Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 3104/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1182/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22.01.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV - nachfolgend BK Nr. 2108).
Der am 21.03.1947 geborene Kläger arbeitet seit dem Jahr 1970 bei der Fa. B.-W., K. als Schweißer. Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten war der Kläger im Beurteilungszeitraum bis November 2004 durch Tätigkeiten unter extremer Rumpfbeugehaltung sowie durch das Anheben und Absetzen schwerer Lasten einer nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) berechneten Gesamtdosis von 64,2 x 106 (Nh) ausgesetzt (Stellungnahme des Mitarbeiters F. des Präventionsdienstes vom 12.11.2004, Bl. 43 Verwaltungsakte).
Seit Mitte der 1980iger-Jahre leidet der Kläger unter wechselnden Schmerzen in der gesamten Wirbelsäule. Zunächst traten die Beschwerden über viele Jahre wiederkehrend mit relativ kurzen Schmerzphasen, die durch lange schmerzarme oder schmerzfreie Intervalle unterbrochen wurden, auf. Eine länger anhaltende Schmerzsymptomatik u.a. mit zunehmenden Lumboischialgien entwickelte sich Anfang des Jahres 2003 (s. Gutachten Dr. H. Bl. 28 SG-Akte). Beim Kläger liegen in den Segmenten L2/3, L3/4, L4/5 und L5/S1 Veränderungen der Bandscheiben vor, deren Einordnung als Bandscheibenvorfälle (Prolaps) bzw. als Bandscheibenvorwölbungen (Protrusionen) zum Teil streitig ist. Ein großer Bandscheibenvorfall findet sich in keinem LWS-Segment. Das Segment L5/S1 weist beim Kläger als Besonderheit einen Übergangswirbel auf, gleichwohl ist auch in diesem Segment eine Bandscheibe vorhanden (hierzu u.a.: Arztbrief des Radiologen Dr. Sch. vom 18.02.2003 Bl. 66 Verwaltungsakte, Gutachten Dr. H. a.a.O., Arztbrief der Neurologin Dr. B.-L. vom 10.03.2010 Bl. 56 LSG-Akte). Die Halswirbelsäule (HWS) des Klägers weist deutliche degenerative Veränderungen auf. Die Bandscheiben der unteren HWS-Segmente sind massiv höhengemindert und weitgehend von knöchernen Ausziehungen der benachbarten Wirbelkörper ummantelt (hierzu u.a.: Gutachten von Dr. H. a.a.O. und Dr. Sch. Bl. 58 SG-Akte). Hinsichtlich der Brustwirbelsäule (BWS) liegen beim Kläger ein Rundrücken nach abgelaufenen thorakalen Morbus Scheuermann, jedoch keine höhergradigen Verschleißerscheinungen vor (Gutachten Dr. K. Bl. 92 Verwaltungsakte, Dr. H. und Dr. Sch. jeweils a.a.O.).
Eine im Mai/Juni 2003 in der Federseeklinik wegen der Rückenbeschwerden durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme führte - nur - vorübergehend zu einer Besserung der Beschwerden (Entlassungsbericht Bl. 76 ff. Verwaltungsakte, Gutachten Dr. H. a.a.O.).
Im August 2004 regte der Kläger bei der Beklagten Ermittlungen im Hinblick auf die Feststellung der BK Nr. 2108 an. Mit Bescheid vom 13.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2005 lehnte die Beklagte die Anerkennung der BK Nr. 2108 ab. Zwar lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK vor, die Erkrankung des Klägers sei jedoch nicht durch die Berufstätigkeit verursacht oder verschlimmert worden. Die Beklagte stützte sich dabei auf das von ihr veranlasste Gutachten von Dr. K. vom 02.02.2005, der die Bandscheibenveränderungen der Segmente L2/3 und L3/4 als kleine Bandscheibenvorfälle einordnete und "prinzipiell" von einem im Sinne der BK Nr. 2108 anerkennungsfähigen Krankheitsbild (bandscheibenbedingte Erkrankung) ausging. Allerdings schlug er gleichwohl die Anerkennung der BK Nr. 2108 nicht vor, da durch die berufliche Einwirkung bedingte, belastungsadaptive Reaktionen nicht in typischer Weise nachweisbar seien. Der Auffassung von Dr. K. schloss sich auch der von der Beklagten herangezogene beratende Arzt Dr. Sch. an. Er führte ergänzend aus, insbesondere die untere LWS sei vom Schadensbild ausgenommen, obwohl die Belastung dort kumuliere. Die Bandscheibenschäden gingen nicht deutlich über die altersentsprechenden Schwankungsbreiten hinaus. Zudem zeigten sich deutliche verschleißbedingte Veränderungen auch an belastungsfernen Wirbelsäulenabschnitten.
Deswegen hat der Kläger am 30.11.2005 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. Das SG hat ein orthopädisches Gutachten nebst ergänzenden Stellungnahmen von Dr. H. eingeholt, der ausgeführt hat, die vom Kläger angegebenen, durchaus nachvollziehbaren Beschwerden und Funktionsstörungen ließen sich nicht mit Wahrscheinlichkeit auf eine isolierte Bandscheibenerkrankung im Bereich der LWS zurückführen. Dagegen spreche die wechselnde Schmerzlokalisation in verschiedenen Wirbelsäulenabschnitten, das wechselnde Beschwerdebild, und die bildgebenden Befunde, die im Bereich der LWS keine eindeutig pathologischen Bandscheibenvorfälle und nur fortgeschrittene Bandscheibendegenerationen im Bereich der unteren Halswirbelsäule belegten.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein weiteres Gutachten nebst ergänzenden Stellungnahmen beim Internisten und Sozialmediziner Dr. Sch. eingeholt. Ihm hat der Kläger im Rahmen der Untersuchung im April 2007 mitgeteilt, er mache alle vorkommenden Schweißarbeiten. Dr. Sch. hat hinsichtlich der Diagnosen unter Hinweis auf eine zusätzlich festgestellte sensible Läsion im Dermatom L2 dem Gutachten von Dr. K. zugestimmt, ist jedoch im Unterschied zu ihm von einer beruflich bedingten Erkrankung ausgegangen. Auf Grund der Morphologie der Schäden könne bei der gegebenen ausreichenden Belastungsintensität und -dauer nicht mit ausreichender Sicherheit deren Verursachung durch die berufliche Belastung abgelehnt werden.
Mit Urteil vom 22.01.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. H. gestützt. Dr. Sch. habe einen Kausalzusammenhang schlicht wegen der hohen beruflichen Belastung und aus seiner Sicht fehlenden plausiblen Alternativursachen unterstellt. Dies reiche jedoch nicht aus.
Gegen das ihm am 13.02.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.03.2009 Berufung eingelegt.
Der Senat hat die Arbeitgeberin des Klägers zur Frage der weiteren Ausübung der Berufstätigkeit befragt. Die Personalsachbearbeiterin Bischoff hat mitgeteilt, der Kläger übe seine Tätigkeit unverändert aus. Nachdem der Kläger dies bestritten hat, hat der Betriebsleiter der B.-W.M. in ergänzenden Stellungnahmen ausgeführt, der Kläger könne seit dem Jahreswechsel 2004/2005 seine Stelle nicht mehr im geforderten Umfang verrichten. Er habe sämtliche den Rücken gefährdenden Tätigkeiten aufgeben müssen. Ihm hätten gesonderte Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden müssen und ein großer Anteil seiner Tätigkeit sei auf Kollegen umverteilt worden.
Ferner hat der Senat Dr. H. um ergänzende Stellungnahmen gebeten. Dr. H. hat daran festgehalten, dass auch nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31.05.2005 (B 2 U 12/04 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2) die festgestellten radiologischen Veränderungen keine bandscheibenbedingten Erkrankungen signalisierten, da das dazu passende klinische Krankheitsbild nicht vorliege. Die Beschwerden des Klägers seien als chronische Rückenschmerzen auf dem Boden primär funktioneller Störungen in Form von Blockierungen und Muskelverspannungen einzuordnen. Dabei handle es sich um unspezifische Reaktionsmuster des Körpers auf eine Fülle von unterschiedlichen Einflüssen. Zu dem Arztbrief der Neurologin Dr. B.-L. vom März 2010 (s.o.) hat Dr. H. angemerkt, selbst wenn zugunsten des Klägers von einer Höhenminderung im Segment L3/4 ausgegangen würde, käme nach den Konsensempfehlungen ("Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" der auf Anregung des HVBG eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe in "Trauma und Berufskrankheit" 2005, 211ff.) ein wahrscheinlicher Zusammenhang mit der beruflichen Belastung nicht in Betracht.
Der Kläger trägt vor, es sei nicht zu erwarten gewesen, dass Dr. H. seine ursprüngliche Auffassung ändere. Entgegen seiner Auffassung liege bei ihm eine bandscheibenbedingte Erkrankung vor. Hierzu hat der Kläger ergänzend den Arztbrief des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. J. vom März 2010, der von verkürzten Ischiocruralmuskeln und fehlenden Blockierungszeichen im Bereich der Wirbelsäule berichtet hat, vorgelegt (Bl. 73 LSG-Akte). Soweit Dr. H. bei Unterstellung einer bandscheibenbedingten Erkrankung einen Zusammenhang mit der beruflichen Belastung ausgeschlossen habe, sei die Einholung eines Gutachtens bei einem anderen Gutachter erforderlich. Hierzu verweist der Kläger auf den von ihm im erstinstanzlichen Verfahren gegen Dr. H. gestellten, vom SG zurückgewiesenen, Befangenheitsantrag (Beschluss vom 10.07.2008 S 5 U 1120/08 A, Zurückweisung der Beschwerde dagegen durch das LSG mit Beschluss vom 08.09.2008 L 1 U 3905/08 B). Die von Dr. H. auch im Berufungsverfahren herangezogenen Vergleiche aus dem Tierreich zeigten, wie wenig ernst scheinbar die Ärzte ihren Beruf nähmen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22.01.2009 und den Bescheid vom 13.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2005 aufzuheben sowie festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach BK Nr. 2108 vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ein belastungskonformes Schadensbild liege nicht vor.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der Kläger erstrebt bei sachdienlicher Auslegung seines prozessualen Begehrens (§ 123 SGG) im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen und die gerichtliche Feststellung dieser BK. Dem auf Verurteilung der Beklagten zur behördlichen Anerkennung der BK gerichteten schriftsätzlichen Antrag kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu, insbesondere nicht i.S. einer Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG; nichts anderes gilt für das allgemein auf Entschädigung gerichteten Begehren (BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R). Dem entsprechend hat der Senat den Antrag des Klägers sachdienlich gefasst.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der BK Nr. 2108. Zutreffend hat die Beklagte das Vorliegen dieser BK mit den angefochtenen Bescheiden verneint.
Eine BK nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV ist eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung und Entschädigung einer Erkrankung nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen, die durch langjähriges berufsbedingtes Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige berufsbedingte Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (so genannte arbeitstechnische Voraussetzungen) entstanden ist. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben und als Konsequenz aus diesem Zwang muss die Aufgabe dieser Tätigkeiten tatsächlich erfolgt sein.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung - hier also eine bandscheibenbedingte Erkrankung - sowie die Unterlassung der belastenden Tätigkeiten erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Im Sinne der obigen Darlegungen erfüllt der Kläger mit der vom Präventionsdienst der Beklagten errechneten Gesamtdosis der beruflichen Belastung durch Heben oder Tragen schwerer Lasten von 64,2 x 106 (Nh) die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108. Dieser Wert überschreitet den nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5) maßgeblichen unteren Grenzwert von 12,5 x 106 (Nh), bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, deutlich. Die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen stand dementsprechend zwischen den Beteiligten auch nie im Streit. Ausdrücklich streitig war und ist zwischen den Beteiligten das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen dieser BK (nachfolgend 1.). Daneben hat der Senat auch Bedenken im Hinblick darauf, ob das besondere versicherungsrechtliche Tatbestandsmerkmal des Unterlassungszwangs erfüllt ist (nachfolgend 2.).
1. Der Senat kann sich wie schon das SG nicht davon überzeugen, dass beim Kläger die medizinischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108 vorliegen.
Fraglich ist bereits, ob die beim Kläger vorliegenden Rückenbeschwerden als bandscheibenbedingte Erkrankungen im Sinne der BK Nr. 2108 angesehen werden können. Unter bandscheibenbedingten Erkrankungen sind Bandscheibendegenerationen (Diskose), Instabilität im Bewegungssegment, Bandscheibenvorfall (Prolaps), degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten (Osteochondrose), knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper (Spondylose), degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke (Spondylarthrose) mit den durch derartige Befunde bedingten Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule zu verstehen (BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 12/04 in SozR 4-5671 Anl.1 Nr.2108 Nr. 2 unter Verweis auf die Begründung in BR-Drucks. 773/92 S. 8 zur 2. Änderungsverordnung, durch welche die BK Nr. 2108 in die Berufskrankheitenliste aufgenommen worden ist). Dies bedeutet, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung neben den beschriebenen röntgenologisch feststellbaren Veränderungen auch ein darauf beruhendes Krankheitsbild erfordert, das über einen längeren Zeitraum andauert, also chronisch oder zumindest chronisch wiederkehrend ist und zu Funktionseinschränkungen führt (BSG, a.a.O.).
Fraglich ist hier schon, ob bzw. inwieweit durch die bildgebenden Befunde Bandscheibenvorfälle nachgewiesen sind. Für das Segment L2/3 ist kein Bandscheibenvorfall nachgewiesen. Zwar diagnostizierte Dr. Sch. in diesem Segment einen Prolaps. Er beschrieb ihn jedoch als äußerst schmalbandig, ca. 2-3 mm weit nach cranial reichend. Nach den Konsensempfehlungen (a.a.O. S. 215) ist eine Bandscheibenvorwölbung bis 3 mm aber nicht als Prolaps, sondern als Protrusion anzusehen. Mithin ist für dieses Segment - so auch Dr. B.-L. und Dr. H. (Bl. 64 LSG-Akte) - von einer Protrusion und nicht wie von Dr. K., Dr. Sch. und Dr. Sch. genannt, von einem kleinen Bandscheibenvorfall auszugehen. Die von Dr. Sch. im Segment L3/4 als Prolaps diagnostizierte Bandscheibenvorwölbung um ca. 3-4 mm stellt nach den Konsensempfehlungen (s. eben) einen Grenzbefund zwischen einer Protrusion und einem Prolaps dar. Im Segment L4/5 liegt - so übereinstimmend Dr. Sch. und Dr. B.-L. - nur eine Protrusion vor. Erstmalig hat Dr. B.-L. im März 2010 ohne nähere Größenangaben einen "kleinen" Prolaps im Segment L5/S1 diagnostiziert, Dr. Sch. sah im Februar 2003 hier nur eine klinisch-neurologisch nicht relevante Protrusion. Angesichts der Bewertung als "klein" durch Dr. B.-L. vermag der Senat auch für die Segmente L5/S1 allenfalls von einem Grenzbefund i.S. der Konsensempfehlungen auszugehen. Deshalb und unter Berücksichtigung der von Dr. Sch. konkret mitgeteilten Maße und den Ausführungen in den Konsensempfehlungen ist der Hinweis von Dr. Sch., dass die Bandscheibenschäden des Klägers nicht deutlich über die Schwankungsbreiten der altersentsprechenden Norm hinausgehen und nicht das Bild des "großen klassischen Bandscheibenvorfalles" zeigen, überzeugend. Dies gilt auch für den Bandscheibenvorfall, den Dr. B.-L. erst nach der Äußerung von Dr. Sch. im Segment L 5/S1 diagnostiziert und ausdrücklich als "klein" bezeichnet hat.
Vor diesem Hintergrund kann nach den bildgebenden Befunden zugunsten des Klägers allenfalls grenzwertig vom Vorliegen von bk-relevanten Bandscheibenveränderungen - hier wurde von allen Gutachtern und Ärzten im Wesentlichen die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Bandscheibenvorfälle diskutiert - ausgegangen werden. Umso mehr überzeugt den Senat daher die Auffassung von Dr. H., dass die erheblichen Rückenbeschwerden des Klägers nicht auf der Grundlage dieser grenzwertigen Befunde, sondern als funktionelle Beschwerden in Form von Blockierungen und Muskelverspannungen, auch der Gesäßmuskulatur anzusehen sind. Dr. H. hat dies für den Senat nachvollziehbar nicht nur aus der Bildgebung, sondern auch aus der wechselnden Schmerzlokalisation in den verschiedenen Wirbelsäulenabschnitten, dem wechselnden Beschwerdebild und der therapeutischen Beeinflussbarkeit hergeleitet. Es fehlt somit an der Möglichkeit, die Beschwerden des Klägers einem Segment der Lendenwirbelsäule zuzuordnen. Dr. H. hat zuletzt in seiner Stellungnahme vom Juni 2010 anschaulich dargelegt, dass auch das Zusammentreffen von subjektiven Beschwerden und radiologisch nachweisbaren Bandscheibenschäden nicht immer ausreicht, um eine bandscheibenbedingte Erkrankung zu diagnostizieren und in den vergangenen Jahrzehnten viele tausend Patienten einen diesbezüglichen Irrtum mit fehlgeschlagenen operativen Eingriffen bezahlen mussten. Angesichts eines wechselnden Beschwerdebilds wird die Auffassung von Dr. H. auch nicht durch das von Dr. J. im März 2010 beschriebene Fehlen von Blockierungszeichen widerlegt. Schließlich hat Dr. J. gleichzeitig von verkürzten Ischiocruralmuskeln berichtet und damit einen Hinweis auf die von Dr. H. als weiteren möglichen Beschwerdenauslöser genannten Muskelverspannungen gegeben.
Doch selbst wenn hier, wie von Dr. K. und Dr. Sch. vertreten, vom Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung ausgegangen würde, könnte diese nicht zur Überzeugung des Senats auf die beruflichen Belastungen zurückgeführt werden. Dies wurde von Dr. K. - bestätigt durch Dr. Sch. - unter Hinweis auf das Fehlen typischer belastungsadaptiver Veränderungen an der Lendenwirbelsäule (keine vermehrte Kalksalzbildungen in den Segmenten L4/5 und L5/1, Vorliegen spondylotischer Ausziehungen im Bereich der Grundplatte L 4, keine Hinweise für eine belastungsinduzierte Osteochondrose, Spondylarthrose und ventrale Spondylose) überzeugend verneint.
Für den Senat überzeugend hat Dr. H. unter Heranziehung der Konsensempfehlungen selbst bei Unterstellung eines klinisch relevanten Bandscheibenvorfalls im Segment L3/4, d.h. einer bandscheibenbedingten Erkrankung, keinen hinreichend wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers gesehen. Nach den allgemeinen Ausführungen in den Konsensempfehlungen (a.a.O. S. 216) spricht - worauf Dr. Sch. schon hinwies - bereits gegen einen Ursachenzusammenhang, dass die beiden unteren LWS-Segmente - unter Berücksichtigung der Diagnose von Dr. B.-L. jedenfalls eines der beiden unteren Segmente - ausgespart sind/ist. Ferner ist zu beachten, dass - ebenfalls so Dr. Sch. - auch verschleißbedingte Veränderungen an der BWS und der HWS, letztere mit massiven Höhenminderungen der Bandscheiben der unteren Segmente, vorliegen. Selbst Dr. Sch. hat hinsichtlich der HWS deutliche Verschleißerscheinungen mit einem entsprechenden Beschwerdebild beschrieben, während er die Veränderungen an der LWS als nicht sehr ausgeprägt angesehen hat. Schon nach den allgemeinen Kriterien der Konsensempfehlungen kann ein Ursachenzusammenhang damit nicht wahrscheinlich gemacht werden. Denn die gleichmäßige Ausbreitung von Schmerzen über weite Bereiche des Rückens mehrere Segmente vom bildgebend dargestellten Bandscheibenschaden entfernt spricht gegen einen Zusammenhang (a.a.O. S. 216). Erst Recht muss dies gelten, wenn die Problematik an der HWS, wie hier der Fall, von den Ärzten gravierender als an der LWS beschrieben wird.
Die eben genannten Argumente sprechen auch gegen einen Ursachenzusammenhang hinsichtlich des zuletzt von Dr. B.-L. im Segment L5/S1 diagnostizierten kleinen Bandscheibenvorfalls. Auf die insbesondere von Dr. H. angesprochene Sondersituation des Übergangswirbels in diesem Bereich ("das Segment L5/S1 existiert nicht", Bl. 66 LSG-Akte) muss daher nicht eingegangen werden.
Gegen einen Ursachenzusammenhang spricht auch eine Einordnung des Krankheitsbildes des Klägers in die in den Konsensempfehlungen dargestellten "typischen Fallkonstellationen" (a.a.O. S. 217f.). In Betracht zu ziehen sind - so Dr. H. - die Befundkonstellationen C2, D und E2. Hinsichtlich der Lokalisation des Bandscheibenschadens in L3/4 bestand unter Konstellation C2 in der die Empfehlungen erstellenden Arbeitsgruppe kein Konsens. Unter Berücksichtigung der eben dargestellten allgemeinen Kriterien, die gegen einen Zusammenhang sprechen, kann sich der Senat daher nicht von einem wahrscheinlichen Zusammenhang überzeugen. Die Beweislast trägt der Kläger. Ein wahrscheinlicher Zusammenhang nach der Konstellation D, für die bereits das Vorliegen einer Protrusion einer Bandscheibe ausreichen würde, scheitert - so Dr. H. - an der für diese Konstellation notwendigen Grundvoraussetzung eines zusätzlich nachgewiesenen engen Spinalkanals. Ferner wäre - so Dr. H. - auch bei Unterstellung einer Chondrose Grad I nach der Konstellation E2 wegen des Fehlens einer Begleitspondylose nach den Konsensempfehlungen von keinem wahrscheinlichen Zusammenhang auszugehen.
Damit sind die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2108 zur Überzeugung des Senats nicht gegeben.
Der Senat folgt nicht dem Gutachten von Dr. Sch ... Das SG hat zutreffend dargestellt, dass Dr. Sch. einen Kausalzusammenhang schlicht wegen der unstreitig hohen beruflichen Belastung unterstellt, was nicht ausreicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen weist der Senat insoweit die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Soweit Dr. B.-L. und Dr. J. bandscheibenbedingte Erkrankungen in den im Berufungsverfahren vorgelegten Arztbriefen bestätigt haben, hat der Senat daran aus den oben dargestellten Gründen und vor dem Hintergrund, dass Dr. B.-L. ihre Diagnose auf anamnestische Angaben gestützt hat, die sie selbst als nicht präzise und unvollständig ("eine Störung des Empfindens.lässt sich nicht erfragen", Bl. 56 LSG-Akte) bezeichnet hat, nach wie vor Zweifel. Diese Zweifel können jedoch dahingestellt bleiben, da selbst bei Unterstellung einer bandscheibenbedingten Erkrankung - wie eben ausgeführt - ein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit nicht nachgewiesen ist. Insoweit sieht sich der Senat auch nicht veranlasst zur Abklärung des Vorliegens einer bandscheibenbedingten Erkrankung ein neurologisches oder ein weiteres orthopädisches Gutachten einzuholen. Der Senat ist - wie schon das SG und der erste Senat des LSG in den Entscheidungen zu dem vom Kläger gestellten Befangenheitsantrag - auch unter Berücksichtigung seiner Vergleiche aus dem Tierreich davon überzeugt, dass Dr. H. sein Gutachten und die ergänzenden Stellungnahmen unvoreingenommen abgegeben hat.
2. Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass der Senat trotz der anderweitigen Angaben des Betriebsleiters M. Zweifel daran hat, dass der Kläger seine rückengefährdenden Tätigkeiten eingestellt hat und damit die Voraussetzung des Unterlassungszwangs erfüllt ist. Der Senat geht zwar auf der Grundlage der Angaben des Klägers gegenüber Dr. H. durchaus davon aus, dass er bestimmte besonders schwere Verrichtungen nicht mehr durchführt, teilweise gesundheitsbedingt, teilweise - so der Kläger gegenüber Dr. Sch. - weil losgelöst von seinen gesundheitlichen Beschwerden zwischenzeitlich Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Dass er jedoch entsprechend den Angaben des Betriebsleiters M. bereits zum Jahreswechsel 2004/2005 sämtliche auch nur im Ansatz rückengefährdenden Tätigkeiten aufgab, ist durch die Angaben des Klägers gegenüber Dr. H. im Oktober 2006 und gegenüber Dr. Sch. im April 2007 widerlegt. Gegenüber Dr. Sch. hat der Kläger sogar angegeben, seine Arbeit sei "während der gesamten Zeit weitgehend die gleiche gewesen". Ohne eine zeitliche Einschränkung auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum hat er gegenüber Dr. Sch. berichtet, dass er häufig "bewaffnet mit einem Schweißkoffer von ca. 40 kg, in unbequemer Körperhaltung arbeiten müsse. Das komme täglich vor. Bei Außenarbeiten seien auch Überkopfarbeiten erforderlich". Die Zweifel des Senats werden dadurch bestärkt, dass die Personalsachbearbeiterin Bischoff zeitlich vor dem Betriebsleiter M. gegenüber dem Senat schriftlich bestätigt hat, dass der Kläger nach wie vor dieselbe Arbeit verrichte. Da dies in Übereinstimmung mit den eigenen Angaben des Klägers gegenüber den Sachverständigen steht, wirkt die Erklärung des Klägers, Frau B. habe unzutreffende Angaben gemacht, da sie ihn in ihrer Funktion als Lohnsachbearbeiterin nicht kenne, wenig überzeugend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV - nachfolgend BK Nr. 2108).
Der am 21.03.1947 geborene Kläger arbeitet seit dem Jahr 1970 bei der Fa. B.-W., K. als Schweißer. Nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten war der Kläger im Beurteilungszeitraum bis November 2004 durch Tätigkeiten unter extremer Rumpfbeugehaltung sowie durch das Anheben und Absetzen schwerer Lasten einer nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) berechneten Gesamtdosis von 64,2 x 106 (Nh) ausgesetzt (Stellungnahme des Mitarbeiters F. des Präventionsdienstes vom 12.11.2004, Bl. 43 Verwaltungsakte).
Seit Mitte der 1980iger-Jahre leidet der Kläger unter wechselnden Schmerzen in der gesamten Wirbelsäule. Zunächst traten die Beschwerden über viele Jahre wiederkehrend mit relativ kurzen Schmerzphasen, die durch lange schmerzarme oder schmerzfreie Intervalle unterbrochen wurden, auf. Eine länger anhaltende Schmerzsymptomatik u.a. mit zunehmenden Lumboischialgien entwickelte sich Anfang des Jahres 2003 (s. Gutachten Dr. H. Bl. 28 SG-Akte). Beim Kläger liegen in den Segmenten L2/3, L3/4, L4/5 und L5/S1 Veränderungen der Bandscheiben vor, deren Einordnung als Bandscheibenvorfälle (Prolaps) bzw. als Bandscheibenvorwölbungen (Protrusionen) zum Teil streitig ist. Ein großer Bandscheibenvorfall findet sich in keinem LWS-Segment. Das Segment L5/S1 weist beim Kläger als Besonderheit einen Übergangswirbel auf, gleichwohl ist auch in diesem Segment eine Bandscheibe vorhanden (hierzu u.a.: Arztbrief des Radiologen Dr. Sch. vom 18.02.2003 Bl. 66 Verwaltungsakte, Gutachten Dr. H. a.a.O., Arztbrief der Neurologin Dr. B.-L. vom 10.03.2010 Bl. 56 LSG-Akte). Die Halswirbelsäule (HWS) des Klägers weist deutliche degenerative Veränderungen auf. Die Bandscheiben der unteren HWS-Segmente sind massiv höhengemindert und weitgehend von knöchernen Ausziehungen der benachbarten Wirbelkörper ummantelt (hierzu u.a.: Gutachten von Dr. H. a.a.O. und Dr. Sch. Bl. 58 SG-Akte). Hinsichtlich der Brustwirbelsäule (BWS) liegen beim Kläger ein Rundrücken nach abgelaufenen thorakalen Morbus Scheuermann, jedoch keine höhergradigen Verschleißerscheinungen vor (Gutachten Dr. K. Bl. 92 Verwaltungsakte, Dr. H. und Dr. Sch. jeweils a.a.O.).
Eine im Mai/Juni 2003 in der Federseeklinik wegen der Rückenbeschwerden durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme führte - nur - vorübergehend zu einer Besserung der Beschwerden (Entlassungsbericht Bl. 76 ff. Verwaltungsakte, Gutachten Dr. H. a.a.O.).
Im August 2004 regte der Kläger bei der Beklagten Ermittlungen im Hinblick auf die Feststellung der BK Nr. 2108 an. Mit Bescheid vom 13.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2005 lehnte die Beklagte die Anerkennung der BK Nr. 2108 ab. Zwar lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK vor, die Erkrankung des Klägers sei jedoch nicht durch die Berufstätigkeit verursacht oder verschlimmert worden. Die Beklagte stützte sich dabei auf das von ihr veranlasste Gutachten von Dr. K. vom 02.02.2005, der die Bandscheibenveränderungen der Segmente L2/3 und L3/4 als kleine Bandscheibenvorfälle einordnete und "prinzipiell" von einem im Sinne der BK Nr. 2108 anerkennungsfähigen Krankheitsbild (bandscheibenbedingte Erkrankung) ausging. Allerdings schlug er gleichwohl die Anerkennung der BK Nr. 2108 nicht vor, da durch die berufliche Einwirkung bedingte, belastungsadaptive Reaktionen nicht in typischer Weise nachweisbar seien. Der Auffassung von Dr. K. schloss sich auch der von der Beklagten herangezogene beratende Arzt Dr. Sch. an. Er führte ergänzend aus, insbesondere die untere LWS sei vom Schadensbild ausgenommen, obwohl die Belastung dort kumuliere. Die Bandscheibenschäden gingen nicht deutlich über die altersentsprechenden Schwankungsbreiten hinaus. Zudem zeigten sich deutliche verschleißbedingte Veränderungen auch an belastungsfernen Wirbelsäulenabschnitten.
Deswegen hat der Kläger am 30.11.2005 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. Das SG hat ein orthopädisches Gutachten nebst ergänzenden Stellungnahmen von Dr. H. eingeholt, der ausgeführt hat, die vom Kläger angegebenen, durchaus nachvollziehbaren Beschwerden und Funktionsstörungen ließen sich nicht mit Wahrscheinlichkeit auf eine isolierte Bandscheibenerkrankung im Bereich der LWS zurückführen. Dagegen spreche die wechselnde Schmerzlokalisation in verschiedenen Wirbelsäulenabschnitten, das wechselnde Beschwerdebild, und die bildgebenden Befunde, die im Bereich der LWS keine eindeutig pathologischen Bandscheibenvorfälle und nur fortgeschrittene Bandscheibendegenerationen im Bereich der unteren Halswirbelsäule belegten.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein weiteres Gutachten nebst ergänzenden Stellungnahmen beim Internisten und Sozialmediziner Dr. Sch. eingeholt. Ihm hat der Kläger im Rahmen der Untersuchung im April 2007 mitgeteilt, er mache alle vorkommenden Schweißarbeiten. Dr. Sch. hat hinsichtlich der Diagnosen unter Hinweis auf eine zusätzlich festgestellte sensible Läsion im Dermatom L2 dem Gutachten von Dr. K. zugestimmt, ist jedoch im Unterschied zu ihm von einer beruflich bedingten Erkrankung ausgegangen. Auf Grund der Morphologie der Schäden könne bei der gegebenen ausreichenden Belastungsintensität und -dauer nicht mit ausreichender Sicherheit deren Verursachung durch die berufliche Belastung abgelehnt werden.
Mit Urteil vom 22.01.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. H. gestützt. Dr. Sch. habe einen Kausalzusammenhang schlicht wegen der hohen beruflichen Belastung und aus seiner Sicht fehlenden plausiblen Alternativursachen unterstellt. Dies reiche jedoch nicht aus.
Gegen das ihm am 13.02.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.03.2009 Berufung eingelegt.
Der Senat hat die Arbeitgeberin des Klägers zur Frage der weiteren Ausübung der Berufstätigkeit befragt. Die Personalsachbearbeiterin Bischoff hat mitgeteilt, der Kläger übe seine Tätigkeit unverändert aus. Nachdem der Kläger dies bestritten hat, hat der Betriebsleiter der B.-W.M. in ergänzenden Stellungnahmen ausgeführt, der Kläger könne seit dem Jahreswechsel 2004/2005 seine Stelle nicht mehr im geforderten Umfang verrichten. Er habe sämtliche den Rücken gefährdenden Tätigkeiten aufgeben müssen. Ihm hätten gesonderte Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden müssen und ein großer Anteil seiner Tätigkeit sei auf Kollegen umverteilt worden.
Ferner hat der Senat Dr. H. um ergänzende Stellungnahmen gebeten. Dr. H. hat daran festgehalten, dass auch nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31.05.2005 (B 2 U 12/04 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2) die festgestellten radiologischen Veränderungen keine bandscheibenbedingten Erkrankungen signalisierten, da das dazu passende klinische Krankheitsbild nicht vorliege. Die Beschwerden des Klägers seien als chronische Rückenschmerzen auf dem Boden primär funktioneller Störungen in Form von Blockierungen und Muskelverspannungen einzuordnen. Dabei handle es sich um unspezifische Reaktionsmuster des Körpers auf eine Fülle von unterschiedlichen Einflüssen. Zu dem Arztbrief der Neurologin Dr. B.-L. vom März 2010 (s.o.) hat Dr. H. angemerkt, selbst wenn zugunsten des Klägers von einer Höhenminderung im Segment L3/4 ausgegangen würde, käme nach den Konsensempfehlungen ("Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" der auf Anregung des HVBG eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe in "Trauma und Berufskrankheit" 2005, 211ff.) ein wahrscheinlicher Zusammenhang mit der beruflichen Belastung nicht in Betracht.
Der Kläger trägt vor, es sei nicht zu erwarten gewesen, dass Dr. H. seine ursprüngliche Auffassung ändere. Entgegen seiner Auffassung liege bei ihm eine bandscheibenbedingte Erkrankung vor. Hierzu hat der Kläger ergänzend den Arztbrief des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. J. vom März 2010, der von verkürzten Ischiocruralmuskeln und fehlenden Blockierungszeichen im Bereich der Wirbelsäule berichtet hat, vorgelegt (Bl. 73 LSG-Akte). Soweit Dr. H. bei Unterstellung einer bandscheibenbedingten Erkrankung einen Zusammenhang mit der beruflichen Belastung ausgeschlossen habe, sei die Einholung eines Gutachtens bei einem anderen Gutachter erforderlich. Hierzu verweist der Kläger auf den von ihm im erstinstanzlichen Verfahren gegen Dr. H. gestellten, vom SG zurückgewiesenen, Befangenheitsantrag (Beschluss vom 10.07.2008 S 5 U 1120/08 A, Zurückweisung der Beschwerde dagegen durch das LSG mit Beschluss vom 08.09.2008 L 1 U 3905/08 B). Die von Dr. H. auch im Berufungsverfahren herangezogenen Vergleiche aus dem Tierreich zeigten, wie wenig ernst scheinbar die Ärzte ihren Beruf nähmen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22.01.2009 und den Bescheid vom 13.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2005 aufzuheben sowie festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach BK Nr. 2108 vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ein belastungskonformes Schadensbild liege nicht vor.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der Kläger erstrebt bei sachdienlicher Auslegung seines prozessualen Begehrens (§ 123 SGG) im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen und die gerichtliche Feststellung dieser BK. Dem auf Verurteilung der Beklagten zur behördlichen Anerkennung der BK gerichteten schriftsätzlichen Antrag kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu, insbesondere nicht i.S. einer Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG; nichts anderes gilt für das allgemein auf Entschädigung gerichteten Begehren (BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R). Dem entsprechend hat der Senat den Antrag des Klägers sachdienlich gefasst.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der BK Nr. 2108. Zutreffend hat die Beklagte das Vorliegen dieser BK mit den angefochtenen Bescheiden verneint.
Eine BK nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV ist eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Anerkennung und Entschädigung einer Erkrankung nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen, die durch langjähriges berufsbedingtes Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige berufsbedingte Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (so genannte arbeitstechnische Voraussetzungen) entstanden ist. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben und als Konsequenz aus diesem Zwang muss die Aufgabe dieser Tätigkeiten tatsächlich erfolgt sein.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung - hier also eine bandscheibenbedingte Erkrankung - sowie die Unterlassung der belastenden Tätigkeiten erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Im Sinne der obigen Darlegungen erfüllt der Kläger mit der vom Präventionsdienst der Beklagten errechneten Gesamtdosis der beruflichen Belastung durch Heben oder Tragen schwerer Lasten von 64,2 x 106 (Nh) die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108. Dieser Wert überschreitet den nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5) maßgeblichen unteren Grenzwert von 12,5 x 106 (Nh), bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, deutlich. Die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen stand dementsprechend zwischen den Beteiligten auch nie im Streit. Ausdrücklich streitig war und ist zwischen den Beteiligten das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen dieser BK (nachfolgend 1.). Daneben hat der Senat auch Bedenken im Hinblick darauf, ob das besondere versicherungsrechtliche Tatbestandsmerkmal des Unterlassungszwangs erfüllt ist (nachfolgend 2.).
1. Der Senat kann sich wie schon das SG nicht davon überzeugen, dass beim Kläger die medizinischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108 vorliegen.
Fraglich ist bereits, ob die beim Kläger vorliegenden Rückenbeschwerden als bandscheibenbedingte Erkrankungen im Sinne der BK Nr. 2108 angesehen werden können. Unter bandscheibenbedingten Erkrankungen sind Bandscheibendegenerationen (Diskose), Instabilität im Bewegungssegment, Bandscheibenvorfall (Prolaps), degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten (Osteochondrose), knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper (Spondylose), degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke (Spondylarthrose) mit den durch derartige Befunde bedingten Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule zu verstehen (BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 12/04 in SozR 4-5671 Anl.1 Nr.2108 Nr. 2 unter Verweis auf die Begründung in BR-Drucks. 773/92 S. 8 zur 2. Änderungsverordnung, durch welche die BK Nr. 2108 in die Berufskrankheitenliste aufgenommen worden ist). Dies bedeutet, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung neben den beschriebenen röntgenologisch feststellbaren Veränderungen auch ein darauf beruhendes Krankheitsbild erfordert, das über einen längeren Zeitraum andauert, also chronisch oder zumindest chronisch wiederkehrend ist und zu Funktionseinschränkungen führt (BSG, a.a.O.).
Fraglich ist hier schon, ob bzw. inwieweit durch die bildgebenden Befunde Bandscheibenvorfälle nachgewiesen sind. Für das Segment L2/3 ist kein Bandscheibenvorfall nachgewiesen. Zwar diagnostizierte Dr. Sch. in diesem Segment einen Prolaps. Er beschrieb ihn jedoch als äußerst schmalbandig, ca. 2-3 mm weit nach cranial reichend. Nach den Konsensempfehlungen (a.a.O. S. 215) ist eine Bandscheibenvorwölbung bis 3 mm aber nicht als Prolaps, sondern als Protrusion anzusehen. Mithin ist für dieses Segment - so auch Dr. B.-L. und Dr. H. (Bl. 64 LSG-Akte) - von einer Protrusion und nicht wie von Dr. K., Dr. Sch. und Dr. Sch. genannt, von einem kleinen Bandscheibenvorfall auszugehen. Die von Dr. Sch. im Segment L3/4 als Prolaps diagnostizierte Bandscheibenvorwölbung um ca. 3-4 mm stellt nach den Konsensempfehlungen (s. eben) einen Grenzbefund zwischen einer Protrusion und einem Prolaps dar. Im Segment L4/5 liegt - so übereinstimmend Dr. Sch. und Dr. B.-L. - nur eine Protrusion vor. Erstmalig hat Dr. B.-L. im März 2010 ohne nähere Größenangaben einen "kleinen" Prolaps im Segment L5/S1 diagnostiziert, Dr. Sch. sah im Februar 2003 hier nur eine klinisch-neurologisch nicht relevante Protrusion. Angesichts der Bewertung als "klein" durch Dr. B.-L. vermag der Senat auch für die Segmente L5/S1 allenfalls von einem Grenzbefund i.S. der Konsensempfehlungen auszugehen. Deshalb und unter Berücksichtigung der von Dr. Sch. konkret mitgeteilten Maße und den Ausführungen in den Konsensempfehlungen ist der Hinweis von Dr. Sch., dass die Bandscheibenschäden des Klägers nicht deutlich über die Schwankungsbreiten der altersentsprechenden Norm hinausgehen und nicht das Bild des "großen klassischen Bandscheibenvorfalles" zeigen, überzeugend. Dies gilt auch für den Bandscheibenvorfall, den Dr. B.-L. erst nach der Äußerung von Dr. Sch. im Segment L 5/S1 diagnostiziert und ausdrücklich als "klein" bezeichnet hat.
Vor diesem Hintergrund kann nach den bildgebenden Befunden zugunsten des Klägers allenfalls grenzwertig vom Vorliegen von bk-relevanten Bandscheibenveränderungen - hier wurde von allen Gutachtern und Ärzten im Wesentlichen die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Bandscheibenvorfälle diskutiert - ausgegangen werden. Umso mehr überzeugt den Senat daher die Auffassung von Dr. H., dass die erheblichen Rückenbeschwerden des Klägers nicht auf der Grundlage dieser grenzwertigen Befunde, sondern als funktionelle Beschwerden in Form von Blockierungen und Muskelverspannungen, auch der Gesäßmuskulatur anzusehen sind. Dr. H. hat dies für den Senat nachvollziehbar nicht nur aus der Bildgebung, sondern auch aus der wechselnden Schmerzlokalisation in den verschiedenen Wirbelsäulenabschnitten, dem wechselnden Beschwerdebild und der therapeutischen Beeinflussbarkeit hergeleitet. Es fehlt somit an der Möglichkeit, die Beschwerden des Klägers einem Segment der Lendenwirbelsäule zuzuordnen. Dr. H. hat zuletzt in seiner Stellungnahme vom Juni 2010 anschaulich dargelegt, dass auch das Zusammentreffen von subjektiven Beschwerden und radiologisch nachweisbaren Bandscheibenschäden nicht immer ausreicht, um eine bandscheibenbedingte Erkrankung zu diagnostizieren und in den vergangenen Jahrzehnten viele tausend Patienten einen diesbezüglichen Irrtum mit fehlgeschlagenen operativen Eingriffen bezahlen mussten. Angesichts eines wechselnden Beschwerdebilds wird die Auffassung von Dr. H. auch nicht durch das von Dr. J. im März 2010 beschriebene Fehlen von Blockierungszeichen widerlegt. Schließlich hat Dr. J. gleichzeitig von verkürzten Ischiocruralmuskeln berichtet und damit einen Hinweis auf die von Dr. H. als weiteren möglichen Beschwerdenauslöser genannten Muskelverspannungen gegeben.
Doch selbst wenn hier, wie von Dr. K. und Dr. Sch. vertreten, vom Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung ausgegangen würde, könnte diese nicht zur Überzeugung des Senats auf die beruflichen Belastungen zurückgeführt werden. Dies wurde von Dr. K. - bestätigt durch Dr. Sch. - unter Hinweis auf das Fehlen typischer belastungsadaptiver Veränderungen an der Lendenwirbelsäule (keine vermehrte Kalksalzbildungen in den Segmenten L4/5 und L5/1, Vorliegen spondylotischer Ausziehungen im Bereich der Grundplatte L 4, keine Hinweise für eine belastungsinduzierte Osteochondrose, Spondylarthrose und ventrale Spondylose) überzeugend verneint.
Für den Senat überzeugend hat Dr. H. unter Heranziehung der Konsensempfehlungen selbst bei Unterstellung eines klinisch relevanten Bandscheibenvorfalls im Segment L3/4, d.h. einer bandscheibenbedingten Erkrankung, keinen hinreichend wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers gesehen. Nach den allgemeinen Ausführungen in den Konsensempfehlungen (a.a.O. S. 216) spricht - worauf Dr. Sch. schon hinwies - bereits gegen einen Ursachenzusammenhang, dass die beiden unteren LWS-Segmente - unter Berücksichtigung der Diagnose von Dr. B.-L. jedenfalls eines der beiden unteren Segmente - ausgespart sind/ist. Ferner ist zu beachten, dass - ebenfalls so Dr. Sch. - auch verschleißbedingte Veränderungen an der BWS und der HWS, letztere mit massiven Höhenminderungen der Bandscheiben der unteren Segmente, vorliegen. Selbst Dr. Sch. hat hinsichtlich der HWS deutliche Verschleißerscheinungen mit einem entsprechenden Beschwerdebild beschrieben, während er die Veränderungen an der LWS als nicht sehr ausgeprägt angesehen hat. Schon nach den allgemeinen Kriterien der Konsensempfehlungen kann ein Ursachenzusammenhang damit nicht wahrscheinlich gemacht werden. Denn die gleichmäßige Ausbreitung von Schmerzen über weite Bereiche des Rückens mehrere Segmente vom bildgebend dargestellten Bandscheibenschaden entfernt spricht gegen einen Zusammenhang (a.a.O. S. 216). Erst Recht muss dies gelten, wenn die Problematik an der HWS, wie hier der Fall, von den Ärzten gravierender als an der LWS beschrieben wird.
Die eben genannten Argumente sprechen auch gegen einen Ursachenzusammenhang hinsichtlich des zuletzt von Dr. B.-L. im Segment L5/S1 diagnostizierten kleinen Bandscheibenvorfalls. Auf die insbesondere von Dr. H. angesprochene Sondersituation des Übergangswirbels in diesem Bereich ("das Segment L5/S1 existiert nicht", Bl. 66 LSG-Akte) muss daher nicht eingegangen werden.
Gegen einen Ursachenzusammenhang spricht auch eine Einordnung des Krankheitsbildes des Klägers in die in den Konsensempfehlungen dargestellten "typischen Fallkonstellationen" (a.a.O. S. 217f.). In Betracht zu ziehen sind - so Dr. H. - die Befundkonstellationen C2, D und E2. Hinsichtlich der Lokalisation des Bandscheibenschadens in L3/4 bestand unter Konstellation C2 in der die Empfehlungen erstellenden Arbeitsgruppe kein Konsens. Unter Berücksichtigung der eben dargestellten allgemeinen Kriterien, die gegen einen Zusammenhang sprechen, kann sich der Senat daher nicht von einem wahrscheinlichen Zusammenhang überzeugen. Die Beweislast trägt der Kläger. Ein wahrscheinlicher Zusammenhang nach der Konstellation D, für die bereits das Vorliegen einer Protrusion einer Bandscheibe ausreichen würde, scheitert - so Dr. H. - an der für diese Konstellation notwendigen Grundvoraussetzung eines zusätzlich nachgewiesenen engen Spinalkanals. Ferner wäre - so Dr. H. - auch bei Unterstellung einer Chondrose Grad I nach der Konstellation E2 wegen des Fehlens einer Begleitspondylose nach den Konsensempfehlungen von keinem wahrscheinlichen Zusammenhang auszugehen.
Damit sind die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2108 zur Überzeugung des Senats nicht gegeben.
Der Senat folgt nicht dem Gutachten von Dr. Sch ... Das SG hat zutreffend dargestellt, dass Dr. Sch. einen Kausalzusammenhang schlicht wegen der unstreitig hohen beruflichen Belastung unterstellt, was nicht ausreicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen weist der Senat insoweit die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Soweit Dr. B.-L. und Dr. J. bandscheibenbedingte Erkrankungen in den im Berufungsverfahren vorgelegten Arztbriefen bestätigt haben, hat der Senat daran aus den oben dargestellten Gründen und vor dem Hintergrund, dass Dr. B.-L. ihre Diagnose auf anamnestische Angaben gestützt hat, die sie selbst als nicht präzise und unvollständig ("eine Störung des Empfindens.lässt sich nicht erfragen", Bl. 56 LSG-Akte) bezeichnet hat, nach wie vor Zweifel. Diese Zweifel können jedoch dahingestellt bleiben, da selbst bei Unterstellung einer bandscheibenbedingten Erkrankung - wie eben ausgeführt - ein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit nicht nachgewiesen ist. Insoweit sieht sich der Senat auch nicht veranlasst zur Abklärung des Vorliegens einer bandscheibenbedingten Erkrankung ein neurologisches oder ein weiteres orthopädisches Gutachten einzuholen. Der Senat ist - wie schon das SG und der erste Senat des LSG in den Entscheidungen zu dem vom Kläger gestellten Befangenheitsantrag - auch unter Berücksichtigung seiner Vergleiche aus dem Tierreich davon überzeugt, dass Dr. H. sein Gutachten und die ergänzenden Stellungnahmen unvoreingenommen abgegeben hat.
2. Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass der Senat trotz der anderweitigen Angaben des Betriebsleiters M. Zweifel daran hat, dass der Kläger seine rückengefährdenden Tätigkeiten eingestellt hat und damit die Voraussetzung des Unterlassungszwangs erfüllt ist. Der Senat geht zwar auf der Grundlage der Angaben des Klägers gegenüber Dr. H. durchaus davon aus, dass er bestimmte besonders schwere Verrichtungen nicht mehr durchführt, teilweise gesundheitsbedingt, teilweise - so der Kläger gegenüber Dr. Sch. - weil losgelöst von seinen gesundheitlichen Beschwerden zwischenzeitlich Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Dass er jedoch entsprechend den Angaben des Betriebsleiters M. bereits zum Jahreswechsel 2004/2005 sämtliche auch nur im Ansatz rückengefährdenden Tätigkeiten aufgab, ist durch die Angaben des Klägers gegenüber Dr. H. im Oktober 2006 und gegenüber Dr. Sch. im April 2007 widerlegt. Gegenüber Dr. Sch. hat der Kläger sogar angegeben, seine Arbeit sei "während der gesamten Zeit weitgehend die gleiche gewesen". Ohne eine zeitliche Einschränkung auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum hat er gegenüber Dr. Sch. berichtet, dass er häufig "bewaffnet mit einem Schweißkoffer von ca. 40 kg, in unbequemer Körperhaltung arbeiten müsse. Das komme täglich vor. Bei Außenarbeiten seien auch Überkopfarbeiten erforderlich". Die Zweifel des Senats werden dadurch bestärkt, dass die Personalsachbearbeiterin Bischoff zeitlich vor dem Betriebsleiter M. gegenüber dem Senat schriftlich bestätigt hat, dass der Kläger nach wie vor dieselbe Arbeit verrichte. Da dies in Übereinstimmung mit den eigenen Angaben des Klägers gegenüber den Sachverständigen steht, wirkt die Erklärung des Klägers, Frau B. habe unzutreffende Angaben gemacht, da sie ihn in ihrer Funktion als Lohnsachbearbeiterin nicht kenne, wenig überzeugend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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