sei er eindeutig nachgewiesen. Zwar hätten im Vorfeld seit vielen Jahren Rückenschmerzen vorgelegen. Gravierende sozialmedizinische Einschränkungen hätten sich aber daraus in den Jahren vor dem Unfallereignis nicht ergeben. Er halte es für unwahrscheinlich, dass der Kläger ohne das Unfallereignis zu diesem Zeitpunkt eine vergleichbare Schmerzsymptomatik entwickelt hätte. Soweit in der unfallmedizinischen Literatur ein unfallbedingter Bandscheibenvorfall nur angenommen werde, wenn Begleitverletzungen des Bandapparats oder der umgebenden Wirbelkörper nachweisbar seien, handle es sich um eine "Expertenmeinung", die nur von sehr eingeschränktem Nutzen und erfahrungsgemäß oft fehlerbehaftet sei. Zudem werde nicht berücksichtigt, dass sich minimale Knochenabsprengungen einer bildgebenden Darstellung immer wieder entziehen könnten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20.08.2009 abgewiesen. Nach der unfallmedizinischen Literatur sei für einen traumatischen Bandscheibenvorfall ein geeignetes Unfallereignis erforderlich. Bereits das Vorliegen eines solchen Ereignisses sei zweifelhaft. Die Anerkennung des Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge scheitere aber jedenfalls daran, dass in der Computertomographie vom Dezember 2006 keine Begleitverletzung gefunden wurde. Ohne Begleitverletzung sei die Schadensanlage wesentlich und der Unfall lediglich Gelegenheitsanlass. Dies sei in der Rechtsprechung allgemein anerkannt.
Gegen das ihm am 02.09.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.09.2009 Berufung eingelegt. Er verweist auf das Gutachten von Dr. H. sowie auf Stellungnahmen von Dr. Z., die wiederholt dargelegt habe, dass die Bandscheibenschädigung Folge des Arbeitsunfalls sei.
Der Senat hat das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers (AOK - die Gesundheitskasse Ludwigsburg-Rems-Murr) beigezogen und die sachverständige Zeugenaussagen des behandelnden Orthopäden Dr. Z. und des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. M. eingeholt. Anschließend hat der Senat Dr. H. um eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme nach Aktenlage gebeten. Dr. H. hat ausgeführt, keine Hinweise auf vorbestehende Beschwerden aufgrund einer Nervenwurzelirritation durch einen Bandscheibenvorfall gefunden zu haben. Eindeutig konkurrierende Ursachen für eine unfallunabhängige Bandscheibenschädigung habe er nicht feststellen können. Die Röntgenaufnahmen vor dem Unfall ließen keine Zeichen einer ausgeprägten degenerativen Vorschädigung der Bandscheibe L3/4 erkennen. Er gehe nach wie vor davon aus, dass der Unfall wesentlich zur Entstehung des Bandscheibenschadens beigetragen habe. Zwar trete die Mehrzahl aller akuten Vorfälle ohne ein spezifisches Unfallereignis auf. Im vorliegenden Fall seien die typischen Beschwerden jedoch unmittelbar nach dem Unfall aufgetreten. Nach seinem Verständnis sei die Wahrscheinlichkeit, dass es sich hierbei zufällig um einen unfallunabhängigen Bandscheibenvorfall genau zu diesem Zeitpunkt gehandelt habe, um ein Vielfaches geringer als die Wahrscheinlichkeit, dass der Unfall maßgeblich zur Entstehung dieses Bandscheibenvorfalls beigetragen habe. In der Weltliteratur seien mehrere Einzelfälle bekannt, bei denen nachweisbar ein unfallbedingter Bandscheibenvorfall ohne knöcherne Begleitverletzung aufgetreten sei. Ein "Bone Bruise" (Knochenödem) müsse nicht zwingend im Zusammenhang mit einem unfallbedingten Strukturschaden der Bandscheibe auftreten. Dieses Phänomen sei im vorliegenden Fall ohnehin bedeutungslos, da keine Kernspintomographie, sondern eine Computertomographie, auf der ein "Bone Bruise" prinzipiell nicht sichtbar sei, angefertigt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.08.2009 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.08.2007 festzustellen, dass der Bandscheibenvorfall L3/4 Folge des Arbeitsunfalls vom 19.12.2006 ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft habe für Dr. H. offensichtlich keine nennenswerte Relevanz. Ursachenzusammenhänge seien jedoch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu prüfen. Dieser spiegele sich in der medizinischen Kommentierung, auf die sich das SG zu Recht gestützt habe, wider.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Das SG hätte den - operierten - Bandscheibenvorfall als weitere Unfallfolge feststellen und den angefochtenen Bescheid, in dem diese Feststellung ausdrücklich abgelehnt wurde, insoweit aufheben und abändern müssen. Zwar hat der Kläger die Feststellung des Bandscheibenvorfalls ohne Hinweis auf den aktuellen Zustand (operiert) beantragt; bei sinngemäßer Auslegung seines Begehrens (§ 123 SGG) wird deutlich, dass er im Grunde die Feststellung des Gesundheitserstschadens im Hinblick auf nachfolgende Leistungsansprüche (insbesondere in Bezug auf die Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit der Behandlung des Bandscheibenvorfalls) begehrt. Der Senat konkretisiert die zu treffende Feststellung daher entsprechend dem aktuellen Zustand.
Die insoweit statthafte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) ist zulässig. Zwar hat Dr. H. aktuell keine Folgen des Bandscheibenvorfalls mehr feststellen können. Gleichwohl besteht ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bandscheibenvorfalls - in seinem operierten Zustand -, eben weil noch Leistungsansprüche des Klägers in Bezug auf die erfolgte Behandlung im Raume stehen.
Die Klage ist im Sinne einer Feststellung des - operierten - Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge auch begründet. Der Kläger zog sich den Bandscheibenvorfall durch das Abrutschen von einer Stufe am 19.12.2006 im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit zu. Wegen der dadurch verursachten Beschwerden erfolgten die Operation am 05.01.2007 und Anschlussbehandlungen, die bis zum 10.04.2007 zur Besserung der Beschwerden und Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit führten. Das Auftreten der durch den Bandscheibenvorfall bedingten Beschwerden im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis vom 19.12.2006 wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Streitig ist zwischen den Beteiligten im vorliegenden Verfahren vorrangig die Frage, ob der Bandscheibenvorfall durch das Abrutschen hervorgerufen wurde. Dies bejaht der Senat. Damit handelt es sich auch bei dem (operierten) Bandscheibenvorfall um eine Folge des Arbeitsunfalls.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Hier ist zwischen den Beteiligten nicht nur unstreitig, sondern steht auf Grund der bestandkräftigen Feststellung im angefochtenen Bescheid vom 19.03.2007 über das Vorliegen eines Arbeitsunfalles (Verfügungssatz Nr. 1) verbindlich fest, dass der Kläger einen Arbeitsunfall erlitt.
Damit ist aber nicht zugleich die Annahme gerechtfertigt, dass der nach dem Arbeitsunfall festgestellte weitere Gesundheitsschaden, hier der Bandscheibenvorfall, ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die hier vorzunehmende Kausalitätsprüfung hat somit nach dieser zweistufigen Prüfung zu erfolgen.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Hier ist es zumindest wahrscheinlich, dass das Abrutschen von der Stufe am 19.06.2006 naturwissenschaftliche Ursache des Bandscheibenvorfalls war. Hierfür sprechen vor allem jene Indizien, die auf eine entsprechende Schädigung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinweisen.
Regelmäßig wird nach der Praxis der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte angesichts des üblichen Verlaufs der - zunächst von der durch die Heilungsabsicht geprägten Diagnostik getragenen - medizinischen Maßnahmen nach einem Arbeitsunfall für die Prüfung, ob Zeichen einer akuten Substanzschädigung vorliegen, maßgeblich auf die vom erstuntersuchenden Arzt erhobenen Befunde mit Diagnose, die danach veranlasste bildgebende Diagnostik (insbesondere Röntgenaufnahmen, Sonografie, Kernspintomografie) und eventuell durchgeführte invasive Diagnoseverfahren (insbesondere Arthroskopie) mit nachfolgender mikroskopischer Auswertung (Histologie) abgestellt. Ergeben sich hieraus keine oder keine hinreichenden Hinweise auf akute traumatische Verletzungen der in Rede stehenden Strukturen (hier: der Bandscheibe), wie plötzliche Funktionseinschränkungen, Einblutungen, sonstige Flüssigkeitsansammlungen und dergleichen, wird eine traumatische Schädigung eher unwahrscheinlich sein. Liegen dagegen derartige Hinweise vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, wird ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzunehmen sein (ständige Rechtsprechung des Senats seit Urteil vom 12.11.2009, L 10 U 3951/08, veröffentlicht u.a. in juris).
Im vorliegenden Fall deuten wesentliche Indizien auf eine akute traumatische Schädigung der Bandscheibe im Segment L3/4 durch das Abrutschen von der Stufe hin. Der Kläger - so seine glaubhaften Ausführungen gegenüber Dr. H. und gegenüber dem SG in der mündlichen Verhandlung - entwickelte im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall zunehmende Schmerzen in der LWS mit Ausstrahlung, schließlich auch Sensibilitätsstörungen im linken Oberschenkel. Zwar arbeitete er noch am Unfalltag und dem Folgetag weiter. Dies war ihm jedoch nur - so der Kläger gegenüber Dr. H. - auf Grund einer Selbstmedikation möglich. Autofahren konnte er, wie er dem SG in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, schon am Unfallfolgetag nicht mehr. Am übernächsten Tag musste der Kläger die Arbeit wegen gravierender Beschwerden abbrechen und sich zur ärztlichen Behandlung in das Kreiskrankenhaus Waiblingen begeben, wo Dr. E. K. die eben genannten Beschwerden samt einer Beweglichkeitseinschränkung bestätigte. Diese Beschwerden führten am dritten Tag nach dem Unfall, an dem der Bandscheibenvorfall computertomographisch nachgewiesen wurde, zur stationären Aufnahme. Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem (symptomatischen) Bandscheibenvorfall ist hier - so überzeugend Dr. H. - offenkundig und eindeutig. Dafür spricht insbesondere auch, dass Dr. W. im ausführlichen Bericht über die Computertomographie am Tag der stationären Aufnahme den Bandscheibenvorfall als frisch beschrieb.
Neben dem zeitlichen Zusammenhang des Bandscheibenvorfalls mit dem Abrutschen von einer Stufe ist auch ein örtlicher Zusammenhang (weil im Bereich des vom Abrutschen betroffenen Körperteils festgestellt) belegt. Denn nach der bestandskräftigen Feststellung der Beklagten zog sich der Kläger bei dem streitgegenständlichen Vorfall eine Zerrung der LWS zu.
Umständen, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprechen, kommt im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung zu. Zwar sind von Dr. H. auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen fortgeschrittene Bandscheibendegenerationen L1/2 und L2/3 ohne neurologische Begleitphänomene festgestellt worden. Der Kläger litt schon Jahrzehnte vor dem Unfall unter Rückenbeschwerden, die im Jahr 2002 Anlass für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme und im Jahr 2005 für die Durchführung einer Computertomographie der LWS waren. Degenerative Veränderungen relativieren aber grundsätzlich nicht das Vorliegen und die Bedeutung der aufgeführten Zeichen einer akuten traumatischen Schädigung. Sie spielen allenfalls auf der zweiten Stufe der Kausalitätsbeurteilung eine Rolle.
Soweit die Beklagte und das SG unter Bezugnahme auf unfallmedizinische Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Seite 526 ff., nunmehr 8. Auflage 2010, Seite 432 ff.) die Eignung des Unfallereignisses angezweifelt haben, teilt der Senat diese Bedenken nicht.
Die Eignung des Unfallereignisses ist - wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (Urteil vom 12.11.2009, L 10 U 3951/08 a.a.O.) - eine Frage nach dem naturwissenschaftlichen Zusammenhang. Denn wenn das Unfallereignis tatsächlich nicht geeignet war, die fragliche Schädigung hervorzurufen, kann es hinweg gedacht werden und die Schädigung wäre trotzdem vorhanden. Dem entsprechend können Unfallereignisse regelmäßig nur dann als "nicht geeignet" bewertet werden, wenn der als geschädigt in Rede stehende Körperteil durch den Unfall überhaupt nicht betroffen war. Auch lediglich geringfügige Einwirkungen durch den Unfall lassen dagegen die naturwissenschaftliche Eignung nicht entfallen; die Frage nach dem Ausmaß der Einwirkung ist erst auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung, bei der Frage der "Wesentlichkeit", von Bedeutung.
Der vom Kläger geschilderte Unfallhergang führte - so überzeugend Dr. H. in seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber dem Senat - zu einer relevanten biomechanischen Belastung der LWS-Region. Prinzipiell sind nach solchen Belastungen Verletzungen von Knochen oder Weichteilgewebe vorstellbar. Diese Einwirkung wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt, denn auch sie anerkannte im angefochtenen Ausgangsbescheid, dass das Abrutschen mit dem linken Fuß und dessen anschließendes Aufschlagen auf den Boden zu einer "Zerrung" der LWS führte. In der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., 7. Auflage Seite 529f., 8. Auflage Seite 436) werden als für die traumatische Entstehung eines Bandscheibenvorfalls geeignete Unfallereignisse Scher-/Rotationsbewegungen, Überbeugungen, Überstreckungen und Zugbelastungen sowie unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung schwere Stauchungen sowie ungewöhnliche, überraschende und daher unkoordinierte Kraftanstrengungen z.B. beim Ausrutschen oder Beinahesturz mit schwerer Last genannt.
Wie das SG geht der Senat auf der Grundlage der ergänzenden Stellungnahme von Dr. H. vom Eintritt einer Stauchung der LWS des Klägers aus. Die von der Beklagten erfolgte Bezeichnung als "Zerrung" kann aus den medizinischen Unterlagen nicht zwingend hergeleitet werden. Dr. E. K. diagnostizierte eine Distorsion der LWS. Die Distorsion kann als Oberbegriff eine Verstauchung oder Zerrung bedeuten (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 263. Auflage). Dr. Z. ging - wie Dr. H. - in den von ihr erstellten Verlaufsberichten von einer Stauchung aus. Als solche verspürte der Kläger nach seinen anamnestischen Angaben gegenüber Dr. H. die Einwirkung auf die LWS. Die Stauchung war - so die Angaben des Klägers gegenüber Dr. H. - Ergebnis eines unkontrollierten Bewegungsablaufs. Soweit sich Dr. H. nicht in der Lage gesehen hat, die Frage nach dem Ausmaß der Belastung durch die Stauchung - die unfallmedizinische Literatur fordert, wie eben dargestellt, eine schwere Stauchung - und die Frage, ob zusätzliche Scher- oder Translationskräfte auftraten, sicher zu beantworten, hält der Senat eine weitere Klärung nicht für nötig. Überzeugend geht Dr. H. von einer relevanten Belastung aus. Dafür spricht zum einen, dass der Kläger gegenüber den Ärzten der Fachklinik H. von einem "Krachen" in der linken Körperseite berichtete, zum anderen insbesondere, dass der Kläger mit seinem erheblichen Körpergewicht von 100 kg (Entlassungsbericht der Fachklinik H.) mit einem Fuß auf den Boden auftraf. Angesichts der Schnelligkeit des Ablaufs und der beschränkten menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit sind weitere Ermittlungen nicht zielführend. Dies ist für die Bejahung des naturwissenschaftlichen Kausalzusammenhangs - wie dargelegt - auch nicht erforderlich. Somit geht der Senat von einem geeigneten Unfallhergang aus und folgt nicht der von Dr. E. K. im Nachschaubericht vom Tag der stationären Aufnahme geäußerten gegenteiligen Auffassung, die ohne jegliche Begründung blieb.
Zu dem von der Beklagten und vom SG in den Vordergrund für die Ablehnung eines Unfallzusammenhangs gerückte Aspekt des fehlenden Nachweises von Begleitverletzungen des Bandapparates oder der umgebenden Wirbelkörper hat der Senat bereits entschieden (Beschluss vom 22.12.2010, L 10 U 3840/10), dass ein solcher Nachweis nicht erforderlich ist, weil ein Bandscheibenvorfall in aller Regel degenerativ, also gerade ohne sonstige Verletzungen entsteht, was somit auch bei traumatischer Entstehung möglich ist, und dass die gegenteiligen Ausführungen von Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 434 und 436 - selbst wenn sie den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft widergeben würden - der Kausalitätsprüfung aus Rechtsgründen nicht zu Grunde gelegt werden können, weil dort nicht zwischen den nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu trennenden zwei Stufen der Kausalitätsprüfung unterschieden wird und die der - ohnehin dem juristischen Betrachter vorbehaltene - wertenden Entscheidung zu Grunde liegenden Kriterien, ob das Unfallereignis wesentlich war, nicht erkennbar sind. Im Übrigen hat auch Dr. H. ausgeführt, dass die in der unfallmedizinischen Literatur geforderten Begleitverletzungen oft, keinesfalls aber immer im Zusammenhang mit unfallbedingten Bandscheibenvorfällen auftreten würden und dass sich minimale - mehr wird auch von der unfallmedizinischen Literatur nicht gefordert - Begleitverletzungen einer Darstellung im Computertomogramm wegen der beschränkten Auflösung immer wieder entziehen könnten. Im vorliegenden Fall ist deshalb nicht auszuschließen, dass minimale Begleitverletzungen übersehen wurden. Dies gerade vor dem Hintergrund, dass der erstbehandelnde Arzt Dr. E. K. von vornherein ohne nähere Begründung von einem ungeeigneten Unfallhergang ausging und damit eine traumatische Bandscheibenschädigung von vornherein nicht in Betracht zog. Der ebenfalls von der unfallmedizinischen Literatur geforderte und hier fehlende Nachweis eines "Bone bruise" ist im vorliegenden Fall - so überzeugend Dr. H. - bedeutungslos, da nach dem Unfall keine Kernspintomographie angefertigt wurde. Im (erstellten) Computertomogramm ist ein "Bone bruise" prinzipiell nicht sichtbar.
Ist somit der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stellt sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich war.
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als wesentlich anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen.
Die innere Ursache muss bei dieser Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, die bloße Möglichkeit einer inneren Ursache genügt nicht (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Dies gilt auch für das Ausmaß der inneren Ursache (BSG, Urteil vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob das Unfallgeschehen bloße Gelegenheitsursache war, ob ein alltägliches Ereignis etwa zu derselben Zeit zum selben Erfolg geführt hätte, Wahrscheinlichkeit notwendig; die bloße Möglichkeit genügt auch hier nicht (BSG Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Dies bedeutet, dass die Grundlagen der Beurteilung, ob das Unfallereignis bloße "Gelegenheitsursache" war, im Sinne des Vollbeweises feststehen müssen, die Kausalitätsfrage ist wieder nach Wahrscheinlichkeit zu beurteilen. Ist eine erhebliche Vorschädigung der durch den Unfall betroffenen Körperstelle, die eine Schädigung durch ein alltägliches Ereignis ermöglicht hätte oder ohne äußere Einwirkung zu der in Rede stehenden strukturellen Schädigung geführt hätte, nicht nachgewiesen, geht dies nach dem im Sozialrecht geltenden, oben dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 23/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 22).
Im vorliegenden Verfahren steht zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage des Gutachtens sowie der ergänzenden Stellungnahme von Dr. H. fest, dass zum Zeitpunkt des Unfallereignisses beim Kläger bereits fortgeschrittene Verschleißerscheinungen zwischen den ersten und dritten Lendenwirbeln in Form von knöchernen Ausziehungen in den Segmenten L1/2 und L2/3 vorlagen. Ferner litt der Kläger, was auch durch die sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. Z. und Dr. M. bestätigt worden ist, seit vielen Jahren unter zum Teil behandlungsbedürftigen Rückenschmerzen. Allerdings betrafen die fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen - so Dr. H. - nicht das jetzt betroffene Bewegungssegment L3/4. Selbst aufgrund der Auswertung des nach dem Unfall am 21.12.2006 erstellten konventionellen Röntgenbildes der LWS war, wie Dr. H. ausgeführt hat, ein Bandscheibenvorfall nicht zu erwarten.
Die vorbestehenden Rückenbeschwerden haben in den Monaten und Jahren vor dem Unfallereignis nicht zu gravierenden sozialmedizinischen Einschränkungen geführt. Die letzte wegen eines chronischen degenerativen HWS- und LWS-Syndroms durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2002 lag zum Unfallzeitpunkt bereits lange zurück. Zwar weist Dr. H. zutreffend darauf hin, dass Dr. Z. eindeutig falsch angab, dass der Kläger vor dem Unfall "keinerlei LWS-Beschwerden hatte". Doch seine Folgerung, die Angabe spreche trotzdem eher gegen eine ausgeprägte, sozialmedizinisch bedeutsame Beschwerdesymptomatik unmittelbar vor dem Unfallereignis, wird durch die sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. Z. und Dr. M. bestätigt. Aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Z. ergibt sich, dass zuletzt die Beschwerden im Bereich der HWS im Vordergrund standen. Dr. M. hat berichtet, dass die Beschwerden an der Wirbelsäule als akutes Lumbalsyndrom diagnostiziert und jeweils erfolgreich behandelt wurden. Auch aus dem Vorerkrankungsverzeichnis der AOK ergibt sich, dass in den letzten Jahren vor dem Unfallereignis keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen LWS-Beschwerden aufgetreten sind. Dies gilt auch im zeitlichen Zusammenhang mit der Erstellung der Computertomographie vom 28.02.2005. Die Erstellung dieses bildgebendes Befundes lässt zwar auf eine Veranlassung durch entsprechende Beschwerden schließen, jedoch nicht zwingend auf einen Zusammenhang mit einer bandscheibenbedingten Erkrankung. Ein Bandscheibenvorfall wurde schließlich bei der Computertomographie damals gerade nicht festgestellt. Ferner hat Dr. H. den Unterlagen einschließlich der vom Senat ergänzend eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen sowie dem im Berufungsverfahren beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis keine Hinweise auf vorbestehende Beschwerden aufgrund einer Nervenwurzelirritation durch einen Bandscheibenvorfall entnehmen können. Soweit im Aufnahmebefund des Entlassungsberichts zu der im Jahr 2002 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme eine pseudoradikuläre Symptomatik als Diagnose eines externen Gutachters angegeben wurde, bezog sich diese auf das im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erwähnung dieser Symptomatik genannte Zervikalsyndrom. Dies erschließt sich aus dem Eintrag vom 26.09.2001 in der von Dr. Z. vorgelegten Patientendokumentation. Damals gab der Kläger Schmerzen an der HWS vor allem rechts mit Kribbelparästhesien der gesamten rechten Hand an.
Aber selbst wenn die von Dr. H. dargestellten und degenerativen Prozesse an den Wirbelsäulensegmenten als Mitursache angesehen würden, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bandscheibenvorfall im Zeitpunkt des Unfallereignisses auch ohne konkreten Anlass, also ohne jede äußere Einwirkung ohnehin eingetreten wäre oder dass ein alltägliches Ereignis damals ebenfalls zu dem Bandscheibenvorfall geführt hätte. Insoweit hat Dr. H. nachvollziehbar dargelegt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem Bandscheibenvorfall zufällig um einen unfallunabhängigen Bandscheibenvorfall genau zum Zeitpunkt des Unfalls gehandelt hat, um ein Vielfaches geringer ist als die Wahrscheinlichkeit, dass der Unfall maßgeblich zur Entstehung des Bandscheibenvorfalls beitrug. Diese Einschätzung beruht auf der einfachen statistischen Überlegung, dass symptomatische Bandscheibenvorfälle in der Regel erst nach dem 20. Lebensjahr auftreten. Damit hätte der Kläger bis zum Unfallereignis 28 Jahre lang Zeit gehabt, einen symptomatischen Bandscheibenvorfall zu entwickeln. Während dieser Zeit kam es aber nicht zu einem solchen Vorfall. Insoweit geht der Senat zusammen mit Dr. H. nicht davon aus, das obwohl die überwiegende Mehrzahl aller akuten Bandscheibenvorfälle ohne ein spezifisches Unfallereignis auftritt, hier ein Zusammentreffen eines Unfallereignisses mit einem zufällig aufgetretenen Bandscheibenvorfall vorliegt.
Gegen eine überragende Bedeutung der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule insgesamt spricht für den Senat, so wie von Dr. H. dargestellt, zudem, dass in den letzten Jahren vor dem Unfallereignis keine gravierenden Beschwerden hinsichtlich der LWS vorlagen und zum Unfallzeitpunkt keine ausgeprägte degenerative Vorschädigung der Bandscheibe L3/4 gegeben war. Ferner hat Dr. H. zum Zeitpunkt seiner gutachtlichen Untersuchung des Klägers im Jahr 2008 keine allgemeine fortschreitende Bandscheibendegeneration in der betroffenen Etage feststellen können. Das anlässlich der gutachtlichen Untersuchung vom Kläger geschilderte aktuelle Beschwerdebild hat Dr. H. klar von der Bandscheibenschädigung im Jahr 2006 abgegrenzt.
Nachdem Dr. H. die Nachfrage des Senats, durch welche alltägliche Belastung der Bandscheibenvorfall im Zeitpunkt seines tatsächlichen Auftretens wahrscheinlich ohne das Unfallereignis ebenfalls herbeigeführt worden wäre oder gar ohne jede Belastung wahrscheinlich aufgetreten wäre, aus medizinisch-gutachtlicher Sicht nicht hat beantworten können, vermag der Senat nicht anzunehmen, dass just im Zeitpunkt des Unfallereignis eine sonst alltägliche Belastung zu derselben Schädigung geführt hätte. Das Unfallereignis selbst wird vom Senat angesichts seines unvorhergesehenen Eintritts vor allem in Kombination mit dem erheblichen Körpergewicht des Klägers nicht als alltägliches Ereignis eingestuft (zum Begriff "alltägliches Ereignis" vgl. Urteil des Senats vom 15.10.2009, L 10 U 2011/09).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 19.12.2006 wird festgestellt: Operierter Bandscheibenvorfall L3/4.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung einer weiteren Unfallfolge.
Der Kläger leidet ca. seit seinem 20. Lebensjahr an Rückenschmerzen. Wegen Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) gab er im Jahr 1992 seine Tätigkeit als Gießereiarbeiter auf und ließ sich zum Feinmechaniker umschulen. Seit dem Jahr 1999 ist der Kläger bei der Fa. R. L. GmbH - zuletzt in der Qualitätssicherung - beschäftigt. Unter anderem wegen eines chronisch rezidivierenden Lumbal- und Zervikalsyndroms mit pseudoradikulärer Symptomtaik wurde dem Kläger im Jahr 2002 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme gewährt (Entlassungsbericht von Prof. Dr. R.-B.). Der Kläger wurde auch nach dieser Maßnahme regelmäßig ambulant wegen Beschwerden an der Wirbelsäule behandelt. Im Februar 2005 wurden Röntgenaufnahmen und eine Computertomographie der LWS angefertigt. Dabei zeigte sich keine sichere Bandscheibenvorwölbung.
Am 19.12.2006 erlitt der damals ca. 100 kg schwere und 186 cm große Kläger einen Arbeitsunfall. Er rutschte von einer Stufe in Höhe von ca. 30 bis 40 cm aus und traf mit dem linken Fuß auf den Boden auf. Trotz Schmerzen arbeitete der Kläger unter Selbstmedikation noch bis zum 21.12.2006 weiter. An diesem Tag musste er die Arbeit schmerzbedingt abbrechen. Er stellte sich im Kreiskrankenhaus Waiblingen beim Durchgangsarzt Dr. E. K. vor, der eine Distorsion der LWS und des linken Beckens diagnostizierte. Da die Beschwerden weiter zunahmen, wurde der Kläger am 22.12.2006 stationär im Kreiskrankenhaus Waiblingen aufgenommen. Bei der am gleichen Tag durchgeführten Computertomographie stellte sich ein frischer lateraler Bandscheibenvorfall im Segment L3/4 (nachfolgend nur noch: Bandscheibenvorfall) mit Kompression der Nervenwurzel jedoch ohne Fraktur dar (Arztbrief des Chefarztes der Radiologie des Kreiskrankenhauses Waiblingen Dr. W.). Dieser Bandscheibenvorfall wurde Anfang Januar 2007 mikrochirurgisch im K. St. beseitigt (Entlassungsbericht des Ärztlichen Direktors der neurochirurgischen Klinik Prof. Dr. H.). Es schlossen sich eine stationäre Anschlussheilbehandlung in den Fachkliniken H. (Entlassungbericht des Chefarztes Prof. Dr. H.) und ambulante Nachbehandlungen an. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers endete am 10.04.2007.
Auf der Grundlage einer Unfallanzeige der Arbeitgeberin, der Berichte von Dr. E. K. nebst dem radiologischen Befundbericht von Dr. W. sowie der Verlaufsberichte der behandelnden Chirurgin und Sportmedizinerin Dr. Z. stellte die Beklagte im Bescheid vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2007 das Vorliegen eines Arbeitsunfalls und als dessen Folgen eine Zerrung der LWS und des linken Beckens fest. Die Anerkennung des Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge lehnte sie genauso wie die Gewährung von Leistungen nach dem 21.12.2006 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Zerrungen seien am 21.12.2006 folgenlos ausgeheilt gewesen. Vorwölbungen der Bandscheibe seien Folge einer langsamen Zermürbung. Isolierte traumatische Bandscheibenverletzungen ohne knöcherne Beteiligung seien fast unmöglich. Bei dem Unfallereignis handle es sich um eine Gelegenheitsursache im Rahmen einer schicksalsmäßigen Entwicklung.
Deswegen hat der Kläger am 20.09.2007 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Im Auftrag des SG hat Dr. H. auf Grund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 29.04.2008 ein fachorthopädisches Gutachten erstellt. Er hat ausgeführt, es bestehe ein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem symptomatischen Bandscheibenvorfall. Dieser sei in der Computertomographie vom Februar 2005 noch nicht zur Darstellung gekommen. Es fänden sich keine eindeutigen Hinweise dafür, dass der Kläger vor dem Unfall einen symptomatischen Bandscheibenvorfall gehabt habe, danach sei er eindeutig nachgewiesen. Zwar hätten im Vorfeld seit vielen Jahren Rückenschmerzen vorgelegen. Gravierende sozialmedizinische Einschränkungen hätten sich aber daraus in den Jahren vor dem Unfallereignis nicht ergeben. Er halte es für unwahrscheinlich, dass der Kläger ohne das Unfallereignis zu diesem Zeitpunkt eine vergleichbare Schmerzsymptomatik entwickelt hätte. Soweit in der unfallmedizinischen Literatur ein unfallbedingter Bandscheibenvorfall nur angenommen werde, wenn Begleitverletzungen des Bandapparats oder der umgebenden Wirbelkörper nachweisbar seien, handle es sich um eine "Expertenmeinung", die nur von sehr eingeschränktem Nutzen und erfahrungsgemäß oft fehlerbehaftet sei. Zudem werde nicht berücksichtigt, dass sich minimale Knochenabsprengungen einer bildgebenden Darstellung immer wieder entziehen könnten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20.08.2009 abgewiesen. Nach der unfallmedizinischen Literatur sei für einen traumatischen Bandscheibenvorfall ein geeignetes Unfallereignis erforderlich. Bereits das Vorliegen eines solchen Ereignisses sei zweifelhaft. Die Anerkennung des Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge scheitere aber jedenfalls daran, dass in der Computertomographie vom Dezember 2006 keine Begleitverletzung gefunden wurde. Ohne Begleitverletzung sei die Schadensanlage wesentlich und der Unfall lediglich Gelegenheitsanlass. Dies sei in der Rechtsprechung allgemein anerkannt.
Gegen das ihm am 02.09.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.09.2009 Berufung eingelegt. Er verweist auf das Gutachten von Dr. H. sowie auf Stellungnahmen von Dr. Z., die wiederholt dargelegt habe, dass die Bandscheibenschädigung Folge des Arbeitsunfalls sei.
Der Senat hat das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers (AOK - die Gesundheitskasse Ludwigsburg-Rems-Murr) beigezogen und die sachverständige Zeugenaussagen des behandelnden Orthopäden Dr. Z. und des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. M. eingeholt. Anschließend hat der Senat Dr. H. um eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme nach Aktenlage gebeten. Dr. H. hat ausgeführt, keine Hinweise auf vorbestehende Beschwerden aufgrund einer Nervenwurzelirritation durch einen Bandscheibenvorfall gefunden zu haben. Eindeutig konkurrierende Ursachen für eine unfallunabhängige Bandscheibenschädigung habe er nicht feststellen können. Die Röntgenaufnahmen vor dem Unfall ließen keine Zeichen einer ausgeprägten degenerativen Vorschädigung der Bandscheibe L3/4 erkennen. Er gehe nach wie vor davon aus, dass der Unfall wesentlich zur Entstehung des Bandscheibenschadens beigetragen habe. Zwar trete die Mehrzahl aller akuten Vorfälle ohne ein spezifisches Unfallereignis auf. Im vorliegenden Fall seien die typischen Beschwerden jedoch unmittelbar nach dem Unfall aufgetreten. Nach seinem Verständnis sei die Wahrscheinlichkeit, dass es sich hierbei zufällig um einen unfallunabhängigen Bandscheibenvorfall genau zu diesem Zeitpunkt gehandelt habe, um ein Vielfaches geringer als die Wahrscheinlichkeit, dass der Unfall maßgeblich zur Entstehung dieses Bandscheibenvorfalls beigetragen habe. In der Weltliteratur seien mehrere Einzelfälle bekannt, bei denen nachweisbar ein unfallbedingter Bandscheibenvorfall ohne knöcherne Begleitverletzung aufgetreten sei. Ein "Bone Bruise" (Knochenödem) müsse nicht zwingend im Zusammenhang mit einem unfallbedingten Strukturschaden der Bandscheibe auftreten. Dieses Phänomen sei im vorliegenden Fall ohnehin bedeutungslos, da keine Kernspintomographie, sondern eine Computertomographie, auf der ein "Bone Bruise" prinzipiell nicht sichtbar sei, angefertigt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.08.2009 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.08.2007 festzustellen, dass der Bandscheibenvorfall L3/4 Folge des Arbeitsunfalls vom 19.12.2006 ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft habe für Dr. H. offensichtlich keine nennenswerte Relevanz. Ursachenzusammenhänge seien jedoch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu prüfen. Dieser spiegele sich in der medizinischen Kommentierung, auf die sich das SG zu Recht gestützt habe, wider.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Das SG hätte den - operierten - Bandscheibenvorfall als weitere Unfallfolge feststellen und den angefochtenen Bescheid, in dem diese Feststellung ausdrücklich abgelehnt wurde, insoweit aufheben und abändern müssen. Zwar hat der Kläger die Feststellung des Bandscheibenvorfalls ohne Hinweis auf den aktuellen Zustand (operiert) beantragt; bei sinngemäßer Auslegung seines Begehrens (§ 123 SGG) wird deutlich, dass er im Grunde die Feststellung des Gesundheitserstschadens im Hinblick auf nachfolgende Leistungsansprüche (insbesondere in Bezug auf die Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit der Behandlung des Bandscheibenvorfalls) begehrt. Der Senat konkretisiert die zu treffende Feststellung daher entsprechend dem aktuellen Zustand.
Die insoweit statthafte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) ist zulässig. Zwar hat Dr. H. aktuell keine Folgen des Bandscheibenvorfalls mehr feststellen können. Gleichwohl besteht ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bandscheibenvorfalls - in seinem operierten Zustand -, eben weil noch Leistungsansprüche des Klägers in Bezug auf die erfolgte Behandlung im Raume stehen.
Die Klage ist im Sinne einer Feststellung des - operierten - Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge auch begründet. Der Kläger zog sich den Bandscheibenvorfall durch das Abrutschen von einer Stufe am 19.12.2006 im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit zu. Wegen der dadurch verursachten Beschwerden erfolgten die Operation am 05.01.2007 und Anschlussbehandlungen, die bis zum 10.04.2007 zur Besserung der Beschwerden und Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit führten. Das Auftreten der durch den Bandscheibenvorfall bedingten Beschwerden im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis vom 19.12.2006 wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Streitig ist zwischen den Beteiligten im vorliegenden Verfahren vorrangig die Frage, ob der Bandscheibenvorfall durch das Abrutschen hervorgerufen wurde. Dies bejaht der Senat. Damit handelt es sich auch bei dem (operierten) Bandscheibenvorfall um eine Folge des Arbeitsunfalls.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Hier ist zwischen den Beteiligten nicht nur unstreitig, sondern steht auf Grund der bestandkräftigen Feststellung im angefochtenen Bescheid vom 19.03.2007 über das Vorliegen eines Arbeitsunfalles (Verfügungssatz Nr. 1) verbindlich fest, dass der Kläger einen Arbeitsunfall erlitt.
Damit ist aber nicht zugleich die Annahme gerechtfertigt, dass der nach dem Arbeitsunfall festgestellte weitere Gesundheitsschaden, hier der Bandscheibenvorfall, ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die hier vorzunehmende Kausalitätsprüfung hat somit nach dieser zweistufigen Prüfung zu erfolgen.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Hier ist es zumindest wahrscheinlich, dass das Abrutschen von der Stufe am 19.06.2006 naturwissenschaftliche Ursache des Bandscheibenvorfalls war. Hierfür sprechen vor allem jene Indizien, die auf eine entsprechende Schädigung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinweisen.
Regelmäßig wird nach der Praxis der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte angesichts des üblichen Verlaufs der - zunächst von der durch die Heilungsabsicht geprägten Diagnostik getragenen - medizinischen Maßnahmen nach einem Arbeitsunfall für die Prüfung, ob Zeichen einer akuten Substanzschädigung vorliegen, maßgeblich auf die vom erstuntersuchenden Arzt erhobenen Befunde mit Diagnose, die danach veranlasste bildgebende Diagnostik (insbesondere Röntgenaufnahmen, Sonografie, Kernspintomografie) und eventuell durchgeführte invasive Diagnoseverfahren (insbesondere Arthroskopie) mit nachfolgender mikroskopischer Auswertung (Histologie) abgestellt. Ergeben sich hieraus keine oder keine hinreichenden Hinweise auf akute traumatische Verletzungen der in Rede stehenden Strukturen (hier: der Bandscheibe), wie plötzliche Funktionseinschränkungen, Einblutungen, sonstige Flüssigkeitsansammlungen und dergleichen, wird eine traumatische Schädigung eher unwahrscheinlich sein. Liegen dagegen derartige Hinweise vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, wird ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzunehmen sein (ständige Rechtsprechung des Senats seit Urteil vom 12.11.2009, L 10 U 3951/08, veröffentlicht u.a. in juris).
Im vorliegenden Fall deuten wesentliche Indizien auf eine akute traumatische Schädigung der Bandscheibe im Segment L3/4 durch das Abrutschen von der Stufe hin. Der Kläger - so seine glaubhaften Ausführungen gegenüber Dr. H. und gegenüber dem SG in der mündlichen Verhandlung - entwickelte im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall zunehmende Schmerzen in der LWS mit Ausstrahlung, schließlich auch Sensibilitätsstörungen im linken Oberschenkel. Zwar arbeitete er noch am Unfalltag und dem Folgetag weiter. Dies war ihm jedoch nur - so der Kläger gegenüber Dr. H. - auf Grund einer Selbstmedikation möglich. Autofahren konnte er, wie er dem SG in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, schon am Unfallfolgetag nicht mehr. Am übernächsten Tag musste der Kläger die Arbeit wegen gravierender Beschwerden abbrechen und sich zur ärztlichen Behandlung in das Kreiskrankenhaus Waiblingen begeben, wo Dr. E. K. die eben genannten Beschwerden samt einer Beweglichkeitseinschränkung bestätigte. Diese Beschwerden führten am dritten Tag nach dem Unfall, an dem der Bandscheibenvorfall computertomographisch nachgewiesen wurde, zur stationären Aufnahme. Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem (symptomatischen) Bandscheibenvorfall ist hier - so überzeugend Dr. H. - offenkundig und eindeutig. Dafür spricht insbesondere auch, dass Dr. W. im ausführlichen Bericht über die Computertomographie am Tag der stationären Aufnahme den Bandscheibenvorfall als frisch beschrieb.
Neben dem zeitlichen Zusammenhang des Bandscheibenvorfalls mit dem Abrutschen von einer Stufe ist auch ein örtlicher Zusammenhang (weil im Bereich des vom Abrutschen betroffenen Körperteils festgestellt) belegt. Denn nach der bestandskräftigen Feststellung der Beklagten zog sich der Kläger bei dem streitgegenständlichen Vorfall eine Zerrung der LWS zu.
Umständen, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprechen, kommt im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung zu. Zwar sind von Dr. H. auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen fortgeschrittene Bandscheibendegenerationen L1/2 und L2/3 ohne neurologische Begleitphänomene festgestellt worden. Der Kläger litt schon Jahrzehnte vor dem Unfall unter Rückenbeschwerden, die im Jahr 2002 Anlass für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme und im Jahr 2005 für die Durchführung einer Computertomographie der LWS waren. Degenerative Veränderungen relativieren aber grundsätzlich nicht das Vorliegen und die Bedeutung der aufgeführten Zeichen einer akuten traumatischen Schädigung. Sie spielen allenfalls auf der zweiten Stufe der Kausalitätsbeurteilung eine Rolle.
Soweit die Beklagte und das SG unter Bezugnahme auf unfallmedizinische Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Seite 526 ff., nunmehr 8. Auflage 2010, Seite 432 ff.) die Eignung des Unfallereignisses angezweifelt haben, teilt der Senat diese Bedenken nicht.
Die Eignung des Unfallereignisses ist - wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (Urteil vom 12.11.2009, L 10 U 3951/08 a.a.O.) - eine Frage nach dem naturwissenschaftlichen Zusammenhang. Denn wenn das Unfallereignis tatsächlich nicht geeignet war, die fragliche Schädigung hervorzurufen, kann es hinweg gedacht werden und die Schädigung wäre trotzdem vorhanden. Dem entsprechend können Unfallereignisse regelmäßig nur dann als "nicht geeignet" bewertet werden, wenn der als geschädigt in Rede stehende Körperteil durch den Unfall überhaupt nicht betroffen war. Auch lediglich geringfügige Einwirkungen durch den Unfall lassen dagegen die naturwissenschaftliche Eignung nicht entfallen; die Frage nach dem Ausmaß der Einwirkung ist erst auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung, bei der Frage der "Wesentlichkeit", von Bedeutung.
Der vom Kläger geschilderte Unfallhergang führte - so überzeugend Dr. H. in seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber dem Senat - zu einer relevanten biomechanischen Belastung der LWS-Region. Prinzipiell sind nach solchen Belastungen Verletzungen von Knochen oder Weichteilgewebe vorstellbar. Diese Einwirkung wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt, denn auch sie anerkannte im angefochtenen Ausgangsbescheid, dass das Abrutschen mit dem linken Fuß und dessen anschließendes Aufschlagen auf den Boden zu einer "Zerrung" der LWS führte. In der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., 7. Auflage Seite 529f., 8. Auflage Seite 436) werden als für die traumatische Entstehung eines Bandscheibenvorfalls geeignete Unfallereignisse Scher-/Rotationsbewegungen, Überbeugungen, Überstreckungen und Zugbelastungen sowie unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung schwere Stauchungen sowie ungewöhnliche, überraschende und daher unkoordinierte Kraftanstrengungen z.B. beim Ausrutschen oder Beinahesturz mit schwerer Last genannt.
Wie das SG geht der Senat auf der Grundlage der ergänzenden Stellungnahme von Dr. H. vom Eintritt einer Stauchung der LWS des Klägers aus. Die von der Beklagten erfolgte Bezeichnung als "Zerrung" kann aus den medizinischen Unterlagen nicht zwingend hergeleitet werden. Dr. E. K. diagnostizierte eine Distorsion der LWS. Die Distorsion kann als Oberbegriff eine Verstauchung oder Zerrung bedeuten (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 263. Auflage). Dr. Z. ging - wie Dr. H. - in den von ihr erstellten Verlaufsberichten von einer Stauchung aus. Als solche verspürte der Kläger nach seinen anamnestischen Angaben gegenüber Dr. H. die Einwirkung auf die LWS. Die Stauchung war - so die Angaben des Klägers gegenüber Dr. H. - Ergebnis eines unkontrollierten Bewegungsablaufs. Soweit sich Dr. H. nicht in der Lage gesehen hat, die Frage nach dem Ausmaß der Belastung durch die Stauchung - die unfallmedizinische Literatur fordert, wie eben dargestellt, eine schwere Stauchung - und die Frage, ob zusätzliche Scher- oder Translationskräfte auftraten, sicher zu beantworten, hält der Senat eine weitere Klärung nicht für nötig. Überzeugend geht Dr. H. von einer relevanten Belastung aus. Dafür spricht zum einen, dass der Kläger gegenüber den Ärzten der Fachklinik H. von einem "Krachen" in der linken Körperseite berichtete, zum anderen insbesondere, dass der Kläger mit seinem erheblichen Körpergewicht von 100 kg (Entlassungsbericht der Fachklinik H.) mit einem Fuß auf den Boden auftraf. Angesichts der Schnelligkeit des Ablaufs und der beschränkten menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit sind weitere Ermittlungen nicht zielführend. Dies ist für die Bejahung des naturwissenschaftlichen Kausalzusammenhangs - wie dargelegt - auch nicht erforderlich. Somit geht der Senat von einem geeigneten Unfallhergang aus und folgt nicht der von Dr. E. K. im Nachschaubericht vom Tag der stationären Aufnahme geäußerten gegenteiligen Auffassung, die ohne jegliche Begründung blieb.
Zu dem von der Beklagten und vom SG in den Vordergrund für die Ablehnung eines Unfallzusammenhangs gerückte Aspekt des fehlenden Nachweises von Begleitverletzungen des Bandapparates oder der umgebenden Wirbelkörper hat der Senat bereits entschieden (Beschluss vom 22.12.2010, L 10 U 3840/10), dass ein solcher Nachweis nicht erforderlich ist, weil ein Bandscheibenvorfall in aller Regel degenerativ, also gerade ohne sonstige Verletzungen entsteht, was somit auch bei traumatischer Entstehung möglich ist, und dass die gegenteiligen Ausführungen von Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 434 und 436 - selbst wenn sie den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft widergeben würden - der Kausalitätsprüfung aus Rechtsgründen nicht zu Grunde gelegt werden können, weil dort nicht zwischen den nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu trennenden zwei Stufen der Kausalitätsprüfung unterschieden wird und die der - ohnehin dem juristischen Betrachter vorbehaltene - wertenden Entscheidung zu Grunde liegenden Kriterien, ob das Unfallereignis wesentlich war, nicht erkennbar sind. Im Übrigen hat auch Dr. H. ausgeführt, dass die in der unfallmedizinischen Literatur geforderten Begleitverletzungen oft, keinesfalls aber immer im Zusammenhang mit unfallbedingten Bandscheibenvorfällen auftreten würden und dass sich minimale - mehr wird auch von der unfallmedizinischen Literatur nicht gefordert - Begleitverletzungen einer Darstellung im Computertomogramm wegen der beschränkten Auflösung immer wieder entziehen könnten. Im vorliegenden Fall ist deshalb nicht auszuschließen, dass minimale Begleitverletzungen übersehen wurden. Dies gerade vor dem Hintergrund, dass der erstbehandelnde Arzt Dr. E. K. von vornherein ohne nähere Begründung von einem ungeeigneten Unfallhergang ausging und damit eine traumatische Bandscheibenschädigung von vornherein nicht in Betracht zog. Der ebenfalls von der unfallmedizinischen Literatur geforderte und hier fehlende Nachweis eines "Bone bruise" ist im vorliegenden Fall - so überzeugend Dr. H. - bedeutungslos, da nach dem Unfall keine Kernspintomographie angefertigt wurde. Im (erstellten) Computertomogramm ist ein "Bone bruise" prinzipiell nicht sichtbar.
Ist somit der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stellt sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich war.
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als wesentlich anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen.
Die innere Ursache muss bei dieser Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, die bloße Möglichkeit einer inneren Ursache genügt nicht (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Dies gilt auch für das Ausmaß der inneren Ursache (BSG, Urteil vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob das Unfallgeschehen bloße Gelegenheitsursache war, ob ein alltägliches Ereignis etwa zu derselben Zeit zum selben Erfolg geführt hätte, Wahrscheinlichkeit notwendig; die bloße Möglichkeit genügt auch hier nicht (BSG Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Dies bedeutet, dass die Grundlagen der Beurteilung, ob das Unfallereignis bloße "Gelegenheitsursache" war, im Sinne des Vollbeweises feststehen müssen, die Kausalitätsfrage ist wieder nach Wahrscheinlichkeit zu beurteilen. Ist eine erhebliche Vorschädigung der durch den Unfall betroffenen Körperstelle, die eine Schädigung durch ein alltägliches Ereignis ermöglicht hätte oder ohne äußere Einwirkung zu der in Rede stehenden strukturellen Schädigung geführt hätte, nicht nachgewiesen, geht dies nach dem im Sozialrecht geltenden, oben dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 23/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 22).
Im vorliegenden Verfahren steht zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage des Gutachtens sowie der ergänzenden Stellungnahme von Dr. H. fest, dass zum Zeitpunkt des Unfallereignisses beim Kläger bereits fortgeschrittene Verschleißerscheinungen zwischen den ersten und dritten Lendenwirbeln in Form von knöchernen Ausziehungen in den Segmenten L1/2 und L2/3 vorlagen. Ferner litt der Kläger, was auch durch die sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. Z. und Dr. M. bestätigt worden ist, seit vielen Jahren unter zum Teil behandlungsbedürftigen Rückenschmerzen. Allerdings betrafen die fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen - so Dr. H. - nicht das jetzt betroffene Bewegungssegment L3/4. Selbst aufgrund der Auswertung des nach dem Unfall am 21.12.2006 erstellten konventionellen Röntgenbildes der LWS war, wie Dr. H. ausgeführt hat, ein Bandscheibenvorfall nicht zu erwarten.
Die vorbestehenden Rückenbeschwerden haben in den Monaten und Jahren vor dem Unfallereignis nicht zu gravierenden sozialmedizinischen Einschränkungen geführt. Die letzte wegen eines chronischen degenerativen HWS- und LWS-Syndroms durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2002 lag zum Unfallzeitpunkt bereits lange zurück. Zwar weist Dr. H. zutreffend darauf hin, dass Dr. Z. eindeutig falsch angab, dass der Kläger vor dem Unfall "keinerlei LWS-Beschwerden hatte". Doch seine Folgerung, die Angabe spreche trotzdem eher gegen eine ausgeprägte, sozialmedizinisch bedeutsame Beschwerdesymptomatik unmittelbar vor dem Unfallereignis, wird durch die sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. Z. und Dr. M. bestätigt. Aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Z. ergibt sich, dass zuletzt die Beschwerden im Bereich der HWS im Vordergrund standen. Dr. M. hat berichtet, dass die Beschwerden an der Wirbelsäule als akutes Lumbalsyndrom diagnostiziert und jeweils erfolgreich behandelt wurden. Auch aus dem Vorerkrankungsverzeichnis der AOK ergibt sich, dass in den letzten Jahren vor dem Unfallereignis keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen LWS-Beschwerden aufgetreten sind. Dies gilt auch im zeitlichen Zusammenhang mit der Erstellung der Computertomographie vom 28.02.2005. Die Erstellung dieses bildgebendes Befundes lässt zwar auf eine Veranlassung durch entsprechende Beschwerden schließen, jedoch nicht zwingend auf einen Zusammenhang mit einer bandscheibenbedingten Erkrankung. Ein Bandscheibenvorfall wurde schließlich bei der Computertomographie damals gerade nicht festgestellt. Ferner hat Dr. H. den Unterlagen einschließlich der vom Senat ergänzend eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen sowie dem im Berufungsverfahren beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis keine Hinweise auf vorbestehende Beschwerden aufgrund einer Nervenwurzelirritation durch einen Bandscheibenvorfall entnehmen können. Soweit im Aufnahmebefund des Entlassungsberichts zu der im Jahr 2002 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme eine pseudoradikuläre Symptomatik als Diagnose eines externen Gutachters angegeben wurde, bezog sich diese auf das im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erwähnung dieser Symptomatik genannte Zervikalsyndrom. Dies erschließt sich aus dem Eintrag vom 26.09.2001 in der von Dr. Z. vorgelegten Patientendokumentation. Damals gab der Kläger Schmerzen an der HWS vor allem rechts mit Kribbelparästhesien der gesamten rechten Hand an.
Aber selbst wenn die von Dr. H. dargestellten und degenerativen Prozesse an den Wirbelsäulensegmenten als Mitursache angesehen würden, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bandscheibenvorfall im Zeitpunkt des Unfallereignisses auch ohne konkreten Anlass, also ohne jede äußere Einwirkung ohnehin eingetreten wäre oder dass ein alltägliches Ereignis damals ebenfalls zu dem Bandscheibenvorfall geführt hätte. Insoweit hat Dr. H. nachvollziehbar dargelegt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem Bandscheibenvorfall zufällig um einen unfallunabhängigen Bandscheibenvorfall genau zum Zeitpunkt des Unfalls gehandelt hat, um ein Vielfaches geringer ist als die Wahrscheinlichkeit, dass der Unfall maßgeblich zur Entstehung des Bandscheibenvorfalls beitrug. Diese Einschätzung beruht auf der einfachen statistischen Überlegung, dass symptomatische Bandscheibenvorfälle in der Regel erst nach dem 20. Lebensjahr auftreten. Damit hätte der Kläger bis zum Unfallereignis 28 Jahre lang Zeit gehabt, einen symptomatischen Bandscheibenvorfall zu entwickeln. Während dieser Zeit kam es aber nicht zu einem solchen Vorfall. Insoweit geht der Senat zusammen mit Dr. H. nicht davon aus, das obwohl die überwiegende Mehrzahl aller akuten Bandscheibenvorfälle ohne ein spezifisches Unfallereignis auftritt, hier ein Zusammentreffen eines Unfallereignisses mit einem zufällig aufgetretenen Bandscheibenvorfall vorliegt.
Gegen eine überragende Bedeutung der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule insgesamt spricht für den Senat, so wie von Dr. H. dargestellt, zudem, dass in den letzten Jahren vor dem Unfallereignis keine gravierenden Beschwerden hinsichtlich der LWS vorlagen und zum Unfallzeitpunkt keine ausgeprägte degenerative Vorschädigung der Bandscheibe L3/4 gegeben war. Ferner hat Dr. H. zum Zeitpunkt seiner gutachtlichen Untersuchung des Klägers im Jahr 2008 keine allgemeine fortschreitende Bandscheibendegeneration in der betroffenen Etage feststellen können. Das anlässlich der gutachtlichen Untersuchung vom Kläger geschilderte aktuelle Beschwerdebild hat Dr. H. klar von der Bandscheibenschädigung im Jahr 2006 abgegrenzt.
Nachdem Dr. H. die Nachfrage des Senats, durch welche alltägliche Belastung der Bandscheibenvorfall im Zeitpunkt seines tatsächlichen Auftretens wahrscheinlich ohne das Unfallereignis ebenfalls herbeigeführt worden wäre oder gar ohne jede Belastung wahrscheinlich aufgetreten wäre, aus medizinisch-gutachtlicher Sicht nicht hat beantworten können, vermag der Senat nicht anzunehmen, dass just im Zeitpunkt des Unfallereignis eine sonst alltägliche Belastung zu derselben Schädigung geführt hätte. Das Unfallereignis selbst wird vom Senat angesichts seines unvorhergesehenen Eintritts vor allem in Kombination mit dem erheblichen Körpergewicht des Klägers nicht als alltägliches Ereignis eingestuft (zum Begriff "alltägliches Ereignis" vgl. Urteil des Senats vom 15.10.2009, L 10 U 2011/09).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved