Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 VG 2678/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 703/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04. Januar 2011 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am 10.04.2009 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) geworden ist.
Am genannten Tage fand in Norderstedt bei Hamburg ein Fußball-Regionalligaspiel zwischen der zweiten Mannschaft des Hamburger Sportvereins und dem FC Sachsen Leipzig statt, nach dessen Ende es zu körperlichen Auseinandersetzungen kam, bei denen mehrere Beteiligte, darunter auch ein Polizeibeamter, verletzt wurden. Aus Anlass dieser Ereignisse wurde der im Jahre 1962 geborene Kläger wegen eines Angriffs auf den Kopf eines körperlich unterlegenen Gegners festgenommen. Die Festnahme durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes erfolgte angesichts der Gegenwehr des mehr als 1,90 m großen Klägers durch Einsatz körperlicher Gewalt unter Anwendung von Pfefferspray sowie von Handschließen und mit Hilfe von privaten Ordnern des Veranstalters. Der Kläger wurde zunächst auf die zuständige Polizeistation überführt und nach Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen sowie einer Blutentnahme (BAK 1,25 Promille) entlassen. Bei einer noch am 10.04.2009 durchgeführten ärztlichen Untersuchung fanden sich eine Prellmarke an der linken Wange sowie eine Abschürfung am linken Ellbogen.
Mit Schreiben vom 05.11.2009 beantragte der Kläger die Gewährung von Opferentschädigung. Im Verlaufe des Verfahrens machte er geltend, ein Ordner habe ihm nach Anlegen der Handschließen gezielt Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und ihm den Ellbogen auf das Jochbein geschlagen, wodurch seine Brille beschädigt worden sei. Darüber hinaus sei ihm seine Jacke entrissen worden und hätten bei Rückgabe EUR 40 sowie seine Rechtsschutzversicherungskarte gefehlt. Auf dem Polizeirevier sei er schlecht behandelt worden.
Mit Bescheid vom 10.03.2010 und Widerspruchsbescheid vom 26.05.2010 lehnte das Landesamt für soziale Dienste Sch.-H. die Gewährung von Opferentschädigung ab, da sich ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff auf den Kläger nicht nachweisen lasse.
Die hiergegen am 28.06.2010 erhobene Klage hat das Sozialgericht Karlsruhe mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2011 gleichfalls wegen des fehlenden Nachweises eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffes abgewiesen. Diese mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Entscheidung ist am 05.01.2011 zum Zwecke der Zustellung an den Kläger unter seiner noch immer zutreffenden Anschrift zur Post gegeben und nach der über die Zustellung gefertigten Urkunde am 08.01.2011 im Anschluss an den fehlgeschlagenem Versuch einer Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung in den zu derselben gehörenden Briefkasten bzw. in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt worden.
Mit am 10.02.2011, einem Donnerstag, beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangenem Schreiben vom 08.02.2011 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zugleich hat er gebeten, ihm wegen zweifacher schwerer Krankheit in seiner Familie vier Wochen Zeit zur Äußerung über den Vorfall zu geben. Unter dem 21.02.2000 und dem 21.03.2011 hat der Senat den Kläger auf die Verspätung der von ihm eingelegten Berufung sowie die Möglichkeit der Geltendmachung von Wiedereinsetzungsgründen hingewiesen. Hierauf hat er sich nicht geäußert. Zur mündlichen Verhandlung am 09.06.2011 ist er nicht erschienen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Januar 2011 sowie den Bescheid vom 10. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass er am 10. April 2009 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Opferentschädigungsgesetz geworden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Karlsruhe sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist wegen Versäumung der einmonatigen Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig und daher zu verwerfen.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 04.01.2011 wurde dem Kläger am 08.01.2011 durch Postzustellungsurkunde mittels Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt (§ 63 Abs. 2 SGG i. V. mit § 172 Abs. 1 Satz 1, § 176 und § 180 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dies ist durch die Postzustellungsurkunde bewiesen (vgl. zur Beweiskraft der genannten Urkunde § 63 Abs. 2 SGG i. V. mit § 182 Abs. 1 Satz 2, § 418 Abs. 1 ZPO). Darauf, wann der Kläger von dem Gerichtsbescheid Kenntnis genommen hat, kommt es im Falle der Zustellung mittels Postzustellungsurkunde für den Lauf der Frist nicht an.
Nachdem der Gerichtsbescheid mit einer den Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 SGG entsprechenden Rechtsmittelbelehrung versehen war, wurde die einmonatige Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG am Tag nach der Zustellung, hier am 09.01.2011, in Lauf gesetzt (§ 64 Abs. 1 SGG). Dass dieser Tag ein Sonntag war, spielt für den Fristbeginn keine Rolle, da sich die Bestimmung des § 64 Abs. 3 SGG nur auf das Fristende bezieht (vgl. zu § 54 Finanzgerichtsordnung [FGO] i. V. mit § 222 ZPO, § 187 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] BFH, Beschluss vom 21.09.2009 - I B 48, 49/09, I B 48/09, I B 49/09 - zit. nach juris). Die Frist endete mit Ablauf des 08.02.2011 (§ 64 Abs. 2 SGG), einem Dienstag. Im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung beim Sozialgericht (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 10.02.2011 war die Berufungsfrist nach alledem bereits abgelaufen.
Dem Antragsteller kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist (§ 67 SGG) gewährt werden. Denn es besteht kein Anhalt dafür, dass er ohne Verschulden gehindert war, die einmonatige Berufungsfrist einzuhalten. Soweit sein Hinweis auf eine zweifache schwere Krankheit in seiner Familie zutrifft, mag dies zwar aus Zeitgründen eine eingehende Beschäftigung mit dem Streitstoff und damit eine zeitnahe Berufungsbegründung ausschließen; hierauf hat der Kläger in der Berufungsschrift mit dem genannten Hinweis auch abgehoben. Allerdings behauptet der Kläger selbst nicht, dass ihn die Erkrankungen auch an der - wenig zeitintensiven - bloßen Berufungseinlegung innerhalb der Rechtsmittelfrist gehindert haben. Für eine eigene Erkrankung des Klägers, die ihn von der Einlegung der Berufung hätte abhalten können, spricht angesichts des Verweises auf Erkrankungen in der Familie nichts.
Aber auch in der Sache wäre der Berufung kein Erfolg beschieden. Denn ein vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff ist aus den vom Sozialgericht im angegriffenen Urteil ausführlich und zutreffend dargelegten Gründen, auf die der Senat verweist (§ 153 Abs. 2 SGG), nicht erweislich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am 10.04.2009 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) geworden ist.
Am genannten Tage fand in Norderstedt bei Hamburg ein Fußball-Regionalligaspiel zwischen der zweiten Mannschaft des Hamburger Sportvereins und dem FC Sachsen Leipzig statt, nach dessen Ende es zu körperlichen Auseinandersetzungen kam, bei denen mehrere Beteiligte, darunter auch ein Polizeibeamter, verletzt wurden. Aus Anlass dieser Ereignisse wurde der im Jahre 1962 geborene Kläger wegen eines Angriffs auf den Kopf eines körperlich unterlegenen Gegners festgenommen. Die Festnahme durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes erfolgte angesichts der Gegenwehr des mehr als 1,90 m großen Klägers durch Einsatz körperlicher Gewalt unter Anwendung von Pfefferspray sowie von Handschließen und mit Hilfe von privaten Ordnern des Veranstalters. Der Kläger wurde zunächst auf die zuständige Polizeistation überführt und nach Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen sowie einer Blutentnahme (BAK 1,25 Promille) entlassen. Bei einer noch am 10.04.2009 durchgeführten ärztlichen Untersuchung fanden sich eine Prellmarke an der linken Wange sowie eine Abschürfung am linken Ellbogen.
Mit Schreiben vom 05.11.2009 beantragte der Kläger die Gewährung von Opferentschädigung. Im Verlaufe des Verfahrens machte er geltend, ein Ordner habe ihm nach Anlegen der Handschließen gezielt Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und ihm den Ellbogen auf das Jochbein geschlagen, wodurch seine Brille beschädigt worden sei. Darüber hinaus sei ihm seine Jacke entrissen worden und hätten bei Rückgabe EUR 40 sowie seine Rechtsschutzversicherungskarte gefehlt. Auf dem Polizeirevier sei er schlecht behandelt worden.
Mit Bescheid vom 10.03.2010 und Widerspruchsbescheid vom 26.05.2010 lehnte das Landesamt für soziale Dienste Sch.-H. die Gewährung von Opferentschädigung ab, da sich ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff auf den Kläger nicht nachweisen lasse.
Die hiergegen am 28.06.2010 erhobene Klage hat das Sozialgericht Karlsruhe mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2011 gleichfalls wegen des fehlenden Nachweises eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffes abgewiesen. Diese mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Entscheidung ist am 05.01.2011 zum Zwecke der Zustellung an den Kläger unter seiner noch immer zutreffenden Anschrift zur Post gegeben und nach der über die Zustellung gefertigten Urkunde am 08.01.2011 im Anschluss an den fehlgeschlagenem Versuch einer Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung in den zu derselben gehörenden Briefkasten bzw. in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt worden.
Mit am 10.02.2011, einem Donnerstag, beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangenem Schreiben vom 08.02.2011 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zugleich hat er gebeten, ihm wegen zweifacher schwerer Krankheit in seiner Familie vier Wochen Zeit zur Äußerung über den Vorfall zu geben. Unter dem 21.02.2000 und dem 21.03.2011 hat der Senat den Kläger auf die Verspätung der von ihm eingelegten Berufung sowie die Möglichkeit der Geltendmachung von Wiedereinsetzungsgründen hingewiesen. Hierauf hat er sich nicht geäußert. Zur mündlichen Verhandlung am 09.06.2011 ist er nicht erschienen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Januar 2011 sowie den Bescheid vom 10. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass er am 10. April 2009 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Opferentschädigungsgesetz geworden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Karlsruhe sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist wegen Versäumung der einmonatigen Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig und daher zu verwerfen.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 04.01.2011 wurde dem Kläger am 08.01.2011 durch Postzustellungsurkunde mittels Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt (§ 63 Abs. 2 SGG i. V. mit § 172 Abs. 1 Satz 1, § 176 und § 180 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dies ist durch die Postzustellungsurkunde bewiesen (vgl. zur Beweiskraft der genannten Urkunde § 63 Abs. 2 SGG i. V. mit § 182 Abs. 1 Satz 2, § 418 Abs. 1 ZPO). Darauf, wann der Kläger von dem Gerichtsbescheid Kenntnis genommen hat, kommt es im Falle der Zustellung mittels Postzustellungsurkunde für den Lauf der Frist nicht an.
Nachdem der Gerichtsbescheid mit einer den Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 SGG entsprechenden Rechtsmittelbelehrung versehen war, wurde die einmonatige Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG am Tag nach der Zustellung, hier am 09.01.2011, in Lauf gesetzt (§ 64 Abs. 1 SGG). Dass dieser Tag ein Sonntag war, spielt für den Fristbeginn keine Rolle, da sich die Bestimmung des § 64 Abs. 3 SGG nur auf das Fristende bezieht (vgl. zu § 54 Finanzgerichtsordnung [FGO] i. V. mit § 222 ZPO, § 187 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] BFH, Beschluss vom 21.09.2009 - I B 48, 49/09, I B 48/09, I B 49/09 - zit. nach juris). Die Frist endete mit Ablauf des 08.02.2011 (§ 64 Abs. 2 SGG), einem Dienstag. Im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung beim Sozialgericht (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG) am 10.02.2011 war die Berufungsfrist nach alledem bereits abgelaufen.
Dem Antragsteller kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist (§ 67 SGG) gewährt werden. Denn es besteht kein Anhalt dafür, dass er ohne Verschulden gehindert war, die einmonatige Berufungsfrist einzuhalten. Soweit sein Hinweis auf eine zweifache schwere Krankheit in seiner Familie zutrifft, mag dies zwar aus Zeitgründen eine eingehende Beschäftigung mit dem Streitstoff und damit eine zeitnahe Berufungsbegründung ausschließen; hierauf hat der Kläger in der Berufungsschrift mit dem genannten Hinweis auch abgehoben. Allerdings behauptet der Kläger selbst nicht, dass ihn die Erkrankungen auch an der - wenig zeitintensiven - bloßen Berufungseinlegung innerhalb der Rechtsmittelfrist gehindert haben. Für eine eigene Erkrankung des Klägers, die ihn von der Einlegung der Berufung hätte abhalten können, spricht angesichts des Verweises auf Erkrankungen in der Familie nichts.
Aber auch in der Sache wäre der Berufung kein Erfolg beschieden. Denn ein vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff ist aus den vom Sozialgericht im angegriffenen Urteil ausführlich und zutreffend dargelegten Gründen, auf die der Senat verweist (§ 153 Abs. 2 SGG), nicht erweislich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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