Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 EG 36/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe und die Dauer des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und El-ternteilzeitgesetz (BEEG).
Die am 07.01.1966 geborene Klägerin ist mit J. H. (14.06.1962) verheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder D. (01.07.1997), L. (07.10.2000), M. (15.01.2003) und T. (03.03.2007) hervorgegangen.
Für T. stellte die Klägerin am 05.03.2007 einen "Antrag auf Elterngeld für Geburten ab 01.01.2007". In ihrem Antrag teilte sie mit, sie habe innerhalb des 12-Monats-Zeitraums vor der Geburt von T. kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt und auch keine sonstigen Leistungen (Arbeitslosengeld, Krankengeld, Renten und vergleichbare private Leistungen) bezogen. Sie habe auch im Zeitraum nach der Geburt des Kindes keine Erwerbstätigkeit.
Vom Beklagten war festgehalten, dass die Klägerin für das Kind L. vom ersten bis sechsten Lebensmonat Bundeserziehungsgeld (BErzG) in Höhe von DM 600,00 , vom siebten bis 12. Lebensmonat DM 229,00 und ab dem 13. Lebensmonat DM 220,00 (umgerechnet ab 01.01.2002 in EUR 112,48) erhalten hatte. Für M. hatte die Klägerin BErzG vom ersten bis sechsten Lebensmonat in Höhe von EUR 307,00, vom siebten bis 12. Lebensmonat EUR 293,00 und vom 13. bis 24. Lebensmonat wiederum EUR 307,00 bezogen. Unter dem 10.03.2007 legte die Klägerin eine Bescheinigung vor, wonach ihr kein Mutterschaftsgeld bezahlt werde (vgl. Bescheinigung der GEK Nürnberg vom 07.03.2007).
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region Mittelfranken, bewilligte mit Bescheid vom 21.03.2007 der Klägerin Elterngeld von monatlich EUR 300,00 für den Zeitraum von 03.03.2007 bis 02.03.2008 (1. bis 12. Lebensmonat). Zur Begründung wurde ausgeführt, nach eigenen Angaben sei die Klägerin in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt von T. nicht erwerbstätig gewesen und habe kein Einkommen erzielt. Damit sei keine Minderung des Einkommens im maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt des Kindes eingetreten. Elterngeld werde deshalb in Höhe des Mindestbetrages von EUR 300,00 monatlich gewährt, weil Elterngeld in der Regel für höchstens 12 Monate bezogen werden könne. Der Anspruch auf Elterngeld ende am 02.03.2008.
Unter dem 04.06.2007 wandte sich die Klägerin an das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region Mittelfranken, und teilte mit, sie sei erstaunt, dass sie zwar Zahlungen auf ihr Konto erhalte, aber bisher noch keinen Bescheid erhalten habe. Daraufhin wurde die Zuleitung einer Kopie des Bescheides unter dem 12.06.2007 verfügt.
Mit Schreiben vom 19.06.2007, das am 25.06.2007 beim Beklagten einging, erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Elterngeldbescheid, den sie am 14.06.2007 erhalten habe. Ihre Erziehungsleistung als Mutter von drei Kindern werde durch das Elterngeld nicht anerkannt. Ihre Grundrechte aus Artikel 6 des Grundgesetzes (GG) zum Schutz der Familie und des Gleichheitsgrundsatzes nach Artikel 3 GG seien durch den Bescheid verletzt. Arbeitslosen- oder Krankengeld würden prozentual vom letzten Gehalt bezahlt, da der Empfänger vorher Beiträge in die jeweilige Versicherung entrichtet habe. Dies sei beim Elterngeld nicht der Fall. Elterngeld werde aus Steuermitteln finanziert; daher gelte der Gleichheitsgrundsatz. Auch Kindergeld werde an alle Familien gleich gezahlt und nicht nach dem Notendurchschnitt des Kindes. Die ersten zwei Monate werde entweder Elterngeld oder Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse nach den eingegangenen Beiträgen bezahlt. Dies sei soweit korrekt, da das Mutterschaftsgeld eine (Lohnersatz-)Zahlung sei, bis das Wochenbett der Mutter abgeschlossen sei. Ab dem dritten Monat werde ausschließlich für die Mutterleistung bzw. Elternleistung bezahlt; diese sei jedoch immer gleich und könne deshalb nicht vom Staat unterschiedlich gefördert werden in Leistungs-beträgen zwischen EUR 300,00 bis EUR 1.800,00. Diese Regelung benachteilige insbesondere Mehrfachmütter.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2007 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, Elterngeld werde nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG in Höhe von 67 Prozent des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von monatlich EUR 1.800,00 für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Der für die Einkommensberechnung des Elterngeldes maßgebliche 12-Monats-Zeitraum vor der Geburt von T. werde durch die Kalendermonate März 2006 bis Februar 2007 festgelegt. Nachdem die Klägerin in diesem Bemessungszeitraum nicht erwerbstätig gewesen sei und kein Einkommen erzielt habe, sei keine Minderung des Einkommens eingetreten, so dass Elterngeld gemäß § 2 Abs. 5 BEEG nur in Höhe des Mindestbetrages von monatlich EUR 300,00 zustehe. Verfassungsrechtliche Bedenken sehe der Beklagte nicht. "Im Leistungsbereich" habe der Gesetzgeber ein sehr weites Ermessen, welchen Personenkreis er einbeziehen werde oder nicht und welche Leistungen er vorsehe, kürze oder auch ein-stelle, soweit die jeweilige Vergleichsgruppe exakt gleich behandelt werde.
Dagegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 27.09.2007, das persönlich beim Sozialgericht Nürnberg am 28.09.2007 abgegeben wurde, Klage erhoben. Sie beantrage die Bewilligung von Elterngeld in Höhe von monatlich EUR 1.800,00. Die Erziehungsleistung eines Elternteils, der ein monatliches Erwerbseinkommen erziele, auf dessen Grundlage ein Elterngeld von EUR 1.800,00 monatlich erreicht werde, werde erheblich höher bewertet, als ihre Erziehungsleistung. Im Gegensatz zum Kindergeld oder Erziehungsgeld, das allen Berechtigten gleichermaßen zufließe, begünstige das Elterngeld gut verdienende Eltern und benachteilige weniger gut oder gar nicht verdienende Eltern. Das Elterngeld werde aus Steuermitteln finanziert und nicht aufgrund von Beiträgen. Damit seien die Rechte der Klägerin aus Artikel 3 und Artikel 6 GG verletzt.
Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin unter dem 26.05.2008 eine erweiterte Klagebegründung vorgelegt; auf die weitere Begründung der Klage wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 21.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Elterngeld für T. (03.03.2007) vom ersten bis 14. Lebensmonat in Höhe von monatlich EUR 1.800,00 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat die Elterngeld-Akten beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Daraus ergibt sich, dass der Klägerin mit Bescheid vom 02.04.2008 Landeserziehungsgeld vom 13. bis 24. Lebensmonat von T. in Höhe von EUR 300,00 bewilligt worden ist. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichts- und Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.03.2007 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 28.08.2007 hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Der Klägerin steht Elterngeld für T. nur für 12 Lebensmonate zu und nur in Höhe von monatlich EUR 300,00.
Die Beteiligten sind sich prinzipiell einig darüber, dass der Beklagte die Höhe des Elterngeldanspruches der Klägerin auf der Grundlage der geltenden Rechtsvorschriften des BEEG zutreffend ermittelt hat. § 2 Abs. 1 BEEG regelt die Höhe des Elterngelds für Antragsteller mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit; diese Vorschrift ist auf die Klägerin, die vor der Geburt von Tabea nicht erwerbstätig war, nicht anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 BEEG wird Elterngeld mindestens in Höhe von EUR 300,00 gezahlt. Dies gilt nach § 2 Abs. 5 Satz 2 BEEG auch dann, wenn in dem maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt worden ist. Ein Erhöhungsbetrag nach § 2 Abs. 4 BEEG steht der Klägerin nicht zu, weil hierfür Voraussetzung ist, dass die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder mit drei oder mehr Kindern, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt lebt. Bei der Geburt von T. hatte M. das dritte Lebensjahr bereits vollendet und L. bereits das sechste Lebensjahr.
Der Klägerin steht Elterngeld nur für 12 Monate zu. Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 2 Satz 2 BEEG, wonach Eltern insgesamt Anspruch auf 12 Monatsbeträgen haben. § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG regelt zwar einen Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, jedoch nur, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt jedoch im Fall der Klägerin nicht. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil höchstens für 12 Monate Elterngeld beziehen. Diese Vorschrift trifft auf die Klägerin zu.
Die Ausnahmevorschriften hinsichtlich der Dauer des Elterngeldes (14 Monate), nämlich eine Gefährdung des Kindeswohls bei Betreuung durch den anderen Elternteil im Sinne von § 1666 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die Unmöglichkeit der Betreuung durch den anderen Elternteil, insbesondere wegen einer schweren Krankheit oder Schwerbehinderung liegen nicht vor. Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 4 BEEG liegen nicht vor, wonach Elterngeld für 14 Monate gezahlt werden kann, wenn einem Elternteil die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zusteht oder er eine einstweilige Anordnung erwirkt hat, mit der ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind vorläufig übertragen worden ist, zusätzlich eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und außerdem der andere Elternteil weder mit ihm noch mit dem Kind in einer Wohnung lebt.
Damit hat der Beklagte das geltende Recht ordnungsgemäß vollzogen.
Die Klägerin hat unter dem 26.05.2008 auch beantragt, das Verfahren auszusetzen und im Wege des Normenkontrollverfahrens nach Artikel 100 Abs. 1 GG i. V. m. §§ 13 Nr. 11, 80 ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen zu der Frage, ob die in § 2 BEEG enthaltenen Regelungen zur Dauer und Höhe der monatlichen Zahlung von Elterngeld zwischen EUR 300,00 und EUR 1.800,00 monatlich mit Artikel 3 Abs. 1 GG vereinbar sind. Eines solchen Antrages hätte es nicht bedurft, weil die Kammer von Amts wegen gehalten ist, die Voraussetzungen für ein Normenkontrollverfahren zu prüfen; die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens nach Artikel 100 Abs. 1 GG erfordert jedoch, dass die Kammer die volle Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der geltenden Rechtslage gewonnen hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Mit der Klägerin ist die Kammer der Auffassung, dass durch die Einführung des Elterngeldes in unterschiedlicher Leistungshöhe der Gesetzgeber sozialleistungsrechtliches "Neuland" betreten hat, indem er das Elterngeld in Gestalt einer Lohnersatzleistung ausgestaltet hat, die nicht (überwiegend) beitragsfinanziert, sondern steuerfinanziert ist. Auch die Kammer ist der Auffassung, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung –wie sie im Übrigen bei jedem Leistungsgesetz oder jeder Änderung eines Leistungsgesetzes in der Vergangenheit letztlich stattgefunden hat- auch beim BEEG stattfinden muss. Die Kammer hat jedoch selbst nicht die volle Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelungen des BEEG gewonnen. Eine generelle Benachteiligung der Klägerin im Hinblick auf ihre Erziehungsleistung vermag die Kammer nicht zu erkennen; hinsichtlich der Berücksichtigung rentenrechtlicher Kindererziehungszeiten, des Bezuges von Kindergeld, der beitragsfreien Familienversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung erfolgt eine egalitäre Gleichbehandlung. Wenn der Gesetzgeber in einem einzelnen Bereich (von vielen) mit einer in der Höhe gedeckelten und zeitlich begrenzten, steuerfinanzierten Lohnersatzleistung eine "Neuausrichtung familienpolitischer Leistungen und insbesondere eine passgenaue und nachhaltige Absicherung von Eltern und Kindern in der Frühphase der Familie" (vgl. Bundesrats-Drucksache 16/1889, Seite 1) verfolgt, begegnet dies keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Lohnersatzleistung Elterngeld wird zur Vermeidung von sozialen Härten verbunden mit einem Mindestelterngeld von monatlich EUR 300,00 für anspruchsberechtigte Elternteile, die vor der Geburt kein oder nur ein sehr kleines Einkommen erzielt haben (vgl. § 2 Abs. 5 BEEG). Voll angerechnet wird auf Elterngeld das Mutterschaftsgeld, soweit es dessen Funktion erfüllt (§ 3 Abs. 1 BEEG). Andere Lohnersatz- und vergleichbare Transferleistungen (z. B. Arbeitslosengeld I) werden auf das Elterngeld angerechnet, soweit es den Betrag von EUR 300,00 übersteigt (§ 3 Abs. 2 BEEG). Steuerrechtlich gilt Elterngeld zwar nicht als Einkommen, es wird jedoch ab dem ersten Euro einem Progressionsvorbehalt gemäß § 32 b Abs.1 Nr. 1 j des Einkommenssteuergesetzes (EStG) unterzogen. Aufgrund dieser Merkmale hat das Elterngeld echte Lohnersatzfunktion. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin im Vergleich mit berufstätigen Frauen vermag die Kammer derzeit nicht zu erkennen; der Gesetzgeber hat Familien, die heute langfristig auf zwei Einkommen angewiesen sind, ausdrücklich genannt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BR-Drucksache 16/1889, Seite 1). Es bleibt den Familien jedoch grundsätzlich selbst überlassen, Berufstätigkeit und Familienleben so miteinander in Einklang zu bringen, wie sie es für notwendig und sinnvoll halten. Der Gesetzgeber überlässt es den Eltern, ob ein Elternteil bei Geburt eines Kindes eine volle Erwerbstätigkeit aufgibt, er unterstützt jedoch Eltern, die nach der Geburt eines Kindes keine oder keine volle Erwerbstätigkeit mehr ausüben (dies ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 BEEG Anspruchsvoraussetzung). Das Elterngeld ist so ausgestaltet, dass es auf keinen Fall höher ist, als das Entgelt des bezugsberechtigten Elternteils vor der Geburt. Nur bei Geringverdienern, bei denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als EUR 1.000,00 war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 % auf bis zu 100 % (vgl. § 2 Abs. 2 BEEG). Somit steht fest, dass bei berufstätigen Beziehern von Elterngeld die wirtschaftliche Situation im Bezugszeitraum allenfalls annähernd gleich bleibt im Vergleich zu dem unmittelbaren Zeitraum vor der Geburt, während bei der Klägerin, die sich – aus der Kammer nachvollziehbaren und ausdrücklich gebilligten Gründen – schon früher gegen eine Berufstätigkeit entschieden hat, mit dem Mindestbetrag des Elterngeldes ein finanzieller Zuwachs von monatlich EUR 300,00 entsteht.
Ein Blick auf die bisherige Rechtslage beim Erziehungsgeld nach dem BErzGG macht deutlich, dass beispielsweise alleinerziehende Mütter, die sich gegen die Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit entschieden hatten, gezwungen waren, Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld) oder andere Transferleistungen (auch Sozialhilfe) in Anspruch zu nehmen. Andere, vor der Geburt berufstätige, verheiratete Mütter konnten trotz Aufgabe ihrer beruflichen Tätigkeit vom 7. bis 24. Lebensmonat überhaupt kein Erziehungsgeld erhalten, wenn das Familieneinkommen (Einkommen des Ehegatten) im maßgeblichen Relevanzjahr eine bestimmte Einkommenshöhe überschritt, während bei hohem Familieneinkommen (des Ehegatten) sogar überhaupt kein Erziehungsgeld gezahlt werden konnte. Insoweit war der Gesichtspunkt einer Würdigung der "Erziehungsleistung", den die Klägerin in ihren Ausführungen in den Vordergrund stellt, in ganz besonderer Weise unzureichend Rechnung getragen. Die Kammer hat die kritischen Ausführungen in der Literatur, insbesondere Seiler, NJW 2007, 129 ff zur Kenntnis genommen, der zwar keine Verletzung des Artikel 6 sieht, jedoch einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot ("es überschreitet deswegen –vom Gleichheitsverstoß abgesehen- noch nicht den im Bereich der Leistungsverwaltung sehr weiten freiheitsrechtlichen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers"). Eine andere Auffassung kommt zu dem Ergebnis, der Gesetzgeber sei im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen geblieben; Brosius-Gersdorf, NJW 2007, S. 177 ff, kommt zu der Auffassung, der Staat habe die Zeichen der Zeit erkannt und unternehme in der Familienpolitik die ersten vorsichtigen Schritte zur Bekämpfung des demographischen Wandels in Deutschland. Die Konzeption des Elterngelds als Einkommensersatzleistung stelle eine konsequente, zulässige Steuerungsmaßnahme dar, um die Gründung von Familien nicht nur in einzelnen, sondern in allen sozialen Schichten zu befördern und damit den bereits weit fortgeschrittenen demographischen Wandel Einhalt zu gebieten.
Vor diesem Hintergrund ist die verfassungsrechtliche Diskussion noch lange nicht abgeschlossen. Die Kammer hat jedoch –wie ausgeführt- nicht die volle Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Normen des BEEG gewinnen können. Damit war eine Vorlage an das BVerfG ausgeschlossen.
Damit musste die Klage ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe und die Dauer des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und El-ternteilzeitgesetz (BEEG).
Die am 07.01.1966 geborene Klägerin ist mit J. H. (14.06.1962) verheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder D. (01.07.1997), L. (07.10.2000), M. (15.01.2003) und T. (03.03.2007) hervorgegangen.
Für T. stellte die Klägerin am 05.03.2007 einen "Antrag auf Elterngeld für Geburten ab 01.01.2007". In ihrem Antrag teilte sie mit, sie habe innerhalb des 12-Monats-Zeitraums vor der Geburt von T. kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt und auch keine sonstigen Leistungen (Arbeitslosengeld, Krankengeld, Renten und vergleichbare private Leistungen) bezogen. Sie habe auch im Zeitraum nach der Geburt des Kindes keine Erwerbstätigkeit.
Vom Beklagten war festgehalten, dass die Klägerin für das Kind L. vom ersten bis sechsten Lebensmonat Bundeserziehungsgeld (BErzG) in Höhe von DM 600,00 , vom siebten bis 12. Lebensmonat DM 229,00 und ab dem 13. Lebensmonat DM 220,00 (umgerechnet ab 01.01.2002 in EUR 112,48) erhalten hatte. Für M. hatte die Klägerin BErzG vom ersten bis sechsten Lebensmonat in Höhe von EUR 307,00, vom siebten bis 12. Lebensmonat EUR 293,00 und vom 13. bis 24. Lebensmonat wiederum EUR 307,00 bezogen. Unter dem 10.03.2007 legte die Klägerin eine Bescheinigung vor, wonach ihr kein Mutterschaftsgeld bezahlt werde (vgl. Bescheinigung der GEK Nürnberg vom 07.03.2007).
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region Mittelfranken, bewilligte mit Bescheid vom 21.03.2007 der Klägerin Elterngeld von monatlich EUR 300,00 für den Zeitraum von 03.03.2007 bis 02.03.2008 (1. bis 12. Lebensmonat). Zur Begründung wurde ausgeführt, nach eigenen Angaben sei die Klägerin in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt von T. nicht erwerbstätig gewesen und habe kein Einkommen erzielt. Damit sei keine Minderung des Einkommens im maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt des Kindes eingetreten. Elterngeld werde deshalb in Höhe des Mindestbetrages von EUR 300,00 monatlich gewährt, weil Elterngeld in der Regel für höchstens 12 Monate bezogen werden könne. Der Anspruch auf Elterngeld ende am 02.03.2008.
Unter dem 04.06.2007 wandte sich die Klägerin an das Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region Mittelfranken, und teilte mit, sie sei erstaunt, dass sie zwar Zahlungen auf ihr Konto erhalte, aber bisher noch keinen Bescheid erhalten habe. Daraufhin wurde die Zuleitung einer Kopie des Bescheides unter dem 12.06.2007 verfügt.
Mit Schreiben vom 19.06.2007, das am 25.06.2007 beim Beklagten einging, erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Elterngeldbescheid, den sie am 14.06.2007 erhalten habe. Ihre Erziehungsleistung als Mutter von drei Kindern werde durch das Elterngeld nicht anerkannt. Ihre Grundrechte aus Artikel 6 des Grundgesetzes (GG) zum Schutz der Familie und des Gleichheitsgrundsatzes nach Artikel 3 GG seien durch den Bescheid verletzt. Arbeitslosen- oder Krankengeld würden prozentual vom letzten Gehalt bezahlt, da der Empfänger vorher Beiträge in die jeweilige Versicherung entrichtet habe. Dies sei beim Elterngeld nicht der Fall. Elterngeld werde aus Steuermitteln finanziert; daher gelte der Gleichheitsgrundsatz. Auch Kindergeld werde an alle Familien gleich gezahlt und nicht nach dem Notendurchschnitt des Kindes. Die ersten zwei Monate werde entweder Elterngeld oder Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse nach den eingegangenen Beiträgen bezahlt. Dies sei soweit korrekt, da das Mutterschaftsgeld eine (Lohnersatz-)Zahlung sei, bis das Wochenbett der Mutter abgeschlossen sei. Ab dem dritten Monat werde ausschließlich für die Mutterleistung bzw. Elternleistung bezahlt; diese sei jedoch immer gleich und könne deshalb nicht vom Staat unterschiedlich gefördert werden in Leistungs-beträgen zwischen EUR 300,00 bis EUR 1.800,00. Diese Regelung benachteilige insbesondere Mehrfachmütter.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2007 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, Elterngeld werde nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG in Höhe von 67 Prozent des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von monatlich EUR 1.800,00 für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Der für die Einkommensberechnung des Elterngeldes maßgebliche 12-Monats-Zeitraum vor der Geburt von T. werde durch die Kalendermonate März 2006 bis Februar 2007 festgelegt. Nachdem die Klägerin in diesem Bemessungszeitraum nicht erwerbstätig gewesen sei und kein Einkommen erzielt habe, sei keine Minderung des Einkommens eingetreten, so dass Elterngeld gemäß § 2 Abs. 5 BEEG nur in Höhe des Mindestbetrages von monatlich EUR 300,00 zustehe. Verfassungsrechtliche Bedenken sehe der Beklagte nicht. "Im Leistungsbereich" habe der Gesetzgeber ein sehr weites Ermessen, welchen Personenkreis er einbeziehen werde oder nicht und welche Leistungen er vorsehe, kürze oder auch ein-stelle, soweit die jeweilige Vergleichsgruppe exakt gleich behandelt werde.
Dagegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 27.09.2007, das persönlich beim Sozialgericht Nürnberg am 28.09.2007 abgegeben wurde, Klage erhoben. Sie beantrage die Bewilligung von Elterngeld in Höhe von monatlich EUR 1.800,00. Die Erziehungsleistung eines Elternteils, der ein monatliches Erwerbseinkommen erziele, auf dessen Grundlage ein Elterngeld von EUR 1.800,00 monatlich erreicht werde, werde erheblich höher bewertet, als ihre Erziehungsleistung. Im Gegensatz zum Kindergeld oder Erziehungsgeld, das allen Berechtigten gleichermaßen zufließe, begünstige das Elterngeld gut verdienende Eltern und benachteilige weniger gut oder gar nicht verdienende Eltern. Das Elterngeld werde aus Steuermitteln finanziert und nicht aufgrund von Beiträgen. Damit seien die Rechte der Klägerin aus Artikel 3 und Artikel 6 GG verletzt.
Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin unter dem 26.05.2008 eine erweiterte Klagebegründung vorgelegt; auf die weitere Begründung der Klage wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 21.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Elterngeld für T. (03.03.2007) vom ersten bis 14. Lebensmonat in Höhe von monatlich EUR 1.800,00 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat die Elterngeld-Akten beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Daraus ergibt sich, dass der Klägerin mit Bescheid vom 02.04.2008 Landeserziehungsgeld vom 13. bis 24. Lebensmonat von T. in Höhe von EUR 300,00 bewilligt worden ist. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichts- und Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.03.2007 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 28.08.2007 hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Der Klägerin steht Elterngeld für T. nur für 12 Lebensmonate zu und nur in Höhe von monatlich EUR 300,00.
Die Beteiligten sind sich prinzipiell einig darüber, dass der Beklagte die Höhe des Elterngeldanspruches der Klägerin auf der Grundlage der geltenden Rechtsvorschriften des BEEG zutreffend ermittelt hat. § 2 Abs. 1 BEEG regelt die Höhe des Elterngelds für Antragsteller mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit; diese Vorschrift ist auf die Klägerin, die vor der Geburt von Tabea nicht erwerbstätig war, nicht anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 BEEG wird Elterngeld mindestens in Höhe von EUR 300,00 gezahlt. Dies gilt nach § 2 Abs. 5 Satz 2 BEEG auch dann, wenn in dem maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt worden ist. Ein Erhöhungsbetrag nach § 2 Abs. 4 BEEG steht der Klägerin nicht zu, weil hierfür Voraussetzung ist, dass die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder mit drei oder mehr Kindern, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt lebt. Bei der Geburt von T. hatte M. das dritte Lebensjahr bereits vollendet und L. bereits das sechste Lebensjahr.
Der Klägerin steht Elterngeld nur für 12 Monate zu. Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 2 Satz 2 BEEG, wonach Eltern insgesamt Anspruch auf 12 Monatsbeträgen haben. § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG regelt zwar einen Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, jedoch nur, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt jedoch im Fall der Klägerin nicht. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil höchstens für 12 Monate Elterngeld beziehen. Diese Vorschrift trifft auf die Klägerin zu.
Die Ausnahmevorschriften hinsichtlich der Dauer des Elterngeldes (14 Monate), nämlich eine Gefährdung des Kindeswohls bei Betreuung durch den anderen Elternteil im Sinne von § 1666 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die Unmöglichkeit der Betreuung durch den anderen Elternteil, insbesondere wegen einer schweren Krankheit oder Schwerbehinderung liegen nicht vor. Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 4 BEEG liegen nicht vor, wonach Elterngeld für 14 Monate gezahlt werden kann, wenn einem Elternteil die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zusteht oder er eine einstweilige Anordnung erwirkt hat, mit der ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind vorläufig übertragen worden ist, zusätzlich eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und außerdem der andere Elternteil weder mit ihm noch mit dem Kind in einer Wohnung lebt.
Damit hat der Beklagte das geltende Recht ordnungsgemäß vollzogen.
Die Klägerin hat unter dem 26.05.2008 auch beantragt, das Verfahren auszusetzen und im Wege des Normenkontrollverfahrens nach Artikel 100 Abs. 1 GG i. V. m. §§ 13 Nr. 11, 80 ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen zu der Frage, ob die in § 2 BEEG enthaltenen Regelungen zur Dauer und Höhe der monatlichen Zahlung von Elterngeld zwischen EUR 300,00 und EUR 1.800,00 monatlich mit Artikel 3 Abs. 1 GG vereinbar sind. Eines solchen Antrages hätte es nicht bedurft, weil die Kammer von Amts wegen gehalten ist, die Voraussetzungen für ein Normenkontrollverfahren zu prüfen; die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens nach Artikel 100 Abs. 1 GG erfordert jedoch, dass die Kammer die volle Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der geltenden Rechtslage gewonnen hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Mit der Klägerin ist die Kammer der Auffassung, dass durch die Einführung des Elterngeldes in unterschiedlicher Leistungshöhe der Gesetzgeber sozialleistungsrechtliches "Neuland" betreten hat, indem er das Elterngeld in Gestalt einer Lohnersatzleistung ausgestaltet hat, die nicht (überwiegend) beitragsfinanziert, sondern steuerfinanziert ist. Auch die Kammer ist der Auffassung, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung –wie sie im Übrigen bei jedem Leistungsgesetz oder jeder Änderung eines Leistungsgesetzes in der Vergangenheit letztlich stattgefunden hat- auch beim BEEG stattfinden muss. Die Kammer hat jedoch selbst nicht die volle Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelungen des BEEG gewonnen. Eine generelle Benachteiligung der Klägerin im Hinblick auf ihre Erziehungsleistung vermag die Kammer nicht zu erkennen; hinsichtlich der Berücksichtigung rentenrechtlicher Kindererziehungszeiten, des Bezuges von Kindergeld, der beitragsfreien Familienversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung erfolgt eine egalitäre Gleichbehandlung. Wenn der Gesetzgeber in einem einzelnen Bereich (von vielen) mit einer in der Höhe gedeckelten und zeitlich begrenzten, steuerfinanzierten Lohnersatzleistung eine "Neuausrichtung familienpolitischer Leistungen und insbesondere eine passgenaue und nachhaltige Absicherung von Eltern und Kindern in der Frühphase der Familie" (vgl. Bundesrats-Drucksache 16/1889, Seite 1) verfolgt, begegnet dies keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Lohnersatzleistung Elterngeld wird zur Vermeidung von sozialen Härten verbunden mit einem Mindestelterngeld von monatlich EUR 300,00 für anspruchsberechtigte Elternteile, die vor der Geburt kein oder nur ein sehr kleines Einkommen erzielt haben (vgl. § 2 Abs. 5 BEEG). Voll angerechnet wird auf Elterngeld das Mutterschaftsgeld, soweit es dessen Funktion erfüllt (§ 3 Abs. 1 BEEG). Andere Lohnersatz- und vergleichbare Transferleistungen (z. B. Arbeitslosengeld I) werden auf das Elterngeld angerechnet, soweit es den Betrag von EUR 300,00 übersteigt (§ 3 Abs. 2 BEEG). Steuerrechtlich gilt Elterngeld zwar nicht als Einkommen, es wird jedoch ab dem ersten Euro einem Progressionsvorbehalt gemäß § 32 b Abs.1 Nr. 1 j des Einkommenssteuergesetzes (EStG) unterzogen. Aufgrund dieser Merkmale hat das Elterngeld echte Lohnersatzfunktion. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin im Vergleich mit berufstätigen Frauen vermag die Kammer derzeit nicht zu erkennen; der Gesetzgeber hat Familien, die heute langfristig auf zwei Einkommen angewiesen sind, ausdrücklich genannt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BR-Drucksache 16/1889, Seite 1). Es bleibt den Familien jedoch grundsätzlich selbst überlassen, Berufstätigkeit und Familienleben so miteinander in Einklang zu bringen, wie sie es für notwendig und sinnvoll halten. Der Gesetzgeber überlässt es den Eltern, ob ein Elternteil bei Geburt eines Kindes eine volle Erwerbstätigkeit aufgibt, er unterstützt jedoch Eltern, die nach der Geburt eines Kindes keine oder keine volle Erwerbstätigkeit mehr ausüben (dies ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 BEEG Anspruchsvoraussetzung). Das Elterngeld ist so ausgestaltet, dass es auf keinen Fall höher ist, als das Entgelt des bezugsberechtigten Elternteils vor der Geburt. Nur bei Geringverdienern, bei denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als EUR 1.000,00 war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 % auf bis zu 100 % (vgl. § 2 Abs. 2 BEEG). Somit steht fest, dass bei berufstätigen Beziehern von Elterngeld die wirtschaftliche Situation im Bezugszeitraum allenfalls annähernd gleich bleibt im Vergleich zu dem unmittelbaren Zeitraum vor der Geburt, während bei der Klägerin, die sich – aus der Kammer nachvollziehbaren und ausdrücklich gebilligten Gründen – schon früher gegen eine Berufstätigkeit entschieden hat, mit dem Mindestbetrag des Elterngeldes ein finanzieller Zuwachs von monatlich EUR 300,00 entsteht.
Ein Blick auf die bisherige Rechtslage beim Erziehungsgeld nach dem BErzGG macht deutlich, dass beispielsweise alleinerziehende Mütter, die sich gegen die Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit entschieden hatten, gezwungen waren, Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld) oder andere Transferleistungen (auch Sozialhilfe) in Anspruch zu nehmen. Andere, vor der Geburt berufstätige, verheiratete Mütter konnten trotz Aufgabe ihrer beruflichen Tätigkeit vom 7. bis 24. Lebensmonat überhaupt kein Erziehungsgeld erhalten, wenn das Familieneinkommen (Einkommen des Ehegatten) im maßgeblichen Relevanzjahr eine bestimmte Einkommenshöhe überschritt, während bei hohem Familieneinkommen (des Ehegatten) sogar überhaupt kein Erziehungsgeld gezahlt werden konnte. Insoweit war der Gesichtspunkt einer Würdigung der "Erziehungsleistung", den die Klägerin in ihren Ausführungen in den Vordergrund stellt, in ganz besonderer Weise unzureichend Rechnung getragen. Die Kammer hat die kritischen Ausführungen in der Literatur, insbesondere Seiler, NJW 2007, 129 ff zur Kenntnis genommen, der zwar keine Verletzung des Artikel 6 sieht, jedoch einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot ("es überschreitet deswegen –vom Gleichheitsverstoß abgesehen- noch nicht den im Bereich der Leistungsverwaltung sehr weiten freiheitsrechtlichen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers"). Eine andere Auffassung kommt zu dem Ergebnis, der Gesetzgeber sei im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen geblieben; Brosius-Gersdorf, NJW 2007, S. 177 ff, kommt zu der Auffassung, der Staat habe die Zeichen der Zeit erkannt und unternehme in der Familienpolitik die ersten vorsichtigen Schritte zur Bekämpfung des demographischen Wandels in Deutschland. Die Konzeption des Elterngelds als Einkommensersatzleistung stelle eine konsequente, zulässige Steuerungsmaßnahme dar, um die Gründung von Familien nicht nur in einzelnen, sondern in allen sozialen Schichten zu befördern und damit den bereits weit fortgeschrittenen demographischen Wandel Einhalt zu gebieten.
Vor diesem Hintergrund ist die verfassungsrechtliche Diskussion noch lange nicht abgeschlossen. Die Kammer hat jedoch –wie ausgeführt- nicht die volle Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Normen des BEEG gewinnen können. Damit war eine Vorlage an das BVerfG ausgeschlossen.
Damit musste die Klage ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
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