L 12 AL 4018/04 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 2714/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 4018/04 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 13.8.2004 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die gegen den Bescheid vom 27.5/1.6.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.6.2004 beim Sozialgericht Freiburg erhobene Klage S 3 AL 2496/04 aufschiebende Wirkung hat.

Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer die außergerichtlichen Kosten des Eilverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der 1961 geborene Beschwerdeführer wendet sich gegen die Vollziehung einer Abzweigung.

Der Beschwerdeführer bezieht von der Beschwerdegegnerin Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von wöchentlich 189 EUR. Auf Antrag des - vom Senat für das Beschwerdeverfahren beigeladenen - Landkreises, der - allerdings nur noch bis zum 31.10.2004 - für den in Höhe von 164 EUR monatlich unterhaltsberechtigten Sohn des Beschwerdeführers Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbringt, nahm die Beschwerdegegnerin nach Anhörung des Beschwerdeführers durch Bescheid vom 27.5/1.6.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.6.2004 mit Wirkung ab dem 1.6.2004 eine Abzweigung in Höhe von wöchentlich 37,80 EUR (= täglich 5,40 EUR) vor.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 16.7.2004 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben (S 3 AL 2496/04). Er hält den Abzweigungsbescheid für ermessensfehlerhaft.

Seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das SG durch Beschluss vom 13.8.2004 mit der Begründung abgelehnt, die Klage biete wenig Aussicht auf Erfolg. Mit seiner Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, verfolgt der Beschwerdeführer sein Ziel weiter.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Nach Überzeugung des Senats hat die vom Kläger erhobene Klage gegen die Abzweigung aufschiebende Wirkung.

Nach § 86a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach Abs. 2 der Regelung u. a. (Nr. 2) in Angelegenheiten der Beschwerdegegnerin bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen.

Damit kommt es für die Frage, ob die hier vom Beschwerdeführer erhobene Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hat, ausschlaggebend darauf an, ob durch die Abzweigung eine laufende Leistung, wie sie hier die Bewilligung von Alhi darstellt, herabgesetzt oder entzogen wird. Diese Frage verneint der Senat.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Allgemeiner Teil (SGB I) können laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, in angemessener Höhe an den Ehegatten oder die Kinder des Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn er ihnen gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Unabhängig davon, dass der Unterhaltsanspruch aufgrund des Unterhaltsvorschussgesetzes auf den Beigeladenen überging, kann die Auszahlung nach § 48 Abs. 1 Satz 4 SGB I an die Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt, hier also an den Beigeladenen.

§ 48 Abs. 1 SGB I regelt damit lediglich die Frage, unter welchen Voraussetzungen laufende Geldleistungen an einen anderen als den Anspruchsinhaber ausgezahlt werden können. Über den Leistungsanspruch selbst, hier also die dem Beschwerdeführer zustehende Alhi, wird dagegen keine Regelung getroffen. Der Beschwerdeführer hat somit weiterhin Anspruch auf die ihm bescheidmäßig zuerkannte Alhi in Höhe von 189 EUR monatlich. Lediglich der Zahlungsempfänger, nicht aber der Anspruchsinhaber wird durch den Abzweigungsbescheid gesondert geregelt. Damit enthält der Abzweigungsbescheid keine Regelung über die Entziehung oder Herabsetzung der dem Beschwerdeführer zuerkannten Alhi. Eine entsprechende Anwendung des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG scheidet im Hinblick auf den Charakter dieser Vorschrift als Ausnahmeregelung und die deshalb nicht erkennbare Lücke für Fälle einer Abzweigung aus. Es bleibt somit bei der allgemeinen Vorschrift des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hat (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, FamRZ 2003, 1334; Zeihe, SGG, § 86a Rdnrn. 4k, 18; zum früheren Recht bereits LSG Hamburg, Breithaupt 1968, 890,891).

Da die Beklagte diese aufschiebende Wirkung nicht anerkennt, sondern trotz der erhobenen Klage Abzweigungen vornimmt, ist - zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes in entsprechender Anwendung des § 86b Abs. 1 SGG - die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage durch gerichtlichen Beschluss festzustellen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, aaO; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 86b Rdnr. 15). Den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag hat der Senat entsprechend ausgelegt (vgl. Mayer-Ladewig, aaO, § 86a Rdnr. 8).

Auf die Erfolgsaussicht des Klageverfahrens kommt es damit nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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