Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 1947/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 5597/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des an den Kläger bezahlten Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 16. Februar 2009.
Der 1960 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung absolviert. Er war seit dem 5. März 1990 als Freileitungsmonteur bei der Firma E. Services GmbH in Vollzeitarbeit versicherungspflichtig beschäftigt. Aufgrund eines Arbeitsunfalls bezog er in der Zeit vom 4. Januar 2006 bis zum 15. Februar 2008 Verletztengeld seitens der Berufsgenossenschaft E. T. F ... Die Berufsgenossenschaft stellte die Zahlung des Verletztengeldes mit Wirkung zum 15. Februar 2008 ein, weil nach ihrer Einschätzung Arbeitsfähigkeit in der zum Unfallzeitpunkt ausgeübten Tätigkeit als Fahrleitungsmonteur nicht wieder eintreten werde (Schreiben vom 29. Januar 2008).
Daraufhin meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 16. Februar 2008 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Die Arbeitgeberin des Klägers bestätigte in der Arbeitsbescheinigung, dass der Kläger ab 5. März 1990 als Monteur beschäftigt gewesen sei. Das Beschäftigungsverhältnis sei wegen der Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug beendet worden, das Arbeitsverhältnis bestehe jedoch fort. Seit 4. Januar 2007 (richtig 2006) sei der Kläger krank ohne Lohnfortzahlung.
Mit Schreiben vom 18. März 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen seien. Daher sei der Bemessung des Arbeitslosengeldes ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Das fiktive Arbeitsentgelt sei aufgrund der Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe festzusetzen. Die Vermittlungsbemühungen erstreckten sich in erster Linie auf eine Beschäftigung, für die keine Ausbildung erforderlich sei. Daher erfolge die Zuordnung zur Qualifikationsstufe 4. Mit Bescheid vom 19. März 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 16. Februar 2009 Arbeitslosengeld für 360 Tage unter Berücksichtigung eines täglichen Bemessungsentgelts von 49,70 EUR mit einem täglichen Leistungsbetrag von 26,30 EUR. Die Beklagte erbrachte an den Kläger für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 28. Februar 2009 - mit Ausnahme seiner Ortsabwesenheit vom 17. August bis zum 22. August 2008 sowie der Zeit des Bezugs von Verletztengeld vom 15. Oktober bis zum 22. Oktober 2008 - Arbeitslosengeld.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 19. März 2008 legte der Kläger am 31. März 2008 Widerspruch ein und beantragte höheres Arbeitslosengeld im Hinblick auf sein zuletzt erhaltenes Arbeitsentgelt von monatlich ca. 2.400,- EUR brutto. Aus dem geringen Arbeitslosengeld könne er seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten. In den letzten 23 Monaten habe er Krankengeld bezogen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2008 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 2. Mai 2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das monatliche Bruttogehalt des Klägers habe zuletzt im Dezember 2005 2.449,32 EUR betragen. Aufgrund des am 23. November 2005 erlittenen Arbeitsunfalles und eines gescheiterten Wiedereingliederungsversuchs könne der Kläger seine Tätigkeit als Freileitungsmonteur nicht mehr ausüben. Zwar seien nach dem Wortlaut die Voraussetzungen der §§ 130 Abs. 3 Nr. 1, 132 SGB III erfüllt. Jedoch stellten sich diese Regelungen nach Auffassung des Klägers als verfassungswidrig dar. Der Kläger habe unverschuldet einen Arbeitsunfall erlitten. Allein auf diesem Umstand beruhe es, dass er auch im erweiterten Bemessungsrahmen kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt habe. Die erfolgte fiktive Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 habe zur Folge, dass der Berechnung des Arbeitslosengeldes ein erheblich niedrigeres Bemessungsentgelt zugrunde liege. Insoweit werde der Kläger erheblich benachteiligt. Im Übrigen wende sich der Kläger gegen die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4. Bei der Tätigkeit als Freileitungsmonteur habe es sich um eine verantwortungsvolle und schwierige Aufgabe gehandelt, die eine entsprechende Qualifikation voraussetze und nicht der eines völlig ungelernten Arbeiters entspreche. Der Kläger habe alle Tätigkeiten ausgeübt, die auch ausgebildete Monteure gemacht hätten. Er sei nur nicht auf der Schule gewesen. Die erworbenen berufsspezifischen Kenntnisse könne er nach seiner Einschätzung in einem anderen Berufsfeld nicht verwerten.
Die Beklagte schaltete zwischenzeitlich ihren ärztlichen Dienst ein. Frau E. gelangte im Mai 2008 zu der Einschätzung, dass bei dem Kläger eine Minderbelastbarkeit durch einen verzögerten Heilungsprozess eines operativ behandelten Oberschenkelbruchs links und anhaltende Schmerzen im linken Knie- und Sprunggelenk nach Sprunggelenksbruch links, jeweils im Rahmen einer Mehrfachverletzung durch einen Arbeitsunfall bestehe und der Kläger täglich weniger als drei Stunden voraussichtlich länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer leistungsfähig sei. Im Januar 2009 ging Dr. B.-K. von einer Minderung der Geh- und Stehbelastbarkeit als Restfolge nach Verrenkungsverletzungen an der rechten Fußwurzel und dem linken Sprunggelenk mit inzwischen eingetretenen Verschleißerscheinungen, Restbeschwerden am linken Oberschenkel nach operativ behandeltem Oberschenkelbruch links, Rückenbeschwerden nach Bruch eines Brustwirbels, Bluthochdruck und Blutzuckerstoffwechselstörung aus. Der Kläger sei für ständig leichte körperliche Arbeiten, gelegentlich gehend und stehend, überwiegend sitzend, vollschichtig arbeitsfähig. Auszuschließen seien anhaltende Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel, Klettern, Steigen oder Bewegen in unebenem Gelände, Knien und Hocken. Für die zuletzt ausgeübte Helfertätigkeit auf dem Bau sei der Kläger dauerhaft nicht mehr geeignet.
Das SG hat mit Urteil vom 7. Oktober 2009 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe weder Anspruch auf Zugrundelegung seines bis Januar 2006 erzielten Bruttomonatsgehalt von 2.449,32 EUR als Bemessungsentgelt für die Berechnung seines Arbeitslosengeldes ab dem 16. Februar 2008 noch auf Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe für die fiktive Bemessung seines Arbeitsentgelts gemäß § 132 Abs. 2 SGB III als Qualifikationsgruppe 4. Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts sei der Kläger der Qualifikationsgruppe 4, die keine Ausbildung erfordere, zuzuordnen. Auf eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 3, die Beschäftigungen umfasse, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erforderten, bestehe kein Anspruch. Die Einstufung in die Qualifikationsgruppen erfolge nach dem Wortlaut und Sinn und Zweck des § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III zukunftsbezogen, mithin ausgehend davon, auf welche Beschäftigungen die künftigen Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit sich in erster Linie zu erstrecken hätten. Vorliegend werde zu Gunsten des Klägers als zutreffend unterstellt, dass er, obwohl er keinen Ausbildungsberuf erlernt habe, durch langjährige Ausübung einer Beschäftigung als Freileitungsbauer (Kabelmonteur) die jedenfalls in der Berufspraxis erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten einem Facharbeiterniveau vergleichbar erworben habe. Die Verwertung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten erfordere jedoch die körperliche Fähigkeit, zu klettern, zu steigen sowie auf Gerüsten und Leitern Arbeiten zu verrichten. Dies könne der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr leisten, wovon die Kammer unter Zugrundelegung der Ausführungen im Schreiben der Berufsgenossenschaft Elektro Textil und Feinmechanik vom 29. Januar 2008 auch überzeugt sei. Da nach dem eigenen Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zudem eine Verwertung der durch langjährige Berufspraxis erworbenen spezifischen Kenntnisse im Freileitungsbau und in anderen Berufsfeldern oder Berufszweigen nicht möglich erscheine, hätten sich trotz der erworbenen Qualifikation die künftigen Vermittlungsbemühungen der Beklagten vorwiegend auf ungelernte Tätigkeiten zu erstrecken, sodass die Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 keinen rechtlichen Bedenken begegne. Die Kammer sehe die Regelung des § 132 SGB III darüber hinaus nicht als verfassungswidrig an, insbesondere einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG vermöge sie nicht zu erkennen. Das BSG habe dies zwar nur für Erziehungszeiten ausdrücklich entschieden (Urteil vom 29. Mai 2008 - B 11 a AL 23/07 R -; Urteil vom 29. Mai 2008 - B 11 a/7 a AL 64/06 R -), dies gelte jedoch auch in Fällen wie dem vorliegenden, in welchem eine fiktive Berechnung des Bemessungsentgelts aufgrund des Umstandes erfolgt sei, dass der Kläger im Anschluss an den am 23. November 2005 erlittenen Arbeitsunfall langjährig von der Berufsgenossenschaft Verletztengeld als Entgeltersatzleistung bezogen habe. Eine willkürliche Schlechterstellung gegenüber Versicherten, die keinen Arbeitsunfall erlitten hätten, liege hierdurch nicht vor. Die Kammer folge der Rechtsprechung des BSG. Es bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitslosengeld vorzuweisen hätten, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns für den aufgrund des Versicherungsfalls derzeit eintretenden Lohnausfall als nicht mehr gewährleistet ansehe und deshalb stattdessen den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn zur Bemessungsgrundlage erhebe. Dies trage dem Lohnersatzcharakter des Arbeitslosengeldes und damit einem zentralen Grundgedanken der zu regelnden Materie Rechnung. Es erscheine mithin gleichsam geboten, das Arbeitsentgelt aus weiter als zwei Jahren zurückliegenden Beschäftigungszeiten in der Regel als Bemessungsgrundlage entsprechend der Funktion des Arbeitslosengeldes als Lohnersatzleistung auszuschließen. Der Kläger werde nicht rechtlos gestellt und ungerechtfertigt benachteiligt. Zwar greife vorliegend die für den Kläger ungünstige fiktive Bemessung des § 132 SGB III aufgrund des Umstandes ein, dass er infolge eines am 23. November 2005 erlittenen Arbeitsunfalles in seinem bisherigen Beruf als Freileitungsbauer nicht mehr arbeitsfähig sei und aufgrund dessen bis zum 15. Februar 2008 Verletztengeld von der Berufsgenossenschaft erhalten habe. Die hierdurch erlittene Einbuße bezüglich der Verwertbarkeit seiner Arbeitskraft werde jedoch durch das System des SGB VII (gesetzliche Unfallversicherung) ausgeglichen, konkret im vorliegenden Fall dadurch, dass der Kläger aufgrund der Folgen seines Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. erhalte. Eine ungerechtfertigte Benachteiligung des Klägers könne die Kammer ebenso wenig erkennen wie eine Verletzung von Verfassungsrecht.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 5. November 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. Dezember 2009 eingelegte Berufung des Klägers. Zwar sei dem Kläger die Tätigkeit als Freileitungsmonteur nicht mehr möglich, jedoch habe das SG eventuell vergleichbare Beschäftigungen zu keinem Zeitpunkt in Erwägung gebracht. Zudem seien die Regelungen der §§ 130 Abs. 3 Ziff. 1, 132 SGB III nicht verfassungskonform. In Folge des unverschuldeten Arbeitsunfalls habe der Kläger im Bemessungszeitraum kein versicherungspflichtiges Entgelt erzielen können und müsse sich nunmehr damit abfinden, dass ein fiktives Bemessungsentgelt statt seines tatsächlich erzielten Entgelts zugrunde gelegt werde. Vorliegend werde der Kläger doppelt bestraft. Zum einen sei er nicht in der Lage gewesen, in der Zeit ab dem Arbeitsunfall auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein und damit sein monatliches Bruttogehalt zu erwirtschaften. Er habe Schmerzen akzeptieren und seinen Lebensunterhalt mit einem erheblich geringeren Verletztengeld meistern müssen. Nun werde er auch im Hinblick auf die Gewährung von Arbeitslosengeld bestraft. Schließlich könne dem Kläger der Bezug von Verletztengeld aus der Unfallversicherung nicht entgegengehalten werden. Sinn und Zweck der Unfallversicherung sei es, den Unfall und dessen Folgen auszugleichen. Tragbar sei es aber nicht, diesen Sinn und Zweck auch auf das zukünftig zu gewährende Arbeitslosengeld gemäß SGB III anzuwenden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. Oktober 2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2008 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheids vom 31. März 2008 abzuändern und die Beklagte zu ver- urteilen, dem Kläger für den Zeitraum 16. Februar 2008 bis 16. Februar 2009 Arbeitslosengeld auf Basis eines Bemessungsentgelts in Höhe von 2.449,32 EUR monatlich zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, über die Höhe des dem Kläger zu bewilligenden Arbeitslosengeldes unter Beachtung der Rechtsauffassung des zu erkennenden Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Kläger ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zurecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2008 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Gewährung höheren Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 16. Februar 2009 zu.
Dem Kläger stand für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 16. Februar 2009 - mit Ausnahme seiner Ortsabwesenheit vom 17. August bis zum 22. August 2008 sowie der Zeit des Bezugs von Verletztengeld vom 15. Oktober bis zum 22. Oktober 2008 - dem Grunde nach ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zu, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Kläger hat sich am 16. Februar 2008 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 122 Abs. 1 SGB III) und er war ab dem 16. Februar 2008 arbeitslos im Sinne der §§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 SGB III und er hatte aufgrund der durch den Bezug des Verletztengeldes begründeten Versicherungspflicht (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III) die erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt (§§ 118 Abs. 1 Nr. 3, 123, 124 SGB III).
Zur Höhe des Anspruchs hat das SG zurecht entschieden, dass dem Kläger Arbeitslosengeld nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 49,70 EUR zu gewähren ist. Die Bemessung des dem Kläger ab 16. Februar 2008 zustehenden Arbeitslosengeldes richtet sich nach § 129 SGB III sowie nach den §§ 130 ff. SGB III. Nach § 129 Nr. 1 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, für die - wie bei dem Kläger - ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes zu berücksichtigen ist, 67 % (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird jedoch auf zwei Jahre erweitert, wenn u.a. der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 132 Abs. 2 SGG III).
In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist die Beklagte zutreffend von einem Bemessungsrahmen ausgegangen, der mit dem 15. Februar 2008, dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses des Klägers vor der Entstehung des Anspruchs, endet. Sie hat zutreffend angenommen, dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt weder innerhalb des vom 15. Februar 2008 aus zu berechnenden Regelbemessungsrahmens von einem Jahr noch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens festgestellt werden kann. Denn der Kläger war aufgrund seines am 23. November 2005 erlittenen Arbeitsunfalls arbeitsunfähig und hat seit dem 4. Januar 2006 ununterbrochen Verletztengeld seitens der gesetzlichen Unfallversicherung bezogen. Zwingende Folge des Fehlens eines Bemessungszeitraumes von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt ist gemäß § 132 Abs. 1 SGB V die Bemessung unter Zugrundelegung eines fiktiven Arbeitsentgelts als Bemessungsentgelt (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 - B 11 AL 42/08 R -).
Bei der Bestimmung des maßgeblichen fiktiven Arbeitsentgelts hat das SG den Kläger zutreffend der Qualifikationsgruppe 4 (Beschäftigungen, die keine Ausbildung erfordern, § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III) zugeordnet und hieraus ein fiktives Arbeitsentgelt von 49,70 EUR (29.820,- EUR [Bezugsgröße 2008] / 600) errechnet.
Der Kläger hat unstreitig keinerlei Berufsausbildung abgeschlossen. Seine bisherige Tätigkeit als Kabelmonteur im Freileitungsbau, für die er sich aufgrund seiner langjährigen praktischen Tätigkeit seit März 1990 berufsspezifische Kenntnisse vergleichbar einem ausgebildeten Kabelmonteur erworben haben mag, konnte er unstreitig aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Eine Vermittlung in Beschäftigungen in seinem Beruf als Kabelmonteur oder einem vergleichbaren Bauberuf, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3, § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III), kam offensichtlich nicht in Betracht, weil der Kläger damit nicht mehr in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden konnte. Dabei ist zu beachten, dass für die fiktive Bemessung nur diejenigen Tätigkeiten relevant sind, mit denen der Arbeitslose bestmöglich in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden kann (beispielsweise BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 - B 11 AL 42/08 R -). Unstreitig kann der Kläger den seit März 1990 ausgeübten Beruf als Freileitungsmonteur seit seinem Arbeitsunfall im November 2005 nicht mehr ausüben. Dies ergibt sich nicht nur aus der Selbsteinschätzung des Klägers, der sich darauf beruft, dass er seine bisherige Tätigkeit als Kabelmonteur im Freileitungsbau nicht mehr verrichten könne, sondern auch aus den Gutachten des ärztlichen Dienstes vom Mai 2008 und Januar 2009, wonach aus dem im November 2005 erlittenen Arbeitsunfall erhebliche Einschränkungen der Geh- und Stehbelastbarkeit resultieren und dieser das Restleistungsvermögen des Klägers allenfalls auf leichte körperliche Tätigkeiten, überwiegend sitzend, gelegentlich gehend und stehend, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel, Klettern, Steigen oder Bewegen im unebenen Gelände, Knien und Hocken, Absturzgefahr und Hitzetätigkeiten beschränkt hat. Aus diesem Gesundheitszustand hat die Beklagte den zutreffenden Schluss gezogen, dass der Kläger in seinem bisherigen Berufsfeld nicht mehr einsetzbar ist, er seine dort erworbenen praktischen Fähigkeiten nicht mehr nutzbar machen kann und sie ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf ungelernte Tätigkeiten zu erstrecken hat. Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eingeräumt, dass die von ihm erworbenen berufsspezifischen Kenntnisse in einem anderen Berufsfeld nicht verwertet werden können. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger aufgrund seiner persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Jahr 2008 in der Lage gewesen wäre, eine Beschäftigung, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordert, wettbewerbsfähig auf dem Arbeitsmarkt auszuüben. Der Kläger hat selbst nicht ansatzweise vorgetragen, über die theoretischen Fähigkeiten und praktischen Fertigkeiten für eine Tätigkeit auf dem Niveau einer abgeschlossenen Berufsausbildung in einer auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähigen Art und Weise zu verfügen. Da der Kläger seit März 1990 nur eine angelernte Tätigkeit als Kabelmonteur im Freileitungsbau ausgeübt hat und über keine sonstigen beruflichen Qualifikationen verfügt, ist die von der Beklagten für den streitigen Zeitraum vorgenommene Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 4 nicht zu beanstanden.
Die Beklagte ist weder berechtigt noch verpflichtet, von der durch das geltende Recht vorgeschriebenen fiktiven Bemessung nach Maßgabe des § 132 SGB III abzusehen und die Höhe des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes unter Berücksichtigung seines zuletzt bis Januar 2006 erzielten Arbeitsentgelts aufgrund seiner Beschäftigung bei der Firma ADP Employer Services GmbH zu bestimmen. Das SG hat zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG einen Verfassungsverstoß verneint (beispielsweise BSG, Urteile vom 18. Mai 2010 - B 7 AL 49/08 R - ; vom 16. Dezember 2009 - B 7 AL 39/08 R -; vom 3. Dezember 2009 - B 11 AL 42/08 R -; vom 21. Juli 2009 - B 7 AL 23/08 R -; vom 29. Mai 2008 - B 11 a/7 a AL 64/06 R -). Der Senat verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG und weist die Berufung insofern aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren weist der Senat ergänzend darauf hin, dass das Arbeitslosengeld als existenzsichernde Leistung dem Arbeitslosen einen angemessenen Ersatz für den Ausfall leisten soll, den er dadurch erleidet, dass er gegenwärtig keinen bezahlten Arbeitsplatz findet. Da sich der durch die Arbeitslosigkeit individuell eintretende Lohnausfall nicht konkret ermitteln lässt, ist es unvermeidbar, die Höhe des Arbeitslosengeldes nach typisierenden und pauschalierenden Merkmalen zu bestimmen. Dabei kann dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt - an dem es hier fehlt - grundsätzlich Indizwirkung in dem Sinne beigemessen werden, dass es typisierend das Arbeitsentgelt anzeigt, das der Arbeitslose, hätte er Arbeit, auch aktuell erzielen könnte. Das wird in der Regel der Konzeption gerecht, das Arbeitslosengeld als Entgeltersatzleistung an einem möglichst zeitnahen Niveau auszurichten, das dem auf Arbeitseinkommen gegründeten durchschnittlichen Lebensstandard des Arbeitslosen vor Entstehung des Anspruchs repräsentiert, sodass vor dem Bemessungszeitraum erzielte höhere Verdienste des Arbeitslosen, für die entsprechende Beiträge entrichtet werden, regelmäßig keine Berücksichtigung finden (beispielsweise BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 - B 7 AL 23/08 R -). Obwohl es deswegen prinzipiell sachgerecht ist, wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes wegen der genannten Indizwirkung an das Nettoentgelt anknüpft, das der Arbeitslose zuletzt vor Eintritt der Arbeitslosigkeit im Bemessungszeitraum bezogen hat, versagt diese Berechnungsmethode in den Fällen, in denen es - wie hier - an einem vor der Arbeitslosigkeit erzielten Arbeitslohn mangelt, sodass der Lohnausfall infolge der Arbeitslosigkeit und der deswegen zu erbringende Lohnersatz mit einer anderen Methode bemessen werden müssen (BSG, a.a.O.). Dies gilt vorliegend insbesondere, weil der Kläger zuletzt bis zum 3. Januar 2006 beschäftigt war und in der Folgezeit Verletztengeld unmittelbar vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bezogen hat, das sein Einkommensniveau zuletzt repräsentierte. Der Bezug des Verletztengeldes begründete dabei Versicherungspflicht (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III). Das Verletztengeld unterlag der Beitragspflicht (§ 345 Nr. 5 SGB III), wobei der Kläger und die Berufsgenossenschaft die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung je zur Hälfte zu tragen hatten (§ 347 Nr. 5 SGB III). Schließlich hat das SG in der Sache zutreffend daraufhin hingewiesen, dass das Risiko der Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge des im November 2005 erlittenen Arbeitsunfalls dem System der gesetzlichen Unfallversicherung zuzuordnen ist und nicht der Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des an den Kläger bezahlten Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 16. Februar 2009.
Der 1960 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung absolviert. Er war seit dem 5. März 1990 als Freileitungsmonteur bei der Firma E. Services GmbH in Vollzeitarbeit versicherungspflichtig beschäftigt. Aufgrund eines Arbeitsunfalls bezog er in der Zeit vom 4. Januar 2006 bis zum 15. Februar 2008 Verletztengeld seitens der Berufsgenossenschaft E. T. F ... Die Berufsgenossenschaft stellte die Zahlung des Verletztengeldes mit Wirkung zum 15. Februar 2008 ein, weil nach ihrer Einschätzung Arbeitsfähigkeit in der zum Unfallzeitpunkt ausgeübten Tätigkeit als Fahrleitungsmonteur nicht wieder eintreten werde (Schreiben vom 29. Januar 2008).
Daraufhin meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 16. Februar 2008 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Die Arbeitgeberin des Klägers bestätigte in der Arbeitsbescheinigung, dass der Kläger ab 5. März 1990 als Monteur beschäftigt gewesen sei. Das Beschäftigungsverhältnis sei wegen der Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug beendet worden, das Arbeitsverhältnis bestehe jedoch fort. Seit 4. Januar 2007 (richtig 2006) sei der Kläger krank ohne Lohnfortzahlung.
Mit Schreiben vom 18. März 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen seien. Daher sei der Bemessung des Arbeitslosengeldes ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Das fiktive Arbeitsentgelt sei aufgrund der Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe festzusetzen. Die Vermittlungsbemühungen erstreckten sich in erster Linie auf eine Beschäftigung, für die keine Ausbildung erforderlich sei. Daher erfolge die Zuordnung zur Qualifikationsstufe 4. Mit Bescheid vom 19. März 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 16. Februar 2009 Arbeitslosengeld für 360 Tage unter Berücksichtigung eines täglichen Bemessungsentgelts von 49,70 EUR mit einem täglichen Leistungsbetrag von 26,30 EUR. Die Beklagte erbrachte an den Kläger für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 28. Februar 2009 - mit Ausnahme seiner Ortsabwesenheit vom 17. August bis zum 22. August 2008 sowie der Zeit des Bezugs von Verletztengeld vom 15. Oktober bis zum 22. Oktober 2008 - Arbeitslosengeld.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 19. März 2008 legte der Kläger am 31. März 2008 Widerspruch ein und beantragte höheres Arbeitslosengeld im Hinblick auf sein zuletzt erhaltenes Arbeitsentgelt von monatlich ca. 2.400,- EUR brutto. Aus dem geringen Arbeitslosengeld könne er seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten. In den letzten 23 Monaten habe er Krankengeld bezogen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2008 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 2. Mai 2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das monatliche Bruttogehalt des Klägers habe zuletzt im Dezember 2005 2.449,32 EUR betragen. Aufgrund des am 23. November 2005 erlittenen Arbeitsunfalles und eines gescheiterten Wiedereingliederungsversuchs könne der Kläger seine Tätigkeit als Freileitungsmonteur nicht mehr ausüben. Zwar seien nach dem Wortlaut die Voraussetzungen der §§ 130 Abs. 3 Nr. 1, 132 SGB III erfüllt. Jedoch stellten sich diese Regelungen nach Auffassung des Klägers als verfassungswidrig dar. Der Kläger habe unverschuldet einen Arbeitsunfall erlitten. Allein auf diesem Umstand beruhe es, dass er auch im erweiterten Bemessungsrahmen kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt habe. Die erfolgte fiktive Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 habe zur Folge, dass der Berechnung des Arbeitslosengeldes ein erheblich niedrigeres Bemessungsentgelt zugrunde liege. Insoweit werde der Kläger erheblich benachteiligt. Im Übrigen wende sich der Kläger gegen die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4. Bei der Tätigkeit als Freileitungsmonteur habe es sich um eine verantwortungsvolle und schwierige Aufgabe gehandelt, die eine entsprechende Qualifikation voraussetze und nicht der eines völlig ungelernten Arbeiters entspreche. Der Kläger habe alle Tätigkeiten ausgeübt, die auch ausgebildete Monteure gemacht hätten. Er sei nur nicht auf der Schule gewesen. Die erworbenen berufsspezifischen Kenntnisse könne er nach seiner Einschätzung in einem anderen Berufsfeld nicht verwerten.
Die Beklagte schaltete zwischenzeitlich ihren ärztlichen Dienst ein. Frau E. gelangte im Mai 2008 zu der Einschätzung, dass bei dem Kläger eine Minderbelastbarkeit durch einen verzögerten Heilungsprozess eines operativ behandelten Oberschenkelbruchs links und anhaltende Schmerzen im linken Knie- und Sprunggelenk nach Sprunggelenksbruch links, jeweils im Rahmen einer Mehrfachverletzung durch einen Arbeitsunfall bestehe und der Kläger täglich weniger als drei Stunden voraussichtlich länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer leistungsfähig sei. Im Januar 2009 ging Dr. B.-K. von einer Minderung der Geh- und Stehbelastbarkeit als Restfolge nach Verrenkungsverletzungen an der rechten Fußwurzel und dem linken Sprunggelenk mit inzwischen eingetretenen Verschleißerscheinungen, Restbeschwerden am linken Oberschenkel nach operativ behandeltem Oberschenkelbruch links, Rückenbeschwerden nach Bruch eines Brustwirbels, Bluthochdruck und Blutzuckerstoffwechselstörung aus. Der Kläger sei für ständig leichte körperliche Arbeiten, gelegentlich gehend und stehend, überwiegend sitzend, vollschichtig arbeitsfähig. Auszuschließen seien anhaltende Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel, Klettern, Steigen oder Bewegen in unebenem Gelände, Knien und Hocken. Für die zuletzt ausgeübte Helfertätigkeit auf dem Bau sei der Kläger dauerhaft nicht mehr geeignet.
Das SG hat mit Urteil vom 7. Oktober 2009 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe weder Anspruch auf Zugrundelegung seines bis Januar 2006 erzielten Bruttomonatsgehalt von 2.449,32 EUR als Bemessungsentgelt für die Berechnung seines Arbeitslosengeldes ab dem 16. Februar 2008 noch auf Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe für die fiktive Bemessung seines Arbeitsentgelts gemäß § 132 Abs. 2 SGB III als Qualifikationsgruppe 4. Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts sei der Kläger der Qualifikationsgruppe 4, die keine Ausbildung erfordere, zuzuordnen. Auf eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 3, die Beschäftigungen umfasse, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erforderten, bestehe kein Anspruch. Die Einstufung in die Qualifikationsgruppen erfolge nach dem Wortlaut und Sinn und Zweck des § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III zukunftsbezogen, mithin ausgehend davon, auf welche Beschäftigungen die künftigen Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit sich in erster Linie zu erstrecken hätten. Vorliegend werde zu Gunsten des Klägers als zutreffend unterstellt, dass er, obwohl er keinen Ausbildungsberuf erlernt habe, durch langjährige Ausübung einer Beschäftigung als Freileitungsbauer (Kabelmonteur) die jedenfalls in der Berufspraxis erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten einem Facharbeiterniveau vergleichbar erworben habe. Die Verwertung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten erfordere jedoch die körperliche Fähigkeit, zu klettern, zu steigen sowie auf Gerüsten und Leitern Arbeiten zu verrichten. Dies könne der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr leisten, wovon die Kammer unter Zugrundelegung der Ausführungen im Schreiben der Berufsgenossenschaft Elektro Textil und Feinmechanik vom 29. Januar 2008 auch überzeugt sei. Da nach dem eigenen Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zudem eine Verwertung der durch langjährige Berufspraxis erworbenen spezifischen Kenntnisse im Freileitungsbau und in anderen Berufsfeldern oder Berufszweigen nicht möglich erscheine, hätten sich trotz der erworbenen Qualifikation die künftigen Vermittlungsbemühungen der Beklagten vorwiegend auf ungelernte Tätigkeiten zu erstrecken, sodass die Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 keinen rechtlichen Bedenken begegne. Die Kammer sehe die Regelung des § 132 SGB III darüber hinaus nicht als verfassungswidrig an, insbesondere einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG vermöge sie nicht zu erkennen. Das BSG habe dies zwar nur für Erziehungszeiten ausdrücklich entschieden (Urteil vom 29. Mai 2008 - B 11 a AL 23/07 R -; Urteil vom 29. Mai 2008 - B 11 a/7 a AL 64/06 R -), dies gelte jedoch auch in Fällen wie dem vorliegenden, in welchem eine fiktive Berechnung des Bemessungsentgelts aufgrund des Umstandes erfolgt sei, dass der Kläger im Anschluss an den am 23. November 2005 erlittenen Arbeitsunfall langjährig von der Berufsgenossenschaft Verletztengeld als Entgeltersatzleistung bezogen habe. Eine willkürliche Schlechterstellung gegenüber Versicherten, die keinen Arbeitsunfall erlitten hätten, liege hierdurch nicht vor. Die Kammer folge der Rechtsprechung des BSG. Es bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitslosengeld vorzuweisen hätten, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns für den aufgrund des Versicherungsfalls derzeit eintretenden Lohnausfall als nicht mehr gewährleistet ansehe und deshalb stattdessen den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn zur Bemessungsgrundlage erhebe. Dies trage dem Lohnersatzcharakter des Arbeitslosengeldes und damit einem zentralen Grundgedanken der zu regelnden Materie Rechnung. Es erscheine mithin gleichsam geboten, das Arbeitsentgelt aus weiter als zwei Jahren zurückliegenden Beschäftigungszeiten in der Regel als Bemessungsgrundlage entsprechend der Funktion des Arbeitslosengeldes als Lohnersatzleistung auszuschließen. Der Kläger werde nicht rechtlos gestellt und ungerechtfertigt benachteiligt. Zwar greife vorliegend die für den Kläger ungünstige fiktive Bemessung des § 132 SGB III aufgrund des Umstandes ein, dass er infolge eines am 23. November 2005 erlittenen Arbeitsunfalles in seinem bisherigen Beruf als Freileitungsbauer nicht mehr arbeitsfähig sei und aufgrund dessen bis zum 15. Februar 2008 Verletztengeld von der Berufsgenossenschaft erhalten habe. Die hierdurch erlittene Einbuße bezüglich der Verwertbarkeit seiner Arbeitskraft werde jedoch durch das System des SGB VII (gesetzliche Unfallversicherung) ausgeglichen, konkret im vorliegenden Fall dadurch, dass der Kläger aufgrund der Folgen seines Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. erhalte. Eine ungerechtfertigte Benachteiligung des Klägers könne die Kammer ebenso wenig erkennen wie eine Verletzung von Verfassungsrecht.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 5. November 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. Dezember 2009 eingelegte Berufung des Klägers. Zwar sei dem Kläger die Tätigkeit als Freileitungsmonteur nicht mehr möglich, jedoch habe das SG eventuell vergleichbare Beschäftigungen zu keinem Zeitpunkt in Erwägung gebracht. Zudem seien die Regelungen der §§ 130 Abs. 3 Ziff. 1, 132 SGB III nicht verfassungskonform. In Folge des unverschuldeten Arbeitsunfalls habe der Kläger im Bemessungszeitraum kein versicherungspflichtiges Entgelt erzielen können und müsse sich nunmehr damit abfinden, dass ein fiktives Bemessungsentgelt statt seines tatsächlich erzielten Entgelts zugrunde gelegt werde. Vorliegend werde der Kläger doppelt bestraft. Zum einen sei er nicht in der Lage gewesen, in der Zeit ab dem Arbeitsunfall auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein und damit sein monatliches Bruttogehalt zu erwirtschaften. Er habe Schmerzen akzeptieren und seinen Lebensunterhalt mit einem erheblich geringeren Verletztengeld meistern müssen. Nun werde er auch im Hinblick auf die Gewährung von Arbeitslosengeld bestraft. Schließlich könne dem Kläger der Bezug von Verletztengeld aus der Unfallversicherung nicht entgegengehalten werden. Sinn und Zweck der Unfallversicherung sei es, den Unfall und dessen Folgen auszugleichen. Tragbar sei es aber nicht, diesen Sinn und Zweck auch auf das zukünftig zu gewährende Arbeitslosengeld gemäß SGB III anzuwenden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. Oktober 2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2008 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheids vom 31. März 2008 abzuändern und die Beklagte zu ver- urteilen, dem Kläger für den Zeitraum 16. Februar 2008 bis 16. Februar 2009 Arbeitslosengeld auf Basis eines Bemessungsentgelts in Höhe von 2.449,32 EUR monatlich zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, über die Höhe des dem Kläger zu bewilligenden Arbeitslosengeldes unter Beachtung der Rechtsauffassung des zu erkennenden Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Kläger ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zurecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2008 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Gewährung höheren Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 16. Februar 2009 zu.
Dem Kläger stand für die Zeit vom 16. Februar 2008 bis zum 16. Februar 2009 - mit Ausnahme seiner Ortsabwesenheit vom 17. August bis zum 22. August 2008 sowie der Zeit des Bezugs von Verletztengeld vom 15. Oktober bis zum 22. Oktober 2008 - dem Grunde nach ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zu, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Kläger hat sich am 16. Februar 2008 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 122 Abs. 1 SGB III) und er war ab dem 16. Februar 2008 arbeitslos im Sinne der §§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 SGB III und er hatte aufgrund der durch den Bezug des Verletztengeldes begründeten Versicherungspflicht (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III) die erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt (§§ 118 Abs. 1 Nr. 3, 123, 124 SGB III).
Zur Höhe des Anspruchs hat das SG zurecht entschieden, dass dem Kläger Arbeitslosengeld nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 49,70 EUR zu gewähren ist. Die Bemessung des dem Kläger ab 16. Februar 2008 zustehenden Arbeitslosengeldes richtet sich nach § 129 SGB III sowie nach den §§ 130 ff. SGB III. Nach § 129 Nr. 1 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, für die - wie bei dem Kläger - ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes zu berücksichtigen ist, 67 % (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird jedoch auf zwei Jahre erweitert, wenn u.a. der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 132 Abs. 2 SGG III).
In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist die Beklagte zutreffend von einem Bemessungsrahmen ausgegangen, der mit dem 15. Februar 2008, dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses des Klägers vor der Entstehung des Anspruchs, endet. Sie hat zutreffend angenommen, dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt weder innerhalb des vom 15. Februar 2008 aus zu berechnenden Regelbemessungsrahmens von einem Jahr noch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens festgestellt werden kann. Denn der Kläger war aufgrund seines am 23. November 2005 erlittenen Arbeitsunfalls arbeitsunfähig und hat seit dem 4. Januar 2006 ununterbrochen Verletztengeld seitens der gesetzlichen Unfallversicherung bezogen. Zwingende Folge des Fehlens eines Bemessungszeitraumes von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt ist gemäß § 132 Abs. 1 SGB V die Bemessung unter Zugrundelegung eines fiktiven Arbeitsentgelts als Bemessungsentgelt (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 - B 11 AL 42/08 R -).
Bei der Bestimmung des maßgeblichen fiktiven Arbeitsentgelts hat das SG den Kläger zutreffend der Qualifikationsgruppe 4 (Beschäftigungen, die keine Ausbildung erfordern, § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III) zugeordnet und hieraus ein fiktives Arbeitsentgelt von 49,70 EUR (29.820,- EUR [Bezugsgröße 2008] / 600) errechnet.
Der Kläger hat unstreitig keinerlei Berufsausbildung abgeschlossen. Seine bisherige Tätigkeit als Kabelmonteur im Freileitungsbau, für die er sich aufgrund seiner langjährigen praktischen Tätigkeit seit März 1990 berufsspezifische Kenntnisse vergleichbar einem ausgebildeten Kabelmonteur erworben haben mag, konnte er unstreitig aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Eine Vermittlung in Beschäftigungen in seinem Beruf als Kabelmonteur oder einem vergleichbaren Bauberuf, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3, § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III), kam offensichtlich nicht in Betracht, weil der Kläger damit nicht mehr in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden konnte. Dabei ist zu beachten, dass für die fiktive Bemessung nur diejenigen Tätigkeiten relevant sind, mit denen der Arbeitslose bestmöglich in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden kann (beispielsweise BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 - B 11 AL 42/08 R -). Unstreitig kann der Kläger den seit März 1990 ausgeübten Beruf als Freileitungsmonteur seit seinem Arbeitsunfall im November 2005 nicht mehr ausüben. Dies ergibt sich nicht nur aus der Selbsteinschätzung des Klägers, der sich darauf beruft, dass er seine bisherige Tätigkeit als Kabelmonteur im Freileitungsbau nicht mehr verrichten könne, sondern auch aus den Gutachten des ärztlichen Dienstes vom Mai 2008 und Januar 2009, wonach aus dem im November 2005 erlittenen Arbeitsunfall erhebliche Einschränkungen der Geh- und Stehbelastbarkeit resultieren und dieser das Restleistungsvermögen des Klägers allenfalls auf leichte körperliche Tätigkeiten, überwiegend sitzend, gelegentlich gehend und stehend, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel, Klettern, Steigen oder Bewegen im unebenen Gelände, Knien und Hocken, Absturzgefahr und Hitzetätigkeiten beschränkt hat. Aus diesem Gesundheitszustand hat die Beklagte den zutreffenden Schluss gezogen, dass der Kläger in seinem bisherigen Berufsfeld nicht mehr einsetzbar ist, er seine dort erworbenen praktischen Fähigkeiten nicht mehr nutzbar machen kann und sie ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf ungelernte Tätigkeiten zu erstrecken hat. Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eingeräumt, dass die von ihm erworbenen berufsspezifischen Kenntnisse in einem anderen Berufsfeld nicht verwertet werden können. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger aufgrund seiner persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Jahr 2008 in der Lage gewesen wäre, eine Beschäftigung, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordert, wettbewerbsfähig auf dem Arbeitsmarkt auszuüben. Der Kläger hat selbst nicht ansatzweise vorgetragen, über die theoretischen Fähigkeiten und praktischen Fertigkeiten für eine Tätigkeit auf dem Niveau einer abgeschlossenen Berufsausbildung in einer auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähigen Art und Weise zu verfügen. Da der Kläger seit März 1990 nur eine angelernte Tätigkeit als Kabelmonteur im Freileitungsbau ausgeübt hat und über keine sonstigen beruflichen Qualifikationen verfügt, ist die von der Beklagten für den streitigen Zeitraum vorgenommene Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 4 nicht zu beanstanden.
Die Beklagte ist weder berechtigt noch verpflichtet, von der durch das geltende Recht vorgeschriebenen fiktiven Bemessung nach Maßgabe des § 132 SGB III abzusehen und die Höhe des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes unter Berücksichtigung seines zuletzt bis Januar 2006 erzielten Arbeitsentgelts aufgrund seiner Beschäftigung bei der Firma ADP Employer Services GmbH zu bestimmen. Das SG hat zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG einen Verfassungsverstoß verneint (beispielsweise BSG, Urteile vom 18. Mai 2010 - B 7 AL 49/08 R - ; vom 16. Dezember 2009 - B 7 AL 39/08 R -; vom 3. Dezember 2009 - B 11 AL 42/08 R -; vom 21. Juli 2009 - B 7 AL 23/08 R -; vom 29. Mai 2008 - B 11 a/7 a AL 64/06 R -). Der Senat verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG und weist die Berufung insofern aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren weist der Senat ergänzend darauf hin, dass das Arbeitslosengeld als existenzsichernde Leistung dem Arbeitslosen einen angemessenen Ersatz für den Ausfall leisten soll, den er dadurch erleidet, dass er gegenwärtig keinen bezahlten Arbeitsplatz findet. Da sich der durch die Arbeitslosigkeit individuell eintretende Lohnausfall nicht konkret ermitteln lässt, ist es unvermeidbar, die Höhe des Arbeitslosengeldes nach typisierenden und pauschalierenden Merkmalen zu bestimmen. Dabei kann dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt - an dem es hier fehlt - grundsätzlich Indizwirkung in dem Sinne beigemessen werden, dass es typisierend das Arbeitsentgelt anzeigt, das der Arbeitslose, hätte er Arbeit, auch aktuell erzielen könnte. Das wird in der Regel der Konzeption gerecht, das Arbeitslosengeld als Entgeltersatzleistung an einem möglichst zeitnahen Niveau auszurichten, das dem auf Arbeitseinkommen gegründeten durchschnittlichen Lebensstandard des Arbeitslosen vor Entstehung des Anspruchs repräsentiert, sodass vor dem Bemessungszeitraum erzielte höhere Verdienste des Arbeitslosen, für die entsprechende Beiträge entrichtet werden, regelmäßig keine Berücksichtigung finden (beispielsweise BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 - B 7 AL 23/08 R -). Obwohl es deswegen prinzipiell sachgerecht ist, wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes wegen der genannten Indizwirkung an das Nettoentgelt anknüpft, das der Arbeitslose zuletzt vor Eintritt der Arbeitslosigkeit im Bemessungszeitraum bezogen hat, versagt diese Berechnungsmethode in den Fällen, in denen es - wie hier - an einem vor der Arbeitslosigkeit erzielten Arbeitslohn mangelt, sodass der Lohnausfall infolge der Arbeitslosigkeit und der deswegen zu erbringende Lohnersatz mit einer anderen Methode bemessen werden müssen (BSG, a.a.O.). Dies gilt vorliegend insbesondere, weil der Kläger zuletzt bis zum 3. Januar 2006 beschäftigt war und in der Folgezeit Verletztengeld unmittelbar vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bezogen hat, das sein Einkommensniveau zuletzt repräsentierte. Der Bezug des Verletztengeldes begründete dabei Versicherungspflicht (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III). Das Verletztengeld unterlag der Beitragspflicht (§ 345 Nr. 5 SGB III), wobei der Kläger und die Berufsgenossenschaft die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung je zur Hälfte zu tragen hatten (§ 347 Nr. 5 SGB III). Schließlich hat das SG in der Sache zutreffend daraufhin hingewiesen, dass das Risiko der Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge des im November 2005 erlittenen Arbeitsunfalls dem System der gesetzlichen Unfallversicherung zuzuordnen ist und nicht der Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved