L 7 SO 2497/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 1079/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2497/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Vermögensschutz nach § 90 Abs. 3 SGB XII bei Partnern einer gemischten Bedarfsgemeinschaft hinsichtlich der Verwertung einer nicht selbst bewohnten Immobilie
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. April 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 12. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009.

Die am 1943 in der Türkei geborene Klägerin erhält seit dem 1. August 2008 eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich 82,31 Euro. Ihr am 1. Januar 1945 geborener Ehemann hat im hier maßgeblichen Zeitraum Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen. Am 8. Juli 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII. In der beiliegenden Vermögenserklärung gaben sie und ihr Ehemann an, über Grundeigentum in Ankara (nach Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wohl eine Eigentumswohnung) zu verfügen, das vor 25 Jahren einen Wert von ca. 23.000,00 DM gehabt habe, sowie über eine Forderung von ca. 10.000,00 Euro bei der Yimpas Holding Investment in der Türkei. Zu dem Grundeigentum legte sie im Folgenden eine Bescheinigung in türkischer Sprache vom 15. Juli 2008 vor, in der der Wert der Immobilie mit 21.412,00 Türkischen Lira angegeben ist.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII ab, weil das Grundeigentum der Klägerin in der Türkei grundsätzlich als verwertbares Vermögen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes einzusetzen sei. Der angegebene Wert von 21.412 Neuen türkischen Lira entspreche nach dem damaligen Wechselkurs 11.024,60 Euro. Der Wert der Wohnung liege damit in Höhe von 7.810,00 Euro über dem Vermögensfreibetrag gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII von 3.214,00 Euro.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 5. August 2008 mit der Begründung Widerspruch ein, dass sie und ihr Mann das Haus 1981 zu einem Preis von 25.000,00 DM (umgerechnet 12.782,29 Euro) erworben hätten. Bei einem Verkauf des Grundstücks im Wert von 11.024,64 Euro würde ein Verlust in Höhe von 13,75% entstehen. Bereits aus diesem Grund liege eine besondere Härte vor, die eine Verwertung ausschließe. Bereits jetzt lebe sie mit ihrem Mann jährlich zwei bis drei Monate in diesem Haus, sodass eine Privilegierung im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII vorliege. Ab September 2009 würden die Klägerin und ihr Ehemann auf Dauer in diesem Haus leben, sodass der Bezug von Grundsicherung begrenzt sei und eine Verwertung des Alterswohnsitzes ebenfalls zusätzlich eine besondere Härte darstelle. Auch aus diesem Grund sei eine Verwertung daher nicht möglich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2009 wies das Landratsamt Reutlingen als Widerspruchsbehörde den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Verwertung des Grundstücks stehe nicht § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII entgegen. Das Haus in der Türkei werde derzeit weder von der Klägerin noch von einer Person der Bedarfsgemeinschaft bewohnt. Sozialhilferechtlich sei ein Hausgrundstück nämlich nur insoweit geschützt, als es dem Leistungsberechtigten als Wohnstatt diene. Von einem Bewohnen könne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) aber nicht gesprochen werden, wenn der Betreffende nicht nur vorübergehend vom Hausgrundstück abwesend sei. Die Klägerin und ihr Ehemann verbrächten nur wenige Monate des Jahres in ihrem Haus in der Türkei. Im Übrigen hätten sie ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland. Andernfalls wären sie bereits aus diesem Grund nicht leistungsberechtigt. Ob eine Eigennutzung in Zukunft vorgesehen sei, sei unerheblich. Es komme vielmehr allein auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung an. Bei einer Auslandsimmobilie handele es sich grundsätzlich um verwertbares Vermögen. Außerdem verfüge die Klägerin über Vermögen bei der Yimpas Holding Investment in Höhe von etwa 10.000,00 Euro. Dieses Vermögen liege über der Vermögensschongrenze und sei deshalb einzusetzen. Der pauschale Vortrag der Klägerin, dass die Yimpas Holding die Gelder veruntreut habe und gegen den Geschäftsführer ein in Deutschland ausgestellter internationaler Haftbefehl vorliege, genüge aber ohne Vorlage von Nachweisen nicht, um anerkennen zu können, dass dieses Vermögen nicht mehr vorhanden sei. Der Einwand, eine Verwertung des Alterswohnsitzes stelle eine besondere Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII dar, sei schon deshalb unbeachtlich, weil diese Vorschrift nur bei Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel SGB XII greife, während es hier um Leistungen nach dem Vierten Kapitel gehe. Im Übrigen sei Voraussetzung hierfür, dass die Besonderheiten des Einzelfalls gegenüber vergleichbaren Gruppen von Hilfesuchenden einen atypischen Fall ergeben müssten; das treffe hier aber nicht zu. Allein die Tatsache, dass die Klägerin auf den Einsatz eines nicht bewohnten Hausgrundstücks verwiesen werde, bedeute noch keine besondere Härte. Da auch vergleichbare deutsche Hilfesuchende, die z.B. in Baden-Württemberg wohnten und in einem anderen Bundesland ein Hausgrundstück besäßen, ohne dies dauernd zu bewohnen, dieses Vermögen einzusetzen hätten, liege hier kein atypischer, sondern ein typischer Sachverhalt vor, der die Annahme einer besonderen Härte nicht rechtfertige. Auch sei es nicht Aufgabe der Sozialhilfe, Vermögen im Ausland zu erhalten, obwohl der Eigentümer in Deutschland zur Miete wohne und dauerhaft lebe. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BVerwG (FEVS 48, 145) sei auch bei einem Verkauf unter Verlust von 13,75% keine Härte begründet. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 11. März 2009 zugestellt.

Hiergegen hat die Klägerin am 6. April 2009 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Sie hat im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen und im Übrigen hinsichtlich der Anteile an der Yimpas Holding vorgetragen, dass dies ein großer türkischer Handelskonzern mit Zentrale in Yozgat sei, der in Deutschland in erster Linie dadurch bekannt geworden sei, dass Anlagen vor allem türkischer Gastarbeiter aus Deutschland veruntreut worden seien. Nachdem sie keinen Zugriff mehr auf ihr angelegtes Vermögen habe und eine rechtliche Verfolgung nicht möglich sei, könnten hierzu keine weiteren Unterlagen vorgelegt werden. Sie sei nach wie vor der Ansicht, dass das Hausgrundstück privilegiertes Vermögen sei. So werde sie mit ihrem Ehemann ab dem 1. Januar 2010 dauerhaft ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen und tatsächlich nicht mehr leistungsberechtigt sein. Die Beklagte trug demgegenüber vor, dass sich unter Zugrundelegung eines Leistungszeitraums von Juli 2008 bis Dezember 2009 bei einem monatlichen Leistungsanspruch in Höhe von 271,68 Euro ein Leistungsbetrag in Höhe von 4.890,24 Euro ergebe. Angesichts des Wertes des Hauseigentums in Höhe von ca. 11.000,00 Euro sei der maßgebliche Vermögensschonwert bei Weitem noch nicht erreicht.

Mit Gerichtsbescheid vom 29. April 2010 wies das SG die Klage mit der Begründung ab, dass einem Leistungsanspruch das im Eigentum der Klägerin stehende Hausgrundstück mit einem Wert von 11.024,60 Euro entgegenstehe. Dieses falle nicht unter § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, weil es nicht im Sinne dieser Vorschrift von der Klägerin ganz oder teilweise bewohnt werde. Der Verwertung des Vermögens stehe auch nicht § 90 Abs. 3 SGB XII entgegen, weil keine objektive Härtelage vorliege.

Hiergegen hat die Klägerin am 26. Mai 2010 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung mit der Begründung eingelegt, dass neben der Unzumutbarkeit der Verwertung des Hauses aufgrund des hohen Wertverlustes noch nicht gewürdigt worden sei, dass mit einem Einsatz dieses Vermögens eine wesentliche Erschwerung der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung gegeben sei. Sie erhalte eine Regelaltersrente von monatlich 82,31 Euro, womit ohne Weiteres ersichtlich sei, dass sie, schon um ein Dach über dem Kopf zu haben, ab Anfang 2010 auf das Haus dringendst angewiesen sei. Was das Vermögen in Form von Anteilen an der Yimpas Holding betreffe, so habe sie zuletzt mit Schriftsatz vom 23. September 2009 unter Beifügung von Internetinformationen genügend dargetan, dass die Anlage für sie nicht mehr realisierbar sei. Mehr könne von ihr nicht verlangt werden, um diese Anteile bei der Feststellung der Bedürftigkeit unberücksichtigt zu lassen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. April 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2009 zu verurteilen, ihr Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 12. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass davon auszugehen sei, dass die Eheleute das Hausgrundstück in Ankara erst ab Januar 2010 bewohnen wollten, um bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Ehemanns der Klägerin Arbeitslosengeld II-Leistungen in Anspruch nehmen zu können. Die angegebene Nutzung des Hausgrundstücks von zwei bis drei Monaten im Jahr entspreche einer "Feriennutzung". Die Klägerin sei, obwohl sie das Wohneigentum in der Türkei mit ihrem Ehemann zusammen ab dem 1. Januar 2010 bewohnen wollte, weiterhin in Reutlingen gemeldet. Es sei offensichtlich weiter davon auszugehen, dass das Hausgrundstück in der Türkei nicht als ein als Lebensmittelpunkt genutztes Wohneigentum zu sehen sei. Da sich die Klägerin bereits seit Juli 2008 im Rentenalter befinde und auch ihr Ehemann zum Zeitpunkt der Antragstellung kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand war, sodass eine Arbeitsvermittlung für ihn nicht sehr wahrscheinlich gewesen sei, seien keine zwingenden Gründe ersichtlich, die eine Rückkehr in die Türkei und damit die Nutzung des Wohneigentums in Ankara nicht bereits zu einer Zeit vor dem 1. Januar 2010 möglich gemacht hätten. Es könne nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers sein, Vermögen im Ausland zu erhalten und dabei zudem noch auf individuelle Wünsche und Lebensplanungen einzugehen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass sie die Klägerin zuletzt nach wie vor unter der bisherigen Anschrift in Reutlingen erreicht habe. Sie gehe davon aus, dass weiterhin eine Rückkehr in die Türkei anstehe; derzeit hielten sich die Klägerin und ihre Ehemann aber aufgrund einer Operation in Deutschland auf. Sie gehe weiter davon aus, dass die Klägerin und ihr Ehemann jeweils zur Hälfte Miteigentum an der Eigentumswohnung in der Türkei hätten. Angaben dazu, wovon die Klägerin im fraglichen Zeitraum ihren Lebensunterhalt bestritten habe, konnte sie nicht machen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft, da die Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750,00 Euro überschritten ist.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Zutreffend verfolgt die Klägerin ihre Berufung gegen die Stadt Reutlingen; diese ist als Delegationsnehmerin des Landkreises Reutlingen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Delegationssatzung vom 16./22. März 2005 i.V.m. § 99 Abs. 1 SGB XII, § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII in der Fassung des Art. 122 des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 1. Juli 2004 (GBl. S. 469, 534)) passivlegitimiert (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG) BSGE 103, 178 = SozR 4-3500 § 25 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 9); BSG, Urteil vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 21/08 R - (juris; Rdnr. 11)). Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht für den hier maßgeblichen Zeitraum von Juli 2008 bis Dezember 2009 kein Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII zu.

Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 41 Abs. 1 SGB XII ist älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und § 90 SGB XII beschaffen können, auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten. Die am 12. Juli 1943 geborene Klägerin hat zwar bereits am 12. Juli 2008 die gemäß § 41 Abs. 2 SGB XII maßgebliche Altersgrenze von 65 Jahren erreicht. Einem Leistungsanspruch steht jedoch ihr Vermögen in Gestalt ihres (Mit-)Eigentums an einer Wohnung in der Türkei entgegen.

Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Vermögen sind dabei alle beweglichen oder unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert (BSG, FEVS 60, 109 m.w.N.). Aufgrund der bei Antragstellung vorgelegten Vermögenserklärung, in der die Klägerin und ihr Ehemann die Eigentumswohnung in der Türkei als Vermögen angegeben haben, geht der Senat davon aus, dass die Klägerin zur Hälfte Miteigentümerin an dieser Wohnung ist. Dieser Miteigentumsanteil gehört zu ihrem verwertbaren Vermögen. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Anhaltspunkte für rechtliche Verwertungshindernisse bestehen nicht. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensbestandteile, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, sei es, dass Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder dass z. B. ein Grundstück infolge sinkender Immobilienpreise über den Marktwert hinaus belastet ist (BSGE 98, 243; BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 - B 14 AS 2/09 R - (juris)). Auch hierfür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Das Vermögen der Klägerin in Gestalt des Miteigentumsanteils an der Wohnung in der Türkei steht einem Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen im hier maßgeblichen Zeitraum entgegen. Damit kommt es auf die Frage, ob eine Verwertung des grundsätzlich gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 43 Abs. 1 SGB XII ebenfalls einzusetzenden Vermögens ihres Ehemannes für diesen eine Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 SGB XII bedeuten würde, nicht mehr an.

Die Eigentumswohnung in der Türkei gehört zunächst nicht zum Schonvermögen i.S.v. § 90 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe u.a. nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Unter den Begriff des Hausgrundstücks fallen auch Eigentumswohnungen (vgl. BVerwGE 87, 278 zu § 88 Abs. 2 Nr. 7 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG)). Voraussetzung für die Anwendung der Schutzvorschrift ist aber, dass der Nachfragende oder eine andere Person der Einstandsgemeinschaft das Hausgrundstück selbst ganz oder teilweise bewohnt. Zweck der Vorschrift ist, der nachfragenden Person (und ggf. seinen Angehörigen) die eigene Wohnstatt (das "Dach über dem Kopf") zu erhalten (vgl. BVerwG NJW 1992, 1402 m.w.N.; Buchholz 436.0 § 120 BSHG Nr. 11 zu § 88 BSHG). Nach der Rechtsprechung des BVerwG steht dies aber z.B. bei einem Ausländer nicht in Frage, der mit seiner Familie seit vielen Jahren in Deutschland einen ständigen Wohnsitz hat und in einem Arbeitsverhältnis steht, jedoch in seinem Herkunftsland Eigentümer eines Hauses ist, das er und seine Familie nur während des Urlaubs aufsuchen (BVerwG Buchholz 436.0 § 120 BSHG Nr. 11; vgl. auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH), FEVS 55, 132; vgl. auch W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 90 Rdnr. 69; allgemein zu nur vorübergehend genutzten (z.B. Ferien-)Wohnungen auch Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 90 Rdnr. 47; Mecke in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl., SGB II, § 12 Rdnr. 69). Im streitgegenständlichen Zeitraum hielt sich die Klägerin (mit ihrem Ehemann) nur zwei bis drei Monate im Jahr in ihrer Eigentumswohnung in der Türkei auf und verbrachte den restlichen Teil des Jahres in Deutschland. Nach Angaben ihrer Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wohnt sie wohl auch weiterhin in Reutlingen. Der Schutzzweck des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, ihr das "Dach über dem Kopf" zu erhalten, erfordert vor diesem Hintergrund keine Schonung der Eigentumswohnung.

Dem von der Klägerin angeführten Gesichtspunkt der Altersvorsorge trägt zwar § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII Rechnung, dessen Voraussetzungen hier aber nicht erfüllt sind, weil es sich bei der Eigentumswohnung nicht um Kapital handelt, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wurde.

Dem Einsatz des Miteigentumsanteils der Klägerin an der Wohnung in der Türkei steht auch nicht die Ausnahmevorschrift des § 90 Abs. 3 SGB XII entgegen. Danach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde (a.a.O. Satz 1). Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde (a.a.O. Satz 2).

Eine allgemeine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII liegt nicht vor. Dabei muss es sich um einen atypischen Lebenssachverhalt handeln, dem der Gesetzgeber mit den Regelvorschriften des § 90 Abs. 1 und 2 SGB XII nicht gerecht zu werden vermochte (vgl. BVerwGE 23, 149, 158 f.). Die Besonderheiten des Einzelfalls müssen gegenüber der Situation anderer vergleichbarer Gruppen von Hilfesuchenden die Anwendung der Härtevorschrift erfordern; ein atypischer Fall kann in diesem Sinne etwa wegen der Art, Schwere und Dauer der Hilfe, dem Alter oder besonderer Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen anzunehmen sein (vgl. Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, § 90 Rdnr. 69).

Ein solcher atypischer Lebenssachverhalt ist hier nicht gegeben. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die nachfragende Person grundsätzlich ihre nicht unter § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII fallende Immobilie vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe verwertet (vgl. Bayerischer VGH, a.a.O.). Allein der Umstand, dass eine Veräußerung der Eigentumswohnung wirtschaftlich nachteilig wäre, genügt für die Annahme eines atypischen Lebenssachverhaltes nicht. Das BVerwG (BVerwGE 106, 105; 121, 34) hält beispielsweise den Einsatz des Rückkaufswertes etwa von Kapitallebensversicherungen selbst in den Fällen, in denen der Rückkaufswert erheblich hinter den erbrachten Eigenleistungen des Versicherungsnehmers zurückbleibt, für zumutbar. Das Sozialhilferecht stellt für die grundsätzlich anzunehmende Zumutbarkeit der Verwertung nicht auf deren Wirtschaftlichkeit ab und nimmt auch Vermögen, das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist, nicht als generell unzumutbar von der Verwertung aus. Die Rechtsprechung des BSG zum Verwertungsschutz einer Kapitallebensversicherung bei Beziehern von Leistungen der Arbeitslosenhilfe und nach dem SGB II, die auf die Wirtschaftlichkeit der Verwertung abstellte (vgl. etwa Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 133/88 - (juris); SozR 3-4100 § 137 Nr. 7; BSGE 99, 77 zum SGB II), ist insoweit auf Hilfen nach dem früheren BSHG und dem jetzigen SGB XII nicht übertragbar. Die unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung der Vermögensanrechnung im Sozialhilferecht einerseits und in der Arbeitslosenhilfe bzw. dem SGB II andererseits begründet in Anbetracht des dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Sozialleistungen zustehenden Gestaltungsspielraums auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz mit der Folge, dass die Rechtsprechung des BSG zur Schonung von Vermögen übertragen werden müsste (so ausdrücklich BVerwGE 121, 34; LSG Baden-Württemberg, FEVS 59, 572; Bayerisches LSG, FEVS 57, 69; Hessisches LSG, Urteil vom 21. Mai 2010 - L 7 SO 78/06 - (juris); a.A. Sächsisches LSG, Urteil vom 16. April 2009 - L 3 SO 9/08 - (juris); offen gelassen: BSG SozR 4-3500 § 90 Nr. 3). Vorliegend hat die Klägerin den von ihr behaupteten wirtschaftlichen Nachteil im Falle eines Verkaufs der Eigentumswohnung in der Türkei bereits nicht nachgewiesen. Im Übrigen wäre auch bei einem Verlust in Höhe von 13,75 % nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht von einem atypischen Sachverhalt auszugehen.

Auch soweit die Klägerin geltend macht, dass die Eigentumswohnung in der Türkei der Altersvorsorge diene, führt dies nicht zur Annahme eines atypischen Sachverhalts und damit zur Anwendung der Härteregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII. Die Gefährdung einer angemessenen Alterssicherung, die in § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII ausdrücklich nur bei Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel SGB XII als Gesichtspunkt benannt ist, unter dem der Einsatz oder die Verwertung des Vermögens eine Härte bedeuten würde, kann zwar grundsätzlich auch im Rahmen der hier einschlägigen Hilfe zum Lebensunterhalt eine Härte bedeuten, wenn nach Lage des Einzelfalls der Vermögenseinsatz als unzumutbar erscheint (vgl. BVerwGE 121, 34 zu § 88 BSHG; Lücking, a.a.O. Rdnr. 74 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Beurteilung der Frage, ob ein atypischer Lebenssachverhalt vorliegt, von den Fällen des Regeltatbestandes des § 90 Abs. 2 SGB XII auszugehen ist, welche - bezogen auf Altersvorsorgemaßnahmen - einen besonderen Verwertungsschutz indes nur für angemessene Hausgrundstücke (§ 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) und die geförderten Altersvorsorgeformen des § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII vorgeben (vgl. BVerwGE 121, 34). Dass ein Vermögen der Altersvorsorge dient, muss der Leistungsberechtigte nachweisen; bloße Absichten oder unverbindliche Erwägungen können nicht ohne weiteres zur Herausnahme eines Teils des vorhandenen Vermögens führen (W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 90 Rdnr. 86 m.w.N.). Nach diesen Maßgaben hat die Klägerin hier keinen atypischen Lebenssachverhalt dargelegt, der eine Abweichung von den Regelungen des § 90 Abs. 2 SGB XII rechtfertigen würde. Sie hat im Laufe des Verfahrens zwar immer wieder vorgebracht, dass ihre Rückkehr in die Türkei kurz bevorstehe. Zuletzt hat sie erklärt, das Grundeigentum in der Türkei spätestens ab dem 1. Januar 2010 zu benötigen. Dass die Klägerin nunmehr ihren Lebensmittelpunkt in die Türkei verlegt hätte, ist nach wie vor zweifelhaft. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Lebensunterhalt der Klägerin und ihres Ehemannes bei einer Rückkehr in die Türkei im Übrigen gesichert wäre, weil die Klägerin nur eine Rente in Höhe von 82,31 Euro erhält und ihr Ehemann bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres Leistungen nach dem SGB II bezogen hat. Andernfalls wären zumindest - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - keine zwingenden Gründe ersichtlich, die einer Rückkehr in die Türkei und damit der Nutzung des Grundeigentums in der Zeit vor dem 1. Januar 2010 entgegengestanden hätten. Ein atypischer Lebenssachverhalt, der den Einsatz des Vermögens über die Schonvorschriften des § 90 Abs. 2 SGB XII hinaus als unzumutbar erscheinen ließe, ist damit nicht erkennbar.

Schließlich begründet der Umstand, dass der Ehemann der Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, für die abweichende Vorschriften über den Einsatz von Vermögen gelten, zwar möglicherweise für diesen im Hinblick auf einen Einsatz seines Vermögens eine Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 SGB XII. Für die Klägerin führt eine Verwertung ihres Miteigentumsanteils aber jedenfalls nicht zu einer Härte im Sinne dieser Vorschrift. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Das SGB XII enthält zwar keine Vorschrift, die das Schonvermögen eines Empfängers von Arbeitslosengeld II auch dann unter Schutz stellt, wenn er mit einem Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII in einer sog. gemischten Bedarfsgemeinschaft lebt. Allerdings muss nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-3500 § 82 Nr. 4) in einer gemischten Bedarfsgemeinschaft ein Empfänger von Arbeitslosengeld II etwa ein angemessenes Kraftfahrzeug, das Schonvermögen nach dem SGB II ist, nicht für seine Ehefrau verwerten, bevor diese Sozialhilfe nach dem SGB XII erhalten kann. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich hiervon aber bereits dadurch, dass die Eigentumswohnung als solche auch nach dem SGB II nicht zum Schonvermögen gehört. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Auch in diesem Zusammenhang ist Schutzzweck der Vorschrift nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein der Schutz der Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als räumlicher Lebensmittelpunkt (BSG, SozR 4-4200 § 12 Nr. 3). Die Beibehaltung einer Wohnung als "Zweitwohnsitz" oder der gelegentliche Aufenthalt, z.B. zu Zwecken des Urlaubs, genügen insoweit nicht (Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 12 Rdnr. 69). Die Verwertung eines Hausgrundstücks, das weder nach dem SGB II noch nach dem SGB XII geschützt ist, bedeutet aber keine Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 SGB XII. Eine Härte im Sinne dieser Bestimmung kommt damit allenfalls im Hinblick auf die im SGB II vorgesehenen höheren Freibeträge in Betracht, die Anreize für die Wiederaufnahme einer Arbeit schaffen sollen. Es spricht einiges dafür, wegen des engen Haftungsverbunds der Bedarfsgemeinschaft (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II) bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit des erwerbsunfähigen Hilfesuchenden einen an § 12 SGB II orientierten Vermögensschutz vorzunehmen, soweit es - neben dem Einsatz von Vermögensgegenständen, die nicht getrennt verwertet werden können (Kraftfahrzeug, selbstbewohntes Haus) - um den Einsatz von Vermögen des SGB II-Partners geht (Brühl/Geiger in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 90 Rdnr. 75; a.A. SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2007 - S 51 SO 249/07 ER -; SG Braunschweig, Urteil vom 13. November 2008 - S 20 SO 13/06 - (beide juris) unter Hinweis auf den Charakter des § 90 Abs. 3 SGB XII als eng auszulegende Ausnahmevorschrift). Das Vermögen des Ehemannes der Klägerin liegt insoweit unter dem Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II, der gemäß § 65 Abs. 5 SGB II mit der Maßgabe gilt, dass für die in § 4 Abs. 2 Satz 2 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 13. Dezember 2001 (BGBl I S. 3734) in der Fassung vom 31. Dezember 2004 genannten Personen - mithin diejenigen, die vor dem 1. Januar 1948 geboren sind - an die Stelle des Grundfreibetrags in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr ein Freibetrag von 520 Euro und an die Stelle des Höchstfreibetrags von 9.750 Euro ein Höchstfreibetrag von 33.800 Euro tritt. Da der 1945 geborene Ehemann der Klägerin zu diesem Personenkreis gehört, galt für ihn im hier streitgegenständlichen Zeitraum ein Freibetrag von über 30.000 Euro bzw. - sofern man auch die 1943 geborene Klägerin hinzurechnet - von über 60.000 Euro. Der Wert des Miteigentumsanteils des Ehemannes der Klägerin an der Eigentumswohnung in der Türkei in Höhe von ca. 5.512,30 Euro liegt damit deutlich unter diesem Freibetrag.

Ob das Vermögen des Ehemannes der Klägerin verwertbar ist, bedarf aber letztlich keiner Entscheidung, weil einem Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen jedenfalls ihr eigenes Vermögen in Gestalt ihres (Mit-)Eigentums an der Eigentumswohnung in der Türkei im Wert von ebenfalls ca. 5.512,30 Euro entgegensteht, soweit es den Freibetrag gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 (bzw. - wenn für das Vermögen des unter das SGB II fallenden Partners die dort geltenden Freibeträge angewandt werden - § 1 Abs. 1 Nr. 1a) der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Höhe von 3.214 Euro bzw. 2.600 Euro übersteigt. Eine analoge Anwendung der Freibeträge nach dem SGB II auch auf den Partner, der Leistungen nach dem SGB XII beansprucht - hier: die Klägerin -, kommt nach Auffassung des Senats dagegen nicht in Betracht. Zwar geht das SGB XII in § 19 Abs. 2 und § 43 auch bei den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung grundsätzlich von einer "Einsatzgemeinschaft" aus. Dies rechtfertigt eine Übertragung der Freibeträge nach dem SGB II auf den SGB XII-Partner aber nicht. Ein Anreiz zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit lässt sich bei dem unter §§ 19, 41 SGB XII fallenden Personenkreis nicht begründen. Auch ist kein sachlicher Grund erkennbar, der eine Besserstellung gegenüber anderen Empfängern von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII - insbesondere auch solchen, deren Partner ein Arbeitseinkommen erzielen - rechtfertigen würde.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch für den Fall, dass die Klägerin Alleineigentümerin der Eigentumswohnung in der Türkei sein sollte, ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen wegen entgegenstehenden Vermögens ausgeschlossen wäre.

Einsetzbares Vermögen, das tatsächlich für den Lebensunterhalt nicht verbraucht wird, kann der Hilfebedürftigkeit Monat für Monat aufs Neue entgegengehalten werden; die Annahme eines fiktiven Vermögensverbrauchs ist mit der Rechtsnatur der Sozialhilfe nicht vereinbar (ganz h.M. zum BSHG, vgl. z.B. BVerwGE 106, 105; VGH Baden-Württemberg, FEVS 48, 234; ebenso zu § 90 SGB XII: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. August 2008 - L 8 B 4/07 SO -; Hessisches LSG, Urteil vom 21. Mai 2010 - L 7 SO 78/06 - (beide juris)).

Auf die Frage, ob die Klägerin darüber hinaus noch über Vermögen in Form der Anteile an der Yimpas Holding verfügt, kommt es damit ebenso wenig an wie auf ihre Hilfebedürftigkeit im Übrigen, nachdem nicht ersichtlich ist, wovon sie im hier maßgeblichen Zeitraum ihren Lebensunterhalt bestritten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage der Berücksichtigung von Freibeträgen beim Vermögenseinsatz innerhalb einer gemischten Bedarfsgemeinschaft zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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