Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 741/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5398/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. August 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Heilbronn zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte der Klägerin das Merkzeichen "B" (Berechtigung für eine ständige Begleitung) zu Recht aberkannt hat.
Bei der 1993 geborenen Klägerin stellte das Versorgungsamt H. mit Abhilfebescheid vom 28.03.2000 wegen einer Schwerhörigkeit beidseits mit Sprachstörung den Grad der Behinderung (GdB) mit 50 sowie die Voraussetzungen für die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale (Merkzeichen) "RF" (Rundfunkgebührenbefreiung) fest. Nach Verschlechterung des Hörvermögens der Klägerin stellte das Versorgungsamt H. auf einen Neufeststellungsantrag der Klägerin den GdB mit 100 sowie die Merkzeichen "G", "B", "H", "Gl" und weiterhin "RF" neu fest (Bescheid vom 24.09.2001).
Auf Anfrage des zwischenzeitlich zuständigen Landratsamtes H. - Versorgungsamt - (LRA) teilte die Klägerin durch ihre Mutter unter anderem mit, dass im Dezember 2001 an der Universitätsklinik F. eine "CI-Implantation" erfolgt sei.
Mit Anhörungsschreiben vom 02.09.2009 hörte das LRA die Klägerin zur beabsichtigten Entziehung der Merkzeichen "G" und "B" an. Die Klägerin führte mit Schreiben vom 21.09.2009 dem LRA (durch ihre Mutter) aus, sie habe ihr Restgehör verloren und sei auf Hilfsmittel wie das "CI" angewiesen. Sie sei infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Deswegen werde sie bei der Fahrt mit dem Bus auf dem Weg zur Schule immer von einer Mitschülerin begleitet.
Auf Anforderung des LRA teilte Dr. K. in ihrer schriftlichen Befundbeschreibung vom 14.10.2009 unter Vorlage von weiteren medizinischen Berichten (kardiologischer Bericht von Dr. T. vom 17.04.2003, Befundberichte des Orthopäden Dr. D. vom 20.10.2007 und des Universitätsklinikums H. - HNO-Klinik - vom 04.08.1999) mit, die Klägerin leide an einer mittel- bis hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Durch die Implantationen sei es zu einer Verbesserung gekommen. Wenn keine Nebengeräusche bestünden, könne die Klägerin in geschlossenen Räumen einer Unterhaltung von 2 Personen folgen. Im Freien, z.B. im Straßenverkehr, versagten die Implantate. Bei großer Geräuschkulisse leide die Klägerin unter Schwindel und Gleichgewichtstörungen. Die Klägerin könne z.B. eine Lautsprecheransage in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht hören und ihr keine Folge leisten. Die Notwendigkeit einer Begleitperson im öffentlichen Straßenverkehr sei weiterhin gegeben.
Das LRA holte eine Stellungnahme ihres ärztlichen Gutachters vom 28.10.2009 ein. Dieser teilte mit: "Die Voraussetzungen für MZ "G" und "B" liegen nicht vor. Nach Bl. 59 (Befundbeschreibung Dr. K. vom 14.10.2009) liegt eine Hörverbesserung vor nach Implantationen."
Mit Bescheid vom 02.11.2009 hob das LRA den Bescheid vom 24.09.2001 hinsichtlich der Merkzeichen "G" und "B" ab dem 05.11.2009 auf. Die Merkzeichen "Gl", "H" und "RF" sowie der GdB mit 100 wurden weiterhin festgestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei angeborener und im Kindesalter erworbener Taubheit und an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit seien die Merkzeichen "G" und "B" in der Regel bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres anzunehmen. Die Klägerin habe inzwischen das 16. Lebensjahr vollendet. Die Merkzeichen "G" und "B" könnten deshalb künftig nicht mehr festgestellt werden.
Gegen den Bescheid vom 02.11.2009 legte die Klägerin - durch ihre Mutter - am 09.11.2009 Widerspruch ein, mit dem sie sich ausdrücklich nur gegen den Entzug des Merkzeichens "B" wandte. Sie machte zur Begründung geltend, sie sei auf eine Begleitperson bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen, da sie unter Schwindel und Gleichgewichtstörungen leide und beim Ein- und Aussteigen Probleme habe. Aufgrund ihrer Taubheit könne sie sich nicht an den akustischen Ausrufen auf Bahnsteigen, in Bussen usw. orientieren. Wegen ihres geringen Wortschatzes könne sie sich auch nicht an Passanten wenden. Wegen fehlendem Richtungshören könne sie nicht erkennen, aus welcher Richtung ein Auto komme. Sie könne mit dem Hilfsmittel "CI" ein wenig hören. Dieses "Hören" entspreche jedoch nicht einem normalen Hören. Bei großen Ansammlungen von Menschen höre sie nur ein Durcheinander von unangenehmen Geräuschen, von denen sie Kopfschmerzen und einen Tinnitus bekomme. Außerdem werde ihr schwarz vor Augen und schwindelig. Sie verstehe nur in ruhiger Umgebung und müsse dabei noch vom Mund ablesen. Aufgrund der Gleichgewichtstörungen sei es ohne Begleitperson unverantwortlich, sie (die Klägerin) alleine fahren zu lassen. Auf einem fremden Bahnhof fehle ihr die Orientierung. Sie sei deshalb weiterhin auf das Merkzeichen "B" angewiesen. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 23.12.2009 ärztliche Bescheinigungen von Dr. K. vom 21.12.2009 sowie des Universitätsklinikums F. vom 09.12.2009 und 23.09.2009 vor.
Das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - holte die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vom 02.02.2010 ein, in der mitgeteilt wurde, dass anhand der vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen sei, das die Klägerin bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt angewiesen oder dass das Merkzeichen "B" zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z.B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) erforderlich sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2010 wies das Landesversorgungsamt den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 02.11.2009 mit der Begründung zurück, die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass die Klägerin trotz ihrer Behinderung ab 05.11.2009 in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel überwiegend ohne Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels zu benutzen. Die Zuerkennung des Merkzeichens "B" lasse sich nicht mehr begründen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 02.03.2010 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Sie führte zur Begründung aus, aufgrund des beidseits unter den Kopfhaut und den Schädelknochen fixierten eingesetzten Cochlear Implantates dürfe sie wegen der Gefahr der Beschädigung keinen Stoß erhalten. Bei der Benutzung regelmäßig überfüllter öffentlicher Verkehrsmittel (Bus und Stadtbahn) bestehe ständig die Gefahr, dass sie durch das Gedränge gestoßen werde. Eine Begleitperson könne sie vor einem derartigen Gedränge mit der damit verbundenen Stoßgefahr schützen. Auch nach Vollendung des 16. Lebensjahres lägen bei ihr wegen ihrer Behinderungen die Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" weiterhin vor. Sie wiederholte hierzu im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen, bei Gedränge und hohem Geräuschpegel werde ihr schwindelig. Außerdem trete Tinnitus und eine Überforderung mit Angst auf. Sie berief sich auf Rechtsprechung der Landessozialgerichte Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und legte die Bescheinigungen vom 11.12.2007 und 30.03.2010 sowie die Ärztliche Verordnung vom 02.07.2009 des Universitäts-Klinikums F. vor.
Der Beklagte trat der Klage - unter Vorlage der Akten am 15.03.2010 - entgegen. Aus der Klagebegründung ergäben sich keine Gesichtspunkte, die eine günstigere Entscheidung rechtfertigten.
Mit richterlichem Schreiben vom 04.06.2010 wurde der Beklagte aufgefordert, sich mit der Argumentation der Klägerin auseinanderzusetzen und auf die von ihr vorgebrachten Punkte einzugehen, da ein Verweis auf die Widerspruchsentscheidung und die versorgungsärztlichen Stellungnahmen nicht ausreichend sei. Hierauf führte der Beklagte mit Schriftsatz vom 10.06.2010 aus, die Merkzeichen "G" und "B" seien nicht alleine wegen des Erreichens des 16. Lebensjahres entzogen worden. Dr. K. habe in ihrem Bericht vom 14.10.2009 eine Hörverbesserung durch die Implantationen mitgeteilt. Die Diagnose, dass eine Begleitperson weiterhin erforderlich sei, habe Dr. K. nicht begründet. Da das LRA in den vorgelegten Unterlagen keinen Hinweis gefunden habe, warum die Merkzeichen nicht entzogen werden sollten, sei - zugegeben sehr knapp - festgestellt worden, dass keine Abhilfe möglich sei und die Akten dem Landesversorgungsamt zur Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens vorgelegt worden. Vom zuständigen Sachbearbeiter sei (ausnahmsweise) eine weitere ärztliche Stellungnahme eingeholt worden, die dieses Ergebnis bestätigt habe, weil die erforderliche Hilfestellung beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels nicht nachgewiesen gewesen sei. Die in der Klagebegründung geltend gemachte Notwendigkeit einer Begleitperson zum Schutz des implantierten Sprachprozessors klinge konstruiert. Selbstverständlich müssten diese empfindlichen Geräte geschützt werden. Dies gelte aber auch für Augen, Ohren und andere Körperteile. Wie das in dem von der Klägerin dargestellten Szenario durch eine Begleitperson gewährleistet werden könne, sei nur begrenzt nachvollziehbar. Hinzu komme, dass dies nach dem Vorbringen der Klägerin durch eine Mitschülerin gewährleistet würde. Allein die schweren Einschränkungen aus der Taubheit reichten mangels Aufnahme durch den Verordnungsgeber als Regelfall nicht aus, um das Merkzeichen "B" weiter zu gewähren. Hinzukommen müsse eine zusätzliche Beeinträchtigung, z.B. schwere Sehminderung, eine geistige Behinderung oder schwere Störungen der Orientierungsfähigkeit oder eine von der Klägerin nicht geltend gemachte erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Argumenten der Anspruchssteller sei zwar wünschenswert, aber in einem Massenverfahren grundsätzlich nicht zu leisten.
Die Klägerin trug hierzu ergänzend vor, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Erreichen des 16. Lebensjahres bei der Art der vorliegenden Behinderung ein Tätigwerden der Verwaltung erforderlich gemacht habe. Soweit der Beklagte die Diagnose von Dr. K. bezweifle, wäre es am Beklagten gewesen, bei Dr. K. nachzufragen. Der Schutz des Implantates sei ihr sehr wichtig und keineswegs konstruiert. Der Beklagte habe sich mit ihrem Vorbringen nicht ausein-andergesetzt.
Mit richterlichem Schreiben vom 13.07.2010 wurde der Beklagte weiter darauf hingewiesen, dass sich angesichts des nachvollziehbaren klägerischen Vortrags weiterhin nicht deutlich genug ergebe, weshalb der Klägerin das Merkzeichen "B" entzogen worden sei. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 10.06.2010 dürften im Hinblick auf § 20 Abs. 1 und 2 SGB X bedenklich sein. Dazu teilte der Beklagte mit Schriftsatz vom 22.07.2010 mit, es ergebe sich keine Änderung an der bisherigen Beurteilung. Wenn das Gericht weiterhin Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Entziehungsbescheides vom 02.11.2009 in Bezug auf das Merkzeichen "B" habe, möge es darüber entscheiden.
Mit Urteil vom 25.08.2010 hob das SG den Bescheid vom 02.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.02.2010 auf, soweit damit die Feststellung des Merkzeichens "B" aufgehoben wurde. Das SG führte zur Begründung aus, der streitgegenständliche Bescheid sei unter Verstoß gegen den in § 20 SGB X enthaltenen Untersuchungsgrundsatz ergangen und habe daher gemäß § 131 Abs. 5 S. 1 SGG aufgehoben werden können. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 SGB seien erfüllt. Des Weiteren sei eine weitere Sachaufklärung zur Entscheidung über die Entziehung des Merkzeichens "B" erforderlich. Nach derzeitigem Ermittlungsstand könne das Gericht nicht abschließend prüfen, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen des Merkzeichens "B" noch gegeben seien. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne diese Frage nicht allein aufgrund des Befundberichts der Dr. K. und der von der Klägerin vorgelegten Arztschreiben beantwortet werden. Angesichts der wohl nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin könnten die Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" trotz - oder gerade wegen - der Implantation des CI weiterhin gegeben sein. Der Sachverhalt sei vom Beklagten bislang nicht hinreichend aufgeklärt worden. Insoweit liege ein Ermittlungsausfall vor. Aufgrund der spärlichen Ermittlungsergebnisse habe der Beklagte auf der Grundlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen nach Aktenlage vom 23.10.2009 und 02.02.2010 keine tragfähige Entscheidung bezüglich der Entziehung des Merkzeichens "B" treffen können. Die noch durchzuführenden Ermittlungen seien auch erheblich, da die Einholung eines Sachverständigengutachtens notwendig erscheine. Die entgegenstehende Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 27.01.2009 - L 4 R 1519/08 -) könne nicht auf sämtliche das Sozialgericht betreffende Verfahren bezogen werden. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sei auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich, da der Beklagte seine Aufgabe, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, unterlassen habe, obwohl er über einen ärztlichen Dienst oder unter Vertrag stehende Beratungsärzte verfüge, denen es zumindest möglich sei, dass die Begutachtung mit Anordnung einer ambulanten Untersuchung der Klägerin schneller und kostengünstiger vor sich gehe, als bei einem externen Sachverständigengutachten des Gerichts. Nach den Äußerungen des Beklagten erscheine es sogar naheliegend, dass aus Kostengründen zu Lasten der Klägerin unzulässig systematisch eine sachwidrige Aufwandsverlagerung auf die Gerichte vorgenommen werde. Die Gerichte hätten grundsätzlich nicht die Aufgabe, die in die Zuständigkeit der Verwaltung fallenden Aufgaben zu erledigen bzw. nachzuholen. Der Klägerin erwachse durch die getroffene Gerichtsentscheidung auch kein Nachteil. Sofern der Beklagte weiterhin beabsichtige, das Merkzeichen "B" zu entziehen, habe er den Sachverhalt nach bestimmten Maßgaben weiter aufzuklären.
Gegen das dem Beklagten am 25.10.2010 zugestellte Urteil hat er am 22.11.2010 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, die Entscheidung des SG sei fehlerhaft, weil aus Sicht des Beklagten keine weitere erhebliche Sachverhaltsaufklärung erforderlich gewesen sei bzw. dass diese vom SG hätte vorgenommen werden müssen. Ein erheblicher Ermittlungsausfall liege nicht vor. Die Ansicht des SG, dass allein ein vom Beklagten einzuholendes Sachverständigengutachten die richtige Entscheidungsgrundlage sei, sei unzutreffend. Der Beklagte könne weder schneller noch kostengünstiger ein Gutachten beiziehen als das SG. Die Inanspruchnahme des ärztlichen Dienstes scheitere sowohl an den personellen Ressourcen als auch an der erforderlichen, aber nicht vorhandenen technischen Ausgestaltung. Davon abgesehen wäre es ein Parteigutachten mit eingeschränktem Beweiswert. Die konzedierte und vom Gericht monierte "zu knappe Auseinandersetzung" mit den Einwendungen der Klägerin sei dahingehend zu verstehen, dass man ein gefundenes Ergebnis eventuell ausführlicher kommunizieren sollte, was in einem Massenverfahren und den dafür zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen nicht möglich sei. Dies ändere jedoch nichts an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung. Die Ausführungen zur bewussten Verlagerung der Sachaufklärung auf das SG seien abwegig. Die vom SG für erforderlich gehaltene Begutachtung zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes sei so nicht durchführbar. Die unbestrittene massive Hörbeeinträchtigung bedinge keinen so genannten Gruppenfall, bei dem das Merkzeichen "automatisch" zuerkannt werden müsse. Die vom SG für relevant gehaltene Frage, ob durch Lärmeinwirkungen erhebliche Schwindelanfälle und Orientierungslosigkeit bzw. Gang- und Standunsicherheiten hervorgerufen würden, sei in vergleichbaren Fällen nicht vorgetragen worden und nach Auffassung der beratenden Ärzte auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Wie dies durch ein Gutachten bestätigt oder widerlegt werden sollte, erschließe sich nicht. Eine Aufklärung könnte allenfalls durch den Hersteller der Geräte erfolgen. Diese Ermittlungen seien eindeutig Sache des SG. Davon abgesehen träten die von der Klägerin dargestellten Lärmkulissen auch in anderen Situationen des Schulbetriebes auf. Die Schwierigkeiten beim Nachweis der Notwendigkeit einer Begleitperson zeigten sich auch in den Ausführungen der Klägerin, soweit sie diese im Verlauf des Verfahrens erstmals mit dem erforderlichen Schutz der Geräte begründet habe. Ob die Begleitung durch eine Mitschülerin bei dem geschilderten Szenario in der Lage wäre, Schutz zu bewirken, sei zu bezweifeln. Dies sei eine Tatsachenfrage, über die das Gericht entscheiden müsse. Insoweit helfe ein Gutachten nicht weiter.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. August 2010 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus den eigenen Erklärungen des Beklagten in der Berufungsbegründung ergebe sich, dass weitere Ermittlungen durch den Beklagten veranlasst gewesen seien. Ein erheblicher Ermittlungsausfall liege bereits deswegen vor, weil die Beklagte trotz ihrer mehrfachen Hinweise keine Stellungnahme der behandelnden Ärztin im Universitätsklinikum F. eingeholt habe. Dies wäre ohne weiteres zumutbar gewesen. Die Frage der Schwindelanfälle und Orientierungslosigkeit durch Lärmeinwirkung sei eine medizinische Frage. Gerade wenn in vergleichbaren Fällen solche Argumente noch nicht vorgetragen worden seien, wäre es an der Beklagten gewesen, derartigen Ermittlungsansätzen nachzugehen. Es sei primäre Pflicht des Beklagten, den Sachverhalt zu ermitteln. Bestritten werde, dass ein erforderliches Gutachten nicht durchführbar sei. Wenn nach Auffassung des Beklagten kein Gruppenfall vorliege, nach dem das Merkzeichen "automatisch" zuerkannt werden müsse, hätte es am Beklagten gelegen, weiter zu ermitteln. Zudem liege auf der Hand, dass die Teilnahme am öffentlichen Verkehr weitaus gefahrenträchtiger sei, als die Teilnahme am Schulbetrieb. Soweit der Schutz der Geräte in der Vergangenheit nicht ausdrücklich betont worden sei, liege dies allein darin, dass diese Problematik nicht offensichtlich gewesen sei. Eine Begleitperson, wie zum Beispiel eine Mitschülerin, sei durchaus in der Lage, ihr behilflich zu sein.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Trotz Ausbleibens der Klägerin und ihrer Prozessbevollmächtigten im Termin konnte der Senat mündlich verhandeln und entscheiden, denn in der Terminsbestimmung des Vorsitzenden vom 11.04.2011 ist auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozial-gerichtsgesetz - SGG -) und der Klägerbevollmächtigte hat mit Rücknahme seines Terminsverlegungsantrages im Schriftsatz vom 02.05.2011 stillschweigend sein Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt.
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das SG hat den Bescheid des Beklagten vom 02.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2010 zu Unrecht aufgehoben, soweit die Feststellung des Merkzeichens B entzogen wurde, und die Rechtssache zurückverwiesen.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Bescheid des Beklagten vom 02.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.02.2010, mit dem der Bescheid vom 29.09.2001 aufgehoben wurde, nur, soweit der Klägerin das Merkzeichen "B" aberkannt wurde. Soweit der Klägerin außerdem das Merkzeichen "G" aberkannt wurde, hat die Klägerin hiergegen keinen Widerspruch erhoben, wie sie im Widerspruchsschreiben vom 23.12.2009 ausdrücklich erklärt hat. Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 05.02.2010 ist auch nur zum Entzug des Merkzeichens "B" ergangen, so dass der streitgegenständliche Bescheid hinsichtlich des Entzugs des Merkzeichens "G" bestandskräftig wurde. Dem entspricht auch der von der Klägerin in der öffentlichen Sitzung des SG vom 25.08.2010 gestellte Klageantrag. Vorrangig war durch den Senat im Berufungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Anwendung des § 131 Abs. 5 SGG zu prüfen, denn der Beklagte hat im Berufungsverfahren nur die Zurückweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht beantragt.
Nach § 131 Abs. 5 Sätze 1 und 5 SGG in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art 8 Nr. 2 Buchst b) Zweites Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S 2933) kann das SG, sofern es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Dies gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4 SGG (§ 131 Abs. 5 Satz 2 Hs 1 SGG). In einem solchen Fall ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 131 Abs. 5 Satz 2 Hs 2 SGG).
Die Vorschrift wurde durch das Justizmodernisierungsgesetz vom 24.08.2004 (BGBl I Seite 2198) eingefügt und übernahm insoweit die gleichlautende Vorschrift des nur auf die Anfechtungsklage anwendbaren § 113 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Mit Wirkung zum 01.04.2008 wurde der Anwendungsbereich von § 131 Abs. 5 SGG über die fortbestehende Vorschrift der VwGO hinaus auch auf die Leistungs- und Verpflichtungsklage ausgedehnt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 131 Rn. 17). Die VwGO-Regelung ging u.a. auf § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zurück (vgl. Bundestags-Drucks. 11/7030, Seiten 21 und 29), die eine Zurückverweisung der Streitsache an die Verwaltung bei einem wesentlichen Mangel des Verwaltungsverfahrens zulässt. Mit der Vorschrift des §§ 113 Abs. 3 VwGO und § 131 Abs. 5 SGG i. d. F. 24.08.2004 ist zwar für die Anfechtungsklage die Ablösung von behördlichen Verfahrensfehler einerseits bezweckt gewesen - so soll grundsätzlich unerheblich sein, worauf das Ermittlungsdefizit beruht; ausreichend wäre auch eine von der behördlichen abweichende Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. Gerhardt in Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rn. 45; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 113 Rn. 164) -, aber andererseits ist auch unter Einbeziehung der Belange der Beteiligten in die Entscheidung als umfassende Ausnahmeregelung vom Prinzip der Sachentscheidung ein zu vertretendes Ermittlungsdefizit seitens der tätig gewordenen Behörde weiterhin von Belang geblieben (vgl. Gerhard a.a.O. Rn. 46ff; Kopp/Schenke, a.a.O. § 113 Rn. 163). Jedenfalls für die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift nach § 131 Abs. 5 SGG auf die Leistungs- und Verpflichtungsklage war für den Gesetzgeber wiederum die gesetzliche Regelung der FGO maßgebend, wonach in Anlehnung an § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO eine vergleichbare Vorschrift "nunmehr auch für das sozialgerichtliche Verfahren geschaffen werden (soll), um dem Gericht eigentlich der Behörde obliegende zeit- und kostenintensive Sachverhaltsaufklärung zu ersparen. Nach Beobachtungen der Praxis wird die erforderliche Sachverhaltsaufklärung von den Verwaltungsbehörden zum Teil unterlassen, was zu einer sachwidrigen Aufwandsverlagerung auf die Gerichte führt" (vgl. Bundestag-Drucks. 15/1508 Seite 29). Ein im Verwaltungsverfahren zu vertretender Aufklärungsmangel ist damit wesentlich bestimmendes Element der nach § 131 Abs. 5 SGG gebotenen Ermessensentscheidung in Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (wenn nicht bereits - wie teilweise nach der Kommentarliteratur zur VwGO, vgl. u.a. Kopp/Schenke a.a.O. Rn. 163f - ein dem Gewaltenteilungsprinzip entgegenstehender Aufklärungsmangel als allgemeine Eingangsvoraussetzung für die Anwendung der Vorschrift angesehen wird).
Die Regelung in § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG ist demnach eine Ausnahmevorschrift zu dem Prinzip der gebotenen gerichtlichen Sachentscheidung, die nur in besonders gelagerten Fällen Anwendung finden soll. Deshalb sind die Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen. Nur dann, wenn die Behörde nach ihrer personellen und sachlichen Ausstattung eine Sachverhaltsermittlung besser durchführen kann als das Gericht und es auch unter übergeordneten Gesichtspunkten vernünftiger und sachgerechter ist, die Behörde tätig werden zu lassen, ist die Vorschrift nach den Vorstellungen des Gesetzgebers heranzuziehen. Hieran ist zu messen, ob die noch erforderlichen Ermittlungen nach Art oder Umfang erheblich sowie die Aufhebung der Verwaltungsakte sachdienlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2007 - B 5 RJ 30/05 R -, SozR 4-1500 § 131 Nr. 2 m.w.N.). Die Frage, ob die das Ermessen bestimmenden und beschränkenden Tatbestandsmerkmale des § 131 Abs. 5 SGG (vgl. Gerhardt a.a.O., § 113 Rn. 49 zur vergleichbaren Vorschrift der VwGO), nämlich noch erforderliche Ermittlungen, Erheblichkeit der Ermittlungen und Sachdienlichkeit der Zurückverweisung, auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten vorliegen, ist uneingeschränkt und die Ermessensausübung des Sozialgerichts auf Ermessensfehler vom Rechtsmittelgericht überprüfbar (vgl. Keller a.a.O. § 131 Rn. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.03.2010 - L 8 R 145/09 -, juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.06.2006 - L 4 SB 24/06 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.05.2011 L 11 KR 156/11 -unveröff.).
Hiervon ausgehend liegen im Falle der Klägerin die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an den Beklagten nicht vor.
Die "formalen" Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 SGG sind zwar erfüllt. Das Sozialgericht hat innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Behördenakten entschieden. Der Beklagte hat dem SG seine Verwaltungsakte am 15.03.2010 (zur Gewährung von Akteneinsicht) übersandt. Das SG hat über die Klage durch das am 25.08.2010 verkündete Urteil vom 25.08.2010 innerhalb der bis zum 15.09.2010 laufenden Frist von sechs Monaten entschieden. Die Verkündung des Urteils wahrt die Frist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 131 RdNr. 19b, Bolay in Nomos Kommentar, SGG, 3. Aufl. § 131, RdNr. 32). Dass das Urteil dem Beklagten erst nach Ablauf der 6-Monatsfrist am 25.10.2010 zugestellt wurde, ist nicht relevant.
Das SG hat den Beklagten vor seiner Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG auch hinreichend angehört. Eine solche Anhörung ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erforderlich (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 131 RdNr. 19b; Zeihe, SGG, § 131 RdNr. 30c). Zwar hat das SG in seinem Hinweisschreiben vom 04.06.2010 und 13.07.2010 nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung des Rechtsstreites nach § 131 Abs. 5 SGG beabsichtigt ist. Aufgrund der Hinweise des SG im Schreiben vom 13.07.2010, dass die Ausführungen des Beklagten im Hinblick auf § 20 Abs. 1 und 2 SGB X wohl bedenklich sein dürften und der anschließend gestellten Frage, ob diese Pflichten generell erstmals von den Sozialgerichten erfüllt werden sollen, musste sich dem Beklagten jedoch aufdrängen, dass das SG beabsichtigt, über die Klage gemäß § 131 Abs. 5 SGG zu entscheiden. Dem entspricht auch das Berufungsvorbringen des Beklagten, der eine unterbliebene Anhörung nicht gerügt, sondern lediglich die sachlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG für nicht gegeben erachtet hat.
Dagegen sind die "materiellen" Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG vorliegend nicht erfüllt.
Ob die vom SG für erforderlich gehaltene Sachaufklärung durch Einholung eines Gutachtens vorliegend - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch erheblich ist, kann dahinstehen. Zur Beurteilung der Erheblichkeit der noch ausstehenden Ermittlungen sind u.a. diese mit denjenigen Ermittlungen und sonst notwendigen Handlungen des Gerichtes zu vergleichen, die das Gericht ohnehin voraussichtlich hätte durchführen müssen, wenn der Beklagte die vom Gericht für erforderlich gehaltenen ergänzenden (medizinischen) Ermittlungen durchgeführt hätte (im Ergebnis ebenso Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 17.03.2010 - L R 145/09 -, juris). Vor dem Hintergrund, dass mit der Vorschrift des § 131 Abs. 5 SGG einer zeit- und kostenintensiven Aufwandsverlagerung der Sachverhaltsaufklärung begegnet werden soll, um eine faktische Verschiebung der Aufgaben der Exekutive auf die rechtsprechende Gewalt - die "nur" zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns berufen ist - zu verhindern, ist die Erheblichkeit der nach Art oder Umfang erforderlichen Ermittlungen nicht danach zu bemessen, welche Art von Ermittlungstätigkeiten das Gericht in der Regel auch in anderen Fällen ausübt. Dies erlangt in der Sozialgerichtsbarkeit gerade auch für die Anfechtungsklage mit der letzten Gesetzesänderung und der gesetzgeberischen Intention besonderes Gewicht, denn die Exekutive unterliegt im Rahmen der Eingriffsverwaltung mit dem Ziel des Verfahrensabschlusses durch einen den Bürger belastenden Verwaltungsakt naturgemäß hohen Sorgfaltsanforderungen. Daher spricht einiges für die Ansicht des SG, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens für das Gericht jedenfalls dann mit einem erheblichen (zeitlichen und kostenmäßigen) Aufwand im Sinne des § 131 Abs. 5 SGG verbunden ist, wenn die Behörde einen bei ihr eingegliederten eigenen Sachverständigen hätte einbinden können, wie das vorliegend dem Beklagte, der einen dem Landrats-/Landesversorgungsamt eingegliederten (versorgungs)ärztlichen Dienst unterhält, möglich gewesen wäre. Ob dies im Rahmen einer eigenen ambulanten gutachtlichen Untersuchungen oder in Auswertung beigezogener Befundberichte stattfindet, ist dem weiten Ermessen des Beklagten (vgl. §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X) überlassen. Jedenfalls kann sich das Gericht in solchen Fällen gegebenenfalls auf die sachkundige medizinische Bewertung der zur Neutralität verpflichteten Behörde (§ 17 Abs. 1 SGB X) stützen und ist nur dann zur weiteren Sachverhaltsermittlung berufen, wenn es in Ausübung seiner richterlichen Kontrolle das von der Beklagten ermittelte Beweisergebnis überprüft, während bei einem solchermaßen beschriebenen Ermittlungsausfall durch die Verwaltung eine eigenständige Erstermittlung durch das Gericht erfolgt. Ob der Rechtsstreit wegen des Kostenaufwands eines Gutachtens zurückverwiesen wird oder das Gericht unter Verzicht auf die Zurückverweisung die Ermittlungskosten dann dem Beklagten als Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 4 SGG auferlegt, ist der Ermessensbetätigung des Gerichts vorbehalten. Dies bedarf keiner weiteren Ausführungen, denn auch dies ist hier nicht entscheidungserheblich.
Das Sozialgericht geht in Anwendung der Regelungen der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), hier Anlage zu § 2 VersMedV - Versorgungsmedizinische Grundsätze (VG) - von einer nicht hinreichenden Sachaufklärung des Beklagten aus. Ein Ermittlungsausfall liegt jedoch entgegen der Ansicht des Sozialgerichts im Verwaltungsverfahren nicht vor. Der Senat teilt die Ansicht des SG nicht, dass im vorliegenden Fall im Hinblick auf die vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und die hierzu abgegebenen versorgungsärztlichen Stellungnahmen im Klageverfahren medizinische Ermittlungen erforderlich sind, weil aufgrund der im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Ausführungen der Klägerin die Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" weiterhin hätten gegeben sein können. Die Versorgungsverwaltung legte ihrer Entscheidung die sie bindenden Regelungen der VersMedV und der hieraus abgeleiteten VG zu Grunde. Nach Teil D 2 c der VG ist die Berechtigung für eine ständige Begleitung (Merkzeichen B) Schwerhöriger ab dem 16. Lebensjahr anzunehmen, wenn die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist. Eine solche wird bei Hörbehinderung bejaht, wenn Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) vorliegt oder im Erwachsenenalter bei Hörstörung in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion z.B. Sehbehinderung oder geistige Behinderung (Teil D 1 f der VG).
Ausgehend von diesen Voraussetzungen hatte die Versorgungsverwaltung von der Allgemeinmedizinerin Dr. K. die Befundbeschreibung vom 14.10.2009 eingeholt, nachdem die Klägerin zunächst geltend gemacht hatte, trotz der Implantat-Versorgung leide sie an fehlendem Richtungshören. Auch könne sie auf Zuruf nicht reagieren und könne sich nicht an dem akustischen Ausruf auf Bahnsteigen, in Bussen usw. orientieren (Schreiben vom 21.09.2009). Zusätzlich ergab sich aus dem Befundbericht von Dr. K. vom 14.10.2009, dass die Implantate bei großen Geräuschkulissen versagten und Schwindel und Gleichgewichtsstörungen aufträten, weshalb weiter eine Begleitperson notwendig sei. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hatte die Klägerin vorgetragen, sie könne nur in ruhiger Umgebung hören, bei großer Ansammlung von Menschen, wie z.B. im Bus, auf Bahnsteigen usw. verstehe sie nur ein Durcheinander von Geräuschen. Diese Geräusche seien so unangenehm, dass sie Kopfschmerzen und Tinnitus bekomme. Ihr werde dann schwarz vor Augen und ihr werde schwindelig (Schreiben vom 23.12.2000). In Auswertung dieses Vorbringens und der ärztlichen Bescheinigung von Dr. K. vom 21.12.2009, die gleichlautend mit ihrem Befundbericht vom 14.10.2009 war, kam die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vom 02.02.2010 zu dem Ergebnis, die Voraussetzungen nach den VG Teil D 2 seien aus den Unterlagen nicht ableitbar. Merkzeichen "B" sei zum Ausgleich von Orientierungsstörungen z.B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung nicht erforderlich.
Dr. K. hat in ihren Stellungnahmen an das LRA vom 14.10.2009 und 21.12.2009 die Notwendigkeit einer Begleitperson mit öffentlichen Straßenverkehr wegen Nebenwirkungen der Implantationen (insbesondere Schwindel und Gleichgewichtsstörungen bei Geräuschkulisse bzw. im Straßenverkehr) bei der Klägerin zwar weiterhin für gegeben erachtet. Hiermit hat sich die im Widerspruchsverfahren eingeholte versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vom 02.02.2010 aber medizinisch auseinandergesetzt. Dass die Implantatversorgung unter bestimmten Bedingungen aussetzt und die Klägerin taub ist, rechtfertigt nach der von der Beklagten herangezogenen Anspruchsgrundlage die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" nicht. Taubheit allein ist bei Erwachsenen bzw. Heranwachsenden ab dem 16. Lebensjahr grundsätzlich kein den Anspruch auf das Merkzeichen "B" begründender Umstand. Erhebliche Störungen der Ausgleichsfunktion durch eine Sehbehinderung oder geistige Behinderung, worauf in der versorgungsmedizinischen Stellungnahme hingewiesen wird, liegen bei der Klägerin nicht vor. Aus dem Vorbringen im Widerspruchsverfahren ergibt sich dazuhin nicht, dass die zeitweise auftretenden Schwindelerscheinungen in ihrem Ausprägungsgrad etwa vergleichbar sind mit den ebenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr rechtfertigenden hirnorganischen Anfällen mittlerer Anfallsfrequenz oder mit den Erscheinungen eines häufig auftretenden hypoglykämischen Schocks bei Diabetes (Teil D 1 e der VG). Im Vordergrund ihres Vorbringens stand zunächst allein die Gehörlosigkeit trotz Implantatversorgung und der spätere Hinweis auf Schwindel mit Schwarzwerden vor den Augen und Gleichgewichtsstörungen. Dies ergibt keinen Kontrollverlust im Ausmaß eines epileptischen oder sonstigen hirnorganischen Anfalls. Dass die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 02.02.2010 Vorbringen der Klägerin unbewertet gelassen habe, wie das Sozialgericht meint, ist der Verwaltungsakte des Beklagten nicht zu entnehmen. Das Vorbringen im Verwaltungsverfahren war daher aus Sicht des Beklagten nicht weiter streiterheblich, was zu weiteren Ermittlungen somit auch keinen Anlass hatte geben können.
Soweit durch das Vorbringen im Klageverfahren weitere Ermittlungen angezeigt sein könnten, ist dies für die Annahme eines die Zurückverweisung rechtfertigenden, zu vertretenden Ermittlungsdefizits im Verwaltungsverfahren - worauf das Sozialgericht im angefochtenen Urteil abstellt - nicht von Belang. Die zuvor allein auf die Taubheit gestützten Orientierungsstörungen werden in der Klagebegründung (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 20.04.2010) erstmals auch auf in der Überforderungssituation auftretende Angst oder Panik gestützt. Sich aufdrängenden Möglichkeiten weiterer Ermittlungen, etwa durch Einholung medizinischer Befundunterlagen der HNO Universitätsklinik F., worauf die Klägerin durch ihre Mutter bereits im Anhörungsverfahren mit Schreiben vom 21.09.2009 das LRA hingewiesen hat, ist der Beklagte im Verwaltungsverfahren - nach den obigen Darlegungen zu Recht - nicht nachgegangen, was jetzt aber im Hinblick auf das im Klageverfahren erweiterte Vorbringen der Klägerin ohne erheblichen Mehraufwand durch das Sozialgericht erfolgen könnte. Dass das Sozialgericht einen Aufklärungsbedarf gerade deshalb gesehen hat, weil es der Rechtsprechung des Senats zur Teilnichtigkeit der die Voraussetzungen der Merkzeichen nach SGB IX regelnden VG (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 - und vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 -, veröffentlicht in Juris und Sozialgerichtsbarkeit.de) folgt und damit eine andere Anspruchsgrundlage als der Beklagte seiner Überprüfung zugrundelegt, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Ebenso wenig ist relevant, dass der Beklagte weder im Klage- noch im Berufungsverfahren eine Vertiefung seiner Rechtsansicht - gegebenenfalls auch mit einer die Einwände des Sozialgerichts aufgreifenden versorgungsärztlichen Stellungnahme - für geboten erachtet hat, was zur Klärung der Standpunkte aber sachdienlich und zumutbar gewesen wäre und auch für den Beklagten keinen Mehraufwand bedeutet hätte. Im Hinblick auf die vom Beklagten auf die Hinweisschreiben des SG gemachten Ausführungen konnte zwar für das SG der Eindruck entstehen, dass weitere Ermittlungen durch Einholung von Befundunterlagen der HNO-Universitätsklinik F. nicht ausreichen, den für seine Entscheidung maßgeblichen medizinischen Sachverhalt zu klären, nachdem der Beklagte klar zu erkennen gegeben hat, die vom SG aufgezeigten Ermittlungsdefizite nicht durch ergänzende medizinische Stellungnahmen seines versorgungsärztlichen Dienstes bzw. durch einen Beratungsarzt im Klageverfahren nachträglich zu beseitigen. Auf das Prozessverhalten des Beklagten im gerichtlichen Verfahren kommt es aber vorliegend bei der dargelegten Ausgangslage nicht an.
Der Rechtsstreit war daher gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Die fehlerhafte Anwendung von § 131 Abs. 5 SGG ist ein wesentlicher Verfahrensmangel, auf dem das vom Beklagten angefochtene Urteil des Sozialgerichts beruht (a.A. Keller a.a.O. § 159 Rn. 2b: analoge Anwendung von Abs. 1 Nr.1). Der Senat sah es im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens auch für sachdienlich an, dem Antrag des Beklagten zu folgen und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Somit stehen den Beteiligten wiederum zwei Tatsacheninstanzen offen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte der Klägerin das Merkzeichen "B" (Berechtigung für eine ständige Begleitung) zu Recht aberkannt hat.
Bei der 1993 geborenen Klägerin stellte das Versorgungsamt H. mit Abhilfebescheid vom 28.03.2000 wegen einer Schwerhörigkeit beidseits mit Sprachstörung den Grad der Behinderung (GdB) mit 50 sowie die Voraussetzungen für die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale (Merkzeichen) "RF" (Rundfunkgebührenbefreiung) fest. Nach Verschlechterung des Hörvermögens der Klägerin stellte das Versorgungsamt H. auf einen Neufeststellungsantrag der Klägerin den GdB mit 100 sowie die Merkzeichen "G", "B", "H", "Gl" und weiterhin "RF" neu fest (Bescheid vom 24.09.2001).
Auf Anfrage des zwischenzeitlich zuständigen Landratsamtes H. - Versorgungsamt - (LRA) teilte die Klägerin durch ihre Mutter unter anderem mit, dass im Dezember 2001 an der Universitätsklinik F. eine "CI-Implantation" erfolgt sei.
Mit Anhörungsschreiben vom 02.09.2009 hörte das LRA die Klägerin zur beabsichtigten Entziehung der Merkzeichen "G" und "B" an. Die Klägerin führte mit Schreiben vom 21.09.2009 dem LRA (durch ihre Mutter) aus, sie habe ihr Restgehör verloren und sei auf Hilfsmittel wie das "CI" angewiesen. Sie sei infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen. Deswegen werde sie bei der Fahrt mit dem Bus auf dem Weg zur Schule immer von einer Mitschülerin begleitet.
Auf Anforderung des LRA teilte Dr. K. in ihrer schriftlichen Befundbeschreibung vom 14.10.2009 unter Vorlage von weiteren medizinischen Berichten (kardiologischer Bericht von Dr. T. vom 17.04.2003, Befundberichte des Orthopäden Dr. D. vom 20.10.2007 und des Universitätsklinikums H. - HNO-Klinik - vom 04.08.1999) mit, die Klägerin leide an einer mittel- bis hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Durch die Implantationen sei es zu einer Verbesserung gekommen. Wenn keine Nebengeräusche bestünden, könne die Klägerin in geschlossenen Räumen einer Unterhaltung von 2 Personen folgen. Im Freien, z.B. im Straßenverkehr, versagten die Implantate. Bei großer Geräuschkulisse leide die Klägerin unter Schwindel und Gleichgewichtstörungen. Die Klägerin könne z.B. eine Lautsprecheransage in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht hören und ihr keine Folge leisten. Die Notwendigkeit einer Begleitperson im öffentlichen Straßenverkehr sei weiterhin gegeben.
Das LRA holte eine Stellungnahme ihres ärztlichen Gutachters vom 28.10.2009 ein. Dieser teilte mit: "Die Voraussetzungen für MZ "G" und "B" liegen nicht vor. Nach Bl. 59 (Befundbeschreibung Dr. K. vom 14.10.2009) liegt eine Hörverbesserung vor nach Implantationen."
Mit Bescheid vom 02.11.2009 hob das LRA den Bescheid vom 24.09.2001 hinsichtlich der Merkzeichen "G" und "B" ab dem 05.11.2009 auf. Die Merkzeichen "Gl", "H" und "RF" sowie der GdB mit 100 wurden weiterhin festgestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei angeborener und im Kindesalter erworbener Taubheit und an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit seien die Merkzeichen "G" und "B" in der Regel bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres anzunehmen. Die Klägerin habe inzwischen das 16. Lebensjahr vollendet. Die Merkzeichen "G" und "B" könnten deshalb künftig nicht mehr festgestellt werden.
Gegen den Bescheid vom 02.11.2009 legte die Klägerin - durch ihre Mutter - am 09.11.2009 Widerspruch ein, mit dem sie sich ausdrücklich nur gegen den Entzug des Merkzeichens "B" wandte. Sie machte zur Begründung geltend, sie sei auf eine Begleitperson bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen, da sie unter Schwindel und Gleichgewichtstörungen leide und beim Ein- und Aussteigen Probleme habe. Aufgrund ihrer Taubheit könne sie sich nicht an den akustischen Ausrufen auf Bahnsteigen, in Bussen usw. orientieren. Wegen ihres geringen Wortschatzes könne sie sich auch nicht an Passanten wenden. Wegen fehlendem Richtungshören könne sie nicht erkennen, aus welcher Richtung ein Auto komme. Sie könne mit dem Hilfsmittel "CI" ein wenig hören. Dieses "Hören" entspreche jedoch nicht einem normalen Hören. Bei großen Ansammlungen von Menschen höre sie nur ein Durcheinander von unangenehmen Geräuschen, von denen sie Kopfschmerzen und einen Tinnitus bekomme. Außerdem werde ihr schwarz vor Augen und schwindelig. Sie verstehe nur in ruhiger Umgebung und müsse dabei noch vom Mund ablesen. Aufgrund der Gleichgewichtstörungen sei es ohne Begleitperson unverantwortlich, sie (die Klägerin) alleine fahren zu lassen. Auf einem fremden Bahnhof fehle ihr die Orientierung. Sie sei deshalb weiterhin auf das Merkzeichen "B" angewiesen. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 23.12.2009 ärztliche Bescheinigungen von Dr. K. vom 21.12.2009 sowie des Universitätsklinikums F. vom 09.12.2009 und 23.09.2009 vor.
Das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - holte die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vom 02.02.2010 ein, in der mitgeteilt wurde, dass anhand der vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen sei, das die Klägerin bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt angewiesen oder dass das Merkzeichen "B" zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z.B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) erforderlich sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2010 wies das Landesversorgungsamt den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 02.11.2009 mit der Begründung zurück, die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass die Klägerin trotz ihrer Behinderung ab 05.11.2009 in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel überwiegend ohne Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels zu benutzen. Die Zuerkennung des Merkzeichens "B" lasse sich nicht mehr begründen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 02.03.2010 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Sie führte zur Begründung aus, aufgrund des beidseits unter den Kopfhaut und den Schädelknochen fixierten eingesetzten Cochlear Implantates dürfe sie wegen der Gefahr der Beschädigung keinen Stoß erhalten. Bei der Benutzung regelmäßig überfüllter öffentlicher Verkehrsmittel (Bus und Stadtbahn) bestehe ständig die Gefahr, dass sie durch das Gedränge gestoßen werde. Eine Begleitperson könne sie vor einem derartigen Gedränge mit der damit verbundenen Stoßgefahr schützen. Auch nach Vollendung des 16. Lebensjahres lägen bei ihr wegen ihrer Behinderungen die Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" weiterhin vor. Sie wiederholte hierzu im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen, bei Gedränge und hohem Geräuschpegel werde ihr schwindelig. Außerdem trete Tinnitus und eine Überforderung mit Angst auf. Sie berief sich auf Rechtsprechung der Landessozialgerichte Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und legte die Bescheinigungen vom 11.12.2007 und 30.03.2010 sowie die Ärztliche Verordnung vom 02.07.2009 des Universitäts-Klinikums F. vor.
Der Beklagte trat der Klage - unter Vorlage der Akten am 15.03.2010 - entgegen. Aus der Klagebegründung ergäben sich keine Gesichtspunkte, die eine günstigere Entscheidung rechtfertigten.
Mit richterlichem Schreiben vom 04.06.2010 wurde der Beklagte aufgefordert, sich mit der Argumentation der Klägerin auseinanderzusetzen und auf die von ihr vorgebrachten Punkte einzugehen, da ein Verweis auf die Widerspruchsentscheidung und die versorgungsärztlichen Stellungnahmen nicht ausreichend sei. Hierauf führte der Beklagte mit Schriftsatz vom 10.06.2010 aus, die Merkzeichen "G" und "B" seien nicht alleine wegen des Erreichens des 16. Lebensjahres entzogen worden. Dr. K. habe in ihrem Bericht vom 14.10.2009 eine Hörverbesserung durch die Implantationen mitgeteilt. Die Diagnose, dass eine Begleitperson weiterhin erforderlich sei, habe Dr. K. nicht begründet. Da das LRA in den vorgelegten Unterlagen keinen Hinweis gefunden habe, warum die Merkzeichen nicht entzogen werden sollten, sei - zugegeben sehr knapp - festgestellt worden, dass keine Abhilfe möglich sei und die Akten dem Landesversorgungsamt zur Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens vorgelegt worden. Vom zuständigen Sachbearbeiter sei (ausnahmsweise) eine weitere ärztliche Stellungnahme eingeholt worden, die dieses Ergebnis bestätigt habe, weil die erforderliche Hilfestellung beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels nicht nachgewiesen gewesen sei. Die in der Klagebegründung geltend gemachte Notwendigkeit einer Begleitperson zum Schutz des implantierten Sprachprozessors klinge konstruiert. Selbstverständlich müssten diese empfindlichen Geräte geschützt werden. Dies gelte aber auch für Augen, Ohren und andere Körperteile. Wie das in dem von der Klägerin dargestellten Szenario durch eine Begleitperson gewährleistet werden könne, sei nur begrenzt nachvollziehbar. Hinzu komme, dass dies nach dem Vorbringen der Klägerin durch eine Mitschülerin gewährleistet würde. Allein die schweren Einschränkungen aus der Taubheit reichten mangels Aufnahme durch den Verordnungsgeber als Regelfall nicht aus, um das Merkzeichen "B" weiter zu gewähren. Hinzukommen müsse eine zusätzliche Beeinträchtigung, z.B. schwere Sehminderung, eine geistige Behinderung oder schwere Störungen der Orientierungsfähigkeit oder eine von der Klägerin nicht geltend gemachte erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Argumenten der Anspruchssteller sei zwar wünschenswert, aber in einem Massenverfahren grundsätzlich nicht zu leisten.
Die Klägerin trug hierzu ergänzend vor, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Erreichen des 16. Lebensjahres bei der Art der vorliegenden Behinderung ein Tätigwerden der Verwaltung erforderlich gemacht habe. Soweit der Beklagte die Diagnose von Dr. K. bezweifle, wäre es am Beklagten gewesen, bei Dr. K. nachzufragen. Der Schutz des Implantates sei ihr sehr wichtig und keineswegs konstruiert. Der Beklagte habe sich mit ihrem Vorbringen nicht ausein-andergesetzt.
Mit richterlichem Schreiben vom 13.07.2010 wurde der Beklagte weiter darauf hingewiesen, dass sich angesichts des nachvollziehbaren klägerischen Vortrags weiterhin nicht deutlich genug ergebe, weshalb der Klägerin das Merkzeichen "B" entzogen worden sei. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 10.06.2010 dürften im Hinblick auf § 20 Abs. 1 und 2 SGB X bedenklich sein. Dazu teilte der Beklagte mit Schriftsatz vom 22.07.2010 mit, es ergebe sich keine Änderung an der bisherigen Beurteilung. Wenn das Gericht weiterhin Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Entziehungsbescheides vom 02.11.2009 in Bezug auf das Merkzeichen "B" habe, möge es darüber entscheiden.
Mit Urteil vom 25.08.2010 hob das SG den Bescheid vom 02.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.02.2010 auf, soweit damit die Feststellung des Merkzeichens "B" aufgehoben wurde. Das SG führte zur Begründung aus, der streitgegenständliche Bescheid sei unter Verstoß gegen den in § 20 SGB X enthaltenen Untersuchungsgrundsatz ergangen und habe daher gemäß § 131 Abs. 5 S. 1 SGG aufgehoben werden können. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 SGB seien erfüllt. Des Weiteren sei eine weitere Sachaufklärung zur Entscheidung über die Entziehung des Merkzeichens "B" erforderlich. Nach derzeitigem Ermittlungsstand könne das Gericht nicht abschließend prüfen, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen des Merkzeichens "B" noch gegeben seien. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne diese Frage nicht allein aufgrund des Befundberichts der Dr. K. und der von der Klägerin vorgelegten Arztschreiben beantwortet werden. Angesichts der wohl nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin könnten die Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" trotz - oder gerade wegen - der Implantation des CI weiterhin gegeben sein. Der Sachverhalt sei vom Beklagten bislang nicht hinreichend aufgeklärt worden. Insoweit liege ein Ermittlungsausfall vor. Aufgrund der spärlichen Ermittlungsergebnisse habe der Beklagte auf der Grundlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen nach Aktenlage vom 23.10.2009 und 02.02.2010 keine tragfähige Entscheidung bezüglich der Entziehung des Merkzeichens "B" treffen können. Die noch durchzuführenden Ermittlungen seien auch erheblich, da die Einholung eines Sachverständigengutachtens notwendig erscheine. Die entgegenstehende Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 27.01.2009 - L 4 R 1519/08 -) könne nicht auf sämtliche das Sozialgericht betreffende Verfahren bezogen werden. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sei auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich, da der Beklagte seine Aufgabe, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, unterlassen habe, obwohl er über einen ärztlichen Dienst oder unter Vertrag stehende Beratungsärzte verfüge, denen es zumindest möglich sei, dass die Begutachtung mit Anordnung einer ambulanten Untersuchung der Klägerin schneller und kostengünstiger vor sich gehe, als bei einem externen Sachverständigengutachten des Gerichts. Nach den Äußerungen des Beklagten erscheine es sogar naheliegend, dass aus Kostengründen zu Lasten der Klägerin unzulässig systematisch eine sachwidrige Aufwandsverlagerung auf die Gerichte vorgenommen werde. Die Gerichte hätten grundsätzlich nicht die Aufgabe, die in die Zuständigkeit der Verwaltung fallenden Aufgaben zu erledigen bzw. nachzuholen. Der Klägerin erwachse durch die getroffene Gerichtsentscheidung auch kein Nachteil. Sofern der Beklagte weiterhin beabsichtige, das Merkzeichen "B" zu entziehen, habe er den Sachverhalt nach bestimmten Maßgaben weiter aufzuklären.
Gegen das dem Beklagten am 25.10.2010 zugestellte Urteil hat er am 22.11.2010 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, die Entscheidung des SG sei fehlerhaft, weil aus Sicht des Beklagten keine weitere erhebliche Sachverhaltsaufklärung erforderlich gewesen sei bzw. dass diese vom SG hätte vorgenommen werden müssen. Ein erheblicher Ermittlungsausfall liege nicht vor. Die Ansicht des SG, dass allein ein vom Beklagten einzuholendes Sachverständigengutachten die richtige Entscheidungsgrundlage sei, sei unzutreffend. Der Beklagte könne weder schneller noch kostengünstiger ein Gutachten beiziehen als das SG. Die Inanspruchnahme des ärztlichen Dienstes scheitere sowohl an den personellen Ressourcen als auch an der erforderlichen, aber nicht vorhandenen technischen Ausgestaltung. Davon abgesehen wäre es ein Parteigutachten mit eingeschränktem Beweiswert. Die konzedierte und vom Gericht monierte "zu knappe Auseinandersetzung" mit den Einwendungen der Klägerin sei dahingehend zu verstehen, dass man ein gefundenes Ergebnis eventuell ausführlicher kommunizieren sollte, was in einem Massenverfahren und den dafür zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen nicht möglich sei. Dies ändere jedoch nichts an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung. Die Ausführungen zur bewussten Verlagerung der Sachaufklärung auf das SG seien abwegig. Die vom SG für erforderlich gehaltene Begutachtung zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes sei so nicht durchführbar. Die unbestrittene massive Hörbeeinträchtigung bedinge keinen so genannten Gruppenfall, bei dem das Merkzeichen "automatisch" zuerkannt werden müsse. Die vom SG für relevant gehaltene Frage, ob durch Lärmeinwirkungen erhebliche Schwindelanfälle und Orientierungslosigkeit bzw. Gang- und Standunsicherheiten hervorgerufen würden, sei in vergleichbaren Fällen nicht vorgetragen worden und nach Auffassung der beratenden Ärzte auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Wie dies durch ein Gutachten bestätigt oder widerlegt werden sollte, erschließe sich nicht. Eine Aufklärung könnte allenfalls durch den Hersteller der Geräte erfolgen. Diese Ermittlungen seien eindeutig Sache des SG. Davon abgesehen träten die von der Klägerin dargestellten Lärmkulissen auch in anderen Situationen des Schulbetriebes auf. Die Schwierigkeiten beim Nachweis der Notwendigkeit einer Begleitperson zeigten sich auch in den Ausführungen der Klägerin, soweit sie diese im Verlauf des Verfahrens erstmals mit dem erforderlichen Schutz der Geräte begründet habe. Ob die Begleitung durch eine Mitschülerin bei dem geschilderten Szenario in der Lage wäre, Schutz zu bewirken, sei zu bezweifeln. Dies sei eine Tatsachenfrage, über die das Gericht entscheiden müsse. Insoweit helfe ein Gutachten nicht weiter.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. August 2010 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus den eigenen Erklärungen des Beklagten in der Berufungsbegründung ergebe sich, dass weitere Ermittlungen durch den Beklagten veranlasst gewesen seien. Ein erheblicher Ermittlungsausfall liege bereits deswegen vor, weil die Beklagte trotz ihrer mehrfachen Hinweise keine Stellungnahme der behandelnden Ärztin im Universitätsklinikum F. eingeholt habe. Dies wäre ohne weiteres zumutbar gewesen. Die Frage der Schwindelanfälle und Orientierungslosigkeit durch Lärmeinwirkung sei eine medizinische Frage. Gerade wenn in vergleichbaren Fällen solche Argumente noch nicht vorgetragen worden seien, wäre es an der Beklagten gewesen, derartigen Ermittlungsansätzen nachzugehen. Es sei primäre Pflicht des Beklagten, den Sachverhalt zu ermitteln. Bestritten werde, dass ein erforderliches Gutachten nicht durchführbar sei. Wenn nach Auffassung des Beklagten kein Gruppenfall vorliege, nach dem das Merkzeichen "automatisch" zuerkannt werden müsse, hätte es am Beklagten gelegen, weiter zu ermitteln. Zudem liege auf der Hand, dass die Teilnahme am öffentlichen Verkehr weitaus gefahrenträchtiger sei, als die Teilnahme am Schulbetrieb. Soweit der Schutz der Geräte in der Vergangenheit nicht ausdrücklich betont worden sei, liege dies allein darin, dass diese Problematik nicht offensichtlich gewesen sei. Eine Begleitperson, wie zum Beispiel eine Mitschülerin, sei durchaus in der Lage, ihr behilflich zu sein.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Trotz Ausbleibens der Klägerin und ihrer Prozessbevollmächtigten im Termin konnte der Senat mündlich verhandeln und entscheiden, denn in der Terminsbestimmung des Vorsitzenden vom 11.04.2011 ist auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozial-gerichtsgesetz - SGG -) und der Klägerbevollmächtigte hat mit Rücknahme seines Terminsverlegungsantrages im Schriftsatz vom 02.05.2011 stillschweigend sein Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt.
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das SG hat den Bescheid des Beklagten vom 02.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2010 zu Unrecht aufgehoben, soweit die Feststellung des Merkzeichens B entzogen wurde, und die Rechtssache zurückverwiesen.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Bescheid des Beklagten vom 02.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.02.2010, mit dem der Bescheid vom 29.09.2001 aufgehoben wurde, nur, soweit der Klägerin das Merkzeichen "B" aberkannt wurde. Soweit der Klägerin außerdem das Merkzeichen "G" aberkannt wurde, hat die Klägerin hiergegen keinen Widerspruch erhoben, wie sie im Widerspruchsschreiben vom 23.12.2009 ausdrücklich erklärt hat. Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 05.02.2010 ist auch nur zum Entzug des Merkzeichens "B" ergangen, so dass der streitgegenständliche Bescheid hinsichtlich des Entzugs des Merkzeichens "G" bestandskräftig wurde. Dem entspricht auch der von der Klägerin in der öffentlichen Sitzung des SG vom 25.08.2010 gestellte Klageantrag. Vorrangig war durch den Senat im Berufungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Anwendung des § 131 Abs. 5 SGG zu prüfen, denn der Beklagte hat im Berufungsverfahren nur die Zurückweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht beantragt.
Nach § 131 Abs. 5 Sätze 1 und 5 SGG in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art 8 Nr. 2 Buchst b) Zweites Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S 2933) kann das SG, sofern es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Dies gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4 SGG (§ 131 Abs. 5 Satz 2 Hs 1 SGG). In einem solchen Fall ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 131 Abs. 5 Satz 2 Hs 2 SGG).
Die Vorschrift wurde durch das Justizmodernisierungsgesetz vom 24.08.2004 (BGBl I Seite 2198) eingefügt und übernahm insoweit die gleichlautende Vorschrift des nur auf die Anfechtungsklage anwendbaren § 113 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Mit Wirkung zum 01.04.2008 wurde der Anwendungsbereich von § 131 Abs. 5 SGG über die fortbestehende Vorschrift der VwGO hinaus auch auf die Leistungs- und Verpflichtungsklage ausgedehnt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 131 Rn. 17). Die VwGO-Regelung ging u.a. auf § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zurück (vgl. Bundestags-Drucks. 11/7030, Seiten 21 und 29), die eine Zurückverweisung der Streitsache an die Verwaltung bei einem wesentlichen Mangel des Verwaltungsverfahrens zulässt. Mit der Vorschrift des §§ 113 Abs. 3 VwGO und § 131 Abs. 5 SGG i. d. F. 24.08.2004 ist zwar für die Anfechtungsklage die Ablösung von behördlichen Verfahrensfehler einerseits bezweckt gewesen - so soll grundsätzlich unerheblich sein, worauf das Ermittlungsdefizit beruht; ausreichend wäre auch eine von der behördlichen abweichende Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. Gerhardt in Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, § 113 Rn. 45; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 113 Rn. 164) -, aber andererseits ist auch unter Einbeziehung der Belange der Beteiligten in die Entscheidung als umfassende Ausnahmeregelung vom Prinzip der Sachentscheidung ein zu vertretendes Ermittlungsdefizit seitens der tätig gewordenen Behörde weiterhin von Belang geblieben (vgl. Gerhard a.a.O. Rn. 46ff; Kopp/Schenke, a.a.O. § 113 Rn. 163). Jedenfalls für die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift nach § 131 Abs. 5 SGG auf die Leistungs- und Verpflichtungsklage war für den Gesetzgeber wiederum die gesetzliche Regelung der FGO maßgebend, wonach in Anlehnung an § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO eine vergleichbare Vorschrift "nunmehr auch für das sozialgerichtliche Verfahren geschaffen werden (soll), um dem Gericht eigentlich der Behörde obliegende zeit- und kostenintensive Sachverhaltsaufklärung zu ersparen. Nach Beobachtungen der Praxis wird die erforderliche Sachverhaltsaufklärung von den Verwaltungsbehörden zum Teil unterlassen, was zu einer sachwidrigen Aufwandsverlagerung auf die Gerichte führt" (vgl. Bundestag-Drucks. 15/1508 Seite 29). Ein im Verwaltungsverfahren zu vertretender Aufklärungsmangel ist damit wesentlich bestimmendes Element der nach § 131 Abs. 5 SGG gebotenen Ermessensentscheidung in Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (wenn nicht bereits - wie teilweise nach der Kommentarliteratur zur VwGO, vgl. u.a. Kopp/Schenke a.a.O. Rn. 163f - ein dem Gewaltenteilungsprinzip entgegenstehender Aufklärungsmangel als allgemeine Eingangsvoraussetzung für die Anwendung der Vorschrift angesehen wird).
Die Regelung in § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG ist demnach eine Ausnahmevorschrift zu dem Prinzip der gebotenen gerichtlichen Sachentscheidung, die nur in besonders gelagerten Fällen Anwendung finden soll. Deshalb sind die Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen. Nur dann, wenn die Behörde nach ihrer personellen und sachlichen Ausstattung eine Sachverhaltsermittlung besser durchführen kann als das Gericht und es auch unter übergeordneten Gesichtspunkten vernünftiger und sachgerechter ist, die Behörde tätig werden zu lassen, ist die Vorschrift nach den Vorstellungen des Gesetzgebers heranzuziehen. Hieran ist zu messen, ob die noch erforderlichen Ermittlungen nach Art oder Umfang erheblich sowie die Aufhebung der Verwaltungsakte sachdienlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2007 - B 5 RJ 30/05 R -, SozR 4-1500 § 131 Nr. 2 m.w.N.). Die Frage, ob die das Ermessen bestimmenden und beschränkenden Tatbestandsmerkmale des § 131 Abs. 5 SGG (vgl. Gerhardt a.a.O., § 113 Rn. 49 zur vergleichbaren Vorschrift der VwGO), nämlich noch erforderliche Ermittlungen, Erheblichkeit der Ermittlungen und Sachdienlichkeit der Zurückverweisung, auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten vorliegen, ist uneingeschränkt und die Ermessensausübung des Sozialgerichts auf Ermessensfehler vom Rechtsmittelgericht überprüfbar (vgl. Keller a.a.O. § 131 Rn. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.03.2010 - L 8 R 145/09 -, juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.06.2006 - L 4 SB 24/06 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.05.2011 L 11 KR 156/11 -unveröff.).
Hiervon ausgehend liegen im Falle der Klägerin die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an den Beklagten nicht vor.
Die "formalen" Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 SGG sind zwar erfüllt. Das Sozialgericht hat innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Behördenakten entschieden. Der Beklagte hat dem SG seine Verwaltungsakte am 15.03.2010 (zur Gewährung von Akteneinsicht) übersandt. Das SG hat über die Klage durch das am 25.08.2010 verkündete Urteil vom 25.08.2010 innerhalb der bis zum 15.09.2010 laufenden Frist von sechs Monaten entschieden. Die Verkündung des Urteils wahrt die Frist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 131 RdNr. 19b, Bolay in Nomos Kommentar, SGG, 3. Aufl. § 131, RdNr. 32). Dass das Urteil dem Beklagten erst nach Ablauf der 6-Monatsfrist am 25.10.2010 zugestellt wurde, ist nicht relevant.
Das SG hat den Beklagten vor seiner Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG auch hinreichend angehört. Eine solche Anhörung ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erforderlich (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 131 RdNr. 19b; Zeihe, SGG, § 131 RdNr. 30c). Zwar hat das SG in seinem Hinweisschreiben vom 04.06.2010 und 13.07.2010 nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung des Rechtsstreites nach § 131 Abs. 5 SGG beabsichtigt ist. Aufgrund der Hinweise des SG im Schreiben vom 13.07.2010, dass die Ausführungen des Beklagten im Hinblick auf § 20 Abs. 1 und 2 SGB X wohl bedenklich sein dürften und der anschließend gestellten Frage, ob diese Pflichten generell erstmals von den Sozialgerichten erfüllt werden sollen, musste sich dem Beklagten jedoch aufdrängen, dass das SG beabsichtigt, über die Klage gemäß § 131 Abs. 5 SGG zu entscheiden. Dem entspricht auch das Berufungsvorbringen des Beklagten, der eine unterbliebene Anhörung nicht gerügt, sondern lediglich die sachlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG für nicht gegeben erachtet hat.
Dagegen sind die "materiellen" Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG vorliegend nicht erfüllt.
Ob die vom SG für erforderlich gehaltene Sachaufklärung durch Einholung eines Gutachtens vorliegend - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch erheblich ist, kann dahinstehen. Zur Beurteilung der Erheblichkeit der noch ausstehenden Ermittlungen sind u.a. diese mit denjenigen Ermittlungen und sonst notwendigen Handlungen des Gerichtes zu vergleichen, die das Gericht ohnehin voraussichtlich hätte durchführen müssen, wenn der Beklagte die vom Gericht für erforderlich gehaltenen ergänzenden (medizinischen) Ermittlungen durchgeführt hätte (im Ergebnis ebenso Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 17.03.2010 - L R 145/09 -, juris). Vor dem Hintergrund, dass mit der Vorschrift des § 131 Abs. 5 SGG einer zeit- und kostenintensiven Aufwandsverlagerung der Sachverhaltsaufklärung begegnet werden soll, um eine faktische Verschiebung der Aufgaben der Exekutive auf die rechtsprechende Gewalt - die "nur" zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns berufen ist - zu verhindern, ist die Erheblichkeit der nach Art oder Umfang erforderlichen Ermittlungen nicht danach zu bemessen, welche Art von Ermittlungstätigkeiten das Gericht in der Regel auch in anderen Fällen ausübt. Dies erlangt in der Sozialgerichtsbarkeit gerade auch für die Anfechtungsklage mit der letzten Gesetzesänderung und der gesetzgeberischen Intention besonderes Gewicht, denn die Exekutive unterliegt im Rahmen der Eingriffsverwaltung mit dem Ziel des Verfahrensabschlusses durch einen den Bürger belastenden Verwaltungsakt naturgemäß hohen Sorgfaltsanforderungen. Daher spricht einiges für die Ansicht des SG, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens für das Gericht jedenfalls dann mit einem erheblichen (zeitlichen und kostenmäßigen) Aufwand im Sinne des § 131 Abs. 5 SGG verbunden ist, wenn die Behörde einen bei ihr eingegliederten eigenen Sachverständigen hätte einbinden können, wie das vorliegend dem Beklagte, der einen dem Landrats-/Landesversorgungsamt eingegliederten (versorgungs)ärztlichen Dienst unterhält, möglich gewesen wäre. Ob dies im Rahmen einer eigenen ambulanten gutachtlichen Untersuchungen oder in Auswertung beigezogener Befundberichte stattfindet, ist dem weiten Ermessen des Beklagten (vgl. §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X) überlassen. Jedenfalls kann sich das Gericht in solchen Fällen gegebenenfalls auf die sachkundige medizinische Bewertung der zur Neutralität verpflichteten Behörde (§ 17 Abs. 1 SGB X) stützen und ist nur dann zur weiteren Sachverhaltsermittlung berufen, wenn es in Ausübung seiner richterlichen Kontrolle das von der Beklagten ermittelte Beweisergebnis überprüft, während bei einem solchermaßen beschriebenen Ermittlungsausfall durch die Verwaltung eine eigenständige Erstermittlung durch das Gericht erfolgt. Ob der Rechtsstreit wegen des Kostenaufwands eines Gutachtens zurückverwiesen wird oder das Gericht unter Verzicht auf die Zurückverweisung die Ermittlungskosten dann dem Beklagten als Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 4 SGG auferlegt, ist der Ermessensbetätigung des Gerichts vorbehalten. Dies bedarf keiner weiteren Ausführungen, denn auch dies ist hier nicht entscheidungserheblich.
Das Sozialgericht geht in Anwendung der Regelungen der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), hier Anlage zu § 2 VersMedV - Versorgungsmedizinische Grundsätze (VG) - von einer nicht hinreichenden Sachaufklärung des Beklagten aus. Ein Ermittlungsausfall liegt jedoch entgegen der Ansicht des Sozialgerichts im Verwaltungsverfahren nicht vor. Der Senat teilt die Ansicht des SG nicht, dass im vorliegenden Fall im Hinblick auf die vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und die hierzu abgegebenen versorgungsärztlichen Stellungnahmen im Klageverfahren medizinische Ermittlungen erforderlich sind, weil aufgrund der im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Ausführungen der Klägerin die Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" weiterhin hätten gegeben sein können. Die Versorgungsverwaltung legte ihrer Entscheidung die sie bindenden Regelungen der VersMedV und der hieraus abgeleiteten VG zu Grunde. Nach Teil D 2 c der VG ist die Berechtigung für eine ständige Begleitung (Merkzeichen B) Schwerhöriger ab dem 16. Lebensjahr anzunehmen, wenn die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist. Eine solche wird bei Hörbehinderung bejaht, wenn Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) vorliegt oder im Erwachsenenalter bei Hörstörung in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion z.B. Sehbehinderung oder geistige Behinderung (Teil D 1 f der VG).
Ausgehend von diesen Voraussetzungen hatte die Versorgungsverwaltung von der Allgemeinmedizinerin Dr. K. die Befundbeschreibung vom 14.10.2009 eingeholt, nachdem die Klägerin zunächst geltend gemacht hatte, trotz der Implantat-Versorgung leide sie an fehlendem Richtungshören. Auch könne sie auf Zuruf nicht reagieren und könne sich nicht an dem akustischen Ausruf auf Bahnsteigen, in Bussen usw. orientieren (Schreiben vom 21.09.2009). Zusätzlich ergab sich aus dem Befundbericht von Dr. K. vom 14.10.2009, dass die Implantate bei großen Geräuschkulissen versagten und Schwindel und Gleichgewichtsstörungen aufträten, weshalb weiter eine Begleitperson notwendig sei. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hatte die Klägerin vorgetragen, sie könne nur in ruhiger Umgebung hören, bei großer Ansammlung von Menschen, wie z.B. im Bus, auf Bahnsteigen usw. verstehe sie nur ein Durcheinander von Geräuschen. Diese Geräusche seien so unangenehm, dass sie Kopfschmerzen und Tinnitus bekomme. Ihr werde dann schwarz vor Augen und ihr werde schwindelig (Schreiben vom 23.12.2000). In Auswertung dieses Vorbringens und der ärztlichen Bescheinigung von Dr. K. vom 21.12.2009, die gleichlautend mit ihrem Befundbericht vom 14.10.2009 war, kam die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vom 02.02.2010 zu dem Ergebnis, die Voraussetzungen nach den VG Teil D 2 seien aus den Unterlagen nicht ableitbar. Merkzeichen "B" sei zum Ausgleich von Orientierungsstörungen z.B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung nicht erforderlich.
Dr. K. hat in ihren Stellungnahmen an das LRA vom 14.10.2009 und 21.12.2009 die Notwendigkeit einer Begleitperson mit öffentlichen Straßenverkehr wegen Nebenwirkungen der Implantationen (insbesondere Schwindel und Gleichgewichtsstörungen bei Geräuschkulisse bzw. im Straßenverkehr) bei der Klägerin zwar weiterhin für gegeben erachtet. Hiermit hat sich die im Widerspruchsverfahren eingeholte versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. vom 02.02.2010 aber medizinisch auseinandergesetzt. Dass die Implantatversorgung unter bestimmten Bedingungen aussetzt und die Klägerin taub ist, rechtfertigt nach der von der Beklagten herangezogenen Anspruchsgrundlage die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" nicht. Taubheit allein ist bei Erwachsenen bzw. Heranwachsenden ab dem 16. Lebensjahr grundsätzlich kein den Anspruch auf das Merkzeichen "B" begründender Umstand. Erhebliche Störungen der Ausgleichsfunktion durch eine Sehbehinderung oder geistige Behinderung, worauf in der versorgungsmedizinischen Stellungnahme hingewiesen wird, liegen bei der Klägerin nicht vor. Aus dem Vorbringen im Widerspruchsverfahren ergibt sich dazuhin nicht, dass die zeitweise auftretenden Schwindelerscheinungen in ihrem Ausprägungsgrad etwa vergleichbar sind mit den ebenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr rechtfertigenden hirnorganischen Anfällen mittlerer Anfallsfrequenz oder mit den Erscheinungen eines häufig auftretenden hypoglykämischen Schocks bei Diabetes (Teil D 1 e der VG). Im Vordergrund ihres Vorbringens stand zunächst allein die Gehörlosigkeit trotz Implantatversorgung und der spätere Hinweis auf Schwindel mit Schwarzwerden vor den Augen und Gleichgewichtsstörungen. Dies ergibt keinen Kontrollverlust im Ausmaß eines epileptischen oder sonstigen hirnorganischen Anfalls. Dass die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 02.02.2010 Vorbringen der Klägerin unbewertet gelassen habe, wie das Sozialgericht meint, ist der Verwaltungsakte des Beklagten nicht zu entnehmen. Das Vorbringen im Verwaltungsverfahren war daher aus Sicht des Beklagten nicht weiter streiterheblich, was zu weiteren Ermittlungen somit auch keinen Anlass hatte geben können.
Soweit durch das Vorbringen im Klageverfahren weitere Ermittlungen angezeigt sein könnten, ist dies für die Annahme eines die Zurückverweisung rechtfertigenden, zu vertretenden Ermittlungsdefizits im Verwaltungsverfahren - worauf das Sozialgericht im angefochtenen Urteil abstellt - nicht von Belang. Die zuvor allein auf die Taubheit gestützten Orientierungsstörungen werden in der Klagebegründung (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 20.04.2010) erstmals auch auf in der Überforderungssituation auftretende Angst oder Panik gestützt. Sich aufdrängenden Möglichkeiten weiterer Ermittlungen, etwa durch Einholung medizinischer Befundunterlagen der HNO Universitätsklinik F., worauf die Klägerin durch ihre Mutter bereits im Anhörungsverfahren mit Schreiben vom 21.09.2009 das LRA hingewiesen hat, ist der Beklagte im Verwaltungsverfahren - nach den obigen Darlegungen zu Recht - nicht nachgegangen, was jetzt aber im Hinblick auf das im Klageverfahren erweiterte Vorbringen der Klägerin ohne erheblichen Mehraufwand durch das Sozialgericht erfolgen könnte. Dass das Sozialgericht einen Aufklärungsbedarf gerade deshalb gesehen hat, weil es der Rechtsprechung des Senats zur Teilnichtigkeit der die Voraussetzungen der Merkzeichen nach SGB IX regelnden VG (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 - und vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 -, veröffentlicht in Juris und Sozialgerichtsbarkeit.de) folgt und damit eine andere Anspruchsgrundlage als der Beklagte seiner Überprüfung zugrundelegt, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Ebenso wenig ist relevant, dass der Beklagte weder im Klage- noch im Berufungsverfahren eine Vertiefung seiner Rechtsansicht - gegebenenfalls auch mit einer die Einwände des Sozialgerichts aufgreifenden versorgungsärztlichen Stellungnahme - für geboten erachtet hat, was zur Klärung der Standpunkte aber sachdienlich und zumutbar gewesen wäre und auch für den Beklagten keinen Mehraufwand bedeutet hätte. Im Hinblick auf die vom Beklagten auf die Hinweisschreiben des SG gemachten Ausführungen konnte zwar für das SG der Eindruck entstehen, dass weitere Ermittlungen durch Einholung von Befundunterlagen der HNO-Universitätsklinik F. nicht ausreichen, den für seine Entscheidung maßgeblichen medizinischen Sachverhalt zu klären, nachdem der Beklagte klar zu erkennen gegeben hat, die vom SG aufgezeigten Ermittlungsdefizite nicht durch ergänzende medizinische Stellungnahmen seines versorgungsärztlichen Dienstes bzw. durch einen Beratungsarzt im Klageverfahren nachträglich zu beseitigen. Auf das Prozessverhalten des Beklagten im gerichtlichen Verfahren kommt es aber vorliegend bei der dargelegten Ausgangslage nicht an.
Der Rechtsstreit war daher gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Die fehlerhafte Anwendung von § 131 Abs. 5 SGG ist ein wesentlicher Verfahrensmangel, auf dem das vom Beklagten angefochtene Urteil des Sozialgerichts beruht (a.A. Keller a.a.O. § 159 Rn. 2b: analoge Anwendung von Abs. 1 Nr.1). Der Senat sah es im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens auch für sachdienlich an, dem Antrag des Beklagten zu folgen und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Somit stehen den Beteiligten wiederum zwei Tatsacheninstanzen offen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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