L 11 KR 2805/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 2787/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2805/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger vom 1. Juni 1992 bis 30. November 1996 und vom 6. April 1999 bis 31. März 2003 im Betrieb seines Vaters (des Beigeladenen zu 1)) sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

Der 1974 geborene Kläger absolvierte erfolgreich eine Ausbildung zum Galvaniseur und nahm nach Ende der Ausbildung am 1. Juni 1992 im väterlichen Betrieb, dem Einzelunternehmen W. M. Oberflächenschutz, eine Tätigkeit auf. In der Zeit vom 1. Juni 1992 bis 30. November 1996 war der Kläger Mitglied der Beklagten und dort als versicherungspflichtig Beschäftigter gemeldet. Nach dem Wehrdienst bestand diese Mitgliedschaft vom 6. April 1999 bis zum 31. März 2003 fort. Nach seinem Wechsel zur BKK E. (BKK) am 1. April 2003 wurden Sozialversicherungsbeiträge an diese abgeführt.

Am 7. März 2007 beantragte der Kläger bei der BKK, seinen sozialversicherungsrechtlichen Status ab 1. Juni 1992 zu überprüfen. Er unterliege nicht der Sozialversicherungspflicht, da er sämtliche Kriterien eines nicht abhängig Beschäftigten erfülle. So sei er seit dem Beginn der Beschäftigung für die Firma des Beigeladenen zu 1) in verantwortungsvoller Position für das elterliche Unternehmen tätig gewesen. Im Hinblick auf die Organisation, Gestaltung und Durchführung seiner Tätigkeitsbereiche sei er völlig frei und unterliege bezüglich Arbeitsort, -zeit, -dauer und -umfang keinem Weisungsrecht. Es bestehe kein Über-/Unterordnungsverhältnis. Auch sei er im Hinblick auf seine Urlaubsplanung unabhängig. Kurzfristig zu leistende Überstunden würden nicht vergütet; Weihnachts- oder Urlaubsgeld erhalte er nicht. Seine Mitarbeit im Unternehmen sei durch familiäre Rücksichtnahme und ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt. Aufgrund seines eigenverantwortlichen Aufgabenbereichs, seines umfangreichen, praktischen, alle internen Betriebssparten umfassenden Tätigkeitsfeldes und hinsichtlich seiner konkreten Nachfolgeperspektive im Hinblick auf die Übernahme der zukünftigen Unternehmensleitung sei er darüber hinaus in der Lage, Unternehmensentscheidungen maßgeblich zu beeinflussen. Zudem habe er die Befugnis inne, selbständig Personal einzustellen und auch zu entlassen. Da es sich mithin nicht um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handele, seien ihm die ab 1. Juni 1992 abgeführten Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab der Kläger an, als mitarbeitender Angehöriger nicht an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit gebunden zu sein; das Weisungsrecht werde auch tatsächlich nicht ausgeübt. Er könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten und wirke bei der Führung des Betriebs mit. Auch sei die Mitarbeit aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Ein Urlaubsanspruch von 24 Tagen sowie eine Kündigungsfrist von vier Wochen sei vereinbart. Bei Arbeitsunfähigkeit werde das Arbeitsentgelt, das er regelmäßig erhalte, für sechs Wochen fortgezahlt. Im Januar 2004 habe er zum Wohle der Firma auf 1.269,81 EUR Nettolohn verzichtet. Das Arbeitsentgelt, das auf ein privates Girokonto überwiesen werde, werde als Betriebsausgabe gebucht und hiervon Lohnsteuer entrichtet. Eine Betriebsbeteiligung bestehe nicht. Ein Darlehen habe er für den Betrieb nicht übernommen.

Mit Bescheid vom 4. Juni 2007 stellte die BKK gegenüber dem Kläger fest, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Betrieb des Beigeladenen zu 1) ab dem 1. Juni 1992 bestanden habe und der Kläger der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Denn es sei steuerrechtlich von einer nicht selbständigen Arbeit ausgegangen worden, da Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht und vom Arbeitsentgelt Lohnsteuer gezahlt worden sei. Auch die vertraglichen Vereinbarung festgehaltener Urlaubs- und Kündigungsregelungen, die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes bei Arbeitsunfähigkeit und die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld seien vorliegend Indizien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Ferner habe der Kläger kein echtes Unternehmensrisiko getragen. Im Übrigen hafte in einem Einzelunternehmen ausschließlich der Einzelunternehmer; ihm obliege auch alleinig die Geschäftsführung. Weitere entscheidungserhebliche Aspekte für eine Mitunternehmerschaft seien nicht erkennbar. Auch die eigenverantwortliche Ausführung gewisser Arbeiten, etwa die Durchführung von Kreditverhandlungen, sei kein Anzeichen dafür, dass dem Firmeninhaber (Beigeladener zu 1) gegenüber dem Kläger kein Weisungsrecht mehr zukomme. Letztlich trage nämlich der Inhaber des Familienunternehmens auch die Verantwortung für die kaufmännische Leitung. Es handele sich um eine jahrelang gelebtes Beschäftigungsverhältnis, das nach einem Motivwechsel des Klägers rückwirkend als selbständige Tätigkeit dargestellt werden solle. Da der Kläger vor dem 1. April 2003 bei der Beklagten versichert gewesen sei, gehe eine Kopie des Bescheides zur Zustimmung an diese. Mit Schreiben vom 5. Juni 2007 schloss sich die Beklagte der Beurteilung der BKK an. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 4. September 2007; Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Februar 2010 - S 2 KR 2529/07).

Nach Durchführung einer Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 2007 das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ab 1. Juni 1992 (mit Ausnahme der Zeit vom 1. Dezember 1996 bis 31. Dezember 1997 - Beschäftigung bei S. H. - und vom 1. Januar 1998 bis 5. April 1999 - selbständige Tätigkeit) für die Tätigkeit im Unternehmen des Beigeladenen zu 1) förmlich fest.

Am 16. Juli 2007 erhob der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2007 unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens Widerspruch mit der Begründung, die Entrichtung von Lohnsteuer, regelmäßige Beitragszahlungen zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bzw die Erstellung der diesbezüglich gebotenen Meldungen sei nicht Ursache oder Auslöser für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, sondern vielmehr ausschließlich deren gesetzlich vorgeschriebene Folge. Die Verbuchung des Arbeitsentgelts als Betriebsausgabe entspreche gängiger betrieblicher Praxis und könne ebenfalls nicht als Argument für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung herangezogen werden. Im Übrigen sei die Versicherungspflicht ausschließlich nach dem Sozialversicherungsrecht ohne rechtliche Bindung an die Verwaltungsakte der Finanzbehörden und die Entscheidung der Finanzgerichte zu beurteilen. Auch habe er kraft Übernahme eines Betriebsdarlehens ein erhebliches Haftungsrisiko übernommen, was gegen eine Sozialversicherungspflicht spreche. Die eigenständige Durchführung von Kreditverhandlungen untermauere dies.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2007 wies die Beklagte den Widerspruch nach Abstimmung mit der Beigeladenen zu 2) zurück. Der Kläger sei in den Betrieb des Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Es werde ein regelmäßig gleichbleibendes Arbeitsentgelt gewährt. Dieses werde als Betriebsausgabe gebucht. Eine Beteiligung am Betrieb liege nicht vor. Der Kläger sei als mitarbeitender Familienangehöriger weder am Anlage- noch am Umlaufvermögen des Betriebes beteiligt. Die Mitteilung des Klägers (am 12. September 2007 per Fax übermittelte Ergänzung zum Feststellungsbogen), ohne seine Mitarbeit sei keine andere Arbeitskraft einzustellen gewesen, erscheine bei einer ebenfalls bestätigten 6-Tage-Woche mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 50 Stunden nicht nachvollziehbar. Auch sei der Tatsache der Weisungsfreiheit in Bezug auf Zeit, Ort, Art und Umfang der zu beurteilenden Beschäftigung keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Dies sei bei Diensten höherer Art durchaus üblich. Vom Fehlen eines Weisungsrechts könne auch dann nicht ausgegangen werden, wenn nur der Arbeitnehmer, nicht aber der Arbeitgeber über eine spezielle Sachkunde verfüge, die zur Verrichtung einer bestimmten Dienstleistung bzw für die Betriebsführung erforderlich sei. Auch trage der Kläger kein unternehmerisches Risiko. Bei Familienangehörigen sei auch ein einmaliger Verzicht von Lohn kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. In schwierigen Situationen sei ein derartiges Verhalten durchaus üblich und führe damit keineswegs zu einer Mitunternehmereigenschaft. Bei mehreren Betriebsprüfungen der Sozialversicherungsträger habe kein Anlass bestanden, die zutreffend unterstellte Sozialversicherungspflicht in Frage zu stellen. In einem Einzelunternehmen hafte ausschließlich der Betriebsinhaber. Ihm obliege auch alleinig die Geschäftsführung. Wäre eine Mitunternehmereigenschaft des Sohnes bisher gewollt gewesen, hätte dies bei einem entsprechenden Willen der Beteiligten durch die Gründung einer Personengesellschaft dokumentiert werden können. Das sei bis heute nicht erfolgt. Ferner sei zur Vergütung von Familienangehörigen festzuhalten, dass selbst bei der Zahlung eines halben Tariflohns von einem leistungsentsprechenden Arbeitsentgelt auszugehen sei.

Der Kläger hat am 12. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Unter Wiederholung seines bisherigen Vortrags hat er ergänzend vorgetragen, seit seinem Eintritt in das väterliche Unternehmen auf Augenhöhe mit dem Beigeladenen zu 1) tätig zu sein. An Weisungen bzw spezielle Durchführungsvorgaben sei er nicht gebunden. Ihm obliege die volle Personalverantwortung, was ihn auch in die Lage versetze, innerhalb des Betriebes die für die Mitarbeiter verbindlichen Ablauf- bzw Organisationsstrukturen vorzugeben. Er zeichne sich für den Materialeinkauf, den Produktionsablauf sowie die Terminplanung und -einhaltung der Pulverbeschichtung der Groß- und Serienteile verantwortlich und sei für Angebotsabgabe, Qualitätssicherung sowie Arbeitseinteilung des Personals verantwortlich. Auch beeinflusse er maßgeblich Unternehmensentscheidungen. Er fühle sich nicht nur als Unternehmer im Unternehmen, sondern handle erkennbar auch als solcher. Das betriebliche Verhältnis zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 1) sei nicht durch einen für ein Arbeitnehmer-/Arbeitgeberverhältnis typischen Interessengegensatz gekennzeichnet. Auch müsse er seinen Urlaub nicht genehmigen lassen, sondern nehme einzelne frei Tage mit Rücksicht auf die betrieblichen Belange selbständig. Nicht genommene Urlaubstage würden nicht abgegolten, sondern verfielen ersatzlos. Mit Blick auf das Wohl und Gedeihen des Unternehmens habe er Anfang 2004 bereits auf Entgelt für seine Tätigkeit verzichtet, um eine wirtschaftlich schwierige Unternehmensphase im Interesse der Firma zu überstehen. Da ihm dieser Betrag seither nicht wieder zugeflossen sei, stelle dies gleichsam eine Einlage in das väterliche Unternehmen dar und gehe damit über ein reines Firmendarlehen weit hinaus. Hinzu komme, dass er sechs Tage in der Woche im väterlichen Betrieb arbeite und mit seiner 55-Stunden-Woche weit über dem liege, was üblicherweise ein vergleichbarer Angestellter in seinem Betrieb zu arbeiten habe. Der Beigeladene zu 1) sei nur das geistige Oberhaupt des Betriebes.

Das SG hat mit Beschluss vom 22. Januar 2008 den Vater des Klägers (Beigeladener zu 1), die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (Beigeladene zu 2), die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 3) sowie die AOK Baden-Württemberg - Pflegekasse - (Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen.

In der nichtöffentlichen Sitzung vor dem SG am 4. Dezember 2008 hat der Kläger erklärt, er sei zunächst bis 31. März 1994 im elterlichen Unternehmen beschäftigt gewesen. Anschließend habe er seinen Wehrdienst absolviert. Die Lücke zwischen der Beschäftigung im Jahr 1996 und der erneuten Beschäftigung ab April 1999 beruhe auf einer selbständigen Tätigkeit im Transportgewerbe. Daraufhin erläutert der Beigeladene zu 1), in den Zeiten, in denen der Kläger nicht im Familienunternehmen tätig gewesen sei, habe er seine Aufgaben zusammen mit seiner Ehefrau weitgehend übernommen. Nachdem diese verstorben gewesen sei, habe er den Kläger gebeten, wieder ins Unternehmen zurückzukehren. Im Schnitt seien im Unternehmen vier bis fünf Personen beschäftigt. Der Umsatz bewege sich grob in einem Bereich von 350.000 EUR im Jahr. Dass der Kläger nicht am Unternehmen beteiligt sei, habe mehrere Gründe. Zum einen habe er als älterer Mensch zunächst nicht so viel Vertrauen in seine Kinder gehabt. Es habe sich aber herausgestellt, dass er diesen vertrauen könne. Zum anderen habe er vor 12 Jahren aus Anlass einer Betriebserweiterung einen Bankkredit aufgenommen. Er müsse solange im Unternehmen bleiben, bis der Kredit abbezahlt sei; der könne nicht auf seine Kinder übergehen. Er habe sukzessive Aufgaben an seine Kinder abgegeben. Selbständig agiere sein Sohn (Kläger) seit seiner Rückkehr von der Bundeswehr. Er sei danach sichtlich gereift gewesen und habe auch zunehmend Aufgaben seiner erkrankten Ehefrau mit übernehmen müssen. Seine Ehefrau sei in allen Bereichen tätig gewesen. Er habe seine Tätigkeit in der Produktion beschränkt auf Sonderteile. Ansonsten sei er nach außen tätig, beispielsweise in Verhandlungen mit Banken, Steuerberatern und dergleichen. Er lasse dem Kläger freie Hand und mische sich nicht ein, es sei denn es gehe um etwas ganz Großes. Einen Angestellten, der anstelle des Klägers dessen Aufgaben übernehmen könnte, könne sich der Betrieb nicht leisten, da er zu klein sei. Er könne dem Kläger auch keinen besonders hohen Lohn zahlen, es werde nur das gezahlt, was auch angegeben werde.

Mit Urteil vom 23. Februar 2010 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, es stehe fest, dass der Kläger in der streitbefangenen Zeit als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sei. Gegen die Einstufung des Klägers als Mitunternehmer neben seinem Vater spreche zunächst maßgeblich, dass er am Unternehmen nicht beteiligt sei und deshalb auch nicht über die Rechtsmacht verfüge, Unternehmensentscheidungen zu treffen oder Entscheidungen des Vaters zu verhindern. Der Verzicht auf den Nettolohn für den Monat Januar 2004 sei im Hinblick auf die damalige wirtschaftliche Lage des Unternehmens erfolgt. Darin komme zwar ein gesteigertes Interesse des Klägers am Wohlergehen der Firma, auch im Hinblick auf die spätere Übernahme, zum Ausdruck. Allerdings könne hierbei nicht von einer Einlage im Unternehmen gesprochen werden und schon gar nicht davon, dass dem Kläger im Gegenzug Mitwirkungsrechte eingeräumt worden seien. Im Übrigen habe der Beigeladene zu 1) von einer Beteiligung des Klägers am Unternehmen nach eigenem Bekunden zunächst bewusst abgesehen, da er dem Kläger und seinem anderen Sohn zunächst nicht vertraut habe; eine Beteiligung habe er aber auch später nicht nachgeholt. Es sei lediglich eine sukzessive Übergabe der Aufgaben an die Kinder erfolgt. Aus der Stellung als Inhaber des Unternehmens habe er sich jedoch niemals entfernt. Dies werde auch vom Kläger so bestätigt, der den Beigeladenen zu 1) auch heute noch als geistiges Oberhaupt des Betriebes bezeichne. Selbst wenn der Kläger zuletzt als alleiniger Betriebsleiter fungiert haben sollte bedeute dies weder, dass das Kriterium der Eingliederung in den Betrieb zu verneinen oder seine Tätigkeit mit selbständiger, weisungsfreier Tätigkeit gleichzusetzen wäre. In einem Familienbetrieb sei davon auszugehen, dass das Weisungsrecht nur eingeschränkt ausgeübt werde. Hinzu komme, dass bei eingespielter Aufgabenverteilung rein tatsächlich die Notwendigkeit, Einweisungen zu erteilen, kaum gegeben sein dürfte. Zudem könne in Anbetracht der Art der Tätigkeit des Klägers auch nicht davon ausgegangen werden, dass er hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Arbeitsleistung nennenswerte Freiräume gehabt habe. Solche Freiräume lasse ein Familienbetrieb nicht zu. Von besonderem Gewicht bleibe, dass sich der Beigeladene zu 1) seiner Rechtsmacht als Betriebsinhaber nicht begeben habe. Daran änderten auch Vorkommnisse derart, dass sich der Kläger in der Frage der Anschaffung einer neuen Maschine mit Unterstützung seines Bruders gegen den Beigeladenen zu 1) habe durchsetzen können, nichts. An diesem Beispiel werde im Gegenteil deutlich, dass weder der Kläger allein noch zusammen mit seinem Bruder eine derartige Entscheidung habe treffen können, sondern es vielmehr der Zustimmung seitens des Beigeladenen zu 1) bedurfte. Ein weiteres Indiz für eine abhängige Beschäftigung sei auch das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1). Der Umstand, dass ein Arbeitsvertrag nicht schriftlich abgeschlossen worden sei, erwecke im vorliegenden Fall keine Zweifel daran, dass ein Arbeitsverhältnis gewollt gewesen sei und während der streitbefangenen Zeiträume auch praktiziert worden sei. Der Kläger habe die Arbeitsleistung eines leitenden Angestellten erbracht und hierfür ein Gehalt erhalten, das nicht als reine Gefälligkeitsleistung abgetan werden könne. Das Gehalt sei ihm auch regelmäßig auf sein eigenes Konto überwiesen worden. Die Verbuchung sei als Lohnzahlung (auch gegenüber dem Finanzamt und der Einzugsstelle) deklariert worden. Bei den vom Kläger angegebenen Beträgen von 1.712 EUR bis 2.508 EUR brutto handele es sich ersichtlich um mehr als bloßes Taschengeld oder vergönnungsweise Bezahlung. Im Übrigen sei auch nicht auszuschließen, dass das Gehalt mit Blick auf einen günstigen Versicherungsschutz bewusst gering gehalten worden sei. Auch eine Beteiligung am Umsatz oder Gewinn spiegele sich im Arbeitsentgelt nicht wieder.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 14. Juni 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Juni 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung legt er dar, kraft seines speziellen Knowhows bzw seiner für den Betrieb bestehenden Leitungsverantwortung sei er als sozialversicherungsfrei einzustufen. Er habe neben dem Beigeladenen zu 1) den Aufbau des Unternehmens seit seinem Eintritt in die Firma vorangetrieben und habe seit dieser Zeit zusammen mit diesem alle wichtigen Entscheidungen für das Unternehmen getroffen. Maßgeblich seien nicht die formellen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, sondern die tatsächliche Beziehung, wenn sie von den Vereinbarungen abweiche. Es habe keinerlei Weisungsgebundenheit gegenüber dem Beigeladenen zu 1) bestanden. Er habe die Geschäfte des väterlichen Unternehmens selbständig geführt. Ferner sei im vorliegenden Fall von einer Innengesellschaft gemäß §§ 705 ff BGB auszugehen, da er und der Beigeladene zu 1) einvernehmlich bewusst und gewollt zusammen gewirkt hätten und noch zusammenwirkten, um mit dem Betrieb einen Gewinn zu erwirtschaften und somit auch ein gemeinsames Ziel verfolgten. Es liege ein gleichgeordnetes gemeinsames Zweckhandeln vor. Auch Familienangehörige könnten durch ausdrückliche oder auch stillschweigende Vereinbarung eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründen; selbst eine Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten komme in Betracht, falls nicht eine ausdrückliche andere vertragliche Regelung entgegenstehe oder bewusst nur das Vermögen eines der Partner gefördert werden solle. Auch die Tatsache, dass er weit über die von ihm zu leistende Arbeitszeit überobligatorisch gearbeitet und Urlaubsansprüche nicht ausgeschöpft habe, sei keine Selbstverständlichkeit, sondern zeige zusätzlich sein von besonderem Unternehmergeist geprägtes Engagement im väterlichen Betrieb.

Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2007 aufzuheben und festzustellen, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit in der Firma des Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1. Juni 1992 bis 30. November 1996 und vom 6. April 1999 bis 31. März 2003 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 26. August 2010 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zurückzuweisen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

II.

Da der Senat die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; denn der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Tätigkeit des Klägers in der Firma des Beigeladenen zu 1) war im streitigen Zeitraum vom 1. Juni 1992 bis 30. November 1996 und vom 6. April 1999 bis 31. März 2003 sozialversicherungspflichtig.

Gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der seit 1. April 2003 geltenden Fassung des Art 2 Nr 13 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl I 2002, 4621) stellt die Beklagte als Einzugsstelle ua die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung fest. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie ab 1. Januar 1995 auch in der Pflegeversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 168 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz bis 31. Dezember 1997 sowie ab 1. Januar 1998 § 24 Abs 1 und § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind gemäß § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV in der seit 1. Januar 1999 geltenden Fassung des Art 1 Nr 1 a des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBI I 2000, 2) eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (vgl hierzu und zum Nachfolgenden: Urteil des erkennenden Senats vom 18. Mai 2010 - L 11 KR 1423/08 - veröffentlicht in Juris).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann, insbesondere bei Diensten höherer Art, eingeschränkt sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R - veröffentlicht in Juris; BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7; BSG, Urteil vom 4. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R - SozR 4 - 2400 § 7 Nr 8). Deshalb kann zwar eine an sich rechtlich bestehende Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein kann, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheidet (BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 KR 34/00 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 17; BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 - veröffentlicht in Juris; BSG, Urteil vom 7. September 1988 - 10 RAr 10/87 - SozR 4100 § 141b Nr 41). Andererseits ist die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, solange die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist, die Rechtsmacht also noch besteht, selbst wenn von dieser tatsächlich kein Gebrauch gemacht wird (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4).

Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob die Tätigkeit im Unternehmen eines Ehegatten oder engen Verwandten ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt oder nicht. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter engen Verwandten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 21. April 1993 - SozR 3-4100 § 168 Nr 11). Ebenfalls unschädlich ist, wenn von dem Weisungsrecht vor allem im fachlichen Bereich nicht vollumfänglich Gebrauch gemacht wird. Denn vor allem bei sog Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht stark eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 12/05 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 6). Selbst wer Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt, kann als leitender Angestellter bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein (BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 1; BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 - B 12 KR 44/00 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 18).

Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - veröffentlicht in Juris).

Zur Überzeugung des Senats steht gemessen an diesen, bereits im Urteil des erkennenden Senats vom 18. Mai 2010 (L 11 KR 1423/08 mwN - veröffentlicht in Juris) aufgestellten Grundsätzen fest, dass die Tätigkeit des Klägers im streitigen Zeitraum sozialversicherungspflichtig war. Denn die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen vorliegend.

Für die Überprüfung der rechtlich relevanten Umstände ist grundsätzlich der zwischen den am Beschäftigungsverhältnis beteiligten Personen geschlossene Arbeits- oder Anstellungsvertrag maßgeblich. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nach den Angaben des Klägers und des Beigeladenen zu 1) nicht geschlossen. Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages spricht jedoch nicht gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis; denn der wirksame Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages gemäß § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedurfte weder zu Beginn der Beschäftigung noch heute der Schriftform (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 18. Mai 2010 - L 11 KR 1423/08 - veröffentlicht in juris).

Aus den Angaben des Klägers im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen und den ergänzenden Angaben im Antrag geht hervor, dass sich der Kläger und der Beigeladene zu 1) über wesentliche Punkte eines arbeitnehmertypischen Arbeitsvertrages geeinigt haben. So wurde ein regelmäßig gleichbleibendes Arbeitsentgelt gewährt und eine Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit für länger als sechs Wochen vereinbart. Ebenso hatte man sich auf einen Urlaubsanspruch von 24 Arbeitstagen und eine Kündigungsfrist von vier Wochen geeinigt. Die Höhe des festen monatlichen Entgelts ist auch über freien Unterhalt oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgegangen. Von einer rein familienhaften Mithilfe kann mithin nicht ausgegangen werden. Die Tatsache, dass die Höhe des Entgelts möglicherweise nicht der Stellung eines leitenden Angestellten entsprochen hat, und der Kläger im Januar 2004 auf seinen Nettolohn in Höhe von 1.269,81 EUR verzichtet hat, ist im Rahmen des zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) vorhandenen engen Verwandtschaftsverhältnisses noch nicht alleine Grund für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Denn die familiäre Prägung wirkt sich vor dem Hintergrund des Gleichklangs der Interessen des Klägers und des Beigeladen zu 1) auch auf die Höhe des Arbeitsentgeltes aus (vgl hierzu und zum Nachfolgenden: Urteil des erkennenden Senats vom 18. Mai 2010 - L 11 KR 1423/08 - veröffentlicht in juris).

Des Weiteren hat der Kläger, der im Übrigen über keine eigene Betriebsstätte verfügt, kein Unternehmerrisiko getragen. Ein solches trägt, wer eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einsetzt und somit der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - veröffentlicht in juris). Der Betrieb des Beigeladenen zu 1) wird bis heute in der Rechtsform eines Einzelunternehmens allein vom Beigeladenen zu 1) geführt. Der Beigeladene zu 1) ist rein tatsächlich und auch für Außenstehende der alleinhaftende Einzelunternehmer gewesen. Zwar hat der Kläger für den Betrieb diverse Verträge abgeschlossen; allerdings hat er hierfür keine rechtliche Verantwortung übernommen und seine Arbeitskraft deshalb nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Dass der Kläger am Unternehmen beteiligt sei, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ist zwar behauptet, aber nicht bewiesen worden. Sein Verzicht auf den Nettolohn für den Monat Januar 2004 erfolgte erklärtermaßen im Hinblick auf die damalige wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Im Interesse am Erhalt eines Arbeitsplatzes kann jedoch auch ein abhängig Beschäftigter auf Gehalt verzichten. Darin kommt zwar ein gesteigertes Interesse des Klägers am Wohlergehen der Firma, auch im Hinblick auf eine spätere Übernahme, zum Ausdruck; von einer Einlage kann jedoch mangels entsprechender Vereinbarung mit dem Beigeladenen zu 1) nicht gesprochen werden und im Übrigen auch nicht davon, dass dem Kläger im Gegenzug Mitwirkungsrechte eingeräumt worden wären. Hierfür spricht auch, dass der Beigeladene zu 1) davon abgesehen hatte, den Kläger am Unternehmen beteiligen zu wollen, da er ihm und dessen Bruder zunächst nicht so viel Vertrauen geschenkt hatte, ihnen das Unternehmen zu überschreiben; auch wurde eine Beteiligung des Klägers bis zum heutigen Tag nicht nachgeholt. Lediglich die zur erledigenden Aufgaben wurden vom Beigeladenen zu 1) sukzessive an den Kläger und seinen ebenfalls im elterlichen Unternehmen tätigen Bruder abgegeben. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben hat er ihnen freie Hand gelassen, sich aber aus der Stellung als Inhaber des Betriebes niemals entfernt. Dies entspricht auch den Äußerungen des Klägers, der Beigeladene zu 1) sei auch heute noch das geistige Oberhaupt des Betriebes. Bestätigt wird dies ferner dadurch, dass der Beigeladene zu 1) für das Unternehmen einen Kredit aufgenommen hat und solange im Unternehmen bleiben muss, bis der Kredit abbezahlt ist. Denn der Kredit kann nicht auf seine Kinder übergehen. All dies entnimmt der Senat den glaubhaften Darlegungen des Klägers und des Beigeladenen zu 1) im Rahmen der nicht öffentlichen Sitzung des SG am 4. Dezember 2008. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, deutet die durchgehend fortgeführte Entgeltform im Übrigen in keiner Weise darauf hin, dass das Arbeitsentgelt des Klägers Bestandteile im Sinne einer Gewinn- bzw Umsatzbeteiligung enthält. Daher kann auch hieraus abgeleitet werden, dass der Kläger nicht am Unternehmensrisiko beteiligt ist.

Wegen des engen Verwandtschaftsverhältnisses ist es unschädlich, dass der Beigeladene zu 1) dem Kläger keine Weisungen erteilt hat. Zwar kann eine persönliche Abhängigkeit von den tatsächlichen Verhältnissen nach der Rechtsprechung überlagert sein, wenn zB der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nicht selbst, jedoch seine Familie über die Kapitalmehrheit verfügt, ihm von den übrigen Familienmitgliedern freie Hand gelassen wird und er - wirtschaftlich gesehen - seine Tätigkeit nicht für ein fremdes, sondern wie für ein eigenes Unternehmen ausübt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-4200 § 7 Nr 20). Ebenso kann hiervon auszugehen sein, wenn ein als externer Geschäftsführer in einer GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 35/98 R - SozR 3-2200 § 723 Nr 4). Unabhängig von der Frage, ob diese Rechtsprechung zur Rechtsform einer GmbH auch bei Einzelunternehmen angewendet werden kann, ist hier jedoch nicht von einer beherrschenden Stellung des Klägers auszugehen. Denn der Beigeladene zu 1) hat in gleicher Weise wie der Kläger über die notwendige Qualifikation und Erfahrung verfügt, um ein Einzelunternehmen zu leiten und ist bis heute Inhaber des Unternehmens. Der Kläger hat den Beigeladenen zu 1) weder persönlich dominiert noch war dieser wirtschaftlich vom Kläger abhängig. Selbst wenn der Beigeladene zu 1) keine Weisungen erteilt hat, hätte er als alleiniger Betriebsinhaber jede Entscheidung des Klägers, mit der er nicht einverstanden gewesen wäre, verhindern können. Weitere Umstände, die eine beherrschende Stellung des Klägers begründen könnten, wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich (vgl zum Ganzen: Urteil des erkennenden Senats vom 18. Mai 2010 - L 11 KR 1423/08 - veröffentlicht in juris).

Letztlich ist Indiz für eine abhängige Beschäftigung auch, dass das Gehalt des Klägers regelmäßig auf sein eigenes Konto überwiesen, die Verbuchung als Lohnzahlung erfolgte und auch gegenüber dem Finanzamt und der Einzugsstelle als Lohnzahlungen angegeben und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die tatsächliche Beitragsentrichtung keine Rückschlüsse auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erlaubt (BSG, Urteil vom 4. Juli 2004 - B 11a AL 5/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 8). Gleichwohl ist daraus - wie das SG zutreffend feststellt - eine Selbsteinschätzung des sozialversicherungsrechtlichen Status erkennbar, die das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung unterstreicht.

Als weiteres Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung können die von der Beklagten angeführten Betriebsprüfungen herangezogen werden, die keine Beanstandungen der unterstellten Sozialversicherungspflicht des Klägers zur Folge hatten.

In der streitgegenständlichen Zeit stellt sich das Verhältnis des Klägers zum Beigeladenen zu 1) als ein in der betrieblichen Praxis nicht untypischer Entwicklungsprozess eines Hineinwachsens eines jüngeren Familienangehörigen in die Unternehmensnachfolge dar. Auch im Fall des Klägers ist beabsichtigt, ihn in das Unternehmen aufzunehmen bzw dieses teilweise auf ihn zu übertragen. Es entspricht aber der allgemeinen Lebenserfahrung, dass erst eine rechtlich durchgeführte und damit vollzogene Betriebsübergabe von den Eltern auf die Kinder den (von allen Beteiligten auch als solchen wahrgenommenen wirklichen "Einschnitt" in der Unternehmensnachfolge darstellt (Urteil des erkennenden Senats vom 18. Mai 2010 - L 11 KR 1423/08 - veröffentlicht in Juris). Erst dann endet das allmähliche Hineinwachsen in eine etwaige Unternehmensnachfolge und erst ab diesem Zeitpunkt existiert auch das bis dahin nach wie vor fortbestehende, wenn auch möglicherweise faktisch nicht mehr ausgeübte Weisungsrecht nicht weiter. Bis zum rechtlichen Vollzug einer Unternehmensnachfolge besteht dagegen immer noch die Möglichkeit, an der Nichtausübung eines Weisungsrechts jederzeit etwas zu ändern, sodass bis dahin sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht entsprechende Unsicherheiten verbleiben (vgl Senatsurteile vom 4. Dezember 2007 - L 11 KR 1749/07 -, vom 15. Juli 2008 - L 11 KR 4946/07 -, vom 5. August 2008 - L 11 KR 4946/07 -, vom 14. Oktober 2008 - L 11 KR 1347/08 -, vom 29. September 2009 - L 11 KR 4621/08 -, vom 15. Dezember 2009, L 11 KR 2296/07 - und zuletzt vom 18. Mai 2010 - L 11 KR 1423/08; BSG, Urteil vom 30. Januar 1990 - B RAr 47/88 - SozR 3-2400 § 7 Nr 1).

Entgegen dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren ist auch nicht von einer zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 1) bestehenden Innengesellschaft gemäß den §§ 705 ff BGB auszugehen, deren Zweck darin besteht, gemeinsam mit dem Betrieb einen Gewinn zu erwirtschaften. Ein konkludent geschlossener Gesellschaftsvertrag kann nur angenommen werden, wenn die Umstände des Einzelfalls den Schluss auf den Willen der Beteiligten zulassen, eine rechtliche Bindung gesellschaftsrechtlicher Art einzugehen. Dies ist bei Ehegatten bejaht worden, wenn diese gemeinsam einen Betrieb aufbauen wollten und sich nur im Hinblick auf die Verschuldung zB des Ehemannes und zur Vermeidung des Zugriffs seiner Gläubiger dafür entschieden haben, im Außenverhältnis allein die Ehefrau als Betriebsinhaberin auftreten zu lassen (BGH, Urteil vom 28. September 2005, XII ZR 189/02, NJW 2006, 1268). Im vorliegenden Fall hatte der Beigeladene zu 1) bereits den Betrieb aufgebaut, als der Kläger eine Tätigkeit im Betrieb seines Vaters aufgenommen hat. Darüber hinaus ist weder dargelegt noch erwiesen, dass der Kläger und sein Vater ein gemeinschaftliches Gesellschaftsvermögen (§ 718 Abs 1 BGB) bilden wollten und gebildet haben.

Selbst wenn eine bürgerlich-rechtliche Innengesellschaft mit dem vom Kläger behaupteten Geschäftszweck vorläge, würde dies nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Kläger nicht gleichwohl nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien als abhängig Beschäftigter in den Betrieb des Einzelunternehmens eingegliedert war, wie dies hier der Fall war (vgl BSG, Urteil vom 10. Mai 2007, B 7a AL 8/06 R, veröffentlicht in Juris). Denn als Gesellschafter einer Innengesellschaft wäre der Kläger nur dann als Mitunternehmer zu betrachten, wenn er nicht nur am Gewinn, sondern auch am Verlust der Gesellschaft beteiligt ist (so zur stillen Beteiligung an einer KG gemäß den §§ 230 ff HGB Urteil des Senats vom 20. Juli 2010, L 11 KR 3910/09, DStR 2010, 2367). Dies ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Gegenteil hat der Kläger vorgebracht, man habe bewusst und gewollt zusammengewirkt, um mit dem Betrieb einen Gewinn zu erwirtschaften. Gerade der Umstand, dass deshalb eine Innengesellschaft und keine nach außen auftretende Gesellschaft gebildet worden sein soll, damit der Beigeladene zu 1) im Außenverhältnis alleine haftet, belegt, dass hier allenfalls eine Beteiligung am Gewinn, nicht aber am Verlust des Betriebes gewollt war. Da der Kläger im Außenverhältnis nicht haftet und nicht haften soll, trifft ihn auch kein Unternehmerrisiko. Damit ist er auch nicht als Mitunternehmer anzusehen, selbst wenn eine Innengesellschaft vorliegen sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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