Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 3594/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 5622/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 05. November 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Bescheid vom 16. November 2009 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung (GdB) festzustellen sind, als sie es zuletzt waren, wobei der Kläger die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch begehrt.
Bei dem am 01.05.1955 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Heilbronn (VA) mit Bescheid vom 13.08.2001 einen GdB von 30 seit 17.04.2001 fest. Es berücksichtigte hierbei, entsprechend einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. A. vom 03.08.2001, einen Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem GdB von 30. Dr. A. hatte zuvor vom VA bei den behandelnden Ärzten des Klägers beigezogene Befundberichte von Dr. B. vom 07.06.2001 und von Dr. C. vom 28.06.2001 ausgewertet. Dr. B. berichtete von chronischen Lumboischialgien links bei NPP L 5/S 1, linksbetont und einer Inklination bis FBA 10 cm, einer verspannten und einer druckschmerzhaften Wirbelsäulenmuskulatur ohne motorische Ausfälle der unteren Extremitäten. Dr. C. übersandte an ihn gerichtete Arztbriefe von Dr. B ...
Am 07.10.2004 beantragte der Kläger beim VA wegen einer Verschlimmerung der bestehenden Gesundheitsstörungen die Erhöhung des GdB. Er führte hierzu ein degeneratives LWS-Syndrom und beidseitige Gonarthrose an. Das VA forderte daraufhin bei Dr. B. einen Befundbericht an und führte diesen einer versorgungsärztlichen Überprüfung durch Dr. W. zu. Neben einem Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen benannte Dr. W. ferner einen Knorpelschaden am linken Kniegelenk als Funktionsbeeinträchtigung und maß dieser einen Einzel-GdB von 10 zu.
Mit Bescheid vom 20.04.2005 entschied das Landratsamt Ludwigsburg -Versorgungs-angelegenheiten-, dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht zu entsprechen. Zwar sei seit der letzten maßgeblichen Feststellung des GdB eine weitere Funktionsbeeinträchtigung hinzugetreten, hierdurch würden sich jedoch keine Auswirkungen auf den bereits festgestellten GdB ergeben. Eine Gonarthrose am rechten Kniegelenk habe nicht nachgewiesen werden können.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er durch das Hinzu-treten weiterer körperlicher Beschwerden -Knieschmerzen- in seiner Gesundheit noch eine Spur eingeschränkter sei als zuvor. Seine körperliche Beweglichkeit sei, da die Knieschmerzen plötzlich und unabhängig von Tageszeiten einträten, immens eingeschränkt. Die Behandlung der erstmals im Jahr 2002 aufgetretenen Beschwerden werde von Dr. C. und Dr. B. durchgeführt. Eine Verbesserung sei trotz laufender Behandlungen nicht eingetreten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2005 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung führte er an, gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass der letztmaligen Feststellung vorgelegen hätten (Bescheid vom 13.08.2001), sei keine wesentliche Änderung eingetreten, die eine Erhöhung des bisherigen GdB rechtfertigen könnte. Die zusätzlich berücksichtigten Kniebeschwerden führten nicht zu einer wesentlichen Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung und zur Erhöhung des GdB. Die Berücksichtigung des Knorpelschadens am linken Kniegelenk mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtige bereits eine Einschränkung der Beweglichkeit des Gelenks auf 0-0-90 Grad. Da der beim Kläger bestehende Bewegungsumfang von 0-0-130 Grad jedoch günstiger sei, könne eine Erhöhung des GdB nicht erfolgen.
Hiergegen hat der Kläger am 03.11.2005 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, dass infolge einer Verschlimmerung seiner Wirbelsäulenerkrankung und das Hinzutreten der Kniegelenksbeschwerden ein GdB von 50 gerechtfertigt sei. Dr. C. und Dr. B. hätten das Vorliegen einer Gonarthrose bestätigt. Die Erkrankung der Lendenwirbelsäule bedinge Schmerzen beim Bücken und Drehen. Die Leistungsfähigkeit sei beim Heben und Tragen von Lasten sowie beim Sitzen und Gehen eingeschränkt. Er sei vom 21.02. – 28.03.2007 in der Klinik am Südpark, Bad Nauheim, stationär behandelt worden. Bei der Entlassung seien rezidivierende depressive Störungen, gegenwärtig in einer mittelgradigen Episode, bei dysthymer Persönlichkeit, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein NPP L5/S1 mit Forameneinengung, ein chronisches LWS-Syndrom, beidseitige Gonarthrose und Hypercholesterinämie diagnostiziert worden. Der Kläger hat hierzu den vorläufigen Entlassungsbericht der Klinik am Südpark vom 28.03.2007 vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen und Befundberichte angefordert. Dr. C. hat in seiner Stellungnahme vom 06.04.2006 mitgeteilt, dass er den Kläger seit Jahren hausärztlich betreue. Im Vordergrund der Beschwerden stünden die orthopädischen Erkrankungen der Wirbelsäule und der Knie. Die ihm vorliegenden orthopädischen Befundberichte beschrieben spondylotische und spondylarthrotische Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit Zwischenwirbelraumverschmälerungen bei L 5/S 1 und eine Nervenkanaleinengung ebenfalls im Bereich L5/S1. Abnutzungsbedingte Knieveränderungen, die als Genum verum, mediale Gonarthrose und Retropatellararthrose zu diagnostizieren seien, seien gleichfalls vorhanden.
Dr. B., Arzt für Orthopädie, hat in seiner Stellungnahme vom 08.05.2006 angegeben, beim Kläger chronische Lumboischialgien links bei NPP L5/S1 diagnostiziert zu haben. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule sei in allen Ebenen mäßig eingeschränkt. Es bestünden keine motorischen Ausfälle der unteren Extremitäten. Dr. B. schätzte den GdB des Klägers aus orthopädischer Sicht auf 30 ein. In einer weiteren Stellungnahme vom 11.06.2007 hat Dr. B. mitgeteilt, er habe anlässlich einer Untersuchung des Klägers am 03.04.2007 persistierende Gonalgien beidseitig, Gonarthrose beidseitig und eine Retropatellararthrose diagnostiziert.
Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie F. hat in seiner Stellungnahme vom 06.01.2007 angegeben, beim Kläger eine derzeit mittelgradige rezidivierende depressive Störung, Dysthymia und ein LWS-Syndrom diagnostiziert zu haben. Der Kläger habe ihm gegenüber Abgeschlagenheit, Müdigkeit, den Verlust der Lebensfreude, Anhedonie, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen und Grübelzwang angegeben. Psychopathologisch habe er eine gedrückte Grundstimmung und eine reduzierte Mimik befundet.
Nachdem dem Beklagten die Stellungnahmen der behandelnden Ärzte übersandt wurden, hat dieser mit Schriftsatz vom 17.04.2007 ein Vergleichsangebot unterbreitet, den GdB des Klägers ab dem 07.10.2004 mit 40 festzustellen. Hierzu hat er eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Wolf vom 12.04.2007 vorgelegt, in der ausgeführt ist, dass nach der Auskunft von Dr. F. eine depressive Verstimmung als weitere Funktionsbeeinträchtigung anerkannt werden könne, die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Ein weiteres Abweichen von der bisherigen Beurteilung ergebe sich nicht. Der Kläger ist dem Vergleichsangebot des Beklagten nicht beigetreten.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG sodann den ärztlichen Direktor der Neurologischen Klinik am Klinikum Ludwigsburg, Prof. Dr. G., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, welches dieser unter dem 19.05.2008 vorgelegt hat. In seinem neurologischen Gutachten hat Prof. Dr. G., nach Durchführung einer neuroradiologischen Untersuchung und Begutachtung am Institut für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie des Klinikums Ludwigsburg, beim Kläger chronische Lumboischialgie links bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und Bandscheibenvorfall LWK 5/SW 1 links diagnostiziert. Diese führten zu einer verminderten Belastbarkeit. Prof. Dr. G. hat den beim Kläger bestehenden GdB mit 20 für die linksseitigen Lumboischialgien, die sich weitgehend mit den Wirbelsäulenbeschwerden deckten, eingeschätzt.
Auf einen weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG sodann den Ärztlichen Direktor und Chefarzt der Orthopädischen Klinik Markgröningen, Dr. H. -Facharzt für Neurochirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie- mit der Erstattung eines Gutachten beauftragt. In seinem neurochirurgischen, unfallchirurgischen und orthopädischen Fachgutachten vom 26.01.2009 hat Dr. H. beim Kläger Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule betont im Segment L5/S1 mit Zustand nach Bandscheibenvorfall eben dort und beginnende Aufbraucherscheinungen der Kniegelenke bei Fehlstellung (O-Beine) betont in den mittleren Abschnitten der Gelenke diagnostiziert. Er hat den GdB für die Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule auf 30, für die der Kniegelenke auf 10 eingeschätzt.
Schließlich hat das SG auf einen weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG Dr. Abel, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, welches dieser unter dem 31.03.2009 vorgelegt hat. In seinem nervenärztlich psychotherapeutischen Sachverständigengutachten hat Dr. Abel beim Kläger ein anhaltendes mittelschweres depressives Residualsyndrom, eine somatoforme Schmerzstörung und eine Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom diagnostiziert. Er hat angegeben, bei einer differenzierten Betrachtung der psychischen Einzelstörung sei für die depressive Beschwerdesymptomatik ein Einzel-GdB von 30, für die Persönlichkeitsänderung gleichfalls ein solcher von 30 und für die somatoforme Schmerzstörung ein GdB von 20 anzusetzen, was letztlich für die psychischen Störungen einen GdB von 30 bedinge. Die Untersuchungssituation und die hierdurch dokumentierte Persönlichkeitsänderung könne nicht in enger Interferenz mit den ausschließlich orthopädischen Beschwerden betrachtet werden, so dass nach seiner EinH.ung beim Kläger ein GdB von 50 bestehe.
Der Beklagte ist der Klage auch nach Vorlage der Sachverständigengutachten entgegengetreten und hat hierzu (weitere) versorgungsärztliche Stellungnahmen von Herrn K. vom 24.10.2007 und vom 10.07.2009 vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.11.2009 hat das SG den Beklagten verurteilt, den GdB des Klägers unter Aufhebung des Bescheides vom 20.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2005 seit dem 04.10.2004 mit 40 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien mit einem GdB von 40 zu bewerten. Die Einschränkungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft seien durch Erkrankungen auf psychischem Gebiet eingeschränkt. Die nach den Ausführungen von Dr. Abel bestehenden Erkrankungen seien mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Die nach den übereinstimmenden Einschätzungen der behandelnden Ärzte und Gutachter bestehenden chronischen Lumboischialgien der Lendenwirbelsäule seien mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass mittelgradige funktionelle Einschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bestünden. Die Funktionsbeeinträchtigung der Kniegelenke sei mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten.
Mit Bescheid vom 16.11.2009 hat der Beklagte den GdB des Klägers mit 40 seit dem 07.10.2004 festgestellt.
Gegen den am 06.11.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.12.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er vor, dass im Besonderen die Bildung des Gesamt-GdB Bedenken unterliege. Nach EinH.ung des Sachverständigen Dr. Abel seien die einzelnen Erkrankungen getrennt anzusetzen, wobei die Persönlichkeitsveränderung nicht in enger Interferenz mit den orthopädischen Erkrankungen betrachtet werden könne, da eine depressiv affektive Psychose-Erkrankung vorliege. Das SG habe diese EinH.ung von Dr. Abel nicht berücksichtigt, weswegen der GdB des Klägers, wie von Dr. Abel vorgeschlagen, mit 50 festzustellen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 05. November 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Oktober 2005 sowie des Bescheides vom 16. November 2009 zu verurteilen, den GdB des Klägers ab dem 07. Oktober 2004 mit 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages trägt der Beklagte vor, dass zwischen den rein orthopädischen Befunden an der Wirbelsäule und der seelischen Störung Überschneidungen und Zusammenhänge bestünden, so dass in Zusammenschau beider Leiden kein GdB von 50 festzustellen sei. Aus den Einzelwerten von 30, 20 und 10 sei in nicht zu beanstandender Weise ein GdB von 40 festzustellen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat Dr. F., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommen. In seiner Stellungnahme vom 15.05.2010 hat Dr. F. mitgeteilt, beim Kläger chronische Dysthymia mit chronisch depressiver Stimmung, rezidivierende depressive Episoden, derzeit mittelgradig ausgeprägt im Sinne von Double Depressions mit ausgeprägten Konzentrationsstörungen, Merkfähigkeitsstörungen, Antriebsstörungen im Sinne einer Pseudodemenz, ein LWS-Syndrom, beidseitige Gonarthrose und Gastritis diagnostiziert zu haben. Er habe eine gedrückte Mimik, eine reduzierte emotionale Schwingungsfähigkeit befundet. Der Kläger habe sehr müde gewirkt, weswegen aus seiner Sicht von einer schwergradigen sozialen Anpassungsstörung auszugehen sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, in besonderem des Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für den Kläger geführte Schwerbehindertenakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2011 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2011 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Der Senat entscheidet über den Bescheid vom 16.11.2009, der gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, auf Klage hin (st. Rspr. des Bundessozialgerichts [BSG] seit dem Urteil vom 30.01.1963 - 2 RU 35/60 -; u.a. Urteil vom 25.02.2010 - B 13 R 61/09 R - jew. veröffentlicht in juris; Urteil des erkennenden Senats vom 19.01.2011 - L 3 SB 3158/09 - n.v.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 96, Rn. 7).
Die Berufung und die Klage sind jedoch unbegründet.
Das SG hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, den GdB des Klägers unter Abänderung des Bescheides vom 20.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2007 ab dem 04.10.2004 mit 40 festzustellen. Der Bescheid vom 16.11.2009, der in Ausführung des angefochtenen Gerichtsbescheides ergangen ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers ist durch die Feststellung eines GdB von 40 ausreichend und angemessen Rechnung getragen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 50 festzustellen sind.
Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Neufeststellung des GdB des Klägers ist § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 69 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX).
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist im gegebenen Zusammenhang im Hinblick auf die Feststellung des GdB anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustandes eine Herabsetzung oder Erhöhung des festgestellten (Gesamt-) GdB um wenigstens 10 ergibt bzw. die gesundheitlichen Voraussetzungen eines Nachteilausgleichs nicht mehr vorliegen (u.a. BSG, Urteil vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 - veröffentlicht in juris). Die Änderung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen oder das Hinzutreten weiterer Funktionsbeeinträchtigungen ohne Auswirkung auf den GdB stellen hingegen keine wesentliche Änderung in diesem Sinne dar (BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 18/97 R - veröffentlicht in juris). Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist durch einen Vergleich der gegenwärtigen - d.h. den Verhältnissen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - mit dem verbindlich festgestellten objektiven Behinderungszustand zum Zeitpunkt des Erlasses des zuletzt bindend gewordenen Bescheides zu ermitteln. Bei einer derartigen Neufeststellung handelt es sich nicht um eine reine Hochrechnung des im letzten maßgeblichen Bescheid festgestellten GdB, sondern um dessen Neuermittlung unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflussung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.09.2000 - B 9 SB 3/00 R - veröffentlicht in juris).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, für den die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz festgelegten Maßstäbe entsprechend gelten (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie EinH.ung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist hierbei nur dann zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Satz 6 SGB IX).
Bei der konkreten Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen sind die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in der jeweils gültigen Fassung (zuletzt 2008) heranzuziehen. In den AHP ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderung wiedergegeben. Die AHP ermöglichen somit eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB. Auch das BSG betont die Bedeutung der AHP und beschreibt sie als "einleuchtendes, abgewogenes und geschlossenes Beurteilungsgefüge" (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - veröffentlicht in juris). Sie sind für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zwar nicht rechtsverbindlich, sie tragen als "antizipierte Sachverständigengutachten" jedoch der Notwendigkeit Rechnung, Gesundheitsstörungen gleichmäßig zu bewerten. Angesichts dieser Bedeutung, wie aus Gründen der Gleichbehandlung aller behinderten Menschen folgt der Senat den Bewertungsvorgaben der AHP. Dies gilt insb. auch, als über die jeweiligen Neuauflagen der AHP die jeweils neuesten Erkenntnisse und Fortschritte in der medizinischen Wissenschaft über die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen in die AHP eingeflossen sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16.09.2003 - B 9 SB 3/02 R – veröffentlicht in juris). Ab dem 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP der Teil B der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG; die Seitenangabe ist jeweils nach der Publikation des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Printexemplars zitiert) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung [VersMedV]) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
In Anwendung dieser Maßstäbe ist der Senat der Überzeugung, dass eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur insoweit einge-treten ist, als die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 40 zu bewerten sind, eine weitergehende Veränderung jedoch nicht eingetreten ist.
Gegenüber der ursprünglichen Feststellung der beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen im Bescheid vom 13.08.2001 ist beim Kläger eine psychische Erkrankung hinzugetreten. Der Kläger leidet an einer Dysthymia, rezidivierenden depressiven Störungen und einer somatoformen Schmerzstörung. Diese sind zur Überzeugung des Senats mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen. Nach Ziff. 3.7 (S. 42) der VG bzw. Ziff. 26.2 (S. 48) der AHP sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Einzel-GdB von 0 – 20, stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrisch, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Schmerzstörungen) mit einem solchen von 30 – 40, schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen mit einem solchen von 50 – 70 und solche mit schweren sozialen Anpassungsstörungen mit einem Einzel-GdB von 80 – 100 zu bewerten. Bei der Bewertung von Gesundheitsstörungen sind diese in dem jeweiligen Funktionssystem zusammenzufassen (Ziff. 18 Abs. 4 [S.22] AHP bzw. Ziff. 2 e [S.20] VG). Eine isolierte Bewertung einzelner Gesundheitsstörungen innerhalb desselben Funktionssystems, wie dies sinngemäß von Dr. Abel in seinem Gutachten vom 31.03.2009 dargelegt wird, ist daher nicht zulässig. In Ansehung der von Dr. Abel und dem behandelnden Facharzt für Psychiatrie, Dr. F., mitgeteilten psychopathologischen Befunde ist der Senat vom Vorliegen einer schwerer behindernden Störung überzeugt. Die mitgeteilte reduzierte emotionale Schwingungsfähigkeit, die reduzierte Antriebs- und Konzentrationsfähigkeit, das eingeschränkte Durchhaltevermögen und die Dauermüdigkeit und die dadurch bedingten Einschränkungen, am sozialen Leben teilzuhaben, rechtfertigen dies. Nachdem jedoch weitere Einschränkungen in den Dimensionen Orientierung, Bewusstsein und Gedankengang nicht mitgeteilt wurden, ist eine Ausschöpfung des GdB-Rahmens von 30 - 40 für stärker behindernde Störungen ebensowenig gerechtfertigt, wie die Annahme einer schweren psychischen Störung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 15.05.2010 bekundet hat, aus seiner Sicht bestehe eine schwergradige soziale Anpassungsstörung, der Senat vermag sich jedoch in Ansehung der von Dr. F. hierzu mitgeteilten psychopatologischen Befunde nicht vom Vorliegen einer solchen schwergradigen Erkrankung zu überzeugen. Dr. F. hat zwar eine gedrückte Mimik und eine reduzierte emotionale Schwingungsfähigkeit bekundet, jedoch auch mitgeteilt, dass der Kläger wach und voll orientiert sei sowie keine inhaltlichen Denkstörungen oder eine Eigen- oder Fremdgefährdung vorlägen. Unter Berücksichtigung des Tagesablaufes, wie er im Gutachten von Dr. Abel geschildert ist, vermag der Senat zwar Rückzugstendenzen zu erkennen, schwergradige soziale Anpassungsstörungen sind hierdurch jedoch nicht begründet.
Die beim Kläger bestehende Wirbelsäulenerkrankung ist mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Die Bewertung der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bestimmt sich nach Ziff. 26.18 (S. 116) der AHP bzw. nach Ziff. 18.9 (S. 107) der VG. Danach ergibt sich die Höhe des Einzel-GdB bei Wirbelsäulenschäden in erster Linie aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, selten und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) bedingen danach einen GdB von 10. Bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) wird ein GdB von 20 erreicht. Bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein GdB von 20 gerechtfertigt. Liegen Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor, kann ein GdB von 30 bis 40 festgestellt werden. Bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst; schwere Skoliose - ab ca. 70 Grad nach Cobb -) wird ein GdB von 50-70 festgestellt. Bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit kann ein GdB von 80-100 gerechtfertigt sein. Der Kläger leidet an einer chronischen Lumboischialgie bei einem Zustand nach NPP L5/S1. Diese ist mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Zur Überzeugung des Senats bestehen keine über mittelgradige Funktionsstörungen hinausgehende Beeinträchtigungen. Befunde, die die Annahme einer schwerwiegenden funktionellen Einschränkung begründen könnten, wurden weder von den gerichtlichen Sachverständigen noch den behandelnden Ärzten benannt. Im Besonderen bestehen keine Anhaltspunkte für eine Instabilität des Achsenorgans oder über mittelgradige Werte hinausgehende Bewegungs- und Entfaltbarkeitseinschränkungen. Der Senat verkennt nicht, dass der gerichtliche Sachverständige Dr. H. in seinem Gutachten vom 26.01.2009 die EinH.ung vertreten hat, der von ihm als Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule bezeichneten Erkrankung sei ein Einzel-GdB von 30 beizumessen, er hat dies jedoch weitestgehend durch die hierdurch bedingten Einschränkungen begründet und angeführt, dem Kläger seien ein längeres Gehen und Stehen, Tätigkeiten in gebückter Körperhaltung sowie das Heben und Tragen von Lasten nicht möglich. Diese, an Begrifflichkeiten der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Recht der Erwerbsminderungsrente orientierte Argumentation vermag den Senat nicht zu überzeugen, da bei der Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen eine berufliche Betroffenheit nicht zu berücksichtigen ist (vgl. Ziff. 18 Abs. 1 [S.20] AHP). Der Senat ist an der Bewertung der Wirbelsäulenerkrankung mit einem Einzel-GdB von 20 auch nicht dadurch gehindert, dass im Bescheid vom 13.08.2001 der Funktionsbeeinträchtigung noch ein Einzel-GdB von 30 beigemessen wurde. Die für die einzelnen Behinderungen -die nicht zum Verfügungssatz des Bescheides gehören- berücksichtigten Einzel-GdB-Werte erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - veröffentlicht in juris). Es handelt sich lediglich um Bewertungsfaktoren, die nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen.
Gegenüber der ursprünglichen Feststellung der beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen im Bescheid vom 13.08.2001 ist beim Kläger zwar auch eine Erkrankung der Kniegelenke hinzugetreten, diese kann jedoch nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 10 Berücksichtigung finden. Nach Ziff. 18.14 (S. 117) der VG bzw. Ziff. 26.18 (S. 126) der AHP ist ein Einzel-GdB für Funktionseinschränkungen im Funktionssystem Knie abhängig von bestehenden Bewegungseinschränkungen zuzuerkennen. Hierbei sind solche geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0-0-90 Grad) bei einseitigem Vorliegen mit einem Einzel- GdB von 0 – 10, bei beidseitigem Vorliegen mit einem solchen von 10-20 zu berücksichtigen. Nachdem jedoch im Rahmen der Beweisaufnahme keine Befunde mitgeteilt wurden, die eine Bewegungseinschränkung in diesem Ausmaß dokumentieren, hingegen die von Dr. B. mitgeteilten Bewegungsmaße für Flexion und Extension von 130-0-0 die erforderliche Einschränkung nicht erreichen, ist ein höherer Einzel-GdB als 10, der im Hinblick auf den Knorpelschaden anzusetzen ist (vgl. AHP und VG jeweils a.a.O.), nicht zu berücksichtigen.
In Zusammenschau der beim Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist zur Überzeugung des Senats ein GdB von mehr als 40, wie klägerseits begehrt, nicht festzustellen. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ist, bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Grade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sind unter Berück¬sichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzu¬stellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben sind (vgl. Ziff. 3 [S. 22 f] Teil A der Anlage zur VersMedV bzw. Teil A Allgemeine Grundsätze Ziff 19 [S. 24 f] der AHP).
Die beim Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind zur Überzeugung des Senats weder gänzlich voneinander unabhängig, noch wirken sie sich besonders nachteilig aufeinander aus. Die Auswirkungen überschneiden sich vielmehr. Insb. die im Funktionssystem "Psyche" bestehende Gesundheitsstörung der somatoformen Schmerzstörung, die körperliche Beschwerden bezeichnet, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen, verdeutlicht, dass die bestehenden körperlichen Erkrankungen (auch) maßgeblich für die psychische Verfassung des Klägers sind. Der Senat verkennt nicht, dass der gerichtliche Sachverständige Dr. Abel in seinem Gutachten vom 31.03.2009 ausgeführt hat, die von ihm bekundete Persönlichkeitsänderung könne nicht in enger Interferenz mit den orthopädischen Beschwerden betrachtet werden, jedoch nimmt diese EinH.ung auf eine einzelne psychische Gesundheitsstörung Bezug und verkennt hiermit, wie oben ausgeführt, dass vorliegende Erkrankungen in Funktionssystemen zusammenzufassen sind. Eine fehlender Überlagerung bzw. fehlende Beeinflussung der orthopädischen Erkrankungen durch die Persönlichkeitsveränderung vermag mithin den Ausschluss einer Überlagerung des gesamten Funktionssystems nicht nachvollziehbar zu begründen. Eine Zusammenschau der beim Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ergibt vielmehr, dass diese mit funktionellen Einschränkungen, die bei dem Verlust eines Armes im Unterarm oder dem Verlust eines Beines im Unterschenkel auftreten, die jeweils einen GdB von 50 begründen, nicht vergleichbar sind. Die Funktionsbeeinträchtigung der Psyche, die vorliegend den höchsten Einzel-GdB von 30 bedingt, ist hiernach lediglich um einen Wert von 10 zu erhöhen.
Die beim Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mithin mit einem GdB von 40 zu bewerten.
Die Entscheidung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 05.11.2009, den Beklagten zu verpflichten, den GdB des Klägers ab dem 07.10.2004 mit 40 festzustellen und im Übrigen die Klage abzuweisen, ist mithin nicht zu beanstanden. Der Bescheid vom 16.11.2009, der in Ausführung des Gerichtsbescheides ergangen ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Berufung ist zurück-, die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klage gegen den Bescheid vom 16. November 2009 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung (GdB) festzustellen sind, als sie es zuletzt waren, wobei der Kläger die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch begehrt.
Bei dem am 01.05.1955 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Heilbronn (VA) mit Bescheid vom 13.08.2001 einen GdB von 30 seit 17.04.2001 fest. Es berücksichtigte hierbei, entsprechend einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. A. vom 03.08.2001, einen Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem GdB von 30. Dr. A. hatte zuvor vom VA bei den behandelnden Ärzten des Klägers beigezogene Befundberichte von Dr. B. vom 07.06.2001 und von Dr. C. vom 28.06.2001 ausgewertet. Dr. B. berichtete von chronischen Lumboischialgien links bei NPP L 5/S 1, linksbetont und einer Inklination bis FBA 10 cm, einer verspannten und einer druckschmerzhaften Wirbelsäulenmuskulatur ohne motorische Ausfälle der unteren Extremitäten. Dr. C. übersandte an ihn gerichtete Arztbriefe von Dr. B ...
Am 07.10.2004 beantragte der Kläger beim VA wegen einer Verschlimmerung der bestehenden Gesundheitsstörungen die Erhöhung des GdB. Er führte hierzu ein degeneratives LWS-Syndrom und beidseitige Gonarthrose an. Das VA forderte daraufhin bei Dr. B. einen Befundbericht an und führte diesen einer versorgungsärztlichen Überprüfung durch Dr. W. zu. Neben einem Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen benannte Dr. W. ferner einen Knorpelschaden am linken Kniegelenk als Funktionsbeeinträchtigung und maß dieser einen Einzel-GdB von 10 zu.
Mit Bescheid vom 20.04.2005 entschied das Landratsamt Ludwigsburg -Versorgungs-angelegenheiten-, dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht zu entsprechen. Zwar sei seit der letzten maßgeblichen Feststellung des GdB eine weitere Funktionsbeeinträchtigung hinzugetreten, hierdurch würden sich jedoch keine Auswirkungen auf den bereits festgestellten GdB ergeben. Eine Gonarthrose am rechten Kniegelenk habe nicht nachgewiesen werden können.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er durch das Hinzu-treten weiterer körperlicher Beschwerden -Knieschmerzen- in seiner Gesundheit noch eine Spur eingeschränkter sei als zuvor. Seine körperliche Beweglichkeit sei, da die Knieschmerzen plötzlich und unabhängig von Tageszeiten einträten, immens eingeschränkt. Die Behandlung der erstmals im Jahr 2002 aufgetretenen Beschwerden werde von Dr. C. und Dr. B. durchgeführt. Eine Verbesserung sei trotz laufender Behandlungen nicht eingetreten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2005 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung führte er an, gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass der letztmaligen Feststellung vorgelegen hätten (Bescheid vom 13.08.2001), sei keine wesentliche Änderung eingetreten, die eine Erhöhung des bisherigen GdB rechtfertigen könnte. Die zusätzlich berücksichtigten Kniebeschwerden führten nicht zu einer wesentlichen Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung und zur Erhöhung des GdB. Die Berücksichtigung des Knorpelschadens am linken Kniegelenk mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtige bereits eine Einschränkung der Beweglichkeit des Gelenks auf 0-0-90 Grad. Da der beim Kläger bestehende Bewegungsumfang von 0-0-130 Grad jedoch günstiger sei, könne eine Erhöhung des GdB nicht erfolgen.
Hiergegen hat der Kläger am 03.11.2005 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, dass infolge einer Verschlimmerung seiner Wirbelsäulenerkrankung und das Hinzutreten der Kniegelenksbeschwerden ein GdB von 50 gerechtfertigt sei. Dr. C. und Dr. B. hätten das Vorliegen einer Gonarthrose bestätigt. Die Erkrankung der Lendenwirbelsäule bedinge Schmerzen beim Bücken und Drehen. Die Leistungsfähigkeit sei beim Heben und Tragen von Lasten sowie beim Sitzen und Gehen eingeschränkt. Er sei vom 21.02. – 28.03.2007 in der Klinik am Südpark, Bad Nauheim, stationär behandelt worden. Bei der Entlassung seien rezidivierende depressive Störungen, gegenwärtig in einer mittelgradigen Episode, bei dysthymer Persönlichkeit, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein NPP L5/S1 mit Forameneinengung, ein chronisches LWS-Syndrom, beidseitige Gonarthrose und Hypercholesterinämie diagnostiziert worden. Der Kläger hat hierzu den vorläufigen Entlassungsbericht der Klinik am Südpark vom 28.03.2007 vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen und Befundberichte angefordert. Dr. C. hat in seiner Stellungnahme vom 06.04.2006 mitgeteilt, dass er den Kläger seit Jahren hausärztlich betreue. Im Vordergrund der Beschwerden stünden die orthopädischen Erkrankungen der Wirbelsäule und der Knie. Die ihm vorliegenden orthopädischen Befundberichte beschrieben spondylotische und spondylarthrotische Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit Zwischenwirbelraumverschmälerungen bei L 5/S 1 und eine Nervenkanaleinengung ebenfalls im Bereich L5/S1. Abnutzungsbedingte Knieveränderungen, die als Genum verum, mediale Gonarthrose und Retropatellararthrose zu diagnostizieren seien, seien gleichfalls vorhanden.
Dr. B., Arzt für Orthopädie, hat in seiner Stellungnahme vom 08.05.2006 angegeben, beim Kläger chronische Lumboischialgien links bei NPP L5/S1 diagnostiziert zu haben. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule sei in allen Ebenen mäßig eingeschränkt. Es bestünden keine motorischen Ausfälle der unteren Extremitäten. Dr. B. schätzte den GdB des Klägers aus orthopädischer Sicht auf 30 ein. In einer weiteren Stellungnahme vom 11.06.2007 hat Dr. B. mitgeteilt, er habe anlässlich einer Untersuchung des Klägers am 03.04.2007 persistierende Gonalgien beidseitig, Gonarthrose beidseitig und eine Retropatellararthrose diagnostiziert.
Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie F. hat in seiner Stellungnahme vom 06.01.2007 angegeben, beim Kläger eine derzeit mittelgradige rezidivierende depressive Störung, Dysthymia und ein LWS-Syndrom diagnostiziert zu haben. Der Kläger habe ihm gegenüber Abgeschlagenheit, Müdigkeit, den Verlust der Lebensfreude, Anhedonie, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen und Grübelzwang angegeben. Psychopathologisch habe er eine gedrückte Grundstimmung und eine reduzierte Mimik befundet.
Nachdem dem Beklagten die Stellungnahmen der behandelnden Ärzte übersandt wurden, hat dieser mit Schriftsatz vom 17.04.2007 ein Vergleichsangebot unterbreitet, den GdB des Klägers ab dem 07.10.2004 mit 40 festzustellen. Hierzu hat er eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Wolf vom 12.04.2007 vorgelegt, in der ausgeführt ist, dass nach der Auskunft von Dr. F. eine depressive Verstimmung als weitere Funktionsbeeinträchtigung anerkannt werden könne, die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Ein weiteres Abweichen von der bisherigen Beurteilung ergebe sich nicht. Der Kläger ist dem Vergleichsangebot des Beklagten nicht beigetreten.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG sodann den ärztlichen Direktor der Neurologischen Klinik am Klinikum Ludwigsburg, Prof. Dr. G., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, welches dieser unter dem 19.05.2008 vorgelegt hat. In seinem neurologischen Gutachten hat Prof. Dr. G., nach Durchführung einer neuroradiologischen Untersuchung und Begutachtung am Institut für diagnostische und interventionelle Neuroradiologie des Klinikums Ludwigsburg, beim Kläger chronische Lumboischialgie links bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und Bandscheibenvorfall LWK 5/SW 1 links diagnostiziert. Diese führten zu einer verminderten Belastbarkeit. Prof. Dr. G. hat den beim Kläger bestehenden GdB mit 20 für die linksseitigen Lumboischialgien, die sich weitgehend mit den Wirbelsäulenbeschwerden deckten, eingeschätzt.
Auf einen weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG sodann den Ärztlichen Direktor und Chefarzt der Orthopädischen Klinik Markgröningen, Dr. H. -Facharzt für Neurochirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie- mit der Erstattung eines Gutachten beauftragt. In seinem neurochirurgischen, unfallchirurgischen und orthopädischen Fachgutachten vom 26.01.2009 hat Dr. H. beim Kläger Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule betont im Segment L5/S1 mit Zustand nach Bandscheibenvorfall eben dort und beginnende Aufbraucherscheinungen der Kniegelenke bei Fehlstellung (O-Beine) betont in den mittleren Abschnitten der Gelenke diagnostiziert. Er hat den GdB für die Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule auf 30, für die der Kniegelenke auf 10 eingeschätzt.
Schließlich hat das SG auf einen weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG Dr. Abel, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, welches dieser unter dem 31.03.2009 vorgelegt hat. In seinem nervenärztlich psychotherapeutischen Sachverständigengutachten hat Dr. Abel beim Kläger ein anhaltendes mittelschweres depressives Residualsyndrom, eine somatoforme Schmerzstörung und eine Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom diagnostiziert. Er hat angegeben, bei einer differenzierten Betrachtung der psychischen Einzelstörung sei für die depressive Beschwerdesymptomatik ein Einzel-GdB von 30, für die Persönlichkeitsänderung gleichfalls ein solcher von 30 und für die somatoforme Schmerzstörung ein GdB von 20 anzusetzen, was letztlich für die psychischen Störungen einen GdB von 30 bedinge. Die Untersuchungssituation und die hierdurch dokumentierte Persönlichkeitsänderung könne nicht in enger Interferenz mit den ausschließlich orthopädischen Beschwerden betrachtet werden, so dass nach seiner EinH.ung beim Kläger ein GdB von 50 bestehe.
Der Beklagte ist der Klage auch nach Vorlage der Sachverständigengutachten entgegengetreten und hat hierzu (weitere) versorgungsärztliche Stellungnahmen von Herrn K. vom 24.10.2007 und vom 10.07.2009 vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.11.2009 hat das SG den Beklagten verurteilt, den GdB des Klägers unter Aufhebung des Bescheides vom 20.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2005 seit dem 04.10.2004 mit 40 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien mit einem GdB von 40 zu bewerten. Die Einschränkungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft seien durch Erkrankungen auf psychischem Gebiet eingeschränkt. Die nach den Ausführungen von Dr. Abel bestehenden Erkrankungen seien mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Die nach den übereinstimmenden Einschätzungen der behandelnden Ärzte und Gutachter bestehenden chronischen Lumboischialgien der Lendenwirbelsäule seien mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass mittelgradige funktionelle Einschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bestünden. Die Funktionsbeeinträchtigung der Kniegelenke sei mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten.
Mit Bescheid vom 16.11.2009 hat der Beklagte den GdB des Klägers mit 40 seit dem 07.10.2004 festgestellt.
Gegen den am 06.11.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.12.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er vor, dass im Besonderen die Bildung des Gesamt-GdB Bedenken unterliege. Nach EinH.ung des Sachverständigen Dr. Abel seien die einzelnen Erkrankungen getrennt anzusetzen, wobei die Persönlichkeitsveränderung nicht in enger Interferenz mit den orthopädischen Erkrankungen betrachtet werden könne, da eine depressiv affektive Psychose-Erkrankung vorliege. Das SG habe diese EinH.ung von Dr. Abel nicht berücksichtigt, weswegen der GdB des Klägers, wie von Dr. Abel vorgeschlagen, mit 50 festzustellen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 05. November 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Oktober 2005 sowie des Bescheides vom 16. November 2009 zu verurteilen, den GdB des Klägers ab dem 07. Oktober 2004 mit 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages trägt der Beklagte vor, dass zwischen den rein orthopädischen Befunden an der Wirbelsäule und der seelischen Störung Überschneidungen und Zusammenhänge bestünden, so dass in Zusammenschau beider Leiden kein GdB von 50 festzustellen sei. Aus den Einzelwerten von 30, 20 und 10 sei in nicht zu beanstandender Weise ein GdB von 40 festzustellen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat Dr. F., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommen. In seiner Stellungnahme vom 15.05.2010 hat Dr. F. mitgeteilt, beim Kläger chronische Dysthymia mit chronisch depressiver Stimmung, rezidivierende depressive Episoden, derzeit mittelgradig ausgeprägt im Sinne von Double Depressions mit ausgeprägten Konzentrationsstörungen, Merkfähigkeitsstörungen, Antriebsstörungen im Sinne einer Pseudodemenz, ein LWS-Syndrom, beidseitige Gonarthrose und Gastritis diagnostiziert zu haben. Er habe eine gedrückte Mimik, eine reduzierte emotionale Schwingungsfähigkeit befundet. Der Kläger habe sehr müde gewirkt, weswegen aus seiner Sicht von einer schwergradigen sozialen Anpassungsstörung auszugehen sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, in besonderem des Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für den Kläger geführte Schwerbehindertenakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2011 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2011 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Der Senat entscheidet über den Bescheid vom 16.11.2009, der gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, auf Klage hin (st. Rspr. des Bundessozialgerichts [BSG] seit dem Urteil vom 30.01.1963 - 2 RU 35/60 -; u.a. Urteil vom 25.02.2010 - B 13 R 61/09 R - jew. veröffentlicht in juris; Urteil des erkennenden Senats vom 19.01.2011 - L 3 SB 3158/09 - n.v.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 96, Rn. 7).
Die Berufung und die Klage sind jedoch unbegründet.
Das SG hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, den GdB des Klägers unter Abänderung des Bescheides vom 20.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2007 ab dem 04.10.2004 mit 40 festzustellen. Der Bescheid vom 16.11.2009, der in Ausführung des angefochtenen Gerichtsbescheides ergangen ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers ist durch die Feststellung eines GdB von 40 ausreichend und angemessen Rechnung getragen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 50 festzustellen sind.
Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Neufeststellung des GdB des Klägers ist § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 69 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX).
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist im gegebenen Zusammenhang im Hinblick auf die Feststellung des GdB anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustandes eine Herabsetzung oder Erhöhung des festgestellten (Gesamt-) GdB um wenigstens 10 ergibt bzw. die gesundheitlichen Voraussetzungen eines Nachteilausgleichs nicht mehr vorliegen (u.a. BSG, Urteil vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 - veröffentlicht in juris). Die Änderung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen oder das Hinzutreten weiterer Funktionsbeeinträchtigungen ohne Auswirkung auf den GdB stellen hingegen keine wesentliche Änderung in diesem Sinne dar (BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 18/97 R - veröffentlicht in juris). Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist durch einen Vergleich der gegenwärtigen - d.h. den Verhältnissen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - mit dem verbindlich festgestellten objektiven Behinderungszustand zum Zeitpunkt des Erlasses des zuletzt bindend gewordenen Bescheides zu ermitteln. Bei einer derartigen Neufeststellung handelt es sich nicht um eine reine Hochrechnung des im letzten maßgeblichen Bescheid festgestellten GdB, sondern um dessen Neuermittlung unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflussung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.09.2000 - B 9 SB 3/00 R - veröffentlicht in juris).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, für den die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz festgelegten Maßstäbe entsprechend gelten (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie EinH.ung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist hierbei nur dann zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Satz 6 SGB IX).
Bei der konkreten Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen sind die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in der jeweils gültigen Fassung (zuletzt 2008) heranzuziehen. In den AHP ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderung wiedergegeben. Die AHP ermöglichen somit eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB. Auch das BSG betont die Bedeutung der AHP und beschreibt sie als "einleuchtendes, abgewogenes und geschlossenes Beurteilungsgefüge" (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - veröffentlicht in juris). Sie sind für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zwar nicht rechtsverbindlich, sie tragen als "antizipierte Sachverständigengutachten" jedoch der Notwendigkeit Rechnung, Gesundheitsstörungen gleichmäßig zu bewerten. Angesichts dieser Bedeutung, wie aus Gründen der Gleichbehandlung aller behinderten Menschen folgt der Senat den Bewertungsvorgaben der AHP. Dies gilt insb. auch, als über die jeweiligen Neuauflagen der AHP die jeweils neuesten Erkenntnisse und Fortschritte in der medizinischen Wissenschaft über die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen in die AHP eingeflossen sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16.09.2003 - B 9 SB 3/02 R – veröffentlicht in juris). Ab dem 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP der Teil B der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG; die Seitenangabe ist jeweils nach der Publikation des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Printexemplars zitiert) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung [VersMedV]) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
In Anwendung dieser Maßstäbe ist der Senat der Überzeugung, dass eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur insoweit einge-treten ist, als die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 40 zu bewerten sind, eine weitergehende Veränderung jedoch nicht eingetreten ist.
Gegenüber der ursprünglichen Feststellung der beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen im Bescheid vom 13.08.2001 ist beim Kläger eine psychische Erkrankung hinzugetreten. Der Kläger leidet an einer Dysthymia, rezidivierenden depressiven Störungen und einer somatoformen Schmerzstörung. Diese sind zur Überzeugung des Senats mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen. Nach Ziff. 3.7 (S. 42) der VG bzw. Ziff. 26.2 (S. 48) der AHP sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Einzel-GdB von 0 – 20, stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrisch, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Schmerzstörungen) mit einem solchen von 30 – 40, schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen mit einem solchen von 50 – 70 und solche mit schweren sozialen Anpassungsstörungen mit einem Einzel-GdB von 80 – 100 zu bewerten. Bei der Bewertung von Gesundheitsstörungen sind diese in dem jeweiligen Funktionssystem zusammenzufassen (Ziff. 18 Abs. 4 [S.22] AHP bzw. Ziff. 2 e [S.20] VG). Eine isolierte Bewertung einzelner Gesundheitsstörungen innerhalb desselben Funktionssystems, wie dies sinngemäß von Dr. Abel in seinem Gutachten vom 31.03.2009 dargelegt wird, ist daher nicht zulässig. In Ansehung der von Dr. Abel und dem behandelnden Facharzt für Psychiatrie, Dr. F., mitgeteilten psychopathologischen Befunde ist der Senat vom Vorliegen einer schwerer behindernden Störung überzeugt. Die mitgeteilte reduzierte emotionale Schwingungsfähigkeit, die reduzierte Antriebs- und Konzentrationsfähigkeit, das eingeschränkte Durchhaltevermögen und die Dauermüdigkeit und die dadurch bedingten Einschränkungen, am sozialen Leben teilzuhaben, rechtfertigen dies. Nachdem jedoch weitere Einschränkungen in den Dimensionen Orientierung, Bewusstsein und Gedankengang nicht mitgeteilt wurden, ist eine Ausschöpfung des GdB-Rahmens von 30 - 40 für stärker behindernde Störungen ebensowenig gerechtfertigt, wie die Annahme einer schweren psychischen Störung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 15.05.2010 bekundet hat, aus seiner Sicht bestehe eine schwergradige soziale Anpassungsstörung, der Senat vermag sich jedoch in Ansehung der von Dr. F. hierzu mitgeteilten psychopatologischen Befunde nicht vom Vorliegen einer solchen schwergradigen Erkrankung zu überzeugen. Dr. F. hat zwar eine gedrückte Mimik und eine reduzierte emotionale Schwingungsfähigkeit bekundet, jedoch auch mitgeteilt, dass der Kläger wach und voll orientiert sei sowie keine inhaltlichen Denkstörungen oder eine Eigen- oder Fremdgefährdung vorlägen. Unter Berücksichtigung des Tagesablaufes, wie er im Gutachten von Dr. Abel geschildert ist, vermag der Senat zwar Rückzugstendenzen zu erkennen, schwergradige soziale Anpassungsstörungen sind hierdurch jedoch nicht begründet.
Die beim Kläger bestehende Wirbelsäulenerkrankung ist mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Die Bewertung der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bestimmt sich nach Ziff. 26.18 (S. 116) der AHP bzw. nach Ziff. 18.9 (S. 107) der VG. Danach ergibt sich die Höhe des Einzel-GdB bei Wirbelsäulenschäden in erster Linie aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, selten und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) bedingen danach einen GdB von 10. Bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) wird ein GdB von 20 erreicht. Bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein GdB von 20 gerechtfertigt. Liegen Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor, kann ein GdB von 30 bis 40 festgestellt werden. Bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst; schwere Skoliose - ab ca. 70 Grad nach Cobb -) wird ein GdB von 50-70 festgestellt. Bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit kann ein GdB von 80-100 gerechtfertigt sein. Der Kläger leidet an einer chronischen Lumboischialgie bei einem Zustand nach NPP L5/S1. Diese ist mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen. Zur Überzeugung des Senats bestehen keine über mittelgradige Funktionsstörungen hinausgehende Beeinträchtigungen. Befunde, die die Annahme einer schwerwiegenden funktionellen Einschränkung begründen könnten, wurden weder von den gerichtlichen Sachverständigen noch den behandelnden Ärzten benannt. Im Besonderen bestehen keine Anhaltspunkte für eine Instabilität des Achsenorgans oder über mittelgradige Werte hinausgehende Bewegungs- und Entfaltbarkeitseinschränkungen. Der Senat verkennt nicht, dass der gerichtliche Sachverständige Dr. H. in seinem Gutachten vom 26.01.2009 die EinH.ung vertreten hat, der von ihm als Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule bezeichneten Erkrankung sei ein Einzel-GdB von 30 beizumessen, er hat dies jedoch weitestgehend durch die hierdurch bedingten Einschränkungen begründet und angeführt, dem Kläger seien ein längeres Gehen und Stehen, Tätigkeiten in gebückter Körperhaltung sowie das Heben und Tragen von Lasten nicht möglich. Diese, an Begrifflichkeiten der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Recht der Erwerbsminderungsrente orientierte Argumentation vermag den Senat nicht zu überzeugen, da bei der Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen eine berufliche Betroffenheit nicht zu berücksichtigen ist (vgl. Ziff. 18 Abs. 1 [S.20] AHP). Der Senat ist an der Bewertung der Wirbelsäulenerkrankung mit einem Einzel-GdB von 20 auch nicht dadurch gehindert, dass im Bescheid vom 13.08.2001 der Funktionsbeeinträchtigung noch ein Einzel-GdB von 30 beigemessen wurde. Die für die einzelnen Behinderungen -die nicht zum Verfügungssatz des Bescheides gehören- berücksichtigten Einzel-GdB-Werte erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - veröffentlicht in juris). Es handelt sich lediglich um Bewertungsfaktoren, die nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen.
Gegenüber der ursprünglichen Feststellung der beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen im Bescheid vom 13.08.2001 ist beim Kläger zwar auch eine Erkrankung der Kniegelenke hinzugetreten, diese kann jedoch nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 10 Berücksichtigung finden. Nach Ziff. 18.14 (S. 117) der VG bzw. Ziff. 26.18 (S. 126) der AHP ist ein Einzel-GdB für Funktionseinschränkungen im Funktionssystem Knie abhängig von bestehenden Bewegungseinschränkungen zuzuerkennen. Hierbei sind solche geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0-0-90 Grad) bei einseitigem Vorliegen mit einem Einzel- GdB von 0 – 10, bei beidseitigem Vorliegen mit einem solchen von 10-20 zu berücksichtigen. Nachdem jedoch im Rahmen der Beweisaufnahme keine Befunde mitgeteilt wurden, die eine Bewegungseinschränkung in diesem Ausmaß dokumentieren, hingegen die von Dr. B. mitgeteilten Bewegungsmaße für Flexion und Extension von 130-0-0 die erforderliche Einschränkung nicht erreichen, ist ein höherer Einzel-GdB als 10, der im Hinblick auf den Knorpelschaden anzusetzen ist (vgl. AHP und VG jeweils a.a.O.), nicht zu berücksichtigen.
In Zusammenschau der beim Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist zur Überzeugung des Senats ein GdB von mehr als 40, wie klägerseits begehrt, nicht festzustellen. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ist, bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Grade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sind unter Berück¬sichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzu¬stellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben sind (vgl. Ziff. 3 [S. 22 f] Teil A der Anlage zur VersMedV bzw. Teil A Allgemeine Grundsätze Ziff 19 [S. 24 f] der AHP).
Die beim Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind zur Überzeugung des Senats weder gänzlich voneinander unabhängig, noch wirken sie sich besonders nachteilig aufeinander aus. Die Auswirkungen überschneiden sich vielmehr. Insb. die im Funktionssystem "Psyche" bestehende Gesundheitsstörung der somatoformen Schmerzstörung, die körperliche Beschwerden bezeichnet, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen, verdeutlicht, dass die bestehenden körperlichen Erkrankungen (auch) maßgeblich für die psychische Verfassung des Klägers sind. Der Senat verkennt nicht, dass der gerichtliche Sachverständige Dr. Abel in seinem Gutachten vom 31.03.2009 ausgeführt hat, die von ihm bekundete Persönlichkeitsänderung könne nicht in enger Interferenz mit den orthopädischen Beschwerden betrachtet werden, jedoch nimmt diese EinH.ung auf eine einzelne psychische Gesundheitsstörung Bezug und verkennt hiermit, wie oben ausgeführt, dass vorliegende Erkrankungen in Funktionssystemen zusammenzufassen sind. Eine fehlender Überlagerung bzw. fehlende Beeinflussung der orthopädischen Erkrankungen durch die Persönlichkeitsveränderung vermag mithin den Ausschluss einer Überlagerung des gesamten Funktionssystems nicht nachvollziehbar zu begründen. Eine Zusammenschau der beim Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ergibt vielmehr, dass diese mit funktionellen Einschränkungen, die bei dem Verlust eines Armes im Unterarm oder dem Verlust eines Beines im Unterschenkel auftreten, die jeweils einen GdB von 50 begründen, nicht vergleichbar sind. Die Funktionsbeeinträchtigung der Psyche, die vorliegend den höchsten Einzel-GdB von 30 bedingt, ist hiernach lediglich um einen Wert von 10 zu erhöhen.
Die beim Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mithin mit einem GdB von 40 zu bewerten.
Die Entscheidung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 05.11.2009, den Beklagten zu verpflichten, den GdB des Klägers ab dem 07.10.2004 mit 40 festzustellen und im Übrigen die Klage abzuweisen, ist mithin nicht zu beanstanden. Der Bescheid vom 16.11.2009, der in Ausführung des Gerichtsbescheides ergangen ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Berufung ist zurück-, die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved