L 6 VG 3447/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 VG 3958/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 3447/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 01. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger am 06.05.2006 i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) Opfer vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriffe durch Beamte des Polizeivollzugsdienstes und einen Arzt geworden ist.

Der im Jahre 1957 geborene, ab 1978 u. a wegen Körperverletzungsdelikten insgesamt sechzehnmal strafgerichtlich verurteilte Kläger wurde am 05.05.2006 aus einer mehrmonatigen Strafhaft entlassen.

In der darauf folgenden Nacht befuhr der Kläger gegen 2:00 Uhr mit dem PKW eines Bekannten die L 257 von L. in Richtung U ... Dabei fiel er einer Polizeistreife durch seine Fahrweise (Schlangenlinien) auf. Trotz mehrerer Versuche, ihn zum Anhalten zu bewegen, fuhr der Kläger zunächst zum Teil auf der Gegenfahrbahn und mit überhöhter Geschwindigkeit weiter. Nachdem er das von ihm geführte Fahrzeug schließlich zum Halten gebracht hatte, wurde er von den Beamten, Polizeimeister (PM) K. und PM B., aufgefordert, das Fahrzeug zu verlassen. Dem kann der Kläger nicht nach und schloss die bereits geöffnete Fahrzeugtür. Daraufhin wurde die Tür von den Beamten erneut geöffnet und der Kläger nach entsprechender Androhung aus dem Fahrzeug gezogen, auf dem Boden fixiert und mit Handschließen geschlossen. Anschließend kotete er in seine Hose. Nachdem er einen Alkoholtest verweigert hatte und auch keine Ausweispapiere mit sich führte, wurde er zum Zwecke einer Blutentnahme sowie zur Identitätsfeststellung zum Polizeirevier L. verbracht. Dabei verschmutzte er zunächst das Dienstfahrzeug und in der Folgezeit auch die Räumlichkeiten des Polizeireviers mit aus seiner Hose geholtem Kot. Daraufhin wurde er in den Gewahrsamsraum verbracht, den er gleichfalls mit Kot verschmutzte. Nach Eintreffen des Arztes P. wurde die Tür zum Gewahrsamsraum geöffnet, worauf Polizeihauptmeister (PHM) Sch. von Kot an der Brust getroffen wurde. Bei der anschließenden Blutentnahme durch den Arzt musste der Kläger von PHM Sch. erneut nach Androhung unmittelbaren Zwangs fixiert werden, wobei er schließlich auf den Boden fiel. Die entnommene Blutprobe erbrachte einen Blutalkoholgehalt (BAK) von 0.00 Promille und keine Rückstände von Betäubungsmitteln bzw. deren Abbauprodukten.

Am folgenden Morgen war beabsichtigt, den Kläger, der zuvor die Möglichkeit erhalten hatte, sich zu säubern und dem von dem ihm bekannten Polizeihauptkommissar (PHK) W. eine Diensthose zur Verfügung gestellt worden war, zu entlassen. Bei Übergabe der in seinem Eigentum stehenden Gegenstände entledigte sich der Kläger seiner Kleidung und griff sich ein ihm gehörendes Taschenmesser, das er öffnete und vor sich hielt. Der mehrmaligen Aufforderung, das Messer aus der Hand zu legen, kam er nicht nach. Daraufhin setzte der hinzugeeilte Polizeiobermeister (POM) H. nach entsprechender Androhung Pfefferspray ein und entwaffnete den Kläger gemeinsam mit dem gleichfalls hinzugekommenen PHM H ... Anschließend wurden dem Kläger wieder Handschließen angelegt. Zunächst wurde er erneut in den Gewahrsamsraum und sodann in das Zentrum für Psychiatrie Bad S. verbracht. Seine Entlassung erfolgte nach Durchführung von Untersuchungen noch am selben Tage ohne krankhaften Befund.

Am Abend des 06.05.2006 stellte sich der Kläger in der Notfallambulanz der Kreisklinik L. vor und gab an, er sei von mehreren Polizisten zusammengeschlagen worden und leide jetzt an wechselnden Schmerzen, auch an Unterleibsschmerzen. Es fanden sich Prellmarken an der linken Schulter, am linken Ellbogen und an beiden Handgelenken sowie Schürfwunden an beiden Unterschenkeln. Eine Behandlung erfolgte nicht.

Am 30.07.2006 wandte sich der Kläger an die Bezirksärztekammer Südwürttemberg und machte eine unterlassene Hilfeleistung von Seiten des Arztes P. geltend. Unter dem 03.07.2007 teilte die Bezirksärztekammer dem Kläger mit, für seine Beschwerde habe sie keinerlei Verständnis; ein ärztliches Fehlverhalten könne sie nicht feststellen.

Mit an den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg gerichteter E-Mail vom 14.12.2006 begehrte der Kläger eine Strafverfolgung von Bediensteten des Polizeireviers L.; diese hätten ihn misshandelt, bestohlen und zum Krüppel geschlagen. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren - 24 Js 6818/07 - wurde nach Vernehmung von PM K., PM B. und PHM Sch., des zwischenzeitlich in den Ruhestand getretenen PHK W., der seinerzeit auf dem Polizeirevier L. anwesenden Polizeibeamten B., B. und B. sowie des Arztes P. als Beschuldigte und der Polizeifreiwilligen Spielberger als Zeugin mit Verfügung der Staatsanwaltschaft R. vom 09.05.2008 eingestellt. Objektive Hinweise auf unverhältnismäßige, rechtswidrige Maßnahmen der beschuldigten Polizeibeamten seien nicht vorhanden; insbesondere fehle es an Hinweisen auf die vom Kläger geschilderten massiven Verletzungsfolgen. Der beschuldigte Arzt habe im Rahmen der angeordneten Blutentnahme gehandelt; ein hinreichender Tatverdacht hinsichtlich unterlassener Hilfeleistung bestehe nicht. Gleiches gelte mit Blick auf den geltend gemachten Diebstahl, nachdem der Kläger seine Effekten am 06.05.2006 abgeholt und den Empfang ohne Einwände bestätigt habe. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde von der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart unter dem 12.11.2008 zurückgewiesen.

Mit Urteil vom 09.04.2008 - 8 Ds 24 Js 11031/06 - wurde der Kläger nach persönlicher Anhörung und Vernehmung des Sachverständigen Dr. L. (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie forensische Psychiatrie), sowie der Zeugen PM B., PHM Sch., PHM H., PHK a. D. W., PHK Sch., P. und PM K. vom Amtsgericht B. wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlicher Beleidigung und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, aus der unter Einbeziehung einer anderweitig abgeurteilten Straftat eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten gebildet wurde; hinsichtlich des Vorwurfs der Bedrohung wurde der Kläger freigesprochen. Der Kläger habe auf dem Polizeirevier bewusst mehrmals in seine Hose gegriffen und mit Kot um sich geworfen sowie PHM Sch. zielgerichtet mit Kot beworfen. Die angeordneten Maßnahmen der Verbringung zum Revier und der Blutentnahme seien rechtmäßig gewesen, da der Verdacht einer Trunkenheitsfahrt bestanden habe, der Kläger keinerlei Ausweispapiere mit sich geführt habe und die Maßnahmen zudem verhältnismäßig gewesen seien. Aufgrund der Tatzeit sei zur Blutentnahme entgegen der Auffassung des Klägers gem. § 81a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) wegen Gefahr im Verzug keine richterliche Anordnung erforderlich gewesen. Eine Bedrohung von Polizeibeamten mit einem Messer habe sich nicht bestätigen lassen. Vielmehr hätten die hierzu vernommenen Zeugen PHM H. und PHK a. D. W. glaubhaft und in Übereinstimmung mit der Einlassung des Klägers angegeben, dieser habe zwar nackt mit einem Messer "herumgefuchtelt", zu einer Bedrohung irgendeiner der anwesenden Personen sei es aber nicht gekommen.

Nach auf das Strafmaß beschränkter Berufung des Klägers wurde er mit Urteil des Landgerichts R. vom 06.02.2009 - 4 Ns 24 Js 11031/06 - wegen tateinheitlich begangener Körperverletzung, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Sachbeschädigung unter Einbeziehung der bereits oben angeführten anderweitig abgeurteilten Straftat zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je EUR 10,00 verurteilt und im Übrigen freigesprochen.

Am 20.12.2006 hatte der Kläger beim Landratsamt B. die Gewährung von Opferentschädigung beantragt und angegeben, er habe durch eine überzogene Anwendung von Gewalt durch Beamte des Landes einen tätlichen Übergriff mit Wirbel- und Nervenverletzung erlitten; es bestehe teilweise eine Lähmung.

Nach Beiziehung der Straf- und Ermittlungsakten - 8 Ds 24 Js 11031/06 sowie 24 Js 6818/07 - lehnte das Landratsamt B. den Antrag des Klägers auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG mit Bescheid vom 20.07.2009 ab, da er nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden sei. Die von den Polizeibeamten vorgenommenen Diensthandlungen seien nach der StPO und dem Polizeigesetz Baden-Württemberg (PolG) gerechtfertigt. Insbesondere sei nach den Feststellungen des Strafgerichts für die Blutentnahme keine richterliche Anordnung erforderlich gewesen.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2009 aus den Gründen der Ausgangsentscheidung zurück.

Die vom Kläger am 03.11.2009 erhobene Klage hat das Sozialgericht Ulm mit Urteil vom 01.06.2010 abgewiesen. Der Kläger sei nicht Opfer eines rechtswidrigen Angriffs geworden; vielmehr sei die von den Polizeibeamten am 06.05.2006 ergriffenen Zwangsmaßnahmen durch das PolG und die StPO gedeckt. Dies ergebe sich zunächst daraus, dass das Ermittlungsverfahren 24 Js 6818/07 bestandskräftig eingestellt worden sei. Es folge aber auch zweifelsfrei aus den Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts B ... Soweit der Kläger nunmehr vorbringe, der Sachverhalt sei falsch, könne dem nicht gefolgt werden. Denn er habe seine gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegte Berufung auf das Strafmaß beschränkt und damit den Sachverhalt eingeräumt. Im Übrigen entfiele ein Entschädigungsanspruch selbst unter Annahme einer Rechtswidrigkeit der Zwangsmaßnahmen wegen Mitverursachung durch den Kläger.

Am 22.07.2010 hat der Kläger gegen das ihm am selben Tage zugestellte Urteil des Sozialgerichts Berufung eingelegt. Er trägt vor, er habe die Ladung zur mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts nicht erhalten und bitte um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der geschilderte Sachverhalt sei nicht richtig. Es frage sich, wie man mit Handschellen in die Hose greifen und mit Kot werfen könne. Er sei von den Beamten mit Stiefeln so getreten worden, dass eine automatische Darmentleerung erfolgt sei. Ferner habe PHM Sch. durch Schläge und Niederschlag auf den Boden seine Verletzungen billigend in Kauf genommen. Die Blutentnahme sei unter Umgehung des Richtervorbehalts zu Unrecht erfolgt, da ein vierundzwanzigstündiger Bereitschaftsdienst des Amtsgerichts R. bestehe. Hierzu hat er gerichtliche Entscheidungen zum Richtervorbehalt nach § 81a Abs. 2 StPO sowie eine Bestätigung des Amtsgerichts R. vorgelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 01. Juni 2010 sowie den Bescheid vom 20. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2009 aufzuheben und festzustellen, dass er am 06. Mai 2006 durch polizeiliche Maßnahmen und die erfolgte Blutentnahme Opfer vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriffe im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Opferentschädigungsgesetz geworden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Ulm sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten einschließlich der Ermittlungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger erstrebt bei sachdienlicher Auslegung seines Klage- und Berufungsbegehrens (§ 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen ablehnenden - und auch einer zukünftigen Leistungsgewährung entgegenstehenden - Verwaltungsentscheidungen des Beklagten sowie die gerichtliche Feststellung des Vorliegens vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriffe im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG. Denn nachdem der Beklagte die Gewährung von Leistungen insgesamt mit der Begründung abgelehnt hat, ein solcher Angriff liege nicht vor, ist vorliegend in Ermangelung einer vom Beklagten getroffenen Verwaltungsentscheidung über konkrete Entschädigungsleistungen ein gerichtlicher Leistungsausspruch auf Gewährung von (unbenannten) Versorgungsleistungen nicht zulässig (vgl. zur Verneinung eines Versicherungsfalls durch den Unfallversicherungsträger im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage, Seite 162-165). Vielmehr ist zunächst die in Rede stehende und vom Beklagten verneinte Voraussetzung möglicher Leistungsansprüche im Wege der Feststellungsklage zu klären. Einem auf Gewährung von Beschädigtenversorgung gerichteten Leistungs- oder Verpflichtungsantrag kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. BSG, Urteil vom 15.02.2005, a. a. O., Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2).

Die Berufung des Klägers ist mit dem so gefassten Begehren zulässig, jedoch nicht begründet.

Zum einen besteht im Ergebnis kein hinreichender Anlass für eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Zwar hat der Kläger vorgetragen, er habe die ihm (mit einfachem Brief übersandte) Ladung zur mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts am 01.06.2010 nicht erhalten und um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebeten. Indes ist angesichts seines nur vier Tage nach Aufgabe der Ladung zur Post gestellten Prozesskostenhilfeantrages bereits fraglich, ob er die Ladung tatsächlich nicht erhalten hat. Unabhängig davon räumt der Senat in Anwendung des ihm gesetzlich eingeräumten Ermessens dem Interesse aller Beteiligter (auch des Klägers) an einem alsbaldigen Abschluss des Verfahrens vorliegend den Vorrang gegenüber dem Interesse am Erhalt zweier Tatsacheninstanzen ein.

Zum anderen hat die Berufung auch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide sind rechtsmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass er Opfer vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriffe im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG geworden ist. Dies hat das Sozialgericht im angegriffenen Urteil mit Blick auf die von Beamten des Polizeivollzugsdienstes am 06.05.2006 getroffenen Maßnahmen zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Dies gilt auch für die von dem Arzt P. im Rahmen der polizeilichen Anordnung nach § 81a Abs. 2 StPO durchgeführte Blutentnahme selbst. Ergänzend ist mit Blick auf das Vorbringen des Klägers folgendes auszuführen:

Das pauschale Vorbringen des Klägers, der vom Sozialgericht geschilderte Sachverhalt sei nicht richtig, vermag die für die Entscheidung tragenden Feststellungen im angegriffenen Urteil nicht in Zweifel zu ziehen. Dies gilt auch, soweit er die Frage aufwirft, wie man mit Handschellen in die Hose greifen und mit Kot werfen könne. Denn die eigenen Straftaten des Klägers sind im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich, nachdem sich die vom Sozialgericht aufgeworfene Frage der Mitverursachung der Schädigung durch den Kläger, also des Vorliegens von Versagungsgründen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 OEG in Ermangelung eines feststellbaren vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG nicht stellt. Für seine Behauptung, er sei von Beamten mit Stiefeln so getreten worden, dass eine automatische Darmentleerung erfolgt sei, spricht nichts. Gleiches gilt für seine Einlassung, PHM Sch. habe durch Schläge und Niederschlag auf den Boden seine Verletzungen billigend in Kauf genommen.

Soweit der Kläger meint, die Blutentnahme sei unter Umgehung des Richtervorbehalts zu Unrecht erfolgt, da ein vierundzwanzigstündiger Bereitschaftsdienst des Amtsgerichts R. bestehe, geht sein Vorbringen an der Sache vorbei. Denn das Polizeirevier L. liegt im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts B., für den das Amtsgericht selbst im Urteil vom 09.04.2008 ausgeführt hat, dass aufgrund der Tatzeit zur Blutentnahme gem. § 81a Abs. 2 StPO wegen Gefahr im Verzug keine richterliche Anordnung erforderlich war. Die Anordnung der Blutentnahme selbst ist angesichts dessen in Anwendung des § 152 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) i. V. mit § 1 II. 1. der Verordnung der Landesregierung Baden-Württemberg über die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft vom 12.02.1996 (GBl. 1996, 184 - StAHiBV BW -) nicht zu beanstanden. Unabhängig davon ist auch eine für die Annahme eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erforderliche feindselige Willensrichtung (vgl. BSG, Urteile vom 07.04.2011 - B 9 VG 2/10 R - zit. nach juris und vom 29.04.2010 - B 9 VG 1/09 R - SozR 4-3800 § 1 Nr. 17) bei Anordnung und Durchführung der Blutentnahme nicht im Ansatz erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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