Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 4937/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 427/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. September 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Rückforderung von Arbeitslosengeld sowie die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.
Die 1984 geborene Klägerin beendete am 05.07.2006 ihre Ausbildung zur Mediengestalterin. Am 26.05.2006 meldete sie sich arbeitslos mit Wirkung zum 06.07.2006 und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit ihrer Unterschrift unter den schriftlichen Leistungsantrag versicherte sie u.a. das Merkblatt 1 für Arbeitslose und das Hinweisblatt aus Anlass der persönlichen Arbeitssuchendmeldung erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Mit Bescheid vom 07.07.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 06.07.2006 mit einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 9,50 EUR für 360 Kalendertage. Nachdem die Klägerin der Beklagten am 21.08.2006 telefonisch mitgeteilt hatte, sie werde ab dem 01.09.2006 ein Studium der Medienwirtschaft in Stuttgart beginnen und wolle abgemeldet werden, hob die Beklagte die Bewilligung mit Wirkung zum 01.09.2006 auf.
Am 15.09.2006 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, sie nehme das Studium nicht zum 01.09.2006 sondern erst zum 02.10.2006 auf. Daraufhin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 18.09.2006 Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 15.09.2006 in bisheriger Höhe. Mit weiterem Bescheid vom 26.09.2006 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2006. Die Klägerin bezog Arbeitslosengeld bis zum 01.10.2006.
Durch zwei Mitteilungen vom 28.05.2007 über eine Überschneidung des Leistungsbezuges mit einer Beschäftigungszeit erlangte die Beklagte Kenntnis davon, dass die Klägerin während des Leistungsbezugs in zwei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen beim Karlsruher Sportclub e.V. und der Firma Esprit Retail GmbH gestanden hatte.
Der Karlsruher Sportclub e.V. teilte mit, die Klägerin habe am 21.08.2006 4,25 Stunden gearbeitet und hierfür ein Nettoentgelt von 32,73 EUR erhalten.
Die Firma Esprit GmbH legte Bescheinigungen über Nebeneinkommen der Klägerin für die Monate Juli bis September 2006 vor. Danach war die Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeitwie folgt beschäftigt:
17.07. bis 22.07.2006 16,62 Stunden 25.07. bis 28.07.2006 17,25 Stunden 10.08. bis 12.08.2006 15,29 Stunden 15.08. bis 18.08.2006 8,18 Stunden 22.08. bis 26.08.2006 19,67 Stunden 02.09.2007 (gemeint 2006) bis 02.09.2006 5,25 Stunden 05.09.2006 bis 09.09.2006 20,34 Stunden 14.09.2006 bis 16.09.2006 16,76 Stunden 20.09.2006 bis 20.09.2006 4,98 Stunden
Ausweislich der Bescheinigungen erzielte die Klägerin hierbei ein Nettoentgelt von 241,64 EUR (Juli), 314,72 EUR (August) und 368,41 EUR (September).
Nach Anhörung der Klägerin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 26.07.2007 die Erstattung des für die Zeit vom 17.07.2006 bis 01.10.2006 gewährten Arbeitslosengeldes in Höhe von 722 EUR fest. Mit weiterem Erstattungsbescheid vom 26.07.2007 setzte die Beklagte die Erstattung der für die Zeit vom 17.07.2006 bis 01.10.2006 für die Klägerin entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 201,15 EUR fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 15.08.2007 Widerspruch ein. Zur Begründung legte sie ein nicht datiertes Schreiben der Firma Esprit GmbH vor, worin diese bestätigte, dass sich die Stundenbegrenzung von 48 Stunden auf den Monat beziehe. Leider sei es aus Personalplanungsgründen nicht immer möglich, die wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden einzuhalten. So könne es sein, dass die Klägerin in einer Woche einmal 18 Stunden, in der darauffolgenden Woche jedoch nur 8 bis 10 Stunden gearbeitet habe. Zu keiner Zeit sei jedoch die Stundenbegrenzung von 48 Stunden monatlich überschritten worden.
Mit Bescheid vom 04.09.2007 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem "17.07.2007" ganz auf mit der Begründung, sie habe ab dem 17.07.2007 eine Tätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden ausgeübt. Dadurch sei die Arbeitslosmeldung erloschen. Weiter setzte sie die Erstattung des "in der Zeit vom 17.07.2007 bis 01.10.2006" gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 722,00 EUR und der in dieser Zeit gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Höhe von 201,15 EUR fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.07.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.09.2007 zurück. Auf den Widerspruchsbescheid wird Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin am 11.10.2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Arbeitsvertrages war sie vom 01.07.2006 befristet bis zum 31.12.2006 beschäftigt. § 2 des Arbeitsvertrages trifft hinsichtlich der Arbeitszeit folgende Regelung: "Die Arbeitszeiteinteilung erfolgt durch den Arbeitgeber unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von vier Tagen. Sie stehen an allen Werktagen zur Verfügung. Eine Mindeststundenzahl von 13 Stunden im Monat gilt als vereinbart." Weiter vereinbart waren ein Stundenlohn von 7,- EUR und ein Arbeitsentgelt von "regelmäßig max. 400,- EUR pro Monat".
Weiter vorgelegt worden ist das Zeitkonto der Klägerin für die Zeit von Montag 17.07.2006 bis Samstag 28.10.2006, auf das Bezug genommen wird.
Mit Urteil vom 17.09.2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.09.2007 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2007 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung komme allein § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung mit § 48 Abs. 1 SGB X in Betracht. Zwar sei nach Erlass des Bewilligungsbescheides eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, da nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 07.07.2006 der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld durch die Aufnahme einer nicht nur kurzzeitigen Beschäftigung entfallen sei. Für die Beurteilung, ob die Beschäftigung die Zeitgrenze von 15 Stunden überschreite, sei in erster Linie auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen abzustellen. Sei die Beschäftigung danach von vorneherein darauf angelegt, die Kurzzeitigkeitsgrenze zu überschreiten, entfalle mit ihrer Aufnahme die Arbeitslosigkeit. Dies könne insbesondere der Fall sein, wenn nach dem Arbeitsvertrag der Arbeitseinsatz vom Arbeitgeber je nach Bedarf abgerufen werden könne und die Dauer des Einsatzes nicht auf eine bestimmte Stundenzahl pro Woche beschränkt sei. Nach diesen Grundsätzen sei die Klägerin ab dem 17.07.2006 nicht mehr arbeitslos gewesen. Sie habe sich im Arbeitsvertrag verpflichtet, dem Arbeitgeber an allen Werktagen zur Verfügung zu stehen, wobei die Arbeitszeiteinteilung durch den Arbeitgeber auf Abruf habe vorgenommen werden können. Dadurch sei die Einhaltung einer wöchentlichen Arbeitszeit von unter 15 Stunden nicht sichergestellt gewesen. Auch habe der Arbeitgeber in seiner Stellungnahme bestätigt, dass aus Personalplanungsgründen die Einhaltung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden nicht möglich gewesen sei.
Einer rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld stehe jedoch entgegen, dass die Voraussetzungen der § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 4 SGB X nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei zum einen ihrer Verpflichtung zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht nachgekommen. Sie habe insbesondere nicht grob fahrlässig gehandelt, indem sie die Beschäftigung der Beklagten nicht angezeigt habe. In der mündlichen Verhandlung habe sie glaubhaft angegeben, nicht damit gerechnet zu haben, dass der Arbeitslosengeldanspruch durch eine geringfügige Beschäftigung entfallen könne. Sie sei vielmehr davon ausgegangen, dass sie weiterhin arbeitslos bleibe, wenn die Arbeitszeit ihrer Nebenbeschäftigung auf den Monat gesehen unter 15 Stunden pro Woche liege. Hierbei habe es sich um einen nicht grob fahrlässigen Irrtum der Klägerin gehandelt. Es sei nämlich nicht offenkundig, dass bei einer Tätigkeit mit schwankendem wöchentlichem Arbeitsumfang für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit auf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit abzustellen sei. So habe auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung zur früheren Rechtslage unter dem Arbeitsförderungsgesetz für die Beurteilung der Kurzzeitigkeit einer Beschäftigung mit schwankenden Arbeitszeiten den voraussichtlichen Durchschnitt der Wochenarbeitszeit herangezogen. Der Irrtum der Klägerin, auf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit bei einer monatlichen Höchstarbeitszeit von 57 Stunden abzustellen, sei damit nicht grob fahrlässig. Eine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin ergebe sich auch nicht aus den Hinweisen im Merkblatt für Arbeitslose (Stand Januar 2006). Denn dieses enthalte lediglich den Hinweis, es sei jede Änderung in den Verhältnissen anzuzeigen, die für den Anspruch auf Leistungen erheblich seien. Vor diesem Hintergrund sei es nachvollziehbar und nicht grob fahrlässig, wenn die Klägerin dies so ausgelegt habe, dass sie nur diejenigen Änderungen mitzuteilen habe, die sich auf den Bezug des Arbeitslosengeldes auswirkten. Hierzu habe sie aber die aufgenommene Nebenbeschäftigung nicht gezählt. Aus denselben Gründen komme auch eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht in Betracht.
Gegen das am 07.01.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.01.2010 Berufung eingelegt. Sie trägt unter Vorlage des Merkblatts für Arbeitslose Nr. 1 (Stand Januar 2006) vor, das Merkblatt weise an verschiedenen Stellen auf die Mitteilungspflichten im Zusammenhang mit der Aufnahme einer Beschäftigung bzw. Nebentätigkeit hin. Die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben habe, das Merkblatt gelesen zu haben, hätte wissen müssen, dass mit Aufnahme einer Beschäftigung der Anspruch auf Arbeitslosengeld ganz oder teilweise entfalle. Sie sei in jedem Fall zumindest grob fahrlässig ihrer Mitteilungspflicht nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2 SGB X nicht nachgekommen. Ob eine Änderung leistungsrelevant sei, könne nicht in jedem Fall eindeutig vom Leistungsbezieher selbst festgestellt werden. Gerade deshalb enthalte das Merkblatt den Hinweis, dass jede Beschäftigung vor deren Beginn angezeigt werden solle. Völlig unberücksichtigt geblieben sei zudem, dass die Klägerin ihre Beschäftigungen gänzlich nicht mitgeteilt habe. Schließlich komme zumindest gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X eine teilweise Aufhebung in Höhe des Anrechnungsbetrages aufgrund des erzielten Einkommens in Betracht. Auf Bösgläubigkeit oder gar Verschulden komme es hierbei nicht an.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie trägt vor, eine entsprechende Verpflichtung zur Mitteilung ergebe sich nicht aus dem Merkblatt, das lediglich die Empfehlung im Sinne einer sinnvollen Wahlmöglichkeit enthalte, Beschäftigungen mitzuteilen, nicht jedoch im Sinne einer Verpflichtung. Auch sei die Aussage der Beklagten im Widerspruchsbescheid und in den Merkblättern widersprüchlich, wo zur Beurteilung der Kurzzeitigkeit einmal auf die Kalenderwoche und einmal auf die Beschäftigungswoche abgestellt werde. Schließlich sei im Aufhebungsbescheid lediglich die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 17.07.2007 aufgehoben worden, nicht jedoch die Bewilligung von Leistungen im Jahr 2006. Es sei deshalb auch fraglich, ob die Jahresfrist für die Aufhebung eingehalten worden sei.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 26.07.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.09.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2007. Ein im Erstattungsbescheid vom 26.07.2007 angeführter Änderungs-/Aufhebungsbescheid vom 06.07.2007 existiert nicht, wie dem Schreiben der Beklagten vom 20.08.2007 zu entnehmen ist, und kann deshalb auch nicht Gegenstand des Verfahrens werden. Die Aufhebung der Leistungsbewilligung ist vielmehr erstmals mit Bescheid vom 03.09.2007 erfolgt. Da neben der Erstattung des Arbeitslosengeldes in Höhe von 722,00 EUR auch die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von zusammen 201,15 EUR und damit insgesamt 923,15 EUR streitig sind, ist die Berufungssumme von 750 EUR überschritten (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Sie hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufgehoben und die Erstattung der erbrachten Leistungen sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in zutreffender Höhe festgesetzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der mit Bescheid vom 07.07.2006 bewilligten und bis zum 31.08.2006 gewährten Leistungen ist § 48 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 330 Abs. 3 SGB III).
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der mit den Bescheiden vom 18.09.2006 ab dem 15.09.2006 und vom 26.09.2006 ab dem 01.09.2006 bewilligten Leistungen ist § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III. Soweit danach ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstige jedoch gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser gem. § 330 Abs. 2 SGB III auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Denn bei Erlass dieser Bewilligungsbescheide hatte die Klägerin ihre Tätigkeit bereits aufgenommen und war deshalb nicht mehr arbeitslos, so dass diese von Beginn an rechtswidrig waren.
Unbeachtlich ist, dass die Beklagte die Aufhebungsentscheidung lediglich auf § 48 SGB X und nicht auch auf § 45 SGB X gestützt hat. Denn hierbei handelt es sich lediglich um einen Austausch der Begründung, der vorliegend unbeachtlich ist, da die Beklagte aufgrund der Regelungen in § 330 SGB III nach beiden Normen eine gebundene Entscheidung zu treffen hat (vgl. Steinwedel in KassKomm, § 48 SGB X, Rn. 8).
1. Die Klägerin war ab dem 17.07.2006 nicht mehr arbeitslos. Nach § 119 Abs. 1 SGB III ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der u.a. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit). Die Beschäftigungslosigkeit ist in § 119 Abs. 3 SGB III näher definiert. Danach steht die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammen gerechnet.
Die Kurzzeitigkeit ist vorausschauend bei Beginn der Beschäftigung zu beurteilen. Grundlage der Prognose sind die tatsächlichen Verhältnisse. Vereinbarungen der Beteiligten kommt Indizwirkung zu, sofern sie nicht durch objektive Umstände widerlegt werden. Zwar war unter Zugrundelegung der vertraglichen Bestimmungen nicht von vorneherein eine Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 15 Stunden vereinbart. Ausweislich des Arbeitsvertrages war lediglich eine Mindeststundenanzahl von 13 Stunden im Monat vereinbart. Auch ergab sich eine Begrenzung der höchstmöglichen monatlichen Arbeitszeit aus den sonstigen Vertragsvereinbarungen. Vereinbart war ein Stundenlohn in Höhe von Brutto 7,- EUR sowie ein Arbeitsentgelt von maximal 400,- EUR pro Monat. Danach war eine maximale monatliche Arbeitszeit von 57,14 Stunden (400 geteilt durch 7) vereinbart.
Allerdings war keine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart. Innerhalb des monatlichen Höchstrahmens konnte die Arbeitszeit auf Anweisung des Arbeitgebers variabel verteilt werden. Nach § 2 des Arbeitsvertrages erfolgte die Arbeitszeiteinteilung durch den Arbeitgeber unter Ankündigungsfrist von 4 Tage, der Arbeitnehmer musste an allen Werktagen zur Verfügung stehen. Schon dadurch waren Arbeitszeiten von mehr als 15 Stunden wöchentlich nicht ausgeschlossen. Es war lediglich vereinbart, die Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze in anderen Folgewochen auszugleichen. Hierzu wird im vom Arbeitgeber erstellten Merkblatt für Arbeitnehmer im Verkauf zu den Stundengrenzen ausgeführt: "Ebenso seid ihr mit dafür verantwortlich Eure Stundengrenzen zu beachten. Als geringfügig Beschäftigter (Mini-Job bis 400 EUR) könnt Ihr Euch nicht unbegrenzt einsetzen lassen, da Ihr ansonsten in die Sozialversicherungspflicht kommt. Bitte klärt im Vorfeld mit Eurem Storemanager, wieviel Stunden Ihr pro Monat arbeiten könnt und achtet auf Eure Stundengrenzen!"
Dahin gestellt bleiben kann vorliegend, ob zur Beurteilung der Kurzzeitigkeit auf die Beschäftigungswoche, beginnend mit dem Tag der erstmaligen Arbeitsaufnahme, oder auf die Kalenderwoche abzustellen ist, da die Klägerin ihre Tätigkeit am Montag den 17.07.2006 aufgenommen hat und damit die Beschäftigungswoche mit der Kalenderwoche zusammenfällt. Unbeachtlich ist auch, dass der Arbeitsvertrag auf den 01.07.2006 rückdatiert worden ist. Maßgeblich ist nämlich der Beginn der tatsächlichen Beschäftigung. Bereits in der ersten Kalenderwoche bzw. Arbeitswoche hat die Klägerin 16,62 Stunden gearbeitet, so dass die Kurzzeitigkeitsgrenze von 15 Stunden überschritten worden ist. Es lag auch keine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer vor. Gelegentlich ist eine Abweichung, wenn sie nicht vorhersehbar war und sich innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses nicht wiederholt (vgl. Brand in Niesel, SGB III, § 118 Rn. 27, BSG SozR 4100 § 115 Nr. 2). Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine gelegentliche Überschreitung vorliegt, sind die gewählten vertraglichen Vereinbarungen. Bei einem Beschäftigungsverhältnis von bis zu 12 Wochen kann die Überschreitung bis zu einem Viertel ausmachen (Brand in Niesel, SGB III, § 119 Rn. 32). Diese Grenze ist hier bei weitem überschritten. Selbst wenn man das Arbeitsverhältnis bereits ab der Kalenderwoche 27 (03.07.2006) beginnen lässt, lag in den 12 Wochen des Arbeitsverhältnisses in sechs Wochen eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze vor (Kalenderwoche 29, 30, 32, 34, 36, 37). Damit lag insgesamt keine Geringfügigkeit mehr vor.
2. Die Klägerin ist der Verpflichtung, die Aufnahme ihrer Beschäftigungen mitzuteilen, auch zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Eine Verpflichtung zur Mitteilung ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen.
Die Klägerin hätte diese Verpflichtung auch kennen müssen. Das Merkblatt für Arbeitslose 1 (Stand Januar 2006), dessen Erhalt und Kenntnisnahme die Klägerin bestätigt hat, enthält unter Ziffer 2.3 Hinweise darauf, wann bei Aufnahme einer Beschäftigung die Arbeitslosigkeit entfällt. Wörtlich wird darin ausgeführt: "Bei Aufnahme jeder Beschäftigung oder Tätigkeit prüft ihre Agentur für Arbeit, ob sie die Arbeitslosigkeit und damit den Anspruch auf Arbeitslosengeld entfallen lässt. Der Anspruch entfällt also z.B., wenn der Umfang der aufgenommenen Beschäftigung oder Tätigkeit 15 Stunden in der Kalenderwoche erreicht bzw. übersteigt. In ihrem eigenen Interesse sollten sie jede Beschäftigung oder Tätigkeit vor deren Beginn ihrer Agentur für Arbeit anzeigen." Entgegen der Auffassung der Klägerin und des SG wird hier ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass die Prüfung, ob eine Änderung der Verhältnisse leistungsrelevant ist, von der Agentur für Arbeit vorgenommen wird und deshalb alle Beschäftigungsaufnahmen zu melden sind. Das Merkblatt enthält nämlich nicht den Hinweis, dass alle Beschäftigungen mit einer 15 Stunden und mehr wöchentlich umfassenden Beschäftigung zu melden sind, sondern jede Beschäftigung oder Tätigkeit.
Der Senat teilt nicht die im angefochtenen Urteil vertretene Auffassung, das der Klägerin ausgehändigte Merkblatt enthalte lediglich den Hinweis, es sei jede Änderung in den Verhältnissen anzuzeigen, die für den Anspruch auf Leistungen erheblich seien. Vor diesem Hintergrund sei es nachvollziehbar und nicht grob fahrlässig, wenn die Klägerin dies so ausgelegt habe - wie sie auch ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben hat- , dass sie nur diejenigen Änderungen mitzuteilen habe, die sich auf den Bezug des Arbeitslosengeldes auswirkten. Hierzu habe sie aber die aufgenommene Nebenbeschäftigung nicht gezählt. Denn eine Verpflichtung zur Meldung der Nebentätigkeit ergibt sich auch aus Nr. 10 auf Seite 58 des Merkblatts. Dieses enthält folgenden Hinweis: "Sie sind verpflichtet jede Nebentätigkeit ihrer Agentur für Arbeit unverzüglich und unaufgefordert zu melden. Ihre Agentur für Arbeit wird dann entscheiden, ob und in welchem Umfang ihr Nebeneinkommen anzurechnen ist. Dabei berücksichtigt sie einen Freibetrag in Höhe von 165 EUR monatlich." Aufgrund dieses Hinweises hätte es sich der Klägerin aufdrängen müssen, dass sie ihre Nebentätigkeit anzugeben hat, aus welcher sie in jedem Monat ein den Betrag von 165,- EUR übersteigendes Einkommen erzielt hat.
3. Unbeachtlich ist, dass im Aufhebungsbescheid die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 17.07.2007 anstatt dem 17.07.2006 aufgehoben worden ist. Hierbei handelt es sich nämlich lediglich um einen offensichtlichen Schreibfehler, der gem. § 38 Abs. 1 SGB X jederzeit berichtigt werden kann. Denn die Klägerin hat im Jahr 2007 keine Leistungen von der Beklagten bezogen. Dies ergibt sich auch unter Hinzuziehung der Begründung des Bescheides, in der ausgeführt wird, in der Zeit vom 17.07.2007 bis 01.10.2006 sei Arbeitslosengeld zu Unrecht bezahlt worden. Auch die Klägerin ist davon ausgegangen, dass die Leistungsbewilligung ab dem 17.07.2006 aufgehoben worden ist.
4. Die Beklagte hat die Bewilligung auch fristgerecht aufgehoben bzw. zurückgenommen. Nach § 45 Abs. 4 SGB X; auf dessen Abs. 2 § 48 Abs. 4 SGB X verweist, wird in den Fällen von Abs. 2 Satz 3 der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Die Beklagte hat erstmals durch die am 26.05.2007 erfolgte Mitteilung Kenntnis von den Beschäftigungsverhältnissen der Klägerin erlangt, so dass die Aufhebung mit Bescheid vom 04.09.2007 noch innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bzw. § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X erfolgt ist.
5. Die Beklagte hat auch die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 335 Abs. 1 SGB III in zutreffender Höhe festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Rückforderung von Arbeitslosengeld sowie die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.
Die 1984 geborene Klägerin beendete am 05.07.2006 ihre Ausbildung zur Mediengestalterin. Am 26.05.2006 meldete sie sich arbeitslos mit Wirkung zum 06.07.2006 und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit ihrer Unterschrift unter den schriftlichen Leistungsantrag versicherte sie u.a. das Merkblatt 1 für Arbeitslose und das Hinweisblatt aus Anlass der persönlichen Arbeitssuchendmeldung erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Mit Bescheid vom 07.07.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 06.07.2006 mit einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 9,50 EUR für 360 Kalendertage. Nachdem die Klägerin der Beklagten am 21.08.2006 telefonisch mitgeteilt hatte, sie werde ab dem 01.09.2006 ein Studium der Medienwirtschaft in Stuttgart beginnen und wolle abgemeldet werden, hob die Beklagte die Bewilligung mit Wirkung zum 01.09.2006 auf.
Am 15.09.2006 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, sie nehme das Studium nicht zum 01.09.2006 sondern erst zum 02.10.2006 auf. Daraufhin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 18.09.2006 Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 15.09.2006 in bisheriger Höhe. Mit weiterem Bescheid vom 26.09.2006 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2006. Die Klägerin bezog Arbeitslosengeld bis zum 01.10.2006.
Durch zwei Mitteilungen vom 28.05.2007 über eine Überschneidung des Leistungsbezuges mit einer Beschäftigungszeit erlangte die Beklagte Kenntnis davon, dass die Klägerin während des Leistungsbezugs in zwei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen beim Karlsruher Sportclub e.V. und der Firma Esprit Retail GmbH gestanden hatte.
Der Karlsruher Sportclub e.V. teilte mit, die Klägerin habe am 21.08.2006 4,25 Stunden gearbeitet und hierfür ein Nettoentgelt von 32,73 EUR erhalten.
Die Firma Esprit GmbH legte Bescheinigungen über Nebeneinkommen der Klägerin für die Monate Juli bis September 2006 vor. Danach war die Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeitwie folgt beschäftigt:
17.07. bis 22.07.2006 16,62 Stunden 25.07. bis 28.07.2006 17,25 Stunden 10.08. bis 12.08.2006 15,29 Stunden 15.08. bis 18.08.2006 8,18 Stunden 22.08. bis 26.08.2006 19,67 Stunden 02.09.2007 (gemeint 2006) bis 02.09.2006 5,25 Stunden 05.09.2006 bis 09.09.2006 20,34 Stunden 14.09.2006 bis 16.09.2006 16,76 Stunden 20.09.2006 bis 20.09.2006 4,98 Stunden
Ausweislich der Bescheinigungen erzielte die Klägerin hierbei ein Nettoentgelt von 241,64 EUR (Juli), 314,72 EUR (August) und 368,41 EUR (September).
Nach Anhörung der Klägerin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 26.07.2007 die Erstattung des für die Zeit vom 17.07.2006 bis 01.10.2006 gewährten Arbeitslosengeldes in Höhe von 722 EUR fest. Mit weiterem Erstattungsbescheid vom 26.07.2007 setzte die Beklagte die Erstattung der für die Zeit vom 17.07.2006 bis 01.10.2006 für die Klägerin entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 201,15 EUR fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 15.08.2007 Widerspruch ein. Zur Begründung legte sie ein nicht datiertes Schreiben der Firma Esprit GmbH vor, worin diese bestätigte, dass sich die Stundenbegrenzung von 48 Stunden auf den Monat beziehe. Leider sei es aus Personalplanungsgründen nicht immer möglich, die wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden einzuhalten. So könne es sein, dass die Klägerin in einer Woche einmal 18 Stunden, in der darauffolgenden Woche jedoch nur 8 bis 10 Stunden gearbeitet habe. Zu keiner Zeit sei jedoch die Stundenbegrenzung von 48 Stunden monatlich überschritten worden.
Mit Bescheid vom 04.09.2007 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem "17.07.2007" ganz auf mit der Begründung, sie habe ab dem 17.07.2007 eine Tätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden ausgeübt. Dadurch sei die Arbeitslosmeldung erloschen. Weiter setzte sie die Erstattung des "in der Zeit vom 17.07.2007 bis 01.10.2006" gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 722,00 EUR und der in dieser Zeit gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Höhe von 201,15 EUR fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.07.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.09.2007 zurück. Auf den Widerspruchsbescheid wird Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin am 11.10.2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Arbeitsvertrages war sie vom 01.07.2006 befristet bis zum 31.12.2006 beschäftigt. § 2 des Arbeitsvertrages trifft hinsichtlich der Arbeitszeit folgende Regelung: "Die Arbeitszeiteinteilung erfolgt durch den Arbeitgeber unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von vier Tagen. Sie stehen an allen Werktagen zur Verfügung. Eine Mindeststundenzahl von 13 Stunden im Monat gilt als vereinbart." Weiter vereinbart waren ein Stundenlohn von 7,- EUR und ein Arbeitsentgelt von "regelmäßig max. 400,- EUR pro Monat".
Weiter vorgelegt worden ist das Zeitkonto der Klägerin für die Zeit von Montag 17.07.2006 bis Samstag 28.10.2006, auf das Bezug genommen wird.
Mit Urteil vom 17.09.2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.09.2007 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2007 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, als Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung komme allein § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung mit § 48 Abs. 1 SGB X in Betracht. Zwar sei nach Erlass des Bewilligungsbescheides eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, da nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 07.07.2006 der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld durch die Aufnahme einer nicht nur kurzzeitigen Beschäftigung entfallen sei. Für die Beurteilung, ob die Beschäftigung die Zeitgrenze von 15 Stunden überschreite, sei in erster Linie auf die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen abzustellen. Sei die Beschäftigung danach von vorneherein darauf angelegt, die Kurzzeitigkeitsgrenze zu überschreiten, entfalle mit ihrer Aufnahme die Arbeitslosigkeit. Dies könne insbesondere der Fall sein, wenn nach dem Arbeitsvertrag der Arbeitseinsatz vom Arbeitgeber je nach Bedarf abgerufen werden könne und die Dauer des Einsatzes nicht auf eine bestimmte Stundenzahl pro Woche beschränkt sei. Nach diesen Grundsätzen sei die Klägerin ab dem 17.07.2006 nicht mehr arbeitslos gewesen. Sie habe sich im Arbeitsvertrag verpflichtet, dem Arbeitgeber an allen Werktagen zur Verfügung zu stehen, wobei die Arbeitszeiteinteilung durch den Arbeitgeber auf Abruf habe vorgenommen werden können. Dadurch sei die Einhaltung einer wöchentlichen Arbeitszeit von unter 15 Stunden nicht sichergestellt gewesen. Auch habe der Arbeitgeber in seiner Stellungnahme bestätigt, dass aus Personalplanungsgründen die Einhaltung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden nicht möglich gewesen sei.
Einer rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld stehe jedoch entgegen, dass die Voraussetzungen der § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 4 SGB X nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei zum einen ihrer Verpflichtung zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht nachgekommen. Sie habe insbesondere nicht grob fahrlässig gehandelt, indem sie die Beschäftigung der Beklagten nicht angezeigt habe. In der mündlichen Verhandlung habe sie glaubhaft angegeben, nicht damit gerechnet zu haben, dass der Arbeitslosengeldanspruch durch eine geringfügige Beschäftigung entfallen könne. Sie sei vielmehr davon ausgegangen, dass sie weiterhin arbeitslos bleibe, wenn die Arbeitszeit ihrer Nebenbeschäftigung auf den Monat gesehen unter 15 Stunden pro Woche liege. Hierbei habe es sich um einen nicht grob fahrlässigen Irrtum der Klägerin gehandelt. Es sei nämlich nicht offenkundig, dass bei einer Tätigkeit mit schwankendem wöchentlichem Arbeitsumfang für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit auf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit abzustellen sei. So habe auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung zur früheren Rechtslage unter dem Arbeitsförderungsgesetz für die Beurteilung der Kurzzeitigkeit einer Beschäftigung mit schwankenden Arbeitszeiten den voraussichtlichen Durchschnitt der Wochenarbeitszeit herangezogen. Der Irrtum der Klägerin, auf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit bei einer monatlichen Höchstarbeitszeit von 57 Stunden abzustellen, sei damit nicht grob fahrlässig. Eine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin ergebe sich auch nicht aus den Hinweisen im Merkblatt für Arbeitslose (Stand Januar 2006). Denn dieses enthalte lediglich den Hinweis, es sei jede Änderung in den Verhältnissen anzuzeigen, die für den Anspruch auf Leistungen erheblich seien. Vor diesem Hintergrund sei es nachvollziehbar und nicht grob fahrlässig, wenn die Klägerin dies so ausgelegt habe, dass sie nur diejenigen Änderungen mitzuteilen habe, die sich auf den Bezug des Arbeitslosengeldes auswirkten. Hierzu habe sie aber die aufgenommene Nebenbeschäftigung nicht gezählt. Aus denselben Gründen komme auch eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht in Betracht.
Gegen das am 07.01.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.01.2010 Berufung eingelegt. Sie trägt unter Vorlage des Merkblatts für Arbeitslose Nr. 1 (Stand Januar 2006) vor, das Merkblatt weise an verschiedenen Stellen auf die Mitteilungspflichten im Zusammenhang mit der Aufnahme einer Beschäftigung bzw. Nebentätigkeit hin. Die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben habe, das Merkblatt gelesen zu haben, hätte wissen müssen, dass mit Aufnahme einer Beschäftigung der Anspruch auf Arbeitslosengeld ganz oder teilweise entfalle. Sie sei in jedem Fall zumindest grob fahrlässig ihrer Mitteilungspflicht nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2 SGB X nicht nachgekommen. Ob eine Änderung leistungsrelevant sei, könne nicht in jedem Fall eindeutig vom Leistungsbezieher selbst festgestellt werden. Gerade deshalb enthalte das Merkblatt den Hinweis, dass jede Beschäftigung vor deren Beginn angezeigt werden solle. Völlig unberücksichtigt geblieben sei zudem, dass die Klägerin ihre Beschäftigungen gänzlich nicht mitgeteilt habe. Schließlich komme zumindest gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X eine teilweise Aufhebung in Höhe des Anrechnungsbetrages aufgrund des erzielten Einkommens in Betracht. Auf Bösgläubigkeit oder gar Verschulden komme es hierbei nicht an.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie trägt vor, eine entsprechende Verpflichtung zur Mitteilung ergebe sich nicht aus dem Merkblatt, das lediglich die Empfehlung im Sinne einer sinnvollen Wahlmöglichkeit enthalte, Beschäftigungen mitzuteilen, nicht jedoch im Sinne einer Verpflichtung. Auch sei die Aussage der Beklagten im Widerspruchsbescheid und in den Merkblättern widersprüchlich, wo zur Beurteilung der Kurzzeitigkeit einmal auf die Kalenderwoche und einmal auf die Beschäftigungswoche abgestellt werde. Schließlich sei im Aufhebungsbescheid lediglich die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 17.07.2007 aufgehoben worden, nicht jedoch die Bewilligung von Leistungen im Jahr 2006. Es sei deshalb auch fraglich, ob die Jahresfrist für die Aufhebung eingehalten worden sei.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 26.07.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.09.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2007. Ein im Erstattungsbescheid vom 26.07.2007 angeführter Änderungs-/Aufhebungsbescheid vom 06.07.2007 existiert nicht, wie dem Schreiben der Beklagten vom 20.08.2007 zu entnehmen ist, und kann deshalb auch nicht Gegenstand des Verfahrens werden. Die Aufhebung der Leistungsbewilligung ist vielmehr erstmals mit Bescheid vom 03.09.2007 erfolgt. Da neben der Erstattung des Arbeitslosengeldes in Höhe von 722,00 EUR auch die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von zusammen 201,15 EUR und damit insgesamt 923,15 EUR streitig sind, ist die Berufungssumme von 750 EUR überschritten (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Sie hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufgehoben und die Erstattung der erbrachten Leistungen sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in zutreffender Höhe festgesetzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der mit Bescheid vom 07.07.2006 bewilligten und bis zum 31.08.2006 gewährten Leistungen ist § 48 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 330 Abs. 3 SGB III).
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der mit den Bescheiden vom 18.09.2006 ab dem 15.09.2006 und vom 26.09.2006 ab dem 01.09.2006 bewilligten Leistungen ist § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III. Soweit danach ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstige jedoch gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser gem. § 330 Abs. 2 SGB III auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Denn bei Erlass dieser Bewilligungsbescheide hatte die Klägerin ihre Tätigkeit bereits aufgenommen und war deshalb nicht mehr arbeitslos, so dass diese von Beginn an rechtswidrig waren.
Unbeachtlich ist, dass die Beklagte die Aufhebungsentscheidung lediglich auf § 48 SGB X und nicht auch auf § 45 SGB X gestützt hat. Denn hierbei handelt es sich lediglich um einen Austausch der Begründung, der vorliegend unbeachtlich ist, da die Beklagte aufgrund der Regelungen in § 330 SGB III nach beiden Normen eine gebundene Entscheidung zu treffen hat (vgl. Steinwedel in KassKomm, § 48 SGB X, Rn. 8).
1. Die Klägerin war ab dem 17.07.2006 nicht mehr arbeitslos. Nach § 119 Abs. 1 SGB III ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der u.a. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit). Die Beschäftigungslosigkeit ist in § 119 Abs. 3 SGB III näher definiert. Danach steht die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammen gerechnet.
Die Kurzzeitigkeit ist vorausschauend bei Beginn der Beschäftigung zu beurteilen. Grundlage der Prognose sind die tatsächlichen Verhältnisse. Vereinbarungen der Beteiligten kommt Indizwirkung zu, sofern sie nicht durch objektive Umstände widerlegt werden. Zwar war unter Zugrundelegung der vertraglichen Bestimmungen nicht von vorneherein eine Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 15 Stunden vereinbart. Ausweislich des Arbeitsvertrages war lediglich eine Mindeststundenanzahl von 13 Stunden im Monat vereinbart. Auch ergab sich eine Begrenzung der höchstmöglichen monatlichen Arbeitszeit aus den sonstigen Vertragsvereinbarungen. Vereinbart war ein Stundenlohn in Höhe von Brutto 7,- EUR sowie ein Arbeitsentgelt von maximal 400,- EUR pro Monat. Danach war eine maximale monatliche Arbeitszeit von 57,14 Stunden (400 geteilt durch 7) vereinbart.
Allerdings war keine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart. Innerhalb des monatlichen Höchstrahmens konnte die Arbeitszeit auf Anweisung des Arbeitgebers variabel verteilt werden. Nach § 2 des Arbeitsvertrages erfolgte die Arbeitszeiteinteilung durch den Arbeitgeber unter Ankündigungsfrist von 4 Tage, der Arbeitnehmer musste an allen Werktagen zur Verfügung stehen. Schon dadurch waren Arbeitszeiten von mehr als 15 Stunden wöchentlich nicht ausgeschlossen. Es war lediglich vereinbart, die Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze in anderen Folgewochen auszugleichen. Hierzu wird im vom Arbeitgeber erstellten Merkblatt für Arbeitnehmer im Verkauf zu den Stundengrenzen ausgeführt: "Ebenso seid ihr mit dafür verantwortlich Eure Stundengrenzen zu beachten. Als geringfügig Beschäftigter (Mini-Job bis 400 EUR) könnt Ihr Euch nicht unbegrenzt einsetzen lassen, da Ihr ansonsten in die Sozialversicherungspflicht kommt. Bitte klärt im Vorfeld mit Eurem Storemanager, wieviel Stunden Ihr pro Monat arbeiten könnt und achtet auf Eure Stundengrenzen!"
Dahin gestellt bleiben kann vorliegend, ob zur Beurteilung der Kurzzeitigkeit auf die Beschäftigungswoche, beginnend mit dem Tag der erstmaligen Arbeitsaufnahme, oder auf die Kalenderwoche abzustellen ist, da die Klägerin ihre Tätigkeit am Montag den 17.07.2006 aufgenommen hat und damit die Beschäftigungswoche mit der Kalenderwoche zusammenfällt. Unbeachtlich ist auch, dass der Arbeitsvertrag auf den 01.07.2006 rückdatiert worden ist. Maßgeblich ist nämlich der Beginn der tatsächlichen Beschäftigung. Bereits in der ersten Kalenderwoche bzw. Arbeitswoche hat die Klägerin 16,62 Stunden gearbeitet, so dass die Kurzzeitigkeitsgrenze von 15 Stunden überschritten worden ist. Es lag auch keine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer vor. Gelegentlich ist eine Abweichung, wenn sie nicht vorhersehbar war und sich innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses nicht wiederholt (vgl. Brand in Niesel, SGB III, § 118 Rn. 27, BSG SozR 4100 § 115 Nr. 2). Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine gelegentliche Überschreitung vorliegt, sind die gewählten vertraglichen Vereinbarungen. Bei einem Beschäftigungsverhältnis von bis zu 12 Wochen kann die Überschreitung bis zu einem Viertel ausmachen (Brand in Niesel, SGB III, § 119 Rn. 32). Diese Grenze ist hier bei weitem überschritten. Selbst wenn man das Arbeitsverhältnis bereits ab der Kalenderwoche 27 (03.07.2006) beginnen lässt, lag in den 12 Wochen des Arbeitsverhältnisses in sechs Wochen eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze vor (Kalenderwoche 29, 30, 32, 34, 36, 37). Damit lag insgesamt keine Geringfügigkeit mehr vor.
2. Die Klägerin ist der Verpflichtung, die Aufnahme ihrer Beschäftigungen mitzuteilen, auch zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Eine Verpflichtung zur Mitteilung ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen.
Die Klägerin hätte diese Verpflichtung auch kennen müssen. Das Merkblatt für Arbeitslose 1 (Stand Januar 2006), dessen Erhalt und Kenntnisnahme die Klägerin bestätigt hat, enthält unter Ziffer 2.3 Hinweise darauf, wann bei Aufnahme einer Beschäftigung die Arbeitslosigkeit entfällt. Wörtlich wird darin ausgeführt: "Bei Aufnahme jeder Beschäftigung oder Tätigkeit prüft ihre Agentur für Arbeit, ob sie die Arbeitslosigkeit und damit den Anspruch auf Arbeitslosengeld entfallen lässt. Der Anspruch entfällt also z.B., wenn der Umfang der aufgenommenen Beschäftigung oder Tätigkeit 15 Stunden in der Kalenderwoche erreicht bzw. übersteigt. In ihrem eigenen Interesse sollten sie jede Beschäftigung oder Tätigkeit vor deren Beginn ihrer Agentur für Arbeit anzeigen." Entgegen der Auffassung der Klägerin und des SG wird hier ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass die Prüfung, ob eine Änderung der Verhältnisse leistungsrelevant ist, von der Agentur für Arbeit vorgenommen wird und deshalb alle Beschäftigungsaufnahmen zu melden sind. Das Merkblatt enthält nämlich nicht den Hinweis, dass alle Beschäftigungen mit einer 15 Stunden und mehr wöchentlich umfassenden Beschäftigung zu melden sind, sondern jede Beschäftigung oder Tätigkeit.
Der Senat teilt nicht die im angefochtenen Urteil vertretene Auffassung, das der Klägerin ausgehändigte Merkblatt enthalte lediglich den Hinweis, es sei jede Änderung in den Verhältnissen anzuzeigen, die für den Anspruch auf Leistungen erheblich seien. Vor diesem Hintergrund sei es nachvollziehbar und nicht grob fahrlässig, wenn die Klägerin dies so ausgelegt habe - wie sie auch ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben hat- , dass sie nur diejenigen Änderungen mitzuteilen habe, die sich auf den Bezug des Arbeitslosengeldes auswirkten. Hierzu habe sie aber die aufgenommene Nebenbeschäftigung nicht gezählt. Denn eine Verpflichtung zur Meldung der Nebentätigkeit ergibt sich auch aus Nr. 10 auf Seite 58 des Merkblatts. Dieses enthält folgenden Hinweis: "Sie sind verpflichtet jede Nebentätigkeit ihrer Agentur für Arbeit unverzüglich und unaufgefordert zu melden. Ihre Agentur für Arbeit wird dann entscheiden, ob und in welchem Umfang ihr Nebeneinkommen anzurechnen ist. Dabei berücksichtigt sie einen Freibetrag in Höhe von 165 EUR monatlich." Aufgrund dieses Hinweises hätte es sich der Klägerin aufdrängen müssen, dass sie ihre Nebentätigkeit anzugeben hat, aus welcher sie in jedem Monat ein den Betrag von 165,- EUR übersteigendes Einkommen erzielt hat.
3. Unbeachtlich ist, dass im Aufhebungsbescheid die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 17.07.2007 anstatt dem 17.07.2006 aufgehoben worden ist. Hierbei handelt es sich nämlich lediglich um einen offensichtlichen Schreibfehler, der gem. § 38 Abs. 1 SGB X jederzeit berichtigt werden kann. Denn die Klägerin hat im Jahr 2007 keine Leistungen von der Beklagten bezogen. Dies ergibt sich auch unter Hinzuziehung der Begründung des Bescheides, in der ausgeführt wird, in der Zeit vom 17.07.2007 bis 01.10.2006 sei Arbeitslosengeld zu Unrecht bezahlt worden. Auch die Klägerin ist davon ausgegangen, dass die Leistungsbewilligung ab dem 17.07.2006 aufgehoben worden ist.
4. Die Beklagte hat die Bewilligung auch fristgerecht aufgehoben bzw. zurückgenommen. Nach § 45 Abs. 4 SGB X; auf dessen Abs. 2 § 48 Abs. 4 SGB X verweist, wird in den Fällen von Abs. 2 Satz 3 der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Die Beklagte hat erstmals durch die am 26.05.2007 erfolgte Mitteilung Kenntnis von den Beschäftigungsverhältnissen der Klägerin erlangt, so dass die Aufhebung mit Bescheid vom 04.09.2007 noch innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X bzw. § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X erfolgt ist.
5. Die Beklagte hat auch die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 335 Abs. 1 SGB III in zutreffender Höhe festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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