L 7 SO 5358/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 3210/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5358/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der klagende Kreis begehrt die Feststellung der Erstattungspflicht des Beklagten für Aufwendungen der Sozialhilfe, die er in der Zeit vom 16. Juni 2005 bis zum 15. Dezember 2006 dem in einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit lebenden Hilfeempfänger Tim Kähler (im folgenden: TK) erbracht hat.

Der am 1974 in Frankfurt am Main geborene TK kam im Alter von 16 Jahren mit seinen Eltern nach Konstanz. Im Alter von 18 Jahren zog er aus dem elterlichen Haushalt aus, wurde cannabis- und alkoholabhängig. Von 2000 bis 2002 befand sich TK in der Justizvollzugsanstalt Konstanz, anschließend bis 2003 in Therapie in Steinen bei Lörrach. Im März 2004 kehrte er nach Konstanz zurück, befand sich aber im Dezember 2004 in stationärem Drogenentzug. Bis zum 21. Dezember 2004 war TK unter der Adresse H.str. , Konstanz, einem Übergangswohnheim für Haftentlassene, wohnhaft und polizeilich gemeldet. Vom 21. Dezember 2004 bis 9. Mai 2005 befand er sich in einer stationären Entwöhnungsbehandlung in der Fachklinik M. in K., Rheinland-Pfalz. Bereits während dieser Therapie bemühte er sich um Aufnahme in das Betreute Wohnen der AGJ - Facheinrichtung für Wohnungslose in Konstanz -. Da dort zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Therapie kein Zimmer zur Verfügung stand, zog TK ab dem 10. Mai 2005 zu seiner Mutter nach Ob., Hochtaunuskreis, wo er sich auch polizeilich anmeldete. Auf seinen Antrag vom 7. Juni 2005 gewährte ihm der Beklagte als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 7. bis 19. Juni 2005. Ab dem 16. Juni 2005 wohnte TK im Betreuten Wohnen der AGJ.

Bereits am 2. Mai 2005 beantragte TK beim Kläger die Übernahme der Betreuungspauschale für die ambulante betreute Wohnmöglichkeit im Rahmen der ambulanten Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gemäß §§ 67 ff. des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), wobei er darauf hinwies, dass er sich nur übergangsweise bei seiner Mutter aufhalte. Im ergänzenden Schreiben der AGJ vom 18. Mai 2005 wurde ausgeführt, TK sei übergangsweise bei seiner Mutter untergekommen. Derzeit seien alle Zimmer im betreuten Wohnen belegt. Eine Aufnahme wäre eventuell zum 15. Juni 2005 möglich. Mit Bescheid vom 23. Mai 2005 lehnte der Kläger diesen Antrag ab. Örtlich zuständig für die begehrte Hilfe bleibe der Träger der Sozialhilfe, der vor Eintritt in die ambulante betreute Wohnform zuletzt örtlich zuständig gewesen sei, das heißt in dessen Bereich sich der Hilfe Suchende tatsächlich aufgehalten habe. Maßgeblich sei daher der vorherige Aufenthalt in Ob ... Den danach von TK beim Beklagten gestellten Leistungsantrag lehnte dieser mit Bescheid vom 3. Juni 2005 ebenfalls wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit ab. TK habe vor seiner Aufnahme in das Betreute Wohnen der AGJ im Zuständigkeitsbereich des Beklagten keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Bei seiner Mutter habe er nur vorübergehend gewohnt, da zunächst nach Beendigung der Therapiemaßnahme kein Platz im Betreuten Wohnen vorhanden gewesen sei. Seinen Lebensmittelpunkt habe er jedoch seit dem 27. März 2004 immer in Konstanz gehabt. Beide Ablehnungsbescheide hat TK mit Widerspruch angefochten. Nachdem es zwischen den Beteiligten nicht zu einem Einvernehmen über die örtliche Zuständigkeit gekommen war, erklärte sich der Kläger gegenüber TK mit Bescheid vom 5. September 2005 bereit, zur Vermeidung von Nachteilen für diesen "bis zur Klärung der tatsächlichen örtlichen Zuständigkeit die Betreuungspauschale im Rahmen der ambulanten Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gemäß §§ 67 ff. SGB XII analog der Festsetzung durch den LWV Baden, bzw. der im Anschluss daran neu festgelegten Sätze ab dem 16.6.2005 vorläufig zu übernehmen." Die Bewilligung wurde auf sechs Monate befristet.

Bereits mit Schreiben vom 15. Juni 2005, Eingang per Telefax beim Beklagten am selben Tag, hatte der Kläger diesen davon in Kenntnis gesetzt, dass er beabsichtige, TK die beantragten Leistungen vorläufig zu bewilligen, und machte einen Kostenerstattungsanspruch geltend. Der Bewilligungsbescheid vom 5. September 2005 wurde dem Beklagten nachrichtlich mit der erneuten Aufforderung zur Anerkennung der Kostenerstattungspflicht und zur Mitteilung übersandt, ab welchem Zeitpunkt der Fall direkt vom Beklagten übernommen werde. Nach nochmaliger Erinnerung durch den Kläger vom 14. November 2005 lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 2005 die Übernahme der Betreuungspauschale ab, weil der Aufenthalt des TK in Ob. lediglich zur Überbrückung der Wartezeit bis zur Aufnahme in das betreute Wohnen gedient habe, zu welchem er sich bereits zum Zeitpunkt des Aufenthaltes in K. entschlossen habe.

Auf Weiterbewilligungsanträge des TK "verlängerte" der Kläger mit Bescheiden vom 23. Dezember 2005 und 12. Juni 2006 "die Betreuungspauschale im Rahmen der ambulanten Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten" für die Zeiträume vom 16. Dezember 2005 bis 15. Juni 2006 und vom 16. Juni bis 15. Dezember 2006. Diese Bescheide wurden dem Beklagten nicht mehr übersandt; eine weitere Erstattungsanzeige erfolgte nicht. Die vom Kläger im gesamten Zeitraum an TK erbrachte Hilfe belief sich auf insgesamt EUR 7.376,22.

Bereits am 30. Dezember 2005 hatte der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage auf Feststellung der Erstattungspflicht des Beklagten für die TK für das betreute Wohnen ab dem 16. Juni 2005 erbrachte Sozialhilfe erhoben. Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten ergebe sich aus § 98 Abs. 5 SGB XII, der zum Schutze der Kommune am Sitz des Einrichtungsträger die vorbestehende örtliche Zuständigkeit bei Eintritt in das ambulante betreute Wohnen aufrechterhalte. Da sich TK unstreitig vom 9. Mai bis 16. Juni 2005 im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufgehalten habe, sei dessen Zuständigkeit begründet. Ein gewöhnlicher Aufenthalt sei hierfür nicht erforderlich. Im Übrigen habe ein solcher jedoch auch vorgelegen. Denn TK habe sich dort "bis auf weiteres" aufgehalten, weil unklar gewesen sei, wann und ob eine Aufnahme in das Betreute Wohnen in Konstanz stattfinden könne. Des Weiteren habe er am Wohnort der Mutter den Mittelpunkt seiner sozialen Beziehungen gehabt; er sei dort gemeldet gewesen; der Beklagte habe ihm Arbeitslosengeld II gewährt. Mit Schriftsatz vom 13. April 2006 hat der Kläger klargestellt, dass die Aufwendungen für TK in Höhe von monatlich EUR 409,79 weiterhin erbracht würden; ein Ende sei nicht absehbar; erfahrungsgemäß betrage die Verweildauer 18 Monate. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. § 98 Abs. 5 SGB XII knüpfe nach Schutzzweck und Sinnzusammenhang an einen vorangegangenen gewöhnlichen Aufenthalt an, den TK in Ob. nicht begründet habe. Dieser habe sich dort nur vorübergehend für die Dauer von fünfeinhalb Wochen aufgehalten, um die Wartezeit zwischen Entlassung aus der stationären Einrichtung und der Aufnahme in das Betreute Wohnen zu überbrücken. Dass der Aufenthalt nur von kurzer Dauer sein würde, sei schon frühzeitig aufgrund der Bestätigung der Einrichtung in Konstanz vom 3. Mai 2005 (richtig: 18. Mai 2005) klar gewesen. TK habe folglich seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Klägers aus der Zeit vor der Therapiemaßnahme nie aufgegeben. Anderes ergebe sich weder aus der zwischenzeitlichen polizeilichen Anmeldung in Ob. noch aus der kurzfristigen Gewährung von Arbeitslosengeld II; letztere sei außerdem wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit des Beklagten rechtswidrig gewesen.

Nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens hat das SG mit Urteil vom 19. Oktober 2009 festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, die vom Kläger im Zeitraum vom 16. Juni 2005 bis 15. Dezember 2006 für ambulantes betreutes Wohnen im Rahmen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten erbrachten Sozialhilfeleistungen zu erstatten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Insbesondere scheitere sie nicht am Grundsatz der Subsidiarität, da der Beklagte eine öffentlich-rechtliche Körperschaft sei und es daher weder der unmittelbaren Rechtsgestaltung durch ein Urteil noch des Vollstreckungsdruckes bedürfe. Mangels anderer Anhaltspunkte sei grundsätzlich davon auszugehen, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts angesichts ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Gesetz und Recht eine bloße gerichtliche Feststellung beachten und die gebotenen Konsequenzen ziehen werde. Der Erstattungsanspruch des vorläufig leistenden Klägers ergebe sich aus § 102 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), da der Beklagte der an sich zur Erbringung der streitgegenständlichen Sozialleistung verpflichtete Leistungsträger sei. Die Zuständigkeitsbestimmung des § 98 Abs. 5 SGB XII knüpfte anders als die des Abs. 2 für stationäre Leistungen nicht an den vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt an. Vielmehr halte sie die zuvor bestehende Zuständigkeit aufrecht, die auch durch einen tatsächlichen Aufenthalt begründet sein könne. Der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung erfordere nicht die Anknüpfung an einen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt. Aus den Gesetzesmotiven sei solches ebenfalls nicht zu entnehmen.

Gegen das ihm am 22. Oktober 2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 18. November 2009 die vom SG zugelassene Berufung eingelegt. § 98 Abs. 5 SGB XII perpetuiere die Zuständigkeit des zuletzt zuständigen Trägers. Wechsle der Hilfeempfänger also aus einer stationären Einrichtung in das betreute Wohnen über, so sei gemäß § 98 Abs. 2 Sätze 1, 2 SGB XII der Träger des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes vor der stationären Aufnahme örtlich zuständig. Jedenfalls bei einem unmittelbaren Übertritt des TK von der stationären Entwöhnung in das betreute Wohnen wäre daher der Kläger zuständiger Träger gewesen, da TK vor Aufnahme in die stationäre Einrichtung dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hätte. Tatsächlich habe sich TK zwar etwa fünfeinhalb Wochen bei seiner Mutter in Ob. aufgehalten. Bei Berücksichtigung eines solchen tatsächlichen Aufenthaltes in der Übergangszeit zwischen stationärer und ambulanter Einrichtung hinge die Kostentragungspflicht von bloßen Zufälligkeiten ab, wie hier dem Fehlen eines freien Einrichtungsplatzes. Ziel des § 98 Abs. 5 SGB XII sei es, den Schutz des Anstaltsortes nach § 98 Abs. 2 SGB XII auf Fälle ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten auszudehnen. Es solle vermieden werden, dass durch die Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes am Ort des betreuten Wohnens die örtliche Zuständigkeit für diese ambulanten Leistungen neu ausgelöst werde. Wie in Abs. 2 müsse daher auch in § 98 Abs. 5 SGB XII an den vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt angeknüpft werden. Schließlich sei zu bedenken, dass der Kläger der Sozialhilfeträger sei, zu dem TK seit Jahren die größte Nähe habe und der dessen Verhältnisse am besten kenne. Auch das Interesse eines Hilfeempfängers an möglichst effektiver Betreuung durch den ortsnahen Sozialhilfeträger spreche für eine Zuständigkeit des Klägers. Einen gewöhnlichen Aufenthalt habe TK in Ob. nicht begründet, da er zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt habe, sich dort im Sinne eines "zukunftsoffenen Verbleibs" aufzuhalten, sondern den kurzzeitigen Aufenthalt bei seiner Mutter nur als Übergangslösung betrachtet habe. Im Übrigen bestünden gegen Grund und Höhe der geltend gemachten Erstattungsforderung keine Einwände.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Durch § 98 Abs. 5 SGB XII solle nicht der Ort des tatsächlichen Aufenthaltes zulasten des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes geschützt werden, sondern der Ort der ambulanten Einrichtung. Der Gesetzgeber habe eine Entwicklung verhindern wollen, dass Sozialhilfeträger in ihrem Zuständigkeitsbereich solche Einrichtungen nicht schafften, um den Zuzug von Bedürftigen aus anderen Zuständigkeitsbereichen zu vermeiden. Dieser Schutz sei nur dann umfassend, wenn auch der vorherige tatsächliche Aufenthalt von der Zuständigkeit des § 98 Abs. 5 SGB XII erfasst sei. Hätte der Gesetzgeber die letzte örtliche Zuständigkeit an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen wollen, wäre eine entsprechende gesetzliche Formulierung oder ein Verweis auf § 98 Abs. 2 SGB XII zu erwarten gewesen. Der Kläger hat das Rundschreiben des Landeswohlfahrtsverbandes Baden von 1. April 2004 (Nr. 209/2004) sowie die Richtlinien zum betreuten Wohnen vom 22. September 2000 zu den Akten gereicht.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des Senats, des SG (S 5 SO 3445/05 und S 3 SO 3210/08) und der Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten gem. §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft, da das SG sie ausdrücklich zugelassen hat. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das SG hat zu Recht die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht und nicht an der grundsätzlich auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Subsidiarität dieser Klageart gegenüber der Leistungsklage scheitern lassen. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil nimmt der Senat nach eigener Prüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass zwischen den Beteiligten allein die örtliche Zuständigkeit für die erbrachten Leistungen im Streit steht, nicht die Art der Leistung, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen oder die Leistungshöhe. Es ist daher zu erwarten, dass die Streitigkeit mit der Feststellung der Erstattungspflicht beendet wird, ohne dass sich weitere Rechtsstreite anschließen.

Bei der vom Kläger erbrachten Hilfe handelt es sich nicht um stationäre, sondern um ambulante Leistungen. Hiervon gehen beide Beteiligte übereinstimmend aus. Der Akteninhalt bietet keine Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung. Die von TK im Leistungszeitraum bewohnte Wohnung - sowohl in der Wohngemeinschaft wie auch im Einzelappartement - war nicht frei gesucht, sondern wurde von der AGJ zur Verfügung gestellt. Wie dem in der Verwaltungsakte des Klägers enthaltenen Gesamthilfeplan entnommen werden kann, wurden Betreuungsleistungen nicht nur sporadisch und situativ bedingt erbracht, sondern in einer regelmäßigen Form und in eine Gesamtkonzeption eingebunden, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet war (vgl. hierzu Söhngen in jurisPK-SGB XII, § 98, Rdnr. 49 m.w.N.). Anders als bei einer stationären Unterbringung hat die Einrichtung vorliegend aber nicht die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der Betreuten übernommen (vgl. hierzu Schoch in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 98 Rdnr. 24). Nach den Feststellungen des Senats handelt es sich somit um eine betreute Wohnmöglichkeit (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Juni 2010 - L 9 SO 15/09 - (juris)). Dies wird von den Beteiligten auch nicht in Zweifel gezogen.

TK sind die Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten im gesamten Zeitraum gem. § 19 Abs. 3 i.V.m. § 67 SGB XII zu Recht gewährt worden. Dieser gehörte dem anspruchsberechtigten Personenkreis an, da bei ihm besondere Lebensverhältnisse (die Entlassung aus einer geschlossenen Einrichtung in ungesicherte Lebensverhältnisse und fehlender eigener Wohnraum) mit sozialen Schwierigkeiten (bei der Beschaffung einer Wohnung und der Erlangung eines Arbeitsplatzes) verbunden waren. Dies ergibt sich aus dem bei den Beteiligten gestellten Antrag sowie dem in der Verwaltungsakte des Klägers enthaltenen Gesamthilfeplan. Des Weiteren war TK hilfebedürftig; er bezog vor und während der Maßnahme in der ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit lediglich Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Leistungsvoraussetzungen werden vom Beklagten ausdrücklich nicht in Abrede gestellt.

Der Kläger hat die Leistungen im gesamten streitigen Zeitraum gem. § 43 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) erbracht. Danach kann, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist, der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt. Er hat Leistungen zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt. Die Leistungen wurden erst gewährt, nachdem der Antrag zunächst vom Kläger mit Bescheid vom 23. Mai 2005 und vom Beklagten mit Bescheid vom 3. Juni 2005 jeweils wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit abgelehnt worden war und der Kläger seinen Antrag ausdrücklich wiederholt hatte. Im Bewilligungsbescheid vom 5. September 2005 wird auf diesen Umstand ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt, dass die Leistungen bis zur Klärung der tatsächlichen örtlichen Zuständigkeit erfolgten; daher werde die Betreuungspauschale ab dem 16. Juni 2005 vorläufig übernommen. Diese Bewilligung war zunächst auf sechs Monate befristet, wurde aber durch Bescheide vom 23. Dezember 2005 und 12. Juni 2006 bis zum 15. Dezember 2006 "verlängert". Diese beiden Bescheide enthalten zwar keine ausdrückliche Regelung über die Vorläufigkeit mehr. Die Auslegung aus Sicht eines objektiven Dritten ergibt jedoch, dass die Bewilligung weiterhin bei ungeklärter örtlicher Zuständigkeit erfolgte. Denn eine Klärung war ersichtlich nicht erfolgt. Es wurde gerade auch keine neue Entscheidung in der Sache getroffen, sondern lediglich die frühere "verlängert", also mit demselben Inhalt auf einen weiteren Zeitraum ausgedehnt.

Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Erstattung ist daher § 102 Abs. 1 SGB X: Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

Der Beklagte ist passivlegitimiert, da er - bei Bestehen der streitigen örtlichen Zuständigkeit - auch der sachlich zuständige Träger für die erbrachte Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem Achten Kapitel des SGB XII - §§ 67 ff. SGB XII - war. Nach § 97 Abs. 2 und 3 Nr. 3 SGB XII ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe nur dann für Leistungen dieser Art sachlich zuständig, wenn das Landesrecht keine abweichende Regelung hierzu trifft. § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Ausführungsführungsgesetzes zum SGB XII (HAG/SGB XII) in der für den streitigen Zeitraum geltenden Fassung vom 20. Dezember 2004 bestimmt eine sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers für Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel des SGB XII, sofern diese nicht in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung gewährt werden. Der überörtliche Träger ist sachlich zuständig bei Nichtsesshaften für die Hilfen nach § 8 Nr. 1 und 3 bis 7 SGB XII sowie für die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung außerhalb einer Einrichtung zur stationären Betreuung, sofern die Hilfe zur Sesshaftmachung bestimmt ist. Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers für Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel des SGB XII auch in einer betreuten Wohnmöglichkeit für behinderte Menschen ist erst zum 7. Oktober 2008 in Kraft getreten. Da dem TK auch vor Aufnahme in das ambulante betreute Wohnen Wohnraum bei seiner Mutter zur Verfügung stand, kann er nicht als nichtsesshaft in diesem Sinne angesehen werden - so auch die vom Beklagten im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegte Stellungnahme des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen vom 9. Februar 2006 -. Der Beklagte ist daher als örtlicher Träger der Sozialhilfe (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 HAG/SGB XII) sachlich zuständig.

Zutreffend hat das SG auch die örtliche Zuständigkeit des Beklagten für die gewährten Leistungen angenommen. Abweichend von der allgemeinen Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 1 SGB XII bestimmte Abs. 5 Satz 1 in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung, dass für die Leistungen an Personen, die Leistungen in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig bleibt, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt örtlich zuständig war. Die Regelung wurde mit Wirkung vom 7. Dezember 2006 durch Gesetz vom 2. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2670) ergänzt und trifft nunmehr folgende Regelung: Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Die Ergänzung "oder zuständig gewesen wäre" hatte nach gesetzgeberischer Wertung nur klarstellende Bedeutung, stellt also keine Rechtsänderung dar und ist somit auch für vor der Neufassung liegende Zeiträume heranzuziehen. Verdeutlicht wird damit die Anknüpfung der Zuständigkeit an die vorhergehenden Aufenthaltsverhältnisse der nachfragenden Person vor Beginn der Leistungen in ambulant betreuten Wohnmöglichkeiten (BT-Drucks. 16/2711 S. 13). Nicht entscheidend ist damit, dass bereits vor der Aufnahme in die ambulante Betreuung eine Zuständigkeit durch einen tatsächlichen Leistungsbezug begründet worden war (Söhngen, a.a.O., Rdnr. 51).

§ 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII perpetuiert mithin die örtliche Zuständigkeit, die vor der Aufnahme in die ambulante betreute Wohnmöglichkeit bestand oder im Falle des Leistungsbezuges bestanden hätte. Der Wortlaut enthält allerdings keinerlei Hinweis darauf, dass die vorherige Zuständigkeit, die perpetuiert werden soll, nur durch einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet werden kann. Es gilt zunächst die allgemeine Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 1 SGB XII, die - mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - nicht auf den gewöhnlichen, sondern den tatsächlichen Aufenthalt abstellt. Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII standen hier aber schon mangels dauerhafter Erwerbsminderung des TK nicht im Raume. Für eine solche dauerhafte Erwerbsminderung i.S.d. § 41 Abs. 3 SGB XII ergeben sich nach den vorliegenden Akten keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht auch der Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuche nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Die Beteiligten haben eine solche ebenfalls nicht behauptet. Ein unmittelbarer Übertritt von einer stationären Einrichtung in die ambulante Maßnahme, die zu einer Zuständigkeit des Trägers des gewöhnlichen Aufenthaltes vor Beginn der stationären Hilfe führen würde (§ 98 Abs. 2 Satz 1, § 109 SGB XII) lag hier nicht vor. Denn eine rechtserhebliche Unterbrechung einer "Einrichtungskette" ist zumindest dann gegeben, wenn zum Zeitpunkt des Verlassens der bisherigen Einrichtung - wie hier - nicht feststeht, ob oder wann die Hilfegewährung fortgesetzt werden soll (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98 Rdnr. 63). Die hier vorliegende Unterbrechung von über einem Monat kann auch nicht mehr als lediglich kurzer Zeitraum angesehen werden. Maßgeblich ist daher die nach § 98 Abs. 1 SGB XII zu bestimmende vorherige Zuständigkeit, die an den tatsächlichen (vorherigen) Aufenthalt anknüpft (ebenso Schlette, a.a.O., Rdnr. 95; a.A. wohl Rabe in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl., § 98 Rdnr. 37).

Der Zweck der Regelung zwingt nicht zur Auslegung, dass die Zuständigkeit an den vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt anknüpft. Auch wenn die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/1514 S. 67 zu § 92 des Entwurfs) keine ausdrücklichen Hinweise auf das Regelungsziel enthalten, dient die Anknüpfung an die Aufenthaltsverhältnisse des Leistungsempfängers vor Beginn der ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit dem Schutz der Orte, die solche Möglichkeiten anbieten, vor den ansonsten mit dem Aufenthalt verbundenen Sozialhilfekosten (Schlette, a.a.O., Rdnr. 94; Söhngen, a.a.O., Rdnr. 46; Kirsten/Wenzel, NDV 2007, 85, 87; Gerlach, ZfF 2008, 1, 2). Dieser Schutzgedanke liegt, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, auch der Sonderregelung der Zuständigkeit bei stationären Leistungen des § 98 Abs. 2 SGB XII zugrunde. Trotz der vergleichbaren Interessenlage hat der Gesetzgeber die Regelungen jedoch unterschiedlich ausgestaltet. Nach § 98 Abs. 2 SGB XII ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Die dort ausdrücklich vorgesehene Anknüpfung gerade an den gewöhnlichen Aufenthalt findet sich in Abs. 5 nicht. Auch ansonsten sind die erfassten Sachverhalte trotz gleichen Schutzzwecks nicht parallel geregelt. Weder findet sich für die ambulanten betreuten Wohnmöglichkeiten eine Regelung über die Zuständigkeit bei Wechsel der Einrichtung/Wohnmöglichkeit noch über eine vorläufige Einstandspflicht. Die Kostenerstattungsregelung des § 106 SGB XII erfasst zunächst allein die Leistungen bei Aufenthalt in einer stationären Einrichtung und knüpft nur an die Regelungen des § 98 Abs. 2, nicht aber Abs. 5 SGB XII an. Die Sachverhalte werden also gesetzlich unterschiedlichen Ausgleichssystemen unterworfen. Die gesetzgeberische Fiktion über den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 109 SGB XII gilt ebenfalls nur für den Aufenthalt in einer Einrichtung i.S.d. § 98 Abs. 2 SGB XII und bei einem auf richterlich angeordneter Freiheitsentziehung beruhendem Aufenthalt in einer Vollzugsanstalt. Dies hat zur Folge, dass in einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden kann, so dass bei anschließender stationärer Leistung der Träger am Ort der ambulanten Hilfe nach § 98 Abs. 2 SGB XII für die stationär erbrachte zuständig bleibt, auch wenn dies dem Schutzgedanken des § 98 Abs. 5 SGB XII eigentlich diametral entgegenläuft (vgl. Söhngen, a.a.O., Rdnr. 53). Bei einem Wechsel in umgekehrter Richtung oder von einer stationären Einrichtung in eine weitere ist dies gerade nicht der Fall.

Wenn der Gesetzgeber eine parallele Regelung zu § 98 Abs. 2 SGB XII hätte treffen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass er die ambulanten betreuten Wohnmöglichkeiten unmittelbar in diese Vorschrift aufgenommen oder eine Verweisung auf Abs. 2 vorgenommen hätte. Dies zeigt der Vergleich mit Hilfen für Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben. Für diese wird in § 98 Abs. 4 SGB XII ausdrücklich die entsprechende Anwendung der Regelungen des Abs. 2 sowie der §§ 106 und 109 SGB XII angeordnet. Diesen Weg hat der Gesetzgeber aber in § 98 Abs. 5 SGB XII gerade nicht gewählt, sondern hierzu eine eigenständige Regelung getroffen. Eine Übertragung von Voraussetzungen des § 98 Abs. 2 SGB XII auf die Regelung des Abs. 5 scheidet daher aus. Eine eventuell wünschenswerte Parallelität kann nur durch eine gesetzliche Neufassung erreicht werden, nicht durch richterliche Auslegung. Dem Ziel des Schutzes des Einrichtungsortes wird jedenfalls auch eine Auslegung gerecht, die nicht auf den vorherigen gewöhnlichen, sondern den tatsächlichen Aufenthalt abstellt. Denn ein Schutz oder eine Entlastung des Trägers des tatsächlichen Aufenthaltes ist mit § 98 Abs. 5 SGB XII nicht bezweckt. Dagegen kann der Beklagte nicht erfolgreich einwenden, die Hilfe könne besser und sachgerechter durch den ortsnahen Träger und damit den Träger des Einrichtungsortes erbracht werden, denn gerade dies widerspricht Wortlaut und Schutzzweck der gesetzlichen Regelung.

Dem Erstattungsanspruch steht nicht die von Amts wegen zu beachtende materielle Ausschlussfrist des § 111 SGB X entgegen. Danach ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Unabhängig von der Frage, ob der in Satz 2 geregelte Fristbeginn auf Erstattungsansprüche nach § 102 SGB X generell oder auf Fallgestaltungen Anwendung finden kann, in denen eine Entscheidung des erstattungspflichtigen Trägers über seine Leistungspflicht nicht ergeht (vgl. Kater in KassKomm, SGB X, § 111 Rdnrn. 2, 10 ff.), hat der Kläger bereits die nach § 111 Satz 1 SGB XII maßgebliche Frist gewahrt. Diese beginnt nach Ablauf des letzten Tages, für den die Sozialleistung an den Anspruchsberechtigten erbracht wurde. Für welchen Zeitraum die Leistung bestimmt war, bestimmt sich nach dem Leistungsrecht des erstattungsberechtigten Trägers. Hat dieser durch Bewilligungsbescheid die Leistung einem bestimmten Zeitraum zugeordnet, ist dessen letzter Tag maßgeblich. Geltend zu machen ist jeder einzelne Erstattungsanspruch je nach Leistungszeitraum (Kater, a.a.O., Rdnrn. 8, 18). Das Geltendmachen künftiger Ansprüche ist möglich, wenn mit ihrem Entstehen "demnächst" zu rechnen ist (Bundessozialgericht (BSG) BSGE 21, 157). Der Erstattungsanspruch kann bereits geltend gemacht werden, bevor die Ausschlussfrist zu laufen begonnen hat. Der Begriff des "Geltendmachens" erfordert keine gerichtliche Geltendmachung und keine Darlegung in allen Einzelheiten, sondern das Behaupten oder Vorbringen. Allerdings muss der Wille erkennbar werden, zumindest rechtssichernd tätig zu werden (BSG SozR 4-2500 § 10 Nr. 4). Angegeben werden muss grundsätzlich der Leistungszeitraum, bei künftigen Leistungen zumindest die voraussichtliche Dauer der Leistung (BSG SozR 3-1300 § 111 Nr. 6); eine genaue Bezifferung ist nicht nötig.

Der Beklagte war bereits durch den auch bei ihm gestellten Antrag über Art und Umfang der begehrten Sozialleistung informiert. Mit Schreiben vom 15. Juni 2005 hat der Kläger dem Beklagten mitgeteilt, dass er TK "die Betreuungspauschale im Betreuten Wohnen der AGJ Konstanz" ab sofort vorläufig bis zur Klärung der tatsächlichen örtlichen Zuständigkeit gewähren werde. Ausdrücklich wurde bereits in diesem Schreiben "Kostenerstattung gem. §§ 102 ff. SGB X" geltend gemacht. Der Bewilligungsbescheid vom 5. September 2005 (Bewilligungszeitraum 16. Juni bis 15. Dezember 2005) wurde dem Beklagten nachrichtlich übersandt. Soweit den vorliegenden Akten zu entnehmen ist, wurden die beiden Folgebescheide vom 23. Dezember 2005 und 12. Juni 2006 (Bewilligungszeiträume vom 16. Dezember 2005 bis 15. Juni 2006 und 16. Juni bis 15. Dezember 2006) dem Beklagten nicht mehr übersandt; ausdrückliche Erstattungsschreiben sind für diese Zeiträume nicht erfolgt. Bereits am 30. Dezember 2005 hatte der Kläger aber Klage auf Feststellung der Erstattungspflicht erhoben. Mit Schriftsatz vom 10. April 2006 hatte er dabei im sozialgerichtlichen Verfahren dargelegt, dass die Leistungen an TK i.H.v. monatlich EUR 409,79 weitergewährt würden; das Ende sei noch nicht absehbar, mit einer Gesamtdauer von 18 Monaten aber zu rechnen. Damit waren auch für die Folgezeiträume innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X die wesentlichen Einzelheiten, insbesondere die voraussichtliche Dauer der Leistungen bestimmt und das Erstattungsbegehren deutlich gemacht worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGG und § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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