Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 8823/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4084/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.07.2008 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 06.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2006 verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.06.2013 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger drei Viertel seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Der im Jahr 1963 geborene Kläger ist g. Staatsangehöriger. Er lebt seit dem Jahr 1974 in Deutschland. Bis zur einvernehmlichen Auflösung zum Dezember 2005 stand er zuletzt als CNC-Dreher bei einem Automobilhersteller in einem Arbeitsverhältnis
Wegen nach den Angaben des Klägers im Sommer des Jahres 1998 plötzlich aufgetretener körperlicher Beschwerden, die zu gehäufter, ab Ende 2003 zur dauernden Krankschreibung führten - hinsichtlich der rentenrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den Versicherungsverlauf zum Bescheid vom 06.12.2005 Bezug genommen -, gewährte die Beklagte im Jahr 1999 eine teilstationäre Rehabilitationsmaßnahme und in den Jahren 2000, 2002, 2003 und 2005 stationäre Rehabilitationsmaßnahmen. In den Entlassungsberichten werden als Diagnosen u.a. ein Wirbelsäulensyndrom, ein chronisches Erschöpfungssyndrom, ein Fibromyalgiesyndrom, eine Schmerzfehlverarbeitung, eine psychosoziale Belastungssituation bei akzentuierter Persönlichkeit, rezidivierende Cervicocephalgien und Lumboischialgien, eine schwere somatoforme Schmerzstörung und ein Zustand nach Borreliose mit rezidivierenden Arthritiden genannt. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Entlassungen wurde dennoch davon ausgegangen, dass der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.
Im Jahr 2003 kam es zur Trennung von der Ehefrau, die die beiden gemeinsamen Kinder mit sich nahm. Die Ehe wurde im Februar 2006 geschieden. Der Kläger lebt zwischenzeitlich mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen.
Den ersten Rentenantrag des Klägers vom September 2004 lehnte die Beklagte gestützt auf ein Gutachten der Internistin Dr. R. , die eine somatoforme Schmerzstörung (Differenzialdiagnosen Fibromyalgie bzw. Lyme-Borreliose), eine Refluxoesophagitis, eine chronische Antrum- und Corpusgastritis sowie eine unbedeutende Aorteninsuffizienz I diagnostizierte, jedoch gleichwohl von einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich ausging, ab.
Im November 2005 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Mit Bescheid vom 06.12.2005 lehnte die Beklagte diesen Antrag, gestützt auf den Entlassungsbericht der im September/Oktober 2005 in der L. , Bad D. , durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme (Diagnosen u.a. schwere somatoforme Schmerzstörung und Zustand nach Borreliose mit rezidivierenden Arthritiden), ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das Gutachten des Neurochirurgen, Neurologen und Nervenarztes Dr. W. ein. Er diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Der psychische Befund habe keine eindeutigen Störungen aufgewiesen. Dafür hätten sich deutliche Zeichen einer psychogenen Fehlhaltung ergeben. Die geklagten Beschwerden seien mit den erhobenen Befunden nicht in Übereinstimmung zu bringen gewesen. Der Kläger könne mittelschwere körperliche und geistige Tätigkeiten vollschichtig ausüben. Darauf gestützt wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2006 den Widerspruch des Klägers zurück.
Deswegen hat der Kläger am 20.11.2006 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Das SG hat den Internisten Dr. K. , den Arzt für Psychiatrie Dr. P. und den Facharzt für Allgemeinmedizin M. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. K. hat den Kläger wegen einer schweren somatoformen Schmerzstörung auf dem Boden einer gesicherten Borreliose-Erkrankung mit einem neuerlichen Krankheitsschub seit Januar 2006 nur noch in der Lage erachtet, unter drei Stunden leichte Tätigkeiten zu verrichten. Dr. P. hat die zeitliche Leistungsfähigkeit im Bereich zwischen drei und unter sechs Stunden angesiedelt und ausgeführt, es handele sich um ein internistisch-psychosomatisch-psychiatrisches Mischbild einer Erkrankung, welche ihren Ausgang in einer Ehescheidung mit angstdepressiver Entwicklung genommen und durch eine Borreliose-Erkrankung mit somatoformer Schmerzstörung eine richtungsweisende Verschlechterung erfahren habe. Bei der Behandlung am 05.12.2006 habe der Kläger u.a. einen ängstlichen und überkontrollierten Affekt aufgewiesen und eine haftende, ängstlich-misstrauische Zuwendung gezeigt. Der Allgemeinmediziner M. hat den Kläger unter Aufzählung einer Vielzahl von Diagnosen nur noch für unter drei Stunden erwerbsfähig erachtet und zahlreiche Arztbriefe, u.a. den des Kardiologen Dr. Sch. vom April 2006 vorgelegt. Dr. Sch. hat darin u.a. unter Berücksichtigung einer fahrradergometrischen Belastung halb liegend bis zu 150 Watt eine leichtgradige Aortenklappeninsuffizienz nebst psychogener Überlagerung (Differenzialdiagnose: depressive Verstimmung) diagnostiziert.
Sodann hat das SG das fachneurologische Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme von Prof. Dr. L. (Ärztlicher Direktor an der Neurologischen Klinik der Universität U. ), das dieser auf Grund einer Untersuchung des Klägers im September 2007 erstellt hat, eingeholt. Prof. Dr. L. hat beim Kläger eine anhaltende chronische somatoforme Schmerzstörung mit Cervicobrachialgien, chronischen Lumbalgien und eine rezidivierende depressive Störung in einer gegenwärtig leichten Episode diagnostiziert. Die vom Kläger dargestellten Beschwerden hat er aktuell für nicht vorgetäuscht gehalten und hierzu auf das über Jahre hinweg konstante Beschwerdebild und den aktuell gegebenen Behandlungswunsch hingewiesen. Rückblickend hat er die Beurteilung für schwierig erachtet, jedoch auch hier eine Vortäuschung als eher unwahrscheinlich angesehen. Insgesamt hat er den Kläger seit Oktober 2000 für nicht mehr leistungsfähig gehalten und eine Kontrolle nach zwei Jahren vorgeschlagen.
Die Beklagte hat im Hinblick auf die eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen und das Gutachten von Prof. Dr. L. sozialmedizinische Stellungnahmen von Dr. B. vorgelegt. Dieser hat u.a. darauf hingewiesen, eine aktive Borreliose-Erkrankung sei auch anhand der vorgelegten Laborwerte nicht nachgewiesen. Bemerkenswert sei die beim Kardiologen erfolgte Belastung bis 150 Watt. Prof. Dr. L. habe mit seinem Gutachten sein Fachgebiet verlassen und sich hinsichtlich der Einschätzung der Leistungsfähigkeit im Wesentlichen auf die subjektiven Angaben des Klägers gestützt. Das Gutachten enthalte in sich Widersprüche, vor allem habe der Gutachter den Tagesablauf und das Freizeitverhalten des Klägers nicht abgefragt.
Mit Urteil vom 23.07.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Schwerpunkt der leistungseinschränkenden Diagnosen liege beim Kläger auf dem psychiatrischen bzw. psychosomatischen Gebiet. Insoweit bestehe in der Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung Einigkeit zwischen den Ärzten der L. , Dr. W. und Prof. Dr. L ... Der Leistungsbeurteilung durch Prof. Dr. L. sei aus den berechtigten Einwänden von Dr. B. und auch schon deshalb nicht zu folgen, weil Prof. Dr. L. das Leistungsvermögen seit Oktober 2000 als vermindert angesehen habe. Dies habe er nicht schlüssig begründet. Zudem stehe dieser Einschätzung entgegen, dass der Kläger bis Ende des Jahres 2003 berufstätig gewesen sei. Gegen die Auffassung von Prof. Dr. L. sprächen auch die Leistungsbeurteilungen in den Rehabilitationsentlassungsberichten, die nach mehrwöchigen Aufenthalten abgegeben worden seien, sowie in den Vorgutachten. Im Hinblick darauf sei auch den Leistungsbeurteilungen der sachverständigen Zeugen nicht zu folgen, vielmehr sei von einer Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich für leichte Arbeiten mit dem im Entlassungsbericht der L. beschriebenen qualitativen Einschränkungen (keine erhöhte Konzentration über längere Zeit, kein zu hohes Arbeitstempo, keine schweren Lasten und Zwangshaltungen) auszugehen.
Gegen das ihm am 13.08.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.08.2008 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das SG beziehe sich nicht auf das aktuelle Gutachten von Prof. Dr. L. , sondern auf ältere Befunde und Stellungnahmen. Die Leistungsbeurteilung im Entlassungsbericht der L. (Jahr 2005) sei nicht akzeptabel. Der Kläger hat ein Attest des Orthopäden Dr. P. zum zwischenzeitlich bestehenden Erfordernis der Benutzung eines Gehstocks vorgelegt. Eingereicht hat der Kläger zudem Schreiben von Dr. P. und der Psychotherapeutin L.-T. (jeweils März 2009). Die Psychotherapeutin L.-T. hat von zwischenzeitlich durchgeführten 25 Sitzungen berichtet. Schließlich hat der Kläger noch eine Liste mit "Behandlungen und REHA" vorgelegt, in der er auch vermerkt hat, welche der Behandlungen auf seine eigenen Kosten durchgeführt worden sind.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Stuttgart vom 23.07.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 09.11.2006 zu verurteilen, ihm ab 01.11.2005 Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe auf Zeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat den Kläger im Dezember 2008 untersucht und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine mittelschwere depressive Verstimmung diagnostiziert. Im Rahmen der Begutachtung hat der Kläger Dr. D. mitgeteilt, zeitweilig keinen Lebenswillen mehr zu haben. Er sehe seine Kinder regelmäßig. Dr. D. hat ausgeführt, der Kläger sei mit einem Gehstock gekommen, den er in den Praxisräumen jedoch nicht benutzt habe. Er habe ein motorisches Defizit am linken Arm und im linken Bein demonstriert, das aber wegen seiner Inkonstanz bei wiederholter Prüfung und den dabei gelegentlich zu beobachtenden Fehlinnervationen nicht pathologisch verwertbar gewesen sei. Im Affekt sei der Kläger deutlich depressiv ausgelenkt, im Antrieb gemindert und gehemmt, in der Schwingungsfähigkeit deutlich eingeschränkt und im Denken auf seine körperliche Symptomatik eingeengt gewesen. Auch wenn er in der Untersuchungssituation gelegentlich leichte Verdeutlichungstendenzen gezeigt habe, könne kein Zweifel daran bestehen, dass er unter für ihn nur schwer erträglichen chronischen Schmerzen leide. Nur so sei erklärlich, dass er auf eigene Kosten mehrmals versucht habe, sich von diesen quälenden Schmerzen befreien zu lassen. Die Schmerzsymptomatik bestehe seit vielen Jahren, habe zu langen Krankschreibungen geführt und beeinträchtige den Kläger deutlich in seiner Lebensführung. Insgesamt hat er den Kläger seit Dezember 2007 nur noch in der Lage erachtet weniger als drei Stunden täglich zu arbeiten.
In der hierzu von der Beklagten vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahme hat Dr. G. ausgeführt, Dr. D. sei relativ unkritisch mit den vom Kläger vorgebrachten Beschwerden umgegangen, habe keinerlei Diskussion zu Widersprüchlichkeiten geführt und nur lapidar auf leichtgradige Verdeutlichungstendenzen hingewiesen. Die Diagnose einer mittelschwer ausgeprägten depressiven Verstimmung sei nicht hinreichend fundiert, es sei eher zu diskutieren, ob die Symptomatik nicht als regelhaft vorkommendes Randsymptom der somatoformen Störung subsummiert werden könne. Dass sich die somatoforme Störung anhand der Ausführungen des Gutachters nur äußerst unscharf abzeichne, spreche letztendlich dafür, dass sie nicht als schwergradig imponieren könne und sich auch bei kritischem Vergleich aller bisher aufgezeichneten Befunde innerhalb der letzten Jahre keine wesentliche Veränderung oder gar Verschlechterung erkennen lasse. Dr. D. habe sich nicht mit den tatsächlich erkennbaren und relevanten Beeinträchtigungen des Klägers im Alltagsleben auseinander gesetzt, sondern überwiegend einen sekundären Krankheitsgewinn aufgezeichnet. Seine Leistungsbeurteilung mit weniger als drei Stunden sei damit nicht plausibel. Dr. D. hat demgegenüber auf den erhobenen Befund und die Auswirkungen der Erkrankung hingewiesen und ist bei seiner Beurteilung geblieben.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist teilweise begründet.
Die geltend gemachten Ansprüche richten sich nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr. 2; sog Drei-Fünftel-Belegung bzw. besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger ab dem 01.07.2007 eine (befristete) Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Der Senat ist auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. D. sowie der vom SG eingeholten sachverständigen Zeugenaussage von Dr. P. , auch unter Berücksichtigung des Gutachtens von Prof. Dr. L. , zu der Überzeugung gelangt, dass das berufliche Leistungsvermögen des Klägers seit 05.12.2006 nicht nur in der im Rehabilitationsentlassungsbericht der L. beschriebenen qualitativen Weise (Einschränkungen in der Konzentrationsfähigkeit über längere Zeit und im Arbeitstempo, keine schweren Lasten, keine einseitigen Zwangshaltungen über längere Zeit), sondern auch in einem rentenrelevanten quantitativen Umfang auf unter sechs Stunden eingeschränkt ist. Darüber hinaus geht der Senat auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. D. davon aus, dass dieses zeitliche Leistungsvermögen bis zum Zeitpunkt seiner Begutachtung im Dezember 2008 sogar auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist. Vom früheren Eintritt einer rentenrelevanten quantitativen Leistungsminderung kann sich der Senat hingegen nicht überzeugen.
Das berufliche Leistungsvermögen des Klägers ist zum einen durch eine somatoforme Schmerzstörung eingeschränkt. Hinsichtlich dem Vorliegen dieses Krankheitsbildes, das u.a. schon von den Ärzten der L. im Jahr 2005 bestätigt wurde, besteht zwischen den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L. und Dr. D. sowie dem Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten - wie sich insbesondere aus der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. G. vom Februar 2009 ergibt - Einigkeit. Soweit in der Vergangenheit von rheumatologischer Seite das Krankheitsbild einer "Fibromyalgie" beschrieben wurde, erfasste dies - so Dr. D. - die gleiche Symptomatik. Auf der Grundlage der Ausführungen von Prof. Dr. L. geht der Senat davon aus, dass die in der Vergangenheit im Hinblick auf eine Borreliose erfolgten Diagnosestellungen kritisch zu sehen sind und auf eine ärztlicherseits unbewusst vorgenommene Fokussierung des Klägers auf eine nicht vorhandene organische Erklärung seiner Beschwerden hindeutet. Dies entspricht der Auffassung von Dr. R. , die nach Rücksprache mit einer Rheumatologin bereits im Juli 2004 ausführte, dass eine festgestellte Erhöhung des Borrelientiters nach einer Borrelieninfektion nicht pathologisch zu verwerten sei. Auch Dr. B. hat in der sozialmedizinischen Stellungnahme vom Mai 2007 darauf hingewiesen, dass die subjektiven Angaben und Laborwerte allenfalls auf eine frühere Infektion hindeuten könnten.
Der Senat geht auf der Grundlage des insoweit überzeugenden Gutachtens von Dr. D. davon aus, dass beim Kläger neben der somatoformen Schmerzstörung eine depressive Verstimmung vorliegt, die entgegen der Auffassung von Dr. G. nicht nur als regelhaft vorkommendes Randsymptom der somatoformen Störung anzusehen ist. Von einem eigenständigen Krankheitsbild ist schon Prof. Dr. L. , der ebenfalls eine rezidivierende depressive Störung in Form einer zum Zeitpunkt seiner Begutachtung (noch) leichten Episode diagnostiziert hat, ausgegangen. Die kritischen Einwendungen, die Dr. G. im Hinblick auf die von Dr. D. ca. ein Jahr nach der Begutachtung durch Prof. Dr. L. diagnostizierten, mittelschwer ausgeprägte depressive Verstimmung erhoben hat, überzeugen nicht. Seiner - im Übrigen ausdrücklich nur zur Diskussion gestellten - Einschätzung, die Symptomatik könne als Randsymptom der somatoformen Störung subsummiert werden, steht entgegen, dass Dr. D. die von ihm eigenständig gestellte Diagnose auf einen entsprechenden Befund gestützt hat. Der Kläger hat sich während der Untersuchung durch Dr. D. als durchgehend depressiv ausgelenkt mit deutlich eingeschränkter affektiver Schwingungsfähigkeit erwiesen. Er hat sich im Antriebsverhalten beeinträchtigt gezeigt, eine Antriebshemmung ist spürbar gewesen. Auch die Psychomotorik mit reduzierter Mimik, sparsamer Gestik und eingeengten Ausdrucksmöglichkeiten hat einer depressiven Verstimmung entsprochen. Einer Einordnung der depressiven Symptomatik als Randsymptom der Schmerzstörung stehen insbesondere die vom Kläger angegebenen Suizidtendenzen entgegen. Auch die zuletzt durchgeführte Therapie bei der Psychotherapeutin L.-T. ist unter der eigenständigen Diagnose einer depressiven Reaktion erfolgt.
Unter dem zutreffenden Hinweis, dass die von ihm vorgenommenen diagnostischen Überlegungen in der Vergangenheit bereits in ähnlicher Weise angestellt wurden, hat Dr. D. für den Senat überzeugend das letztlich entscheidende Ausmaß der psychischen Krankheiten des Klägers im Hinblick auf die Schmerzstörung als mittelschwer bis schwer und im Hinblick auf die depressive Verstimmung als mittelschwer beschrieben.
Zweifellos fühlt sich der Kläger psychisch schwer krank. Er empfindet - so Dr. D. - seinen Lebensentwurf als gescheitert. Auch wenn er in der Untersuchungssituation gelegentlich leichte Verdeutlichungstendenzen gezeigt hat, hat Dr. D. ausdrücklich Zweifel daran, dass der Kläger unter für ihn nur schwer erträglichen chronischen Schmerzen leidet, ausgeschlossen. Für einen Leidensdruck sprechen in der Tat die zahlreichen Behandlungsversuche, zuletzt unter Einbeziehung einer Psychotherapie. Anhand der vom Kläger im Mai 2009 vorgelegten Liste (Bl. 58 LSG-Akte) geht der Senat davon aus, dass er zum Teil auch eigene finanzielle Mittel aufgewandt hat, um sich von den quälend empfundenen Schmerzen befreien zu lassen. Dem Gutachten von Dr. D. kann auch hinreichend nachvollziehbar die von ihm zu Grunde gelegte Beeinträchtigung der Lebensführung und -gestaltung entnommen werden. Der Tagesablauf des Klägers ist weitgehend unstrukturiert. Alltagspflichten übernimmt er nicht und seine Freizeitaktivitäten sind erheblich eingeschränkt, die sozialen Kontakte zurückgegangen. Die Veränderung wird beispielsweise an den vom Kläger angegebenen Freizeitaktivitäten Schwimmen und Tanzen deutlich. Im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2005 teilte er noch mit, einmal wöchentlich schwimmen und tanzen zu gehen. Bei Dr. D. hat er angegeben, alle diese Unternehmungen zwischenzeitlich aufgegeben zu haben.
Ferner hat Dr. D. nachvollziehbar dargestellt, dass auch die neue Partnerschaft des Klägers durch die Erkrankung zunehmend in Mitleidenschaft gezogen wird.
Insgesamt ist Dr. D. für den Zeitpunkt seiner gutachtlichen Untersuchung damit nachvollziehbar zu der Auffassung gelangt, dass Anpassungs-, Durchsetzungs- und Umstellungsvermögen des Klägers angesichts der Schwere der Erkrankung so erheblich beeinträchtigt sind, dass daraus nicht nur eine qualitative, sondern auch eine zeitliche Leistungseinschränkung auf weniger als drei Stunden täglich resultiert.
Soweit er die Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden täglich auf die Zeit etwa ein Jahr vor seiner gutachtlichen Untersuchung rückdatiert, bleiben die von ihm hierzu herangezogenen Anknüpfungspunkte unklar. Allerdings ist zu beachten, dass bereits ein zeitliches Leistungsvermögen von unter sechs Stunden zu einem Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und angesichts der Rechtsprechung zur Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes (s.o.) auch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung führt. Für den Senat ist daher zu entscheiden, ab welchem Zeitpunkt er sich eine Überzeugung von einem Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden verschaffen kann. Soweit hier Prof. Dr. L. in seinem Gutachten eine Rückdatierung eines ebenfalls aus seiner Sicht völlig aufgehobenen Leistungsvermögens auf das Jahr 2000 vorgenommen hat, ist dem das SG aus den zutreffend dargestellten Gründen, auf die Bezug genommen wird, nicht gefolgt. Allerdings hält es der Senat in der Zusammenschau der Gutachten von Prof. Dr. L. und Dr. D. trotz der qualitativen Mängel des Gutachtens von Prof. Dr. L. insbesondere im Hinblick auf das Fehlen eines abgefragten Tagesablaufs und den erst nachgereichten psychischen Befund für hinreichend nachgewiesen, dass bereits zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. L. (September 2007) ein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden bestand.
Nachdem im Entlassungsbericht der L. im Oktober 2005 zwar eine schwere somatoforme Schmerzstörung, aber noch keine eigenständige depressive Erkrankung diagnostiziert wurde und auch Dr. W. im Gutachten vom August 2006 eine psychiatrische Diagnose nicht stellte und - wie bereits ausgeführt - auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. D. von einem schleichend zunehmenden Beschwerdebild auszugehen ist, hält der Senat einen Leistungsfall mit einer Leistungsminderung auf unter sechs Stunden vor der Begutachtung durch Prof. Dr. L. erstmals mit den Befunden von Dr. P. vom 05.12.2006, die er in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom Januar 2007 dargestellt hat, für nachgewiesen. An diesem Tag hat sich der Kläger mit einer haftenden, ängstlich-misstrauischen Zuwendung bei anankastischer und beschwerdefixierter Darstellung, erheblichen Ambivalenzen, grüblerischer Auseinandersetzung mit der Belastungssituation, ängstlicher Stimmung und Affekt und geminderten Antrieb gezeigt. Im Rahmen seiner kurzen gutachtlichen Einschätzung hat Dr. P. den Kläger im Januar 2007 nur noch in der Lage erachtet, drei bis unter sechs Stunden einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Diese Einschätzung ist für den Senat angesichts der nachfolgend gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. D. , nachvollziehbar.
Der Senat folgt mithin nicht der Auffassung von Dr. G. , der zuletzt ausgeführt hat, die somatoforme Schmerzstörung zeichne sich im Gutachten von Dr. D. nur unscharf ab und könne daher nicht als schwergradig imponieren, zumal sich keine wesentliche Veränderung u.a. im Hinblick auf den Vorbefund von Dr. W. erkennen ließe. Eine "unscharfe" Beschreibung kann der Senat allenfalls im Hinblick auf die vielfältig gestellten Diagnosen nachvollziehen, die jedoch - so Dr. D. - letztlich alle dieselbe Beschwerdesymptomatik betreffen. Soweit Dr. G. den Schweregrad der Erkrankung in Zweifel zieht, steht dies im Widerspruch zu den von der Beklagten wiederholt gewährten Rehabilitationsmaßnahmen. Aus der letzten dieser Reihe von Maßnahmen wurde der Kläger - wie bereits dargestellt - unter der Diagnose einer schweren somatoformen Schmerzstörung entlassen. Schon damals wurde eine ungünstige Prognose gestellt und mit einer weiteren Verschlechterung, die inzwischen - wie eben dargestellt - durch eine hinzugetretene psychiatrische Diagnose sowie durch zunehmende Einschränkungen im Alltag nachgewiesen ist, gerechnet.
Bei einem Leistungsfall am 05.12.2006 sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Dem im angefochtenen Bescheid enthaltenen Versicherungsverlauf ist zu entnehmen, dass der Kläger vor Dezember 2006 die allgemeine Wartezeit gemäß §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI erfüllte und mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit bzw. gemäß § 55 Abs. 2 SGB VI damit gleichgestellte Beitragszeiten für den Bezug von Kranken- oder Arbeitslosengeld in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung hatte.
Bei einem Leistungsvermögen von über drei aber unter sechs Stunden, ist die von der Arbeitsmarktlage abhängige Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zwingend zu befristen. Auch soweit der Senat ab einem hier offengelassenen Zeitpunkt von einem Absinken des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden ausgeht, bleibt es nach Satz 5 der eben genannten Regelung bei der - vom Kläger ohnehin beantragten - Befristung, da nicht unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Zwar hat Dr. D. eine wesentliche Besserung der Symptomatik durch therapeutische Maßnahmen in absehbarer Zeit nicht erwartet. Die von ihm gesehene Leistungseinschränkung hat er jedoch ausdrücklich auf die gegenwärtige Verfassung des Klägers bezogen. Insoweit folgt der Senat der Auffassung von Prof. Dr. L. , dass eine Besserung des Zustands nicht auszuschließen ist. Dafür spricht insbesondere der zuletzt vorgelegte Bericht der Psychotherapeutin L.-T ... Diesem lässt sich immerhin eine teilweise positive Veränderung entnehmen.
Der Beginn der Rente folgt aus § 101 Abs. 1 SGB VI. Danach werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Ausgehend von einem unter sechs Stunden abgesunkenen Leistungsvermögen im Dezember 2006 beginnt die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung somit am 01.07.2007. Dies gilt wegen der dargestellten Grundsätze der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Da nach § 89 Abs. 1 SGB VI nur die höhere Rente geleistet wird, ist die Beklagte nur zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung zu verurteilen. Deshalb bedarf es auch keiner weiteren Ausführungen zu der Frage, dass der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit Absinken des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden endet. Denn die (höhere) Rente wegen voller Erwerbsminderung ist - wegen des weiter abgesunkenen Leistungsvermögens - darüber hinaus zu leisten. Bei einer Regelbefristung von drei Jahren (§ 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) wäre beginnend ab dem 01.07.2007 eine Rente an sich lediglich für die Zeit bis zum 30.06.2010 zuzusprechen. Da dieser Zeitpunkt jedoch bereits in der Vergangenheit liegt und trotz der von der Psychotherapeutin L.-T. beschriebenen positiven Veränderung depressiver Denkmuster bei im Wesentlichen nicht gebesserten Schmerz- und Schwächezuständen keine Anhaltspunkte für eine inzwischen eingetretene wesentliche Besserung des Gesundheitszustands des Klägers vorliegen, hält der Senat eine weitere Befristung für drei Jahre bis zum 30.06.2013 für angemessen.
Die Verurteilung zur Gewährung einer Rente bereits ab dem 01.11.2005 kommt nach alledem hingegen nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger drei Viertel seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Der im Jahr 1963 geborene Kläger ist g. Staatsangehöriger. Er lebt seit dem Jahr 1974 in Deutschland. Bis zur einvernehmlichen Auflösung zum Dezember 2005 stand er zuletzt als CNC-Dreher bei einem Automobilhersteller in einem Arbeitsverhältnis
Wegen nach den Angaben des Klägers im Sommer des Jahres 1998 plötzlich aufgetretener körperlicher Beschwerden, die zu gehäufter, ab Ende 2003 zur dauernden Krankschreibung führten - hinsichtlich der rentenrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den Versicherungsverlauf zum Bescheid vom 06.12.2005 Bezug genommen -, gewährte die Beklagte im Jahr 1999 eine teilstationäre Rehabilitationsmaßnahme und in den Jahren 2000, 2002, 2003 und 2005 stationäre Rehabilitationsmaßnahmen. In den Entlassungsberichten werden als Diagnosen u.a. ein Wirbelsäulensyndrom, ein chronisches Erschöpfungssyndrom, ein Fibromyalgiesyndrom, eine Schmerzfehlverarbeitung, eine psychosoziale Belastungssituation bei akzentuierter Persönlichkeit, rezidivierende Cervicocephalgien und Lumboischialgien, eine schwere somatoforme Schmerzstörung und ein Zustand nach Borreliose mit rezidivierenden Arthritiden genannt. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Entlassungen wurde dennoch davon ausgegangen, dass der Kläger zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.
Im Jahr 2003 kam es zur Trennung von der Ehefrau, die die beiden gemeinsamen Kinder mit sich nahm. Die Ehe wurde im Februar 2006 geschieden. Der Kläger lebt zwischenzeitlich mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen.
Den ersten Rentenantrag des Klägers vom September 2004 lehnte die Beklagte gestützt auf ein Gutachten der Internistin Dr. R. , die eine somatoforme Schmerzstörung (Differenzialdiagnosen Fibromyalgie bzw. Lyme-Borreliose), eine Refluxoesophagitis, eine chronische Antrum- und Corpusgastritis sowie eine unbedeutende Aorteninsuffizienz I diagnostizierte, jedoch gleichwohl von einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich ausging, ab.
Im November 2005 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Mit Bescheid vom 06.12.2005 lehnte die Beklagte diesen Antrag, gestützt auf den Entlassungsbericht der im September/Oktober 2005 in der L. , Bad D. , durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme (Diagnosen u.a. schwere somatoforme Schmerzstörung und Zustand nach Borreliose mit rezidivierenden Arthritiden), ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das Gutachten des Neurochirurgen, Neurologen und Nervenarztes Dr. W. ein. Er diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Der psychische Befund habe keine eindeutigen Störungen aufgewiesen. Dafür hätten sich deutliche Zeichen einer psychogenen Fehlhaltung ergeben. Die geklagten Beschwerden seien mit den erhobenen Befunden nicht in Übereinstimmung zu bringen gewesen. Der Kläger könne mittelschwere körperliche und geistige Tätigkeiten vollschichtig ausüben. Darauf gestützt wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2006 den Widerspruch des Klägers zurück.
Deswegen hat der Kläger am 20.11.2006 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Das SG hat den Internisten Dr. K. , den Arzt für Psychiatrie Dr. P. und den Facharzt für Allgemeinmedizin M. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. K. hat den Kläger wegen einer schweren somatoformen Schmerzstörung auf dem Boden einer gesicherten Borreliose-Erkrankung mit einem neuerlichen Krankheitsschub seit Januar 2006 nur noch in der Lage erachtet, unter drei Stunden leichte Tätigkeiten zu verrichten. Dr. P. hat die zeitliche Leistungsfähigkeit im Bereich zwischen drei und unter sechs Stunden angesiedelt und ausgeführt, es handele sich um ein internistisch-psychosomatisch-psychiatrisches Mischbild einer Erkrankung, welche ihren Ausgang in einer Ehescheidung mit angstdepressiver Entwicklung genommen und durch eine Borreliose-Erkrankung mit somatoformer Schmerzstörung eine richtungsweisende Verschlechterung erfahren habe. Bei der Behandlung am 05.12.2006 habe der Kläger u.a. einen ängstlichen und überkontrollierten Affekt aufgewiesen und eine haftende, ängstlich-misstrauische Zuwendung gezeigt. Der Allgemeinmediziner M. hat den Kläger unter Aufzählung einer Vielzahl von Diagnosen nur noch für unter drei Stunden erwerbsfähig erachtet und zahlreiche Arztbriefe, u.a. den des Kardiologen Dr. Sch. vom April 2006 vorgelegt. Dr. Sch. hat darin u.a. unter Berücksichtigung einer fahrradergometrischen Belastung halb liegend bis zu 150 Watt eine leichtgradige Aortenklappeninsuffizienz nebst psychogener Überlagerung (Differenzialdiagnose: depressive Verstimmung) diagnostiziert.
Sodann hat das SG das fachneurologische Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme von Prof. Dr. L. (Ärztlicher Direktor an der Neurologischen Klinik der Universität U. ), das dieser auf Grund einer Untersuchung des Klägers im September 2007 erstellt hat, eingeholt. Prof. Dr. L. hat beim Kläger eine anhaltende chronische somatoforme Schmerzstörung mit Cervicobrachialgien, chronischen Lumbalgien und eine rezidivierende depressive Störung in einer gegenwärtig leichten Episode diagnostiziert. Die vom Kläger dargestellten Beschwerden hat er aktuell für nicht vorgetäuscht gehalten und hierzu auf das über Jahre hinweg konstante Beschwerdebild und den aktuell gegebenen Behandlungswunsch hingewiesen. Rückblickend hat er die Beurteilung für schwierig erachtet, jedoch auch hier eine Vortäuschung als eher unwahrscheinlich angesehen. Insgesamt hat er den Kläger seit Oktober 2000 für nicht mehr leistungsfähig gehalten und eine Kontrolle nach zwei Jahren vorgeschlagen.
Die Beklagte hat im Hinblick auf die eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen und das Gutachten von Prof. Dr. L. sozialmedizinische Stellungnahmen von Dr. B. vorgelegt. Dieser hat u.a. darauf hingewiesen, eine aktive Borreliose-Erkrankung sei auch anhand der vorgelegten Laborwerte nicht nachgewiesen. Bemerkenswert sei die beim Kardiologen erfolgte Belastung bis 150 Watt. Prof. Dr. L. habe mit seinem Gutachten sein Fachgebiet verlassen und sich hinsichtlich der Einschätzung der Leistungsfähigkeit im Wesentlichen auf die subjektiven Angaben des Klägers gestützt. Das Gutachten enthalte in sich Widersprüche, vor allem habe der Gutachter den Tagesablauf und das Freizeitverhalten des Klägers nicht abgefragt.
Mit Urteil vom 23.07.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Schwerpunkt der leistungseinschränkenden Diagnosen liege beim Kläger auf dem psychiatrischen bzw. psychosomatischen Gebiet. Insoweit bestehe in der Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung Einigkeit zwischen den Ärzten der L. , Dr. W. und Prof. Dr. L ... Der Leistungsbeurteilung durch Prof. Dr. L. sei aus den berechtigten Einwänden von Dr. B. und auch schon deshalb nicht zu folgen, weil Prof. Dr. L. das Leistungsvermögen seit Oktober 2000 als vermindert angesehen habe. Dies habe er nicht schlüssig begründet. Zudem stehe dieser Einschätzung entgegen, dass der Kläger bis Ende des Jahres 2003 berufstätig gewesen sei. Gegen die Auffassung von Prof. Dr. L. sprächen auch die Leistungsbeurteilungen in den Rehabilitationsentlassungsberichten, die nach mehrwöchigen Aufenthalten abgegeben worden seien, sowie in den Vorgutachten. Im Hinblick darauf sei auch den Leistungsbeurteilungen der sachverständigen Zeugen nicht zu folgen, vielmehr sei von einer Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich für leichte Arbeiten mit dem im Entlassungsbericht der L. beschriebenen qualitativen Einschränkungen (keine erhöhte Konzentration über längere Zeit, kein zu hohes Arbeitstempo, keine schweren Lasten und Zwangshaltungen) auszugehen.
Gegen das ihm am 13.08.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.08.2008 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das SG beziehe sich nicht auf das aktuelle Gutachten von Prof. Dr. L. , sondern auf ältere Befunde und Stellungnahmen. Die Leistungsbeurteilung im Entlassungsbericht der L. (Jahr 2005) sei nicht akzeptabel. Der Kläger hat ein Attest des Orthopäden Dr. P. zum zwischenzeitlich bestehenden Erfordernis der Benutzung eines Gehstocks vorgelegt. Eingereicht hat der Kläger zudem Schreiben von Dr. P. und der Psychotherapeutin L.-T. (jeweils März 2009). Die Psychotherapeutin L.-T. hat von zwischenzeitlich durchgeführten 25 Sitzungen berichtet. Schließlich hat der Kläger noch eine Liste mit "Behandlungen und REHA" vorgelegt, in der er auch vermerkt hat, welche der Behandlungen auf seine eigenen Kosten durchgeführt worden sind.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Stuttgart vom 23.07.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 09.11.2006 zu verurteilen, ihm ab 01.11.2005 Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe auf Zeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat den Kläger im Dezember 2008 untersucht und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine mittelschwere depressive Verstimmung diagnostiziert. Im Rahmen der Begutachtung hat der Kläger Dr. D. mitgeteilt, zeitweilig keinen Lebenswillen mehr zu haben. Er sehe seine Kinder regelmäßig. Dr. D. hat ausgeführt, der Kläger sei mit einem Gehstock gekommen, den er in den Praxisräumen jedoch nicht benutzt habe. Er habe ein motorisches Defizit am linken Arm und im linken Bein demonstriert, das aber wegen seiner Inkonstanz bei wiederholter Prüfung und den dabei gelegentlich zu beobachtenden Fehlinnervationen nicht pathologisch verwertbar gewesen sei. Im Affekt sei der Kläger deutlich depressiv ausgelenkt, im Antrieb gemindert und gehemmt, in der Schwingungsfähigkeit deutlich eingeschränkt und im Denken auf seine körperliche Symptomatik eingeengt gewesen. Auch wenn er in der Untersuchungssituation gelegentlich leichte Verdeutlichungstendenzen gezeigt habe, könne kein Zweifel daran bestehen, dass er unter für ihn nur schwer erträglichen chronischen Schmerzen leide. Nur so sei erklärlich, dass er auf eigene Kosten mehrmals versucht habe, sich von diesen quälenden Schmerzen befreien zu lassen. Die Schmerzsymptomatik bestehe seit vielen Jahren, habe zu langen Krankschreibungen geführt und beeinträchtige den Kläger deutlich in seiner Lebensführung. Insgesamt hat er den Kläger seit Dezember 2007 nur noch in der Lage erachtet weniger als drei Stunden täglich zu arbeiten.
In der hierzu von der Beklagten vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahme hat Dr. G. ausgeführt, Dr. D. sei relativ unkritisch mit den vom Kläger vorgebrachten Beschwerden umgegangen, habe keinerlei Diskussion zu Widersprüchlichkeiten geführt und nur lapidar auf leichtgradige Verdeutlichungstendenzen hingewiesen. Die Diagnose einer mittelschwer ausgeprägten depressiven Verstimmung sei nicht hinreichend fundiert, es sei eher zu diskutieren, ob die Symptomatik nicht als regelhaft vorkommendes Randsymptom der somatoformen Störung subsummiert werden könne. Dass sich die somatoforme Störung anhand der Ausführungen des Gutachters nur äußerst unscharf abzeichne, spreche letztendlich dafür, dass sie nicht als schwergradig imponieren könne und sich auch bei kritischem Vergleich aller bisher aufgezeichneten Befunde innerhalb der letzten Jahre keine wesentliche Veränderung oder gar Verschlechterung erkennen lasse. Dr. D. habe sich nicht mit den tatsächlich erkennbaren und relevanten Beeinträchtigungen des Klägers im Alltagsleben auseinander gesetzt, sondern überwiegend einen sekundären Krankheitsgewinn aufgezeichnet. Seine Leistungsbeurteilung mit weniger als drei Stunden sei damit nicht plausibel. Dr. D. hat demgegenüber auf den erhobenen Befund und die Auswirkungen der Erkrankung hingewiesen und ist bei seiner Beurteilung geblieben.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist teilweise begründet.
Die geltend gemachten Ansprüche richten sich nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr. 2; sog Drei-Fünftel-Belegung bzw. besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger ab dem 01.07.2007 eine (befristete) Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Der Senat ist auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. D. sowie der vom SG eingeholten sachverständigen Zeugenaussage von Dr. P. , auch unter Berücksichtigung des Gutachtens von Prof. Dr. L. , zu der Überzeugung gelangt, dass das berufliche Leistungsvermögen des Klägers seit 05.12.2006 nicht nur in der im Rehabilitationsentlassungsbericht der L. beschriebenen qualitativen Weise (Einschränkungen in der Konzentrationsfähigkeit über längere Zeit und im Arbeitstempo, keine schweren Lasten, keine einseitigen Zwangshaltungen über längere Zeit), sondern auch in einem rentenrelevanten quantitativen Umfang auf unter sechs Stunden eingeschränkt ist. Darüber hinaus geht der Senat auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. D. davon aus, dass dieses zeitliche Leistungsvermögen bis zum Zeitpunkt seiner Begutachtung im Dezember 2008 sogar auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist. Vom früheren Eintritt einer rentenrelevanten quantitativen Leistungsminderung kann sich der Senat hingegen nicht überzeugen.
Das berufliche Leistungsvermögen des Klägers ist zum einen durch eine somatoforme Schmerzstörung eingeschränkt. Hinsichtlich dem Vorliegen dieses Krankheitsbildes, das u.a. schon von den Ärzten der L. im Jahr 2005 bestätigt wurde, besteht zwischen den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L. und Dr. D. sowie dem Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten - wie sich insbesondere aus der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. G. vom Februar 2009 ergibt - Einigkeit. Soweit in der Vergangenheit von rheumatologischer Seite das Krankheitsbild einer "Fibromyalgie" beschrieben wurde, erfasste dies - so Dr. D. - die gleiche Symptomatik. Auf der Grundlage der Ausführungen von Prof. Dr. L. geht der Senat davon aus, dass die in der Vergangenheit im Hinblick auf eine Borreliose erfolgten Diagnosestellungen kritisch zu sehen sind und auf eine ärztlicherseits unbewusst vorgenommene Fokussierung des Klägers auf eine nicht vorhandene organische Erklärung seiner Beschwerden hindeutet. Dies entspricht der Auffassung von Dr. R. , die nach Rücksprache mit einer Rheumatologin bereits im Juli 2004 ausführte, dass eine festgestellte Erhöhung des Borrelientiters nach einer Borrelieninfektion nicht pathologisch zu verwerten sei. Auch Dr. B. hat in der sozialmedizinischen Stellungnahme vom Mai 2007 darauf hingewiesen, dass die subjektiven Angaben und Laborwerte allenfalls auf eine frühere Infektion hindeuten könnten.
Der Senat geht auf der Grundlage des insoweit überzeugenden Gutachtens von Dr. D. davon aus, dass beim Kläger neben der somatoformen Schmerzstörung eine depressive Verstimmung vorliegt, die entgegen der Auffassung von Dr. G. nicht nur als regelhaft vorkommendes Randsymptom der somatoformen Störung anzusehen ist. Von einem eigenständigen Krankheitsbild ist schon Prof. Dr. L. , der ebenfalls eine rezidivierende depressive Störung in Form einer zum Zeitpunkt seiner Begutachtung (noch) leichten Episode diagnostiziert hat, ausgegangen. Die kritischen Einwendungen, die Dr. G. im Hinblick auf die von Dr. D. ca. ein Jahr nach der Begutachtung durch Prof. Dr. L. diagnostizierten, mittelschwer ausgeprägte depressive Verstimmung erhoben hat, überzeugen nicht. Seiner - im Übrigen ausdrücklich nur zur Diskussion gestellten - Einschätzung, die Symptomatik könne als Randsymptom der somatoformen Störung subsummiert werden, steht entgegen, dass Dr. D. die von ihm eigenständig gestellte Diagnose auf einen entsprechenden Befund gestützt hat. Der Kläger hat sich während der Untersuchung durch Dr. D. als durchgehend depressiv ausgelenkt mit deutlich eingeschränkter affektiver Schwingungsfähigkeit erwiesen. Er hat sich im Antriebsverhalten beeinträchtigt gezeigt, eine Antriebshemmung ist spürbar gewesen. Auch die Psychomotorik mit reduzierter Mimik, sparsamer Gestik und eingeengten Ausdrucksmöglichkeiten hat einer depressiven Verstimmung entsprochen. Einer Einordnung der depressiven Symptomatik als Randsymptom der Schmerzstörung stehen insbesondere die vom Kläger angegebenen Suizidtendenzen entgegen. Auch die zuletzt durchgeführte Therapie bei der Psychotherapeutin L.-T. ist unter der eigenständigen Diagnose einer depressiven Reaktion erfolgt.
Unter dem zutreffenden Hinweis, dass die von ihm vorgenommenen diagnostischen Überlegungen in der Vergangenheit bereits in ähnlicher Weise angestellt wurden, hat Dr. D. für den Senat überzeugend das letztlich entscheidende Ausmaß der psychischen Krankheiten des Klägers im Hinblick auf die Schmerzstörung als mittelschwer bis schwer und im Hinblick auf die depressive Verstimmung als mittelschwer beschrieben.
Zweifellos fühlt sich der Kläger psychisch schwer krank. Er empfindet - so Dr. D. - seinen Lebensentwurf als gescheitert. Auch wenn er in der Untersuchungssituation gelegentlich leichte Verdeutlichungstendenzen gezeigt hat, hat Dr. D. ausdrücklich Zweifel daran, dass der Kläger unter für ihn nur schwer erträglichen chronischen Schmerzen leidet, ausgeschlossen. Für einen Leidensdruck sprechen in der Tat die zahlreichen Behandlungsversuche, zuletzt unter Einbeziehung einer Psychotherapie. Anhand der vom Kläger im Mai 2009 vorgelegten Liste (Bl. 58 LSG-Akte) geht der Senat davon aus, dass er zum Teil auch eigene finanzielle Mittel aufgewandt hat, um sich von den quälend empfundenen Schmerzen befreien zu lassen. Dem Gutachten von Dr. D. kann auch hinreichend nachvollziehbar die von ihm zu Grunde gelegte Beeinträchtigung der Lebensführung und -gestaltung entnommen werden. Der Tagesablauf des Klägers ist weitgehend unstrukturiert. Alltagspflichten übernimmt er nicht und seine Freizeitaktivitäten sind erheblich eingeschränkt, die sozialen Kontakte zurückgegangen. Die Veränderung wird beispielsweise an den vom Kläger angegebenen Freizeitaktivitäten Schwimmen und Tanzen deutlich. Im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2005 teilte er noch mit, einmal wöchentlich schwimmen und tanzen zu gehen. Bei Dr. D. hat er angegeben, alle diese Unternehmungen zwischenzeitlich aufgegeben zu haben.
Ferner hat Dr. D. nachvollziehbar dargestellt, dass auch die neue Partnerschaft des Klägers durch die Erkrankung zunehmend in Mitleidenschaft gezogen wird.
Insgesamt ist Dr. D. für den Zeitpunkt seiner gutachtlichen Untersuchung damit nachvollziehbar zu der Auffassung gelangt, dass Anpassungs-, Durchsetzungs- und Umstellungsvermögen des Klägers angesichts der Schwere der Erkrankung so erheblich beeinträchtigt sind, dass daraus nicht nur eine qualitative, sondern auch eine zeitliche Leistungseinschränkung auf weniger als drei Stunden täglich resultiert.
Soweit er die Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden täglich auf die Zeit etwa ein Jahr vor seiner gutachtlichen Untersuchung rückdatiert, bleiben die von ihm hierzu herangezogenen Anknüpfungspunkte unklar. Allerdings ist zu beachten, dass bereits ein zeitliches Leistungsvermögen von unter sechs Stunden zu einem Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und angesichts der Rechtsprechung zur Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes (s.o.) auch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung führt. Für den Senat ist daher zu entscheiden, ab welchem Zeitpunkt er sich eine Überzeugung von einem Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden verschaffen kann. Soweit hier Prof. Dr. L. in seinem Gutachten eine Rückdatierung eines ebenfalls aus seiner Sicht völlig aufgehobenen Leistungsvermögens auf das Jahr 2000 vorgenommen hat, ist dem das SG aus den zutreffend dargestellten Gründen, auf die Bezug genommen wird, nicht gefolgt. Allerdings hält es der Senat in der Zusammenschau der Gutachten von Prof. Dr. L. und Dr. D. trotz der qualitativen Mängel des Gutachtens von Prof. Dr. L. insbesondere im Hinblick auf das Fehlen eines abgefragten Tagesablaufs und den erst nachgereichten psychischen Befund für hinreichend nachgewiesen, dass bereits zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. L. (September 2007) ein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden bestand.
Nachdem im Entlassungsbericht der L. im Oktober 2005 zwar eine schwere somatoforme Schmerzstörung, aber noch keine eigenständige depressive Erkrankung diagnostiziert wurde und auch Dr. W. im Gutachten vom August 2006 eine psychiatrische Diagnose nicht stellte und - wie bereits ausgeführt - auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. D. von einem schleichend zunehmenden Beschwerdebild auszugehen ist, hält der Senat einen Leistungsfall mit einer Leistungsminderung auf unter sechs Stunden vor der Begutachtung durch Prof. Dr. L. erstmals mit den Befunden von Dr. P. vom 05.12.2006, die er in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom Januar 2007 dargestellt hat, für nachgewiesen. An diesem Tag hat sich der Kläger mit einer haftenden, ängstlich-misstrauischen Zuwendung bei anankastischer und beschwerdefixierter Darstellung, erheblichen Ambivalenzen, grüblerischer Auseinandersetzung mit der Belastungssituation, ängstlicher Stimmung und Affekt und geminderten Antrieb gezeigt. Im Rahmen seiner kurzen gutachtlichen Einschätzung hat Dr. P. den Kläger im Januar 2007 nur noch in der Lage erachtet, drei bis unter sechs Stunden einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Diese Einschätzung ist für den Senat angesichts der nachfolgend gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. D. , nachvollziehbar.
Der Senat folgt mithin nicht der Auffassung von Dr. G. , der zuletzt ausgeführt hat, die somatoforme Schmerzstörung zeichne sich im Gutachten von Dr. D. nur unscharf ab und könne daher nicht als schwergradig imponieren, zumal sich keine wesentliche Veränderung u.a. im Hinblick auf den Vorbefund von Dr. W. erkennen ließe. Eine "unscharfe" Beschreibung kann der Senat allenfalls im Hinblick auf die vielfältig gestellten Diagnosen nachvollziehen, die jedoch - so Dr. D. - letztlich alle dieselbe Beschwerdesymptomatik betreffen. Soweit Dr. G. den Schweregrad der Erkrankung in Zweifel zieht, steht dies im Widerspruch zu den von der Beklagten wiederholt gewährten Rehabilitationsmaßnahmen. Aus der letzten dieser Reihe von Maßnahmen wurde der Kläger - wie bereits dargestellt - unter der Diagnose einer schweren somatoformen Schmerzstörung entlassen. Schon damals wurde eine ungünstige Prognose gestellt und mit einer weiteren Verschlechterung, die inzwischen - wie eben dargestellt - durch eine hinzugetretene psychiatrische Diagnose sowie durch zunehmende Einschränkungen im Alltag nachgewiesen ist, gerechnet.
Bei einem Leistungsfall am 05.12.2006 sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Dem im angefochtenen Bescheid enthaltenen Versicherungsverlauf ist zu entnehmen, dass der Kläger vor Dezember 2006 die allgemeine Wartezeit gemäß §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI erfüllte und mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit bzw. gemäß § 55 Abs. 2 SGB VI damit gleichgestellte Beitragszeiten für den Bezug von Kranken- oder Arbeitslosengeld in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung hatte.
Bei einem Leistungsvermögen von über drei aber unter sechs Stunden, ist die von der Arbeitsmarktlage abhängige Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zwingend zu befristen. Auch soweit der Senat ab einem hier offengelassenen Zeitpunkt von einem Absinken des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden ausgeht, bleibt es nach Satz 5 der eben genannten Regelung bei der - vom Kläger ohnehin beantragten - Befristung, da nicht unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Zwar hat Dr. D. eine wesentliche Besserung der Symptomatik durch therapeutische Maßnahmen in absehbarer Zeit nicht erwartet. Die von ihm gesehene Leistungseinschränkung hat er jedoch ausdrücklich auf die gegenwärtige Verfassung des Klägers bezogen. Insoweit folgt der Senat der Auffassung von Prof. Dr. L. , dass eine Besserung des Zustands nicht auszuschließen ist. Dafür spricht insbesondere der zuletzt vorgelegte Bericht der Psychotherapeutin L.-T ... Diesem lässt sich immerhin eine teilweise positive Veränderung entnehmen.
Der Beginn der Rente folgt aus § 101 Abs. 1 SGB VI. Danach werden befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Ausgehend von einem unter sechs Stunden abgesunkenen Leistungsvermögen im Dezember 2006 beginnt die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung somit am 01.07.2007. Dies gilt wegen der dargestellten Grundsätze der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Da nach § 89 Abs. 1 SGB VI nur die höhere Rente geleistet wird, ist die Beklagte nur zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung zu verurteilen. Deshalb bedarf es auch keiner weiteren Ausführungen zu der Frage, dass der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit Absinken des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden endet. Denn die (höhere) Rente wegen voller Erwerbsminderung ist - wegen des weiter abgesunkenen Leistungsvermögens - darüber hinaus zu leisten. Bei einer Regelbefristung von drei Jahren (§ 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) wäre beginnend ab dem 01.07.2007 eine Rente an sich lediglich für die Zeit bis zum 30.06.2010 zuzusprechen. Da dieser Zeitpunkt jedoch bereits in der Vergangenheit liegt und trotz der von der Psychotherapeutin L.-T. beschriebenen positiven Veränderung depressiver Denkmuster bei im Wesentlichen nicht gebesserten Schmerz- und Schwächezuständen keine Anhaltspunkte für eine inzwischen eingetretene wesentliche Besserung des Gesundheitszustands des Klägers vorliegen, hält der Senat eine weitere Befristung für drei Jahre bis zum 30.06.2013 für angemessen.
Die Verurteilung zur Gewährung einer Rente bereits ab dem 01.11.2005 kommt nach alledem hingegen nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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