Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 3664/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1303/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin am 22.10.2007 einen Arbeitsunfall (Wegeunfall) erlitten hat.
Die 1965 geborene Klägerin war zur maßgeblichen Zeit bei der Gebäudereinigungsfirma B. KG in S. als Reinigungskraft geringfügig beschäftigt (Montag bis Freitag jeweils von 17 bis 19 Uhr).
Am 22.10.2007 (Montag) begab sich die Klägerin in die Behandlung der F.klinik in F ... Die Klägerin gab nach dem Schreiben der F.klinik - Chirurgie - vom 05.08.2008 an, eine Treppe hinabgestürzt zu sein und Schmerzen in der Lenden- und Brustwirbelsäule sowie im Abdomen zu verspüren. Am 26.10.2007 wurde sie aus der stationären Behandlung der F.klinik entlassen, weil eine ärztliche Behandlung nicht mehr erforderlich sei (Arbeitsfähigkeit ab 29.10.2007).
Am 03.01.2008 wurde die Klägerin in der Klinik für Unfallchirurgie des M. S. ambulant untersucht. Dort gab sie nach dem Untersuchungsbericht vom 04.01.2008 an, am 22.10.2007 morgens zu Hause ca. 4 Stufen auf einer Treppe gestürzt zu sein. Seither klage sie über Lumboischialgie rechtsseitig. Vom 08.01.2008 bis 18.01.2008 befand sich die Klägerin in dieser Klinik in stationärer Behandlung. Diagnostiziert wurden eine Lumboischialgie bei bekanntem Bandscheibenprolaps L 4/5 medial und links medio-lateral und degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule (Klinikbericht vom 18.01.2008). Am 23.01.2008 konsultierte die Klägerin den Orthopäden Dr. R., der auf Veranlassung der Beklagten am 17.04.2008 über ihre Behandlung (einschließlich der Untersuchung am 12.03.2008) berichtete und angab, hinsichtlich eines Unfallereignisses seien zu keiner Zeit weder von der ausgesprochen schlecht deutsch sprechenden Klägerin noch von dolmetschenden Angehörigen Angaben gemacht worden. Auch der Klinikbericht des M. S. vom 18.01.2008 enthalte keinen Hinweis auf einen Unfall. Die gefundenen gesundheitlichen Veränderungen seien sämtlichst degenerativer Art.
Nach dem am 25.02.2008 auf Veranlassung des Ehemannes der Klägerin von der Fachärztin für Unfallchirurgie S. von der F.klinik erstatteten Durchgangsarztbericht stürzte die Klägerin nach Angaben ihres Ehemannes am 22.10.2007 um 15:30 Uhr auf dem Weg zur Arbeit vor dem Haus auf einer Treppe. Die Durchgangsärztin diagnostizierte Prellungen im Bereich der Lenden- und Brustwirbelsäule und eine Nierenkontusion. Die angefertigten Röntgenaufnahmen der Brust- und Lendenwirbelsäule ergaben keine knöchernen Verletzungen. Am 03.04.2008 erstattete die Durchgangsärztin der Beklagten einen Zwischenbericht (letzte Vorstellung am 28.03.2008).
Bereits mit Schreiben vom 29.02.2008 hatte sich der Bevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte gewandt und geltend gemacht, die Klägerin sei am 22.10.2007 auf dem Weg zur Arbeit auf der Treppe gestürzt. Sie habe den Unfall umgehend ihrem Arbeitgeber als Wegeunfall gemeldet. Seit dem Unfall sei sie arbeitsunfähig krank gewesen, was heute immer noch der Fall sei. Die Klägerin legte zwei Lichtbilder vor, die eine zweistufige Treppe und eine Haustüre zeigen und die den Eingang vor ihrem Wohnhaus darstellten. Im Fragebogen zum Unfallhergang vom 01.04.2008 gab die Klägerin an, sie habe auf dem Weg zur Arbeit beim Verlassen ihres Wohnhauses gegen 16.10 Uhr aus nicht feststellbaren Gründen das Gleichgewicht verloren, sei gestürzt und habe sich dabei verletzt (Bandscheibe verletzt, rechtes Bein taub). Am 25.08.2008 ergänzte sie, dass sie an dem besagten Tag die Haustüre zugezogen habe und dabei mit dem Gesicht zur Türe gestanden habe. Wahrscheinlich sei sie auf der oberen Stufe ausgerutscht und zu Fall gekommen. Sie sei rückwärts auf ihr Gesäß/Steiß gefallen und sei für unbestimmte Zeit ohne Bewusstsein gewesen. Sie könne deshalb den Vorgang nicht genau beschreiben. Als sie aus der Ohnmacht erwacht sei, sei sie auf allen Vieren ins Haus gekrochen, um Hilfe zu holen. Zunächst habe sie enorme Schmerzen im Lendenwirbelbereich verspürt; die Schmerzen durch die Prellungen seien dagegen unbedeutend gewesen.
Die in der Neurochirurgischen Klinik des K. S. am 28.02.2008 und 11.03.2008 durchgeführten Untersuchungen der Klägerin ergaben nach dem von der Beklagten eingeholten Bericht dieser Klinik vom 14.04.2008 eine rein degenerative Veränderung der lumbalen Wirbelsäule mit relativer Stenose des Spinalkanales in Höhe L4/5 und begleitendem Bandscheibenvorfall. Die Klägerin habe einen Sturz im Oktober vergangenen Jahres angegeben. Naturgemäß könnten die bei der Klägerin bestehenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit relativer Stenosierung des Spinalkanales nicht die Folge eines Unfalles bzw. eines traumatischen Ereignisses sein. Auslöser der akuten Symptomatik sei wohl der begleitende Bandscheibenvorfall gewesen, der zumindest im zeitlichen Zusammenhang mit dem angegebenen Sturz stehe.
Die Beklagte befragte die Arbeitgeberin der Klägerin, die mit Schreiben vom 30.09.2008 mitteilte, der Ehemann der Klägerin habe seine Ehefrau am 22.10.2007 mit der Begründung krank gemeldet, sie sei im Haus die Treppe heruntergefallen und sei im Krankenhaus stationär aufgenommen worden (dies sei vom Sohn der Klägerin, der kurze Zeit bei ihnen beschäftigt gewesen sei, ebenfalls bestätigt worden). Nach Ende der Lohnfortzahlung habe sich der Ehemann der Klägerin bei ihnen gemeldet und behauptet, es gäbe eine Versicherung, die für die weitere Zahlung zuständig wäre. Er sei darauf hingewiesen worden, dass er sich mit der BG in Verbindung setzen solle. Am 28.03.2008 sei das Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 10.03.2008 eingegangen, wonach es sich bei dem Unfallgeschehen vom 22.10.2007 um einen Wegeunfall gehandelt habe und dieser Unfall der zuständigen BG zu melden sei.
Mit Bescheid vom 21.10.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Es sei nicht nachgewiesen, dass sich der Unfall der Klägerin am 22.10.2007 auf der Außentreppe und auf dem Weg zur Arbeit ereignet habe. Dagegen sprächen die Angaben des Ehemannes der Klägerin gegenüber deren Arbeitgeberin, der als Grund der an diesem Tag erfolgten Krankmeldung der Klägerin angegeben habe, sie sei im Haus die Treppe herunter gefallen. Auch ihr Sohn hätte dies bestätigt. Zudem sei im Bericht des M. S. vom 04.01.2008 über die Untersuchung am 03.01.2008 die Rede davon, dass die Klägerin angegeben habe, am 22.10.2007 morgens zu Hause ca. 4 Stufen auf einer Treppe gestürzt zu sein. Ferner sei sowohl von der erstbehandelnden Ärztin S. von der F.klinik als auch von ihrem behandelnden Arzt Dr. R. (zunächst) keine Unfallmeldung erfolgt bzw. keine Angaben hinsichtlich eines Unfallereignisses gemacht worden.
Dagegen legte die Klägerin am 07.11.2008 Widerspruch ein und machte geltend, der Unfall vom 22.10.2007 sei als Arbeitsunfall anzuerkennen und es seien Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Sie sei auf dem Weg zur Arbeit beim Verlassen der Wohnung zwischen 15.30 Uhr und 16.00 Uhr gestürzt. Sie habe bereits vor 16.00 Uhr das Haus verlassen müssen, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß rechtzeitig ihre Arbeitsstelle in V. erreichen zu können. Nach dem Sturz habe sie per Handy ihren Ehemann angerufen, der sie gegen 16.00 Uhr schwer verletzt in der Wohnung - sie sei nach ihrer Bewusstlosigkeit auf allen Vieren wieder ins Haus gekrochen - vorgefunden und sie dann umgehend in die F.klinik gebracht habe. Die Behauptung ihrer Arbeitgeberin, ihr Ehemann habe angegeben, sie sei im Haus gestürzt, sei ihr ebenso wenig erklärlich wie die Angaben im Bericht des M., wonach sich der Sturz vormittags ereignet habe und es sich um vier Stufen gehandelt habe.
Die Beklagte holte schriftliche Auskünfte des Ehemannes der Klägerin, der AOK N.-F., des M. S., von der Ärztin S. und der Arbeitgeberin der Klägerin ein. Der Ehemann der Klägerin gab an (Schreiben vom 26.01.2009), er habe seine Ehefrau am 22.10.2007 bei der Eingangstür auf dem Boden liegend vorgefunden und habe sie dann gleich ins nächste Krankenhaus gefahren. Frau J. von der AOK N.-F. - KundenCenter F. - teilte am 09.02.2009 telefonisch mit, sie habe in einem persönlichen Gespräch mit der Klägerin deren Angaben zum zum Krankenhausaufenthalt am 22.10.2007 führenden Unfall aufgenommen. Im entsprechenden Unfallfragebogen vom 29.10.2007 hatte die Klägerin angegeben, sie sei die "eigenen Treppen herunter gefallen". Nässe habe nicht bestanden. Das M. S. verwies im Schreiben vom 02.02.2009 auf den Untersuchungsbericht vom 04.01.2008 und teilte mit, die Angaben bei der Untersuchung der Klägerin am 03.01.2008 seien von ihrem Ehemann gemacht worden. Die Durchgangsärztin S. teilte unter dem 04.03.2009 mit, die Klägerin sei am 22.10.2007 von der Sekretärin Frau H. zum Ort des Sturzes und dessen Hergang befragt worden. Als Unfallort habe sie "daheim" angegeben. Ihre Sekretärinnen fragten grundsätzlich, ob die Treppe innerhalb oder außerhalb gelegen sei. Sie selbst habe die Klägerin nicht persönlich zum Unfallgeschehen befragt. Die Klägerin habe nicht angegeben, dass der Unfall auf dem Weg zur Arbeit stattgefunden habe. Erst nachträglich habe der Ehemann der Klägerin am 15.02.2008 angegeben, es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt und seine Ehefrau sei vor dem Haus gestürzt. Aus diesem Grund sei nachträglich ein Durchgangsarztbericht erstellt worden. Das K. S. teilte mit, die Patientenakte enthalte keine genaueren Angaben. Die Klinik verwies auf den Entlassungsbericht vom 14.05.2008, wonach die Klägerin bei der Aufnahme angegeben habe, dass sie vor ca. 6 Monaten zwei Treppenstufen hinunter gestürzt sei. Die Firma B. KG wiederholte in ihrem Schreiben vom 03.03.2009 ihre früheren Angaben, wonach der Ehemann der Klägerin am 23.10.2007 - am 22.10.2007 sei die Klägerin nicht zur Arbeit erschienen - ihrem Mitarbeiter S. telefonisch mitgeteilt habe, dass seine Ehefrau im Krankenhaus liege und zu Hause die Treppe herunter gefallen sei. Zwei oder drei Tage später habe der Sohn der Klägerin diese Angaben gegenüber Frau B. bestätigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Mit dem angegriffenen Bescheid sei zu Recht ein Wegeunfall abgelehnt worden. Die durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass ein Unfall nach Durchschreiten der Außenhaustüre nicht bewiesen sei. Es bestünden erhebliche Bedenken gegen die Annahme eines versicherten Unfalles. Sowohl die Klägerin am Unfalltag gegenüber der F.klinik als auch ihr Ehemann im Telefongespräch mit ihrer Arbeitgeberin am 23.10.2007 sowie zwei oder drei Tage später von ihrem Sohn sei jeweils angegeben worden, dass die Klägerin innerhalb des Hauses auf der Treppe gestürzt sei. Die Angaben der Klägerin bzw. ihres Ehemannes seien widersprüchlich, da er am 07.11.2008 angegeben habe, dass er seine Ehefrau in der Wohnung vorgefunden habe, während er am 09.03.2009 schriftlich mitgeteilt habe, dass er seine Ehefrau bei der Eingangstür auf dem Boden vorgefunden habe.
Am 27.05.2009 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der sie einen Anspruch auf Anerkennung des Geschehens vom 22.10.2007 als Arbeitsunfall geltend machte. Sie brachte vor, dass sie am 22.10.2007 kurz nach 16.00 Uhr ihr Wohnhaus verlassen wollte, um sich auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle zu machen. Beim Versuch, die Haustüre zuzuziehen sei sie wahrscheinlich auf der obersten Stufe ausgerutscht und zu Fall gekommen. Sie sei rückwärts auf ihr Gesäß bzw. den Steiß gefallen und sei für unbestimmte Zeit ohne Bewusstsein gewesen. Sie sei deshalb nicht in der Lage, den Vorgang genauer zu beschreiben. Soweit im Widerspruchsbescheid auf ihre Angaben gegenüber der F.klinik am 22.10.2007 und ihres Ehemannes gegenüber ihrer Arbeitgeberin abgestellt werde, sei mit den Angaben, sie sei "daheim" gestürzt bzw. "zu Hause" eine Treppe hinunter gefallen, auch angesichts ihrer Sprachschwierigkeiten und der Sprachbarrieren ihres Ehemannes nicht gesagt, ob sich der Sturz innerhalb oder außerhalb des Hauses ereignet habe. Ihr Ehemann habe dies aber eindeutig klargestellt. Ihr Ehemann habe sie am Unfalltag vor der Haustüre vorgefunden. Sie sei derart verletzt gewesen, dass es ihr überhaupt nicht möglich gewesen sei, die Haustüre zu öffnen. Sie hätte sich auch nicht in ihre Wohnung schleppen können, zumal sie eine Wohnung im 2. Stock des Gebäudes bewohnten. Hier lägen wohl Missverständnisse aufgrund der Sprachschwierigkeiten vor. Nachdem immer nur von zwei Stufen die Rede gewesen sei, könne sich der Sturz nur vor der Haustüre ereignet haben, da nur dort lediglich zwei Stufen vorhanden seien. Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die angegriffenen Bescheide.
Das SG zog von der AOK N.-F. einen Auszug aus der Leistungskartei bei und hörte im Termin zur Beweisaufnahme am 01.12.2009 unter Hinzuziehung eines Dolmetschers den Ehemann der Klägerin als Zeugen. Er schilderte die örtlichen Gegebenheiten im Eingangsbereich ihres Wohnhauses und seine Beobachtungen am 22.10.2007, als er etwa kurz nach 16.00 Uhr nach Hause gekommen sei. Er habe seine Ehefrau vor der ersten Treppenstufe auf dem Boden liegend vorgefunden. Wegen der weiteren Angaben des Zeugen wird auf die Niederschrift vom 01.12.2009 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 21.01.2010 wies das SG die Klage ab. Es hielt einen Wegeunfall nicht für bewiesen. Die Klägerin habe die damaligen Geschehnisse im Laufe des Verfahrens zunehmend zielorientierter dargestellt. So habe sie ihr früheres anderslautendes Vorbringen dahingehend korrigiert, sie habe sich nach dem Sturz nicht mehr in das Haus bzw. die Wohnung zurückschleppen können. Auch finde sich kein Hinweis mehr für die vorgebrachte Kontaktaufnahme mit ihrem Ehemann mittels Handy. Ferner sei auffällig, dass sich - unabhängig von den unterschiedlichen Angaben zur Zahl der Stufen und dem Zeitpunkt des Geschehens - im Laufe der Zeit eine gewisse Fokussierung der Darstellungen auf potenziell anspruchsbegründende Merkmale erfolgt sei.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 17.02.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.03.2010 Berufung eingelegt, mit der sie an ihrem Ziel festhält. Das SG sei trotz förmlicher Vernehmung ihres Ehemannes als Zeugen zu Unrecht von Beweislosigkeit ausgegangen. Die vom SG vorgenommene Beweiswürdigung sei unrichtig, weil dem einzigen förmlich vernommenen Zeugen kein Glauben geschenkt werde, nur weil der Unfall bei der Erstbehandlung nicht als Arbeitsunfall bezeichnet worden sei und sie als "fast kein deutsch Sprechende" auf die Frage der behandelnden Ärztin angegeben habe, dass der Unfall "zu Hause" passiert sei. Es könne ihr nicht verübelt werden, dass sie sich als juristische Laiin keine Gedanken darüber gemacht habe, ob es einen Unterschied mache, ob sich der Unfall im Haus, am Haus oder vor dem Haus abgespielt hat.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Januar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 22. Oktober 2007 als gesetzlich versicherten Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bringt vor, durch die widersprüchlichen Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes lasse sich der Vollbeweis für einen Sturz der Klägerin vor der Außenhaustür nicht erbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß dem §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch insgesamt zulässige (§ 151 SGG) Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte hat es mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht abgelehnt, den von der Klägerin geltend gemachten Sturz vom 22.10.2007 als Arbeitsunfall festzustellen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall (Wegeunfall).
Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Mit der hier erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage kann die Feststellung des streitigen Unfalls als Arbeitsunfall begehrt werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Es besteht auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall nach § 55 Abs. 1 2. Halbsatz SGG, da gemäß § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - (SGB VII) Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII) haben.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der Versichertentätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Die versicherte Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII beginnt bzw. endet mit dem Durchschreiten der Außenhaustür des von dem Versicherten bewohnten Gebäudes. Die Grenze "Außentür des Gebäudes" - so das BSG ( Rn. 14) in seinem Urteil vom 12.12.2006 ( B 2 U 1/06 R) - trennt klar den öffentlichen Verkehrsraum von dem unversicherten Bereich ab, dem von dem Versicherten bewohnten Haus bzw. dem Haus, in dem seine Wohnung liegt (ständige Rspr, vgl. BSGE 2, 239).
Ein Arbeitsunfall liegt in der Regel dann vor, wenn die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits (-erst-) schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausaliltät) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr, 17; -B 2 U 40/05 R - , UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 26/04 R- , UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).
Ferner ist zu beachten, dass für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen - der haftungsgründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - die Wahrscheinlichkeit genügt, dass aber das Unfallereignis, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden müssen (BSG SozR 35670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Maßstäbe ist das von der Klägerin geltend gemachte Unfallereignis nicht nachgewiesen. Es steht für den Senat nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin am 22.10.2007 auf dem Weg zur Arbeit vor der Außenhaustür gestürzt ist und sich dabei Verletzungen zugezogen hat. Nach der Schilderung des Unfallgeschehens einschließlich der Vorgeschichte im Verwaltungsverfahren und insbesondere ihren Angaben gegenüber ihren behandelnden Ärzten hat der Senat erhebliche Zweifel daran, ob die Klägerin einen Wegeunfall erlitten hat. Auch die Angaben des vom SG als Zeugen vernommenen Ehemann der Klägerin sind nicht geeignet, die für die Feststellung eines Wegeunfalls erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen nachzuweisen.
Gegen einen am 22.10.2007 auf dem Weg zur Arbeit vor der Außenhaustüre ihres Wohnhauses erlittenen Wegeunfall - wie von ihr mit der Klage und der Berufung geltend gemacht - spricht zunächst ihre eigene Darstellung des Vorfalls gegenüber der F.klinik am 22.10.2007, wonach sie "daheim" gestürzt sei und auch nicht angegeben hat, dass der Unfall auf dem Weg zur Arbeit stattgefunden habe. Dies hat die erstbehandelnde Ärztin S. von der F.klinik am 04.03.2009 gegenüber der Beklagten unter Hinweis auf die von der Klägerin gegenüber der Sekretärin H. zum Ort des Sturzes und dessen Hergang gemachten Angaben schriftlich mitgeteilt. Die mit der Aufgabe der Unfallaufnahme (zur Abklärung des Kostenträgers) betrauten Sekretärinnen fragen danach regelmäßig an, ob der Sturz auf einer vor oder innerhalb des Hauses gelegenen Treppe erfolgt ist, weil die gebotene diesbezügliche rechtliche Differenzierung in der Klinik offensichtlich bekannt ist. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass das Aufnahmegespräch mit der Klägerin wie geschildert abgelaufen ist, zumal die Klägerin in der Berufungsbegründung nicht bestritten hat, dass sie seinerzeit angegeben hat, dass der Unfall "zu Hause" passiert sei. Soweit sie hierzu vorbringt, es könne ihr nicht verübelt werden, dass sie sich als juristische Laiin keine Gedanken darüber gemacht habe, ob es einen Unterschied mache, ob sich der Unfall im Haus, am Haus oder vor dem Haus abgespielt hat, vermag dies nichts daran zu ändern, dass diese erste Angabe der Klägerin zum Unfallort eindeutig gegen einen Wegeunfall spricht. Auch wenn die Klägerin - wie sie mit der Berufung geltend macht - "fast kein deutsch spricht" , geht der Senat davon aus, dass die Verwendung des Begriffes "daheim" das zum Ausdruck bringen sollte, was jeder Gesprächspartner damit verbindet, nämlich innerhalb der eigenen Wohnung. Wäre sie bei dem in Rede stehenden Sturz schon vor der Haustüre gewesen, hätte sie das sicherlich auch angegeben und nicht von "daheim" bzw. "zu Hause" gesprochen. Sie hätte mit Sicherheit auch angegeben, dass sich der Unfall beim Verlassen des Hauses ereignet habe. Da sie dies nicht erwähnt, sondern angegeben hat, der Unfall sei "daheim" passiert, spricht in hohem Maße dafür, dass sich die Geschehnisse auch so zugetragen haben. Diese zeitnahe und von dem Bestreben, eine Entschädigung wegen des Unfalls zu erhalten, unbeeinflusste Angabe zum Ort des Unfalls hält der Senat deshalb für sehr wahrscheinlich zutreffend.
Weitere wesentliche Gesichtspunkte lassen ebenfalls auf die Richtigkeit der Erstangabe der Klägerin schließen. Obwohl die Klägerin an dem besagten Tag nicht zur Arbeit (Arbeitszeit von 17 bis 19 Uhr) erschienen ist, hat sie den angeblichen Arbeitsunfall ihrer Arbeitgeberin nicht gemeldet. Dass sie einen Arbeitsunfall erlitten habe, hat ihr Ehemann erst sehr viel später - nämlich am 15.02.2008 - gegenüber der Durchgangsärztin S. angegeben. Die Krankmeldung ist auch nicht auf ihre Initiative oder die ihres Ehemannes hin erfolgt, sondern erst aufgrund einer telefonischen Anfrage ihrer Arbeitgeberin am nächsten Tag (23.10.2007). Im Rahmen dieses Telefongesprächs hat der Ehemann der Klägerin einen Wegeunfall auch (noch) nicht erwähnt, was aber nahegelegen hätte, wenn sich ein solcher tatsächlich ein Tag zuvor ereignet gehabt hätte. Etwas anderes behauptet auch die Klägerin nicht. Sie bestreitet lediglich, dass ihr Ehemann gesagt hat, sie sei zu Hause die Treppe heruntergefallen. Hinzu kommt, dass die Klägerin im auf Veranlassung der AOK N.-F. beantworteten Unfallfragebogen vom 29.10.2007 angegeben hat, sie sei die "eigenen Treppen heruntergefallen". Diese Schilderung des Unfallgeschehens, die 3 Tage nach ihrer am 26.10.2007 erfolgten Entlassung aus der stationären Behandlung im Rahmen eines persönlichen Kontakts mit einer Mitarbeiterin der Krankenkasse erfolgt ist und deshalb ebenfalls auch als noch sehr zeitnah anzusehen ist, stimmt mit ihren Angaben bei ihrer stationären Aufnahme am 22.10.2007 im Wesentlichen überein, was zusätzlich für die Richtigkeit dieser Darstellung spricht. Auch im Klinikbericht des M. S. vom 18.01.2008 und im Bericht ihres behandelnden Orthopäden Dr. R. vom 17.04.2008 über die Behandlung der Klägerin ab 28.01.2008 finden sich keine Hinweise auf einen (Arbeits-)Unfall. Die entsprechenden Behandlungen wurden wegen einer Lumboischialgie und degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen durchgeführt.
Für die Richtigkeit der Erstangabe der Klägerin zum Unfallort und gegen ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und im gerichtlichen Verfahren, wonach sie auf dem Weg zur Arbeit beim Verlassen der Wohnung gestürzt sei, sprechen auch die Umstände und der Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung des Unfalls als Wegeunfall. Dies geschah erst als die Klägerin, deren Lohn zunächst 6 Wochen fortgezahlt wurde, erfahren hatte, dass sie als geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Krankengeld hat. Der Senat hält es für durchaus möglich, dass die nachträgliche Geltendmachung des Unfalls als Arbeitsunfall (nur) dem Zweck diente, dann eben entsprechende Leistungen aus der Unfallversicherung zu erhalten. Ein anderer Grund für die ca. 4 Monate nach dem Unfall geänderten Angaben zum Unfallort und auch zum Unfallzeitpunkt ist nicht ersichtlich.
Hinzu kommt, dass das spätere Vorbringen der Klägerin, mit dem sie einen Wegeunfall behauptet, auch sehr widersprüchlich ist. Abgesehen von nicht übereinstimmenden Angaben zum Unfallzeitpunkt (Verwaltungsverfahren: 16:10 Uhr; - gegenüber in Arztbriefen dokumentierten Angaben: "morgens", "15:30 Uhr" -; Widerspruchsverfahren: vor 16 Uhr; Klageverfahren: kurz nach 16 Uhr) und sonstigen Sturzfolgen (auf Frage der Durchgangsärztin S. wird Bewusstlosigkeit verneint, weshalb keine weitere Untersuchung erfolgte; demgegenüber wird später eine solche behauptet), fällt insbesondere auf, dass sie im Widerspruchsverfahren noch angegeben hat, sie habe nach dem Sturz per Handy ihren Ehemann angerufen, der sie gegen 16 Uhr schwer verletzt in der Wohnung vorgefunden habe, während sie gegenüber dem SG angegeben hat, dass ihr Ehemann sie vor der Haustüre liegend vorgefunden habe und sie derart verletzt gewesen sei, dass es ihr überhaupt nicht möglich gewesen sei, die Haustüre zu öffnen. Diese sich gegenseitig ausschließenden Schilderungen des Geschehensablaufs nach dem Sturz können nicht mit Sprachschwierigkeiten der Klägerin erklärt werden, zumal diese Angaben von ihrem Ehemann - mit der Widerspruchsbegründung vom 07.11.2008 und bei seiner Anhörung als Zeuge durch das SG am 01.12.2009 - gemacht worden sind. Hätte sich der Sturz tatsächlich vor der Außentür ereignet, wären solche diametral einander widersprechende Angaben nicht denkbar, so dass der Senat nicht annimmt, dass sich die Geschehnisse in der einen oder anderen von der Klägerin jetzt geschilderten Weise zugetragen haben.
Der Senat kommt in Würdigung des festgestellten Sachverhalts und der Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Klägerin höchstwahrscheinlich am besagten Tag in der eigenen Wohnung oder im Treppenhaus gestürzt und ein Sturz auf der Außentreppe eher unwahrscheinlich ist. Ein Wegeunfall ist damit nicht bewiesen.
Die Berufung ist folglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin am 22.10.2007 einen Arbeitsunfall (Wegeunfall) erlitten hat.
Die 1965 geborene Klägerin war zur maßgeblichen Zeit bei der Gebäudereinigungsfirma B. KG in S. als Reinigungskraft geringfügig beschäftigt (Montag bis Freitag jeweils von 17 bis 19 Uhr).
Am 22.10.2007 (Montag) begab sich die Klägerin in die Behandlung der F.klinik in F ... Die Klägerin gab nach dem Schreiben der F.klinik - Chirurgie - vom 05.08.2008 an, eine Treppe hinabgestürzt zu sein und Schmerzen in der Lenden- und Brustwirbelsäule sowie im Abdomen zu verspüren. Am 26.10.2007 wurde sie aus der stationären Behandlung der F.klinik entlassen, weil eine ärztliche Behandlung nicht mehr erforderlich sei (Arbeitsfähigkeit ab 29.10.2007).
Am 03.01.2008 wurde die Klägerin in der Klinik für Unfallchirurgie des M. S. ambulant untersucht. Dort gab sie nach dem Untersuchungsbericht vom 04.01.2008 an, am 22.10.2007 morgens zu Hause ca. 4 Stufen auf einer Treppe gestürzt zu sein. Seither klage sie über Lumboischialgie rechtsseitig. Vom 08.01.2008 bis 18.01.2008 befand sich die Klägerin in dieser Klinik in stationärer Behandlung. Diagnostiziert wurden eine Lumboischialgie bei bekanntem Bandscheibenprolaps L 4/5 medial und links medio-lateral und degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule (Klinikbericht vom 18.01.2008). Am 23.01.2008 konsultierte die Klägerin den Orthopäden Dr. R., der auf Veranlassung der Beklagten am 17.04.2008 über ihre Behandlung (einschließlich der Untersuchung am 12.03.2008) berichtete und angab, hinsichtlich eines Unfallereignisses seien zu keiner Zeit weder von der ausgesprochen schlecht deutsch sprechenden Klägerin noch von dolmetschenden Angehörigen Angaben gemacht worden. Auch der Klinikbericht des M. S. vom 18.01.2008 enthalte keinen Hinweis auf einen Unfall. Die gefundenen gesundheitlichen Veränderungen seien sämtlichst degenerativer Art.
Nach dem am 25.02.2008 auf Veranlassung des Ehemannes der Klägerin von der Fachärztin für Unfallchirurgie S. von der F.klinik erstatteten Durchgangsarztbericht stürzte die Klägerin nach Angaben ihres Ehemannes am 22.10.2007 um 15:30 Uhr auf dem Weg zur Arbeit vor dem Haus auf einer Treppe. Die Durchgangsärztin diagnostizierte Prellungen im Bereich der Lenden- und Brustwirbelsäule und eine Nierenkontusion. Die angefertigten Röntgenaufnahmen der Brust- und Lendenwirbelsäule ergaben keine knöchernen Verletzungen. Am 03.04.2008 erstattete die Durchgangsärztin der Beklagten einen Zwischenbericht (letzte Vorstellung am 28.03.2008).
Bereits mit Schreiben vom 29.02.2008 hatte sich der Bevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte gewandt und geltend gemacht, die Klägerin sei am 22.10.2007 auf dem Weg zur Arbeit auf der Treppe gestürzt. Sie habe den Unfall umgehend ihrem Arbeitgeber als Wegeunfall gemeldet. Seit dem Unfall sei sie arbeitsunfähig krank gewesen, was heute immer noch der Fall sei. Die Klägerin legte zwei Lichtbilder vor, die eine zweistufige Treppe und eine Haustüre zeigen und die den Eingang vor ihrem Wohnhaus darstellten. Im Fragebogen zum Unfallhergang vom 01.04.2008 gab die Klägerin an, sie habe auf dem Weg zur Arbeit beim Verlassen ihres Wohnhauses gegen 16.10 Uhr aus nicht feststellbaren Gründen das Gleichgewicht verloren, sei gestürzt und habe sich dabei verletzt (Bandscheibe verletzt, rechtes Bein taub). Am 25.08.2008 ergänzte sie, dass sie an dem besagten Tag die Haustüre zugezogen habe und dabei mit dem Gesicht zur Türe gestanden habe. Wahrscheinlich sei sie auf der oberen Stufe ausgerutscht und zu Fall gekommen. Sie sei rückwärts auf ihr Gesäß/Steiß gefallen und sei für unbestimmte Zeit ohne Bewusstsein gewesen. Sie könne deshalb den Vorgang nicht genau beschreiben. Als sie aus der Ohnmacht erwacht sei, sei sie auf allen Vieren ins Haus gekrochen, um Hilfe zu holen. Zunächst habe sie enorme Schmerzen im Lendenwirbelbereich verspürt; die Schmerzen durch die Prellungen seien dagegen unbedeutend gewesen.
Die in der Neurochirurgischen Klinik des K. S. am 28.02.2008 und 11.03.2008 durchgeführten Untersuchungen der Klägerin ergaben nach dem von der Beklagten eingeholten Bericht dieser Klinik vom 14.04.2008 eine rein degenerative Veränderung der lumbalen Wirbelsäule mit relativer Stenose des Spinalkanales in Höhe L4/5 und begleitendem Bandscheibenvorfall. Die Klägerin habe einen Sturz im Oktober vergangenen Jahres angegeben. Naturgemäß könnten die bei der Klägerin bestehenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit relativer Stenosierung des Spinalkanales nicht die Folge eines Unfalles bzw. eines traumatischen Ereignisses sein. Auslöser der akuten Symptomatik sei wohl der begleitende Bandscheibenvorfall gewesen, der zumindest im zeitlichen Zusammenhang mit dem angegebenen Sturz stehe.
Die Beklagte befragte die Arbeitgeberin der Klägerin, die mit Schreiben vom 30.09.2008 mitteilte, der Ehemann der Klägerin habe seine Ehefrau am 22.10.2007 mit der Begründung krank gemeldet, sie sei im Haus die Treppe heruntergefallen und sei im Krankenhaus stationär aufgenommen worden (dies sei vom Sohn der Klägerin, der kurze Zeit bei ihnen beschäftigt gewesen sei, ebenfalls bestätigt worden). Nach Ende der Lohnfortzahlung habe sich der Ehemann der Klägerin bei ihnen gemeldet und behauptet, es gäbe eine Versicherung, die für die weitere Zahlung zuständig wäre. Er sei darauf hingewiesen worden, dass er sich mit der BG in Verbindung setzen solle. Am 28.03.2008 sei das Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 10.03.2008 eingegangen, wonach es sich bei dem Unfallgeschehen vom 22.10.2007 um einen Wegeunfall gehandelt habe und dieser Unfall der zuständigen BG zu melden sei.
Mit Bescheid vom 21.10.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Es sei nicht nachgewiesen, dass sich der Unfall der Klägerin am 22.10.2007 auf der Außentreppe und auf dem Weg zur Arbeit ereignet habe. Dagegen sprächen die Angaben des Ehemannes der Klägerin gegenüber deren Arbeitgeberin, der als Grund der an diesem Tag erfolgten Krankmeldung der Klägerin angegeben habe, sie sei im Haus die Treppe herunter gefallen. Auch ihr Sohn hätte dies bestätigt. Zudem sei im Bericht des M. S. vom 04.01.2008 über die Untersuchung am 03.01.2008 die Rede davon, dass die Klägerin angegeben habe, am 22.10.2007 morgens zu Hause ca. 4 Stufen auf einer Treppe gestürzt zu sein. Ferner sei sowohl von der erstbehandelnden Ärztin S. von der F.klinik als auch von ihrem behandelnden Arzt Dr. R. (zunächst) keine Unfallmeldung erfolgt bzw. keine Angaben hinsichtlich eines Unfallereignisses gemacht worden.
Dagegen legte die Klägerin am 07.11.2008 Widerspruch ein und machte geltend, der Unfall vom 22.10.2007 sei als Arbeitsunfall anzuerkennen und es seien Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Sie sei auf dem Weg zur Arbeit beim Verlassen der Wohnung zwischen 15.30 Uhr und 16.00 Uhr gestürzt. Sie habe bereits vor 16.00 Uhr das Haus verlassen müssen, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß rechtzeitig ihre Arbeitsstelle in V. erreichen zu können. Nach dem Sturz habe sie per Handy ihren Ehemann angerufen, der sie gegen 16.00 Uhr schwer verletzt in der Wohnung - sie sei nach ihrer Bewusstlosigkeit auf allen Vieren wieder ins Haus gekrochen - vorgefunden und sie dann umgehend in die F.klinik gebracht habe. Die Behauptung ihrer Arbeitgeberin, ihr Ehemann habe angegeben, sie sei im Haus gestürzt, sei ihr ebenso wenig erklärlich wie die Angaben im Bericht des M., wonach sich der Sturz vormittags ereignet habe und es sich um vier Stufen gehandelt habe.
Die Beklagte holte schriftliche Auskünfte des Ehemannes der Klägerin, der AOK N.-F., des M. S., von der Ärztin S. und der Arbeitgeberin der Klägerin ein. Der Ehemann der Klägerin gab an (Schreiben vom 26.01.2009), er habe seine Ehefrau am 22.10.2007 bei der Eingangstür auf dem Boden liegend vorgefunden und habe sie dann gleich ins nächste Krankenhaus gefahren. Frau J. von der AOK N.-F. - KundenCenter F. - teilte am 09.02.2009 telefonisch mit, sie habe in einem persönlichen Gespräch mit der Klägerin deren Angaben zum zum Krankenhausaufenthalt am 22.10.2007 führenden Unfall aufgenommen. Im entsprechenden Unfallfragebogen vom 29.10.2007 hatte die Klägerin angegeben, sie sei die "eigenen Treppen herunter gefallen". Nässe habe nicht bestanden. Das M. S. verwies im Schreiben vom 02.02.2009 auf den Untersuchungsbericht vom 04.01.2008 und teilte mit, die Angaben bei der Untersuchung der Klägerin am 03.01.2008 seien von ihrem Ehemann gemacht worden. Die Durchgangsärztin S. teilte unter dem 04.03.2009 mit, die Klägerin sei am 22.10.2007 von der Sekretärin Frau H. zum Ort des Sturzes und dessen Hergang befragt worden. Als Unfallort habe sie "daheim" angegeben. Ihre Sekretärinnen fragten grundsätzlich, ob die Treppe innerhalb oder außerhalb gelegen sei. Sie selbst habe die Klägerin nicht persönlich zum Unfallgeschehen befragt. Die Klägerin habe nicht angegeben, dass der Unfall auf dem Weg zur Arbeit stattgefunden habe. Erst nachträglich habe der Ehemann der Klägerin am 15.02.2008 angegeben, es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt und seine Ehefrau sei vor dem Haus gestürzt. Aus diesem Grund sei nachträglich ein Durchgangsarztbericht erstellt worden. Das K. S. teilte mit, die Patientenakte enthalte keine genaueren Angaben. Die Klinik verwies auf den Entlassungsbericht vom 14.05.2008, wonach die Klägerin bei der Aufnahme angegeben habe, dass sie vor ca. 6 Monaten zwei Treppenstufen hinunter gestürzt sei. Die Firma B. KG wiederholte in ihrem Schreiben vom 03.03.2009 ihre früheren Angaben, wonach der Ehemann der Klägerin am 23.10.2007 - am 22.10.2007 sei die Klägerin nicht zur Arbeit erschienen - ihrem Mitarbeiter S. telefonisch mitgeteilt habe, dass seine Ehefrau im Krankenhaus liege und zu Hause die Treppe herunter gefallen sei. Zwei oder drei Tage später habe der Sohn der Klägerin diese Angaben gegenüber Frau B. bestätigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Mit dem angegriffenen Bescheid sei zu Recht ein Wegeunfall abgelehnt worden. Die durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass ein Unfall nach Durchschreiten der Außenhaustüre nicht bewiesen sei. Es bestünden erhebliche Bedenken gegen die Annahme eines versicherten Unfalles. Sowohl die Klägerin am Unfalltag gegenüber der F.klinik als auch ihr Ehemann im Telefongespräch mit ihrer Arbeitgeberin am 23.10.2007 sowie zwei oder drei Tage später von ihrem Sohn sei jeweils angegeben worden, dass die Klägerin innerhalb des Hauses auf der Treppe gestürzt sei. Die Angaben der Klägerin bzw. ihres Ehemannes seien widersprüchlich, da er am 07.11.2008 angegeben habe, dass er seine Ehefrau in der Wohnung vorgefunden habe, während er am 09.03.2009 schriftlich mitgeteilt habe, dass er seine Ehefrau bei der Eingangstür auf dem Boden vorgefunden habe.
Am 27.05.2009 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der sie einen Anspruch auf Anerkennung des Geschehens vom 22.10.2007 als Arbeitsunfall geltend machte. Sie brachte vor, dass sie am 22.10.2007 kurz nach 16.00 Uhr ihr Wohnhaus verlassen wollte, um sich auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle zu machen. Beim Versuch, die Haustüre zuzuziehen sei sie wahrscheinlich auf der obersten Stufe ausgerutscht und zu Fall gekommen. Sie sei rückwärts auf ihr Gesäß bzw. den Steiß gefallen und sei für unbestimmte Zeit ohne Bewusstsein gewesen. Sie sei deshalb nicht in der Lage, den Vorgang genauer zu beschreiben. Soweit im Widerspruchsbescheid auf ihre Angaben gegenüber der F.klinik am 22.10.2007 und ihres Ehemannes gegenüber ihrer Arbeitgeberin abgestellt werde, sei mit den Angaben, sie sei "daheim" gestürzt bzw. "zu Hause" eine Treppe hinunter gefallen, auch angesichts ihrer Sprachschwierigkeiten und der Sprachbarrieren ihres Ehemannes nicht gesagt, ob sich der Sturz innerhalb oder außerhalb des Hauses ereignet habe. Ihr Ehemann habe dies aber eindeutig klargestellt. Ihr Ehemann habe sie am Unfalltag vor der Haustüre vorgefunden. Sie sei derart verletzt gewesen, dass es ihr überhaupt nicht möglich gewesen sei, die Haustüre zu öffnen. Sie hätte sich auch nicht in ihre Wohnung schleppen können, zumal sie eine Wohnung im 2. Stock des Gebäudes bewohnten. Hier lägen wohl Missverständnisse aufgrund der Sprachschwierigkeiten vor. Nachdem immer nur von zwei Stufen die Rede gewesen sei, könne sich der Sturz nur vor der Haustüre ereignet haben, da nur dort lediglich zwei Stufen vorhanden seien. Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die angegriffenen Bescheide.
Das SG zog von der AOK N.-F. einen Auszug aus der Leistungskartei bei und hörte im Termin zur Beweisaufnahme am 01.12.2009 unter Hinzuziehung eines Dolmetschers den Ehemann der Klägerin als Zeugen. Er schilderte die örtlichen Gegebenheiten im Eingangsbereich ihres Wohnhauses und seine Beobachtungen am 22.10.2007, als er etwa kurz nach 16.00 Uhr nach Hause gekommen sei. Er habe seine Ehefrau vor der ersten Treppenstufe auf dem Boden liegend vorgefunden. Wegen der weiteren Angaben des Zeugen wird auf die Niederschrift vom 01.12.2009 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 21.01.2010 wies das SG die Klage ab. Es hielt einen Wegeunfall nicht für bewiesen. Die Klägerin habe die damaligen Geschehnisse im Laufe des Verfahrens zunehmend zielorientierter dargestellt. So habe sie ihr früheres anderslautendes Vorbringen dahingehend korrigiert, sie habe sich nach dem Sturz nicht mehr in das Haus bzw. die Wohnung zurückschleppen können. Auch finde sich kein Hinweis mehr für die vorgebrachte Kontaktaufnahme mit ihrem Ehemann mittels Handy. Ferner sei auffällig, dass sich - unabhängig von den unterschiedlichen Angaben zur Zahl der Stufen und dem Zeitpunkt des Geschehens - im Laufe der Zeit eine gewisse Fokussierung der Darstellungen auf potenziell anspruchsbegründende Merkmale erfolgt sei.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 17.02.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.03.2010 Berufung eingelegt, mit der sie an ihrem Ziel festhält. Das SG sei trotz förmlicher Vernehmung ihres Ehemannes als Zeugen zu Unrecht von Beweislosigkeit ausgegangen. Die vom SG vorgenommene Beweiswürdigung sei unrichtig, weil dem einzigen förmlich vernommenen Zeugen kein Glauben geschenkt werde, nur weil der Unfall bei der Erstbehandlung nicht als Arbeitsunfall bezeichnet worden sei und sie als "fast kein deutsch Sprechende" auf die Frage der behandelnden Ärztin angegeben habe, dass der Unfall "zu Hause" passiert sei. Es könne ihr nicht verübelt werden, dass sie sich als juristische Laiin keine Gedanken darüber gemacht habe, ob es einen Unterschied mache, ob sich der Unfall im Haus, am Haus oder vor dem Haus abgespielt hat.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Januar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 22. Oktober 2007 als gesetzlich versicherten Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bringt vor, durch die widersprüchlichen Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes lasse sich der Vollbeweis für einen Sturz der Klägerin vor der Außenhaustür nicht erbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß dem §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch insgesamt zulässige (§ 151 SGG) Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte hat es mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht abgelehnt, den von der Klägerin geltend gemachten Sturz vom 22.10.2007 als Arbeitsunfall festzustellen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall (Wegeunfall).
Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Mit der hier erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage kann die Feststellung des streitigen Unfalls als Arbeitsunfall begehrt werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Es besteht auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall nach § 55 Abs. 1 2. Halbsatz SGG, da gemäß § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - (SGB VII) Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII) haben.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der Versichertentätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Die versicherte Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII beginnt bzw. endet mit dem Durchschreiten der Außenhaustür des von dem Versicherten bewohnten Gebäudes. Die Grenze "Außentür des Gebäudes" - so das BSG ( Rn. 14) in seinem Urteil vom 12.12.2006 ( B 2 U 1/06 R) - trennt klar den öffentlichen Verkehrsraum von dem unversicherten Bereich ab, dem von dem Versicherten bewohnten Haus bzw. dem Haus, in dem seine Wohnung liegt (ständige Rspr, vgl. BSGE 2, 239).
Ein Arbeitsunfall liegt in der Regel dann vor, wenn die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits (-erst-) schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausaliltät) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr, 17; -B 2 U 40/05 R - , UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 26/04 R- , UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).
Ferner ist zu beachten, dass für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen - der haftungsgründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - die Wahrscheinlichkeit genügt, dass aber das Unfallereignis, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden müssen (BSG SozR 35670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Maßstäbe ist das von der Klägerin geltend gemachte Unfallereignis nicht nachgewiesen. Es steht für den Senat nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin am 22.10.2007 auf dem Weg zur Arbeit vor der Außenhaustür gestürzt ist und sich dabei Verletzungen zugezogen hat. Nach der Schilderung des Unfallgeschehens einschließlich der Vorgeschichte im Verwaltungsverfahren und insbesondere ihren Angaben gegenüber ihren behandelnden Ärzten hat der Senat erhebliche Zweifel daran, ob die Klägerin einen Wegeunfall erlitten hat. Auch die Angaben des vom SG als Zeugen vernommenen Ehemann der Klägerin sind nicht geeignet, die für die Feststellung eines Wegeunfalls erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen nachzuweisen.
Gegen einen am 22.10.2007 auf dem Weg zur Arbeit vor der Außenhaustüre ihres Wohnhauses erlittenen Wegeunfall - wie von ihr mit der Klage und der Berufung geltend gemacht - spricht zunächst ihre eigene Darstellung des Vorfalls gegenüber der F.klinik am 22.10.2007, wonach sie "daheim" gestürzt sei und auch nicht angegeben hat, dass der Unfall auf dem Weg zur Arbeit stattgefunden habe. Dies hat die erstbehandelnde Ärztin S. von der F.klinik am 04.03.2009 gegenüber der Beklagten unter Hinweis auf die von der Klägerin gegenüber der Sekretärin H. zum Ort des Sturzes und dessen Hergang gemachten Angaben schriftlich mitgeteilt. Die mit der Aufgabe der Unfallaufnahme (zur Abklärung des Kostenträgers) betrauten Sekretärinnen fragen danach regelmäßig an, ob der Sturz auf einer vor oder innerhalb des Hauses gelegenen Treppe erfolgt ist, weil die gebotene diesbezügliche rechtliche Differenzierung in der Klinik offensichtlich bekannt ist. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass das Aufnahmegespräch mit der Klägerin wie geschildert abgelaufen ist, zumal die Klägerin in der Berufungsbegründung nicht bestritten hat, dass sie seinerzeit angegeben hat, dass der Unfall "zu Hause" passiert sei. Soweit sie hierzu vorbringt, es könne ihr nicht verübelt werden, dass sie sich als juristische Laiin keine Gedanken darüber gemacht habe, ob es einen Unterschied mache, ob sich der Unfall im Haus, am Haus oder vor dem Haus abgespielt hat, vermag dies nichts daran zu ändern, dass diese erste Angabe der Klägerin zum Unfallort eindeutig gegen einen Wegeunfall spricht. Auch wenn die Klägerin - wie sie mit der Berufung geltend macht - "fast kein deutsch spricht" , geht der Senat davon aus, dass die Verwendung des Begriffes "daheim" das zum Ausdruck bringen sollte, was jeder Gesprächspartner damit verbindet, nämlich innerhalb der eigenen Wohnung. Wäre sie bei dem in Rede stehenden Sturz schon vor der Haustüre gewesen, hätte sie das sicherlich auch angegeben und nicht von "daheim" bzw. "zu Hause" gesprochen. Sie hätte mit Sicherheit auch angegeben, dass sich der Unfall beim Verlassen des Hauses ereignet habe. Da sie dies nicht erwähnt, sondern angegeben hat, der Unfall sei "daheim" passiert, spricht in hohem Maße dafür, dass sich die Geschehnisse auch so zugetragen haben. Diese zeitnahe und von dem Bestreben, eine Entschädigung wegen des Unfalls zu erhalten, unbeeinflusste Angabe zum Ort des Unfalls hält der Senat deshalb für sehr wahrscheinlich zutreffend.
Weitere wesentliche Gesichtspunkte lassen ebenfalls auf die Richtigkeit der Erstangabe der Klägerin schließen. Obwohl die Klägerin an dem besagten Tag nicht zur Arbeit (Arbeitszeit von 17 bis 19 Uhr) erschienen ist, hat sie den angeblichen Arbeitsunfall ihrer Arbeitgeberin nicht gemeldet. Dass sie einen Arbeitsunfall erlitten habe, hat ihr Ehemann erst sehr viel später - nämlich am 15.02.2008 - gegenüber der Durchgangsärztin S. angegeben. Die Krankmeldung ist auch nicht auf ihre Initiative oder die ihres Ehemannes hin erfolgt, sondern erst aufgrund einer telefonischen Anfrage ihrer Arbeitgeberin am nächsten Tag (23.10.2007). Im Rahmen dieses Telefongesprächs hat der Ehemann der Klägerin einen Wegeunfall auch (noch) nicht erwähnt, was aber nahegelegen hätte, wenn sich ein solcher tatsächlich ein Tag zuvor ereignet gehabt hätte. Etwas anderes behauptet auch die Klägerin nicht. Sie bestreitet lediglich, dass ihr Ehemann gesagt hat, sie sei zu Hause die Treppe heruntergefallen. Hinzu kommt, dass die Klägerin im auf Veranlassung der AOK N.-F. beantworteten Unfallfragebogen vom 29.10.2007 angegeben hat, sie sei die "eigenen Treppen heruntergefallen". Diese Schilderung des Unfallgeschehens, die 3 Tage nach ihrer am 26.10.2007 erfolgten Entlassung aus der stationären Behandlung im Rahmen eines persönlichen Kontakts mit einer Mitarbeiterin der Krankenkasse erfolgt ist und deshalb ebenfalls auch als noch sehr zeitnah anzusehen ist, stimmt mit ihren Angaben bei ihrer stationären Aufnahme am 22.10.2007 im Wesentlichen überein, was zusätzlich für die Richtigkeit dieser Darstellung spricht. Auch im Klinikbericht des M. S. vom 18.01.2008 und im Bericht ihres behandelnden Orthopäden Dr. R. vom 17.04.2008 über die Behandlung der Klägerin ab 28.01.2008 finden sich keine Hinweise auf einen (Arbeits-)Unfall. Die entsprechenden Behandlungen wurden wegen einer Lumboischialgie und degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen durchgeführt.
Für die Richtigkeit der Erstangabe der Klägerin zum Unfallort und gegen ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und im gerichtlichen Verfahren, wonach sie auf dem Weg zur Arbeit beim Verlassen der Wohnung gestürzt sei, sprechen auch die Umstände und der Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung des Unfalls als Wegeunfall. Dies geschah erst als die Klägerin, deren Lohn zunächst 6 Wochen fortgezahlt wurde, erfahren hatte, dass sie als geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Krankengeld hat. Der Senat hält es für durchaus möglich, dass die nachträgliche Geltendmachung des Unfalls als Arbeitsunfall (nur) dem Zweck diente, dann eben entsprechende Leistungen aus der Unfallversicherung zu erhalten. Ein anderer Grund für die ca. 4 Monate nach dem Unfall geänderten Angaben zum Unfallort und auch zum Unfallzeitpunkt ist nicht ersichtlich.
Hinzu kommt, dass das spätere Vorbringen der Klägerin, mit dem sie einen Wegeunfall behauptet, auch sehr widersprüchlich ist. Abgesehen von nicht übereinstimmenden Angaben zum Unfallzeitpunkt (Verwaltungsverfahren: 16:10 Uhr; - gegenüber in Arztbriefen dokumentierten Angaben: "morgens", "15:30 Uhr" -; Widerspruchsverfahren: vor 16 Uhr; Klageverfahren: kurz nach 16 Uhr) und sonstigen Sturzfolgen (auf Frage der Durchgangsärztin S. wird Bewusstlosigkeit verneint, weshalb keine weitere Untersuchung erfolgte; demgegenüber wird später eine solche behauptet), fällt insbesondere auf, dass sie im Widerspruchsverfahren noch angegeben hat, sie habe nach dem Sturz per Handy ihren Ehemann angerufen, der sie gegen 16 Uhr schwer verletzt in der Wohnung vorgefunden habe, während sie gegenüber dem SG angegeben hat, dass ihr Ehemann sie vor der Haustüre liegend vorgefunden habe und sie derart verletzt gewesen sei, dass es ihr überhaupt nicht möglich gewesen sei, die Haustüre zu öffnen. Diese sich gegenseitig ausschließenden Schilderungen des Geschehensablaufs nach dem Sturz können nicht mit Sprachschwierigkeiten der Klägerin erklärt werden, zumal diese Angaben von ihrem Ehemann - mit der Widerspruchsbegründung vom 07.11.2008 und bei seiner Anhörung als Zeuge durch das SG am 01.12.2009 - gemacht worden sind. Hätte sich der Sturz tatsächlich vor der Außentür ereignet, wären solche diametral einander widersprechende Angaben nicht denkbar, so dass der Senat nicht annimmt, dass sich die Geschehnisse in der einen oder anderen von der Klägerin jetzt geschilderten Weise zugetragen haben.
Der Senat kommt in Würdigung des festgestellten Sachverhalts und der Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Klägerin höchstwahrscheinlich am besagten Tag in der eigenen Wohnung oder im Treppenhaus gestürzt und ein Sturz auf der Außentreppe eher unwahrscheinlich ist. Ein Wegeunfall ist damit nicht bewiesen.
Die Berufung ist folglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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