L 3 AL 3178/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 02583/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3178/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes (Alg) für die Zeit vom 23.04.1998 bis 30.03.1999 und vom 05.05. bis 31.05.1999 im Wege des Zugunstenverfahrens.

Der 1945 geborene Kläger war bis Oktober 1996 in der Schweiz beschäftigt. Sein letzter Mo-natslohn dort betrug 5.180,- sFr. Am 10.07.1997 meldete er sich arbeitslos und beantragte Alg. Zu Beginn dieses Jahres war die Steuerklasse IV auf seiner Lohnsteuerkarte eingetragen, die der Kläger mit Wirkung zum 01.04.1997 nach Steuerklasse III wechselte. Grund war der von der Ehefrau, mit der seit 1986 verheiratet ist, in der Schweiz damals erzielte Verdienst von 1.512,- sFr. brutto monatlich. Seine Ehefrau wechselte dementsprechend die Steuerklasse von IV nach V. Weder beim Kläger noch bei seiner Ehefrau waren damals oder in der Folgezeit Kin-derfrei¬beträge auf der Steuerkarte eingetragen.

Alg erhielt der Kläger ab dem 10.07.1997 nach einem fiktiven monatlichen Arbeitsentgelt von 4.226,- DM, der Leistungsgruppe C, dem allgemeinen Leistungssatz und damit in Höhe von 413,40 DM bzw. - ab dem 01.01.1998 - in Höhe von 417,41 DM wöchentlich, das der Kläger bis zum 01.02.1998 bezog. Zum 02.02.1998 meldete sich der Kläger aus dem Leistungsbezug ab, weil er eine "Ausbildung" zum selbständigen Versicherungskaufmann begann, in der er monat-lich 3.000,- bzw. 3.500,- DM verdiente (vgl. Bl. 69 der Leistungsakte des Klägers bzw. Bl. 9 der Leistungsakte der Ehefrau).

Bereits am 20.01.1998 hatte sich seine Ehefrau im Hinblick auf das zum 28.02.1998 endende Beschäftigungsverhältnis arbeitslos gemeldet. Ihr letzter Verdienst betrug monatlich brutto 1.500,- sFr ... Mit Wirkung ab dem 01.02.1998 wechselten die Eheleute in die Steuerklasse IV, der Kläger mit der Begründung, er nehme eine Tätigkeit auf (vgl. Bl. 12 der Leistungsakte des Klägers), die Ehefrau wegen der Aufgabe ihrer Arbeit (vgl. Bl. 1 Rs. der Leistungsakte der Ehe-frau). Dabei war nur das Gehalt des Klägers für Februar 1998 gesichert (vgl. Bl. 2 der LSG-Akte). Die Beklagte hielt diesen Wechsel der Steuerklasse nicht für zweckmäßig (vgl. Bl. 9 der Leistungsakte der Ehefrau) und bewilligte der Ehefrau des Klägers Alg ab dem 01.03.1998 nach einem fiktiven monatlichen Arbeitsentgelt von 2.858,24 DM, der Leistungsgruppe D und dem allgemei¬nen Leistungssatz in Höhe von anfangs wöchentlich 187,95 DM, das die Ehefrau wäh-rend des gesamten hier streitigen Zeitraumes nach diesen Bemessungsgrundlagen und damit nach der Leistungsgruppe D bezog. Der wöchentliche Leistungssatz betrug ab dem 01.01.1999 wöchent¬lich 186,97 DM, ab dem 01.03.1999 wöchentlich 189,14 DM.

Am 23.04.1998 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und erhielt ab diesem Tag Alg, zu-nächst nach dem bisherigen und ab 10.07.1998 nach einem dynamisierten Bemessungsentgelt (jetzt wöchentlich 990,- DM), der Leistungsgruppe A (entsprechend der eingetragenen Steuer-klasse IV) und dem allgemeinen Leistungssatz in Höhe von wöchentlich 341,67 DM bzw. 344,33 DM (Bescheide vom 05.05.1998 und vom 28.07.1998), das er bis zum 30.03.1999 bezog, zuletzt ab dem 01.01.1999 in Höhe von 346,57 DM (Bescheid vom 14.01.1999). Vom 31.03.1999 bis 04.05.1999 erhielt der Kläger von dem für ihn zuständigen Rentenversicherungs¬träger wegen einer medizinischen Rehabilitation Übergangsgeld. Nach erneuter Arbeitslosmel¬dung erhielt er ab dem 05.05.1999 Alg in bisheriger Höhe bewilligt (Bescheid vom 19.05.1999).

Zum 01.06.1999 wechselte der Kläger in Steuerklasse III, seine Ehefrau in Steuerklasse V. Da die Beklagte dies als zweckmäßig ansah (vgl. Bl. 49 der Leistungsakte des Klägers), bewilligte sie ab diesem Zeitpunkt Alg bei im Übrigen unveränderten Bemessungsgrundlagen nach Leis-tungsgruppe C und damit in Höhe von 426,58 DM, das der Kläger bis zur Erschöpfung des An-spruchs am 16.06.1999 bezog. Danach erhielt er Arbeitslosenhilfe. Zwischenzeitlich bezieht er Rente wegen vol¬ler Erwerbsminderung.

Am 11.06.1999 (Bl. 69 der Leistungsakte des Klägers) und erneut am 21.07.2000 (Bl. 85 der Leistungsakte des Klägers) beantragte der Kläger die Überprüfung der früheren Leistungsbewil-ligungen im Hinblick auf die zugrunde zu legenden Steuerklassen. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.07.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2000 ab.

Das hiergegen am 08.12.2000 angerufene Sozialgericht Konstanz hat die Klage mit Urteil vom 24.01.2002 unter Darstellung der rechtlichen Grundlage für die teilweise Rücknahme eines frü-heren, rechtswidrigen Bewilligungsbescheides (§ 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB X -) und der seit dem 01.01.1998 geltenden Regelungen über die für die Höhe des Alg maßgebenden Lohnsteuerklassen (§ 137 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB III -) abgewiesen. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen das ihm am 23.07.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.08.2002 Berufung einge-legt.

Er beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24. Januar 2002 sowie den Bescheid vom 26. Juli 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. November 2000 aufzuhe-ben und die Beklagte zu verurteilen, die für die Zeit vom 23. April 1998 bis 30. März 1999 und vom 05. Mai bis 31. Mai 1999 geltenden Bewilligungsbescheide teilweise zu-rückzunehmen und höheres Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Zutreffend hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteiles die einschlägige Rechtsgrundlage für den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf teilweise Rücknahme bestandskräftig gewordener Bewilligungsbescheide dargelegt (§ 44 SGB X). Hierauf nimmt der Senat Bezug. Jedoch liegen diese Voraussetzungen nicht vor, weil die für die streitigen Zeit¬räume geltenden Leistungsbewilligungen hinsichtlich des Klägers rechtmäßig waren. Denn der Steuerklassenwechsel zum 01.02.1998 war zweckmäßig und damit nach § 137 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III zu berücksichtigen. Hinsichtlich der für die Abhängigkeit der von der für die Höhe des Alg maßgeblichen Leistungsgruppe von der Steuerklasse anzuwendenden Vorschriften des SGB III nimmt der Senat ebenfalls auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug.

Nach § 137 Abs. 3 Satz 1 SGB III richtet sich die Zuordnung zu den Leistungsgruppen nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Hier entstand der Anspruch des Klä¬gers anlässlich seiner Arbeitslosmeldung am 10.07.1997, weil zu diesem Zeitpunkt sämtliche Voraus-setzungen für die Gewährung von Alg erfüllt waren. Dies beurteilt sich noch nach der Rechtslage auf Grund des bis zum 31.12.1997 geltenden Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Nach § 100 Abs. 1 AFG hatte Anspruch auf Alg, wer Arbeitslos war, der Arbeitsvermittlung zur Ver¬fügung stand, die Anwartschaftszeit erfüllte, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hatte. Dass der Kläger diese Voraussetzungen am 10.07.1997 erfüllte, ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.

Auch damals war nach § 113 AFG die zu Beginn des Jahres, also zu Beginn des Jahres 1997 eingetragene Steuerklasse, hier also die Steuerklasse IV, maßgebend. Ob und inwieweit die zum 01.04.1997 erfolgte Änderung der Steuerklasse (der Kläger von IV nach III, die Ehefrau von IV nach V) zu berücksichtigen war, regelte § 113 Abs. 2 AFG. Danach wurden die neu eingetrage-nen Lohnsteuerklassen im Falle eines Steuerklassenwechsels zwischen Ehegatten von dem Tage an berücksichtigt, an dem die Änderung wirksam wurde. Entsprachen die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen an diesem Tage offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Ar-beitslöhne beider Ehegatten, so waren die diesem Verhältnis entsprechenden Lohnsteuerklassen für die Höhe des Alg maßgebend (§ 113 Abs. 2 Satz 2 AFG). Da der Kläger anders als seine Ehefrau (1.512,- sFr.) zum damaligen Zeitpunkt überhaupt kein Arbeitsentgelt mehr bezog, war diese Steuerklassenänderung offensichtlich unzweckmäßig. Dementsprechend hätte für die Be-messung des Alg die zweckmäßige Lohnsteuerklassenkombination zugrunde gelegt werden müs-sen, hier also für den Kläger die Steuerklasse V, so dass der Kläger Alg nach der ungünstigsten Leistungsgruppe D hätte erhalten müssen. Dies betrifft indessen nicht den hier streitigen Zeit-raum.

Auswirkungen hat diese Beurteilung jedoch für die Frage der Zweckmäßigkeit des zum 01.02.1998 vorgenommenen Lohnsteuerklassenwechsels. Ausgehend von der nach § 113 Abs. 2 Satz 2 AFG zugrunde zu legenden Steuerklassenkombination (V für den Kläger und III für die Ehefrau ab dem 01.04.1997) erweist sich der Steuerklassenwechsel zum 01.02.1998 günstiger, wenn auch nicht am günstigsten.

Da nach § 137 Abs. 4 Satz 2 SGB III ein Ausfall des Arbeitsentgelts, das den Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Entgeltersatzleistung begründet, bei der Beurteilung des Verhältnisses der mo-natlichen Arbeitsentgelte außer Betracht bleibt, ist beim Kläger für den anzustellenden Vergleich der Arbeitsentgelte auf das zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Steuerklassenwechsels der Entgeltersatzleistung (hier Alg) zugrunde liegende Entgelt (monatlich 4.226,- DM) abzustellen (BSG, Urteil vom 21.03.2002, B 7 AL 46/01 R). Dieses ist dann mit dem von der Ehefrau bezo-genen Arbeitslohn zu vergleichen (1.500,- sFr., umgerechnet zum damaligen Umrechnungskurs - auf Bl. 20 der LSG-Akte wird Bezug genommen -: 1,831,87 DM). Damit wäre zwar die Steu-erklassenkombination III für den Kläger und V für seine Ehefrau am zweckmäßigsten gewesen. Gegenüber der bisher zugrunde zu legenden Kombination V für den Kläger und III für die Ehe-frau war jedoch die zum 01.02.1998 neu gewählte Steuerklassenkombination IV/IV jedenfalls günstiger. Dies genügt nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-4300 § 137 Nr. 1), um diesen Steuerklassenwechsel nach § 137 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III zu berücksichtigen. Das Alg für den hier streitigen Zeitraum wurde dem Kläger aber gerade auf Grund dieser Steuerklasse IV, nämlich nach der Leistungsgruppe A, bemessen.

Damit steht fest, dass dem Kläger für die hier streitigen Zeiträume kein höherer Anspruch auf Alg zustand.

Soweit sich aus dem Dargelegten ein höherer Anspruch der Ehefrau des Klägers ergibt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn Gegenstand des Rechtsstreits sind ausschließlich die vom Kläger geltend gemachten (höheren) Leistungsansprüche, nicht solche der Ehefrau.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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