L 10 U 715/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 2417/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 715/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 2. Februar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Beitragspflicht des Klägers zur gesetzlichen Unfallversicherung.

Der Kläger betrieb vom 1. Juli 1996 bis 31. Juli 2003 ein Unternehmen für Service- und Wartungsarbeiten im Gas-, Wasser- und Installationshandwerk. Dieses meldete er am 4. Juni 1996 beim Gewerbeamt der Gemeinde O. an. Die Beklagte erfuhr hiervon erst am 5. November 2003, nachdem die Gemeinde O. ihr die Gewerbeabmeldung angezeigt hatte.

Mit Bescheid vom 18. November 2003 stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit für das Unternehmen des Klägers fest und ordnete dieses Gefahrklassen ihres Gefahrentarifs zu. Mit zwei Beitragsbescheiden vom 17. Dezember 2003 setzte die Beklagte den Beitrag für die Jahre 1998 bis 2002 auf insgesamt 1694,06 EUR und für die Zeit von Januar bis Juli 2003 auf 249,11 EUR fest.

Der Kläger erhob gegen den Zuständigkeits- und Veranlagungsbescheid und die beiden Beitragsbescheide Widerspruch und verwies darauf, dass sein Unternehmen nicht mehr bestehe und er keine Veranlassung sehe, für sieben Jahre Beiträge nachzuentrichten. Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Zuständigkeits- und Veranlagungsbescheid sowie gegen die Beitragsbescheide "für die Jahre 1999 - 2002 und für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.07.2003" mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2004 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat hiergegen am 6. Oktober 2004 Klage bei dem Sozialgericht Konstanz erhoben und zur Begründung ausgeführt, er habe die Aufnahme des Gewerbes ordnungsgemäß der Gemeinde O. gemeldet und trage kein Verschulden, wenn diese den Umstand der Beklagten nicht weitergemeldet habe. Der Widerspruchsbescheid erfasse im Verfügungssatz auch nur Beiträge ab 1999. Außerdem werde der Einwand der Verjährung erhoben und der Einwand der Entreicherung geltend gemacht.

Mit Gerichtsbescheid vom 2. Februar 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach § 219 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) fänden die Vorschriften des SGB VII Anwendung. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII i.V.m. § 43 Abs. 1 der Satzung der Beklagten in der Fassung bis 31. Dezember 1997 bzw. § 45 Abs. 1 der Satzung in der Fassung ab 1. Januar 1998 seien Unternehmer in die Versicherungspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen. Nicht entscheidend sei, dass die Gemeinde O. die Gewerbeanmeldungen des Klägers nicht weitergeleitet habe, denn dieser sei gem. § 661 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. § 192 Abs. 1 SGB VII selbst zur Meldung an den zuständigen Unfallversicherungsträger verpflichtet gewesen. Dies habe das Bundessozialgericht bereits im Urteil vom 9. Dezember 1993 - 2 RU 49/93 - (richtig: 2 RU 49/92; veröffentlicht in SozR 3-2200 § 543 Nr. 1) entschieden. Der Einwand der Verjährung könne nicht erhoben werden, denn nach § 25 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i.V.m. § 152 SGB VII sei der Beitrag für das Jahr 1998 im Jahr 1999 fällig geworden und wäre erst mit Ablauf des 31. Dezember 2003 verjährt.

Der Kläger hat hiergegen am 22. Februar Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Die rückwirkende Beitragserhebung sei rechtsmissbräuchlich.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 2. Februar 2005 und die Bescheide der Beklagten vom 18. November und 17. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Von einer rechtsmissbräuchlichen Beitragserhebung könne keine Rede sein.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Vorschriften die Beitragspflicht des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Senat weist daher die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich für die Veranlagung im Jahr 1996, auf welches nach § 219 Abs. 1 Satz 2 SGB VII noch die Vorschriften der RVO Anwendung finden, die Berechtigung zur satzungsmäßigen Bestimmung der Unternehmerpflichtversicherung aus § 543 Abs. 1 RVO ergibt. Soweit die Satzung der Beklagten in der ab 1. Januar 1998 geltenden Fassung in § 45 Abs. 2 Nr. 1 die Unternehmerpflichtversicherung nicht auf Unternehmer erstreckt, "solange sie ihrer Mitteilungspflicht gemäß § 192 Abs. 1 SGB VII und ihrer Anzeigepflicht gemäß § 14 Gewerbeordnung nicht nachgekommen sind", lagen diese Voraussetzungen im Fall des Klägers nicht vor, denn dieser hat die gewerberechtliche Anmeldung vorgenommen.

Auch der vom Kläger vor dem Sozialgericht erhobene Einwand, der Widerspruchsbescheid vom 9. September 2004 erfasse die Beiträge für das Jahr 1998 nicht, greift nicht durch, denn hierbei handelt es sich um eine nach § 38 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unbeachtliche offenbare Unrichtigkeit, wie sich bereits aus dem Umstand ergibt, dass die Beiträge für das Jahr 1998 in der Begründung des Widerspruchsbescheides mitberücksichtigt worden sind.

Ob der Kläger von der in der Satzung der Beklagten (§ 43 Abs. 2 Satz 1 der Satzung in der Fassung bis 31. Dezember 1997, § 45 Abs. 4 Satz 1 der Satzung in der Fassung ab 1. Januar 1998) vorgesehenen Möglichkeit, Gebrauch machen kann, sich von der Pflichtversicherung befreien zu lassen, was aber nicht rückwirkend möglich ist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 der Satzung in der Fassung bis 30. Januar 1997, § 49 Abs. 1 Satz 1 der Satzung in der Fassung ab 1. Januar 1998) kann offen bleiben, denn die Befreiung ist nicht Streitgegenstand. Unabhängig hiervon bestehen Ansatzpunkte dafür, dem Kläger im Wege des sozialgerichtlichen Herstellungsanspruchs die Möglichkeit zur nachträglichen Befreiung einzuräumen, schon deswegen nicht, weil der Kläger, wie ausgeführt, seiner Mitteilungspflicht gegenüber der Beklagten nicht nachgekommen ist.

Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sieht der Senat in der rückwirkende Beitragserhebung nicht. Ein Entreicherungseinwand steht dem Kläger gegenüber der Beitragsforderung der Beklagten nicht zu.

Fehler hinsichtlich der Beitragshöhe sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Saved