Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 523/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5084/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente über den 21. Dezember 2007 hinaus.
Der 1968 geborene Kläger - Linkshänder -, der seit Mai 2000 bei der M.-F. GmbH als Lackierer tätig war, erlitt am 3. Februar 2006 einen Arbeitsunfall. Er stieß sich einen Metalldorn in den linken Daumen (Stichverletzung linker Handballen, Durchmesser ca. 3 mm, etwa 1 cm tief, ohne Rötungs- oder Entzündungszeichen; Durchgangsarztbericht Dr. S. vom 6. Februar 2006; Unfallanzeige Arbeitgeber vom 6. Februar 2006). Am 6. Februar 2006 wurde der Kläger wegen einer deshalb aufgetretenen Hohlhandphlegmone operiert (Wundrevision am Thenar sowie der Septenräume mit zusätzlicher Revision der Parona-Loge) und befand sich bis 14. Februar 2006 in stationärer Behandlung. Am 23. Februar 2006 kam es zu einer Zunahme der bis dahin noch bestehenden Schwellung und Schmerzen, so dass der Kläger wegen einer Rezidiv-Hohlhandphlegmone am 24. Februar 2006 erneut in stationäre Behandlung aufgenommen worden ist. Am 25. Februar 2006 erfolgte eine ausgedehnte Inzision im Bereich des Thenars (Daumenballens), der Hohlhand sowie des distalen Unterarms mit VAC-Therapie. Am 10. März 2006 stellte der ambulant behandelnde Facharzt für Chirurgie Dr. B. reizlose Wundverhältnisse fest, so dass physiotherapeutische Behandlung zur Verbesserung der Hand- und Fingerbeweglichkeit eingeleitet wurde. Im neurologischen Befundbericht vom 18. Mai 2006 berichtete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie B., Konsiliararzt der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen (der Kläger befand sich dort zur Heilverfahrenskontrolle) über unauffällige neurologische Verhältnisse bei noch deutlich geschwollenen Fingern der linken Hand. Insbesondere schloss er eine objektivierbare Arm-Hand-Nervenstörung links, vor allem eine Ulnarisstörung, aus. Der Kläger wurde am 14. Juni 2006 in stationäre Heilbehandlung in der BG-Klinik L. mit Hyposensibilitäten und Parästhesien im Bereich des linken Daumens mit schmerzhafter Kraft- und Bewegungseinschränkung bei Zustand nach Metalldrahtverletzung der Thenarmuskulatur links mit Infektverlauf aufgenommen. Am 14. August 2006 begann der Kläger mit einer Arbeits- und Belastungserprobung, nachdem er am 3. August 2006 aus der stationären Heilbehandlung entlassen worden war. Im Entlassungsbericht vom 7. August 2006 wurde von einer Verbesserung der Narbenverhältnisse bei noch immer rezidivierend auftretenden Schwellungen am distalen Unterarm beugeseitig bei Belastung, am ehesten als Muskelverhärtung zu interpretieren, bei nahezu freier Beweglichkeit und ausreichender Handkraft berichtet. Während der Belastungserprobung in der Tätigkeit des Lackierers wurde nach einer Woche wegen der vom Kläger geschilderten Beschwerden und einer Schwellung der Hand und des linken Unterarms nach Belastung (ca. 45 Minuten) auf eine Tätigkeit in der Kontrolle von Lackierteilen ausgewichen und die Erprobung bis zum 6. September 2006 fortgesetzt. Am 22. August 2006 beantragte der Kläger durch seine Bevollmächtigten die Gewährung einer Verletztenrente.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Prof. Dr. M., Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum der Universität F., unter dem 17. Oktober 2006 einen Zwischenbericht. Danach bestehe wohl noch eine Tenovaginits im Bereich des linken Handgelenks und Unterarms, die einer Behandlung zugänglich sei. Die Beweglichkeit für das Ellenbogengelenk und bei der Unterarmdrehung war bei der Untersuchung seitengleich frei, im Bereich des linken Handgelenks zeigte sich im Seitenvergleich eine geminderte Beweglichkeit, ebenso im Bereich der Daumengelenke und für die Abspreizung des Daumens. Der Faustschluss und die Streckung der Langfinger waren seitengleich möglich, der Spitzgriff war im Bereich des vierten und fünften Fingers links deutlich erschwert. Der linke Arm zeigte sich im Umfang verschmächtigt. Unter dem 29. November 2006 berichtete Prof. Dr. M. nach Ruhigstellung eine deutliche Besserung des Befunds, so dass eine Arbeits-und Belastungserprobung im Beruf des Lackierers eingeleitet und bis zum 7. Januar 2007 durchgeführt wurde. Ab 8. Januar 2007 war der Kläger wieder arbeitsfähig.
Im ersten Rentengutachten vom 28. Februar 2007 berichtete PD Dr. M., Städtisches Klinikum K., davon, dass der Kläger noch über Schmerzen in der linken Hand sowie im Bereich des Unterarms, eine Schweißneigung der linken Hand und erhebliche Kraftminderung links klage. Auch bestünde ein Streckdefizit der Langfinger und eine Schwellneigung im palmaren Unterarmbereich links sowie erhebliche Wetterfühligkeit. Als wesentliche Unfallfolgen wurden radiologisch eine diskrete Minderkalzifizierung im Sinne einer Inaktivitätsosteoporose der linken Hand, eine Kraftminderung der linken Hand, eine diskrete Umfangsvermehrung des Handgelenks links gegenüber rechts von 1 cm sowie eine subjektive Beschwerdesymptomatik mit Schwellneigung, Schweißneigung der linken Hand sowie rezidivierend auftretenden Schmerzen und Wetterfühligkeit beschrieben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde vom Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ab 8. Januar 2007 bis 7. Juli 2007 mit 20 vom Hundert (v.H.), danach mit 10 v.H. eingeschätzt.
Nachdem der Beratungsarzt hingegen eine MdE um 10 v.H. vorschlug, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Juni 2007 einen Rentenanspruch ab, da die Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei. Als Unfallfolgen seien anzuerkennen operativ versorgte Entzündungen im Bereich des Daumenballens nach Stichverletzung, diskrete Verminderung der Knochenmasse im Bereich der Mittelhand und der Grundgliedfinger, leichte Minderung der Handspanne, leichte Kraftminderung, vermehrte Schweißbildung, leichte Sensibilitätsstörungen am Daumenballen und an der Fingerkuppe des Daumens. Da keine Bewegungseinschränkung der linken Hand bestehe, könne die Einschätzung einer MdE um 20 v.H. nicht geteilt werden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Während des Widerspruchsverfahrens legte am 4. Juli 2007 der behandelnde Dr. B. einen Durchgangsarztbericht vor, wonach der Kläger am 4. Juni 2006 vorgesprochen und über ein Pelzigkeitsgefühl im linken Kleinfinger sowie eine leichte Schwellung im beugeseitigen Unterarmbereich geklagt habe. Im Ellbogengelenk befinde sich - bei dort ebenfalls geklagten Schmerzen - eine unfallunabhängige Epicondylitis. Er verordnete eine Salbe.
Zur Begründung des Widerspruchs stützten sich die Bevollmächtigten auf eine am 4. Juni 2007 eingetretene "Wiedererkrankung", die dafür spreche, dass die Arbeitsfähigkeit des Klägers noch nicht wieder vollständig erreicht sei. Der Kläger trage deshalb mittlerweile einen Gips am linken Unterarm, der über das Ellbogengelenk bis zum Oberarm reiche. Der Auffassung von Dr. B., wonach ein Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall nicht bestehe, sei nicht zu folgen.
Unter dem 11. September 2007 berichtete die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L., der Kläger habe sich im August wegen fortbestehender Beschwerden vorgestellt. Die neurologische Untersuchung habe eine verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit etwas proximal der Loge de Guyon ergeben, so dass zu einer Revision des Nervus ulnaris im Bereich der Loge de Guyon und Umgebung geraten werde, um eine Dekompression des Nervus ulnaris zu erzielen. Am 19. September 2007 wurde diese Revision durchgeführt (Bericht vom 21. September 2007).
Im handchirurgischen Fachgutachten von Prof. Dr. G., Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L., vom 28. März 2008 führte dieser aus, es bestünden als Unfallfolgen eine verifizierbare 50%ige Kraftminderung des linkshändigen Klägers, eine Umfangsdifferenz links gegenüber rechts von 1 cm, eine 50%ige Kraftminderung im Spitz- und Schlüsselgriff, eine Asensibilität im Versorgungsbereich N 1 nach mehrfachen Revisionen im Thenarbereich mit Schnittführung im Bereich des Nervens, vegetative Störungen mit Schwellung und Verfärbung der Hand, Zittern als Ausdruck eines mild ausgeprägten CRPS nach Infektverlauf und mehrfachen Revisionen, lokalisierter Schmerz mit positivem Hoffmann-Tinel-Zeichen im Bereich der frischen Narbe, die hypertroph sei. Die Sensibilitätsstörungen seien bei der Rentenablehnung unzureichend berücksichtigt worden, so dass in nachschauender Betrachtung eine MdE um 20 v.H. bis zur erneuten Revision am 17. September 2007 gerechtfertigt sei. Die Revision sei wegen der ausgeprägten Vernarbung als Folge der stattgehabten Infekte notwendig gewesen. Dies habe den N. medianus wie auch den N. ulnaris komprimiert. Bei der Untersuchung am 10. März 2008 habe sich eine gute Beweglichkeit gezeigt, bei weiterhin bestehendem Taubheitsgefühl über dem Versorgungsgebiet N 1. Postoperativ seien die Sensibilitätsstörungen im Bereich D 4 und D 5 rückläufig gewesen und derzeit beschwerdefrei. Die Kraftminderung um 50% bestehe nach wie vor, ebenso vermehrtes Schwitzen und Schwellungszustände. Die MdE belaufe sich auf 10 v.H.
Mit Bescheid vom 12. Juni 2008 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und bewilligte eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. für die Zeit vom 8. Januar bis 21. Dezember 2007. Die Rentendauer belaufe sich wegen § 74 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) bis 21. Dezember 2007. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2008 wurde der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 1. September 2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG; Az.: S 3 U 3885/08) erhoben und zur Begründung ausgeführt, bei ihm sei über den 21. Dezember 2007 hinaus eine MdE um 20 v.H. anzunehmen, wie auch Dr. B. gegenüber der privaten Unfallversicherung in seinem Schreiben vom 16. September 2008 bestätigt habe. Seit dem Unfall könne er nicht mehr als Lackierer tätig sein, wodurch ihm erhebliche finanzielle Nachteile entstünden, denn er könne nicht mehr im Gruppenakkord arbeiten.
Das SG hat den behandelnden Facharzt für Chirurgie Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. In seiner Auskunft vom 2. Dezember 2008 hat er ausgeführt, der auf seine Veranlassung ergänzend konsultierte Neurologe (Arztbrief des Neurologen Dr. H. vom 23. Oktober 2008 in Anlage) habe ausgeführt, dass vieles für eine Irritation des N. ulnaris am medialen Ellbogen spreche, proximal des linken Handgelenks. Dieser habe eine Vorstellung beim Neurochirurgen empfohlen. Die Beklagte hat ergänzend den Bericht des Prof. Dr. G./Ass.arzt. H. (19. Januar 2009) der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vorgelegt. Danach sei am 16. Januar 2009 der Sulcus ulnaris links gespalten worden. Auf Anfrage der Beklagten hat Ass.arzt. H. mit Schreiben vom 5. März 2009 ausgeführt, dass ein direkter Zusammenhang des Sulcus ulnaris-Syndroms mit dem Unfall vom Februar 2006 nicht sicher bejaht werden könne. Zwar könne eine Irritation des N. ulnaris weiter proximal im Bereich des Sulcus ulnaris nicht zu 100% ausgeschlossen werden, doch sei dies aufgrund der unterschiedlichen Lokalisation zumindest sehr unwahrscheinlich. Mit Beschluss vom 3. Juni 2009 hat das SG auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Am 10. Februar 2010 hat die Beklagte das Verfahren wieder angerufen und das Gutachten des PD Dr. L., Klinik für Unfallchirurgie am M.S., vom 22. Oktober 2009 und des Prof. Dr. D., Arzt für Neurologie, vom 19. Januar 2010 vorgelegt. Beigefügt hat die Beklagte des Weiteren die seit dem Ruhensbeschluss zu ihren Akten gelangten Arztbriefe und ärztlichen Stellungnahmen. Prof. Dr. L. hat zusammenfassend ausgeführt, dass aufgrund des Umstands, dass die Ausdehnung der entzündlichen Veränderungen ausschließlich im distalen Unterarm beschrieben worden sei und eine weiter proximal gelegene eitrige Entzündung nicht vorgelegen habe, ein Zusammenhang zwischen der Handphlegmone und dem Sulcus nervi ulnaris Syndrom nicht hergestellt werden könne. Nach dem 21. Dezember 2007 werde die MdE mit 10 v.H. vorgeschlagen. Prof. Dr. D. hat in seinem Gutachten ausgeführt, die sensomotorisch evozierten Potentiale des N. medianus und N. ulnaris sowie die Nervenleitgeschwindigkeit des N. ulnaris seien seitengleich normal. Als Unfallfolge lägen auf neurologischem Fachgebiet noch Gefühlsstörungen an der Innenseite des linken Daumens entsprechend dem sensiblen Ausbreitungsgebiet des palmaren Digitalnerven des N. medianus vor. Es bestünden keine Hinweise auf eine Schädigung des N. ulnaris links (trotz Vorbringens entsprechender Beschwerden durch den Kläger) oder von trophischen Störungen bei seitengleicher Hauttemperatur im Bereich der Handflächen und symmetrischem Schweißtest im Bereich beider Handflächen. Auch eine Kraftminderung in der linken Hand sei nicht nachweisbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 28. September 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das SG aus, ein Zusammenhang zwischen dem Sulcus ulnaris-Syndrom und der Handphlegmone sei nach den überzeugenden Ausführungen von PD Dr. L. und Prof. Dr. D. nicht wahrscheinlich. Die im Übrigen bestehenden funktionellen Einschränkungen rechtfertigten keine MdE um wenigstens 20 v.H.
Gegen den den Klägerbevollmächtigten am 1. Oktober 2010 zugestellten Gerichtsbescheid haben diese am 2. November 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die vom Kläger gegenüber Prof. Dr. D. geschilderten Symptome (Schwitzen im Bereich der linken Handfläche, Zittern bei Belastung, Herabsetzung der groben Kraft) die eines Sulcus ulnaris-Syndrom seien. Es könne daher nicht nachvollzogen werden, weshalb das Bestehen eines Sulcus ulnaris-Syndroms verneint werde.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. September 2010 aufzuheben, den Bescheid vom 6. Juni 2007 in der Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 12. Juni 2008, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente über den 21. Dezember 2007 hinaus nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen. Ergänzend führt sie aus, dass Prof. Dr. D. gerade nicht bestritten habe, dass der Kläger an einem Sulcus ulnaris-Syndrom gelitten habe. Er habe lediglich keine Auswirkungen dessen mehr feststellen können.
Der Senat hat ergänzend den behandelnden Unfallchirurgen Dr. B. als sachverständigen Zeugen wegen der in den Jahren 2007 und 2008 beim Kläger durchgeführten Behandlungen befragt. Auf seine Stellungnahme vom 27. Januar 2011 wird inhaltlich Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht über den 21. Dezember 2007 hinaus keine Verletztenrente zu. Die Beklagte hat zu Recht den Anspruch abgelehnt.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Der Kläger hat am 3. Februar 2006 einen Arbeitsunfall erlitten, in dessen Folge eine Phlegmone mit der Notwendigkeit zweier operativer Eingriffe entstanden ist. Als Unfallfolgen sind operativ versorgte Entzündungen im Bereich des Daumenballens nach Stichverletzung, leichte Kraftminderung, geringe Muskelminderung am Ober- und Unterarm, Sensibilitätsstörungen im Bereich des Daumens sowie des Ring- und Kleinfingers, vermehrte Schweißbildung und unwillkürliches Zittern der Hand anerkannt. Weitere Unfallfolgen bestehen nicht.
Der für die private (Erwerbsunfähigkeits-)Versicherung des Klägers tätig gewordene Dr. B. hat in seinem Bericht vom 16. September 2008 lediglich die Asensibilität im Bereich des linken Daumens und eine Kraftminderung in der linken Hand beschrieben. In seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem SG vom 2. Dezember 2008 hat er diese Einschränkungen ebenfalls dargestellt und ergänzt um eine Läsion des Sulcus ulnaris, die vom behandelnden Neurologen bei seiner Untersuchung am 23. Oktober 2008 als Irritation des Sulcus ulnaris am medialen Ellbogen, proximal des Handgelenks beschrieben worden ist. Auch in den weiter vorgelegten Arztbriefen der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen und des Dr. B. werden lediglich Schmerzen und Beschwerden im Zusammenhang mit einem bestehenden bzw. später operativ behandelnden Sulcus ulnaris-Syndrom berichtet. Am 4. Juni 2007 behandelte Dr. B. den Kläger wegen eines unfallunabhängigen sog. "Tennisellenbogens" und legte eine Gipsschiene an. Die in den Wiedervorstellungsberichten vom 28. Mai 2009 bzw. 27. Juli 2009 und im Arztbrief des Dr. U. vom 24. Juli 2009 beschriebene Schmerzsymptomatik mit einschießenden Schmerzen wurde offenbar durch die eingeleitete Schmerztherapie behoben. Denn bereits bei PD Dr. L., aber auch bei Prof. Dr. D. beschrieb der Kläger (lediglich) noch eine bei der Arbeit auftretende schmerzhafte Schwellung volar am distalen linken Unterarm sowie Schmerzen bei Dorsalextension im linken Handgelenk sowie eine bei Berührung schmerzhafte Narbe im Bereich des linken Daumengrundgelenks volar, die keinen Rückschluss auf eine von den Unfallfolgen zu trennende, zusätzlich als Unfallfolge anzuerkennende Schmerzerkrankung zulassen. Vielmehr handelt es sich um Schmerzempfindungen, die mit den als Unfallfolgen anerkannten funktionellen Einschränkungen zwangsläufig zusammenhängen und in die Bewertung der MdE bereits eingeflossen sind.
Unabhängig davon, ob das Sulcus ulnaris-Syndrom überhaupt länger als sechs Monate andauernde funktionelle Einschränkungen bewirkt hat (und nicht nur Zeiten akuter Arbeitsunfähigkeit vorlagen, für die Verletzen- bzw. Krankengeld bezahlt worden ist) und unter diesem Gesichtspunkt bereits fraglich ist, ob es zur Begründung eines Anspruchs auf Verletztenrente überhaupt herangezogen werden kann, ist ein Zusammenhang dieser Erkrankung mit dem Unfall vom 3. Februar 2006 bzw. dessen unmittelbaren Folgen (Handphlegmone) nicht hinreichend wahrscheinlich.
Bereits zeitnah zum Unfall hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie B. eine objektivierbare Arm-Hand-Nervenstörung links, vor allem eine Ulnarisstörung, ausgeschlossen (Bericht vom 18. Mai 2006). Auch der behandelnde Dr. B. hat unter Berücksichtigung des neurologischen Befunds von Dr. H. aufgrund der Lage des Sulcus ulnaris-Syndroms einen Zusammenhang dieser Erkrankung mit dem Unfall für nicht wahrscheinlich erachtet. Gleichermaßen hat Ass.arzt. H. mit Schreiben vom 5. März 2009 ausgeführt, dass ein direkter Zusammenhang des Sulcus ulnaris-Syndroms mit dem Unfall vom Februar 2006 nicht sicher bejaht werden könne. Zwar könne eine Irritation des N. ulnaris weiter proximal im Bereich des Sulcus ulnaris nicht zu 100% ausgeschlossen werden, doch sei dies aufgrund der unterschiedlichen Lokalisation zumindest sehr unwahrscheinlich. Auch PD Dr. L. hat in seinem im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens erstellten Gutachten vom 22. Oktober 2009 einen Unfallzusammenhang abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, aufgrund des Umstands, dass die Ausdehnung der entzündlichen Veränderungen ausschließlich im distalen Unterarm beschrieben worden sei und eine weiter proximal gelegene eitrige Entzündung nicht vorgelegen habe, ein Zusammenhang zwischen der Handphlegmone und dem Sulcus nervi ulnaris Syndrom nicht hergestellt werden könne. Letztlich hat auch Prof. Dr. D. nicht nur im Untersuchungszeitpunkt bestehende funktionelle Einschränkungen wegen eines Sulcus ulnaris-Syndroms nicht feststellen können, sondern weiter ausgeführt, dass der Kläger zwar ab 4. Juni 2007 vorübergehend eine Gipsschiene zur Ruhigstellung getragen habe, und es prinzipiell durch eine derartige Maßnahme auch zu einer Druckschädigung des N. sulcus ulnaris kommen könne. Doch hat er schlüssig und überzeugend, wie die ergänzende Anfrage beim behandelnden Dr. B. bestätigt hat, darauf hingewiesen, dass die Gipsschiene wegen einer unfallunabhängig entstandenen Epicondylitis verordnet worden sei, so dass auch eventuelle Folgeschädigungen aus dieser Behandlung nicht als Unfallfolgen anzuerkennen sind.
Soweit die Klägerbevollmächtigte im Berufungsverfahren vorbringt, Prof. Dr. D. habe beim Kläger typische Beschwerden für ein Sulcus ulnaris-Syndrom festgestellt, verkennt sie, dass es sich insoweit lediglich um die Wiedergabe der vom Kläger vorgebrachten Beschwerden handelt und diese teilweise von Prof. Dr. D. nicht zu objektivieren waren (z.B. trophische Störungen) bzw. bereits als Unfallfolgen anerkannt sind (ohne damit ihre Ursächlichkeit mit einem Sulcus ulnaris-Syndrom zu begründen, z.B. Zittern und Schweißbildung sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich der linken Hand).
Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegen keine funktionellen Einschränkungen vor, die über den 21. Dezember 2007 hinaus die Feststellung einer rentenberechtigenden MdE rechtfertigen können. Bis auf die Sensibilitätsstörung im Bereich der linken Daumeninnenseite sowie eine verminderte Kraft in der linken Hand (die allerdings durch Prof. Dr. D. nicht mehr feststellbar war) besteht lediglich noch eine leichtgradige Einschränkung der Beweglichkeit linken Hand und des linken Daumens bei ansonsten seitengleicher Beweglichkeit und fehlender Muskelatrophie in der linken Hand bzw. dem linken Oberarm.
Berücksichtigt man die in der unfallmedizinischen Literatur niedergelegten Erfahrungswerte für funktionelle Einschränkungen im Handbereich (z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage S. 544; Bereither-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Anhang 12 J 029) kommt erst bei einer relevanten Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit (ab 80 Grad) und/oder bei Funktionsstörungen im Bereich des Langfingers und des Daumens eine rentenberechtigende MdE um wenigstens 20 v.H. in Betracht. Funktionelle Einschränkungen, die in ihrer Erheblichkeit auch nur annähernd an diese Beeinträchtigungen heranreichen, liegen beim Kläger aber nicht vor. Und auch die vorbeschriebene Kraftminderung ist nicht geeignet, eine rentenrelevante Funktionsbeeinträchtigung zu begründen. Da über den 21. Dezember 2007 hinaus somit keine unfallbedingten funktionellen Einschränkungen in rentenrelevantem Ausmaß nachgewiesen sind, sind die angefochtenen Entscheidungen nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente über den 21. Dezember 2007 hinaus.
Der 1968 geborene Kläger - Linkshänder -, der seit Mai 2000 bei der M.-F. GmbH als Lackierer tätig war, erlitt am 3. Februar 2006 einen Arbeitsunfall. Er stieß sich einen Metalldorn in den linken Daumen (Stichverletzung linker Handballen, Durchmesser ca. 3 mm, etwa 1 cm tief, ohne Rötungs- oder Entzündungszeichen; Durchgangsarztbericht Dr. S. vom 6. Februar 2006; Unfallanzeige Arbeitgeber vom 6. Februar 2006). Am 6. Februar 2006 wurde der Kläger wegen einer deshalb aufgetretenen Hohlhandphlegmone operiert (Wundrevision am Thenar sowie der Septenräume mit zusätzlicher Revision der Parona-Loge) und befand sich bis 14. Februar 2006 in stationärer Behandlung. Am 23. Februar 2006 kam es zu einer Zunahme der bis dahin noch bestehenden Schwellung und Schmerzen, so dass der Kläger wegen einer Rezidiv-Hohlhandphlegmone am 24. Februar 2006 erneut in stationäre Behandlung aufgenommen worden ist. Am 25. Februar 2006 erfolgte eine ausgedehnte Inzision im Bereich des Thenars (Daumenballens), der Hohlhand sowie des distalen Unterarms mit VAC-Therapie. Am 10. März 2006 stellte der ambulant behandelnde Facharzt für Chirurgie Dr. B. reizlose Wundverhältnisse fest, so dass physiotherapeutische Behandlung zur Verbesserung der Hand- und Fingerbeweglichkeit eingeleitet wurde. Im neurologischen Befundbericht vom 18. Mai 2006 berichtete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie B., Konsiliararzt der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen (der Kläger befand sich dort zur Heilverfahrenskontrolle) über unauffällige neurologische Verhältnisse bei noch deutlich geschwollenen Fingern der linken Hand. Insbesondere schloss er eine objektivierbare Arm-Hand-Nervenstörung links, vor allem eine Ulnarisstörung, aus. Der Kläger wurde am 14. Juni 2006 in stationäre Heilbehandlung in der BG-Klinik L. mit Hyposensibilitäten und Parästhesien im Bereich des linken Daumens mit schmerzhafter Kraft- und Bewegungseinschränkung bei Zustand nach Metalldrahtverletzung der Thenarmuskulatur links mit Infektverlauf aufgenommen. Am 14. August 2006 begann der Kläger mit einer Arbeits- und Belastungserprobung, nachdem er am 3. August 2006 aus der stationären Heilbehandlung entlassen worden war. Im Entlassungsbericht vom 7. August 2006 wurde von einer Verbesserung der Narbenverhältnisse bei noch immer rezidivierend auftretenden Schwellungen am distalen Unterarm beugeseitig bei Belastung, am ehesten als Muskelverhärtung zu interpretieren, bei nahezu freier Beweglichkeit und ausreichender Handkraft berichtet. Während der Belastungserprobung in der Tätigkeit des Lackierers wurde nach einer Woche wegen der vom Kläger geschilderten Beschwerden und einer Schwellung der Hand und des linken Unterarms nach Belastung (ca. 45 Minuten) auf eine Tätigkeit in der Kontrolle von Lackierteilen ausgewichen und die Erprobung bis zum 6. September 2006 fortgesetzt. Am 22. August 2006 beantragte der Kläger durch seine Bevollmächtigten die Gewährung einer Verletztenrente.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Prof. Dr. M., Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum der Universität F., unter dem 17. Oktober 2006 einen Zwischenbericht. Danach bestehe wohl noch eine Tenovaginits im Bereich des linken Handgelenks und Unterarms, die einer Behandlung zugänglich sei. Die Beweglichkeit für das Ellenbogengelenk und bei der Unterarmdrehung war bei der Untersuchung seitengleich frei, im Bereich des linken Handgelenks zeigte sich im Seitenvergleich eine geminderte Beweglichkeit, ebenso im Bereich der Daumengelenke und für die Abspreizung des Daumens. Der Faustschluss und die Streckung der Langfinger waren seitengleich möglich, der Spitzgriff war im Bereich des vierten und fünften Fingers links deutlich erschwert. Der linke Arm zeigte sich im Umfang verschmächtigt. Unter dem 29. November 2006 berichtete Prof. Dr. M. nach Ruhigstellung eine deutliche Besserung des Befunds, so dass eine Arbeits-und Belastungserprobung im Beruf des Lackierers eingeleitet und bis zum 7. Januar 2007 durchgeführt wurde. Ab 8. Januar 2007 war der Kläger wieder arbeitsfähig.
Im ersten Rentengutachten vom 28. Februar 2007 berichtete PD Dr. M., Städtisches Klinikum K., davon, dass der Kläger noch über Schmerzen in der linken Hand sowie im Bereich des Unterarms, eine Schweißneigung der linken Hand und erhebliche Kraftminderung links klage. Auch bestünde ein Streckdefizit der Langfinger und eine Schwellneigung im palmaren Unterarmbereich links sowie erhebliche Wetterfühligkeit. Als wesentliche Unfallfolgen wurden radiologisch eine diskrete Minderkalzifizierung im Sinne einer Inaktivitätsosteoporose der linken Hand, eine Kraftminderung der linken Hand, eine diskrete Umfangsvermehrung des Handgelenks links gegenüber rechts von 1 cm sowie eine subjektive Beschwerdesymptomatik mit Schwellneigung, Schweißneigung der linken Hand sowie rezidivierend auftretenden Schmerzen und Wetterfühligkeit beschrieben. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde vom Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ab 8. Januar 2007 bis 7. Juli 2007 mit 20 vom Hundert (v.H.), danach mit 10 v.H. eingeschätzt.
Nachdem der Beratungsarzt hingegen eine MdE um 10 v.H. vorschlug, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Juni 2007 einen Rentenanspruch ab, da die Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei. Als Unfallfolgen seien anzuerkennen operativ versorgte Entzündungen im Bereich des Daumenballens nach Stichverletzung, diskrete Verminderung der Knochenmasse im Bereich der Mittelhand und der Grundgliedfinger, leichte Minderung der Handspanne, leichte Kraftminderung, vermehrte Schweißbildung, leichte Sensibilitätsstörungen am Daumenballen und an der Fingerkuppe des Daumens. Da keine Bewegungseinschränkung der linken Hand bestehe, könne die Einschätzung einer MdE um 20 v.H. nicht geteilt werden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Während des Widerspruchsverfahrens legte am 4. Juli 2007 der behandelnde Dr. B. einen Durchgangsarztbericht vor, wonach der Kläger am 4. Juni 2006 vorgesprochen und über ein Pelzigkeitsgefühl im linken Kleinfinger sowie eine leichte Schwellung im beugeseitigen Unterarmbereich geklagt habe. Im Ellbogengelenk befinde sich - bei dort ebenfalls geklagten Schmerzen - eine unfallunabhängige Epicondylitis. Er verordnete eine Salbe.
Zur Begründung des Widerspruchs stützten sich die Bevollmächtigten auf eine am 4. Juni 2007 eingetretene "Wiedererkrankung", die dafür spreche, dass die Arbeitsfähigkeit des Klägers noch nicht wieder vollständig erreicht sei. Der Kläger trage deshalb mittlerweile einen Gips am linken Unterarm, der über das Ellbogengelenk bis zum Oberarm reiche. Der Auffassung von Dr. B., wonach ein Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall nicht bestehe, sei nicht zu folgen.
Unter dem 11. September 2007 berichtete die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L., der Kläger habe sich im August wegen fortbestehender Beschwerden vorgestellt. Die neurologische Untersuchung habe eine verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit etwas proximal der Loge de Guyon ergeben, so dass zu einer Revision des Nervus ulnaris im Bereich der Loge de Guyon und Umgebung geraten werde, um eine Dekompression des Nervus ulnaris zu erzielen. Am 19. September 2007 wurde diese Revision durchgeführt (Bericht vom 21. September 2007).
Im handchirurgischen Fachgutachten von Prof. Dr. G., Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L., vom 28. März 2008 führte dieser aus, es bestünden als Unfallfolgen eine verifizierbare 50%ige Kraftminderung des linkshändigen Klägers, eine Umfangsdifferenz links gegenüber rechts von 1 cm, eine 50%ige Kraftminderung im Spitz- und Schlüsselgriff, eine Asensibilität im Versorgungsbereich N 1 nach mehrfachen Revisionen im Thenarbereich mit Schnittführung im Bereich des Nervens, vegetative Störungen mit Schwellung und Verfärbung der Hand, Zittern als Ausdruck eines mild ausgeprägten CRPS nach Infektverlauf und mehrfachen Revisionen, lokalisierter Schmerz mit positivem Hoffmann-Tinel-Zeichen im Bereich der frischen Narbe, die hypertroph sei. Die Sensibilitätsstörungen seien bei der Rentenablehnung unzureichend berücksichtigt worden, so dass in nachschauender Betrachtung eine MdE um 20 v.H. bis zur erneuten Revision am 17. September 2007 gerechtfertigt sei. Die Revision sei wegen der ausgeprägten Vernarbung als Folge der stattgehabten Infekte notwendig gewesen. Dies habe den N. medianus wie auch den N. ulnaris komprimiert. Bei der Untersuchung am 10. März 2008 habe sich eine gute Beweglichkeit gezeigt, bei weiterhin bestehendem Taubheitsgefühl über dem Versorgungsgebiet N 1. Postoperativ seien die Sensibilitätsstörungen im Bereich D 4 und D 5 rückläufig gewesen und derzeit beschwerdefrei. Die Kraftminderung um 50% bestehe nach wie vor, ebenso vermehrtes Schwitzen und Schwellungszustände. Die MdE belaufe sich auf 10 v.H.
Mit Bescheid vom 12. Juni 2008 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und bewilligte eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. für die Zeit vom 8. Januar bis 21. Dezember 2007. Die Rentendauer belaufe sich wegen § 74 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) bis 21. Dezember 2007. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2008 wurde der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 1. September 2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG; Az.: S 3 U 3885/08) erhoben und zur Begründung ausgeführt, bei ihm sei über den 21. Dezember 2007 hinaus eine MdE um 20 v.H. anzunehmen, wie auch Dr. B. gegenüber der privaten Unfallversicherung in seinem Schreiben vom 16. September 2008 bestätigt habe. Seit dem Unfall könne er nicht mehr als Lackierer tätig sein, wodurch ihm erhebliche finanzielle Nachteile entstünden, denn er könne nicht mehr im Gruppenakkord arbeiten.
Das SG hat den behandelnden Facharzt für Chirurgie Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. In seiner Auskunft vom 2. Dezember 2008 hat er ausgeführt, der auf seine Veranlassung ergänzend konsultierte Neurologe (Arztbrief des Neurologen Dr. H. vom 23. Oktober 2008 in Anlage) habe ausgeführt, dass vieles für eine Irritation des N. ulnaris am medialen Ellbogen spreche, proximal des linken Handgelenks. Dieser habe eine Vorstellung beim Neurochirurgen empfohlen. Die Beklagte hat ergänzend den Bericht des Prof. Dr. G./Ass.arzt. H. (19. Januar 2009) der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vorgelegt. Danach sei am 16. Januar 2009 der Sulcus ulnaris links gespalten worden. Auf Anfrage der Beklagten hat Ass.arzt. H. mit Schreiben vom 5. März 2009 ausgeführt, dass ein direkter Zusammenhang des Sulcus ulnaris-Syndroms mit dem Unfall vom Februar 2006 nicht sicher bejaht werden könne. Zwar könne eine Irritation des N. ulnaris weiter proximal im Bereich des Sulcus ulnaris nicht zu 100% ausgeschlossen werden, doch sei dies aufgrund der unterschiedlichen Lokalisation zumindest sehr unwahrscheinlich. Mit Beschluss vom 3. Juni 2009 hat das SG auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Am 10. Februar 2010 hat die Beklagte das Verfahren wieder angerufen und das Gutachten des PD Dr. L., Klinik für Unfallchirurgie am M.S., vom 22. Oktober 2009 und des Prof. Dr. D., Arzt für Neurologie, vom 19. Januar 2010 vorgelegt. Beigefügt hat die Beklagte des Weiteren die seit dem Ruhensbeschluss zu ihren Akten gelangten Arztbriefe und ärztlichen Stellungnahmen. Prof. Dr. L. hat zusammenfassend ausgeführt, dass aufgrund des Umstands, dass die Ausdehnung der entzündlichen Veränderungen ausschließlich im distalen Unterarm beschrieben worden sei und eine weiter proximal gelegene eitrige Entzündung nicht vorgelegen habe, ein Zusammenhang zwischen der Handphlegmone und dem Sulcus nervi ulnaris Syndrom nicht hergestellt werden könne. Nach dem 21. Dezember 2007 werde die MdE mit 10 v.H. vorgeschlagen. Prof. Dr. D. hat in seinem Gutachten ausgeführt, die sensomotorisch evozierten Potentiale des N. medianus und N. ulnaris sowie die Nervenleitgeschwindigkeit des N. ulnaris seien seitengleich normal. Als Unfallfolge lägen auf neurologischem Fachgebiet noch Gefühlsstörungen an der Innenseite des linken Daumens entsprechend dem sensiblen Ausbreitungsgebiet des palmaren Digitalnerven des N. medianus vor. Es bestünden keine Hinweise auf eine Schädigung des N. ulnaris links (trotz Vorbringens entsprechender Beschwerden durch den Kläger) oder von trophischen Störungen bei seitengleicher Hauttemperatur im Bereich der Handflächen und symmetrischem Schweißtest im Bereich beider Handflächen. Auch eine Kraftminderung in der linken Hand sei nicht nachweisbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 28. September 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das SG aus, ein Zusammenhang zwischen dem Sulcus ulnaris-Syndrom und der Handphlegmone sei nach den überzeugenden Ausführungen von PD Dr. L. und Prof. Dr. D. nicht wahrscheinlich. Die im Übrigen bestehenden funktionellen Einschränkungen rechtfertigten keine MdE um wenigstens 20 v.H.
Gegen den den Klägerbevollmächtigten am 1. Oktober 2010 zugestellten Gerichtsbescheid haben diese am 2. November 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die vom Kläger gegenüber Prof. Dr. D. geschilderten Symptome (Schwitzen im Bereich der linken Handfläche, Zittern bei Belastung, Herabsetzung der groben Kraft) die eines Sulcus ulnaris-Syndrom seien. Es könne daher nicht nachvollzogen werden, weshalb das Bestehen eines Sulcus ulnaris-Syndroms verneint werde.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. September 2010 aufzuheben, den Bescheid vom 6. Juni 2007 in der Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 12. Juni 2008, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente über den 21. Dezember 2007 hinaus nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen. Ergänzend führt sie aus, dass Prof. Dr. D. gerade nicht bestritten habe, dass der Kläger an einem Sulcus ulnaris-Syndrom gelitten habe. Er habe lediglich keine Auswirkungen dessen mehr feststellen können.
Der Senat hat ergänzend den behandelnden Unfallchirurgen Dr. B. als sachverständigen Zeugen wegen der in den Jahren 2007 und 2008 beim Kläger durchgeführten Behandlungen befragt. Auf seine Stellungnahme vom 27. Januar 2011 wird inhaltlich Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht über den 21. Dezember 2007 hinaus keine Verletztenrente zu. Die Beklagte hat zu Recht den Anspruch abgelehnt.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Der Kläger hat am 3. Februar 2006 einen Arbeitsunfall erlitten, in dessen Folge eine Phlegmone mit der Notwendigkeit zweier operativer Eingriffe entstanden ist. Als Unfallfolgen sind operativ versorgte Entzündungen im Bereich des Daumenballens nach Stichverletzung, leichte Kraftminderung, geringe Muskelminderung am Ober- und Unterarm, Sensibilitätsstörungen im Bereich des Daumens sowie des Ring- und Kleinfingers, vermehrte Schweißbildung und unwillkürliches Zittern der Hand anerkannt. Weitere Unfallfolgen bestehen nicht.
Der für die private (Erwerbsunfähigkeits-)Versicherung des Klägers tätig gewordene Dr. B. hat in seinem Bericht vom 16. September 2008 lediglich die Asensibilität im Bereich des linken Daumens und eine Kraftminderung in der linken Hand beschrieben. In seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem SG vom 2. Dezember 2008 hat er diese Einschränkungen ebenfalls dargestellt und ergänzt um eine Läsion des Sulcus ulnaris, die vom behandelnden Neurologen bei seiner Untersuchung am 23. Oktober 2008 als Irritation des Sulcus ulnaris am medialen Ellbogen, proximal des Handgelenks beschrieben worden ist. Auch in den weiter vorgelegten Arztbriefen der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen und des Dr. B. werden lediglich Schmerzen und Beschwerden im Zusammenhang mit einem bestehenden bzw. später operativ behandelnden Sulcus ulnaris-Syndrom berichtet. Am 4. Juni 2007 behandelte Dr. B. den Kläger wegen eines unfallunabhängigen sog. "Tennisellenbogens" und legte eine Gipsschiene an. Die in den Wiedervorstellungsberichten vom 28. Mai 2009 bzw. 27. Juli 2009 und im Arztbrief des Dr. U. vom 24. Juli 2009 beschriebene Schmerzsymptomatik mit einschießenden Schmerzen wurde offenbar durch die eingeleitete Schmerztherapie behoben. Denn bereits bei PD Dr. L., aber auch bei Prof. Dr. D. beschrieb der Kläger (lediglich) noch eine bei der Arbeit auftretende schmerzhafte Schwellung volar am distalen linken Unterarm sowie Schmerzen bei Dorsalextension im linken Handgelenk sowie eine bei Berührung schmerzhafte Narbe im Bereich des linken Daumengrundgelenks volar, die keinen Rückschluss auf eine von den Unfallfolgen zu trennende, zusätzlich als Unfallfolge anzuerkennende Schmerzerkrankung zulassen. Vielmehr handelt es sich um Schmerzempfindungen, die mit den als Unfallfolgen anerkannten funktionellen Einschränkungen zwangsläufig zusammenhängen und in die Bewertung der MdE bereits eingeflossen sind.
Unabhängig davon, ob das Sulcus ulnaris-Syndrom überhaupt länger als sechs Monate andauernde funktionelle Einschränkungen bewirkt hat (und nicht nur Zeiten akuter Arbeitsunfähigkeit vorlagen, für die Verletzen- bzw. Krankengeld bezahlt worden ist) und unter diesem Gesichtspunkt bereits fraglich ist, ob es zur Begründung eines Anspruchs auf Verletztenrente überhaupt herangezogen werden kann, ist ein Zusammenhang dieser Erkrankung mit dem Unfall vom 3. Februar 2006 bzw. dessen unmittelbaren Folgen (Handphlegmone) nicht hinreichend wahrscheinlich.
Bereits zeitnah zum Unfall hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie B. eine objektivierbare Arm-Hand-Nervenstörung links, vor allem eine Ulnarisstörung, ausgeschlossen (Bericht vom 18. Mai 2006). Auch der behandelnde Dr. B. hat unter Berücksichtigung des neurologischen Befunds von Dr. H. aufgrund der Lage des Sulcus ulnaris-Syndroms einen Zusammenhang dieser Erkrankung mit dem Unfall für nicht wahrscheinlich erachtet. Gleichermaßen hat Ass.arzt. H. mit Schreiben vom 5. März 2009 ausgeführt, dass ein direkter Zusammenhang des Sulcus ulnaris-Syndroms mit dem Unfall vom Februar 2006 nicht sicher bejaht werden könne. Zwar könne eine Irritation des N. ulnaris weiter proximal im Bereich des Sulcus ulnaris nicht zu 100% ausgeschlossen werden, doch sei dies aufgrund der unterschiedlichen Lokalisation zumindest sehr unwahrscheinlich. Auch PD Dr. L. hat in seinem im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens erstellten Gutachten vom 22. Oktober 2009 einen Unfallzusammenhang abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, aufgrund des Umstands, dass die Ausdehnung der entzündlichen Veränderungen ausschließlich im distalen Unterarm beschrieben worden sei und eine weiter proximal gelegene eitrige Entzündung nicht vorgelegen habe, ein Zusammenhang zwischen der Handphlegmone und dem Sulcus nervi ulnaris Syndrom nicht hergestellt werden könne. Letztlich hat auch Prof. Dr. D. nicht nur im Untersuchungszeitpunkt bestehende funktionelle Einschränkungen wegen eines Sulcus ulnaris-Syndroms nicht feststellen können, sondern weiter ausgeführt, dass der Kläger zwar ab 4. Juni 2007 vorübergehend eine Gipsschiene zur Ruhigstellung getragen habe, und es prinzipiell durch eine derartige Maßnahme auch zu einer Druckschädigung des N. sulcus ulnaris kommen könne. Doch hat er schlüssig und überzeugend, wie die ergänzende Anfrage beim behandelnden Dr. B. bestätigt hat, darauf hingewiesen, dass die Gipsschiene wegen einer unfallunabhängig entstandenen Epicondylitis verordnet worden sei, so dass auch eventuelle Folgeschädigungen aus dieser Behandlung nicht als Unfallfolgen anzuerkennen sind.
Soweit die Klägerbevollmächtigte im Berufungsverfahren vorbringt, Prof. Dr. D. habe beim Kläger typische Beschwerden für ein Sulcus ulnaris-Syndrom festgestellt, verkennt sie, dass es sich insoweit lediglich um die Wiedergabe der vom Kläger vorgebrachten Beschwerden handelt und diese teilweise von Prof. Dr. D. nicht zu objektivieren waren (z.B. trophische Störungen) bzw. bereits als Unfallfolgen anerkannt sind (ohne damit ihre Ursächlichkeit mit einem Sulcus ulnaris-Syndrom zu begründen, z.B. Zittern und Schweißbildung sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich der linken Hand).
Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegen keine funktionellen Einschränkungen vor, die über den 21. Dezember 2007 hinaus die Feststellung einer rentenberechtigenden MdE rechtfertigen können. Bis auf die Sensibilitätsstörung im Bereich der linken Daumeninnenseite sowie eine verminderte Kraft in der linken Hand (die allerdings durch Prof. Dr. D. nicht mehr feststellbar war) besteht lediglich noch eine leichtgradige Einschränkung der Beweglichkeit linken Hand und des linken Daumens bei ansonsten seitengleicher Beweglichkeit und fehlender Muskelatrophie in der linken Hand bzw. dem linken Oberarm.
Berücksichtigt man die in der unfallmedizinischen Literatur niedergelegten Erfahrungswerte für funktionelle Einschränkungen im Handbereich (z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage S. 544; Bereither-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Anhang 12 J 029) kommt erst bei einer relevanten Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit (ab 80 Grad) und/oder bei Funktionsstörungen im Bereich des Langfingers und des Daumens eine rentenberechtigende MdE um wenigstens 20 v.H. in Betracht. Funktionelle Einschränkungen, die in ihrer Erheblichkeit auch nur annähernd an diese Beeinträchtigungen heranreichen, liegen beim Kläger aber nicht vor. Und auch die vorbeschriebene Kraftminderung ist nicht geeignet, eine rentenrelevante Funktionsbeeinträchtigung zu begründen. Da über den 21. Dezember 2007 hinaus somit keine unfallbedingten funktionellen Einschränkungen in rentenrelevantem Ausmaß nachgewiesen sind, sind die angefochtenen Entscheidungen nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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