Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 2575/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5857/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 1. Dezember 2010 aufgehoben. Der Klägerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt P.-B. für das Klageverfahren S 8 AS 2575/09 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin hat Erfolg; sie ist zulässig und begründet.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 SGG). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates steht der Statthaftigkeit der Beschwerde nicht entgegen, dass in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedarf (vgl. Beschluss vom 23. Februar 2009, L 13 AS 3835/08 PKH-B, veröffentlicht in Juris m.w.N.), zumal nach der Neufassung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG eine durch die analoge Anwendung des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu schließende planwidrige Lücke erst recht nicht mehr angenommen werden kann (vgl. Beschluss des Senates vom 31. Januar 2011, L 13 AS 5223/10 B m.w.N.). Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig.
Die Beschwerde ist auch begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs.2 ZPO). Für eine hinreichende Erfolgsaussicht in der Hauptsache ist keine Erfolgsgewissheit erforderlich, es genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit. Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 28. Aufl., § 114 ZPO Rdnr. 19 m.w.N.).
Unter Beachtung dieser Maßstäbe kann eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage nicht verneint werden. Der Beklagte hat den streitgegenständlichen Absenkungsbescheid darauf gestützt, dass die Klägerin zu einem Meldetermin am 16. Februar 2009 ohne wichtigen Grund nicht erschienen sei. Eine Meldeaufforderung zu diesem Termin ist nicht erfolgt; die Beklagte ist der Auffassung, dass die Meldeaufforderung vom 5. Februar 2009 zum 12. Februar 2009 gemäß § 309 Abs. 3 Satz 3 SGB III fortwirkt bis zum 16. Februar 2009. Da § 309 Abs. 3 Satz 3 SGB III nach dem Wortlaut jedoch nur einschlägig ist, wenn der Meldepflichtige selbst am Meldetag arbeitsunfähig ist, besteht keine gesetzliche Regelung für eine fingierte Verschiebung der Meldeaufforderung, wenn zwar der Meldepflichtige - wie hier - arbeitsfähig ist, aber dessen Kinder erkrankt sind. Gegen eine analoge Anwendung dieser sanktionsrechtlich bedeutsamen Vorschrift auf erkrankte Kinder des Meldepflichtigen spricht bereits, dass bei Kindern regelmäßig nicht von einer Arbeitsunfähigkeit gesprochen werden kann und unklar ist, wann genau von einer soweit fortgeschrittenen Gesundung der Kinder ausgegangen werden kann, dass eine Meldung des Erziehungsberechtigten wieder erwartet werden kann. Hinzu kommt, dass die Rechtsfolgenbelehrung - zu den strengen Voraussetzungen siehe BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 30/09 R - jedenfalls nicht konkret, richtig und vollständig über die von der Beklagten angenommene Pflicht, nach der Gesundung der Kinder vorzusprechen, belehrt. Über diese Mängel hilft nicht hinweg, dass die Klägerin die Einladung möglicherweise so verstanden hat, dass sie nach Beendigung der Krankheit der Kinder vorzusprechen habe. Dies rechtfertigt weder einen Analogieschluss noch das Fehlen einer korrekten Rechtsfolgenbelehrung.
Zweifelhaft ist, ob die Beklagte ihren Absenkungsbescheid nunmehr darauf stützen könnte, dass die Klägerin zum 12. Februar 2009 nicht erschienen ist. Dies dürfte nicht nur ein Wechsel in der Begründung des Verfügungssatzes sein, sondern einen anderen Streitgegenstand betreffen. Selbst wenn das SG dies für zulässig hielte, müsste es der Frage nachgehen, ob die Klägerin für das Nichterscheinen am 12. Februar 2009 einen wichtigen Grund hatte.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht verneint werden. Eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint erforderlich. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren liegen vor.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin hat Erfolg; sie ist zulässig und begründet.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 SGG). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates steht der Statthaftigkeit der Beschwerde nicht entgegen, dass in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedarf (vgl. Beschluss vom 23. Februar 2009, L 13 AS 3835/08 PKH-B, veröffentlicht in Juris m.w.N.), zumal nach der Neufassung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG eine durch die analoge Anwendung des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu schließende planwidrige Lücke erst recht nicht mehr angenommen werden kann (vgl. Beschluss des Senates vom 31. Januar 2011, L 13 AS 5223/10 B m.w.N.). Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig.
Die Beschwerde ist auch begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs.2 ZPO). Für eine hinreichende Erfolgsaussicht in der Hauptsache ist keine Erfolgsgewissheit erforderlich, es genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit. Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 28. Aufl., § 114 ZPO Rdnr. 19 m.w.N.).
Unter Beachtung dieser Maßstäbe kann eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage nicht verneint werden. Der Beklagte hat den streitgegenständlichen Absenkungsbescheid darauf gestützt, dass die Klägerin zu einem Meldetermin am 16. Februar 2009 ohne wichtigen Grund nicht erschienen sei. Eine Meldeaufforderung zu diesem Termin ist nicht erfolgt; die Beklagte ist der Auffassung, dass die Meldeaufforderung vom 5. Februar 2009 zum 12. Februar 2009 gemäß § 309 Abs. 3 Satz 3 SGB III fortwirkt bis zum 16. Februar 2009. Da § 309 Abs. 3 Satz 3 SGB III nach dem Wortlaut jedoch nur einschlägig ist, wenn der Meldepflichtige selbst am Meldetag arbeitsunfähig ist, besteht keine gesetzliche Regelung für eine fingierte Verschiebung der Meldeaufforderung, wenn zwar der Meldepflichtige - wie hier - arbeitsfähig ist, aber dessen Kinder erkrankt sind. Gegen eine analoge Anwendung dieser sanktionsrechtlich bedeutsamen Vorschrift auf erkrankte Kinder des Meldepflichtigen spricht bereits, dass bei Kindern regelmäßig nicht von einer Arbeitsunfähigkeit gesprochen werden kann und unklar ist, wann genau von einer soweit fortgeschrittenen Gesundung der Kinder ausgegangen werden kann, dass eine Meldung des Erziehungsberechtigten wieder erwartet werden kann. Hinzu kommt, dass die Rechtsfolgenbelehrung - zu den strengen Voraussetzungen siehe BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 30/09 R - jedenfalls nicht konkret, richtig und vollständig über die von der Beklagten angenommene Pflicht, nach der Gesundung der Kinder vorzusprechen, belehrt. Über diese Mängel hilft nicht hinweg, dass die Klägerin die Einladung möglicherweise so verstanden hat, dass sie nach Beendigung der Krankheit der Kinder vorzusprechen habe. Dies rechtfertigt weder einen Analogieschluss noch das Fehlen einer korrekten Rechtsfolgenbelehrung.
Zweifelhaft ist, ob die Beklagte ihren Absenkungsbescheid nunmehr darauf stützen könnte, dass die Klägerin zum 12. Februar 2009 nicht erschienen ist. Dies dürfte nicht nur ein Wechsel in der Begründung des Verfügungssatzes sein, sondern einen anderen Streitgegenstand betreffen. Selbst wenn das SG dies für zulässig hielte, müsste es der Frage nachgehen, ob die Klägerin für das Nichterscheinen am 12. Februar 2009 einen wichtigen Grund hatte.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht verneint werden. Eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint erforderlich. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren liegen vor.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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