L 4 R 5528/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 564/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5528/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. September 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am 1955 in R. geborene Klägerin war in R. als Teppichknüpferin und Näherin beschäftigt. Sie reiste am 18. Mai 1990 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Vom 17. September 1990 bis 6. März 2007 war sie als Näherin, zunächst bis 31. August 2004 bei einem in Insolvenz gegangenen Möbelhersteller, danach befristet vom 7. März 2005 bis 6. März 2007 bei einem Hersteller für Arbeitskleidung versicherungspflichtig beschäftigt. Beim letzten Arbeitgeber hatte sie Arbeitskleidung instandzusetzen (Flickarbeiten). Nach Angaben des letzten Arbeitgebers gegenüber der Beklagten im Widerspruchsverfahren (Auskunft vom 13. Oktober 2009) handelte es sich um eine ungelernte Tätigkeit. Die Klägerin bezog bis 9. Mai 2007 Krankengeld, dessen Bezug bereits während der letzten Beschäftigung begann, anschließend bis 7. Oktober 2007 Arbeitslosengeld, vom 8. Oktober 2007 bis 4. Juli 2008 Übergangsgeld wegen der Teilnahme an der von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg als Leistung zur Teilhabe bewilligten Integrationsmaßnahme RehaStep, vom 5. Juli 2008 bis 19. Januar 2009 Arbeitslosengeld, übte vom 1. August bis 31 Dezember 2008 eine geringfügige Tätigkeit (Näherin und Zuschneiden von Mustern) aus und bezog vom 20. Januar 2009 bis 7. Juni 2010 Krankengeld.

Vom 25. März bis 15. April 2009 erfolgte eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme, aus der die Klägerin arbeitsunfähig entlassen wurde. Internist Dr. H. nannte im Entlassungsbericht vom 15. April 2009 als Diagnosen ein chronisch rezidivierendes Cervikobrachial- und Lumbalsyndrom bei Fehlstatik, ausgeprägten myogelotischen und leicht degenerativen Veränderungen, eine Adipositas, eine Hypertonie, ein Asthma bronchiale, eine Anpassungsstörung mit verschiedenen affektiven Qualitäten sowie einen akuten Infekt der oberen Luftwege. Die Tätigkeit als Näherin könne noch weniger als drei Stunden täglich ausgeübt werden. Nach Abklingen des Infekts der oberen Luftwege sei die Klägerin in der Lage, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien bei der Minderbelastbarkeit der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule Tätigkeiten mit exzentrischer Belastung der Wirbelsäule, mit monotonen Kopf- und Halshaltungen und Bewegungen sowie Überkopfarbeit. Bei der Beeinträchtigung des Befindens sollten weiter Tätigkeiten gemieden werden, welche höhere Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie das Konzentrations- und Reaktionsvermögen stellten. Wegen der chronischen Atemwegserkrankung sollte eine Belastung durch inhalative Noxen gemieden werden.

Die Klägerin beantragte am 4. Mai 2009 Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. August 2009 ab. Die Klägerin erhob Widerspruch. Bei ihrer bisherigen Tätigkeit habe sie stehend arbeiten müssen. Dies könne sie aus medizinischen Gründen nicht mehr. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie nicht mehr vollschichtig arbeiten. Sie legte drei Arztbriefe vor. Die Beklagte holte die genannte Auskunft des letzten Arbeitgebers vom 13. Oktober 2009 ein und zog weitere Arztbriefe und Befundberichte bei. Auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Orthopäde Dr. K. das Gutachten vom 25. November 2009 und Neurologe und Psychiater Dr. P. das Gutachten vom 21. Dezember 2009. Dr. K. führte aus, es bestünden hauptsächlich Erkrankungen des Haltungs- und Bewegungsapparats mit schmerzhafter Beweglichkeit und Minderbelastbarkeit (chronisch rezidivierende Lumbalgie mit ischialgieformen Beschwerden, Fehlstatik und ausgeprägten myogelotischen, leicht degenerativen Veränderungen, Cervikobrachialsyndrom, Cervikocephalsyndrom), ein Reizhusten sowie eine Anpassungsstörung. Ein Asthma bronchiale habe sich nicht bestätigt. Die Schlafapnoe sei durch eine andere Schlaflagerung behoben. Die Tätigkeit als Näherin könne nur noch unter drei Stunden verrichtet werden. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne Arbeit über Kopf, auf Leitern, auf Gerüsten und in lungengefährdenden Schadstoffbereichen sowie ohne Nachtarbeit, Schichtarbeit und Akkord könnten vollschichtig ausgeübt werden. Dr. P. kam zum Ergebnis, dass ein psychiatrisches Krankheitsbild nicht vorliege und die Beurteilung des Leistungsvermögens durch Orthopäden und Rheumatologen zu erfolgen habe. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010). Die Leistungsfähigkeit sei sicherlich eingeschränkt, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien jedoch unter Beachtung der bestehenden Funktionseinschränkungen noch über sechs Stunden möglich. Grundlage hierfür seien der Entlassungsbericht des Dr. H. sowie die Gutachten der Dres. K. und P. , die in sich schlüssig und ausführlich begründet seien.

Die Klägerin erhob am 2. Februar 2010 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Die Gutachter hätten den Befund nur unzureichend erhoben und seien deshalb zu einem unzutreffenden Ergebnis gekommen. Unzureichend berücksichtigt seien insbesondere die gesundheitlichen Beeinträchtigungen am Bewegungsapparat. Mittlerweile sei noch ein Karpaltunnelsyndrom an der linken Hand hinzugekommen, das am 15. Oktober 2009 operiert worden sei. Ihre insgesamt 36-jährige Tätigkeit als Näherin, die sie wie eine ausgebildete Näherin verrichtet habe, qualifiziere sie als eine Person, die als solche ausgebildet worden sei, weshalb von Berufsunfähigkeit auszugehen sei. Sie legte hierzu ein Zertifikat vom 1. August 1983, wonach sie erfolgreich am drei Monate dauernden Lehrgang "Näherin im Bereich der Bekleidungsindustrie" teilgenommen habe, sowie die von den Arbeitgebern (Möbelhersteller und Hersteller für Arbeitskleidung) erteilten Zeugnisse vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Nach der Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers handle es sich bei der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit um eine ungelernte Arbeit.

Das SG hörte Orthopäden Dr. F. und Internisten Dr. W. , die ihren Auskünften jeweils ihnen zugegangene Arztbriefe und Befundberichte beifügten, als sachverständige Zeugen. Dr. F. gab an (Auskunft vom 25. März 2010), die Klägerin habe sich hauptsächlich wegen der qualifizierten Rückenschmerzen mit myofascialer Schmerzkomponente vorgestellt. Trotz intensiver Physiotherapie und regelmäßiger Wassergymnastik seien wiederkehrend Beschwerden der Schulter-Nacken-Region sowie der Lendenwirbelsäule aufgetreten. Leichte Frauenarbeiten mit (näher angegebenen) Einschränkungen seien sechs Stunden täglich ausführbar. Dr. W. führte aus (Auskunft vom 7. April 2010), die Klägerin beklage im Wesentlichen einen Reizhusten mit Belastungsdyspnoe, eine chronische Rhinitis, Schmerzen der Wirbelsäule sowie eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit bei leichtgradigem Schlafapnoe-Syndrom. Aufgrund des chronifizierten Schmerzsyndroms könne auch eine leichte Berufstätigkeit nicht in einem Umfang von sechs Stunden täglich ausgeübt werden.

Im Auftrag des SG erstattete Arzt für Neurologie Dr. K. das Gutachten vom 25. Mai 2010. Durch die Operation des Karpaltunnelsyndroms links seien die Schmerzen weitgehend beseitigt, es bestehe lediglich noch ein Druckschmerz im Bereich der Narbe, der beim Fahrradfahren und beim Heben und Tragen von Gegenständen Beschwerden verursache. Das Halswirbelsäulensyndrom sei mittelgradig ausgeprägt und verursache Schmerzen, die konsekutiv die Beweglichkeit der Halswirbelsäule mittelgradig einschränkten. Ein sensibles oder motorisches Defizit entstehe hierdurch nicht. Das als mittelgradig zu bezeichnende Lumbalsyndrom mit paravertebralem Hartspann beeinträchtige ebenfalls die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule mittelgradig. Durch die relativ gering ausgeprägten Bandscheibenvorfälle entstehe kein sensibles oder motorisches Defizit. Die Aktivitäten des täglichen Lebens seien gut möglich. Jedoch sei das unspezifische Halswirbelsäulensyndrom in Verbindung mit dem Lendenwirbelsäulensyndrom und dem ausgeprägten Übergewicht dazu geeignet, die Schmerzsymptomatik hervorzurufen und die Mobilität einzuschränken. Fachfremd beurteilt beeinträchtige das Asthma bronchiale, außer bei größerer körperlicher Anstrengung, die körperliche Funktion nicht. Das Schlafapnoe-Syndrom scheine nach Aktenlage nur milde ausgeprägt, so dass auch hier keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung zu erwarten sei. Die somatoforme Schmerzstörung führe insgesamt zu einer verminderten körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit in mittlerem Ausmaß, so dass die Leistungsfähigkeit dadurch insgesamt leicht herabgesetzt sei. Leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, mit wechselnder Körperposition seien mindestens sechs Stunden täglich möglich. Nicht möglich seien Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Nachtarbeit und Dreischichtbetrieb sowie Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Beanspruchung.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 28. September 2010 ab. Die Klägerin könne zwar wegen ihrer Gesundheitsstörungen den Beruf der Näherin nicht mehr ausüben. Gleichwohl sei sie nicht berufsunfähig. Ihre Tätigkeit sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Sie habe eine berufliche Ausbildung als Näherin nicht absolviert sowie nach der Auskunft des letzten Arbeitgebers tatsächlich nur Tätigkeiten verrichtet, die eine Anlernzeit von mehr als drei Monaten oder eine Lehrzeit nicht voraussetzten und sei auch nicht als Facharbeiter entlohnt worden. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könnten jedoch nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K. noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 18. November 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. November 2010 beim SG Berufung eingelegt. Sie sei aufgrund ihrer körperlichen und psychischen Verfassung nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule würden im Gutachten des Sachverständigen Dr. K. nicht ausreichend gewürdigt, weil er kein Orthopäde sei. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Näherin sei sie nicht einer ungelernten Arbeiterin gleichzustellen und müsse sich nicht auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Seit der Entlassung aus der Rehabilitationsmaßnahme im April 2009 habe sich ihr Gesundheitszustand erheblich verschlechtert.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. September 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 12. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr (der Klägerin) ab 1. Mai 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil sowie ihre Bescheide für zutreffend.

Der Senat hat die die Klägerin betreffenden Rehabilitationsakte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg beigezogen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG, die beigezogene Rehabilitationsakten der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da der Senat die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat ab 1. Mai 2009 weder Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI.

1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Klägerin ist seit 1. Mai 2009 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da sie Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann.

Im Vordergrund stehen bei der Klägerin Beschwerden der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule mit der Folge einer verminderten Belastbarkeit und einer eingeschränkten Beweglichkeit. Sensible oder motorische Defizite bestehen nicht. Die bildgebenden Verfahren zeigten allenfalls diskret ausgeprägte Bandscheibenvorfälle. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 25. Mai 2010, der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. F. vom 25. März 2010, dem Entlassungsbericht des Dr. H. vom 15. April 2009 sowie aus mehreren von Dr. W. seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 7. April 2010 beigefügten Arztbriefen. Der Einwand der Klägerin, die Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule würden im Gutachten des Sachverständigen Dr. K. nicht ausreichend gewürdigt, greift nicht durch, da die vom Sachverständigen Dr. K. beschriebenen Befunde auch in den weiteren genannten Unterlagen übereinstimmend genannt sind.

Die früher bestehenden Beschwerden wegen des Karpaltunnelsyndroms der linken Hand sind nach der durchgeführten Operation behoben. Hinsichtlich des internistischen Gebiets liegt keine Lungenerkrankung vor (Bericht des Privatdozent Dr. W. vom 15. September 2009). Ein Schlafapnoe-Syndrom konnte nicht bestätigt werden.

Aufgrund der Beschwerden der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule lassen sich allenfalls qualitative Leistungseinschränkungen ableiten, nämlich Einschränkungen beim Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, hinsichtlich der Körperhaltung bei einer Tätigkeit, nicht aber eine quantitative Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden. Der Senat folgt deshalb - wie das SG - der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. K. , dass die Klägerin noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, wie dies auch Dr. H. im Entlassungsbericht vom 15. April 2009 und Dr. F. in seiner Auskunft vom 25. März 2010 annahmen. Dr. W. hat seine Auffassung, die Klägerin könne auch leichte Tätigkeiten nicht mehr in einem Umfang von sechs Stunden täglich ausüben, nicht näher begründet.

Die von der Klägerin behauptete erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist nicht belegt. Sie hat - auch nach entsprechendem Hinweis des Senats - keinerlei Angaben gemacht, worin die behauptete Verschlechterung bestehen soll.

2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R - in juris). Bisheriger Beruf ist bei der Klägerin die von 17. September 1990 bis 31. August 2004 und vom 7. März 2005 bis 6. März 2007 ausgeübte Tätigkeit als Näherin. Diese Tätigkeit kann die Klägerin zwar nicht mehr verrichten. Gleichwohl ist sie nicht berufsunfähig, weil sie auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar ist.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R - SozR 3-2600 § 43 Nr. 26) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - in juris).

Die Tätigkeit der Klägerin als Näherin ist als Tätigkeit eines angelernten Arbeiters einzustufen, nicht als Tätigkeit eines Facharbeiters. Denn die Klägerin hat für diese Tätigkeit keine mehr als zweijährige Berufsausbildung absolviert. Nach dem vorgelegten Zertifikat vom 1. August 1983 nahm die Klägerin an einem drei Monate dauernden Lehrgang "Näherin im Bereich der Bekleidungsindustrie" teil. Nach den Angaben des letzten Arbeitgebers gegenüber der Beklagten im Widerspruchsverfahren (Auskunft vom 13. Oktober 2009) handelte es sich sogar um eine ungelernte Tätigkeit. Der Senat vermag deshalb auch nicht festzustellen, dass die Klägerin als Angelernte im oberen Bereich anzusehen ist. Die Klägerin kann daher auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden, für die sie wie ausgeführt quantitativ leistungsfähig ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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