Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1352/10 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Wiederaufnahmeklage der Klägerin gegen das Urteil des Senats vom 24. März 2006 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Wege der Wiederaufnahmeklage gegen das Senatsurteil vom 24. März 2006 - L 4 KR 2667/03 - die Übernahme weiterer Kosten ambulanter und stationärer Behandlungen in Griechenland sowie der damit verbundenen Transportkosten.
Der am 1938 geborene, am 1999 verstorbene Ehemann der Klägerin S. T. (T.) war griechischer Staatsangehöriger, in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft und als Beschäftigter versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Er war ab 06. November 1997 arbeitsunfähig und bezog nach Ende der Entgeltfortzahlung ab 18. Dezember 1997 von der Beklagten Krankengeld. Während eines Aufenthalts in Griechenland ab 08. Juli 1998 wurde ein Gehirntumor festgestellt, der vom 14. bis 17. Juli 1998 stationär im Vertragskrankenhaus "E." in Athen behandelt wurde. Laut Aktenvermerk vom 13. Juli 1998 wurde bei der Mitarbeiterin N. der Beklagten durch einen sich als Arbeitgeber des T. ausgebenden Bekannten die Ausstellung eines Auslandskrankenscheins beantragt; hierzu kam es jedoch nach Aktenlage nicht. Für eine am 24. Juli 1998 durchgeführte ambulante privatärztliche Untersuchung (Magnetographische Hirntomographie) in Griechenland entstanden Kosten von EUR 360,00.
T. flog anschließend zusammen mit der Klägerin nach Großbritannien, um sich am 05. August 1998 im K. College Hospital in L. untersuchen zu lassen. Auf die Erstattung dieser Kosten verzichtete die Klägerin (Schriftsatz vom 31. Januar 2006 im Berufungsverfahren L 4 KR 2667/03).
Nach Rückkehr an den Wohnort in R. wurde T. am 09. August 1998 in der Neurochirurgischen Abteilung der Universitätsklinik T. aufgenommen, wo am 11. August 1998 eine Teilresektion des Glioblastoms stattfand. Am 11. September 1998 erfolgte ohne Rücksprache mit der Klägerin eine Verlegung in die Neurologische Abteilung S ... Dort wurde T. nicht aufgenommen, sondern in die Intensivstation des Kreiskrankenhauses Le. verbracht, wo er bis 17. September 1998 verblieb.
Die Familie des T. war mit der Behandlung in Le. unzufrieden und erachtete ohne entsprechende ärztliche Empfehlungen eine weitere Behandlung des auch diagnostizierten Lyell-Syndroms (Epidermolysis acuta toxika, Syndrom der verbrühten Haut) in Griechenland aussichtsreicher. Die Familie verhandelte deshalb u.a. mit den Mitarbeiterinnen der Beklagten G. (14. September 1998) und P., die am 16. September 1998 die "Bescheinigung über die Weitergewährung der Leistungen der Kranken-/Mutterschaftsversicherung" der Europäischen Gemeinschaften (E 112) ausstellte; unter 3.2 des Formulars war Behandlung bei "vertraglich zugelassenen Krankenhäusern" für die Zeit vom 17. September bis 15. Oktober 1998 angegeben. Handschriftlich war die Klinik "A. Medical" (MC) vermerkt, ohne dass die Herkunft dieses Vermerks geklärt werden konnte. In anderer Handschrift war unter 1.4 die voraussichtliche Adresse in Athen vermerkt. Mit wiederum anderer Handschrift ist zusätzlich vermerkt "LT. FR. T. zugl. Klinik". Frau T. war eine Mitarbeiterin der Beklagten in der Zweigstelle Le ... Die MC war allerdings eine Privatklinik. Die am 08. Oktober 1998 von der Mitarbeiterin G. ausgestellte Folgebescheinigung E 112 für die Zeit vom 16. Oktober bis 15. November 1998 enthielt ebenfalls die zitierten Vermerke und den Namen der MC, während die weiteren Folgebescheinigungen vom 18. Dezember 1998 für die Zeit vom 16. November 1998 bis 10. Januar 1999 und vom 21. Januar 1999 für die Zeit vom 11. Januar bis 10. März 1999 unter 3.2 nur noch den maschinenschriftlichen Zusatz enthielten "vertraglich zugelassene Krankenhäuser". Die Übernahme der Flugtransportkosten wurde von den Mitarbeiterinnen der Beklagten nicht zugesagt, demgegenüber habe die Klägerin am 16. September 1998 geäußert, sie trage die Kosten des für 17. September 1998 vorgesehenen Fluges der Deutschen Rettungsflugwacht mit einem Begleitarzt selbst.
T. wurde am 17. September 1998 "in komatösem Zustand" in Begleitung der Klägerin und eines Arztes in einem Spezialflugzeug nach Griechenland geflogen; es wurden DM 19.100,00 berechnet und bezahlt. T. wurde nicht in der MC, sondern im H.-Krankenhaus (HK) stationär behandelt. Hiervon erfuhr die Beklagte durch eine am 16. Oktober 1998 ausgestellte, bei der Beklagten am 02. November 1998 übersetzte Bescheinigung des HK. Nach weiterer undatierter Bescheinigung wurde T. vom 17. September bis 06. November 1998 mit jeweils beglichenen Kosten von EUR 19.922,77, vom 16. November bis 11. Dezember 1998 von EUR 8.026,72 und vom 22. Februar bis 06. April 1999 mit Kosten von EUR 12.411,30 stationär behandelt. Auch dieses Krankenhaus steht wie die MC für die gegebenen Indikationen in keinem Vertragsverhältnis zu den Sozialversicherungsträgern. Nach den Bescheinigungen der Fachärztin für Strahlentherapie Dr. K. vom HK vom 06. November 1998 und 25. Februar 1999 wurde T. vom 05. Oktober bis 06. November 1998 postoperativ und ab 19. Februar 1999 mit Strahlentherapie behandelt. Diese Behandlung wurde privat abgerechnet. Eine weitere Behandlung erfolgte zeitweise im Allgemeinen Bezirkskrankenhaus Atheka "KAT", einem Vertragskrankenhaus; diese Kosten wurden über den zuständigen griechischen Krankenversicherungsträger IKA abgerechnet.
Die für die Behandlungen und Transporte seit 05. August 1998 entstandenen Kosten und die zuletzt mit EUR 6.800,00 bezifferten Unterbringungs- und Aufenthaltskosten vom 17. September 1998 bis 06. April 1999 in Athen von insgesamt etwa DM 100.000,00, nach anderen Angaben mit EUR 80.000,00 beziffert, machte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des T. mit Schreiben vom 28. Mai 1999 bei der Beklagten geltend. Diese holte mit dem Formular der Europäischen Gemeinschaften "Erstattungssätze für Sachleistungen" (E 126) Auskünfte bei der IKA Athen ein. Diese teilte nach mehreren Mahnungen mit Schreiben vom 22. November 1999 mit, dass für die Behandlungen Drachmen 1.511.938.000, umgerechnet DM 8.931,95 (= EUR 4.566,83) erstattet werden könnten.
Gestützt hierauf sagte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Mai 2000 die Erstattung dieses Betrages zu, der wegen einer Pfändung zur Hälfte an das Finanzamt Le. und zur anderen Hälfte an die Klägerin bezahlt wurde. Eine weitergehende Erstattung, auch der Transportkosten, wurde abgelehnt, da die Behandlung in Griechenland und der damit verbundene Transport medizinisch nicht notwendig gewesen sei sowie deren Übernahme nicht in Aussicht gestellt worden sei.
Mit dem Widerspruch hiergegen machte die Klägerin geltend, dass nach Zustimmung zu einer stationären Behandlung in Griechenland Leistungen zu dem dort geltenden Tarif in Anspruch genommen werden könnten. Die einschränkende Auslegung verstoße gegen die in Art. 49 und 50 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft (EG-Vertrag) normierte Dienstleistungsfreiheit. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2000 mit der Begründung, nach den einschlägigen Regelungen der EG-Verordnungen Nr. 1408/71 Art. 22 und Nr. 574/72 Art. 22 und 34 könne jeder in Deutschland Versicherte bei Aufenthalt in jedem Staat der Europäischen Union (EU) notwendige Leistungen im Rahmen des Rechts des Aufenthaltsortes beanspruchen, wobei die Ansprüche durch Vorlage des Vordruckes E 111 oder bei vorheriger Zustimmung des zuständigen Trägers mit Vordruck E 112 nachgewiesen werden müssten. Die notwendigen Leistungen rechne der ausländische Leistungserbringer mit seinem nationalen Träger ab. Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten nach den Sätzen des aushelfenden Trägers (Art. 34 Abs. 1 Verordnung Nr. 574/72) komme nur bei Nichtzustandekommen der vorgesehenen Sachleistungsaushilfe in Betracht. Eine Erstattung nach Inlandssätzen sei nur möglich, wenn der Betrag 500 ECU (jetzt EUR 1.000,00) nicht übersteige. Da die Verlegung nach Griechenland am 17. September 1998 aus privaten und nicht aus medizinischen Gründen erfolgt sei, komme eine Übernahme der Flugkosten nicht in Betracht.
Im Klageverfahren beim Sozialgericht Stuttgart (SG; S 4 KR 480/01) verwies die Klägerin auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) und des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und machte weiter geltend, die Beklagte habe sie weder auf die Abrechnungspraxis noch auf das Kostenrisiko hingewiesen. Die Formulierung im Vordruck E 112 ("vertraglich zugelassenen Krankenhäusern") sei nicht ausreichend. Anlass zur Beratung habe auch wegen der zu erwartenden hohen Kosten bestanden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies darauf, eine schriftliche Zusicherung sei nicht gegeben worden. Die Klägerin sei auch richtig aufgeklärt und beraten worden. Mit dem Vermerk "vertraglich zugelassenen Krankenhäusern" und der Bezeichnung eines solchen Krankenhauses habe dokumentiert werden sollen, dass sie nur Kosten im Rahmen des EG-Rechts und nur für im griechischen Krankenversicherungssystem stehende Krankenhäuser übernehmen wolle.
Das SG wies die Klage durch Urteil vom 22. Mai 2003 ab. Zur Begründung legte es dar, eine Zusicherung sei nicht erfolgt. Die Behandlung in Griechenland sei nicht aus medizinischen, sondern aus familiären Gründen erfolgt. Aus europarechtlichen Vorschriften sowie aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ergebe sich kein Anspruch. Da es in Griechenland nicht zu einer Gewährung von Sachleistungen gekommen sei, weil T. sich in einer Privatklinik habe behandeln lassen, seien - wie dies durch die Beklagte erfolgt sei - die entstandenen Kosten nach den für den Träger des Aufenthaltsstaates (hier Griechenland) maßgebenden Sätzen zu erstatten.
Hiergegen erhob die Klägerin Berufung (L 4 KR 2667/03). Sie verblieb dabei, volle Kostenerstattung stehe ihr nach der Rechtsprechung des EuGH unter dem Gesichtspunkt der Dienstleistungsfreiheit zu. Im Übrigen habe die Beklagte Beratungsfehler zu verantworten.
Der Senat holte Auskünfte der IKA vom 09. August 2005 und vom 30. Oktober 2005 ein.
Durch Urteil vom 24. März 2006 wies das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurück. Es sei dabei zu verbleiben, dass die Inanspruchnahme griechischer Krankenhäuser nur private und nicht medizinische Gründe gehabt habe. Letztere seien von niemand erwähnt worden. Die Beklagte sei dem Wunsch der Familie ohne rechtliche Verpflichtung durch die wiederholte Ausstellung des Formulars E 112 nachgekommen, Ein Beratungsfehler wegen unzureichender Erläuterung des Formulars E 112 seitens der Beklagten liege in diesem Zusammenhang nicht vor. Der von der Klägerin gesehene Beratungsbedarf habe auch deshalb nicht bestanden, weil die Klägerin und ihre Familie zumindest wegen der stationären Behandlung des T. Mitte Juli 1998 im Krankenhaus "E." in Athen hinreichende Informationen über die notwendige Vorgehensweise hätten haben müssen. Weiter sei T. während des Zeitraums von September 1998 bis April 1999 auch in dem Vertragskrankenhaus Atheka "KAT" in Athen stationär behandelt worden. Die Beklagte habe (zu Recht) der Erstattung der stationären Kosten allein die Sätze, die an ein Vertragskrankenhaus in Griechenland erstattet werden würden, zugrunde gelegt. Da im vorliegenden Fall die Genehmigung erteilt worden sei, habe schon keine Notwendigkeit bestanden, sich die Behandlung außerhalb des Sachleistungsanspruches gegen den zuständigen Träger des Aufenthaltsstaates (Griechenland) auf eigene Kosten zu beschaffen. Aus der Dienstleistungsfreiheit bzw. der Freizügigkeit der Sozialversicherten könne kein allgemeiner Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Privatbehandlung im EU-Ausland hergeleitet werden. Den Antrag der Klägerin auf Berichtigung und Ergänzung dieses Urteils lehnte das LSG mit Beschluss vom 10. August 2006 ab.
Das Bundessozialgericht (BSG) verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin durch Beschluss vom 18, September 2006 - B 1 KR 75/06 B - als unzulässig, da keiner der Gründe für eine Zulassung der Revision erkennbar sei.
Mit am 18. März 2010 beim SG und beim LSG eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin "Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens" gestellt. Die beim SG erhobene Wiederaufnahmeklage (S 12 KR 1754/10) hat sie zurückgenommen. Sie hat mitgeteilt, sie führe vor der 15. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart (15 O 462/09) Amtshaftungsprozesse gegen das Land Baden-Württemberg und die Beklagte. Bei dieser sei schon während des früheren Berufungsverfahrens angefragt worden, von wem die erwähnten handschriftlichen Vermerke auf dem Vordruck E 112 stammten. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 18. Mai 2005 mitgeteilt, es sei nicht mehr nachvollziehbar, wer dies getan habe und warum dies eingetragen worden sei. Bei Akteneinsicht beim Landgericht sei jedoch am 17. Februar 2010 festgestellt worden, dass bei 1.4 die Mitarbeiterin P., bei 3.2 Frau T. notiert habe und der Vermerk "Lt.Fr. T. zugl. Klinik" von der Teamleiterin Frau L. stamme. Hätte sie - die Klägerin - dies bereits im Jahr 2005 gewusst, so hätte sie die besagten Damen als Zeuginnen benannt und das LSG wäre nicht zu dem Schluss gekommen, die Herkunft der Vermerke sei unklar. Dann aber hätte ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bestanden. Im Übrigen seien die Krankenhäuser Hygieia und MC keine Privatkrankenhäuser. Im Übrigen könne nicht entgegengehalten werden, das Verfahren sei nicht eingehalten worden. Die IKA habe im September 1998 mit der Beklagten schriftlich Kontakt aufgenommen. Im Übrigen habe Dr. C. in einer Urkunde vom 21. September 1998 (Arztbrief des Chefarztes Dr. St. und des Dr. C., Krankenhaus Le., über die stationäre Behandlung vom 11. bis 17. September 1998) geäußert, die Verwandten des T. hätten sich gegen ausdrückliche ärztliche Empfehlung für eine Rehabilitation im Inland entschieden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Wiederaufnahmeverfahren könne erst fortgeführt werden, wenn über den Antrag nach § 321a Zivilprozessordnung (ZPO) entschieden sei, den sie im Schreiben vom 24. Mai 2006 unter Nr. 3 gestellt habe. Der Senat hat diesen Aussetzungsantrag mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Berufungsverfahren L 4 KR 2667/03 wieder aufzunehmen und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2003 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 10. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2000 zu verurteilen, ihr die Kosten der am 24. Juli 1998 durchgeführten ambulanten Behandlung und der stationären Behandlungen ihres Ehemannes in Griechenland ab 17. September 1998 in vollem Umfang, die Transportkosten von EUR 9.820,00 nebst 4 v.H. Zinsen, nach Maßgabe des § 44 SGB I zu erstatten, hilfsweise die deutschen Krankenhaussätze, höchst hilfsweise die griechischen Krankenhaussätze zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Wiederaufnahmeklage als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.
Sie entgegnet, die Voraussetzungen für eine Nichtigkeits- oder Restitutionsklage lägen nicht vor. Das Berufungsurteil vom 24. März 2006 sei in voller Kenntnis der Ereignisse insbesondere im September 1998 getroffen worden. Im Übrigen sei die Klägerin nie im Unklaren gewesen, dass es sich um keine Vertragskrankenhäuser handele. Richtig sei, dass sich die Mitarbeiter der Beklagten beim handschriftlichen Vermerk auf E 112 bezüglich der Athens Medical Klinik über den Status dieser Klinik geirrt hätten. Nach Ankunft auf dem Flughafen in Athen sei entschieden worden, in die Privatklinik H. zu gehen.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses und des früheren Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin erhobene Wiederaufnahmeklage ist unzulässig.
Nach § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist nach § 179 Abs. 1 SGG ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat. Weitere Zulässigkeitsgründe, die hier von vornherein nicht einschlägig sind (Zuständigkeitsstreit mehrerer - inländischer - Versicherungsträger), sind in § 180 Abs.1 SGG geregelt.
Das Verfahren, mit welchem die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des T. die Erstattung von Kosten begehrt hatte, ist rechtskräftig abgeschlossen. Mit dem Beschluss des BSG vom 18. September 2006, der die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des erkennenden Senats vom 24. März 2006 als unzulässig verwarf, wurde das genannte Urteil des erkennenden Senats rechtskräftig.
Nach § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen. Nach § 579 Abs. 1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt (1) wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, (2) wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist, (3) wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war, (4) wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.
Keine dieser Voraussetzungen ist gegeben und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Nrn. 1 und 3 scheidet die Nichtigkeitsklage auch deshalb aus, weil dies mit dem Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde hätte geltend gemacht werden können (§ 579 Abs. 2 ZPO).
Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt 1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat, 2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war, 3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat, 4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist, 5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat, 6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist, 7. wenn die Partei a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. 8. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht. Die Restitutionsgründe der Nrn. 1 bis 7 Buchst. a und 8 dieser Vorschrift liegen ersichtlich nicht vor. In den Fällen des § 580 Nrn. 1 bis 5 ZPO findet nach § 581 Abs. 1 ZPO die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Eine solche strafrechtliche Verurteilung liegt nicht vor und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Ebenso wenig sind Nrn. 6, 7 Buchst. a und 8 einschlägig, da kein anderes günstigeres Urteil aufgefunden worden ist.
Ebenso wenig kommt auch der von der Klägerin sinngemäß geltend gemachte Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO in Betracht. Die Restitutionsklage ist nicht zulässig lediglich zu dem Zweck, aufgrund einer nachträglich aufgefundenen Urkunde neue Gesichtspunkte zu einer im Vorprozess bereits umstrittenen Behauptung beizutragen oder um die Urkunde anstelle eines anderen, keinen Restitutionsgrund bildenden Beweismittels oder neben dieses in den Prozess einzuführen. Dies bedeutet u.a., dass die Klage nicht auf eine Privaturkunde gestützt werden kann, mit der durch schriftliche Erklärungen eines Zeugen der Beweis für die Richtigkeit der in der Erklärung bekundeten Tatsachen geführt werden soll; auch ist es nicht statthaft, die neue Urkunde zu einer neuen freien Würdigung von im Vorprozess bereits umstrittenen Tatsachen zu verwenden (vgl. zu alledem etwa Bundesgerichtshof - BGH - BGHZ 38, 333, 339; 80, 389, 396).
Die Klägerin hat keine neue Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO vorgelegt. Eine solche Urkunde ist nicht das Schreiben der Beklagten vom 18. Mai 2005. Auffinden im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liegt vor, wenn die Urkunde zur Zeit der Entscheidung über den bindend gewordenen Verwaltungsakt zwar vorhanden, ihre Existenz oder ihr Verbleiben den Beteiligten aber damals nicht bekannt waren (BSGE 38, 207). Der Klägerin war das Schreiben der Beklagten vom 18. Mai 2005 bereits während des vorangegangenen Rechtsstreits bekannt. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass dieses an die Klägerin selbst adressierte Schreiben ihr nicht alsbald nach Absendung durch die Beklagte zugegangen ist. Im Übrigen legte die Beklagte in diesem Schreiben aus ihrer Sicht die Vorgänge um die Ausstellung des Vordrucks E 112 dar, was auch bereits Gegenstand des vorangegangenen Rechtsstreits war. Die Beklagte selbst hatte im Schriftsatz vom 19. August 2005 vorgetragen, der Vermerk "LT. FR. T. zugl. Klinik" sei von der damaligen Leiterin der zuständigen Arbeitsgruppe angebracht worden (Bl. 113 der LSG-Akte L 4 KR 2667/03).
Dasselbe gilt für den Arztbrief des Chefarztes Dr. St. und des Dr. C. vom 21. September 1998 über die stationäre Behandlung vom 11. bis 17. September 1998. Auch insoweit lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin die Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO aufgefunden hat.
Die Klägerin versucht mit den vorgelegten Unterlagen und ihrem sonstigen Vorbringen das vorangegangene Urteil des Senats vom 24. März 2006 in der Sache als unrichtig anzugreifen. Mit der Wiederaufnahmeklage kann aber nicht geltend gemacht werden, ein vorangegangenes Urteil sei aufgrund falscher Würdigung von Tatsachen oder Beweiserhebungen unrichtig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Wege der Wiederaufnahmeklage gegen das Senatsurteil vom 24. März 2006 - L 4 KR 2667/03 - die Übernahme weiterer Kosten ambulanter und stationärer Behandlungen in Griechenland sowie der damit verbundenen Transportkosten.
Der am 1938 geborene, am 1999 verstorbene Ehemann der Klägerin S. T. (T.) war griechischer Staatsangehöriger, in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft und als Beschäftigter versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Er war ab 06. November 1997 arbeitsunfähig und bezog nach Ende der Entgeltfortzahlung ab 18. Dezember 1997 von der Beklagten Krankengeld. Während eines Aufenthalts in Griechenland ab 08. Juli 1998 wurde ein Gehirntumor festgestellt, der vom 14. bis 17. Juli 1998 stationär im Vertragskrankenhaus "E." in Athen behandelt wurde. Laut Aktenvermerk vom 13. Juli 1998 wurde bei der Mitarbeiterin N. der Beklagten durch einen sich als Arbeitgeber des T. ausgebenden Bekannten die Ausstellung eines Auslandskrankenscheins beantragt; hierzu kam es jedoch nach Aktenlage nicht. Für eine am 24. Juli 1998 durchgeführte ambulante privatärztliche Untersuchung (Magnetographische Hirntomographie) in Griechenland entstanden Kosten von EUR 360,00.
T. flog anschließend zusammen mit der Klägerin nach Großbritannien, um sich am 05. August 1998 im K. College Hospital in L. untersuchen zu lassen. Auf die Erstattung dieser Kosten verzichtete die Klägerin (Schriftsatz vom 31. Januar 2006 im Berufungsverfahren L 4 KR 2667/03).
Nach Rückkehr an den Wohnort in R. wurde T. am 09. August 1998 in der Neurochirurgischen Abteilung der Universitätsklinik T. aufgenommen, wo am 11. August 1998 eine Teilresektion des Glioblastoms stattfand. Am 11. September 1998 erfolgte ohne Rücksprache mit der Klägerin eine Verlegung in die Neurologische Abteilung S ... Dort wurde T. nicht aufgenommen, sondern in die Intensivstation des Kreiskrankenhauses Le. verbracht, wo er bis 17. September 1998 verblieb.
Die Familie des T. war mit der Behandlung in Le. unzufrieden und erachtete ohne entsprechende ärztliche Empfehlungen eine weitere Behandlung des auch diagnostizierten Lyell-Syndroms (Epidermolysis acuta toxika, Syndrom der verbrühten Haut) in Griechenland aussichtsreicher. Die Familie verhandelte deshalb u.a. mit den Mitarbeiterinnen der Beklagten G. (14. September 1998) und P., die am 16. September 1998 die "Bescheinigung über die Weitergewährung der Leistungen der Kranken-/Mutterschaftsversicherung" der Europäischen Gemeinschaften (E 112) ausstellte; unter 3.2 des Formulars war Behandlung bei "vertraglich zugelassenen Krankenhäusern" für die Zeit vom 17. September bis 15. Oktober 1998 angegeben. Handschriftlich war die Klinik "A. Medical" (MC) vermerkt, ohne dass die Herkunft dieses Vermerks geklärt werden konnte. In anderer Handschrift war unter 1.4 die voraussichtliche Adresse in Athen vermerkt. Mit wiederum anderer Handschrift ist zusätzlich vermerkt "LT. FR. T. zugl. Klinik". Frau T. war eine Mitarbeiterin der Beklagten in der Zweigstelle Le ... Die MC war allerdings eine Privatklinik. Die am 08. Oktober 1998 von der Mitarbeiterin G. ausgestellte Folgebescheinigung E 112 für die Zeit vom 16. Oktober bis 15. November 1998 enthielt ebenfalls die zitierten Vermerke und den Namen der MC, während die weiteren Folgebescheinigungen vom 18. Dezember 1998 für die Zeit vom 16. November 1998 bis 10. Januar 1999 und vom 21. Januar 1999 für die Zeit vom 11. Januar bis 10. März 1999 unter 3.2 nur noch den maschinenschriftlichen Zusatz enthielten "vertraglich zugelassene Krankenhäuser". Die Übernahme der Flugtransportkosten wurde von den Mitarbeiterinnen der Beklagten nicht zugesagt, demgegenüber habe die Klägerin am 16. September 1998 geäußert, sie trage die Kosten des für 17. September 1998 vorgesehenen Fluges der Deutschen Rettungsflugwacht mit einem Begleitarzt selbst.
T. wurde am 17. September 1998 "in komatösem Zustand" in Begleitung der Klägerin und eines Arztes in einem Spezialflugzeug nach Griechenland geflogen; es wurden DM 19.100,00 berechnet und bezahlt. T. wurde nicht in der MC, sondern im H.-Krankenhaus (HK) stationär behandelt. Hiervon erfuhr die Beklagte durch eine am 16. Oktober 1998 ausgestellte, bei der Beklagten am 02. November 1998 übersetzte Bescheinigung des HK. Nach weiterer undatierter Bescheinigung wurde T. vom 17. September bis 06. November 1998 mit jeweils beglichenen Kosten von EUR 19.922,77, vom 16. November bis 11. Dezember 1998 von EUR 8.026,72 und vom 22. Februar bis 06. April 1999 mit Kosten von EUR 12.411,30 stationär behandelt. Auch dieses Krankenhaus steht wie die MC für die gegebenen Indikationen in keinem Vertragsverhältnis zu den Sozialversicherungsträgern. Nach den Bescheinigungen der Fachärztin für Strahlentherapie Dr. K. vom HK vom 06. November 1998 und 25. Februar 1999 wurde T. vom 05. Oktober bis 06. November 1998 postoperativ und ab 19. Februar 1999 mit Strahlentherapie behandelt. Diese Behandlung wurde privat abgerechnet. Eine weitere Behandlung erfolgte zeitweise im Allgemeinen Bezirkskrankenhaus Atheka "KAT", einem Vertragskrankenhaus; diese Kosten wurden über den zuständigen griechischen Krankenversicherungsträger IKA abgerechnet.
Die für die Behandlungen und Transporte seit 05. August 1998 entstandenen Kosten und die zuletzt mit EUR 6.800,00 bezifferten Unterbringungs- und Aufenthaltskosten vom 17. September 1998 bis 06. April 1999 in Athen von insgesamt etwa DM 100.000,00, nach anderen Angaben mit EUR 80.000,00 beziffert, machte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des T. mit Schreiben vom 28. Mai 1999 bei der Beklagten geltend. Diese holte mit dem Formular der Europäischen Gemeinschaften "Erstattungssätze für Sachleistungen" (E 126) Auskünfte bei der IKA Athen ein. Diese teilte nach mehreren Mahnungen mit Schreiben vom 22. November 1999 mit, dass für die Behandlungen Drachmen 1.511.938.000, umgerechnet DM 8.931,95 (= EUR 4.566,83) erstattet werden könnten.
Gestützt hierauf sagte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Mai 2000 die Erstattung dieses Betrages zu, der wegen einer Pfändung zur Hälfte an das Finanzamt Le. und zur anderen Hälfte an die Klägerin bezahlt wurde. Eine weitergehende Erstattung, auch der Transportkosten, wurde abgelehnt, da die Behandlung in Griechenland und der damit verbundene Transport medizinisch nicht notwendig gewesen sei sowie deren Übernahme nicht in Aussicht gestellt worden sei.
Mit dem Widerspruch hiergegen machte die Klägerin geltend, dass nach Zustimmung zu einer stationären Behandlung in Griechenland Leistungen zu dem dort geltenden Tarif in Anspruch genommen werden könnten. Die einschränkende Auslegung verstoße gegen die in Art. 49 und 50 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft (EG-Vertrag) normierte Dienstleistungsfreiheit. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2000 mit der Begründung, nach den einschlägigen Regelungen der EG-Verordnungen Nr. 1408/71 Art. 22 und Nr. 574/72 Art. 22 und 34 könne jeder in Deutschland Versicherte bei Aufenthalt in jedem Staat der Europäischen Union (EU) notwendige Leistungen im Rahmen des Rechts des Aufenthaltsortes beanspruchen, wobei die Ansprüche durch Vorlage des Vordruckes E 111 oder bei vorheriger Zustimmung des zuständigen Trägers mit Vordruck E 112 nachgewiesen werden müssten. Die notwendigen Leistungen rechne der ausländische Leistungserbringer mit seinem nationalen Träger ab. Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten nach den Sätzen des aushelfenden Trägers (Art. 34 Abs. 1 Verordnung Nr. 574/72) komme nur bei Nichtzustandekommen der vorgesehenen Sachleistungsaushilfe in Betracht. Eine Erstattung nach Inlandssätzen sei nur möglich, wenn der Betrag 500 ECU (jetzt EUR 1.000,00) nicht übersteige. Da die Verlegung nach Griechenland am 17. September 1998 aus privaten und nicht aus medizinischen Gründen erfolgt sei, komme eine Übernahme der Flugkosten nicht in Betracht.
Im Klageverfahren beim Sozialgericht Stuttgart (SG; S 4 KR 480/01) verwies die Klägerin auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) und des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und machte weiter geltend, die Beklagte habe sie weder auf die Abrechnungspraxis noch auf das Kostenrisiko hingewiesen. Die Formulierung im Vordruck E 112 ("vertraglich zugelassenen Krankenhäusern") sei nicht ausreichend. Anlass zur Beratung habe auch wegen der zu erwartenden hohen Kosten bestanden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies darauf, eine schriftliche Zusicherung sei nicht gegeben worden. Die Klägerin sei auch richtig aufgeklärt und beraten worden. Mit dem Vermerk "vertraglich zugelassenen Krankenhäusern" und der Bezeichnung eines solchen Krankenhauses habe dokumentiert werden sollen, dass sie nur Kosten im Rahmen des EG-Rechts und nur für im griechischen Krankenversicherungssystem stehende Krankenhäuser übernehmen wolle.
Das SG wies die Klage durch Urteil vom 22. Mai 2003 ab. Zur Begründung legte es dar, eine Zusicherung sei nicht erfolgt. Die Behandlung in Griechenland sei nicht aus medizinischen, sondern aus familiären Gründen erfolgt. Aus europarechtlichen Vorschriften sowie aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ergebe sich kein Anspruch. Da es in Griechenland nicht zu einer Gewährung von Sachleistungen gekommen sei, weil T. sich in einer Privatklinik habe behandeln lassen, seien - wie dies durch die Beklagte erfolgt sei - die entstandenen Kosten nach den für den Träger des Aufenthaltsstaates (hier Griechenland) maßgebenden Sätzen zu erstatten.
Hiergegen erhob die Klägerin Berufung (L 4 KR 2667/03). Sie verblieb dabei, volle Kostenerstattung stehe ihr nach der Rechtsprechung des EuGH unter dem Gesichtspunkt der Dienstleistungsfreiheit zu. Im Übrigen habe die Beklagte Beratungsfehler zu verantworten.
Der Senat holte Auskünfte der IKA vom 09. August 2005 und vom 30. Oktober 2005 ein.
Durch Urteil vom 24. März 2006 wies das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurück. Es sei dabei zu verbleiben, dass die Inanspruchnahme griechischer Krankenhäuser nur private und nicht medizinische Gründe gehabt habe. Letztere seien von niemand erwähnt worden. Die Beklagte sei dem Wunsch der Familie ohne rechtliche Verpflichtung durch die wiederholte Ausstellung des Formulars E 112 nachgekommen, Ein Beratungsfehler wegen unzureichender Erläuterung des Formulars E 112 seitens der Beklagten liege in diesem Zusammenhang nicht vor. Der von der Klägerin gesehene Beratungsbedarf habe auch deshalb nicht bestanden, weil die Klägerin und ihre Familie zumindest wegen der stationären Behandlung des T. Mitte Juli 1998 im Krankenhaus "E." in Athen hinreichende Informationen über die notwendige Vorgehensweise hätten haben müssen. Weiter sei T. während des Zeitraums von September 1998 bis April 1999 auch in dem Vertragskrankenhaus Atheka "KAT" in Athen stationär behandelt worden. Die Beklagte habe (zu Recht) der Erstattung der stationären Kosten allein die Sätze, die an ein Vertragskrankenhaus in Griechenland erstattet werden würden, zugrunde gelegt. Da im vorliegenden Fall die Genehmigung erteilt worden sei, habe schon keine Notwendigkeit bestanden, sich die Behandlung außerhalb des Sachleistungsanspruches gegen den zuständigen Träger des Aufenthaltsstaates (Griechenland) auf eigene Kosten zu beschaffen. Aus der Dienstleistungsfreiheit bzw. der Freizügigkeit der Sozialversicherten könne kein allgemeiner Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Privatbehandlung im EU-Ausland hergeleitet werden. Den Antrag der Klägerin auf Berichtigung und Ergänzung dieses Urteils lehnte das LSG mit Beschluss vom 10. August 2006 ab.
Das Bundessozialgericht (BSG) verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin durch Beschluss vom 18, September 2006 - B 1 KR 75/06 B - als unzulässig, da keiner der Gründe für eine Zulassung der Revision erkennbar sei.
Mit am 18. März 2010 beim SG und beim LSG eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin "Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens" gestellt. Die beim SG erhobene Wiederaufnahmeklage (S 12 KR 1754/10) hat sie zurückgenommen. Sie hat mitgeteilt, sie führe vor der 15. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart (15 O 462/09) Amtshaftungsprozesse gegen das Land Baden-Württemberg und die Beklagte. Bei dieser sei schon während des früheren Berufungsverfahrens angefragt worden, von wem die erwähnten handschriftlichen Vermerke auf dem Vordruck E 112 stammten. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 18. Mai 2005 mitgeteilt, es sei nicht mehr nachvollziehbar, wer dies getan habe und warum dies eingetragen worden sei. Bei Akteneinsicht beim Landgericht sei jedoch am 17. Februar 2010 festgestellt worden, dass bei 1.4 die Mitarbeiterin P., bei 3.2 Frau T. notiert habe und der Vermerk "Lt.Fr. T. zugl. Klinik" von der Teamleiterin Frau L. stamme. Hätte sie - die Klägerin - dies bereits im Jahr 2005 gewusst, so hätte sie die besagten Damen als Zeuginnen benannt und das LSG wäre nicht zu dem Schluss gekommen, die Herkunft der Vermerke sei unklar. Dann aber hätte ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bestanden. Im Übrigen seien die Krankenhäuser Hygieia und MC keine Privatkrankenhäuser. Im Übrigen könne nicht entgegengehalten werden, das Verfahren sei nicht eingehalten worden. Die IKA habe im September 1998 mit der Beklagten schriftlich Kontakt aufgenommen. Im Übrigen habe Dr. C. in einer Urkunde vom 21. September 1998 (Arztbrief des Chefarztes Dr. St. und des Dr. C., Krankenhaus Le., über die stationäre Behandlung vom 11. bis 17. September 1998) geäußert, die Verwandten des T. hätten sich gegen ausdrückliche ärztliche Empfehlung für eine Rehabilitation im Inland entschieden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Wiederaufnahmeverfahren könne erst fortgeführt werden, wenn über den Antrag nach § 321a Zivilprozessordnung (ZPO) entschieden sei, den sie im Schreiben vom 24. Mai 2006 unter Nr. 3 gestellt habe. Der Senat hat diesen Aussetzungsantrag mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Berufungsverfahren L 4 KR 2667/03 wieder aufzunehmen und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2003 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 10. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2000 zu verurteilen, ihr die Kosten der am 24. Juli 1998 durchgeführten ambulanten Behandlung und der stationären Behandlungen ihres Ehemannes in Griechenland ab 17. September 1998 in vollem Umfang, die Transportkosten von EUR 9.820,00 nebst 4 v.H. Zinsen, nach Maßgabe des § 44 SGB I zu erstatten, hilfsweise die deutschen Krankenhaussätze, höchst hilfsweise die griechischen Krankenhaussätze zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Wiederaufnahmeklage als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.
Sie entgegnet, die Voraussetzungen für eine Nichtigkeits- oder Restitutionsklage lägen nicht vor. Das Berufungsurteil vom 24. März 2006 sei in voller Kenntnis der Ereignisse insbesondere im September 1998 getroffen worden. Im Übrigen sei die Klägerin nie im Unklaren gewesen, dass es sich um keine Vertragskrankenhäuser handele. Richtig sei, dass sich die Mitarbeiter der Beklagten beim handschriftlichen Vermerk auf E 112 bezüglich der Athens Medical Klinik über den Status dieser Klinik geirrt hätten. Nach Ankunft auf dem Flughafen in Athen sei entschieden worden, in die Privatklinik H. zu gehen.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses und des früheren Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin erhobene Wiederaufnahmeklage ist unzulässig.
Nach § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist nach § 179 Abs. 1 SGG ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat. Weitere Zulässigkeitsgründe, die hier von vornherein nicht einschlägig sind (Zuständigkeitsstreit mehrerer - inländischer - Versicherungsträger), sind in § 180 Abs.1 SGG geregelt.
Das Verfahren, mit welchem die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des T. die Erstattung von Kosten begehrt hatte, ist rechtskräftig abgeschlossen. Mit dem Beschluss des BSG vom 18. September 2006, der die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des erkennenden Senats vom 24. März 2006 als unzulässig verwarf, wurde das genannte Urteil des erkennenden Senats rechtskräftig.
Nach § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen. Nach § 579 Abs. 1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt (1) wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, (2) wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist, (3) wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war, (4) wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.
Keine dieser Voraussetzungen ist gegeben und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Nrn. 1 und 3 scheidet die Nichtigkeitsklage auch deshalb aus, weil dies mit dem Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde hätte geltend gemacht werden können (§ 579 Abs. 2 ZPO).
Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt 1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat, 2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war, 3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat, 4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist, 5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat, 6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist, 7. wenn die Partei a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. 8. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht. Die Restitutionsgründe der Nrn. 1 bis 7 Buchst. a und 8 dieser Vorschrift liegen ersichtlich nicht vor. In den Fällen des § 580 Nrn. 1 bis 5 ZPO findet nach § 581 Abs. 1 ZPO die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Eine solche strafrechtliche Verurteilung liegt nicht vor und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Ebenso wenig sind Nrn. 6, 7 Buchst. a und 8 einschlägig, da kein anderes günstigeres Urteil aufgefunden worden ist.
Ebenso wenig kommt auch der von der Klägerin sinngemäß geltend gemachte Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO in Betracht. Die Restitutionsklage ist nicht zulässig lediglich zu dem Zweck, aufgrund einer nachträglich aufgefundenen Urkunde neue Gesichtspunkte zu einer im Vorprozess bereits umstrittenen Behauptung beizutragen oder um die Urkunde anstelle eines anderen, keinen Restitutionsgrund bildenden Beweismittels oder neben dieses in den Prozess einzuführen. Dies bedeutet u.a., dass die Klage nicht auf eine Privaturkunde gestützt werden kann, mit der durch schriftliche Erklärungen eines Zeugen der Beweis für die Richtigkeit der in der Erklärung bekundeten Tatsachen geführt werden soll; auch ist es nicht statthaft, die neue Urkunde zu einer neuen freien Würdigung von im Vorprozess bereits umstrittenen Tatsachen zu verwenden (vgl. zu alledem etwa Bundesgerichtshof - BGH - BGHZ 38, 333, 339; 80, 389, 396).
Die Klägerin hat keine neue Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO vorgelegt. Eine solche Urkunde ist nicht das Schreiben der Beklagten vom 18. Mai 2005. Auffinden im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liegt vor, wenn die Urkunde zur Zeit der Entscheidung über den bindend gewordenen Verwaltungsakt zwar vorhanden, ihre Existenz oder ihr Verbleiben den Beteiligten aber damals nicht bekannt waren (BSGE 38, 207). Der Klägerin war das Schreiben der Beklagten vom 18. Mai 2005 bereits während des vorangegangenen Rechtsstreits bekannt. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass dieses an die Klägerin selbst adressierte Schreiben ihr nicht alsbald nach Absendung durch die Beklagte zugegangen ist. Im Übrigen legte die Beklagte in diesem Schreiben aus ihrer Sicht die Vorgänge um die Ausstellung des Vordrucks E 112 dar, was auch bereits Gegenstand des vorangegangenen Rechtsstreits war. Die Beklagte selbst hatte im Schriftsatz vom 19. August 2005 vorgetragen, der Vermerk "LT. FR. T. zugl. Klinik" sei von der damaligen Leiterin der zuständigen Arbeitsgruppe angebracht worden (Bl. 113 der LSG-Akte L 4 KR 2667/03).
Dasselbe gilt für den Arztbrief des Chefarztes Dr. St. und des Dr. C. vom 21. September 1998 über die stationäre Behandlung vom 11. bis 17. September 1998. Auch insoweit lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin die Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO aufgefunden hat.
Die Klägerin versucht mit den vorgelegten Unterlagen und ihrem sonstigen Vorbringen das vorangegangene Urteil des Senats vom 24. März 2006 in der Sache als unrichtig anzugreifen. Mit der Wiederaufnahmeklage kann aber nicht geltend gemacht werden, ein vorangegangenes Urteil sei aufgrund falscher Würdigung von Tatsachen oder Beweiserhebungen unrichtig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved