Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 4378/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 5966/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Weitergewährung von Verletztenrente über den 07.12.2008 hinaus.
Der am 09.09.1950 geborene Kläger ist als abhängig beschäftigter Garten- und Landschaftsbauer bei der Beklagten unfallversichert. Am 14.02.2008 erlitt er beim Roden von Bäumen für das Gartenbauamt Karlsruhe einen Unfall. Der Ast eines fallenden Baumes, den er zuvor umgesägt hatte, traf ihn an der rechten Schulter. Der rechte Arm hing herab und konnte nicht mehr gehoben werden.
Die Erstbehandlung erfolgte am Unfalltag in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Diakonissenkrankenhauses Karlsruhe-Rüppurr. Prof. Dr. Hartwig diagnostizierte eine Clavicula-frak¬tur rechts bei Schulterblattfraktur rechts und Rippenserienfraktur II bis VII rechts mit initia-lem minimalem Pneumothorax sowie nebenbefundlich eine arterielle Hypertonie. Er lei¬tete die stationäre Heilbehandlung ein, bescheinigte Arbeitsunfähigkeit und erstattete den Durchgangsarztbericht. Der Schlüsselbeinbruch des Klägers wurde am 14.02.2008 offen reponiert und mit einer Rekonstruktionspalette operativ versorgt. Die übrigen Verletzungen wurden konservativ behandelt. Die stationäre Behandlung dauerte bis zum 28.02.2008 an. In dem Entlassungsbericht von diesem Tag führte Prof. Dr. Hartwig aus, der Kläger sei schmerzfrei, jedoch arbeitsunfähig bis zum 06.03.2008 entlassen worden, es werde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im rentenberechtigenden Ausmaß verbleiben, dieses sei jedoch zurzeit noch nicht zu beurteilen.
Nachdem der Kläger über ein etwa eine Woche nach dem Unfall auftretendes Verschwommen-sehen geklagt hatte, stellte Augenarzt Dr. Gareis in seinem Bericht vom 12.03.2008 eine Fibrae medullares (markhaltige Nervenfasern in der Netzhaut ohne pathologische Bedeutung) rechts sowie einen Aderhautnaevus links fest. Unter dem 19.05.2008 teilte er ergänzend mit, keine dieser Beschwerden beruhe auf dem Unfallereignis.
Der Kläger begab sich in weitere Behandlung durch das Städtische Klinikum K ... Unfallchirurg Dr. A. teilte unter dem 07.04.2008 zunächst mit, am rechten Arm betrügen Elevation bis 150° und Abduktion 90°, es beständen Schmerzen, der Kläger erhalte eine krankengymnastische Übungsbehandlung, man gehe davon aus, dass eine rentenberechtigende MdE verbleibe, der Kläger solle abklären, ob ab Mai 2008 eine Belastungserprobung möglich sei. Am 14.05.2008 berichtete Dr. A., die Schmerzsymptomatik an der rechten Schulter habe im Verlauf des April zugenommen. Die primär eingebachte LC-Platte habe sich gelockert und sei am 28.04.2008 entfernt und durch eine Rekonstruktionsplatte ersetzt worden, wobei die postoperative Kontrolle eine gute Frakturstellung mit dieser Platte gezeigt habe. Die erneute Operation werde das Heilverfahren verzögern, eine rentenberechtigende MdE sei zu erwarten. In seinem Bericht vom 02.06.2008 führte Dr. A. aus, bei der letzten Vorstellung am 26.05.2008 habe sich eine massive Bewegungseinschränkung der rechten Schulter bei eigentlich unauffälliger Situation im Bereich der lateralen Claviculafraktur gezeigt. Deswegen sei eine Untersuchung in der BG-Unfallklinik Tübingen notwendig. Eine erste Untersuchung dort am 03.06.2008 ergab eine Bizeps-sehnentendinitis und Reizung des Schultergelenks bei einer Abduktion bis 80° und einer Anteversion bis 90°, das Procedere sei eine konservative Therapie mit erweiterter ambulanter Physiotherapie. Ein am 11.06.2008 durchgeführtes Spiral-CT des Thorax ergab eine knöcherne Konsolidierung der Rippenfrakturen. Unter dem 03.07.2008 teilte Dr. B. vom Städtischen Klinikum K. mit, es bestehe ein Schmerzsyndrom mit passiver Bewegungseinschränkung der rechten Schulter ohne neurologisches Defizit.
Nachdem der Kläger bei einer Vorstellung in der BG-Klinik in Tübingen am 07.08.2008 rückläufige Beschwerden geschildert hatte (Bericht vom 28.08.2008, Prof. Dr. Weise u. a.), führte er vom 18.08. bis zum 05.09.2008 eine Belastungserprobung bei seinem Arbeitgeber durch. Bei der abschließenden Vorstellung im Klinikum K. am 05.09.2008 ergab sich noch eine eingeschränkte Motorik der rechten Schulter. Dr. A. teilte insoweit unter dem 16.09.2008 mit, der Kläger sei zum 08.09.2008 arbeitsfähig, die MdE werde vorübergehend auf 20 % festgelegt.
Die Beklagte leitete das Rentenverfahren ein. In dem röntgenologischen Zusatzgutachten vom 10.12.2008 stellten Radiologen und Nuklearmediziner Dres. C. und D. vom Klinikum K. eine "zunehmende Konsolidierung der Mehrfragmentfraktur des unteren Schulterblatts ohne wesentliche Dislokation" und "vollständig konsolidierte Wirbelfrakturen 2 bis 4 rechts" fest. Gestützt auf dieses Zusatzgutachten und eine Untersuchung des Klägers am 17.11.2008 erstatteten PD Dr. M. und Dr. R. vom Klinikum K. das erste Rentengutachten vom 15.01.2009. Als wesentliche Unfallfolgen stellten sie fest: Zustand nach (Z.n.) geschlossenem Thoraxtrauma mit Floating Shoulder rechts bei Claviculafraktur im mittleren Drittel sowie Skapulablattfraktur rechts; eine Claviculafraktur in achsengerechter Stellung knöchern durchbaut, Metallimplantat noch in situ; eine knöchern ausgeheilte Mehrfragmentfraktur des rechten Schulterblatts; Rippenserienfrakturen 2 bis 7 rechts, knöchern konsolidiert; eine verbliebene erhebliche Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk; persistierende Bewegungs- und Belastungsschmerzen im Bereich des rechten Schultergelenks und als störend empfundenes Osteosynthesematerial im Bereich der rechten Clavicula. Klagen und Befunde stimmten überein. Die unfallbedingte MdE betrage sowohl vom 08.09.2008 bis zum 16.11.2008 als auch vom 17.11.2008 "bis auf weiteres" 20 %. Ebenso betrage sie "voraussichtlich" bis zum Ende des dritten Jahres nach dem Unfall 20 %.
Am 21.01.2009 wurde die Metallplatte entfernt, der Kläger klagte auch bei der Nachuntersuchung am 13.02.2009 weiterhin über eine deutlich eingeschränkte Schulterbeweglichkeit (Bericht von PD Dr. Müller vom 23.02.2009). Ab dem 12.01.2009 war der Kläger erneut arbeitsunfähig. Eine weitere Belastungserprobung für die Zeit vom 16.03. bis 27.03.2009 wurde bewilligt.
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. N. vom 23.02.2009 ein. Hierin ist ausgeführt, ausgehend von den dokumentierten Funktionsverhältnissen und wegen der zwischenzeitlichen Entfernung des Osteosynthesmaterials lasse sich eine rentenberechtigende MdE über einen längeren Zeitraum nicht begründen. Diskussionswürdig erscheine ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit (08.09.2008) eine MdE von 20 % für drei Monate. Darüber hinaus sei von einer MdE von 10 % auszugehen.
Mit Bescheid vom 24.03.2009 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14.02.2008 für die Zeit vom 08.09. bis 07.12.2008 eine Rente von insgesamt EUR 1.253,06. Die MdE habe in dieser Zeit 20 % betragen. Darüber hinaus bestehe kein Rentenanspruch.
Der Kläger erhob Widerspruch und trug vor, er könne seine bisherige Tätigkeit nur noch in eingeschränkter Form ausüben und befinde sich in einer Belastungserprobung. Er übe körperlich schwere Arbeit aus. Daher sei weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich.
Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 29.09.2009. Sie führte darin ergänzend aus, die MdE sei unter Berücksichtigung der Arbeitsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einzuschätzen. Eine etwaige berufliche Betroffenheit könne grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.
Der Kläger hat am 06.10.2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat beantragt, unter Abänderung der ergangenen Bescheide die Beklagte zur weiteren Gewährung einer Verletztenrente über den 07.12.2008 hinaus zu verurteilen. Er hat vorgetragen, er habe immer noch Schmerzen und auch die Bewegungsfähigkeit sei immer noch eingeschränkt.
Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Internist und Kardiologe Dr. Mogler hat am 09.12.2009 mitgeteilt, unfallbedingte Veränderungen der kardialen Strukturen ließen sich nicht nachweisen. Der Internist Dr. L. hat mit Schreiben vom 07.01.2010 bekundet, die nach dem Unfall bei dem Kläger diagnostizierte Hypertonie sei nunmehr befriedigend eingestellt, auf internistischem Gebiet bestehe keine unfallbedingte MdE, die MdE wegen der Verletzungen der Schulter und der Clavicula sei auf 30 % ab dem 08.09.2008 und auf 10 % ab dem 13.02.2009 zu schätzen. Prof. Dr. Hartwig vom Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe-Rüppurr hat unter dem 25.01.2010 angegeben, er habe den Kläger nur bis zum 28.02.2008 behandelt und könne keine Angaben zu den weiteren Unfallfolgen und einer etwaigen MdE machen. Mit Schreiben vom 28.01.2010 haben Dr. Schüler und PD Dr. M. vom Klinikum K. bekundet, die letzten Untersuchungsbefunde vom 08.04. und 23.07.2009 ergäben für die rechte Schulter eine Abduktion/Adduktion von 130-0-40° und eine Ante-/Retroversion von 120-0-30° sowie endgradige Schmerzen bei Bewegungen in alle Richtungen. Die Beweglichkeit habe sich zuletzt geringfügig verbessert. Der Einschätzung von (Beratungsarzt) Dr. N. vom 23.02.2009 könne nicht vollständig zugestimmt werden, da eine Bewegungseinschränkung ohne Aussicht auf Besserung vorliege. Aus diesem Grunde und wegen des langen, komplexen Verlaufs der Erkrankung werde eine MdE von 20 % als korrekt eingeschätzt angesehen.
Im Auftrag des SG hat der Facharzt für Orthopädie Dr. O. den Kläger begutachtet. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 25.06.2010 folgende unfallbedingte Verletzung des Klägers mitgeteilt: Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks bei leichter Muskelminderung an der rechten oberen Extremität und knöchern verheilten Brüchen des rechten Schlüsselbeins, des rechten Schulterblatts und der rechten Rippen II bis IV. Er hat ferner ausgeführt, der Rippenserienbruch und der Bruch des rechten Schulterblatts seien folgenlos knöchern verheilt. Ferner bestehe beim Kläger unfallunabhängig ein Morbus Dupuytren (Veränderung des Bindegewebes der Handinnenfläche) des 4. Strahls links mehr als rechts, ohne Streckbehinderung der Ringfinger, eine Versteifung des rechten Mittelfingergelenks nach einem Unfall im Jahre 1980 und eine Bewegungseinschränkung der Hals- und Brustwirbelsäule, wahrscheinlich auf Grund degenerativer Veränderungen, ohne neurologische Störungen, an den oberen Extremitäten. Die Beweglichkeitsmaße der rechten (linken) Schulter wurden wie folgt angegeben: Vorwärts-/Rückwärtsheben 120/0/40° (170/0/50°), Außen-/Innendrehen bei abgespreiztem Arm 70/0/50° (90/0/80°), Außen-/Innendrehen bei anliegendem Arm 50/0/60° (50/0/90°) und Ab-/Anspreizen 120/0/10° (170/0/30°). Dr. O. hat ausgeführt, der zeitlich beschränkten Zuerkennung einer unfallbedingten MdE von 20 % bis zum 07.12.2008 sei deswegen zuzustimmen, weil sich die Beweglichkeit der rechten Schulter bis zu diesem Zeitpunkt offensichtlich gebessert habe. Ab dem 08.12.2008 und auch bis auf Weiteres sei von einer unfallbedingten MdE von 10 % auszugehen. Zu dem ersten Rentengutachten hat Dr. O. ausgeführt, die am 17.11.2008 erhobenen Bewegungsmaße seien bei der Erstellung des Gutachtens am 15.01.2009 bereits überholt gewesen. Dem späteren Vorschlag von PD Dr. M. aus seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 28.01.2010 könne deswegen nicht zugestimmt werden, weil weder "eine Bewegungseinschränkung ohne Aussicht auf Besserung" noch ein "langer komplexer Behandlungsverlauf" Grundlage einer Einschätzung der MdE sein könnten, sondern nur das verbliebene Funktionsausmaß der rechten Schulter. Die von PD Dr. M. für die Untersuchungen vom 08.04. und 23.07.2009 mitgeteilten Bewegungsmaße entsprächen im Wesentlichen jenen, die auch bei der Begutachtung vorgefunden worden seien.
Mit Urteil vom 16.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die MdE richte sich in der gesetzlichen Unfallversicherung nach der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, also dem so genannten allgemeinen Arbeitsmarkt. Dabei komme es regelmäßig auf den bisherigen Beruf oder die bisherige berufliche Tätigkeit nicht an. Die MdE sei unter Beachtung des Einzelfalls nach den im unfallrechtlichen und unfallmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Regel- und Normsätzen als Anhaltspunkten zu ermitteln. Hiernach bestehe bei dem Kläger über den 07.12.2008 hinaus keine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 % mehr. Auf Grund der nur relativ geringfügigen Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks (Abduktion bis 130° und Anteversion bis 120°) sei eine höhere Bewertung als 10 % auch unter Berücksichtigung der abweichenden Auffassung von PD Dr. M. nicht möglich. Eine MdE von 20 % werde erst dann ausgelöst, wenn der Arm "nur noch um 90° zu heben" sei (Verweis auf Thomann/Schul¬ter/Gros¬ser, Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung, 2009, S. 179 ff., und auf Schönberger/Mehr¬tens/Va¬lentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 523).
Am 30.12.2010 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er trägt vor, die Beweglichkeit der rechten Schulter habe sich nicht gebessert, auch habe er nach wie vor Schmerzen. Das erste Gutachten treffe (auch) seinen heutigen Gesundheitszustand.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 24. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2009 zu verurteilen, ihm über den 07. Dezember 2008 hinaus eine Verletztenrente auf der Grundlage einer unfallbedingten MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des SG und ihre Entscheidungen.
Der Senat hat den Beteiligten unter dem 25.02.2011 mitgeteilt, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zurückzuweisen, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 28.03.2011 gegeben.
II.
Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Das SG hat in dem angegriffenen Urteil die rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), insbesondere des Zusammenhangs zwischen dem Versicherungsfall Arbeitsunfall und den unfallbedingten Einschränkungen des Leistungsvermögens und der Ermittlung der MdE zutreffend dargestellt. Zu Recht hat das SG insbesondere ausgeführt, dass sich die MdE nach dem verbliebenen Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt richtet und etwaige besondere Anforderungen aus dem bisherigen Beruf des Versicherten unberücksichtigt bleiben (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Der Senat verweist daher nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des SG.
Auch der Senat ist zu der Auffassung gelangt, dass bei dem Kläger über den 07.12.2008 hinaus keine unfallbedingte MdE von mindestens 20 % verblieben ist, die aber für einen Anspruch auf eine Verletztenrente notwendig ist (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Bei Schulterverletzungen ergeben sich eine MdE von 30 % bei einer Schultergelenksversteifung mit einer Abduktion (Abspreizen) von 30°, eine MdE von 20 % bei einer Bewegungseinschränkung mit einer Restbeweglichkeit vorwärts/seitwärts bis 90° und eine MdE von 10 % bei einer entsprechenden Rest¬be¬weg¬lichkeit bis zu 120°, jeweils bei freier Rotation (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 523). Wie allgemein bei der Bewertung einer unfallbedingten MdE berücksichtigen diese Werte auch die üblichen, durch die fragliche Verletzung typischerweise verursachten akuten, aber auch chronischen Schmerzen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 221 m.w.N.). Diese Werte und Grundsätze, die aus dem unfallmedizinischen Schrifttum entwickelt worden sind, können und - zur Gleichbehandlung aller Versicherten - müssen als Erfahrungswerte in der behördlichen und gerichtlichen Praxis berücksichtigt werden, sie stellen daher antizipierte Sachverständigengutachten dar (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 24/00 R, Juris, Rn. 28 ff.). Eine Abweichung wegen besonderer Umstände des Einzelfalls ist möglich und geboten.
Bei dem Kläger nun ist nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. O. an der rechten Schulter ein Abspreizen bis zu 120° möglich. Dieser Wert führt zu einer MdE von 10 %. Entgegen der Ansicht des Klägers zeigen diese Werte, dass sich die Beweglichkeit des rechten Schultergelenks gegenüber der Zeit nach dem Unfall, aber auch gegenüber den Feststellungen von PD Dr. M. und Dr. R. aus dem ersten Rentengutachten, denen eine Untersuchung des Klägers am 17.11.2008 zu Grunde lag, verbessert hat. Die vom Kläger geklagten Schmerzen sind mit umfasst. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Schmerzen erheblich über das Maß hinausgehen, das allgemein mit einer Schulterverletzung verbunden ist, wie sie der Kläger erlitten hat. Es liegen daher auch keine besonderen Umstände vor, die dazu führen könnten, von den genannten Werten abzuweichen. Ebenso wie das SG folgt der Senat den Feststellungen und auch den Ausführungen des Sachverständigen. In der Tat kann dem Vorschlag von PD Dr. M., eine dauerhafte MdE von 20 % anzunehmen, nicht gefolgt werden. Auch PD Dr. M. hat keine anderen oder stärkeren Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter beschrieben als Dr. O ... Nur diese sind aber, wie ausgeführt, Grundlage der Ermittlung der MdE. Dass ein Heilungsprozess besonders langwierig ist, hat unter Umständen Auswirkungen auf die Dauer einer Verletztenrente, nicht aber auf die MdE, die dieser Rente zu Grunde liegt. Entsprechend hatte die Beklagte dem Kläger auch über den Abschluss des Heilverfahrens hinaus Rente für weitere drei Monate bewilligt, weil sich die Auswirkungen der Schulterverletzung langsamer verringerten als zunächst anzunehmen gewesen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Weitergewährung von Verletztenrente über den 07.12.2008 hinaus.
Der am 09.09.1950 geborene Kläger ist als abhängig beschäftigter Garten- und Landschaftsbauer bei der Beklagten unfallversichert. Am 14.02.2008 erlitt er beim Roden von Bäumen für das Gartenbauamt Karlsruhe einen Unfall. Der Ast eines fallenden Baumes, den er zuvor umgesägt hatte, traf ihn an der rechten Schulter. Der rechte Arm hing herab und konnte nicht mehr gehoben werden.
Die Erstbehandlung erfolgte am Unfalltag in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Diakonissenkrankenhauses Karlsruhe-Rüppurr. Prof. Dr. Hartwig diagnostizierte eine Clavicula-frak¬tur rechts bei Schulterblattfraktur rechts und Rippenserienfraktur II bis VII rechts mit initia-lem minimalem Pneumothorax sowie nebenbefundlich eine arterielle Hypertonie. Er lei¬tete die stationäre Heilbehandlung ein, bescheinigte Arbeitsunfähigkeit und erstattete den Durchgangsarztbericht. Der Schlüsselbeinbruch des Klägers wurde am 14.02.2008 offen reponiert und mit einer Rekonstruktionspalette operativ versorgt. Die übrigen Verletzungen wurden konservativ behandelt. Die stationäre Behandlung dauerte bis zum 28.02.2008 an. In dem Entlassungsbericht von diesem Tag führte Prof. Dr. Hartwig aus, der Kläger sei schmerzfrei, jedoch arbeitsunfähig bis zum 06.03.2008 entlassen worden, es werde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im rentenberechtigenden Ausmaß verbleiben, dieses sei jedoch zurzeit noch nicht zu beurteilen.
Nachdem der Kläger über ein etwa eine Woche nach dem Unfall auftretendes Verschwommen-sehen geklagt hatte, stellte Augenarzt Dr. Gareis in seinem Bericht vom 12.03.2008 eine Fibrae medullares (markhaltige Nervenfasern in der Netzhaut ohne pathologische Bedeutung) rechts sowie einen Aderhautnaevus links fest. Unter dem 19.05.2008 teilte er ergänzend mit, keine dieser Beschwerden beruhe auf dem Unfallereignis.
Der Kläger begab sich in weitere Behandlung durch das Städtische Klinikum K ... Unfallchirurg Dr. A. teilte unter dem 07.04.2008 zunächst mit, am rechten Arm betrügen Elevation bis 150° und Abduktion 90°, es beständen Schmerzen, der Kläger erhalte eine krankengymnastische Übungsbehandlung, man gehe davon aus, dass eine rentenberechtigende MdE verbleibe, der Kläger solle abklären, ob ab Mai 2008 eine Belastungserprobung möglich sei. Am 14.05.2008 berichtete Dr. A., die Schmerzsymptomatik an der rechten Schulter habe im Verlauf des April zugenommen. Die primär eingebachte LC-Platte habe sich gelockert und sei am 28.04.2008 entfernt und durch eine Rekonstruktionsplatte ersetzt worden, wobei die postoperative Kontrolle eine gute Frakturstellung mit dieser Platte gezeigt habe. Die erneute Operation werde das Heilverfahren verzögern, eine rentenberechtigende MdE sei zu erwarten. In seinem Bericht vom 02.06.2008 führte Dr. A. aus, bei der letzten Vorstellung am 26.05.2008 habe sich eine massive Bewegungseinschränkung der rechten Schulter bei eigentlich unauffälliger Situation im Bereich der lateralen Claviculafraktur gezeigt. Deswegen sei eine Untersuchung in der BG-Unfallklinik Tübingen notwendig. Eine erste Untersuchung dort am 03.06.2008 ergab eine Bizeps-sehnentendinitis und Reizung des Schultergelenks bei einer Abduktion bis 80° und einer Anteversion bis 90°, das Procedere sei eine konservative Therapie mit erweiterter ambulanter Physiotherapie. Ein am 11.06.2008 durchgeführtes Spiral-CT des Thorax ergab eine knöcherne Konsolidierung der Rippenfrakturen. Unter dem 03.07.2008 teilte Dr. B. vom Städtischen Klinikum K. mit, es bestehe ein Schmerzsyndrom mit passiver Bewegungseinschränkung der rechten Schulter ohne neurologisches Defizit.
Nachdem der Kläger bei einer Vorstellung in der BG-Klinik in Tübingen am 07.08.2008 rückläufige Beschwerden geschildert hatte (Bericht vom 28.08.2008, Prof. Dr. Weise u. a.), führte er vom 18.08. bis zum 05.09.2008 eine Belastungserprobung bei seinem Arbeitgeber durch. Bei der abschließenden Vorstellung im Klinikum K. am 05.09.2008 ergab sich noch eine eingeschränkte Motorik der rechten Schulter. Dr. A. teilte insoweit unter dem 16.09.2008 mit, der Kläger sei zum 08.09.2008 arbeitsfähig, die MdE werde vorübergehend auf 20 % festgelegt.
Die Beklagte leitete das Rentenverfahren ein. In dem röntgenologischen Zusatzgutachten vom 10.12.2008 stellten Radiologen und Nuklearmediziner Dres. C. und D. vom Klinikum K. eine "zunehmende Konsolidierung der Mehrfragmentfraktur des unteren Schulterblatts ohne wesentliche Dislokation" und "vollständig konsolidierte Wirbelfrakturen 2 bis 4 rechts" fest. Gestützt auf dieses Zusatzgutachten und eine Untersuchung des Klägers am 17.11.2008 erstatteten PD Dr. M. und Dr. R. vom Klinikum K. das erste Rentengutachten vom 15.01.2009. Als wesentliche Unfallfolgen stellten sie fest: Zustand nach (Z.n.) geschlossenem Thoraxtrauma mit Floating Shoulder rechts bei Claviculafraktur im mittleren Drittel sowie Skapulablattfraktur rechts; eine Claviculafraktur in achsengerechter Stellung knöchern durchbaut, Metallimplantat noch in situ; eine knöchern ausgeheilte Mehrfragmentfraktur des rechten Schulterblatts; Rippenserienfrakturen 2 bis 7 rechts, knöchern konsolidiert; eine verbliebene erhebliche Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk; persistierende Bewegungs- und Belastungsschmerzen im Bereich des rechten Schultergelenks und als störend empfundenes Osteosynthesematerial im Bereich der rechten Clavicula. Klagen und Befunde stimmten überein. Die unfallbedingte MdE betrage sowohl vom 08.09.2008 bis zum 16.11.2008 als auch vom 17.11.2008 "bis auf weiteres" 20 %. Ebenso betrage sie "voraussichtlich" bis zum Ende des dritten Jahres nach dem Unfall 20 %.
Am 21.01.2009 wurde die Metallplatte entfernt, der Kläger klagte auch bei der Nachuntersuchung am 13.02.2009 weiterhin über eine deutlich eingeschränkte Schulterbeweglichkeit (Bericht von PD Dr. Müller vom 23.02.2009). Ab dem 12.01.2009 war der Kläger erneut arbeitsunfähig. Eine weitere Belastungserprobung für die Zeit vom 16.03. bis 27.03.2009 wurde bewilligt.
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. N. vom 23.02.2009 ein. Hierin ist ausgeführt, ausgehend von den dokumentierten Funktionsverhältnissen und wegen der zwischenzeitlichen Entfernung des Osteosynthesmaterials lasse sich eine rentenberechtigende MdE über einen längeren Zeitraum nicht begründen. Diskussionswürdig erscheine ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit (08.09.2008) eine MdE von 20 % für drei Monate. Darüber hinaus sei von einer MdE von 10 % auszugehen.
Mit Bescheid vom 24.03.2009 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14.02.2008 für die Zeit vom 08.09. bis 07.12.2008 eine Rente von insgesamt EUR 1.253,06. Die MdE habe in dieser Zeit 20 % betragen. Darüber hinaus bestehe kein Rentenanspruch.
Der Kläger erhob Widerspruch und trug vor, er könne seine bisherige Tätigkeit nur noch in eingeschränkter Form ausüben und befinde sich in einer Belastungserprobung. Er übe körperlich schwere Arbeit aus. Daher sei weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich.
Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 29.09.2009. Sie führte darin ergänzend aus, die MdE sei unter Berücksichtigung der Arbeitsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einzuschätzen. Eine etwaige berufliche Betroffenheit könne grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.
Der Kläger hat am 06.10.2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat beantragt, unter Abänderung der ergangenen Bescheide die Beklagte zur weiteren Gewährung einer Verletztenrente über den 07.12.2008 hinaus zu verurteilen. Er hat vorgetragen, er habe immer noch Schmerzen und auch die Bewegungsfähigkeit sei immer noch eingeschränkt.
Nachdem die Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Internist und Kardiologe Dr. Mogler hat am 09.12.2009 mitgeteilt, unfallbedingte Veränderungen der kardialen Strukturen ließen sich nicht nachweisen. Der Internist Dr. L. hat mit Schreiben vom 07.01.2010 bekundet, die nach dem Unfall bei dem Kläger diagnostizierte Hypertonie sei nunmehr befriedigend eingestellt, auf internistischem Gebiet bestehe keine unfallbedingte MdE, die MdE wegen der Verletzungen der Schulter und der Clavicula sei auf 30 % ab dem 08.09.2008 und auf 10 % ab dem 13.02.2009 zu schätzen. Prof. Dr. Hartwig vom Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe-Rüppurr hat unter dem 25.01.2010 angegeben, er habe den Kläger nur bis zum 28.02.2008 behandelt und könne keine Angaben zu den weiteren Unfallfolgen und einer etwaigen MdE machen. Mit Schreiben vom 28.01.2010 haben Dr. Schüler und PD Dr. M. vom Klinikum K. bekundet, die letzten Untersuchungsbefunde vom 08.04. und 23.07.2009 ergäben für die rechte Schulter eine Abduktion/Adduktion von 130-0-40° und eine Ante-/Retroversion von 120-0-30° sowie endgradige Schmerzen bei Bewegungen in alle Richtungen. Die Beweglichkeit habe sich zuletzt geringfügig verbessert. Der Einschätzung von (Beratungsarzt) Dr. N. vom 23.02.2009 könne nicht vollständig zugestimmt werden, da eine Bewegungseinschränkung ohne Aussicht auf Besserung vorliege. Aus diesem Grunde und wegen des langen, komplexen Verlaufs der Erkrankung werde eine MdE von 20 % als korrekt eingeschätzt angesehen.
Im Auftrag des SG hat der Facharzt für Orthopädie Dr. O. den Kläger begutachtet. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 25.06.2010 folgende unfallbedingte Verletzung des Klägers mitgeteilt: Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks bei leichter Muskelminderung an der rechten oberen Extremität und knöchern verheilten Brüchen des rechten Schlüsselbeins, des rechten Schulterblatts und der rechten Rippen II bis IV. Er hat ferner ausgeführt, der Rippenserienbruch und der Bruch des rechten Schulterblatts seien folgenlos knöchern verheilt. Ferner bestehe beim Kläger unfallunabhängig ein Morbus Dupuytren (Veränderung des Bindegewebes der Handinnenfläche) des 4. Strahls links mehr als rechts, ohne Streckbehinderung der Ringfinger, eine Versteifung des rechten Mittelfingergelenks nach einem Unfall im Jahre 1980 und eine Bewegungseinschränkung der Hals- und Brustwirbelsäule, wahrscheinlich auf Grund degenerativer Veränderungen, ohne neurologische Störungen, an den oberen Extremitäten. Die Beweglichkeitsmaße der rechten (linken) Schulter wurden wie folgt angegeben: Vorwärts-/Rückwärtsheben 120/0/40° (170/0/50°), Außen-/Innendrehen bei abgespreiztem Arm 70/0/50° (90/0/80°), Außen-/Innendrehen bei anliegendem Arm 50/0/60° (50/0/90°) und Ab-/Anspreizen 120/0/10° (170/0/30°). Dr. O. hat ausgeführt, der zeitlich beschränkten Zuerkennung einer unfallbedingten MdE von 20 % bis zum 07.12.2008 sei deswegen zuzustimmen, weil sich die Beweglichkeit der rechten Schulter bis zu diesem Zeitpunkt offensichtlich gebessert habe. Ab dem 08.12.2008 und auch bis auf Weiteres sei von einer unfallbedingten MdE von 10 % auszugehen. Zu dem ersten Rentengutachten hat Dr. O. ausgeführt, die am 17.11.2008 erhobenen Bewegungsmaße seien bei der Erstellung des Gutachtens am 15.01.2009 bereits überholt gewesen. Dem späteren Vorschlag von PD Dr. M. aus seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 28.01.2010 könne deswegen nicht zugestimmt werden, weil weder "eine Bewegungseinschränkung ohne Aussicht auf Besserung" noch ein "langer komplexer Behandlungsverlauf" Grundlage einer Einschätzung der MdE sein könnten, sondern nur das verbliebene Funktionsausmaß der rechten Schulter. Die von PD Dr. M. für die Untersuchungen vom 08.04. und 23.07.2009 mitgeteilten Bewegungsmaße entsprächen im Wesentlichen jenen, die auch bei der Begutachtung vorgefunden worden seien.
Mit Urteil vom 16.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die MdE richte sich in der gesetzlichen Unfallversicherung nach der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, also dem so genannten allgemeinen Arbeitsmarkt. Dabei komme es regelmäßig auf den bisherigen Beruf oder die bisherige berufliche Tätigkeit nicht an. Die MdE sei unter Beachtung des Einzelfalls nach den im unfallrechtlichen und unfallmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Regel- und Normsätzen als Anhaltspunkten zu ermitteln. Hiernach bestehe bei dem Kläger über den 07.12.2008 hinaus keine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 % mehr. Auf Grund der nur relativ geringfügigen Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks (Abduktion bis 130° und Anteversion bis 120°) sei eine höhere Bewertung als 10 % auch unter Berücksichtigung der abweichenden Auffassung von PD Dr. M. nicht möglich. Eine MdE von 20 % werde erst dann ausgelöst, wenn der Arm "nur noch um 90° zu heben" sei (Verweis auf Thomann/Schul¬ter/Gros¬ser, Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung, 2009, S. 179 ff., und auf Schönberger/Mehr¬tens/Va¬lentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 523).
Am 30.12.2010 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er trägt vor, die Beweglichkeit der rechten Schulter habe sich nicht gebessert, auch habe er nach wie vor Schmerzen. Das erste Gutachten treffe (auch) seinen heutigen Gesundheitszustand.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 24. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2009 zu verurteilen, ihm über den 07. Dezember 2008 hinaus eine Verletztenrente auf der Grundlage einer unfallbedingten MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des SG und ihre Entscheidungen.
Der Senat hat den Beteiligten unter dem 25.02.2011 mitgeteilt, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zurückzuweisen, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 28.03.2011 gegeben.
II.
Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Das SG hat in dem angegriffenen Urteil die rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), insbesondere des Zusammenhangs zwischen dem Versicherungsfall Arbeitsunfall und den unfallbedingten Einschränkungen des Leistungsvermögens und der Ermittlung der MdE zutreffend dargestellt. Zu Recht hat das SG insbesondere ausgeführt, dass sich die MdE nach dem verbliebenen Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt richtet und etwaige besondere Anforderungen aus dem bisherigen Beruf des Versicherten unberücksichtigt bleiben (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Der Senat verweist daher nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des SG.
Auch der Senat ist zu der Auffassung gelangt, dass bei dem Kläger über den 07.12.2008 hinaus keine unfallbedingte MdE von mindestens 20 % verblieben ist, die aber für einen Anspruch auf eine Verletztenrente notwendig ist (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Bei Schulterverletzungen ergeben sich eine MdE von 30 % bei einer Schultergelenksversteifung mit einer Abduktion (Abspreizen) von 30°, eine MdE von 20 % bei einer Bewegungseinschränkung mit einer Restbeweglichkeit vorwärts/seitwärts bis 90° und eine MdE von 10 % bei einer entsprechenden Rest¬be¬weg¬lichkeit bis zu 120°, jeweils bei freier Rotation (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 523). Wie allgemein bei der Bewertung einer unfallbedingten MdE berücksichtigen diese Werte auch die üblichen, durch die fragliche Verletzung typischerweise verursachten akuten, aber auch chronischen Schmerzen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 221 m.w.N.). Diese Werte und Grundsätze, die aus dem unfallmedizinischen Schrifttum entwickelt worden sind, können und - zur Gleichbehandlung aller Versicherten - müssen als Erfahrungswerte in der behördlichen und gerichtlichen Praxis berücksichtigt werden, sie stellen daher antizipierte Sachverständigengutachten dar (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 24/00 R, Juris, Rn. 28 ff.). Eine Abweichung wegen besonderer Umstände des Einzelfalls ist möglich und geboten.
Bei dem Kläger nun ist nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. O. an der rechten Schulter ein Abspreizen bis zu 120° möglich. Dieser Wert führt zu einer MdE von 10 %. Entgegen der Ansicht des Klägers zeigen diese Werte, dass sich die Beweglichkeit des rechten Schultergelenks gegenüber der Zeit nach dem Unfall, aber auch gegenüber den Feststellungen von PD Dr. M. und Dr. R. aus dem ersten Rentengutachten, denen eine Untersuchung des Klägers am 17.11.2008 zu Grunde lag, verbessert hat. Die vom Kläger geklagten Schmerzen sind mit umfasst. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Schmerzen erheblich über das Maß hinausgehen, das allgemein mit einer Schulterverletzung verbunden ist, wie sie der Kläger erlitten hat. Es liegen daher auch keine besonderen Umstände vor, die dazu führen könnten, von den genannten Werten abzuweichen. Ebenso wie das SG folgt der Senat den Feststellungen und auch den Ausführungen des Sachverständigen. In der Tat kann dem Vorschlag von PD Dr. M., eine dauerhafte MdE von 20 % anzunehmen, nicht gefolgt werden. Auch PD Dr. M. hat keine anderen oder stärkeren Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter beschrieben als Dr. O ... Nur diese sind aber, wie ausgeführt, Grundlage der Ermittlung der MdE. Dass ein Heilungsprozess besonders langwierig ist, hat unter Umständen Auswirkungen auf die Dauer einer Verletztenrente, nicht aber auf die MdE, die dieser Rente zu Grunde liegt. Entsprechend hatte die Beklagte dem Kläger auch über den Abschluss des Heilverfahrens hinaus Rente für weitere drei Monate bewilligt, weil sich die Auswirkungen der Schulterverletzung langsamer verringerten als zunächst anzunehmen gewesen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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