L 6 U 538/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 66/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 538/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
BK 3102: Zu den zeitlichen Anforderungen an ein deutliches Übergewicht einer betrieblichen Gefahr einer Infektion
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.09.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) streitig.

Der 1949 geborene Kläger erlernte zunächst den Beruf des Werkzeugmachers und studierte anschließend an der Universität H. Gartenbau und Landschaftspflege mit dem Abschluss eines Diplom-Agraringenieurs, Fachrichtung Gartenbau. Im Rahmen seines Referendariats für das Lehramt vom 15.08.1987 bis zum 31.12.1989 absolvierte der Kläger vom 06.06.1988 bis zum 01.07.1988 ein Praktikum bei der Stadtgärtnerei der Stadt F. mit Gartenbautätigkeiten. Vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992 arbeitete er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beim Regierungspräsidium F. als Betreuer des Pilotprojekts "Umweltschonender Maisanbau im Dreisamtal". Vom 28.09.1992 bis zum 01.07.1994 war er an der Fachhochschule O. als selbstständiger Lehrbeauftragter im Rahmen des Seminars "Ökologie und Stickstoff in Wasserschutzgebieten" tätig. Seither ist der Kläger nicht mehr erwerbstätig.

Am 30.08.2002 meldete der Kläger wegen einer Borreliose den Verdacht auf eine Berufskrankheit. Er legte unter anderem die Arztbriefe des Universitätsklinikums F. vom 27.02.2001 (Polyarthralgien bei Borrelien-Infektion, ED 1/99), die Arztbriefe des Internisten Dr. K. vom 17.07.2001 (Borreliose-Erkrankung im Folgestadium) und vom 12.12.2001 sowie das arbeitsamtsärztliche Gutachten von Dr. Hartmann vom 23.05.2002 (Zustand nach Borreliose ED 1/99) vor.

Sodann wurde das Erkrankungsverzeichnis der A. - Die Gesundheitskasse S. O. - beigezogen. In seinen Befundberichten vom 18.10.2002 und 03.01.2003 führte Dr. K. aus, dem Kläger seien zwei Zeckenbisse im Leistenbereich im Sommer 1987 erinnerlich.

Unter dem 07.03.2003 und 31.03.2003 füllte der Kläger ihm übersandte Fragebögen aus und legte dabei die Bescheinigung des Gartenamts der Stadt F. vom 05.08.1988, das Dienstzeugnis des Regierungspräsidiums F. vom 24.03.1992 und die Bescheinigung der Fachhochschule O. vom 01.07.1994 sowie die Arztbriefe des Internisten und Rheumatologen Dr. R. vom 15.03.1999 (Borreliose ED 1/99; Anamnese: 1987 mehrere Zeckenbisse, seit 1992 positive Borrelienserologie) und des L.-Krankenhauses F. vom 23.07.1999 (anamnestisch zurückliegende Infektion mit Borrelien) vor.

Ferner zog die Beklagte das für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom Orthopäden, Sportmediziner und Sozialmediziner Dr. R. unter dem 09.10.2002 erstellte Gutachten (Zustand nach Borreliose) sowie über das Versorgungsamt F. die Arztbriefe des Radiologen Prof. Dr. L. vom 06.12.1999, des Internisten Dr. E. vom 19.04.2000 (Lyme-Borreliose ED 1/99) sowie des Orthopäden Dr. H. vom 18.02.2002 (Coxarthrose links) und den ärztlichen Entlassungsbericht des Dr. M., Leitender Arzt an der Reha-Klinik W. in Bad A., vom 21.12.1999 (Coxarthrose links mehr als rechts, initiale Gonarthrose beidseits, pseudoradikuläres Syndrom der gesamten Wirbelsäule, Zustand nach Borreliose, Stroma diffusa Grad I) bei. Daraufhin befragte die Beklagte den Orthopäden Dr. M.-L., welcher im Juni 2003 angab, den Kläger nicht wegen Zeckenbissen oder einer Borreliose behandelt zu haben. Aktenkundig wurden ein Bericht über eine im Mai 2003 begonnene Infusionsbehandlung sowie die Befundberichte des Laboratoriumsmediziniers K. vom 21.07.1994 (Hinweis auf eine Lyme-Borreliose aus serologischer Sicht) und der Gemeinschaftspraxis Labormedizin Prof. Dr. M. vom 13.04.1995 (stattgehabte Borrelien-Infektion anzunehmen). Dr. K. gab in seinem Befundbericht vom 25.06.2003 an, der Kläger habe sich bei ihm erstmals am 13.07.2001 vorgestellt. Neben zwei Zeckenbissen im Sommer 1987 seien dem Kläger auch Zeckenentfernungen 1991/92 erinnerlich gewesen. Eine Borreliose-Erkrankung sei klinisch serologisch gesichert.

Unter dem 01.07.2003 gab das Regierungspräsidium F. an, bei der Tätigkeit vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992, vorwiegend in den Sommermonaten im Jahr 1991, habe es sich zu einem Drittel um Außendiensttätigkeiten mit Bodenproben und Feldarbeiten gehandelt. Ferner sei das Dreisamtal im Frühsommer ein bekanntes Zeckenbefallsgebiet. Zecken hielten sich bevorzugt an Hecken und Waldrändern auf. Diese Räume seien vom Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit häufiger betreten worden.

Der Chirurg Dr. R. legte den Befundbericht des Pathologen Prof. Dr. W. vom 18.05.1987 (mögliche Veränderungen nach einem Zeckenbiss) und einen Auszug aus seiner Karteikarte (Entfernung einer Zecke am 15.05.1987 und von zwei Zecken am 15.06.1987) vor. Der Anästhesiologe Dr. G. berichtete in seinem Befundbericht vom 15.07.2003 über die Behandlung des Klägers seit 13.05.1999 und führte aus, es liege eine Borreliose als Folge von Zeckenbissen vor. Beigefügt waren unter anderem der Bericht der Physiotherapeutin F. vom 07.07.1995 sowie die Arztbriefe des Radiologen Dr. D. vom 29.01.1998 und 17.08.1998, des Dr. M.-L. vom 13.04.1999, des Laboratoriumsmediziners Prof. Dr. Dr. Sch. vom 27.10.1999 (es bestehe serologisch der starke Verdacht auf eine Borrelieninfektion) und der Theresienklinik Bad K. vom 11.08.2000 (es sei nicht von einer aktiven therapiebedürftigen Borreliose auszugehen). Der Arzt und Homöopath Dr. N. teilte in seinem Befundbericht vom 28.07.2003 mit, die von ihm seit 16.12.1999 behandelten Gelenkschmerzen seien nach mehreren Zeckenstichen Anfang der 90er-Jahre aufgetreten. Aktenkundig wurde der Laborbericht der Laborgemeinschaft Süd-West vom 24.01.2002. Dr. H.-Sch. legte auf Anfragen der Beklagten vom 10.06.2003 und 31.07.2003 die Arztbriefe des L.-Krankenhauses Freiburg vom 24.03.2000, des Universitätsklinikums F. vom 27.06.2000 (Borrelien-Antikörper positiv) und der Orthopäden Dres. Scheibe, Suhas und Lais vom 02.11.2001 und 15.11.2001 sowie Berichte der Gemeinschaftspraxis Labormedizin Prof. Dr. M. vom 19.08.2000 und über eine im Mai 2003 begonnene Infusionsbehandlung vor. Dr. R. teilte telefonisch unter dem 05.09.2003 mit, Laborwerte von 1992 seien nicht vorhanden. Der Internist Dr. E. führte in seinem Befundbericht vom 11.09.2003 aus, der Kläger habe sich bei ihm erstmals am 10.04.2000 wegen Gelenkbeschwerden vorgestellt. Es bestehe unter anderem eine Borreliose. Beigefügt waren unter anderem der Arztbrief des Universitätsklinikums Freiburg vom 02.02.2000, der Bericht des Immunologen Dr. B. vom 18.10.2000 (Borrelieninfektion seit April 1999 bekannt) und der Laborbericht des Zentrallabors im Reha-Zentrum Bad K. vom 27.08.2003 (der Titer sei gut kompatibel mit einer noch florierenden Infektion durch B. B.).

Unter dem 03.11.2003 teilte die Fachhochschule O. mit, der Kläger habe im Wintersemester 1992/93 und im Sommersemester 1993 jeweils an einem Tag mit den Studierenden ein sogenanntes Feldlabor durchgeführt. Dabei seien Boden- und Grundwasserproben entnommen worden.

Sodann ließ die Beklagte den Kläger untersuchen und begutachten. Der Allgemeinmediziner Dr. H. führte in seinem Gutachten vom 22.03.2004 aus, der Kläger leide an einer chronischen Borrelieninfektion, die mindestens seit 1999 nachgewiesen sei. In den angegebenen Zeiträumen, bei denen eine Berufstätigkeit in einem zeckenexponierten Gebiet stattgefunden habe, seien keine einschlägigen Ereignisse nachgewiesen. Insoweit fehle ein nachvollziehbarer Kausalzusammenhang mit der Berufstätigkeit. Die Berufstätigkeit sei nicht so strukturiert gewesen, dass man mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen könne, diese Erkrankung sei berufsbedingt erworben worden. Ein Zusammenhang mit der Berufstätigkeit lasse sich natürlich nicht ausschließen. Der Grad der Wahrscheinlichkeit reiche jedoch für die Annahme eines Kausalzusammenhangs nicht aus. Dem Gutachten waren beigefügt ein vom Kläger erstellter chronologischer Überblick über seine Berufstätigkeiten, die ersten Symptome und die aktuellen Beschwerden sowie der Laborbericht von Dr. B. vom 05.03.2004. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17.05.2004 führte Dr. H. aus, ein früherer Zeitpunkt der Borrelieninfektion sei nicht beweisbar, da keine Daten über frühere serologische Untersuchungen vorlägen.

Dr. H. führte in der gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 20.07.2004 aus, eine Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKVO könne nicht abschließend beurteilt werden, da die haftungsbegründende Kausalität nicht habe ausreichend nachgewiesen werden können.

Mit Bescheid vom 25.08.2004 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKVO ab. Die Tätigkeit im Rahmen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beim Regierungspräsidium Freiburg als Betreuer des Pilotprojekts "Umweltschonender Maisanbau im Dreisamtal" vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992 sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für die Erkrankung des Klägers ursächlich, da während dieser Tätigkeit einerseits kein Zeckenstich habe nachgewiesen werden können und andererseits der Kläger nicht überwiegend im Außenbereich eingesetzt worden sei. Selbst wenn man auch ohne den konkreten Nachweis von Zeckenstichen eine ausreichende Gefährdung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit zumindest in den Sommermonaten des Jahres 1991 annehmen würde, habe auch eine vergleichbare Gefährdung im nicht-versicherten Bereich bestanden. Im Einzelnen handle es sich dabei um die Tätigkeiten als Studienreferendar für das Lehramt für den Gartenbau vom 15.08.1987 bis zum 31.12.1989 unter Einschluss des Praktikums im Gartenbau bei der Stadtgärtnerei F. vom 06.06.1988 bis zum 01.07.1988 (versicherungsfreie Tätigkeit als Beamter auf Widerruf) und im Rahmen des Lehrauftrages an der Fachhochschule O. vom 28.08.1992 bis zum 11.07.1994 (nicht-versicherte selbständige Tätigkeit) sowie den gewöhnlichen Aufenthalt in einem zeckengefährdeten Gebiet. Als Infektionsquelle kämen somit neben der beruflichen Tätigkeit vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992 auch diese anderen Ursachen in Betracht, zumal bereits 1987 mehrere Zeckenstiche im Leistenbereich dokumentiert worden seien und der Kläger bereits 1988 Beschwerden in der Leistengegend bemerkt habe.

Hiergegen legte der Kläger am 10.09.2004 Widerspruch ein. Er legte die Arztbriefe des Prof. Dr. R. vom 13.07.1988 (epiphysäre Hüften) sowie des Universitätsklinikums F. vom 04.07.1989 (Verdacht auf alte Epiphysenlösung in beiden Hüftköpfen; kein Anhalt für eine umschriebene oder systemisch entzündliche rheumatische Erkrankung) und 30.10.1989 vor. Auf Anfrage der Beklagten teilte das Regierungspräsidium F. unter dem 19.05.2005 mit, die mit einem Drittel Außendienst und zwei Dritteln Innendienst angegeben Anteile bezögen sich auf den gesamten Zeitraum eines Jahres. Im Frühjahr und Frühsommer sei der Kläger während der Bestellung des Maises und der Anlage der Versuche praktisch ständig im Dreisamtal und damit im Außendienst eingesetzt worden. Dafür sei der Kläger im Winter beziehungsweise in den übrigen Zeiten im Wesentlichen im Innendienst beschäftigt gewesen. In seinem Befundbericht vom 08.06.2005 teilte der Dermatologe Dr. St. mit, der Kläger sei von ihm im Juli 1993 wegen eines pruriginösen Ekzems der Unterarme bei Zustand nach Dermatitis solaris behandelt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 05.01.2006 Klage beim Sozialgericht Freiburg. Er legte unter anderem die ärztliche Bescheinigung des Universitätsklinikums Freiburg vom 12.09.1989 (Coxarthrose beidseits im Stadium I bei nur geringfügiger Progression seit 1981; nach einem Laborbericht vom 05.07.1989 keine systemische Erkrankung), die Arztbriefe des Dr. K. vom 20.04.2006 (Therapie-Empfehlungen bei fortgeschrittener Borreliose) und 26.07.2006 (Borrelieninfektion im Folgestadium) sowie den Laborbericht von Dr. L. vom 06.07.2006 vor. Das Sozialgericht zog die Vorerkrankungsbescheinigung der A. - Die Gesundheitskasse S. O. - vom 15.09.2006 bei.

Sodann holte das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Prof. Dr. K. , Chefarzt der Neurologischen Klinik des Klinikums Pf., vom 22.10.2006 ein. Dieser führte aus, es sei nicht möglich, zu beweisen, dass im Falle einer Erkrankung der beobachtete Zeckenstich auch der für die Infektion relevante Zeckenstich gewesen sei. Es sei statistisch betrachtet sogar wahrscheinlicher, dass ein zufällig beobachteter Zeckenstich keine Relevanz für eine spätere Erkrankung habe, da in den meisten Fällen eines Zeckenstichs keine Erregerübertragung beziehungsweise Erkrankung erfolge. Der Nachweis einer Berufskrankheit allein durch die Erinnerung eines Zeckenstichs während einer beruflichen Tätigkeit sei somit völlig unzureichend im Sinne eines Kausalitätsbeweises. Statistisch betrachtet würde wahrscheinlich nur jeder vierhundertste beobachtete Zeckenstich zu einer Erkrankung an einer Borreliose führen. Da die Häufigkeit des Nachweises von IgG-Antikörpern in der Bevölkerung je nach Region und Untersuchungsmethode zwischen 5 % und 50 % variiere, habe der IgG-Antikörpernachweis eine nur sehr eingeschränkte Bedeutung im Hinblick auf den Beweis einer Kausalität zwischen den akuten Beschwerden eines Patienten und der Verursachung dieser durch die nachgewiesene Borrelieninfektion. Es sei eher unwahrscheinlich, dass der Kläger an einer Borrelienarthritis leide, welche letztlich nur durch eine Untersuchung der Gelenkflüssigkeit hätte eindeutig bewiesen werden können.

Nach Vorlage der Arztberichte von Dr. K. holte das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Internisten Dr. B. vom 04.09.2007 ein. Er führte aus, das im Jahr 1993 aufgetretene Erythema migrans gelte als krankheitsbeweisende Manifestation der Borreliose im Frühstadium, so dass der Beginn der Borreliose auf diesen Zeitpunkt festgelegt werden könne. Die seither erhobenen serologischen Befunde mit zuletzt hochpathologischen Werten belegten die Krankheit. Da bekannt sei, dass eine Borreliose nicht selten erst Monate oder Jahre nach Inokulation manifest werde, sei nicht auszuschließen, dass die Infektion während der Berufstätigkeit vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992 erfolgt sei. Da in diesem Zeitraum ein sehr hohes beruflich bedingtes Infektionsrisiko hinsichtlich einer Borreliose vorgelegen habe, sei mit Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang zwischen der Infektion während der Berufstätigkeit und der Borreliose anzunehmen. Aufgrund der chronischen Borreliose bestehe vollständige Erwerbsunfähigkeit mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 vom Hundert (v. H.).

Dr. H. führte in den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen vom 21.11.2007 und 03.12.2007 aus, einerseits habe der Kläger ihm gegenüber nicht von einem Erythema migrans berichtet und andererseits trete ein Erythema migrans maximal sechs Wochen nach einem Zeckenbiss auf. Ergänzend führte die Beklagte aus, Nachweise hinsichtlich häufiger Zeckenbisse während der beruflichen Tätigkeit in den Jahren 1991 und 1992 sowie eines im Jahr 1993 aufgetretenen Erythema migrans fänden sich in der Akte nicht.

Hierzu führte Dr. B. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 21.01.2008 aus, es sei mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sich der Kläger zwischen 1988 und 1993 eine Borrelieninfektion zugezogen habe, wobei sich der genaue Zeitpunkt der Infektion nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit benennen lasse. Zwar gelte das Erythema migrans als Krankheitsphänomen der Frühphase und trete meistens innerhalb weniger Tage bis zu einigen Wochen nach Eindringen der Borrelien auf, jedoch könne das Erythema migrans auch mit erheblicher zeitlicher Verzögerung bis zu Jahren nach dem Zeckenbiss erstmalig vorkommen. Eine Klärung hinsichtlich Zeckenbissen während der beruflichen Tätigkeit in den Jahren 1991 und 1992 sowie eines Erythema migrans im Jahr 1993 könne durch eine Beiziehung der Unterlagen des den Kläger damals behandelnden Dr. G. erfolgen.

Mit Urteil vom 30.09.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen versicherter Tätigkeit und Krankheit könne bei der Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKVO auch ohne Nachweis einer konkreten Infektionsquelle angenommen werden, wenn der Versicherte bei der versicherten Tätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen und der betrieblichen Gefahr einer Infektion im Verhältnis zum Risiko, im nicht-versicherten Bereich zu erkranken, ein deutliches Übergewicht beizumessen sei. Diese Beweiserleichterung hinsichtlich des Kausalzusammenhangs beinhalte zwei Aspekte, nämlich einerseits die epidemiologische Voraussetzung eines erhöhten Ansteckungsrisikos während der versicherten Tätigkeit und andererseits die Feststellung, dass das Erkrankungsrisiko während der versicherten Tätigkeit dasjenige in den nicht-versicherten Zeiträumen deutlich überwiege. Dabei sei unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Infektionszeitraums der zeitliche Umfang der gefährdenden Tätigkeit und das Ausmaß der damit einhergehenden Risikoerhöhung im Verhältnis zu den Gegebenheiten im nicht-versicherten Bereich abzuwägen. Zwar habe während der Berufstätigkeit vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992 eine gegenüber der Allgemeinheit erhöhte Gefahr einer Borrelieninfektion bestanden. Ein deutliches Übergewicht dieser Gefahr gegenüber dem Risiko des Klägers, im privaten Bereich oder während einer nicht-versicherten Berufstätigkeit mit Borreliose infiziert worden zu sein, bestehe dagegen nicht. Zugunsten des Klägers könne allenfalls von einer Eingrenzung des Infektionszeitraums auf die Zeit von 1988 bis 1993 ausgegangen werden. In diesem möglichen Infektionszeitraum sei der Kläger lediglich ein Jahr lang einer versicherten Tätigkeit mit einer teilweisen Risikoerhöhung während des Außendienstes nachgegangen, während er andererseits nicht-versicherte Tätigkeiten mit ebenfalls teilweise erhöhtem Infektionsrisiko ausgeübt habe und zugleich während des gesamten Zeitraums als zumindest durchschnittlich im Freien aktiver Mensch dem allgemeinen Erkrankungsrisiko unterlegen sei. So habe der Kläger selbst gegenüber Dr. K. berichtet, er erinnere sich an wiederholte Zeckenstiche im Sommer 1987 während seiner nicht-versicherten Tätigkeiten als Berufsschullehrer und Lehrbeauftragter sowie im versicherten Zeitraum 1991/92. Jedes einzelne dieser Ereignisse komme als Infektionsursache in Betracht. Ebenso gut sei es möglich, dass der Kläger bei einem von ihm unbemerkten Zeckenstich infiziert worden sei. Vor diesem Hintergrund erscheine es zwar möglich, dass sich der Kläger seine Borrelieninfektion bei der versicherten Tätigkeit zugezogen habe. Überwiegend wahrscheinlich sei dies objektiv aber nicht. Ebenso wenig könne das erforderliche deutliche Überwiegen des versicherten gegenüber dem nicht-versicherten Infektionsrisiko festgestellt werden.

Der Kläger hat gegen das seinem ehemaligen Prozessbevollmächtigten am 09.01.2009 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 21.01.2009 Berufung eingelegt. Er hat ausgeführt, die Einschätzung und Feststellung des Sozialgerichts, dass ein deutliches Übergewicht der konkreten beruflichen Gefahr gegenüber dem Risiko im privaten Bereich oder während einer nicht-versicherten Berufstätigkeit, mit Borreliose infiziert zu werden, nicht bestehe, sei unzutreffend, da die versicherte berufliche Tätigkeit nicht richtig gewürdigt worden sei. Auf sämtlichen von ihm zu betreuenden Ackerflächen seien Graseinsaaten vorhanden gewesen, die in der Wachstumsphase ungefähr knie- bis oberschenkelhoch ausgewachsen seien. Dies bedeute zwangsläufig, dass Zecken, die sich vornehmlich an diesen Gräsern aufgehalten hätten, durch Abstreifbewegungen und sonstige Kontakte Mensch und Tier befielen. Hieraus ergebe sich ein mehr als deutliches Übergewicht einer Ansteckungsgefahr gegenüber demjenigen eines Normalbürgers beziehungsweise gegenüber einem Aufenthalt im Freien im privaten Bereich. Ferner sei nicht berücksichtigt worden, dass er auch im Rahmen der Maisernte und Ernteermittlung eingesetzt worden sei. Dabei habe er teilweise mit freiem Oberkörper oder mit kurzen Hosen gearbeitet. Es möge dahinstehen, ob auch außerhalb einer beruflichen Tätigkeit im Freien, beispielsweise bei Angehörigen von Forst-, Wald- und Weidelandbetrieben ein erhebliches Risiko bestehe, sich eine Borrelioseinfektion durch Zeckenstich zuzuziehen oder dass eine Borreliose jeden Wald-, Park- oder Gartenbesucher treffen könne. Relevant und entscheidungserheblich sei einzig und allein sein gegenüber der Normalbevölkerung oder einem privaten Wald- und Wiesengänger in erheblichem Umfang signifikant gesteigertes Infektionsrisiko. Ferner sei das Sozialgericht zu Unrecht von einem Infektionszeitraum zwischen 1988 und 1993 ausgegangen. Denn aus dem Arztbrief des Universitätsklinikums F. vom 12.09.1989 gehe hervor, dass bei niedrigen IgA- und IgM-Serumkonzentrationen eine systemische Erkrankung nicht vorgefunden worden sei. Daher schieden die von ihm gegenüber Dr. K. geschilderten Zeckenbisse aus dem Jahr 1987 sowie die nicht-versicherte Tätigkeit bei der Stadtgärtnerei F. im Jahr 1988 als Infektionsquellen aus. Laborbefunde mit positiven Titern fänden sich im Übrigen unstreitig erst seit 1992. Außerdem habe es sich bei der Tätigkeit an der Fachhochschule O. nicht um eine Tätigkeit im Freien gehandelt. Zusammenfassend könne die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Sozialgerichts nicht länger aufrecht erhalten werden, da unstreitig seit 1992 eine positive Borrelien-Serologie vorliege, vor diesem Zeitpunkt keine Tätigkeit mit einem erhöhten Infektionsrisiko vorgelegen habe und demzufolge, gesichert zumindest bis zum 14.07.1989, keine positiven Befunde vorgelegen hätten, in der Zeit vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992 eine Tätigkeit mit einem Anteil von zwei Dritteln im Außenbereich sowie mit einem signifikant, also gegenüber vorangegangenen und nachfolgenden Tätigkeiten, erhöhten Infektionsrisiko vorgelegen habe, dieses auch erheblich über dem Infektionsrisiko des Normalbürgers, der sich in der Hauptansteckungszeit in der Natur aufhalte, liege und keinerlei sonstige in Frage kommenden Tätigkeiten im Freien stattgefunden hätten. Er weist auf die Entscheidungen des BVerwG vom 03.12.2008 (2 B 72/08 und 2 C 81/08) sowie vom 25.02.2010 (2 C 81/08) hin.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. September 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2005 aufzuheben und seine Borreliose-Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKVO festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sei weiterhin offen, ab wann vor 1999 die Borreliose vorgelegen habe, so dass einzelne Expositionen, insbesondere die nachgewiesenen Zeckenbisse aus den Jahren 1987 und 1988, zur Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen werden könnten. Ferner ergäben sich keine nachgewiesenen Zeckenbisse im Zeitraum der versicherten Tätigkeit des Klägers. Auch übersehe der Kläger, dass in der sonstigen versicherungsfreien beruflichen Tätigkeit eine erhebliche Gefährdung hinsichtlich der Übertragung von Borreliose durch Zeckenbisse bestanden habe. Zum Zeitraum der versicherten Exposition sei anzumerken, dass der maßgebliche versicherte Zeitraum mit einer geeigneten Exposition nicht ein Jahr, sondern maximal zwei Drittel hiervon und unter Berücksichtigung des bevorzugten Auftretens der Zecken im Frühsommer/Sommer nur wenige Monate betragen habe. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im unversicherten Bereich ein Nachweis von Zeckenbissen erfolgt sei, im versicherten Bereich jedoch nicht, und der Krankheitsbeginn vor 1999 und somit auch der Zeitraum der Infektion nicht im Vollbeweis festlegbar sei, komme unter Berücksichtigung der außerberuflichen und nicht-versicherten beruflichen Gefährdungen der versicherten Tätigkeit kein deutliches Übergewicht zu. Dies habe zur Konsequenz, dass weiterhin in gleichem Maße sämtliche gefährdenden Tätigkeiten im versicherten und unversicherten Bereich als Ursache der Borreliose in Betracht kämen. Somit stelle die Beschäftigung bei dem Maisanbauprojekt lediglich eine von mehreren Möglichkeiten der Verursachung der Borreliose-Erkrankung dar. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit lasse sich hieraus nicht ableiten.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden Dr. L. vom 22.04.2010 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, bei einer mit Borrelien infizierten Zecke trete typischerweise nach wenigen Tagen bis Wochen an der Stichstelle eine lokale, meist schmerzhafte Rötung der Haut und Unterhaut auf. Wochen bis Monate nach Infektionsbeginn komme es zu Erstmanifestationen, üblicherweise in Form von flüchtigen wandernden Gelenkentzündungen und Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Schleimbeutelentzündungen und Muskelansatzschmerzen, Kopfschmerzen, Nervenwurzelbeschwerden, Hirnnervensymptomen, diversen Sensibilitätsstörungen, Herzrhythmusstörungen sowie Augensymptomen. Diese Symptome seien beim Kläger deutlich später als direkt nach dem Zeitraum zwischen 1991 und 1992 angegeben. Die Angaben des Klägers hinsichtlich der ersten ärztlichen Behandlung nach Zeckenbiss ließen sich aufgrund fehlender dokumentierter Aufzeichnungen nicht beweisen. Die im Jahr 1993 durch Dr. St. behandelte Dermatitis könne, müsse aber nicht als Folgeerscheinung der Borreliose aufgefasst werden. Nach alledem sei es durchaus denkbar, dass sich der infizierte Zeckenbiss auch im Zeitraum zwischen 1992 bis 1994 ereignet habe, also zu einem Zeitpunkt, der versicherungstechnisch die Bestätigung einer Berufskrankheit nicht zulasse. Eine Berufskrankheit liege daher nicht vor.

Sodann hat der Kläger die Schreiben seines Freundes N. S. vom 10.08.2010 (der Kläger habe sich in den Jahren 1991 und 1992 Zecken entfernen lassen, 14 Tage nach einem Zeckenbiss sei eine Borreliose diagnostiziert worden), seines Vaters E. S. vom 30.08.2010 (der Kläger habe ihm während seiner Zeit als Betreuer des Maisprojekts in F. des Öfteren an seinem Körper befindliche Zecken, die insbesondere von Dr. G. entfernt worden seien, gezeigt) sowie seiner ehemaligen Nachbarn Gabriele und Wolfgang Oberle vom 30.08.2010 (der Kläger sei während seiner Tätigkeit im Maisfeld mehrfach von Zecken befallen worden, der Kläger habe Dr. G. wegen eines Zeckenbefalls aufgesucht), die über ihn geführte EKG-Mappe vom 05.07.1991 (gegenüber Vorbefund vom 26.09.1989 keine wesentliche Änderung) sowie weitere ärztliche Unterlagen aus den Jahren 1994 bis 2001 vorgelegt.

Der Senat hat daraufhin die mündliche Verhandlung vom 21.09.2010 vertagt und auf Anregung des Klägers Dr. G., Dr. E., Dr. H.-Sch. und Dr. G.‘ ehemalige Ehegattin G.-B. schriftlich als Zeugen gehört. Dr. G. hat am 11.10.2010 ausgeführt, ihm lägen seit der im März 1997 erfolgten Aufgabe seiner Arztpraxis keine Aktenunterlagen mehr vor. Dr. E. hat am 11.11.2010 dargelegt, sie habe die Arztpraxis von Dr. H.-Sch. am 01.01.2010 übernommen und der Kläger habe seine Praxisunterlagen bei ihr abgeholt. Frau G.-B. hat am 17.11.2010 ausgeführt, sie habe die Arztpraxis am 15.10.1997 unter Weitergabe der Patientenunterlagen an Dr. H.-Sch. verkauft. Dr. H.-Sch. hat am 18.11.2010 mitgeteilt, sie habe die Arztpraxis des Dr. G. übernommen und ihre Praxistätigkeit am 15.10.1997 aufgenommen. Ferner hat sie ihre seit 1994 gemachten persönlichen Aufzeichnungen (insbesondere vom 25.07.1994: der Kläger habe bei sich erneut Zecken entfernt, aufgrund der Blutwerte bestehe der Verdacht einer Borreliose) über den Kläger vorgelegt.

Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vom 05.10.2010 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, mit der in dem Arztbrief des Universitätsklinikums F. vom 04.07.1989 getroffenen Aussage, die Untersuchung habe keinen Anhalt für eine umschriebene oder systemische entzündliche rheumatische Erkrankung ergeben, sei eine Borreliose nicht ausgeschlossen worden, da eine diesbezügliche Untersuchung nicht erfolgt sei. Da nur eine allgemein-rheumatologische Untersuchung durchgeführt worden sei, könne zu der Borreliose keine Aussage getroffen werden.

Der Kläger hat ausgeführt, die an Dr. H.-Sch. unter dem 31.07.2003 erfolgte Anfrage der Beklagten sei vor dem Hintergrund seiner bereits am 30.08.2002 erfolgten Antragstellung zu spät erfolgt. Bei einer früheren Nachfrage hätten die Unterlagen in Anbetracht der zehnjährigen Aufbewahrungspflicht noch zur Verfügung gestanden. Daher sei es der Beklagten verwehrt, den Einwand des Nichtnachweises des schädigenden Ereignisses geltend zu machen. Es liege im Verantwortungsbereich der Beklagten, wenn weitere Nachforschungen nicht mehr erfolgversprechend seien. Es sei daher von einer Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten auszugehen.

Hierzu hat die Beklagte eingewandt, die Ermittlungen seien zügig und umfassend eingeleitet worden. Zu Beginn des Verfahrens sei nicht absehbar gewesen, dass die früheren Befunde von Relevanz sein könnten, zumal der Kläger sich an einen bestimmten Zeckenbiss nicht habe erinnern können und angegeben habe, er habe von Dr. H.-Sch. die Auskunft erhalten, in der Patientenkartei seien keine Vermerke über bei ihm vorgenommene Zeckenentfernungen enthalten. Im Übrigen sei bereits zum Zeitpunkt der am 16.08.2002 erfolgten Antragstellung in Bezug auf die versicherte Tätigkeit vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992 die zehnjährige Aufbewahrungsfrist für Patientenunterlagen abgelaufen gewesen. Ferner hat die Beklagte ausgeführt, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der in den Sommermonaten 1991 ausgeübten erhöht gefährdenden versicherten Tätigkeit und einer serologisch bestätigten Borreliose wäre nur dann mit Wahrscheinlichkeit zu führen, wenn der Nachweis einer akuten Borreliose (IgM-Antikörper) im zeitlichen Zusammenhang, also innerhalb von drei bis sechs Monaten nach Borrelienübertragung und mithin im Herbst 1991, geführt werden könne, was wiederum zur Folge habe, dass ein entsprechender Befund nur bis zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen sei. Nicht ausreichend wäre es, wenn in den Jahren 1991 und 1992 eine chronische Borreliose (IgG-Antikörper) nachgewiesen worden wäre, da diese Antikörper über Jahre persisitierten und somit auch eine Zuordnung zu der versicherten Tätigkeit mit dem notwendigen Grad der Wahrscheinlichkeit nicht möglich wäre.

Der Kläger vertritt demgegenüber die Ansicht, es sei zu Beginn des Verfahrens absehbar gewesen, dass es auf die Befunde des Dr. G. ankomme. Im Übrigen sei es nicht so, dass jeder Patient IgM- und/oder IgG-Antikörper ausbilde. Unzutreffend sei auch, dass Zecken nur von Frühjahr bis Herbst aktiv seien. Ferner beginne die ärztliche Aufbewahrungspflicht erst mit Abschluss der spezifischen Behandlung. Der Kläger hat die Leitlinien "Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose" der Deutschen Borreliose-Gesellschaft e. V. vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner Borreliose-Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKVO.

Anzuwenden sind gemäß § 212 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) die Vorschriften der bis zum 31.12.1996 geltenden unfallversicherungsrechtlichen Regelungen der Reichsversicherungsordnung (RVO) und der BKVO, da der Versicherungsfall für die Zeit vor dem 01.01.1997 geltend gemacht wird. Rechtsgrundlage sind damit die §§ 548 und 551 RVO in Verbindung mit der BKVO.

Arbeitsunfall ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO). Als Arbeitsunfall gilt ferner eine Berufskrankheit (§ 551 Abs. 1 Satz 1 RVO). Berufskrankheiten sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch die Arbeit in bestimmten Unternehmen verursacht worden sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Die Träger der Unfallversicherung sollen im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit entschädigen, sofern nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO erfüllt sind (§ 551 Abs. 2 RVO). Für die Berufskrankheiten gelten die für Arbeitsunfälle maßgebenden Vorschriften entsprechend (§ 551 Abs. 3 RVO).

Aus diesen gesetzlichen Vorgaben hat die Rechtsprechung (zuletzt in BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R) die folgenden Grundsätze entwickelt:

Für die Feststellung einer Erkrankung als Berufskrankheit ist erforderlich, dass die Verrichtungen des Versicherten einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtungen zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und dass diese Einwirkungen eine Krankheit des Versicherten verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

Die versicherte Tätigkeit, die Verrichtungen, die Einwirkungen und die Krankheit müssen als rechtserhebliche Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen.

Für die Einwirkungskausalität und die haftungsbegründende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen die berufliche Verursachung spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Bei der Anwendung dieser Beweismaßstäbe ist zu beachten, dass für die tatsächlichen Grundlagen der Wertentscheidung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung, soweit es sich nicht um den Kausalverlauf als solchen handelt, also insbesondere für Art und Ausmaß der schädigungsgeeigneten Einwirkung als wichtiges Kriterium für die Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität, der volle Nachweis zu erbringen ist.

Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob die Einwirkungen wesentlich waren. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jede/s andere alltäglich vorkommende Ereignis oder Einwirkung zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2005 - B 2 U 1/05 R; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R).

Bei der Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKVO (Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten) gilt die Besonderheit, dass es für die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zwischen versicherter Tätigkeit und Krankheit ausreicht, dass der Versicherte bei der Berufstätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen ist. Insoweit bedarf es keines Nachweises einer bestimmten Infektionsquelle, wenn der betrieblichen Gefahr einer Infektion im Verhältnis zum Risiko, im privaten Bereich zu erkranken, ein deutliches Übergewicht beizumessen ist (Bayerisches LSG, Urteil vom 11.05.2005 - L 2 U 298/03; Bayerisches LSG, Urteil vom 03.12.2003 - L 2 U 26/02; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.09.1997 - L 7 U 199/95; BSG, Beschluss vom 25.10.1989 - 2 BU 82/89; vergleiche auch zu § 31 Beamtenversorgungsgesetz [BeamtVG]: VG Augsburg, Urteil vom 26.03.2009 - Au 2 K 08.1789; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.04.2008 - 5 LA 178/07; VG Ansbach, Urteil vom 29.01.2008 - AN 1 K 07.00217; BVerwG, Urteil vom 09.11.1960 - VI C 144.58).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind vorliegend die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKVO nicht gegeben.

Es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die beim Kläger erstmals am 14.07.1994 serologisch festgestellte Borreliose-Infektion (Befundbericht des Laboratoriumsmediziniers K. vom 21.07.1994) wesentlich ursächlich auf Einwirkungen während seiner versicherten Tätigkeit vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992 zurückzuführen ist. Es fehlt also an der haftungsbegründenden Kausalität zwischen den Merkmalen "Einwirkungen" und "Krankheit". Insoweit ist der Fall des Klägers insbesondere dem des BVerwG vom 03.12.2008 (2 B 72/08), in dem das Schadensereignis örtlich und zeitlich bestimmbar war, nicht vergleichbar.

Mit Borrelien infizierte Zecken kommen in ganz Deutschland bis zu 1.000 Metern Höhe vor. Beliebte Aufenthaltsorte sind buschige Wald- und Wegränder, Laub- und Nadelwälder, hier vor allem lichte Gehölze mit Unterwuchs, sowie Parkanlagen und Gärten mit Büschen und Sträuchern als Unterholz. Auf Grund dessen zählen zu den Opfern der Lyme-Borreliose Menschen aller Altersstufen aus allen Bevölkerungsschichten. Die Lyme-Borreliose stellt in Deutschland ein flächendeckendes Problem dar und kann deshalb jeden Wald-, Park- oder Gartenbesucher treffen. Das jahreszeitliche Auftreten der Zecken-Borreliose ist an die Zeckenaktivität und das Freizeitverhalten der Bevölkerung gekoppelt. Ausflüge ins Grüne und Spaziergänge mit dem Hund, Sport und Picknicken sind mit einem hohen Infektionsrisiko verbunden; am größten ist die Infektionsgefahr in stadtnahen Parks und Wäldern. Mithin besteht auch außerhalb einer Berufstätigkeit ein erhebliches Risiko, sich eine Borrelien-Infektion durch Zeckenbiss zuzuziehen. Der Senat entnimmt dies auch dem Gutachten von Prof. Dr. K. vom 22.10.2006, der hierauf zutreffend hingewiesen hat. Diesem Infektionsrisiko gegenüber kann nur dann ein deutliches Übergewicht der Gefahr, im Rahmen der Berufsausübung mit Zecken in Berührung zu kommen, beigemessen werden, wenn die Ausübung der Berufstätigkeit mit einem - nach Ansicht des Senats auch in zeitlicher Hinsicht - signifikant höheren diesbezüglichen Risiko verbunden ist. Der Senat lässt es daher dahin stehen, ob dem Kläger darin Recht zu geben ist, dass er aufgrund seiner Tätigkeit auf Ackerflächen mit Graseinsaaten der Risikogruppe der im Freiland tätigen Personen, insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft, deren Gefahr, einen Zeckenbiss zu erleiden, statistisch gesehen um ein Mehrfaches höher ist als für den Normalbürger (siehe dazu LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.09.1997 - L 7 U 199/95 mit weiteren Nachweisen), gleichzustellen ist. Denn jedenfalls in zeitlicher Hinsicht genügt die in Rede stehende berufliche Tätigkeit des Klägers nicht den Anforderungen, um von deren wesentlichen Ursächlichkeit für seine Borreliose-Erkrankung ausgehen zu können.

Der Kläger war zwar im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit vom 30.04.1991 bis zum 30.04.1992 im Frühjahr und Frühsommer, also rund sieben Monate zwischen April und August 1991 sowie März bis April 1992, einer besonderen Gefahr ausgesetzt, einen Zeckenbiss zu erleiden. Der hierdurch bedingten betrieblichen Gefahr einer Infektion ist aber im Verhältnis zum Risiko, sich im privaten Bereich zu infizieren, kein deutliches Übergewicht beizumessen. Es fehlt daher an der besonders engen ursächlichen Verknüpfung mit der Tätigkeit, wie dieser der Entscheidung des BVerwG vom 03.12.2010 (2 B 72/08) zugrunde lag.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann aus der ärztlichen Bescheinigung des Universitätsklinikums Freiburg vom 12.09.1989 nicht der Schluss gezogen werden, dass am 04.07.1989 noch keine Borreliose-Infektion vorlag, und kann mithin als frühestmöglicher Infektionszeitpunkt nicht der 05.07.1989 angenommen werden. Zutreffend hat Dr. H. in der von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 05.10.2010 ausgeführt, dass mit der in dem Arztbrief des Universitätsklinikums F. vom 04.07.1989 getroffenen Aussage, die Untersuchung habe keinen Anhalt für eine umschriebene oder systemische entzündliche rheumatische Erkrankung ergeben, eine Borreliose-Infektion nicht ausgeschlossen worden ist, da eine diesbezügliche Untersuchung nicht erfolgt ist. Mithin kommt der gesamte vor Beginn der versicherten Tätigkeit am 30.04.1991 liegende Zeitraum als Infektionszeitraum und mithin beispielsweise die für den 15.05.1987 und 15.06.1987 (Befundbericht des Prof. Dr. W. vom 18.05.1987 mit Karteikartenauszug, Arztbrief des Dr. R. vom 15.03.1999 sowie Befundberichte des Dr. K. vom 13.07.2001, 18.10.2002 und 03.01.2003) belegten, sich im unversicherten Bereich zugetragenen Zeckenbisse als zu berücksichtigende Infektionsquelle in Betracht. Ferner kommt als weiterer Infektionszeitraum die nach dem Ende der versicherten Tätigkeit am 30.04.1992 liegende Zeit bis zu dem aufgrund der erstmals serologisch festgestellten Borreliose (Befundbericht des Laboratoriumsmediziniers K. vom 21.07.1994) spätest möglichen Infektionszeitpunkt am 14.07.1994, mithin beispielsweise die für das Jahr 1994 (von Dr. E. vorgelegter Karteikartenauszug des Dr. G. für den 25.07.1994) belegten, sich im unversicherten Bereich zugetragenen Zeckenbisse, in Betracht. Damit stand der versicherten Infektionsgefahr von sieben Monaten zwischen April und August 1991 sowie März bis April 1992 eine im unversicherten Bereich mögliche Infektionsgefahr von sechs Monaten in mehreren Jahren vor Beginn der versicherten Tätigkeit bis über zwei Jahre nach Beendigung der versicherten Tätigkeit gegenüber.

Soweit der Kläger den vermuteten Zeckenbiss auf den relevanten Zeitraum von 1991 bis 1992 datiert, so hat der Sachverständige Dr. L. insoweit zu Recht auf den "missing link" in der Dokumentation des Hausarztes Dr. G. hingewiesen. Dieser ist zur Überzeugung des Senats auch nicht durch die nunmehr vorgelegte Karteikarte erbracht. Denn hieraus ergeben sich zeitlich nur zwei Hinweise auf eine stattgehabte Borreliose, nämlich am 25.07.1994 und 07.11.1997. Beide Zeitpunkte liegen zum einen weit nach dem geltend gemachten Ereignis. Zum anderen war die Erkrankung weder 1994 noch 1997 klinisch manifest. Ein Erythema migrans konnte ausgeschlossen werden, ein Nachweis über eine Untersuchung der Gelenkflüssigkeit erfolgte nicht, sondern erst 1999. Dafür spricht auch, dass nach den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. K. nur 1 bis 3 % der Borreliosen klinisch manifest werden und im Übrigen unbemerkt verlaufen. Doch selbst wenn dem Kläger darin zu folgen wäre, dass aufgrund der ärztlichen Bescheinigung des Universitätsklinikums F. vom 12.09.1989 davon auszugehen wäre, dass am 04.07.1989 noch keine Borreliose-Infektion vorgelegen hätte und mithin als frühestmöglicher Infektionszeitpunkt der 05.07.1989 in Betracht käme, würde sich hierdurch nichts an der Richtigkeit der Entscheidung der Beklagten ändern. Denn für diesen Fall hätte der versicherten Infektionsgefahr von sieben Monaten zwischen April und August 1991 sowie März bis April 1992 eine im unversicherten Bereich mögliche Infektionsgefahr von Juli bis August im Jahr 1989, von März bis August im Jahr 1990, im März im Jahr 1991, von Mai bis August im Jahr 1992, von März bis August im Jahr 1993 sowie von März bis Juli im Jahr 1994 und mithin 24 Monaten gegenüber gestanden. Dieser verhältnismäßig geringe zeitliche Anteil von circa 29 % der beruflich bedingten Infektionsgefahr gegenüber der im privaten Bereich möglichen Infektionsgefahr würde es immer noch nicht rechtfertigen, ein deutliches Übergewicht der beruflich bedingten Gefahr gegenüber dem Risiko, im privaten Bereich von einer Zecke gebissen zu werden, anzunehmen.

Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung kommt es auch nicht darauf an, ob er nachzuweisen in der Lage ist, dass er im versicherten Zeitraum Zeckenbisse erlitten und deswegen seinen Hausarzt Dr. G. aufgesucht hat. Zum einen würde dies nichts daran ändern, dass möglicherweise Zeckenbisse aus der Zeit vor oder nach der versicherten Tätigkeit ursächlich für die erstmals am 14.07.1994 festgestellte Borreliose-Infektion waren. Zum anderen ist es gar nicht möglich, zu beweisen, dass im Falle einer Erkrankung der beobachtete Zeckenbiss auch der für eine später festgestellte Infektion relevante Zeckenbiss war, da statistisch betrachtet, wahrscheinlich nur jeder Vierhundertste beobachtete Zeckenbiss zu einer Borreliose-Erkrankung führt. Dies hat Dr. K. in seinem Gutachten vom 22.10.2006 für den Senat überzeugend herausgearbeitet, indem er darauf hingewiesen hat, dass die Wahrscheinlichkeit eines Befalls von Zecken mit B. B. nicht kalkulierbar ist, die Inkubationszeit zwischen Infektion und Krankheitszeichen erheblich variiert, die Transmissionsrate für B. B. auf den Menschen nur circa 3% bis 6 % beträgt und mehr als 97 % der Infektionen unbemerkt verlaufen.

Es kann daher offen bleiben, ob - wie der Kläger meint - die Beklagte wegen des inzwischen eingetretenen Ablaufs der Aufbewahrungspflicht ärztlicher Unterlagen im Wege einer etwaigen Beweislastumkehr nachzuweisen hat, dass der Kläger im versicherten Zeitraum keine Zeckenbisse erlitten hat. Der Kläger verkennt bei seiner Argumentation, dass im Rahmen der Prüfung der oben dargestellten viergliedrigen Kausalitätskette "versicherte Tätigkeit, Verrichtungen, Einwirkungen, Krankheit" für die Bejahung des Merkmals "Einwirkungen" der Nachweis von Zeckenbissen während der versicherten Tätigkeit weder erforderlich noch ausreichend ist, sondern der Nachweis einer Ansteckungsgefahr während der versicherten Tätigkeit genügt. Dieser Nachweis ist aufgrund der Angaben des Regierungspräsidiums F. vom 01.07.2003, wonach das Dreisamtal im Frühsommer ein bekanntes, vom Kläger während seiner versicherten Tätigkeit häufiger betretenes Zeckenbefallsgebiet handelt, erbracht. Es fehlt aber vorliegend, wie oben ausführlich dargelegt, an der haftungsbegründenden Kausalität zwischen den Merkmalen "Einwirkungen" und "Krankheit", da der betrieblichen Gefahr einer Infektion im Verhältnis zum Risiko, sich im privaten Bereich zu infizieren, kein deutliches Übergewicht beizumessen ist und mithin nicht mehr für als gegen eine berufliche Verursachung spricht.

Dessen ungeachtet war die zehnjährige Aufbewahrungsfrist für ärztliche Unterlagen bereits zum Antragszeitpunkt abgelaufen, da es zeitlich nicht auf die Übergabe an den Praxisnachfolger, sondern das Alter der Patientenunterlagen ankommt (vergleiche die Auskunft von Dr. H.-Sch. vom 18.11.2010). Weiter kann ein Beweisnotstand bei einem nicht festgestellten Tatbestandsmerkmal nicht zur Umkehr der Beweislast führen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.08.1994 - L 7 U 255/92 - zitiert nach juris).

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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