L 4 R 4021/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 7493/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4021/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung von Zeiten einer Hochschulausbildung in der damaligen DDR vom 07. September 1970 bis zum 31. Januar 1974 als Pflichtbeitragszeiten mit der Begründung, damals ein beitragspflichtiges Stipendium erhalten zu haben.

Der am 1939 geborene Kläger erlernte nach dem Besuch von Grund- und Oberschule den Beruf des Schaltmechanikers. Ab 23. September 1958 war er laut Versicherungsnachweis der DDR als Berufssoldat bei der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA). Laut Angaben im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung der DDR absolvierte er vom 08. September 1970 bis zum 31. Januar 1974 ein Studium der Informationselektronik an der Ingenieurhochschule in Dresden. Im Sozialversicherungsausweis sind unter "Arbeitsrechts- und Sozialversicherungsverhältnisse" insoweit eingetragen:

&61485; Vom 07. September bis 31. Dezember 1970 Tätigkeit als Student an der Ingenieurhochschule Dresden mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 1.976,00, &61485; vom 21. September bis 31. Dezember 1970 Tätigkeit als KOM-Fahrer (Kraftomnibusfahrer) bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Dresden mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 1.425,60, &61485; vom 01. Januar bis 31. Dezember 1971 Tätigkeit als KOM-Fahrer bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Dresden mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 960,00, &61485; vom 01. Januar bis 31. Dezember 1971 Tätigkeit als Student an der Ingenieurhochschule Dresden mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 6.240,00, &61485; vom 01. Januar bis 31. Dezember 1972 Tätigkeit als Student an der Ingenieurhochschule Dresden mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 6.240,00, &61485; vom 01. Januar bis 08. September 1972 Tätigkeit als Fahrer bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Dresden mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 560,00, &61485; vom 01. Januar bis 31. Dezember 1973 Tätigkeit als Student an der Ingenieurhochschule Dresden mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 6.240,00, &61485; vom 04. Oktober bis 31. Dezember 1973 Tätigkeit als Meister Schicht beim VEB-Kombinat R. Werk Dresden-Gruna mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 1.722,00, &61485; vom 01. Januar bis 31. Januar 1974 Tätigkeit als Student an der Ingenieurhochschule Dresden mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 520,00 und &61485; vom 01. Januar bis 31. Dezember 1974 Tätigkeit als Schichtleiter beim VEB R. mit einem beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienst von Mark 7.009,50.

Laut Bescheinigung der Dresdener Verkehrsbetriebe AG vom 06. September 2006 bestand dort ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers als Busfahrer - Student - vom 21. September bis 31. Dezember 1970 mit einem Bruttoarbeitsentgelt von Mark 1.593,46, vom 01. Januar bis 28. Februar 1971 mit einem Bruttoarbeitsentgelt von Mark 1.203,83, vom 01. März bis 31. Dezember 1971 mit einem Bruttoarbeitsentgelt von Mark 5.491,72 sowie vom 01. Januar bis 08. September 1972 mit einem Bruttoarbeitsentgelt von Mark 8.398,12. In der betreffenden Spalte über das Bruttoarbeitsentgelt ist das tatsächliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt ohne Beachtung der Beitragshöchstgrenze eingetragen. Weiter ist vermerkt, aus den Unterlagen gehe nicht mehr hervor, in welcher Höhe Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden seien.

Die I. M. D. GmbH Archiv- und Dokumentationszentrum Sachsen erstellte im Auftrag der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben am 20. September 2006 die Bescheinigung über Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) für die Tätigkeit des Klägers bei der R. AG Dresden Betriebsteil Elektronik. Hier werden für die Zeit vom 04. Oktober bis 31. Dezember 1973 ein Bruttoverdienst von Mark 2.302,18 sowie für das Jahr 1974 ein Bruttoverdienst von Mark 13.968,36 angegeben. Laut Zeugnis der Ingenieurhochschule Dresden schloss der Kläger das Studium mit der Hauptprüfung an der Sektion Informationselektronik erfolgreich ab und erwarb sich aufgrund dessen die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Hochschulingenieur für Informationstechnik zu führen (Zeugnis vom 27. Februar 1974).

Am 16. September 1999 erteilte die damalige Landesversicherungsanstalt Württemberg als Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) einen Bescheid, mit dem die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) für die Zeiten bis 31. Dezember 1992 als für die Beteiligten verbindlich festgestellt wurden. Hierin ist für die Zeit vom 07. September bis 20. September 1970 sowie für die Zeit vom 09. September 1972 bis 03. Oktober 1973 Hochschulausbildung vermerkt. Für die Zeit vom 21. September 1970 bis 31. Dezember 1970 sind vier Monate Pflichtbeiträge vermerkt, berechnet aus einem Entgelt von Mark 1.425,60. Für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 1971 sind zwölf Monate Pflichtbeiträge berechnet aus einem Entgelt von Mark 960,00 vermerkt, für die Zeit vom 01. Januar bis 08. September 1972 neun Monate Pflichtbeiträge berechnet aus einem Entgelt von Mark 560,00. Für die Zeit vom 04. Oktober bis 31. Dezember 1973 sind drei Monate Pflichtbeiträge vermerkt, berechnet aus einem Entgelt von Mark 1.722,00. Für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 1974 sind zwölf Monate Pflichtbeiträge, berechnet aus einem Entgelt von Mark 7.009,56 vermerkt.

Der Kläger legte gegen den Bescheid Widerspruch ein u.a. mit dem Hinweis, während des Studiums an der Ingenieurhochschule vom 07. September 1970 bis 03. Oktober 1973 habe er ein Stipendium von monatlich Mark 520,00 erhalten, aus dem auch Rentenversicherungsbeiträge gezahlt worden seien. Diese Beiträge seien im Versicherungsverlauf nicht aufgeführt.

Mit Bescheid vom 05. März 2001 entschied die Beklagte daraufhin u.a., die Zeit vom 07. September 1970 bis 03. Oktober 1973 könne nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil es sich um Zeiten der Schul-, Fach- oder Hochschulausbildung handele. Eine gegebenenfalls mögliche Berücksichtigung als Anrechnungszeit werde hierdurch nicht ausgeschlossen. In welchem Umfang die Zeiten einer schulischen Ausbildung als Anrechnungszeiten anerkannt würden, sei erst im Leistungsfall zu entscheiden.

Den abermals eingelegten Widerspruch mit der Begründung, während der Hochschulausbildung als Busfahrer gearbeitet und ein sozialversicherungspflichtiges Stipendium erhalten zu haben, das auch sozialversicherungspflichtig gewesen und im Sozialversicherungsausweis bescheinigt worden sei, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2002 zurück.

Mit der daraufhin zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage (Aktenzeichen S 11 RJ 5895/02, später S 16 R 5895/02) machte der Kläger u.a. geltend, er habe während des Studiums ein wesentlich höheres Sonderstipendium bezogen, auf das nahezu bis zur Beitragsbemessungsgrenze (der DDR) Sozialabgaben berechnet worden seien. Ferner habe er in Ausnahmeregelung durch die Verkehrsbetriebe Dresden im "Nebenerwerb" bis zur Beitragsbemessungsgrenze und darüber hinaus Einkünfte gehabt und diese auch im Sozialversicherungsausweis der DDR nachgewiesen.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente für die Zeit ab 01. Dezember 2004 in Höhe von zunächst monatlich EUR 449,86. Im zugehörigen Versicherungsverlauf sind für die Zeit vom 07. September 1970 bis 31. Januar 1974 rentenrechtliche Zeiten, die Zeiten vom 21. September 1970 bis 31. Januar 1974 als beitragsgeminerte Zeiten, wie folgt aufgeführt:

&61485; Vom 07. September 1970 bis 31. August 1973 elf Monate Hochschulausbildung, &61485; vom 21. September bis 31. Dezember 1970 vier Monate Pflichtbeiträge berechnet aus einem Betrag von Mark 1.425,60, &61485; vom 01. Januar bis 31. Dezember 1971 zwölf Monate Pflichtbeiträge, berechnet aus einem Betrag von Mark 960,00, &61485; vom 01. Januar 1972 bis 08. September 1972 neun Monate Pflichtbeiträge, berechnet aus einem Betrag von Mark 560,00, &61485; vom 04. Oktober bis 31. Dezember 1973 drei Monate Pflichtbeiträge, berechnet aus einem Betrag von Mark 1.722,00 und &61485; vom 01. Januar bis 31. Dezember 1974 zwölf Monate Pflichtbeiträge berechnet aus einem Betrag von Mark 7.009,56.

Gegen den Bescheid vom 23. Dezember 2004 legte der Kläger abermals Widerspruch ein. Er habe ab dem 07. September 1970 ein Sonderstipendium von der NVA in Höhe von Mark 520,00 monatlich erhalten und ab 21. September 1970 habe er zusätzlich Beiträge aus Beschäftigung. Beiträge seien jeweils bis zur Beitragsbemessungsgrenze von Mark 7.200,00 geleistet worden. Auch verstehe er nicht, warum im Bescheid die Zeit ab 21. September 1970 als beitragsgeminderte Zeit erscheine.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Die neben einer Beitragszeit zurückgelegte Anrechnungszeit werde als sogenannte beitragsgeminderte Zeit berücksichtigt. Die entsprechende Bewertung ergebe sich aus § 71 SGB VI im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung. Die ab 21. September 1970 zurückgelegte und zugrunde gelegte beitragsgeminderte Zeit sei eine Zeit der Hochschulausbildung, die mit Beitragszeiten zusammentreffe.

Auch in dem anhängigen Klageverfahren beim SG, wobei das SG der Auffassung war, der Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 sei nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens, machte der Kläger weiterhin geltend, für die Rentenberechnung sei hinsichtlich des Zeitraumes vom 08. September 1970 bis 08. September 1972 von einem jährlichen Bruttoentgelt in Höhe von Mark 7.200,00 (Beitragsbemessungsgrenze der DDR) auszugehen, da er ein die Beitragsbemessungsgrenze insgesamt übersteigendes beitragspflichtiges Entgelt (Stipendium und Arbeitslohn) bezogen habe.

In der mündlichen Verhandlung des SG vom 25. Oktober 2005 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, den Kläger im Hinblick auf andere streitgegenständliche Zeiträume erneut rechtsmittelfähig zu bescheiden und in dem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärten.

Am 12. Januar 2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Überprüfungsantrag mit der Begründung, es seien nur deshalb für seine Beschäftigung bei den Dresdener Verkehrsbetrieben während des Studiums weniger Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden, da vorrangig Sozialversicherungsbeiträge aus dem Stipendium abgeführt worden seien. Diese seien jedoch nicht als Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt worden.

Nach Abschluss eines weiteren Klageverfahrens wegen anderer Streitpunkte durch den gerichtlichen Vergleich vom 17. Oktober 2007 (S 2 R 140/07), stellte die Beklagte die Regelaltersrente ohne Änderung bei den hier betroffenen Zeiten mit Bescheid vom 03. Dezember 2007 neu fest. Hiergegen legte der Kläger abermals Widerspruch ein u.a. mit der Begründung, sein versicherungspflichtiges monatliches Einkommen von Mark 520,00 in Form eines Volksarmeesonderstipendiums während seines 41-monatigen Studiums werde nach wie vor nicht angerechnet. Hätte er nicht zusätzlich Beiträge aus dem Stipendium entrichtet, wären ihm wesentlich höhere Beiträge aus den zugleich in der Zeit vom 21. September 1970 bis 08. September 1972 und 04. Oktober 1973 bis 31. Januar 1974 ausgeübten Beschäftigungen angerechnet worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch als unzulässig zurück mit der Begründung, der Bescheid vom 03. Dezember 2007 sei in Ausführung des gerichtlichen Vergleichs vom 17. Januar 2007 erteilt worden. Mit dem Bescheid sei voll inhaltlich dem Vergleich entsprochen worden, sodass eine Beschwer hierzu nicht vorliegen könne.

Der Kläger erhob Klage zum SG am 21. August 2008 (Aktenzeichen S 21 R 5689/08). Das Verfahren endete durch einen Vergleich, mit dem sich die Beklagte u.a. verpflichtete, den Rentenbescheid vom 23. Dezember 2004 auf die Einbeziehung von rentenrechtlichen Zeiten im Beitragsgebiet über die Zeit von 1970 bis 1974 zu überprüfen und einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erlassen.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 lehnte es die Beklagte u.a. erneut ab, die Zeit des Studiums vom 07. September 1970 bis 31. Januar 1974 als Beitragszeit zu berücksichtigen. Die Zeit sei bereits mit Rentenbescheid vom 23. Dezember 2004 als Anrechnungszeit nach §§ 58, 252 SGB VI berücksichtigt worden. Für den Personenkreis der Studenten, Hoch- und Fachschüler sei in der ehemaligen DDR die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten erstmals mit Wirkung vom 01. April 1950 an eingeführt worden. Diese Zeiten der Studentenversicherung seien im Sinne des § 248 Abs. 3 SGB VI keine Beitragszeiten.

Der Kläger legte Widerspruch ein u.a. mit dem erneuten Hinweis, der versicherungspflichtige Beitrag sei sehr wohl bei ihm nachgewiesen und vermerkt, zumal er bei ihm auch konkret Auswirkungen wegen der Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze der DDR gehabt habe. Er habe ein NVA-Sonderstipendium erhalten. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, der Widerspruch sei erst am 30. Dezember 2008 und damit verspätet eingegangen. Sie werte diesen daher als Überprüfungsantrag. Mit Bescheid vom 19. Februar 2009 lehnte die Beklagte diesen Überprüfungsantrag ab. Der Kläger legte erneut Widerspruch ein unter Bezugnahme auf seine zuvor bereits dargelegte Begründung. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2009 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zeiten der Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung seien keine gleichgestellten Beitragszeiten im Beitrittsgebiet (§ 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI).

Am 09. November 2009 erhob der Kläger Klage zum SG. Zur Begründung trug er erneut vor, für das Stipendium habe er Mark 520,00 erhalten. Für die Nebentätigkeit seien Mark 80,00 bis zur Beitragsbemessungsgrenze versicherungspflichtig gewesen. Es seien nur die Mark 80,00 als Beitragszeiten anerkannt worden. Die Besonderheiten seines Falles müssten berücksichtigt werden.

Die Beklagte trat der Klage entgegen mit dem Hinweis, die geltend gemachten Zeiten seien im Rahmen der Möglichkeiten, die § 248 Abs. 3 SGB VI biete, anerkannt worden.

Nachdem die Beteiligten sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, wies das SG mit Urteil vom 30. Juni 2010 ohne mündliche Verhandlung die Klage ab. Beitragszeiten seien gemäß § 55 Abs. 1 SGB VI zunächst Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden seien. Die Zeiten des Hochschulstudiums des Klägers in der damaligen DDR seien nicht als Beitragszeiten in diesem Sinne zu berücksichtigen, da in dieser Zeit weder Pflichtbeiträge noch freiwillige Beiträge nach Bundesrecht gezahlt worden seien. Eine Anrechnung als gleichgestellte Beitragszeit nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI scheide ebenfalls aus. Zwar stünden nach dieser Vorschrift den Beitragszeiten nach Bundesrecht solche Zeiten nach dem 08. Mai 1945 gleich, für die Beiträge nach einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden seien. Nach Satz 2 Ziff. 1 dieser Vorschrift gelte dies aber nicht, wenn es sich bei der maßgeblichen Zeit um Zeiten der Schul-, Fach- oder Hochschulausbildung handle. Im Falle des Klägers seien die parallel zum Studium ausgeübten Beschäftigungszeiten als Pflichtbeitragszeiten anerkannt und in den Versicherungsverlauf entsprechend eingestellt worden. Die Zeiten des Studiums seien zutreffend als Anrechnungszeiten anerkannt worden.

Gegen das ihm am 29. Juli 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. August 2010 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Es könne nicht sein, dass die erheblichen Beiträge, die aus seinem Stipendium gezahlt worden seien, sich nicht rentensteigernd auswirkten. Bisher seien für die ganze Zeit, in der er das Stipendium gehabt habe, seine Arbeitsverdienste bei den Verkehrsbetrieben Dresden und bei R. nicht in voller Höhe bei der Rentenberechnung berücksichtigt worden. Die Tätigkeiten bei den Verkehrsbetrieben und bei R. seien nicht Bestandteil des Studiums gewesen, sondern hätten zur Bestreitung des Lebensunterhalts gedient. Der Kläger legte die Bescheinigungen der Dresdener Verkehrsbetriebe AG vom 06. September 2006 und der I. M. D. GmbH Archiv- und Dokumentationszentrum Sachsen vom 20. September 2006 vor.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter teilweiser Rücknahme der Bescheide vom 23. Dezember 2004 und 30. Dezember 2007 die Studienzeit vom 07. September 1970 bis zum 31. Januar 1974 im Beitrittsgebiet als Pflichtbeitragszeit anzuerkennen, sowie die in den Beschäftigungen bei den Verkehrsbetrieben Dresden und der R. Dresden in dem Zeitraum vom 07. September 1970 bis 31. Januar 1974 erzielten Arbeitsentgelte in voller Höhe als sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelte zu berücksichtigen und höhere Altersrente seit 01. Dezember 2004 zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.

Der Berichterstatter des Senats hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten in einem Erörterungstermin am 24. November 2010 erörtert.

Die Beteiligten haben sich in diesem Termin jeweils mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Studienzeit vom 07. September 1970 bis 31. Januar 1974 im Beitrittsgebiet als Pflichtbeitragszeit sowie auf die Berücksichtigung der in den Beschäftigungen bei den Verkehrsbetrieben Dresden sowie der R. Dresden in dem Zeitraum vom 07. September 1970 bis 31. Januar 1974 erzielen Arbeitsentgelte in voller Höhe als sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelte.

Verfahrensrechtliche Grundlage des geltend gemachten Überprüfungsanspruchs ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Bei Erlass der Bescheide vom 23. Dezember 2004 und 30. Dezember 2007 hat die Beklagte das Recht nicht unrichtig im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X angewandt.

Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Als Beitragszeiten gelten auch Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen (§ 55 Abs. 1 SGB VI). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt, insbesondere konnten in der damaligen DDR keine Beiträge nach Bundesrecht gezahlt werden.

Die Studienzeit des Klägers vom 07. September 1970 bis zum 31. Januar 1974 ist aber auch nicht als Beitragszeit nach Maßgabe des § 248 Abs. 3 SGB VI zu berücksichtigen. Hiernach stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten nach dem 08. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind; dies gilt entsprechend für Beitragszeiten im Saarland bis zum 31. Dezember 1956. Beitragszeiten im Beitrittsgebiet sind nicht Zeiten der Schul-, Fach- oder Hochschulausbildung (§ 248 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB VI). Zwar sind nach den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis des Klägers für den streitigen Zeitraum Beiträge zur Sozialversicherung in der ehemaligen DDR für den Kläger geleistet worden und es ist damit eine Beitragszahlung nachgewiesen. Die beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienste von Mark 1.976,00 (07. September bis 31. Dezember 1970), Mark 6.240,00 (01. Januar bis 31. Dezember 1971), Mark 6.240,00 (01. Januar bis 31. Dezember 1972), Mark 6.240,00 (01. Januar 1973 bis 31. Dezember 1973), Mark 520,00 (01. Januar bis 31. Januar 1974) sind aber im Sozialversicherungsausweis jeweils mit der Tätigkeitsangabe Student an der Ingenieurhochschule Dresden versehen. Ausweislich dieser Eintragungen im Sozialversicherungsausweis, die der Kläger selbst auch mit seinen eigenen Angaben bestätigt, hat der Kläger während seines gesamten Studiums ein Stipendium (sog. NVA-Sonderstipendium) in Höhe von Mark 520,00 monatlich erhalten, von dem Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind. Eine Gleichstellung einer Zeit der Hochschulausbildung mit geleisteten Beiträgen mit Beitragszeiten nach Bundesrecht ist aber nach § 248 Abs. 3 Satz 2 SGB VI gerade ausgeschlossen. Dadurch soll verhindert werden, dass eine in einem anderen Rentenversicherungssystem (hier in dem der ehemaligen DDR) anerkannte Hochschulausbildung zugunsten eines Teils der Rentner Vorteile ermöglicht, die einem anderen Teil, auch gerade dem der heutigen Beitragszahler, von vornherein nicht zukommen können (BSG, Urteile vom 25. März 1997, 4 RA 48/96 und 23. März 1999, B 4 RA 18/98 R, beide in juris). Unter "Hochschulausbildung" im Sinne des § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI ist jeder, in der früheren DDR als beitragspflichtige Versicherungszeit anerkannte Erwerbstatbestand im Bereich einer Hochschule der früheren DDR zu verstehen, soweit er dadurch geprägt ist, dass es sich um Ausbildung an der Hochschule für einen Beruf gehandelt hat (BSG, Urteil vom 25. März 1997, 4 RA 48/96). Der Ausschluss der Berücksichtigung als gleichgestellte Beitragszeit gilt damit unterschiedslos unabhängig davon, ob für den betreffenden Versicherten lediglich "normale" Studentenbeiträge zur Sozialversicherung der DDR gezahlt wurden oder wie im Falle des Klägers - höhere Beiträge aufgrund der außerordentlichen Höhe des von ihm während des Studiums bezogenen Stipendiums. Dieses Stipendium hatte der Kläger zwar nach eigenen Angaben wegen seiner besonderen Verdienste von der NVA erhalten. Auch nach dem eigenen Vortrag des Klägers stand er aber während des Studiums nicht mehr in einem Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis zu der NVA, sodass es auf die - allerdings zu verneinende Frage, ob ein ggf. während des Studiums ohne Bezüge fortbestehendes Dienstverhältnis zu einer Anerkennung der Studienzeit als Beitragszeit führen könnte - nicht ankommt (vgl. zum Studium eines DDR-Reichsbahners an der Ingenieurschule Gotha Urteil des LSG Berlin vom 05. April 2004, L 16 RA 50/02).

Die Hochschulausbildung des Klägers war auch nicht in ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis integriert. Vielmehr hat der Kläger zuletzt im Erörterungstermin am 24. November 2010 bestätigt, seine parallel ausgeübten Tätigkeiten bei den Verkehrsbetrieben Dresden und bei R. seien nicht Bestandteil des Studiums gewesen, sonder hätten schlicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts gedient. Das SGB VI wie zuvor das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) anerkennt Zeiten einer erstmaligen oder berufsqualifizierenden Ausbildung, die außerhalb eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses oder eines betrieblichen Ausbildungsverhältnisses zurückgelegt worden sind, nicht als Beitragszeiten (und nur teilweise und unter einschränkenden Voraussetzungen als Anrechnungszeiten). Hochschulausbildung ist danach schlechthin kein Erwerbstatbestand für Beitragszeiten (BSG a.a.O.).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, die in den Beschäftigungen bei den Verkehrsbetrieben Dresden sowie der R. Dresden im Zeitraum vom 07. September 1970 bis 31. Januar 1974 erzielten Arbeitsentgelte in voller Höhe als sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelte zu berücksichtigen. Die Beklagte hat die genannten Beschäftigungen mit beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdiensten von Mark 1.425,60 (21. September bis 31. Dezember 1970), Mark 960,00 (01. Januar bis 31. Dezember 1971), Mark 560,00 (01. Januar bis 08. September 1972 und Mark 1.722,00 (04. Oktober bis 31. Dezember 1973) sowie Mark 7.009,56 (01. Januar bis 31. Dezember 1974) berücksichtigt. Nach den Bescheinigungen der Dresdner Verkehrsbetriebe AG und der I. M. D. GmbH Archiv und Dokumentationszentrum Sachsen im Auftrag der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (betreffend die Tätigkeit bei der R.) hat der Kläger in diesen Zeiträumen erheblich höhere Bruttoarbeitsentgelte bezogen. Nach den dortigen Angaben hat er vom 21. September bis 31. Dezember 1970 ein Bruttoarbeitsentgelt von Mark 1.593,46, vom 01. Januar bis 28. Februar 1971 von Mark 1.203,83, vom 01. März bis 31. Dezember 1971 von Mark 5.491,72 sowie vom 01. Januar bis 08. September 1972 von Mark 8.398,12 erzielt. Für die Zeit vom 04. Oktober bis 31. Dezember 1973 ist ein Bruttoverdienst von Mark 2.302,18 bescheinigt worden, für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 1974 Mark 13.968,36. Die Dresdner Verkehrsbetriebe und die I. M. D. GmbH konnten aber jeweils nicht mehr bestätigen, in welcher Höhe Sozialversicherungsbeiträge von den erzielten Entgelten abgeführt worden waren. Nach eigenem Vortrag des Klägers wurden indes Sozialversicherungsbeiträge nur in Höhe der Differenz zwischen dem monatlichen Stipendium von Mark 520,00 (jährlich Mark 6.240,00) und der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze der DDR (monatlich Mark 600,00 bzw. jährlich Mark 7.200,00) abgeführt bzw. darüber hinausgehend von den Verkehrsbetrieben abgeführte Beiträge hat sich der Kläger bereits zu DDR-Zeiten zurück erstatten lassen. Diese Angaben des Klägers werden durch die Angaben im Sozialversicherungsausweis bestätigt, wo beitragspflichtige Gesamtarbeitsverdienste jeweils nur in der Höhe der genannten Differenz angeführt werden, so etwa für das Kalenderjahr 1971 zwölf Monate Pflichtbeiträge aufgrund der Tätigkeit bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Dresden berechnet insgesamt aus Beiträgen in Höhe von Mark 960,00 (Differenz zwischen Mark 6.240,00 und Mark 7.200,00).

Die Beklagte hat damit genau in der Höhe die bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Dresden und bei R. erzielten Entgelte im streitigen Zeitraum berücksichtigt, wie sie nach den durch den Kläger selbst betätigten Angaben im Sozialversicherungsausweis der DDR der Beitragspflicht unterworfen worden sind. Dies entspricht den Grundsätzen der §§ 63 ff. SGB VI. Gemäß § 63 Abs. 1 und 2 SGB VI richtet sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Umgekehrt kann der Teil des bei den Verkehrsbetrieben Dresden und der R. erzielten Entgelts, der in der damaligen DDR der Beitragspflicht nicht unterworfen wurde und von dem keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind, mangels besonderer gesetzlicher Regelung auch nicht bei der Ermittlung der Entgeltpunkte und damit der Rentenhöhe berücksichtigt werden.

Der Senat sieht in den angefochtenen Bescheiden der Beklagten und den diesen zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen aber auch keinen Verstoß gegen Verfassungsrecht, namentlich Art. 3 oder 14 Grundgesetz. Vielmehr sind dem Kläger Pflichtbeitragszeiten aufgrund seiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse bei den Verkehrsbetrieben Dresden und bei R. entsprechend den dort der Beitragspflicht unterworfenen Entgelten auch anerkannt worden. Soweit der Kläger hier Entgelt erhalten hat, ohne dass dieses der Sozialversicherungspflicht unterworfen worden wäre, muss er sich wie alle anderen Versicherten behandeln lassen, die - etwa wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze - nicht beitragspflichtiges Entgelt erhalten haben. Einen Anspruch auf Anerkennung von Beitragszeiten für Zeiten des Studiums, in den gerade nicht eine eigene Beitragsleistung des Versicherten aufgrund sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung erfolgt ist, gibt es, wie oben ausgeführt, nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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