Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 RA 00114/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 RA 2884/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Mai 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt neu gefasst wird: Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2001 wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger eine höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit zu gewähren ist.
Der Kläger war zuletzt bei der Fa. G.F.S. GmbH als "C.-M." beschäftigt. Der am 15. November 1994 geschlossene Anstellungsvertrag sieht in § 2 Ziff. 5 vor: "Das Anstellungsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der/die Mitarbeiter/in das 60. Lebensjahr vollendet hat, ohne daß es einer Kündigung bedarf." Dem Anstellungsvertrag war kein anderer unbefristeter Vertrag des Klägers mit der Fa. G.F.S. vorausgegangen.
Im März 1999 bat der Kläger unter Vorlage des Anstellungsvertrages die Beklagte zu prüfen, ob er die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung (a. F.). erfülle. Mit Bescheid vom 8. April 1999 bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass die Vertrauensschutzregelung bei ihm nicht zum Tragen komme. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde von der Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 1999 zurückgewiesen. Die Beklagte verwies auf ihre, durch ein entsprechendes Besprechungsergebnis der Spitzenverbände gestützte Ansicht, dass nur ein Aufhebungsvertrag oder eine vereinbarte Befristung eine Vereinbarung über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a. F. darstelle, nicht aber eine sonstige Regelung über das Ende des Arbeitsverhältnisses in einem Arbeitsvertrag. Diese sei (auch) keine Befristung i. S. des § 237 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F., sondern nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) lediglich eine auflösende Bedingung.
Dem folgte das vom Kläger angerufene Sozialgericht Reutlingen im Urteil vom 23. November 2000 (S 6 RA 2951/99) nicht. Zur Begründung führte es aus, dass die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. eine konkrete individuelle Vereinbarung verlange. Die Regelung in § 2 Nr. 5 des Arbeitsvertrages des Klägers erfülle aber die Voraussetzungen, denn mit Kenntnis des Geburtstages des Klägers sei eindeutig und offensichtlich fixiert, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers am 31. Juli 1999 ende.
Nachdem die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt hatte (L 10 RA 716/01), einigten sich die Beteiligten am 21. Juni 2001 vergleichsweise, dass die Beklagte den Bescheid vom 8. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 zurücknimmt und über den zwischenzeitlich vom Kläger gestellten Rentenantrag vom 30. November 1999, über den mit Rentenbescheid vom 31. Januar 2000 - ohne Gewährung von Vertrauensschutz - entschieden worden war, sowie über die Anwendbarkeit der Vertrauensschutzregelung neu entscheidet.
Letzteres geschah mit Bescheid vom 24. Juli und Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2001. Die Beklagte gewährte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. März 2000, kam aber wiederum zu dem Ergebnis, dass § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. nicht zur Anwendung kommt. Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente um 24 Kalendermonate verminderte sich der Zugangsfaktor für die Rente von 1,0 auf 0,928. Die hiergegen erhobene Klage des Klägers (S 6 RA 114/02) war wiederum erfolgreich. Mit Urteil vom 8. Mai 2002 hob das Sozialgericht Reutlingen den Bescheid vom 24. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2001 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger unter Anwendung des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. eine höhere Rente zu gewähren.
Gegen das ihr am 11. Juli 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. August 2002 Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin ihre oben dargestellte Rechtsansicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Mai 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Eine konkrete individuelle Vereinbarung im Sinne der Vertrauensschutzregelung liege vor.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats (jeweils für die genannten Verfahren) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet. Die Vertrauensschutzregelung des § 237 SGB VI kommt im Fall des Klägers zur Anwendung.
§ 237 SGB VI regelt als Übergangsvorschrift die Gewährung von Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Die Vorschrift ist an die Stelle des durch das Rentenreformgesetz 1999 (RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I 2998) mit Wirkung zum 1. Januar 2000 aufgehobenen § 38 SGB VI getreten. § 237 Abs. 3 SGB VI sieht nach Maßgabe der Anlage 19 zum SGB VI eine stufenweise Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren für Versicherte vor, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind. Für bis zum 14. Februar 1941 geborene Versicherte, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 14. Februar 1996 erfolgt ist, nach dem 13. Februar 1996 beendet worden ist und die daran anschließend arbeitslos geworden sind, ist ein günstigeres Ansteigen der Altersgrenze von 60 Jahren vorgesehen. Diese Regelung fand sich bis 31. Dezember 1999 (Geltungszeitraum) in § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI (a. F.), seither findet sie sich (infolge der Änderungen durch das RRG 1999) gleichlautend in § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI. Einer vor dem 14. Februar 1996 abgeschlossenen Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht eine vor diesem Tag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses oder Bewilligung einer befristeten arbeitsmarktpolitischen Maßnahme gleich (§ 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI). Kommt die Privilegierung nicht zur Anwendung, erfolgen bei einer möglichen vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente (§ 237 Abs. 3 Sätze 2 und 3 SGB VI) Abschläge nach § 63 Abs. 5, § 77 Abs. 2 SGB VI. Im Rentenbescheid des Klägers vom 24. Juli 2001 sind solche Abschläge auch vorgenommen worden, deren rechnerische Richtigkeit hier nicht im Streit steht. Die - hier von den Beteiligten ebenfalls nicht in Zweifel gezogene - Verfassungsmäßigkeit der vorgezogenen Anhebung der Altersgrenze und der Vertrauensschutzregelungen hat das Bundessozialgericht (BSG) erst jüngst bestätigt (Urteile vom 25. Februar 2004 - B 5 RJ 44/02 R - und - B 5 RJ 62/02 R -).
Auf den Rentenantrag des Klägers vom 30. November 1999 hatte die Beklagte über den Anspruch des Klägers auf Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit zu entscheiden. Da der Kläger die Gewährung zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich ab 1. März 2000, beantragt hat, ist die maßgebliche Regelung über die Anhebung der Altersgrenze § 237 Abs. 4 SGB VI in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung des RRG 1999 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI). Insoweit ist der angefochtene Urteilsausspruch, der auf § 237 Abs. 2 SGB VI abstellt, abzuändern.
Wie ausgeführt geht § 237 Abs. 4 SGB VI auf § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. zurück. Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Überganges in den Ruhestand vom 23. Juli 1996 (BGBl. I 1078) eingeführt. Das Ziel des Gesetzes bestand darin, eine Alternative zu der bis dahin gängigen (auf § 38 SGB VI beruhenden) Praxis der Frühverrentung zu schaffen, die zu großen finanziellen Belastungen für die Renten- und die Arbeitslosenversicherung geführt hatte (BT-Drs. 13/4336, S. 14 zu A I). Eine der Maßnahmen war, die nach dem Rentenreformgesetz 1992 bereits vorgesehene Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit vorzuziehen. Flankiert wurde dies durch eine Vertrauensschutzregelung, zu der die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/4336, S. 16 zu III, letzter Absatz) ausführt:
"Das Vertrauen der Versicherten der rentennahen Jahrgänge, die bereits arbeitslos sind oder aber in der Aussicht auf eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit Dispositionen getroffen haben, die zur Arbeitslosigkeit führen werden, wird durch eine Übergangsregelung geschützt. Diese Personen sind von der Anhebung der Altersgrenze für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ausgenommen."
Der Gesetzgeber wollte also den Versicherten, die am Stichtag (der dem Datum des Beschlusses des Eckpunktepapiers durch das Bundeskabinett entspricht, so BT-Drs. 13/4336, S. 24 zu Nr. 17) bereits 55 Jahre alt waren, Vertrauensschutz eröffnen. Schützenswertes Vertrauen sah er einerseits bei Versicherten, die am Stichtag bereits arbeitslos waren (§ 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI a. F.), sowie - insoweit gleichwertig - Versicherten, denen zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt worden war (§ 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b 1. Alternative SGB VI a. F.). Worin hier die Betätigung schutzwürdigen Vertrauens besteht, lässt die Gesetzesbegründung nicht eindeutig erkennen. Es liegt aber nahe, dass der Gesetzgeber vor allem diejenigen privilegieren wollte, die im Hinblick auf die (nach dem früheren Recht) bestehende Möglichkeit, bei Arbeitslosigkeit unter erleichterten Voraussetzungen Altersrente zu erlangen, ihren Arbeitsplatz aufgegeben, sich nicht gegen dessen Verlust gewehrt oder sich nicht ausreichend um einen neuen Arbeitsplatz gekümmert haben. Erfasst wurden daneben zwangsläufig auch alle anderen Versicherten, die unabhängig von der Frage einer möglichen Berentung arbeitslos waren oder denen ohne Zusammenhang mit einer geplanten Rentenantragstellung gekündigt worden war.
Andere Versicherte als Arbeitslose oder gekündigte Versicherte sollen nach der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachte Vorstellung des Gesetzgebers dann geschützt werden, wenn sie im Hinblick darauf, alsbald eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zu erhalten, am Stichtag bereits ihr Vertrauen betätigt und sich mit ihrem Einverständnis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnis Rechtspositionen begeben haben (§ 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b 2. Alternative SGB VI a. F.). Verlangt wird hier also ein Zusammenhang zwischen der erwarteten Altersrente und der Aufgabe des Arbeitsplatzes (Disposition).
Der Versicherte trifft eine solche Disposition, wenn er einen Auflösungsvertrag schließt. Dieser zeigt auch im Bewusstsein der Beteiligten eine gewisse Nähe zur Arbeitgeberkündigung auf, wird er doch nicht selten zu deren Vermeidung abgeschlossen. Eine solche Disposition liegt aber auch vor, wenn der Versicherte durch Hinnahme einer Kündigung oder Abschluss eines Auflösungsvertrages sich damit einverstanden erklärt, dass ein bestehendes unbefristetes Arbeitsverhältnis endet, dem ein neues, diesmal befristetes Arbeitsverhältnis folgt. Diese Konstellation findet sich in zahlreichen Fällen von Vereinbarungen zwischen Versicherten und Arbeitnehmern über einen "gleitenden Eintritt in den Ruhestand" und ist von der Rechtsprechung als Anwendungsfall des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI a. F. oder des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI nie in Zweifel gezogen worden (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 27. Juni 2002 - L 1 RA 239/01; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Oktober 2002 - L 18 RA 35/02; SG Darmstadt, Urteil vom 12. November 2002 - S 6 RA 892/02; SG Berlin, Urteil vom 27. Februar 2003 - S 1 RA 6704/02; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 5. März 2003 - L 13 RA 2085/02; Urteil vom 16. Juli 2003 - L 2 RJ 3114/02; Urteil vom 5. August 2003 - L 13 RA 4945/02).
Stand der Versicherte - wie hier der Kläger - vor Abschluss des befristeten Arbeitsverhältnisses nicht in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber, fehlt es - an sich - an einer solchen Disposition. Denn der Versicherte hat sein Einverständnis mit dem Verlust des Arbeitsplatzes zugleich mit dessen Erlangung gegeben. Geht der Versicherte ein Arbeitsverhältnis ein, dessen Ende vor Erreichen des regulären Rentenalters bereits im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist, dann hat er am Stichtag auf nichts verzichtet, sondern nur von vornherein weniger erlangt. Er hat damit kein schutzwürdiges Vertrauen ausgeübt.
Es liegen jedoch ausreichende Hinweise vor, dass auch diese Fälle nach der Intention des Gesetzgebers erfasst werden sollen. Nach § 237 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. und § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI wird die vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnis der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichgestellt. Satz 2 ist auf Anregung des Bundesrates (BT-Drs. 13/4719 S. 2 Nr. 3) aus Gründen der Klarstellung eingefügt worden (BT-Drs. 13/4719, S. 3 zu Nr. 3). Die Gleichstellung der Befristung mit der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses lag aber bereits dem (ursprünglichen) Gesetzentwurf zugrunde, wie die Gesetzesbegründung zeigt (BT-Drs. 13/4336, S. 24 zu Nr. 17: "Für den Vertrauensschutz nach Absatz 2 Nr. 1 Buchstabe b ist ausschließlich entscheidend, daß das Arbeitsverhältnis vor dem 14. Februar 1996 beendet worden ist. Dem steht eine vor dem Stichtag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses gleich.").
Eine Unterscheidung danach, ob dem befristeten Arbeitsverhältnis eines Versicherten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber voranging, findet im Wortlaut des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. und des § 237 Abs. 4 SGB VI keine Stütze. Sie wäre auch nicht sachgerecht. Denn es ist durchaus der Fall denkbar, dass ein Versicherter im Vertrauen auf den Fortbestand der Möglichkeit, eine Rente wegen Arbeitslosigkeit zu erlangen, von vornherein nur ein Arbeitsverhältnis eingeht, das bei Vollendung des 60. Lebensjahres endet, obwohl er ein insoweit nicht befristetes Arbeitsverhältnis hätte behalten oder erlangen können. Hierbei kann es auch zum Wechsel des Arbeitgebers kommen. Die Motivation des Versicherten ist jedoch für einen Rentenversicherungsträger nicht erkennbar, vom Versicherten kaum nachweisbar, somit kein unter den Voraussetzungen einer Massenverwaltung geeignetes Abgrenzungskriterium.
Daher ist auch der Fall, dass ein Versicherter ein befristetes Arbeitsverhältnis bei einem Arbeitgeber eingeht, dem kein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei einem solchen vorangegangen ist, als Fall des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. und § 237 Abs. 4 SGB anzusehen.
Die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnis, das mit der Erreichung des 60. Lebensjahres endet, ist auch als hinreichend konkrete Vereinbarung anzusehen und nicht etwa dem Fall gleichzustellen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einem nicht sicher eintretenden Ereignis abhängig gemacht wird, wie der Zubilligung einer Rente (vgl. Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, RV II – SGB VI, § 237 SGB VI Rdnr. 57).
Aus der von der Beklagten angeführten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/94 - DB 1986, 281), wonach eine Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze eine auflösende Bedingung darstellt, kann nicht geschlossen werden kann, dass damit keine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses i. S. des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI vorliegt. Nach der Gesetzesbegründung bestehen keine Hinweise darauf, dass dem Gesetzgeber diese in einem anderen Zusammenhang ergangene Rechtsprechung bei Schaffung der Vorschrift des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F./§ 237 Abs. 4 SGB VI vor Augen gestanden ist. Dem Sozialrecht ist hier eine eigenständige Bewertung zuzubilligen, die einer erweiterten Auslegung der Vorschrift zugänglich ist (ebenso Klattenhoff in: Hauck/Noftz, § 237 SGB VI Rn. 74 [dort Fn. 210]).
Da die Regelung im Anstellungsvertrag des Klägers die aufgezeigten Anforderungen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung erfüllt, kann sich der Kläger auf § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b und Satz 2 SGB VI berufen. Die weiteren Voraussetzungen der Gewährung einer Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit sind zwischen den Beteiligten nicht streitig. Unerheblich ist, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses arbeitsrechtlich überhaupt zulässig war, denn es ist nicht erkennbar, dass sich der Kläger hierauf berufen hätte. Da der Kläger vor 1941 geboren ist, ist die Altersgrenze nach der Tabelle in § 237 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nicht anzuheben, damit auch der Zugangsfaktors nicht wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente zu vermindern. Die Berufung war daher mit der Maßgabe, diese Rechtsfolge im Tenor auszudrücken, zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger eine höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit zu gewähren ist.
Der Kläger war zuletzt bei der Fa. G.F.S. GmbH als "C.-M." beschäftigt. Der am 15. November 1994 geschlossene Anstellungsvertrag sieht in § 2 Ziff. 5 vor: "Das Anstellungsverhältnis endet mit Ablauf des Monats, in dem der/die Mitarbeiter/in das 60. Lebensjahr vollendet hat, ohne daß es einer Kündigung bedarf." Dem Anstellungsvertrag war kein anderer unbefristeter Vertrag des Klägers mit der Fa. G.F.S. vorausgegangen.
Im März 1999 bat der Kläger unter Vorlage des Anstellungsvertrages die Beklagte zu prüfen, ob er die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung (a. F.). erfülle. Mit Bescheid vom 8. April 1999 bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass die Vertrauensschutzregelung bei ihm nicht zum Tragen komme. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde von der Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 1999 zurückgewiesen. Die Beklagte verwies auf ihre, durch ein entsprechendes Besprechungsergebnis der Spitzenverbände gestützte Ansicht, dass nur ein Aufhebungsvertrag oder eine vereinbarte Befristung eine Vereinbarung über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a. F. darstelle, nicht aber eine sonstige Regelung über das Ende des Arbeitsverhältnisses in einem Arbeitsvertrag. Diese sei (auch) keine Befristung i. S. des § 237 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F., sondern nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) lediglich eine auflösende Bedingung.
Dem folgte das vom Kläger angerufene Sozialgericht Reutlingen im Urteil vom 23. November 2000 (S 6 RA 2951/99) nicht. Zur Begründung führte es aus, dass die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. eine konkrete individuelle Vereinbarung verlange. Die Regelung in § 2 Nr. 5 des Arbeitsvertrages des Klägers erfülle aber die Voraussetzungen, denn mit Kenntnis des Geburtstages des Klägers sei eindeutig und offensichtlich fixiert, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers am 31. Juli 1999 ende.
Nachdem die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt hatte (L 10 RA 716/01), einigten sich die Beteiligten am 21. Juni 2001 vergleichsweise, dass die Beklagte den Bescheid vom 8. April 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 zurücknimmt und über den zwischenzeitlich vom Kläger gestellten Rentenantrag vom 30. November 1999, über den mit Rentenbescheid vom 31. Januar 2000 - ohne Gewährung von Vertrauensschutz - entschieden worden war, sowie über die Anwendbarkeit der Vertrauensschutzregelung neu entscheidet.
Letzteres geschah mit Bescheid vom 24. Juli und Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2001. Die Beklagte gewährte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. März 2000, kam aber wiederum zu dem Ergebnis, dass § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. nicht zur Anwendung kommt. Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente um 24 Kalendermonate verminderte sich der Zugangsfaktor für die Rente von 1,0 auf 0,928. Die hiergegen erhobene Klage des Klägers (S 6 RA 114/02) war wiederum erfolgreich. Mit Urteil vom 8. Mai 2002 hob das Sozialgericht Reutlingen den Bescheid vom 24. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2001 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger unter Anwendung des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. eine höhere Rente zu gewähren.
Gegen das ihr am 11. Juli 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. August 2002 Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin ihre oben dargestellte Rechtsansicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Mai 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Eine konkrete individuelle Vereinbarung im Sinne der Vertrauensschutzregelung liege vor.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats (jeweils für die genannten Verfahren) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet. Die Vertrauensschutzregelung des § 237 SGB VI kommt im Fall des Klägers zur Anwendung.
§ 237 SGB VI regelt als Übergangsvorschrift die Gewährung von Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Die Vorschrift ist an die Stelle des durch das Rentenreformgesetz 1999 (RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I 2998) mit Wirkung zum 1. Januar 2000 aufgehobenen § 38 SGB VI getreten. § 237 Abs. 3 SGB VI sieht nach Maßgabe der Anlage 19 zum SGB VI eine stufenweise Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren für Versicherte vor, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind. Für bis zum 14. Februar 1941 geborene Versicherte, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 14. Februar 1996 erfolgt ist, nach dem 13. Februar 1996 beendet worden ist und die daran anschließend arbeitslos geworden sind, ist ein günstigeres Ansteigen der Altersgrenze von 60 Jahren vorgesehen. Diese Regelung fand sich bis 31. Dezember 1999 (Geltungszeitraum) in § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI (a. F.), seither findet sie sich (infolge der Änderungen durch das RRG 1999) gleichlautend in § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI. Einer vor dem 14. Februar 1996 abgeschlossenen Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht eine vor diesem Tag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses oder Bewilligung einer befristeten arbeitsmarktpolitischen Maßnahme gleich (§ 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI). Kommt die Privilegierung nicht zur Anwendung, erfolgen bei einer möglichen vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente (§ 237 Abs. 3 Sätze 2 und 3 SGB VI) Abschläge nach § 63 Abs. 5, § 77 Abs. 2 SGB VI. Im Rentenbescheid des Klägers vom 24. Juli 2001 sind solche Abschläge auch vorgenommen worden, deren rechnerische Richtigkeit hier nicht im Streit steht. Die - hier von den Beteiligten ebenfalls nicht in Zweifel gezogene - Verfassungsmäßigkeit der vorgezogenen Anhebung der Altersgrenze und der Vertrauensschutzregelungen hat das Bundessozialgericht (BSG) erst jüngst bestätigt (Urteile vom 25. Februar 2004 - B 5 RJ 44/02 R - und - B 5 RJ 62/02 R -).
Auf den Rentenantrag des Klägers vom 30. November 1999 hatte die Beklagte über den Anspruch des Klägers auf Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit zu entscheiden. Da der Kläger die Gewährung zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich ab 1. März 2000, beantragt hat, ist die maßgebliche Regelung über die Anhebung der Altersgrenze § 237 Abs. 4 SGB VI in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung des RRG 1999 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI). Insoweit ist der angefochtene Urteilsausspruch, der auf § 237 Abs. 2 SGB VI abstellt, abzuändern.
Wie ausgeführt geht § 237 Abs. 4 SGB VI auf § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. zurück. Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Überganges in den Ruhestand vom 23. Juli 1996 (BGBl. I 1078) eingeführt. Das Ziel des Gesetzes bestand darin, eine Alternative zu der bis dahin gängigen (auf § 38 SGB VI beruhenden) Praxis der Frühverrentung zu schaffen, die zu großen finanziellen Belastungen für die Renten- und die Arbeitslosenversicherung geführt hatte (BT-Drs. 13/4336, S. 14 zu A I). Eine der Maßnahmen war, die nach dem Rentenreformgesetz 1992 bereits vorgesehene Anhebung der Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit vorzuziehen. Flankiert wurde dies durch eine Vertrauensschutzregelung, zu der die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/4336, S. 16 zu III, letzter Absatz) ausführt:
"Das Vertrauen der Versicherten der rentennahen Jahrgänge, die bereits arbeitslos sind oder aber in der Aussicht auf eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit Dispositionen getroffen haben, die zur Arbeitslosigkeit führen werden, wird durch eine Übergangsregelung geschützt. Diese Personen sind von der Anhebung der Altersgrenze für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ausgenommen."
Der Gesetzgeber wollte also den Versicherten, die am Stichtag (der dem Datum des Beschlusses des Eckpunktepapiers durch das Bundeskabinett entspricht, so BT-Drs. 13/4336, S. 24 zu Nr. 17) bereits 55 Jahre alt waren, Vertrauensschutz eröffnen. Schützenswertes Vertrauen sah er einerseits bei Versicherten, die am Stichtag bereits arbeitslos waren (§ 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI a. F.), sowie - insoweit gleichwertig - Versicherten, denen zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt worden war (§ 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b 1. Alternative SGB VI a. F.). Worin hier die Betätigung schutzwürdigen Vertrauens besteht, lässt die Gesetzesbegründung nicht eindeutig erkennen. Es liegt aber nahe, dass der Gesetzgeber vor allem diejenigen privilegieren wollte, die im Hinblick auf die (nach dem früheren Recht) bestehende Möglichkeit, bei Arbeitslosigkeit unter erleichterten Voraussetzungen Altersrente zu erlangen, ihren Arbeitsplatz aufgegeben, sich nicht gegen dessen Verlust gewehrt oder sich nicht ausreichend um einen neuen Arbeitsplatz gekümmert haben. Erfasst wurden daneben zwangsläufig auch alle anderen Versicherten, die unabhängig von der Frage einer möglichen Berentung arbeitslos waren oder denen ohne Zusammenhang mit einer geplanten Rentenantragstellung gekündigt worden war.
Andere Versicherte als Arbeitslose oder gekündigte Versicherte sollen nach der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachte Vorstellung des Gesetzgebers dann geschützt werden, wenn sie im Hinblick darauf, alsbald eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zu erhalten, am Stichtag bereits ihr Vertrauen betätigt und sich mit ihrem Einverständnis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnis Rechtspositionen begeben haben (§ 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b 2. Alternative SGB VI a. F.). Verlangt wird hier also ein Zusammenhang zwischen der erwarteten Altersrente und der Aufgabe des Arbeitsplatzes (Disposition).
Der Versicherte trifft eine solche Disposition, wenn er einen Auflösungsvertrag schließt. Dieser zeigt auch im Bewusstsein der Beteiligten eine gewisse Nähe zur Arbeitgeberkündigung auf, wird er doch nicht selten zu deren Vermeidung abgeschlossen. Eine solche Disposition liegt aber auch vor, wenn der Versicherte durch Hinnahme einer Kündigung oder Abschluss eines Auflösungsvertrages sich damit einverstanden erklärt, dass ein bestehendes unbefristetes Arbeitsverhältnis endet, dem ein neues, diesmal befristetes Arbeitsverhältnis folgt. Diese Konstellation findet sich in zahlreichen Fällen von Vereinbarungen zwischen Versicherten und Arbeitnehmern über einen "gleitenden Eintritt in den Ruhestand" und ist von der Rechtsprechung als Anwendungsfall des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI a. F. oder des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI nie in Zweifel gezogen worden (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 27. Juni 2002 - L 1 RA 239/01; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. Oktober 2002 - L 18 RA 35/02; SG Darmstadt, Urteil vom 12. November 2002 - S 6 RA 892/02; SG Berlin, Urteil vom 27. Februar 2003 - S 1 RA 6704/02; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 5. März 2003 - L 13 RA 2085/02; Urteil vom 16. Juli 2003 - L 2 RJ 3114/02; Urteil vom 5. August 2003 - L 13 RA 4945/02).
Stand der Versicherte - wie hier der Kläger - vor Abschluss des befristeten Arbeitsverhältnisses nicht in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber, fehlt es - an sich - an einer solchen Disposition. Denn der Versicherte hat sein Einverständnis mit dem Verlust des Arbeitsplatzes zugleich mit dessen Erlangung gegeben. Geht der Versicherte ein Arbeitsverhältnis ein, dessen Ende vor Erreichen des regulären Rentenalters bereits im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist, dann hat er am Stichtag auf nichts verzichtet, sondern nur von vornherein weniger erlangt. Er hat damit kein schutzwürdiges Vertrauen ausgeübt.
Es liegen jedoch ausreichende Hinweise vor, dass auch diese Fälle nach der Intention des Gesetzgebers erfasst werden sollen. Nach § 237 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. und § 237 Abs. 4 Satz 2 SGB VI wird die vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnis der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichgestellt. Satz 2 ist auf Anregung des Bundesrates (BT-Drs. 13/4719 S. 2 Nr. 3) aus Gründen der Klarstellung eingefügt worden (BT-Drs. 13/4719, S. 3 zu Nr. 3). Die Gleichstellung der Befristung mit der einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses lag aber bereits dem (ursprünglichen) Gesetzentwurf zugrunde, wie die Gesetzesbegründung zeigt (BT-Drs. 13/4336, S. 24 zu Nr. 17: "Für den Vertrauensschutz nach Absatz 2 Nr. 1 Buchstabe b ist ausschließlich entscheidend, daß das Arbeitsverhältnis vor dem 14. Februar 1996 beendet worden ist. Dem steht eine vor dem Stichtag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses gleich.").
Eine Unterscheidung danach, ob dem befristeten Arbeitsverhältnis eines Versicherten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber voranging, findet im Wortlaut des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. und des § 237 Abs. 4 SGB VI keine Stütze. Sie wäre auch nicht sachgerecht. Denn es ist durchaus der Fall denkbar, dass ein Versicherter im Vertrauen auf den Fortbestand der Möglichkeit, eine Rente wegen Arbeitslosigkeit zu erlangen, von vornherein nur ein Arbeitsverhältnis eingeht, das bei Vollendung des 60. Lebensjahres endet, obwohl er ein insoweit nicht befristetes Arbeitsverhältnis hätte behalten oder erlangen können. Hierbei kann es auch zum Wechsel des Arbeitgebers kommen. Die Motivation des Versicherten ist jedoch für einen Rentenversicherungsträger nicht erkennbar, vom Versicherten kaum nachweisbar, somit kein unter den Voraussetzungen einer Massenverwaltung geeignetes Abgrenzungskriterium.
Daher ist auch der Fall, dass ein Versicherter ein befristetes Arbeitsverhältnis bei einem Arbeitgeber eingeht, dem kein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei einem solchen vorangegangen ist, als Fall des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F. und § 237 Abs. 4 SGB anzusehen.
Die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnis, das mit der Erreichung des 60. Lebensjahres endet, ist auch als hinreichend konkrete Vereinbarung anzusehen und nicht etwa dem Fall gleichzustellen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einem nicht sicher eintretenden Ereignis abhängig gemacht wird, wie der Zubilligung einer Rente (vgl. Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, RV II – SGB VI, § 237 SGB VI Rdnr. 57).
Aus der von der Beklagten angeführten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/94 - DB 1986, 281), wonach eine Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze eine auflösende Bedingung darstellt, kann nicht geschlossen werden kann, dass damit keine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses i. S. des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b SGB VI vorliegt. Nach der Gesetzesbegründung bestehen keine Hinweise darauf, dass dem Gesetzgeber diese in einem anderen Zusammenhang ergangene Rechtsprechung bei Schaffung der Vorschrift des § 237 Abs. 2 SGB VI a. F./§ 237 Abs. 4 SGB VI vor Augen gestanden ist. Dem Sozialrecht ist hier eine eigenständige Bewertung zuzubilligen, die einer erweiterten Auslegung der Vorschrift zugänglich ist (ebenso Klattenhoff in: Hauck/Noftz, § 237 SGB VI Rn. 74 [dort Fn. 210]).
Da die Regelung im Anstellungsvertrag des Klägers die aufgezeigten Anforderungen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung erfüllt, kann sich der Kläger auf § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 b und Satz 2 SGB VI berufen. Die weiteren Voraussetzungen der Gewährung einer Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit sind zwischen den Beteiligten nicht streitig. Unerheblich ist, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses arbeitsrechtlich überhaupt zulässig war, denn es ist nicht erkennbar, dass sich der Kläger hierauf berufen hätte. Da der Kläger vor 1941 geboren ist, ist die Altersgrenze nach der Tabelle in § 237 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nicht anzuheben, damit auch der Zugangsfaktors nicht wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente zu vermindern. Die Berufung war daher mit der Maßgabe, diese Rechtsfolge im Tenor auszudrücken, zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
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