Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 20 SO 184/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Beschluss:
I. Der Antrag wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung eines höheren Mehrbedarfs für schwerbehinderte Menschen nach § 30 (1) S. 1 Nr. 2 SGB XII.
Der vollständig erwerbsgeminderte Antragsteller bezieht vom Antragsgegner ergänzend laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Viertes Kapitel. Zuletzt wurden ihm Leistungen für den Zeitraum 01.12.2007 bis 28.02.2009 bewilligt.
Mit E-Mail vom 30.08.2008 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner rückwirkend zum 28.04.2008 einen Mehrbedarf von 17% zum Nachteilsausgleich. Er legte einen Bescheid des Versorgungsamtes vom 22.08.2008 vor, mit dem ihm ab 28.04.2008 ein Grad der Behinderung von 100 sowie das Merkzeichen "G" zuerkannt wurden.
Der Antragsgegner bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 04.09.2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum 01.08.2008 bis 30.06.2009 in Höhe von monatlich 460,20 EUR. Zugleich hob er den vorangegangenen Bescheid vom 29.07.2008 gem. § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ab 01.08.2008 auf. Laut dem Bescheid beigefügtem Berechnungsblatt wurde im Rahmen der Bedarfsberechnung ein "Mehrbedarf Erwerbsminderung" i.H.v. 59,67 EUR berücksichtigt.
Gegen den Bescheid legte der Antragsteller am 07.09.2008 Widerspruch ein. Er führte aus, der ihm zustehende Mehrbedarf für Schwerbehinderte sei falsch berechnet worden. Er betrage 17% der ihm - ohne Berücksichtigung des Mehrbedarfs - zustehenden gesamten monatlichen Hilfe. Zudem sei in dem Bescheid ein ihm durch Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.08.2008 zugesprochener Mehraufwand für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 39 EUR nicht berücksichtigt worden. Das Berechnungsblatt müsse daher berichtigt werden. Schließlich sei der Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen bereits ab April 2008 zu leisten, da ihm das Versorgungsamt das Merkzeichen "G" rückwirkend ab 28.04.2008 zuerkannt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2008 wies die Regierung von Mittelfranken den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Widerspruch, soweit er den Zeitraum 28.04.2008 bis 28.02.2009 betreffe, unzulässig sei. Denn über einen Anspruch auf Mehrbedarf für diesen Zeitraum sei bereits beim Sozialgericht Nürnberg ein Klageverfahren (Aktenzeichen S 20 SO 112/08) anhängig. Der Rechtsanspruch des Antragstellers auf Grundsicherungsleistungen werde in diesem sozialgerichtlichen Verfahren umfassend geprüft. Der Bescheid vom 04.09.2008 sei insoweit gem. § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Im übrigen sei der Widerspruch unbegründet. Der Mehrbedarf sei vom Antragsgegner korrekt mit 17% des dem Antragsteller zustehenden Regelsatzes berechnet worden. Auch sei das Berechnungsblatt richtig, da dem Antragsteller ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung noch nicht rechtskräftig zuerkannt worden sei. Dieser Mehrbedarf in Höhe von 39 EUR monatlich werde dem Antragsteller lediglich vorläufig bis längstens 28.02.2009 aufgrund eines Beschlusses des Sozialgerichts Nürnberg geleistet. Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller bislang keine Klage erhoben.
Am 22.10.2008 hat der Antragsteller bei Gericht um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Des weiteren bringt er vor, ihm sei es nicht möglich, die Entscheidung im regulären Widerspruchs- und Klageverfahren abzuwarten. Mit den ihm zur Zeit zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln könne er seinen Lebensunterhalt nicht decken. Die ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel lägen deutlich unter dem Existenzminimum, wie es im SGB XII definiert werde. Er verfüge auch nicht über entsprechende Ersparnisse, mit denen er vorübergehend seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Aus diesem Grund sei der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur regelmäßigen Zahlung gerechtfertigt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für April 2008 einen Mehrbedarf i.H.v. 79,18 EUR, für Mai und Juni 2008 in Höhe von 79,60 EUR, für Juli 2008 in Höhe von 80,07 EUR und ab August 2008 bis Juni 2009 einen um 15,05 EUR höheren Mehrbedarf i.H.v. monatlich 74,72 EUR zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, dem Antrag nicht stattzugeben.
Unter Bezugnahme auf den Inhalt der Verwaltungsakte führt er aus, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nicht begründet sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte S 20 SO 88/08 ER sowie der Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b (2) S. 2 SGG (Sozialgerichtsgesetz)). Ein solcher Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b (3) SGG). Durch die Regelungsanordnung wird eine bislang noch nicht bestehende Rechtsposition vorläufig begründet oder eine bestehende Rechtsposition vorläufig erweitert. Der Erlass einer solchen Anordnung setzt voraus, dass vom Antragsteller sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund ausreichend glaubhaft gemacht wird (Rohwer-Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit, § 86b Rn. 26). Es müssen grundsätzlich überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen (Anordnungsanspruch). Zudem müssen Gründe vorliegen, deretwegen dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner, der öffentlichen und der Interessen Dritter nicht zugemutet werden kann, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten, da ihm andernfalls wesentliche Nachteile entstünden, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten (Anordnungsgrund). Allerdings sind Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch funktionell miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig (Rohwer-Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit, § 86b Rn. 19, 21). An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dagegen als offen zu beurteilen, weil eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. In diesem Falle ist anhand einer Güter- und Folgenabwägung zu entscheiden, wobei die grundrechtlichen Belange des Antragstellers in die Abwägung einzustellen sind (siehe dazu Bundesverfassungsgericht, Beschl. v. 12.5.2005 - 1 BvR 569/05).
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Nach § 30 (1) Nr. 2 SGB XII wird für Personen, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind und durch einen Bescheid der nach § 69 Abs. 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.
Der dem Antragsteller als alleinstehendem Haushaltsvorstand zustehende maßgebende Regelsatz beträgt - seit 01.07.2008 - 351 EUR. Da 17% hieraus 59,67 Euro betragen und Anhaltspunkte für die Festsetzung eines abweichenden Bedarfs nicht ersichtlich sind, hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 04.09.2008 den Mehrbedarf in zutreffender Höhe gewährt.
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung eines Mehrbedarfs ab April 2008. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut kann ein Mehrbedarf erst dann anerkannt werden, wenn der Hilfebedürftige diesen durch einen Bescheid oder einen Ausweis nach § 69 SGB IX nachgewiesen hat. Diese objektive Voraussetzung hat der Antragsteller mit der Vorlage des Bescheids des Versorgungsamtes vom 22.08.2008 am 30.08.2008 erfüllt; ohne Einfluss auf den Leistungsbeginn ist, dass das Merkzeichen "G" rückwirkend zuerkannt wurde (so auch Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, § 30 Rz. 9). Die Voraussetzung des Nachweises in § 30 (1) SGB XII ist gegenüber § 18 (1) SGB XII ("Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen") bzw. § 41 (1) SGB XII ("Antrag auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung") die speziellere Regelung und verdrängt diese (so auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.01.2004 - 12 PA 562/03 u. v. 16.07.2001 - 12 PA 2413/01 zu § 23 (1) S. 1 BHSG: "modifizierende Regelung zu § 5 BSHG"). Ohne Belang ist somit, ob dem Träger der Sozialhilfe ein Mehrbedarf für Schwerbehinderte ggf. auf andere Weise (z.B. durch Vorlage eines ärztlichen Attests) und/oder zu einem früheren Zeitpunkt "bekannt gemacht" worden ist; insbesondere obliegt es dem Sozialhilfeträger nicht zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei einem Hilfeempfänger gegeben sein könnten.
Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass der (Änderungs-)Bescheid vom 04.09.2008 (bzw. das beigefügte Berechnungsblatt) - entgegen den Ausführungen in der Antragsbegründung - auch insoweit nicht fehlerhaft ist, als ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung i.H.v. monatlich 39 EUR keine Berücksichtigung gefunden hat. Denn diesen Mehrbedarf hat der Antragsgegner dem Antragsteller - vorläufig - unmittelbar auf Grundlage der einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.08.2008 - S 20 SO 88/08 ER zu gewähren. Insofern besteht für den Antragsgegner kein Anlass, eine eigene Regelung zu treffen. Es bestünde für ihn lediglich die Möglichkeit, einen sogenannten "Ausführungsbescheid" ohne eigenen Regelungsgehalt zu erlassen.
Da für die vom Antragsteller im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes verfolgten Ansprüche bereits keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen, bedarf es vorliegend keiner Prüfung mehr, ob für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht ist.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist für die Beteiligten gem. § 172 (3) Nr. 1 SGG unanfechtbar.
I. Der Antrag wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung eines höheren Mehrbedarfs für schwerbehinderte Menschen nach § 30 (1) S. 1 Nr. 2 SGB XII.
Der vollständig erwerbsgeminderte Antragsteller bezieht vom Antragsgegner ergänzend laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Viertes Kapitel. Zuletzt wurden ihm Leistungen für den Zeitraum 01.12.2007 bis 28.02.2009 bewilligt.
Mit E-Mail vom 30.08.2008 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner rückwirkend zum 28.04.2008 einen Mehrbedarf von 17% zum Nachteilsausgleich. Er legte einen Bescheid des Versorgungsamtes vom 22.08.2008 vor, mit dem ihm ab 28.04.2008 ein Grad der Behinderung von 100 sowie das Merkzeichen "G" zuerkannt wurden.
Der Antragsgegner bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 04.09.2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum 01.08.2008 bis 30.06.2009 in Höhe von monatlich 460,20 EUR. Zugleich hob er den vorangegangenen Bescheid vom 29.07.2008 gem. § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ab 01.08.2008 auf. Laut dem Bescheid beigefügtem Berechnungsblatt wurde im Rahmen der Bedarfsberechnung ein "Mehrbedarf Erwerbsminderung" i.H.v. 59,67 EUR berücksichtigt.
Gegen den Bescheid legte der Antragsteller am 07.09.2008 Widerspruch ein. Er führte aus, der ihm zustehende Mehrbedarf für Schwerbehinderte sei falsch berechnet worden. Er betrage 17% der ihm - ohne Berücksichtigung des Mehrbedarfs - zustehenden gesamten monatlichen Hilfe. Zudem sei in dem Bescheid ein ihm durch Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.08.2008 zugesprochener Mehraufwand für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 39 EUR nicht berücksichtigt worden. Das Berechnungsblatt müsse daher berichtigt werden. Schließlich sei der Mehrbedarf für schwerbehinderte Menschen bereits ab April 2008 zu leisten, da ihm das Versorgungsamt das Merkzeichen "G" rückwirkend ab 28.04.2008 zuerkannt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2008 wies die Regierung von Mittelfranken den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Widerspruch, soweit er den Zeitraum 28.04.2008 bis 28.02.2009 betreffe, unzulässig sei. Denn über einen Anspruch auf Mehrbedarf für diesen Zeitraum sei bereits beim Sozialgericht Nürnberg ein Klageverfahren (Aktenzeichen S 20 SO 112/08) anhängig. Der Rechtsanspruch des Antragstellers auf Grundsicherungsleistungen werde in diesem sozialgerichtlichen Verfahren umfassend geprüft. Der Bescheid vom 04.09.2008 sei insoweit gem. § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Im übrigen sei der Widerspruch unbegründet. Der Mehrbedarf sei vom Antragsgegner korrekt mit 17% des dem Antragsteller zustehenden Regelsatzes berechnet worden. Auch sei das Berechnungsblatt richtig, da dem Antragsteller ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung noch nicht rechtskräftig zuerkannt worden sei. Dieser Mehrbedarf in Höhe von 39 EUR monatlich werde dem Antragsteller lediglich vorläufig bis längstens 28.02.2009 aufgrund eines Beschlusses des Sozialgerichts Nürnberg geleistet. Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller bislang keine Klage erhoben.
Am 22.10.2008 hat der Antragsteller bei Gericht um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Des weiteren bringt er vor, ihm sei es nicht möglich, die Entscheidung im regulären Widerspruchs- und Klageverfahren abzuwarten. Mit den ihm zur Zeit zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln könne er seinen Lebensunterhalt nicht decken. Die ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel lägen deutlich unter dem Existenzminimum, wie es im SGB XII definiert werde. Er verfüge auch nicht über entsprechende Ersparnisse, mit denen er vorübergehend seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Aus diesem Grund sei der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur regelmäßigen Zahlung gerechtfertigt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für April 2008 einen Mehrbedarf i.H.v. 79,18 EUR, für Mai und Juni 2008 in Höhe von 79,60 EUR, für Juli 2008 in Höhe von 80,07 EUR und ab August 2008 bis Juni 2009 einen um 15,05 EUR höheren Mehrbedarf i.H.v. monatlich 74,72 EUR zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, dem Antrag nicht stattzugeben.
Unter Bezugnahme auf den Inhalt der Verwaltungsakte führt er aus, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nicht begründet sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte S 20 SO 88/08 ER sowie der Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b (2) S. 2 SGG (Sozialgerichtsgesetz)). Ein solcher Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b (3) SGG). Durch die Regelungsanordnung wird eine bislang noch nicht bestehende Rechtsposition vorläufig begründet oder eine bestehende Rechtsposition vorläufig erweitert. Der Erlass einer solchen Anordnung setzt voraus, dass vom Antragsteller sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund ausreichend glaubhaft gemacht wird (Rohwer-Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit, § 86b Rn. 26). Es müssen grundsätzlich überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen (Anordnungsanspruch). Zudem müssen Gründe vorliegen, deretwegen dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner, der öffentlichen und der Interessen Dritter nicht zugemutet werden kann, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten, da ihm andernfalls wesentliche Nachteile entstünden, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten (Anordnungsgrund). Allerdings sind Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch funktionell miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig (Rohwer-Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit, § 86b Rn. 19, 21). An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dagegen als offen zu beurteilen, weil eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. In diesem Falle ist anhand einer Güter- und Folgenabwägung zu entscheiden, wobei die grundrechtlichen Belange des Antragstellers in die Abwägung einzustellen sind (siehe dazu Bundesverfassungsgericht, Beschl. v. 12.5.2005 - 1 BvR 569/05).
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Nach § 30 (1) Nr. 2 SGB XII wird für Personen, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind und durch einen Bescheid der nach § 69 Abs. 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.
Der dem Antragsteller als alleinstehendem Haushaltsvorstand zustehende maßgebende Regelsatz beträgt - seit 01.07.2008 - 351 EUR. Da 17% hieraus 59,67 Euro betragen und Anhaltspunkte für die Festsetzung eines abweichenden Bedarfs nicht ersichtlich sind, hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 04.09.2008 den Mehrbedarf in zutreffender Höhe gewährt.
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung eines Mehrbedarfs ab April 2008. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut kann ein Mehrbedarf erst dann anerkannt werden, wenn der Hilfebedürftige diesen durch einen Bescheid oder einen Ausweis nach § 69 SGB IX nachgewiesen hat. Diese objektive Voraussetzung hat der Antragsteller mit der Vorlage des Bescheids des Versorgungsamtes vom 22.08.2008 am 30.08.2008 erfüllt; ohne Einfluss auf den Leistungsbeginn ist, dass das Merkzeichen "G" rückwirkend zuerkannt wurde (so auch Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, § 30 Rz. 9). Die Voraussetzung des Nachweises in § 30 (1) SGB XII ist gegenüber § 18 (1) SGB XII ("Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen") bzw. § 41 (1) SGB XII ("Antrag auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung") die speziellere Regelung und verdrängt diese (so auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.01.2004 - 12 PA 562/03 u. v. 16.07.2001 - 12 PA 2413/01 zu § 23 (1) S. 1 BHSG: "modifizierende Regelung zu § 5 BSHG"). Ohne Belang ist somit, ob dem Träger der Sozialhilfe ein Mehrbedarf für Schwerbehinderte ggf. auf andere Weise (z.B. durch Vorlage eines ärztlichen Attests) und/oder zu einem früheren Zeitpunkt "bekannt gemacht" worden ist; insbesondere obliegt es dem Sozialhilfeträger nicht zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei einem Hilfeempfänger gegeben sein könnten.
Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass der (Änderungs-)Bescheid vom 04.09.2008 (bzw. das beigefügte Berechnungsblatt) - entgegen den Ausführungen in der Antragsbegründung - auch insoweit nicht fehlerhaft ist, als ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung i.H.v. monatlich 39 EUR keine Berücksichtigung gefunden hat. Denn diesen Mehrbedarf hat der Antragsgegner dem Antragsteller - vorläufig - unmittelbar auf Grundlage der einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.08.2008 - S 20 SO 88/08 ER zu gewähren. Insofern besteht für den Antragsgegner kein Anlass, eine eigene Regelung zu treffen. Es bestünde für ihn lediglich die Möglichkeit, einen sogenannten "Ausführungsbescheid" ohne eigenen Regelungsgehalt zu erlassen.
Da für die vom Antragsteller im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes verfolgten Ansprüche bereits keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen, bedarf es vorliegend keiner Prüfung mehr, ob für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht ist.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist für die Beteiligten gem. § 172 (3) Nr. 1 SGG unanfechtbar.
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