L 13 AS 3170/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 3780/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3170/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 9. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

3. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

4. Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 500,- EUR auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Übernahme in der Zeit vom 1. Mai 2008 bis 31. Mai 2009 aufgelaufener und zwischenzeitlich beglichener Mietschulden.

Der 1960 geborene Kläger beantragte beim Beklagten am 31. Juli 2009 die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Gleichzeitig stellte der Kläger auch einen Antrag auf Übernahme seit Mai 2008 angefallener Mietrückstände. Mit Anhörungsmitteilung vom 11. August 2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, es sei beabsichtigt, den Antrag auf Übernahme der Mietrückstände abzulehnen; dem Kläger werde gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Mit Bescheid vom 12. August 2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 23. bis 31. Juli 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 184,01 EUR und für den Zeitraum 1. August bis 31. Dezember 2009 Leistungen in Höhe von 613,38 EUR monatlich. In einem dem Bewilligungsbescheid vom 12. August 2009 beigefügten Anschreiben gleichen Datums wies der Beklagte darauf hin, die Leistungen könnten nur als Darlehen gewährt werden, nachdem der Kläger angegeben habe, er erwarte vom Landtag des Landes Baden-Württemberg eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 500.000,00 EUR. Da diese Summe den maßgeblichen Freibetrag übersteige, müsse der Kläger die Zahlung grundsätzlich zur Deckung seines Lebensunterhalts einsetzen. Bei dieser Sachlage komme nur eine darlehensweise Bewilligung in Betracht. Der Kläger kündigte hierauf eine Strafanzeige gegen den Amtsleiter und den für ihn zuständigen Sachbearbeiter des Beklagten an. Mit Bescheid vom 31. August 2009 lehnte der Beklagte die Übernahme der in der Zeit seit Mai 2008 aufgelaufenen Mietrückstände in Höhe von insgesamt 3.546,00 EUR ab. Den gegen diesen Bescheid seitens des Klägers am 2. Oktober 2009 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2009 zurück.

Der Kläger hat am 9. November 2009 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Begründung vorgetragen, nach Auskunft des Vermieters des Klägers seien zwischenzeitlich sämtliche Mietrückstände beglichen worden. Das SG hat eine schriftliche Auskunft des Vermieters des Klägers, St., eingeholt und - nach Zurückweisung zweier gegen die Kammervorsitzende gerichteter Ablehnungsgesuche des Klägers durch das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG; Beschlüsse vom 8. Januar 2010 [L 7 SF 5912/09 A] und vom 4. Mai 2010 [L 12 SF 1787/10 AB]) - die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da sich der angegriffene Verwaltungsakt infolge der Zahlung sämtlicher Mietverbindlichkeiten durch den Vater des Klägers erledigt habe. Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage sei nicht zulässig; insoweit fehle es an dem erforderlichen qualifizierten Feststellungsinteresse. Der Gerichtsbescheid des SG ist dem Kläger gemäß Postzustellungsurkunde am 31. Mai 2010 zugestellt worden.

Am 1. Juli 2010 hat der Kläger schriftlich beim SG Berufung eingelegt. Er trägt vor, das SG habe ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts zu Unrecht verneint. Die Entscheidung des Beklagten weise derart gravierende Mängel auf, dass ein rechtswidriges Verhalten in ähnlich gelagerten Fällen mehr als wahrscheinlich erscheine.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Mai 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 31. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Oktober 2009 rechtswidrig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten zu einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 14. Dezember 2010 geladen. Der Kläger hat hierauf die Verlegung des Termins beantragt; er wolle zunächst einen Anwalt beauftragen und dieser müsse dann Akteneinsicht nehmen. Dies sei vor dem Termin nicht mehr möglich. Nachdem der Berichterstatter eine Terminsverlegung nur für den Fall angekündigt hatte, dass sich tatsächlich ein Rechtsanwalt für den Kläger bestellt, hat der Kläger alle Mitglieder des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der Senat hat dieses Gesuch mit Beschluss vom 4. April 2011 als unzulässig verworfen.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (62402BG0016779), die Klageakte des SG (S 11 AS 3780/09) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AS 3170/10) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat konnte die Streitsache in der Besetzung, wie sie der Geschäftsverteilungsplan vorsieht, entscheiden, obwohl der Kläger mit Schriftsatz vom 9. Mai 2011 (erneut) den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Auerhammer, den Richter am Landessozialgericht Hassel und den Richter am Sozialgericht Böttiger wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Es bedurfte vor der Entscheidung über die Berufung keiner förmlichen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch; vielmehr konnte der Senat hierüber zugleich mit der Entscheidung in der Hauptsache befinden (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 16 Februar 2001 - B 11 AL 19/01 B - SozSich 2003, 397; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Juni 2005 - 6 C 11/05; Beschluss des erkennenden Senats vom 29. Januar 2009 - L 13 AL 4617/08 - veröffentlicht in Juris), weil der Kläger sein Ablehnungsrecht missbraucht hat und sein Antrag damit unzulässig war (vgl. dazu auch BSG, Beschluss vom 26. April 1989 - 11 BAr 33/88 - veröffentlicht in Juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 60 Rdnr. 10d m.w.N.).

Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gilt für die Ablehnung eines Richters § 42 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die hier allein in Betracht zu ziehende Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt nur dann vor, wenn ein objektiv vernünftiger Grund gegeben ist, der den am Verfahren Beteiligten auch von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch und nicht sachlich entscheiden. Eine rein subjektive, unvernünftige Vorstellung ist unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), BVerfGE 82, 30, 38; 73, 330, 335; BVerfG NZS 2011, 92 ff.; Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1500 § 60 Nr. 1).

Der Befangenheitsantrag des Klägers ist offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Eine Nichtbescheidung wegen offensichtlicher Rechtsmissbräuchlichkeit ist u.a. dann gerechtfertigt, wenn das Ablehnungsgesuch nicht ausreichend individualisiert ist und/oder keinerlei substantiierte Tatsachen vorgetragen werden, die geeignet sein können, die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters zu begründen. Darüber hinaus liegt ein rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch vor, wenn es lediglich dazu dienen soll, Richter, die zu einer bestimmten Rechtsfrage eine dem Gesuchsteller missliebige Rechtsauffassung vertreten, aus dem Verfahren zu drängen (Hessisches LSG, Beschluss vom 18. Dezember 1985 - L 9/S 123/85 - Leitsatz veröffentlicht in Juris; Beschluss des erkennenden Senats vom 8. Januar 2009 - L 13 AS 5628/08 - nicht veröffentlicht). Das Gleiche gilt, wenn das Ablehnungsgesuch ausschließlich in Verschleppungsabsicht gestellt ist, d. h. wenn der Klägerer allein eine Verzögerung des Verfahrens auf unbestimmte Zeit bezweckt (Keller a.a.O. Rdnr. 10c m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier vor. Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 9. Mai 2011 diente, wie bereits das Gesuch vom 6. Dezember 2010, ausschließlich dem Zweck ein Betreiben des Berufungsverfahrens durch den Senat (hier: Durchführung der mündlichen Verhandlung) unmöglich zu machen. Durch seine wiederholten auch inhaltlich völlig unsubstantiierten Ablehnungsgesuche will der Kläger erkennbar nur eine Entscheidung durch den Senat verhindern. Welche Motivation hinter diesem Prozessverhalten steht, vermag der Senat in keiner Weise nachzuvollziehen; jedenfalls stellt es einen eklatanten Fall des Missbrauchs prozessualer Rechte dar. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das gegen Richter am Sozialgericht Böttiger gerichtete Ablehnungsgesuch bereits deshalb ins Leere geht, weil dieser entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan des Senats an der Entscheidung in der Hauptsache nicht mitgewirkt hat.

2. Die gemäß § 143, 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung ist nicht zulässig.

Nach § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Gemäß § 151 Abs. 2 SGG ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn sie innerhalb der Monatsfrist beim SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Der mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehene Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2010 ist dem Kläger am 31. Mai 2010 mit Postzustellungsurkunde wirksam zugestellt worden. Gemäß § 63 Abs. 2 SGG erfolgt die Zustellung von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO). Nach § 176 ZPO kann die Post mit der Zustellung beauftragt werden. In diesem Fall erfolgt die Zustellung nach Maßgabe der §§ 177 bis 181 ZPO (§ 176 Abs. 2 ZPO). Zum Nachweis der Zustellung ist gemäß § 182 ZPO eine Zustellungsurkunde anzufertigen. § 180 ZPO sieht für den Fall, dass die Sendung nicht nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO zugestellt werden kann, die Möglichkeit einer Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten vor. Darüber, dass dies hier am 31. Mai 2010 geschehen ist, begründet die Postzustellungsurkunde gemäß § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis. Der Kläger hat demgegenüber keine Gründe vorgebracht, die die Richtigkeit der Zustellungsurkunde in Zweifel ziehen könnten (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 20. Juli 1988, 12 RK 16/88, veröffentlicht in USK 88163). Die am 1. Juni 2010 beginnende Berufungsfrist ist dementsprechend am Mittwoch, dem 30. Juni 2010 abgelaufen (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 2 SGG) und die erst am Donnerstag, dem 1. Juli 2010 per Telefax übersandte Berufungsschrift nicht mehr fristgerecht beim SG eingegangen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist dem Kläger nicht zu gewähren, denn er war nicht ohne Verschulden gehindert, die Berufungsfrist einzuhalten (§ 67 Abs. 1 SGG). Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger nicht gestellt; Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, hat er weder vorgetragen noch sind solche nach Aktenlage ersichtlich. Damit kommt auch eine Wiedereinsetzung von Amts wegen (vgl. dazu § 67 Abs. 2 Satz 4 SGG) nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 SGG. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG Verschuldenskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Eine entsprechende Belehrung ist durch den Vorsitzenden in dem mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung verbundenen Hinweisschreiben vom 5. April 2011 erfolgt. Die Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall auch missbräuchlich. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unbegründet oder (wie hier) bereits offensichtlich unzulässig ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BVerfG zur Missbrauchsgebühr in § 34 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl. BVerfG, NJW 1996 S. 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG ist auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften stimmen überein (Urteil des erkennenden Senats vom 18. Mai 2010 - L 13 AS 5202/07 - veröffentlicht in Juris m.w.N.) Dem Kläger musste aufgrund der Hinweise des Berichterstatters vom 13. Juli 2010 und des Senatsvorsitzenden vom 5. April 2011 bewusst sein, dass seine Berufung verfristet und damit unzulässig ist. Gründe, die auch nur eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat der Kläger nicht vorgebracht, sondern lediglich angeregt, im Fall einer verspäteten Berufungseinlegung nach Aktenlage zu entscheiden. Ein verständiger Beteiligter würde bei dieser Sachlage das Berufungsverfahren nicht weiter führen. Im Übrigen zeigt sich ein besonders hohes Maß an Uneinsichtigkeit auch in den wiederholt gestellten und - jedenfalls soweit es die Ablehnung der Mitglieder des Senats betrifft - offensichtlich unzulässigen Ablehnungsgesuchen des Klägers wegen angeblicher Besorgnis der Befangenheit. Der Kläger hat das Gesuch vom 6. Dezember 2010 ersichtlich nur gestellt, um den Berichterstatter zu einer Aufhebung des Termins zur Erörterung des Sachverhalts zu zwingen. Dass dahinter allein die Absicht stand, das Verfahren zu verschleppen, bestätigt nicht zuletzt der Umstand, dass sich - anders als angekündigt - bis zur mündlichen Verhandlung kein Bevollmächtigter für den Kläger bestellt hat. Auch das Ablehnungsgesuch vom 9. Mai 2011 stellt sich, wie oben dargelegt, als eklatanter Fall des Missbrauchs prozessualer Rechte dar. Nicht nur das Aufrechterhalten einer offensichtlich verspätet eingelegten Berufung gegen ein die Klage im Übrigen völlig zu Recht als unzulässig abweisendes Urteil, sondern auch das Verhalten des Klägers während des Klage- und Berufungsverfahrens stellt nach Auffassung des Senats einen besonders gravierenden Fall des rechtsmissbräuchlichen Prozessierens dar.

Bei der Höhe der auferlegten Kosten hat der Senat berücksichtigt, dass die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung das Privileg der staatlich finanzierten Kostenfreiheit der sozialgerichtlichen Verfahren entfallen lässt. Durch die in das Ermessen des Gerichts gestellte Möglichkeit, dem missbräuchlich prozessierenden Beteiligten Verschuldenskosten aufzuerlegen wird letztlich dem Schadensersatzprinzip Rechnung getragen (Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Mai 2009 - L 21 R 898/07 - veröffentlicht in Juris; Leitherer, a.a.O. Rdnr. 1a und 13). Zu den Gerichtskosten gehören neben den durch die Abfassung des Urteils (hier: Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG) entstehenden Kosten sämtlicher befasster Richter/innen und Mitarbeiter/innen auch die allgemeinen Gerichtshaltungskosten (vgl. Leitherer, a.a.O., Rdnr. 14 m.w.N.), die durch die missbräuchliche Fortführung des Rechtsstreits verursacht worden sind. Der Senat hat sich bei der Schätzung dieser Kosten gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 282 Zivilprozessordnung (ZPO) daran orientiert, dass allein für das Absetzen des schriftlichen Beschlusses als Zeitaufwand mindestens fünf Richterarbeitsstunden anzusetzen sind, die bereits 1986/1987 "vorsichtig" auf 350,00 DM bis 450,00 DM (= 178,95 EUR bis 230,08 EUR) je Richterstunde geschätzt worden sind (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Dies sind Kostenschätzungen ausgehend von der Richterstunde für das erstinstanzliche Verfahren (vgl. die Darstellung bei Goedelt, SGb 1986, 393, 500); Für die Berufungsinstanz ist jedenfalls ein geringerer Kostenansatz nicht gerechtfertigt. Hinzu kommen die durch die Befassung des Vorsitzenden und des weiteren Berufsrichters mit dem Votum des Berichterstatters verursachten Kosten. Hierfür sind vorliegend jeweils mindestens weitere zwei Richterarbeitsstunden in Ansatz zu bringen. Darüber hinaus war die mündliche Verhandlung vorzubereiten und durchzuführen sowie die Entscheidung nach ihrer Verkündung abzusetzen. Hierfür sind mindestens fünf weitere Richterarbeitsstunden angefallen. Damit ergeben sich insgesamt mindestens 14 Richterarbeitsstunden; die zu berücksichtigenden Gerichtskosten belaufen sich dementsprechend auf 2.505,30 EUR bis 3.221,12 EUR (vgl. Goedelt, a. a. O.). Ausgehend hiervon und angesichts der seit 1986 nicht billiger gewordenen "Richterstunde" hält der Senat - auch in Anbetracht der Dreistigkeit des Verhaltens des Klägers - die Verhängung einer noch deutlich unterhalb der tatsächlich verursachten Kosten liegenden Verschuldensgebühr von 500,00 EUR für angemessen.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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