Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 3168/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2419/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Januar 2009 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Unfall vom 5. November 2004 als Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin am 05.11.2004 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die 1944 geborene Klägerin war seit April 1990 bei der Firma K. M. GmbH & Co. in D. als Maschinenhelferin beschäftigt. Nach der auf Veranlassung ihres Bevollmächtigten erfolgten Unfallanzeige ihrer Arbeitgeberin vom 21.07.2005 rutschte die Klägerin am 05.11.2004 (Freitag) kurz vor Feierabend auf dem Weg zu einem Abfallbehälter auf einer Stufe aus, stürzte und zog sich hierbei einen Wirbelbruch zu. Der Vorfall sei von keinem Mitarbeiter bemerkt worden.
Nach dem Bericht des Orthopäden W., L., vom 23.02.2005 hatte die Klägerin am 16.11.2004 angegeben, sie sei auf der letzten Treppenstufe abgerutscht und auf das Gesäß gefallen. Anschließend habe sie weitergearbeitet. In der folgenden Nacht habe sie heftige Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bekommen. Sie sei seit 08.11.2004 (Erstbehandlung durch Dr. C.) arbeitsunfähig erkrankt. Der Durchgangsarzt W. diagnostizierte eine nicht näher bezeichnete Osteoporose mit pathologischer Fraktur, eine Lumboischialgie, eine Wirbelkörperkompression im Thorakolumbalbereich. In seinem beigefügten Schreiben vom 26.02.2005 erklärte er, die Klägerin sei am 16.11.2004 von ihrem Hausarzt an ihn überwiesen worden. Sie habe angegeben, seit ca. 10 Tagen akute Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich zu haben. Von einem Unfallereignis habe sie nicht berichtet. Am 18.02.2005 habe sie der Rechtsanwalt der Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass hier ein Arbeitsunfall vorgelegen habe.
Die Beklagte holte eine Auskunft von dem Facharzt für Allgemeinmedizin C. ein. Dieser gab unter dem 07.04.2005 an, die Klägerin habe ihn erstmals am 08.11.2004 aufgesucht. Sie habe dabei keine Angaben über ein Unfallereignis gemacht. Deutliche Zeichen einer Verletzung oder Gewalteinwirkung hätten nicht bestanden. Als Diagnosen teilte er eine Lumboischialgie und eine Wirbelkörperkompression im Thorakolumbalbereich mit. Dr. C. übersandte ferner den Bericht des Klinikums L. vom 30.07.1997 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 24.03. bis 04.04.1997. Daraus geht hervor, dass die Klägerin am 24.03.1997 nach einem häuslichen Sturz stationär unter der Diagnose einer Kompressionsfraktur LWK 1 und fragliche Rippenfraktur 8 und 9 links dorsal aufgenommen worden war.
Die Klägerin gab noch an (Schreiben vom 21.04.2005), sie sei von Dr. C. zunächst wegen des Verdachts auf einen Hexenschuss bzw. eingeklemmten Nerv behandelt worden. Der Radiologe habe ihr nach der 14 Tage später erfolgten kernspintomografischen Untersuchung gesagt, dass irgendein Ereignis bei dieser Verletzung vorgelegen habe müsse. Da ihr sonst kein Sturz oder ähnliches bekannt gewesen sei, habe sie von dem Treppensturz berichtet, worauf der Arzt gesagt habe, dass die Verletzung davon komme.
Die Beklagte befragte noch den Orthopäden W., der am 14.04.2005 unter Vorlage des Berichts des Radiologen Dr. M. über die am 18.11.2004 erfolgte Kernspintomografie der Lendenwirbelsäule mitteilte, bei den Wirbelkörperfrakturen handle es sich um frische Impressionsfrakturen des 12. BWK und 2. LWK. Diese seien durch die am 18.11.2004 durchgeführte Kernspintomografie nachgewiesen worden. Die frischen Wirbelkörperfrakturen seien ursächlich auf ein traumatisches Geschehen zurückzuführen. Die Möglichkeit einer pathologischen Fraktur sei weitgehend ausgeschlossen. Ferner zog die Beklagte von der DAK das den Zeitraum vom 20.02.1995 bis 22.03.2005 betreffende Vorerkrankungsverzeichnis vom 27.07.2005 (einschließlich Arbeitsunfähigkeitszeiten) bei.
Auf die Anfrage der Beklagten, weshalb nicht schon nach der radiologischen Untersuchung am 18.11.2004 eine Unfallmeldung erfolgt sei, ließ die Klägerin am 20.09.2005 durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt ergänzend vortragen, sie sei am 05.11.2004 zwischen 12.15 Uhr und 12.30 Uhr auf der Verbindungstreppe im Bereich Metall zum Bereich Plastik bzw. umgekehrt gestürzt und habe sich eine Impressionsfraktur des 12 BWK und des 2 LWK zugezogen. Sie habe einen Karton zum außenliegenden Container getragen. Auf der letzten Stufe der Metalltreppe sei sie mit dem Karton in der Hand ausgerutscht und gestürzt. Den Sturz habe niemand bemerkt, sie habe auch sofort wieder aufstehen können und habe den Karton in den Container geworfen und sei wieder zurückgegangen. Sie habe starke Rückenschmerzen bekommen, die sie aber damals dem Sturz nicht habe zuordnen können, da diese erst einige Zeit später aufgetreten seien. Am darauffolgenden Montag habe sie sich in ärztliche Behandlung von Dr. C. begeben, der aber keine konkrete Diagnose habe stellen können und sie an den Orthopäden W. überwiesen habe. Dieser habe sie zur Kernspintomografie an den Radiologen Dr. M. überwiesen, der schließlich eine Impressionsfraktur des 12. BWK und des 2. LWK diagnostiziert habe. Erst bei dieser am 18.11.2004 stattgefundenen Untersuchung sei sie konkret gefragt worden, ob hier ein Sturz ursächlich sei. Sie habe sich dann daran erinnert, dass sie am 05.11.2004 im Betrieb gestürzt sei. Im Anschluss an die radiologische Untersuchung habe sie ihren Arbeitskollegen bzw. ihrem Meister mitgeteilt, dass die Ursache der Impressionsfraktur der Sturz am 05.11.2004 gewesen sein müsste. Die Mitarbeiter und ihr Meister hätten ihr geraten, dies nicht weiter zu erwähnen, da dies nur Schwierigkeiten in der Firma verursachen würde. Sie habe dann mit Herrn W. nicht weiter besprochen, ob eine Unfallmeldung veranlasst worden sei oder nicht. Erst durch ihre krankheitsbedingte Kündigung habe ihr Rechtsanwalt, der sie vor dem Arbeitsgericht in ihrer Klage gegen die Kündigung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten vertreten habe, die nötigen Informationen erhalten und habe bei Herrn W. nachgefragt, ob er den Arbeitsunfall gemeldet habe oder nicht. Da der Unfall von ihm mangels Kenntnis nicht gemeldet worden sei, sei von ihnen dann die Meldung veranlasst worden. Mit Schreiben vom 18.02.2005 sei die Arbeitgeberin aufgefordert worden, den Arbeitsunfall bei der Beklagten zu melden. Hierzu wurde der genannte Schriftsatz vom 18.02.2005 vorgelegt.
Im von der Beklagten daraufhin eingeholten Rentengutachten vom 11.01.2006 beurteilte der von der Klägerin vorgeschlagene Gutachter, Prof. Dr. H. von der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums L., die Keilwirbelbildung von BWK 12 und LWK 2 als Unfallfolgen, für die er von Mai 2005 bis 19.12.2005 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H., vom Tag der Untersuchung für voraussichtlich ein Jahr ebenfalls eine MdE von 20 v.H. und bis zur Beendigung des 3. Jahres nach dem Unfall eine solche von 10 v.H. annahm.
Mit Schreiben vom 25.01.2006 äußerte sich die Arbeitgeberin der Klägerin auf Veranlassung der Beklagten zum Sachverhalt und bestritt ausdrücklich, dass die Aussagen der Klägerin hinsichtlich des Unfallhergangs bzw. Unfallorts den tatsächlichen Ereignissen entsprächen. Es gäbe keine Zeugen, die die Angaben der Klägerin in irgendeiner Form belegen könnten. Sie sei von keinem Vorgesetzten dazu aufgefordert bzw. beauftragt worden, ihren angestammten Arbeitsplatz zu verlassen und Müll innerhalb einer betriebsfremden Abteilung zu entsorgen. Die Unfallfolgen seien so schwerwiegend, dass zumindest eine Nachsorge nach dem Sturz durch Mitarbeiter ihres Hauses erfolgt sein müsste. Nach mehreren Frakturen im Brust- und Lendenwirbelbereich sei es zudem nach Aussage ihrer Betriebsärztin mehr wie verwunderlich, dass die Klägerin als erste Anlaufstation den betrieblichen Kaffeeautomaten aufgesucht habe. Die Unfallmeldung vom 21.07.2005 sei als gegenstandslos zu betrachten. Zu diesem Zeitpunkt habe kein Anlass bestanden, die Aussagen zu bezweifeln. Zwischenzeitlich hätten sie einen anderen Informationsstand, der zu einer anderen Beurteilung geführt habe.
Mit Bescheid vom 24.02.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Gewährung von Leistungen ab. Unter Schilderung des Verfahrensablaufs sowie der Angaben der Klägerin und ihrer behandelnden Ärzte gelangte sie zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass nicht - wie erforderlich - zweifelsfrei erwiesen sei, dass sich der Sturz, auf den die Wirbelbrüche zurückgeführt werden, tatsächlich während einer betrieblichen Tätigkeit ereignet habe. Die Folgen dieser Nichterweislichkeit gingen zu Lasten der Klägerin.
Den von ihr eingelegte Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2006 aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.
Am 28.08.2006 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), mit der sie die Feststellung des Unfalls vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall geltend machte. Sie wiederholte ihr bisheriges Vorbringen und gab im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und Beweisaufnahme am 14.11.2007 an, sie sei an diesem Freitag nach Hause gekommen und habe Schmerzen gehabt. Es sei dann über das Wochenende immer schlimmer geworden, so dass sie am Montag ihrem Meister M. J. (J.) telefonisch mitgeteilt habe, dass sie nicht kommen könne und zum Arzt müsse. Später habe sie ihn dann angerufen und mitgeteilt, dass sie einen Hexenschuss hätte. Da ihre Beschwerden immer schlimmer geworden seien, habe sie Dr. W. zum Röntgen geschickt. Dr. W. habe gemeint, dass sie 3 Wirbelbrüche hätte. Bei der kernspintomografischen Untersuchung sei sie wieder gefragt worden, woher die Wirbelbrüche stammten. Sie habe daraufhin gesagt, dass sie das nicht wisse. Der Arzt habe sie dann gefragt, ob sie auf den Po gefallen sei. Jetzt sei ihr wieder der Sturz auf der Treppe eingefallen. Sie habe das gar nicht ernst genommen. Während ihrer Arbeitsunfähigkeit habe sie J. angerufen, der sie gefragt habe, ob sie immer noch einen Hexenschuss habe. Daraufhin habe sie ihm gesagt, dass sie 3 Wirbelkörper gebrochen habe. Er habe sie dann gefragt, wann das gewesen sei und sie habe gesagt, nach Feierabend. Er habe gemeint, er hätte das doch gesehen. Schriftsätzlich ergänzte die Klägerin ihr Vorbringen dahingehend, dass sie keine Kenntnis mehr davon gehabt habe, dass J. ihren Sturz und damit ihren Unfall beobachtet habe.
Ferner vernahm das SG am 14.11.2007 J. als Zeugen. Dieser schilderte zunächst seinen Aufgabenbereich und gab an, er habe beobachtet, wie die Klägerin beim Müll wegtragen auf der Treppe ausgerutscht und auf den Hintern gefallen sei. Sie sei dann wieder aufgestanden, habe den Müll weggebracht und sei wieder zurückgegangen. Ob er ihr was zugerufen habe, wisse er nicht mehr. Auf die Frage, ob er in irgendeiner Weise reagiert habe, antwortete er, eigentlich nicht, da die Klägerin ja gleich aufgestanden und weitergegangen sei. 3 bis 4 Wochen nach dem Unfall hätten sie nochmals darüber gesprochen. Die Klägerin habe ihm erklärt, dass die Verletzung von einem Sturz komme. Er habe dann bei sich gedacht, dass das ja nicht von diesem Treppensturz kommen könne, da sie ja gleich wieder aufgestanden sei. Ob er der Klägerin auch mitgeteilt habe, dass er den Sturz gesehen habe, wisse er nicht genau. Er glaube schon, dass er das zum Ausdruck gebracht habe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.01.2009 wurde J. nochmals als Zeuge vernommen. Er gab an, die Klägerin habe ihm ca. 14 Tage nach dem Unfall persönlich gesagt, dass sie beim Arzt gewesen sei und dieser gesagt habe, dass die Wirbelsäulenerkrankung von einem Sturz herrühre. Er glaube, dass die Klägerin ihn gesehen habe, als sie gestürzt sei, sicher sei er sich nicht. Er habe es nicht für möglich gehalten, dass die Wirbelsäulenerkrankung von einem Sturz stamme. Es könnte sein, dass er damals von einer Unfallanzeige abgeraten habe. Aber er wisse es nicht. Er habe nicht damit gerechnet, dass die Klägerin schwer krank sei. Ein Problem hinsichtlich der Meldung eines Arbeitsunfalls habe es in der Firma eigentlich nicht gegeben.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, der geltend gemachte Sturz sei weiterhin nicht nachgewiesen. Es bestünden berechtigte Zweifel, ob der geltend gemachte Sturz tatsächlich stattgefunden habe. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb J. der Klägerin nicht schon seinerzeit als er ihr abgeraten habe, den Vorfall dem Arbeitgeber zu melden, gesagt haben soll, dass er den Sturz gesehen haben will, hätte ihm doch spätestens zu diesem Zeitpunkt bewusst sein müssen, dass es nicht ganz unerheblich sein könnte, dass er den Sturz gesehen habe.
Mit Urteil vom 27.01.2009 wies das SG die Klage ab. Es sei nicht erwiesen, dass die Klägerin am 05.11.2004 während der Arbeit tatsächlich gestürzt und auf ihr Gesäß gefallen sei. Es sei zwar möglich, dass sich der von der Klägerin angegebene Sachverhalt wie von ihr geschildert zugetragen habe. Der Sachverhalt lasse sich jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Das Gericht habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Zeuge J. und die Klägerin von demselben Sturz gesprochen haben. Auch enthalte das Vorbringen der Klägerin Widersprüche, die sich nicht mehr aufklären ließen. So habe sie beispielsweise im Verwaltungsverfahren angegeben, dass es für den Sturz keine Zeugen gegeben habe. Erst im Termin am 14.11.2007 habe sie angegeben, dass J. ihr im Rahmen eines Telefongesprächs einige Zeit nach dem Unfall gesagt habe, dass er den Sturz beobachtet habe. Auch sei ein Gesundheits(-erst-)schaden nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Da die Klägerin nie angegeben habe, unmittelbar nach dem Sturz Schmerzen verspürt zu haben, könne als Gesundheitsschaden allenfalls der mit Sicherheit vorliegende Wirbelkompressionsbruch in Frage kommen. Dieser sei aber nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den (als wahr unterstellten) Sturz zurückzuführen, da ein Wirbelstauchungsbruch bei Stürzen aus großer Höhe auf das Gesäß und nicht - wie hier - bei einem Sturz von der ersten Treppenstufe auf das Gesäß entstehe.
Gegen das ihrem Prozeßbevollmächtigten am 27.04.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.05.2009 Berufung eingelegt, mit der sie an ihrem Ziel festhält. Sie macht geltend, ihre Angaben zum Unfallhergang seien nicht widersprüchlich. Vielmehr habe sie den Unfall immer so geschildert, wie sie ihn tatsächlich erlebt habe. Es treffe auch nach wie vor zu, dass sie niemand bemerkt habe, der den Sturz beobachtet habe. Dies habe sie auch immer so angegeben. Erst zwei bis drei Wochen vor dem Erörterungstermin am 14.11.2007 habe J. ihr gegenüber angegeben, dass er den Sturz selbst gesehen habe, aber - da sie gleich wieder aufgestanden sei- sich nicht habe vorstellen können, dass man mit Wirbelbrüchen noch laufen könne und er sich deshalb bei dem Sturz nichts weiter gedacht habe. In dem Telefongespräch, das sie mit J. etwa drei Wochen nach dem Unfall geführt habe, habe J. ihr gegenüber nicht zum Ausdruck gebracht, dass er den Sturz beobachtet habe. Im übrigen seien die Ausführungen des SG, wonach ein Wirbelkompressionsbruch einen Sturz aus größerer Höhe voraussetze und sie nicht unmittelbar nach dem Sturz über Schmerzen berichtet habe, nicht zutreffend und auch nicht geeignet, den ursächlichen Zusammenhang zwischen Sturz und Wirbelkompressionsbruch zu verneinen. Zudem sei die Beklagte zunächst zu dem Ergebnis gekommen, dass der Arbeitsunfall, wie von ihr vorgetragen, auch stattgefunden habe. Erst nach dem im Rentengutachten von Prof. Dr. H. eine MdE von 20 v.H. für voraussichtlich ein Jahr nach der Untersuchung angenommen worden sei und ihre frühere Arbeitgeberin mit Schreiben vom 25.01.2006 ihre Unfallmeldung als gegenstandslos bezeichnet habe, habe die Beklagte plötzlich ihre Auffassung, dass ein Arbeitsunfall vorgelegen habe, aufgegeben und den ablehnenden Bescheid erlassen. Das Verhalten der Beklagten sei rechtsmißbräuchlich, nachdem sie sowohl gegenüber der DAK als auch gegenüber ihr und ihrem Prozeßbevollmächtigten mündlich und schriftlich zum Ausdruck gebracht habe, dass es sich bei dem Ereignis vom 05.11.2004 um einen Arbeitsunfall gehandelt habe und für den Zeitraum vom 08.11.2004 bis 08.04.2005 Anspruch auf Verletztengeld bestehe. Die Klägerin hat neben dem Schriftwechsel zwischen ihrer Arbeitgeberin und ihrem Bevollmächtigten (Schreiben vom 18.02.2005 und 23.02.2005) die Protokolle des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29.09.2005 (4 Ca 1715/05) und 09.02.2009 (22 Ca 10147/08) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Januar 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 5. November 2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie macht geltend, entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung sei der geltend gemachte Hergang (Sturz von einer Treppenstufe auf das Gesäß) gemäß dem allgemein anerkannten medizinischen Kenntnisstand nicht geeignet, eine Deckplatten-Impressionsfraktur zu verursachen. Um eine derartige Verletzung hervorzurufen seien relativ starke Kräfte - wie zum Beispiel bei einem Sturz aus großer Höhe oder beim Auftreffen großer Kräfte auf Nacken oder Brustwirbelsäule - notwendig. Derartige Kräfte hätten bei einem wie von der Klägerin geschilderten Sturz jedoch keinesfalls auf sie eingewirkt. Die Beurteilung des Sachverständigen PD Dr. K., wonach für die im Jahre 2004 erlittenen Wirbelkörperfrakturen kein eindeutig adäquates Trauma vorliege und daher von einer erhöhten Knochenbrüchigkeit bei der Klägerin auszugehen sei, sprächen für einen entsprechenden ursächlichen Zusammenhang der Wirbelkörperfrakturen.
Der Senat hat vom Arbeitsgericht Stuttgart die Akten 4 Ca 1715/05 und 22 Ca 10147/08 beigezogen. Im Rechtsstreit 4 Ca 1715/05 hat die frühere Arbeitgeberin der Klägerin mit Schriftsatz vom 19.08.2005 vorgebracht, sie habe erst durch die Klageschrift der Klägerin vom 16.02.2005 vom behaupteten Arbeitsunfall erfahren. Im Schreiben vom 20.12.2005 hat sie unter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 08.11.2004 erklärt, dass daraus nicht zu ersehen sei, dass ein Arbeitsunfall vorliege. Im Schriftsatz vom 06.04.2005 hat die Klägerin vorgetragen, dass die durch den Arbeitsunfall vom 05.11.2004 erlittenen Beschwerden ausgeheilt seien.
In der mündlichen Verhandlung am 16.04.2010 hat der Senat die Klägerin angehört. Sie hat angegeben, sie sei seinerzeit auf der letzten Stufe des 4 bis 5 Stufen umfassenden Treppenabsatzes ausgerutscht und mit dem Po auf der darüber liegenden Stufe aufgekommen. Sie sei nicht auf dem Fußboden aufgeschlagen und habe sich auch nicht irgendwie verdreht. Sie habe ohne Hilfe aufstehen können und sei noch die weiteren 2 bis 3 Treppenabsätze, die auch aus 4 bis 5 Stufen bestanden hätten, zum Abfallcontainer hinuntergegangen. Schmerzen habe sie zuerst keine gehabt; es habe nur ein bisschen "gezogen". Zuhause habe sie sich aber auf einmal aus dem Sitzen nicht mehr erheben können. Sie habe sich vor Schmerzen nicht bewegen können. Am Montag habe sie sich in die Behandlung von Dr. C. begeben. Er habe sie untersucht und einen Hexenschuss diagnostiziert. Erst als sie von dem Orthopäden W. geröntgt worden sei, habe sich herausgestellt, dass Wirbelbrüche vorliegen. Auf ihre Frage, wie das kommen könne, habe dieser ihr geantwortet, das müsse doch sie wissen. Nachdem Dr. M. ihr erklärt habe, dass die auf der MRT-Aufnahme erkennbaren Wirbelbrüche durch einen Sturz auf das Gesäß entstehen könnten, habe sie sich wieder an den Sturz auf der Treppe erinnert. Sie hätte nie gedacht, dass durch einen solchen Sturz Wirbelkörper brechen können. In der mündlichen Verhandlung am 01.07.2011 hat sie ihr Vorbringen ergänzt und u. a. angegeben, der Zeuge J. habe an ihrem Unfalltag seinen letzten Arbeitstag vor Rentenbeginn gehabt.
Der Chirurg Dr. K. in S., der vom Senat im Hinblick auf einen Behandlungsvermerk im Leistungsverzeichnis der DAK (Behandlung im Juli 2002 wegen Lumboischialgie und Veränderung der Knochendichte und Knochenstruktur) um eine entsprechende Auskunft gebeten wurde, hat mitteilen lassen, dass eine Patientin mit dem Namen der Klägerin und deren Geburtsdatum bei ihm nicht in Behandlung gewesen sei. Dr. C. hat unter Übersendung der bereits aktenkundigen Behandlungsberichte des Orthopäden Dr. E., A., vom 05.09.2002 und des Orthopäden W. vom 16.11.2004 am 30.07.2010 angegeben, die von ihm im Juni 2002 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe sich ausschließlich auf eine Lumboischialgie der Klägerin und nicht auf die Veränderung der Knochendichte und Knochenstruktur bezogen.
Nach Beiziehung der von der Radiologischen Abteilung des Klinikums L. am 24.03. und 02.04.1997 angefertigten Röntgenaufnahmen hat der Senat den Radiologen PD Dr. K., E., mit der Erstattung eines röntgenfachärztlichen Gutachtens beauftragt. Dieser ist unter Berücksichtigung der aktenkundigen ärztlichen Unterlagen einschließlich Röntgenaufnahmen und der Ergebnisse der am 07.12.2004 und 22.03.2005 erfolgten Knochendichtemessungen in seinem Gutachten vom 13.01.2011 zu dem Ergebnis gekommen, bei der Klägerin habe zum Zeitpunkt der strittigen Wirbelkörperfrakturen im Vergleich zu einer juvenilen Vergleichspopulation ein Knochendichtewert im unteren Grenzbereich mit 2 Standardabweichungen vom Mittelwert vorgelegen. Eine klassische postmenopausale Typ I- Osteoporose könne bei der Klägerin ausgeschlossen werden. Nach Aktenlage sei sowohl hinsichtlich der 1997 erlittenen Lendenwirbelkörperfraktur als auch den Wirbelkörperfrakturen 2004 kein eindeutig adäquates Trauma bekannt, so dass im Gesamtkontext bei der Klägerin eine erhöhte Knochenbrüchigkeit durch eine Spongiasaarchitekturstörung bei altersentsprechenden normalen Knochendichtewerten anzunehmen sei. PD Dr. K. hat am 19.05.2011 ergänzend ausgeführt, Wirbelkörperfrakturen bei Alltagsbelastungen, mithin bei nur geringen Krafteinwirkungen auf den Körper auftretende, sogenannte Spontanfrakturen kämen ausschließlich bei einer schweren fortgeschrittenen Osteoporose vor, die bei der Klägerin nicht bestehe. Ein einfacher Sturz aus normaler Standhöhe auf das Gesäß bei glattem Untergrund und einem intakten Bewegungsapparat sowie gutem muskulären Trainingszustand führe bis zum 50. Lebensjahr nur mit geringer Wahrscheinlichkeit zu einer Wirbelkörperfraktur. Bei erhöhter Knochenbrüchigkeit wie bei der Klägerin seien Frakturen bei dieser Art der Gewalteinwirkung mit höherer Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Bei einem einfachen Sturz aus normaler Standhöhe würde er von einer mittleren Gewalteinwirkung sprechen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen Arbeitsgerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch insgesamt zulässige (§ 151 SGG) Berufung der Klägerin ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig, denn die Klägerin hat einen Anspruch darauf, den geltend gemachten Sturz vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall festzustellen. Das Urteil des SG war daher aufzuheben.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage (BSG Urteil vom 18.01.2011 -. B 2 U 15/10 R -, Juris) zulässig. Die vor dem SG zuletzt beantragte Feststellung des Ereignisses vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall ist im Berufungsverfahren zulässig mit dem ursprünglich verfolgten Verpflichtungsbegehren weiterverfolgt worden, was gemäß § 99 Abs. 2 SGG nicht als Klageänderung gilt, da der Klagegrund beibehalten worden ist. Die Klägerin hat eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG auf Aufhebung der Bescheide, mit denen die Feststellung eines Arbeitsunfalls abgelehnt wurde, und Verpflichtung der Beklagten, das Ereignis vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen, erhoben.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr, 17; -B 2 U 40/05 R - , UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 26/04 R- , UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).
Ferner ist zu beachten, dass für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - die Wahrscheinlichkeit genügt, dass aber das Unfallereignis, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden müssen (BSG SozR 35670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Maßstäbe ist das von der Klägerin geltend gemachte Unfallereignis nachgewiesen. Es steht für den Senat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin am 05.11.2004 während der Arbeit gestürzt ist und sich dabei Wirbelkörperfrakturen zugezogen hat.
Nachgewiesen ist der Gesundheitsschaden durch die Magnetresonanztomographie vom 18.11.2004, mit der Impressionsfrakturen des 12. BWK und 2. LWK diagnostiziert wurden. Ebenso ist zur sicheren Überzeugung des Senats durch das im Berufungsverfahren eingeholte radiologische Gutachten von PD Dr. K. vom 13.01.2011 mit ergänzender Stellungnahme vom 19.05.2011 nachgewiesen, dass es sich bei den Wirbelkörperfrakturen nicht um spontan entstandene pathologische Frakturen gehandelt hat. Dies wird von Dr. W. aus orthopädischer Sicht bestätigt, der auf Anfrage der Beklagten die Möglichkeit einer pathologische Fraktur weitgehend ausgeschlossen hatte und ein traumatisches Geschehen für ursächlich erachtete (Bericht an die Beklagte vom 14.04.2005). Für die Entstehung der Frakturen war daher eine Einwirkung im Sinne der Legaldefinition des Unfalls in § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erforderlich.
Zur sicheren Überzeugung des Senats steht auch fest, dass die Wirbelkörperfrakturen der Klägerin während der Ausübung ihrer versicherten Tätigkeit durch die Einwirkung des von ihr geschilderten Sturzes auf der Treppe entstanden sind.
Der Senat stützt seine Überzeugung unter Würdigung der Gesamtumstände hauptsächlich auf das Vorbringen der Klägerin.
Grundsätzlich ist das (Partei-)Vorbringen des Versicherten (auch) als alleinige Grundlage eines Nachweises des Arbeitsunfalls nicht ausgeschlossen, wenn es in sich widerspruchsfrei - gegebenenfalls nach überzeugender Auflösung anfänglich aufgetretener Widersprüche - und mit den nachgewiesenen sonstigen äußeren Umständen in Einklang zu bringen ist.
Vorliegend ist das Vorbringen der Klägerin nicht frei von Widersprüchen. Hierauf hat das SG im angefochtenen Urteil auch zutreffend hingewiesen. Die Klägerin hat auch auf Nachfrage weder vor dem SG noch vor dem Senat die Widersprüche durch eigene Sacheinlassung hinreichend aufzuklären vermocht. Dies hat das SG auch an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin zweifeln lassen, was grundsätzlich im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats steht.
Vorliegend sind die unaufgelösten, fortbestehenden Widersprüche im Vorbringen der Klägerin nach Überzeugung des Senats jedoch kein Indiz für eine mangelnde Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zum Sturzgeschehen. Den Hergang des Sturzes, die verzögerte Schmerzentwicklung und die ärztliche Behandlung hat die Klägerin seit Beginn ihres entsprechenden Vorbringens konsistent ohne wesentliche Abweichungen geschildert. Für den Senat ist nachvollziehbar gewesen, dass die Klägerin dem Sturz auf das Gesäß zunächst keine Bedeutung beigemessen hat, weil sie danach ihren Weg zum Abfallcontainer hat fortsetzen können. Nach ihren Angaben vor dem Senat hat es nach dem Sturz im Rücken "ein bisschen gezogen", Schmerzen hat sie aber zu diesem Zeitpunkt keine empfunden, weshalb sie auch die Arbeit fortsetzen und ungehindert den Heimweg antreten konnte. Wenn daher ohne äußeren Anlass die Schmerzen erst zu Hause aufgetreten sind, als sich die Klägerin aus dem Sitzen nicht mehr hatte erheben können, wird nachvollziehbar, dass sie den Sturz nicht mit ihren Rückenschmerzen in Verbindung gebracht hat und ein Unfallereignis auch den behandelnden Ärzten - möglicherweise selbst auf deren Frage zur Vorgeschichte - nicht mitgeteilt hatte. Ferner hat die Klägerin, wie im übrigen auch der Zeuge J., noch im gerichtlichen Verfahren betont, dass sie eine Wirbelkörperfraktur bei einem einfachen Sturz auf das Gesäß nicht für möglich gehalten hätte. Im unfallchirurgischen Gutachten von Prof. Dr. H. vom 11.01.2006 wird der aktenkundige Beschwerdeverlauf mit Unfall am 05.11.2004 und erstmaligem Arztbesuch am 08.11.2004 nicht kritisch hinterfragt, sondern ohne weiteres von einem Ursachenzusammenhang ausgegangen. Eine verzögerte Beschwerdeentwicklung stand dieser gutachterlichen Bewertung daher nicht entgegen, was eine zunächst keine Beschwerden verursachende Fraktur der Deckplatten, die erst bei normaler Alltagsbelastung mit Verschiebungen der Fraktursegmente bzw. Vertiefung der Impression spürbare Schmerzen verursachte, medizinisch als naheliegend voraussetzt. Insoweit ist das Vorbringen der Klägerin auch stimmig.
Der äußere Vorgang des Sturzes ist auch vom Zeuge J. bestätigt worden, der einen Sturz der Klägerin auf der besagten Treppe im Betrieb beobachtet hatte. Seinen Angaben ist auch zu entnehmen, dass die Klägerin nach dem von ihm beobachteten Sturzes krankgeschrieben worden war, vermeintlich erst nachdem sie ein bis zwei Tage nach dem Sturz wieder gearbeitet hatte. Von der Erinnerung des Zeugen war aber noch der Umstand erfasst, dass die Klägerin zunächst wegen Ischias oder Hexenschuss behandelt worden ist, sich später während der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit aber eine Wirbelkörperfraktur als Ursache herausstellte. Wegen dieses Zusammenhangs von Sturz und Arbeitsunfähigkeit mit anfänglicher Fehldiagnose sieht der Senat entgegen der Auffassung des SG die sich damit deckenden Angaben der Klägerin auch durch den Zeugen bestätigt. Dass er einen anderen Vorgang beschreibt, weil er nicht von einer unmittelbar an den Sturz anschließenden Arbeitsunfähigkeit ausgeht, ist nicht nahe liegend.
Das SG hat die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht infrage gestellt. Auch der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge unglaubwürdig ist. Es ist nicht zu erkennen, dass der Zeuge einen Vorteil durch die Feststellung eines Arbeitsunfalles der Klägerin hätte. Soweit auch der Zeuge widersprüchliche Angaben darüber gemacht hat, wann er erstmals der Klägerin offenbart habe, den Vorfall beobachtet zu haben, schmälert dies seine Glaubwürdigkeit nicht. Zum einen hat der Zeuge seine diesbezüglichen Angaben teilweise auch nur unter dem Vorbehalt gemacht, sich so zu erinnern. Zum anderen hat der vom SG zweimal vernommene Zeuge zuletzt angegeben, keine sichere Aussage gerade hierzu machen zu können. Dies ist wegen des Zeitablaufs glaubhaft, zumal der Zeuge bei seinen Aussagen durchgehend betont hatte, dem beobachteten Sturz keine Bedeutung beigemessen zu haben und selbst als er von den Wirbelkörperbrüchen erfahren habe, zunächst nicht geglaubt zu haben, dass dies von dem Sturz gekommen sei. Es ist deshalb verständlich, dass dem Zeugen im Nachhinein eine verlässliche Angabe darüber, wann er von seiner Beobachtung der Klägerin Mitteilung gemacht hat, nicht mehr möglich war. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Klägerin Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben hatte und auch nach Angaben des Zeugen J. - nach seinen insoweit nicht ganz deckungsgleichen Angaben mit oder ohne seine Beteiligung - eine Meldung als Arbeitsunfall im Betrieb zögerlich weitergegeben bzw. bearbeitet worden ist. Das Interesse des Zeugen, seine eigene Beobachtung im Betrieb oder auch gegenüber der Klägerin nicht nachdrücklich bekanntzugeben und die weitere Entwicklung abzuwarten, kann aus diesen Umständen gefolgert werden. Schließlich ist den Erstangaben des Zeugen bei seiner Vernehmung am 14.11.2007 vor dem SG zu entnehmen, dass ihm der Zusammenhang zwischen Wirbelkörperfraktur und Sturz erst nach der "Einladung", gemeint ist die Terminsladung, wieder bewusst geworden ist, denn da hatte er sich die Sache "noch mal überlegt", was nicht heißen sollte, dass sich der Zeuge 3 Jahre später an einen Vorfall, dem er sonst keine Bedeutung beigemessen hatte, jetzt erst wieder erinnerte. Es liegt aber nahe, dass er sein Wissen jetzt offenbarte, wie die Klägerin nach vorherigen insoweit widersprüchlichen Äußerungen zuletzt auch nachvollziehbar erklärt hat. Danach sei ihr erst im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens nach Ladung des Zeugen zum Erörterungstermin bekannt geworden, einen Zeugen für den Sturz zu haben. Dass der Zeuge J. im weiteren Verlauf seiner Vernehmung auf entsprechende Vorhalte der Beteiligten eingeräumt hat, der Klägerin bereits früher von seiner Beobachtung berichtet zu haben, ist im Ergebnis nicht als Tatsache festzustellen. Auch hier hatte der Zeuge die Aussage jeweils dadurch eingeschränkt, dass er entweder ausdrücklich angegeben hatte, er wisse es nicht genau oder er glaube, er habe etwas Vergleichbares zum Ausdruck gebracht.
Der Senat verkennt nicht, dass hinsichtlich des Zeitpunktes, wann der Klägerin vom Zeugen J. berichtet worden ist, dass er den Sturz gesehen hat, widersprüchliches Vorbringen der Klägerin und des Zeugen vorliegt, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat. Diese Widersprüche sind jedoch nach dem in der mündlichen Verhandlung vom Senat gewonnenen Eindruck von der Klägerin damit zu erklären, dass die Klägerin selbst hierüber keine befriedigende Auskunft mehr geben kann. Generelle Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Klägerin sind damit aber nicht zu begründen. Solche hatte auch das SG nicht, denn im angefochtenen Urteil wird ausdrücklich ausgeführt, der Klägerin werde nicht unterstellt, bewusst falsche Angaben zu machen. Der Senat hat die Klägerin jeweils in den Sitzungen am 16.04.2010 und 01.07.2011 angehört. Hierbei hat die Klägerin auf Fragen häufig weitschweifende Ausführungen gemacht, ohne die Fragen zu beantworten, sich in offensichtliche Widersprüche zu unmittelbar zuvor Gesagtem verwickelt - wie zuletzt mit der Angabe, ihrer Meinung nach sei der Unfalltag auch der letzte Arbeitstag des Zeugen J. gewesen, was bislang aber weder sie noch der Zeuge vorgetragen hat und sich auch nicht mit früherem Vortrag vereinbaren lässt - und Unsicherheit selbst bei Aussagen zu nicht entscheidungserheblichen Sachverhalten erkennen lassen. Der Senat hat deshalb von der Klägerin den Eindruck gewonnen, dass sie Erinnerungslücken, statt solche offen zulegen, mit vermuteten Zusammenhängen oder Ereignissen zu schließen versucht, häufig auch aufgrund einer spontanen Eingebung, aber in der gegenwärtigen Überzeugung, es sei so gewesen. Dies macht ihre Aussagen in diesen Punkten unverwertbar, erlaubt aber keinen Rückschluss auf ihre Glaubwürdigkeit. Daher sind aus den unterschiedlichen Angaben, wonach sie einmal bereits 2 ein anderes Mal 4 Wochen nach dem Unfall erfahren haben will, dass der Zeuge den Unfall beobachtet hat, keine für sie günstigen oder nachteiligen Folgerungen zu ziehen. Es bleibt deshalb unaufgeklärt, weshalb die Klägerin zunächst angegeben hatte, für den Vorfall keinen Zeugen benennen zu können, obgleich später der Zeuge J. bestätigt hat, den Unfall gesehen zu haben. Es ist immerhin möglich, wie oben dargelegt, dass der Zeuge J. im Gespräch mit der Klägerin, aus welchen Gründen auch immer, seine Beobachtung zunächst nicht offenbart hat.
Eine nochmalige Vernehmung des Zeugen J. hat sich dem Senat nicht aufgedrängt. Das SG hat den Zeugen nicht als unglaubwürdig beurteilt. Auch der Senat entnimmt den aktenkundigen Aussagen des Zeugen keine Hinweise auf eine mangelnde Glaubwürdigkeit. Im Übrigen stützt sich der Senat ohnehin in erster Linie auf die für glaubhaft beurteilten Angaben der Klägerin, die mit den oben genannten ärztlichen Dokumenten und den glaubhaften verwertbaren Angaben des Zeugen J. übereinstimmen.
Der Senat konnte daher den Sturz der Klägerin auf der Treppe im Betrieb ihres damaligen Arbeitgebers am 05.11.2004 auf das Gesäß feststellen. Dieser hat die Wirbelkörperfrakturen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Äquivalenztheorie verursacht und war wesentliche Ursache der Frakturen.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (ständige Rechtsprechung; vgl. stellvertretend zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; -B 2 U 40/05 R - , UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 26/04 R- , UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).
Nach diesen Grundsätzen und Maßstäben war der Sturz auch wesentliche Bedingung des erlittenen Gesundheitsschadens. Eine Gelegenheitsursache liegt nicht vor. Die bei der Klägerin zum Zeitpunkt des Sturzes am 05.11.2004 bestehenden krankhaften Knochenveränderungen hätten ohne die versicherte Tätigkeit in absehbarer Zeit nicht auch zu einem Bruch geführt; hierzu bedurfte es der besonderen Einwirkung des Unfalls. Nach der Beurteilung des Sachverständigen PD Dr. K. war die nur regional an den betroffenen Wirbelkörpern vorhandene Knochenbrüchigkeit nicht so weit ausgebildet, dass Spontanfrakturen zu erwarten gewesen sind. Bei der von ihm angenommenen mittleren Gewalteinwirkung auf die Wirbelkörper, wie sie durch den Sturz auf das Gesäß mit Stauchung der Wirbelsäule zu erwarten ist, wären zwar gesunde unbelastete Wirbelkörper nicht gebrochen, jedoch stellt der auf die Wirbelkörper einwirkende Impuls aus einem solchen Sturz keine Belastung dar, denen die Wirbelkörper des Achsenskeletts auch im Alltag ausgesetzt sind (z.B. tiefes Bücken, Verdrehen des Oberkörpers, Anheben einer mittleren Last etc.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin am 05.11.2004 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die 1944 geborene Klägerin war seit April 1990 bei der Firma K. M. GmbH & Co. in D. als Maschinenhelferin beschäftigt. Nach der auf Veranlassung ihres Bevollmächtigten erfolgten Unfallanzeige ihrer Arbeitgeberin vom 21.07.2005 rutschte die Klägerin am 05.11.2004 (Freitag) kurz vor Feierabend auf dem Weg zu einem Abfallbehälter auf einer Stufe aus, stürzte und zog sich hierbei einen Wirbelbruch zu. Der Vorfall sei von keinem Mitarbeiter bemerkt worden.
Nach dem Bericht des Orthopäden W., L., vom 23.02.2005 hatte die Klägerin am 16.11.2004 angegeben, sie sei auf der letzten Treppenstufe abgerutscht und auf das Gesäß gefallen. Anschließend habe sie weitergearbeitet. In der folgenden Nacht habe sie heftige Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bekommen. Sie sei seit 08.11.2004 (Erstbehandlung durch Dr. C.) arbeitsunfähig erkrankt. Der Durchgangsarzt W. diagnostizierte eine nicht näher bezeichnete Osteoporose mit pathologischer Fraktur, eine Lumboischialgie, eine Wirbelkörperkompression im Thorakolumbalbereich. In seinem beigefügten Schreiben vom 26.02.2005 erklärte er, die Klägerin sei am 16.11.2004 von ihrem Hausarzt an ihn überwiesen worden. Sie habe angegeben, seit ca. 10 Tagen akute Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich zu haben. Von einem Unfallereignis habe sie nicht berichtet. Am 18.02.2005 habe sie der Rechtsanwalt der Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass hier ein Arbeitsunfall vorgelegen habe.
Die Beklagte holte eine Auskunft von dem Facharzt für Allgemeinmedizin C. ein. Dieser gab unter dem 07.04.2005 an, die Klägerin habe ihn erstmals am 08.11.2004 aufgesucht. Sie habe dabei keine Angaben über ein Unfallereignis gemacht. Deutliche Zeichen einer Verletzung oder Gewalteinwirkung hätten nicht bestanden. Als Diagnosen teilte er eine Lumboischialgie und eine Wirbelkörperkompression im Thorakolumbalbereich mit. Dr. C. übersandte ferner den Bericht des Klinikums L. vom 30.07.1997 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 24.03. bis 04.04.1997. Daraus geht hervor, dass die Klägerin am 24.03.1997 nach einem häuslichen Sturz stationär unter der Diagnose einer Kompressionsfraktur LWK 1 und fragliche Rippenfraktur 8 und 9 links dorsal aufgenommen worden war.
Die Klägerin gab noch an (Schreiben vom 21.04.2005), sie sei von Dr. C. zunächst wegen des Verdachts auf einen Hexenschuss bzw. eingeklemmten Nerv behandelt worden. Der Radiologe habe ihr nach der 14 Tage später erfolgten kernspintomografischen Untersuchung gesagt, dass irgendein Ereignis bei dieser Verletzung vorgelegen habe müsse. Da ihr sonst kein Sturz oder ähnliches bekannt gewesen sei, habe sie von dem Treppensturz berichtet, worauf der Arzt gesagt habe, dass die Verletzung davon komme.
Die Beklagte befragte noch den Orthopäden W., der am 14.04.2005 unter Vorlage des Berichts des Radiologen Dr. M. über die am 18.11.2004 erfolgte Kernspintomografie der Lendenwirbelsäule mitteilte, bei den Wirbelkörperfrakturen handle es sich um frische Impressionsfrakturen des 12. BWK und 2. LWK. Diese seien durch die am 18.11.2004 durchgeführte Kernspintomografie nachgewiesen worden. Die frischen Wirbelkörperfrakturen seien ursächlich auf ein traumatisches Geschehen zurückzuführen. Die Möglichkeit einer pathologischen Fraktur sei weitgehend ausgeschlossen. Ferner zog die Beklagte von der DAK das den Zeitraum vom 20.02.1995 bis 22.03.2005 betreffende Vorerkrankungsverzeichnis vom 27.07.2005 (einschließlich Arbeitsunfähigkeitszeiten) bei.
Auf die Anfrage der Beklagten, weshalb nicht schon nach der radiologischen Untersuchung am 18.11.2004 eine Unfallmeldung erfolgt sei, ließ die Klägerin am 20.09.2005 durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt ergänzend vortragen, sie sei am 05.11.2004 zwischen 12.15 Uhr und 12.30 Uhr auf der Verbindungstreppe im Bereich Metall zum Bereich Plastik bzw. umgekehrt gestürzt und habe sich eine Impressionsfraktur des 12 BWK und des 2 LWK zugezogen. Sie habe einen Karton zum außenliegenden Container getragen. Auf der letzten Stufe der Metalltreppe sei sie mit dem Karton in der Hand ausgerutscht und gestürzt. Den Sturz habe niemand bemerkt, sie habe auch sofort wieder aufstehen können und habe den Karton in den Container geworfen und sei wieder zurückgegangen. Sie habe starke Rückenschmerzen bekommen, die sie aber damals dem Sturz nicht habe zuordnen können, da diese erst einige Zeit später aufgetreten seien. Am darauffolgenden Montag habe sie sich in ärztliche Behandlung von Dr. C. begeben, der aber keine konkrete Diagnose habe stellen können und sie an den Orthopäden W. überwiesen habe. Dieser habe sie zur Kernspintomografie an den Radiologen Dr. M. überwiesen, der schließlich eine Impressionsfraktur des 12. BWK und des 2. LWK diagnostiziert habe. Erst bei dieser am 18.11.2004 stattgefundenen Untersuchung sei sie konkret gefragt worden, ob hier ein Sturz ursächlich sei. Sie habe sich dann daran erinnert, dass sie am 05.11.2004 im Betrieb gestürzt sei. Im Anschluss an die radiologische Untersuchung habe sie ihren Arbeitskollegen bzw. ihrem Meister mitgeteilt, dass die Ursache der Impressionsfraktur der Sturz am 05.11.2004 gewesen sein müsste. Die Mitarbeiter und ihr Meister hätten ihr geraten, dies nicht weiter zu erwähnen, da dies nur Schwierigkeiten in der Firma verursachen würde. Sie habe dann mit Herrn W. nicht weiter besprochen, ob eine Unfallmeldung veranlasst worden sei oder nicht. Erst durch ihre krankheitsbedingte Kündigung habe ihr Rechtsanwalt, der sie vor dem Arbeitsgericht in ihrer Klage gegen die Kündigung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten vertreten habe, die nötigen Informationen erhalten und habe bei Herrn W. nachgefragt, ob er den Arbeitsunfall gemeldet habe oder nicht. Da der Unfall von ihm mangels Kenntnis nicht gemeldet worden sei, sei von ihnen dann die Meldung veranlasst worden. Mit Schreiben vom 18.02.2005 sei die Arbeitgeberin aufgefordert worden, den Arbeitsunfall bei der Beklagten zu melden. Hierzu wurde der genannte Schriftsatz vom 18.02.2005 vorgelegt.
Im von der Beklagten daraufhin eingeholten Rentengutachten vom 11.01.2006 beurteilte der von der Klägerin vorgeschlagene Gutachter, Prof. Dr. H. von der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums L., die Keilwirbelbildung von BWK 12 und LWK 2 als Unfallfolgen, für die er von Mai 2005 bis 19.12.2005 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H., vom Tag der Untersuchung für voraussichtlich ein Jahr ebenfalls eine MdE von 20 v.H. und bis zur Beendigung des 3. Jahres nach dem Unfall eine solche von 10 v.H. annahm.
Mit Schreiben vom 25.01.2006 äußerte sich die Arbeitgeberin der Klägerin auf Veranlassung der Beklagten zum Sachverhalt und bestritt ausdrücklich, dass die Aussagen der Klägerin hinsichtlich des Unfallhergangs bzw. Unfallorts den tatsächlichen Ereignissen entsprächen. Es gäbe keine Zeugen, die die Angaben der Klägerin in irgendeiner Form belegen könnten. Sie sei von keinem Vorgesetzten dazu aufgefordert bzw. beauftragt worden, ihren angestammten Arbeitsplatz zu verlassen und Müll innerhalb einer betriebsfremden Abteilung zu entsorgen. Die Unfallfolgen seien so schwerwiegend, dass zumindest eine Nachsorge nach dem Sturz durch Mitarbeiter ihres Hauses erfolgt sein müsste. Nach mehreren Frakturen im Brust- und Lendenwirbelbereich sei es zudem nach Aussage ihrer Betriebsärztin mehr wie verwunderlich, dass die Klägerin als erste Anlaufstation den betrieblichen Kaffeeautomaten aufgesucht habe. Die Unfallmeldung vom 21.07.2005 sei als gegenstandslos zu betrachten. Zu diesem Zeitpunkt habe kein Anlass bestanden, die Aussagen zu bezweifeln. Zwischenzeitlich hätten sie einen anderen Informationsstand, der zu einer anderen Beurteilung geführt habe.
Mit Bescheid vom 24.02.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Gewährung von Leistungen ab. Unter Schilderung des Verfahrensablaufs sowie der Angaben der Klägerin und ihrer behandelnden Ärzte gelangte sie zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass nicht - wie erforderlich - zweifelsfrei erwiesen sei, dass sich der Sturz, auf den die Wirbelbrüche zurückgeführt werden, tatsächlich während einer betrieblichen Tätigkeit ereignet habe. Die Folgen dieser Nichterweislichkeit gingen zu Lasten der Klägerin.
Den von ihr eingelegte Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2006 aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.
Am 28.08.2006 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), mit der sie die Feststellung des Unfalls vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall geltend machte. Sie wiederholte ihr bisheriges Vorbringen und gab im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und Beweisaufnahme am 14.11.2007 an, sie sei an diesem Freitag nach Hause gekommen und habe Schmerzen gehabt. Es sei dann über das Wochenende immer schlimmer geworden, so dass sie am Montag ihrem Meister M. J. (J.) telefonisch mitgeteilt habe, dass sie nicht kommen könne und zum Arzt müsse. Später habe sie ihn dann angerufen und mitgeteilt, dass sie einen Hexenschuss hätte. Da ihre Beschwerden immer schlimmer geworden seien, habe sie Dr. W. zum Röntgen geschickt. Dr. W. habe gemeint, dass sie 3 Wirbelbrüche hätte. Bei der kernspintomografischen Untersuchung sei sie wieder gefragt worden, woher die Wirbelbrüche stammten. Sie habe daraufhin gesagt, dass sie das nicht wisse. Der Arzt habe sie dann gefragt, ob sie auf den Po gefallen sei. Jetzt sei ihr wieder der Sturz auf der Treppe eingefallen. Sie habe das gar nicht ernst genommen. Während ihrer Arbeitsunfähigkeit habe sie J. angerufen, der sie gefragt habe, ob sie immer noch einen Hexenschuss habe. Daraufhin habe sie ihm gesagt, dass sie 3 Wirbelkörper gebrochen habe. Er habe sie dann gefragt, wann das gewesen sei und sie habe gesagt, nach Feierabend. Er habe gemeint, er hätte das doch gesehen. Schriftsätzlich ergänzte die Klägerin ihr Vorbringen dahingehend, dass sie keine Kenntnis mehr davon gehabt habe, dass J. ihren Sturz und damit ihren Unfall beobachtet habe.
Ferner vernahm das SG am 14.11.2007 J. als Zeugen. Dieser schilderte zunächst seinen Aufgabenbereich und gab an, er habe beobachtet, wie die Klägerin beim Müll wegtragen auf der Treppe ausgerutscht und auf den Hintern gefallen sei. Sie sei dann wieder aufgestanden, habe den Müll weggebracht und sei wieder zurückgegangen. Ob er ihr was zugerufen habe, wisse er nicht mehr. Auf die Frage, ob er in irgendeiner Weise reagiert habe, antwortete er, eigentlich nicht, da die Klägerin ja gleich aufgestanden und weitergegangen sei. 3 bis 4 Wochen nach dem Unfall hätten sie nochmals darüber gesprochen. Die Klägerin habe ihm erklärt, dass die Verletzung von einem Sturz komme. Er habe dann bei sich gedacht, dass das ja nicht von diesem Treppensturz kommen könne, da sie ja gleich wieder aufgestanden sei. Ob er der Klägerin auch mitgeteilt habe, dass er den Sturz gesehen habe, wisse er nicht genau. Er glaube schon, dass er das zum Ausdruck gebracht habe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.01.2009 wurde J. nochmals als Zeuge vernommen. Er gab an, die Klägerin habe ihm ca. 14 Tage nach dem Unfall persönlich gesagt, dass sie beim Arzt gewesen sei und dieser gesagt habe, dass die Wirbelsäulenerkrankung von einem Sturz herrühre. Er glaube, dass die Klägerin ihn gesehen habe, als sie gestürzt sei, sicher sei er sich nicht. Er habe es nicht für möglich gehalten, dass die Wirbelsäulenerkrankung von einem Sturz stamme. Es könnte sein, dass er damals von einer Unfallanzeige abgeraten habe. Aber er wisse es nicht. Er habe nicht damit gerechnet, dass die Klägerin schwer krank sei. Ein Problem hinsichtlich der Meldung eines Arbeitsunfalls habe es in der Firma eigentlich nicht gegeben.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, der geltend gemachte Sturz sei weiterhin nicht nachgewiesen. Es bestünden berechtigte Zweifel, ob der geltend gemachte Sturz tatsächlich stattgefunden habe. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb J. der Klägerin nicht schon seinerzeit als er ihr abgeraten habe, den Vorfall dem Arbeitgeber zu melden, gesagt haben soll, dass er den Sturz gesehen haben will, hätte ihm doch spätestens zu diesem Zeitpunkt bewusst sein müssen, dass es nicht ganz unerheblich sein könnte, dass er den Sturz gesehen habe.
Mit Urteil vom 27.01.2009 wies das SG die Klage ab. Es sei nicht erwiesen, dass die Klägerin am 05.11.2004 während der Arbeit tatsächlich gestürzt und auf ihr Gesäß gefallen sei. Es sei zwar möglich, dass sich der von der Klägerin angegebene Sachverhalt wie von ihr geschildert zugetragen habe. Der Sachverhalt lasse sich jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Das Gericht habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Zeuge J. und die Klägerin von demselben Sturz gesprochen haben. Auch enthalte das Vorbringen der Klägerin Widersprüche, die sich nicht mehr aufklären ließen. So habe sie beispielsweise im Verwaltungsverfahren angegeben, dass es für den Sturz keine Zeugen gegeben habe. Erst im Termin am 14.11.2007 habe sie angegeben, dass J. ihr im Rahmen eines Telefongesprächs einige Zeit nach dem Unfall gesagt habe, dass er den Sturz beobachtet habe. Auch sei ein Gesundheits(-erst-)schaden nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Da die Klägerin nie angegeben habe, unmittelbar nach dem Sturz Schmerzen verspürt zu haben, könne als Gesundheitsschaden allenfalls der mit Sicherheit vorliegende Wirbelkompressionsbruch in Frage kommen. Dieser sei aber nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den (als wahr unterstellten) Sturz zurückzuführen, da ein Wirbelstauchungsbruch bei Stürzen aus großer Höhe auf das Gesäß und nicht - wie hier - bei einem Sturz von der ersten Treppenstufe auf das Gesäß entstehe.
Gegen das ihrem Prozeßbevollmächtigten am 27.04.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.05.2009 Berufung eingelegt, mit der sie an ihrem Ziel festhält. Sie macht geltend, ihre Angaben zum Unfallhergang seien nicht widersprüchlich. Vielmehr habe sie den Unfall immer so geschildert, wie sie ihn tatsächlich erlebt habe. Es treffe auch nach wie vor zu, dass sie niemand bemerkt habe, der den Sturz beobachtet habe. Dies habe sie auch immer so angegeben. Erst zwei bis drei Wochen vor dem Erörterungstermin am 14.11.2007 habe J. ihr gegenüber angegeben, dass er den Sturz selbst gesehen habe, aber - da sie gleich wieder aufgestanden sei- sich nicht habe vorstellen können, dass man mit Wirbelbrüchen noch laufen könne und er sich deshalb bei dem Sturz nichts weiter gedacht habe. In dem Telefongespräch, das sie mit J. etwa drei Wochen nach dem Unfall geführt habe, habe J. ihr gegenüber nicht zum Ausdruck gebracht, dass er den Sturz beobachtet habe. Im übrigen seien die Ausführungen des SG, wonach ein Wirbelkompressionsbruch einen Sturz aus größerer Höhe voraussetze und sie nicht unmittelbar nach dem Sturz über Schmerzen berichtet habe, nicht zutreffend und auch nicht geeignet, den ursächlichen Zusammenhang zwischen Sturz und Wirbelkompressionsbruch zu verneinen. Zudem sei die Beklagte zunächst zu dem Ergebnis gekommen, dass der Arbeitsunfall, wie von ihr vorgetragen, auch stattgefunden habe. Erst nach dem im Rentengutachten von Prof. Dr. H. eine MdE von 20 v.H. für voraussichtlich ein Jahr nach der Untersuchung angenommen worden sei und ihre frühere Arbeitgeberin mit Schreiben vom 25.01.2006 ihre Unfallmeldung als gegenstandslos bezeichnet habe, habe die Beklagte plötzlich ihre Auffassung, dass ein Arbeitsunfall vorgelegen habe, aufgegeben und den ablehnenden Bescheid erlassen. Das Verhalten der Beklagten sei rechtsmißbräuchlich, nachdem sie sowohl gegenüber der DAK als auch gegenüber ihr und ihrem Prozeßbevollmächtigten mündlich und schriftlich zum Ausdruck gebracht habe, dass es sich bei dem Ereignis vom 05.11.2004 um einen Arbeitsunfall gehandelt habe und für den Zeitraum vom 08.11.2004 bis 08.04.2005 Anspruch auf Verletztengeld bestehe. Die Klägerin hat neben dem Schriftwechsel zwischen ihrer Arbeitgeberin und ihrem Bevollmächtigten (Schreiben vom 18.02.2005 und 23.02.2005) die Protokolle des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29.09.2005 (4 Ca 1715/05) und 09.02.2009 (22 Ca 10147/08) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Januar 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 5. November 2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie macht geltend, entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung sei der geltend gemachte Hergang (Sturz von einer Treppenstufe auf das Gesäß) gemäß dem allgemein anerkannten medizinischen Kenntnisstand nicht geeignet, eine Deckplatten-Impressionsfraktur zu verursachen. Um eine derartige Verletzung hervorzurufen seien relativ starke Kräfte - wie zum Beispiel bei einem Sturz aus großer Höhe oder beim Auftreffen großer Kräfte auf Nacken oder Brustwirbelsäule - notwendig. Derartige Kräfte hätten bei einem wie von der Klägerin geschilderten Sturz jedoch keinesfalls auf sie eingewirkt. Die Beurteilung des Sachverständigen PD Dr. K., wonach für die im Jahre 2004 erlittenen Wirbelkörperfrakturen kein eindeutig adäquates Trauma vorliege und daher von einer erhöhten Knochenbrüchigkeit bei der Klägerin auszugehen sei, sprächen für einen entsprechenden ursächlichen Zusammenhang der Wirbelkörperfrakturen.
Der Senat hat vom Arbeitsgericht Stuttgart die Akten 4 Ca 1715/05 und 22 Ca 10147/08 beigezogen. Im Rechtsstreit 4 Ca 1715/05 hat die frühere Arbeitgeberin der Klägerin mit Schriftsatz vom 19.08.2005 vorgebracht, sie habe erst durch die Klageschrift der Klägerin vom 16.02.2005 vom behaupteten Arbeitsunfall erfahren. Im Schreiben vom 20.12.2005 hat sie unter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 08.11.2004 erklärt, dass daraus nicht zu ersehen sei, dass ein Arbeitsunfall vorliege. Im Schriftsatz vom 06.04.2005 hat die Klägerin vorgetragen, dass die durch den Arbeitsunfall vom 05.11.2004 erlittenen Beschwerden ausgeheilt seien.
In der mündlichen Verhandlung am 16.04.2010 hat der Senat die Klägerin angehört. Sie hat angegeben, sie sei seinerzeit auf der letzten Stufe des 4 bis 5 Stufen umfassenden Treppenabsatzes ausgerutscht und mit dem Po auf der darüber liegenden Stufe aufgekommen. Sie sei nicht auf dem Fußboden aufgeschlagen und habe sich auch nicht irgendwie verdreht. Sie habe ohne Hilfe aufstehen können und sei noch die weiteren 2 bis 3 Treppenabsätze, die auch aus 4 bis 5 Stufen bestanden hätten, zum Abfallcontainer hinuntergegangen. Schmerzen habe sie zuerst keine gehabt; es habe nur ein bisschen "gezogen". Zuhause habe sie sich aber auf einmal aus dem Sitzen nicht mehr erheben können. Sie habe sich vor Schmerzen nicht bewegen können. Am Montag habe sie sich in die Behandlung von Dr. C. begeben. Er habe sie untersucht und einen Hexenschuss diagnostiziert. Erst als sie von dem Orthopäden W. geröntgt worden sei, habe sich herausgestellt, dass Wirbelbrüche vorliegen. Auf ihre Frage, wie das kommen könne, habe dieser ihr geantwortet, das müsse doch sie wissen. Nachdem Dr. M. ihr erklärt habe, dass die auf der MRT-Aufnahme erkennbaren Wirbelbrüche durch einen Sturz auf das Gesäß entstehen könnten, habe sie sich wieder an den Sturz auf der Treppe erinnert. Sie hätte nie gedacht, dass durch einen solchen Sturz Wirbelkörper brechen können. In der mündlichen Verhandlung am 01.07.2011 hat sie ihr Vorbringen ergänzt und u. a. angegeben, der Zeuge J. habe an ihrem Unfalltag seinen letzten Arbeitstag vor Rentenbeginn gehabt.
Der Chirurg Dr. K. in S., der vom Senat im Hinblick auf einen Behandlungsvermerk im Leistungsverzeichnis der DAK (Behandlung im Juli 2002 wegen Lumboischialgie und Veränderung der Knochendichte und Knochenstruktur) um eine entsprechende Auskunft gebeten wurde, hat mitteilen lassen, dass eine Patientin mit dem Namen der Klägerin und deren Geburtsdatum bei ihm nicht in Behandlung gewesen sei. Dr. C. hat unter Übersendung der bereits aktenkundigen Behandlungsberichte des Orthopäden Dr. E., A., vom 05.09.2002 und des Orthopäden W. vom 16.11.2004 am 30.07.2010 angegeben, die von ihm im Juni 2002 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe sich ausschließlich auf eine Lumboischialgie der Klägerin und nicht auf die Veränderung der Knochendichte und Knochenstruktur bezogen.
Nach Beiziehung der von der Radiologischen Abteilung des Klinikums L. am 24.03. und 02.04.1997 angefertigten Röntgenaufnahmen hat der Senat den Radiologen PD Dr. K., E., mit der Erstattung eines röntgenfachärztlichen Gutachtens beauftragt. Dieser ist unter Berücksichtigung der aktenkundigen ärztlichen Unterlagen einschließlich Röntgenaufnahmen und der Ergebnisse der am 07.12.2004 und 22.03.2005 erfolgten Knochendichtemessungen in seinem Gutachten vom 13.01.2011 zu dem Ergebnis gekommen, bei der Klägerin habe zum Zeitpunkt der strittigen Wirbelkörperfrakturen im Vergleich zu einer juvenilen Vergleichspopulation ein Knochendichtewert im unteren Grenzbereich mit 2 Standardabweichungen vom Mittelwert vorgelegen. Eine klassische postmenopausale Typ I- Osteoporose könne bei der Klägerin ausgeschlossen werden. Nach Aktenlage sei sowohl hinsichtlich der 1997 erlittenen Lendenwirbelkörperfraktur als auch den Wirbelkörperfrakturen 2004 kein eindeutig adäquates Trauma bekannt, so dass im Gesamtkontext bei der Klägerin eine erhöhte Knochenbrüchigkeit durch eine Spongiasaarchitekturstörung bei altersentsprechenden normalen Knochendichtewerten anzunehmen sei. PD Dr. K. hat am 19.05.2011 ergänzend ausgeführt, Wirbelkörperfrakturen bei Alltagsbelastungen, mithin bei nur geringen Krafteinwirkungen auf den Körper auftretende, sogenannte Spontanfrakturen kämen ausschließlich bei einer schweren fortgeschrittenen Osteoporose vor, die bei der Klägerin nicht bestehe. Ein einfacher Sturz aus normaler Standhöhe auf das Gesäß bei glattem Untergrund und einem intakten Bewegungsapparat sowie gutem muskulären Trainingszustand führe bis zum 50. Lebensjahr nur mit geringer Wahrscheinlichkeit zu einer Wirbelkörperfraktur. Bei erhöhter Knochenbrüchigkeit wie bei der Klägerin seien Frakturen bei dieser Art der Gewalteinwirkung mit höherer Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Bei einem einfachen Sturz aus normaler Standhöhe würde er von einer mittleren Gewalteinwirkung sprechen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen Arbeitsgerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch insgesamt zulässige (§ 151 SGG) Berufung der Klägerin ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig, denn die Klägerin hat einen Anspruch darauf, den geltend gemachten Sturz vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall festzustellen. Das Urteil des SG war daher aufzuheben.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage (BSG Urteil vom 18.01.2011 -. B 2 U 15/10 R -, Juris) zulässig. Die vor dem SG zuletzt beantragte Feststellung des Ereignisses vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall ist im Berufungsverfahren zulässig mit dem ursprünglich verfolgten Verpflichtungsbegehren weiterverfolgt worden, was gemäß § 99 Abs. 2 SGG nicht als Klageänderung gilt, da der Klagegrund beibehalten worden ist. Die Klägerin hat eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG auf Aufhebung der Bescheide, mit denen die Feststellung eines Arbeitsunfalls abgelehnt wurde, und Verpflichtung der Beklagten, das Ereignis vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen, erhoben.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr, 17; -B 2 U 40/05 R - , UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 26/04 R- , UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).
Ferner ist zu beachten, dass für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - die Wahrscheinlichkeit genügt, dass aber das Unfallereignis, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden müssen (BSG SozR 35670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Maßstäbe ist das von der Klägerin geltend gemachte Unfallereignis nachgewiesen. Es steht für den Senat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin am 05.11.2004 während der Arbeit gestürzt ist und sich dabei Wirbelkörperfrakturen zugezogen hat.
Nachgewiesen ist der Gesundheitsschaden durch die Magnetresonanztomographie vom 18.11.2004, mit der Impressionsfrakturen des 12. BWK und 2. LWK diagnostiziert wurden. Ebenso ist zur sicheren Überzeugung des Senats durch das im Berufungsverfahren eingeholte radiologische Gutachten von PD Dr. K. vom 13.01.2011 mit ergänzender Stellungnahme vom 19.05.2011 nachgewiesen, dass es sich bei den Wirbelkörperfrakturen nicht um spontan entstandene pathologische Frakturen gehandelt hat. Dies wird von Dr. W. aus orthopädischer Sicht bestätigt, der auf Anfrage der Beklagten die Möglichkeit einer pathologische Fraktur weitgehend ausgeschlossen hatte und ein traumatisches Geschehen für ursächlich erachtete (Bericht an die Beklagte vom 14.04.2005). Für die Entstehung der Frakturen war daher eine Einwirkung im Sinne der Legaldefinition des Unfalls in § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erforderlich.
Zur sicheren Überzeugung des Senats steht auch fest, dass die Wirbelkörperfrakturen der Klägerin während der Ausübung ihrer versicherten Tätigkeit durch die Einwirkung des von ihr geschilderten Sturzes auf der Treppe entstanden sind.
Der Senat stützt seine Überzeugung unter Würdigung der Gesamtumstände hauptsächlich auf das Vorbringen der Klägerin.
Grundsätzlich ist das (Partei-)Vorbringen des Versicherten (auch) als alleinige Grundlage eines Nachweises des Arbeitsunfalls nicht ausgeschlossen, wenn es in sich widerspruchsfrei - gegebenenfalls nach überzeugender Auflösung anfänglich aufgetretener Widersprüche - und mit den nachgewiesenen sonstigen äußeren Umständen in Einklang zu bringen ist.
Vorliegend ist das Vorbringen der Klägerin nicht frei von Widersprüchen. Hierauf hat das SG im angefochtenen Urteil auch zutreffend hingewiesen. Die Klägerin hat auch auf Nachfrage weder vor dem SG noch vor dem Senat die Widersprüche durch eigene Sacheinlassung hinreichend aufzuklären vermocht. Dies hat das SG auch an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin zweifeln lassen, was grundsätzlich im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats steht.
Vorliegend sind die unaufgelösten, fortbestehenden Widersprüche im Vorbringen der Klägerin nach Überzeugung des Senats jedoch kein Indiz für eine mangelnde Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zum Sturzgeschehen. Den Hergang des Sturzes, die verzögerte Schmerzentwicklung und die ärztliche Behandlung hat die Klägerin seit Beginn ihres entsprechenden Vorbringens konsistent ohne wesentliche Abweichungen geschildert. Für den Senat ist nachvollziehbar gewesen, dass die Klägerin dem Sturz auf das Gesäß zunächst keine Bedeutung beigemessen hat, weil sie danach ihren Weg zum Abfallcontainer hat fortsetzen können. Nach ihren Angaben vor dem Senat hat es nach dem Sturz im Rücken "ein bisschen gezogen", Schmerzen hat sie aber zu diesem Zeitpunkt keine empfunden, weshalb sie auch die Arbeit fortsetzen und ungehindert den Heimweg antreten konnte. Wenn daher ohne äußeren Anlass die Schmerzen erst zu Hause aufgetreten sind, als sich die Klägerin aus dem Sitzen nicht mehr hatte erheben können, wird nachvollziehbar, dass sie den Sturz nicht mit ihren Rückenschmerzen in Verbindung gebracht hat und ein Unfallereignis auch den behandelnden Ärzten - möglicherweise selbst auf deren Frage zur Vorgeschichte - nicht mitgeteilt hatte. Ferner hat die Klägerin, wie im übrigen auch der Zeuge J., noch im gerichtlichen Verfahren betont, dass sie eine Wirbelkörperfraktur bei einem einfachen Sturz auf das Gesäß nicht für möglich gehalten hätte. Im unfallchirurgischen Gutachten von Prof. Dr. H. vom 11.01.2006 wird der aktenkundige Beschwerdeverlauf mit Unfall am 05.11.2004 und erstmaligem Arztbesuch am 08.11.2004 nicht kritisch hinterfragt, sondern ohne weiteres von einem Ursachenzusammenhang ausgegangen. Eine verzögerte Beschwerdeentwicklung stand dieser gutachterlichen Bewertung daher nicht entgegen, was eine zunächst keine Beschwerden verursachende Fraktur der Deckplatten, die erst bei normaler Alltagsbelastung mit Verschiebungen der Fraktursegmente bzw. Vertiefung der Impression spürbare Schmerzen verursachte, medizinisch als naheliegend voraussetzt. Insoweit ist das Vorbringen der Klägerin auch stimmig.
Der äußere Vorgang des Sturzes ist auch vom Zeuge J. bestätigt worden, der einen Sturz der Klägerin auf der besagten Treppe im Betrieb beobachtet hatte. Seinen Angaben ist auch zu entnehmen, dass die Klägerin nach dem von ihm beobachteten Sturzes krankgeschrieben worden war, vermeintlich erst nachdem sie ein bis zwei Tage nach dem Sturz wieder gearbeitet hatte. Von der Erinnerung des Zeugen war aber noch der Umstand erfasst, dass die Klägerin zunächst wegen Ischias oder Hexenschuss behandelt worden ist, sich später während der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit aber eine Wirbelkörperfraktur als Ursache herausstellte. Wegen dieses Zusammenhangs von Sturz und Arbeitsunfähigkeit mit anfänglicher Fehldiagnose sieht der Senat entgegen der Auffassung des SG die sich damit deckenden Angaben der Klägerin auch durch den Zeugen bestätigt. Dass er einen anderen Vorgang beschreibt, weil er nicht von einer unmittelbar an den Sturz anschließenden Arbeitsunfähigkeit ausgeht, ist nicht nahe liegend.
Das SG hat die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht infrage gestellt. Auch der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge unglaubwürdig ist. Es ist nicht zu erkennen, dass der Zeuge einen Vorteil durch die Feststellung eines Arbeitsunfalles der Klägerin hätte. Soweit auch der Zeuge widersprüchliche Angaben darüber gemacht hat, wann er erstmals der Klägerin offenbart habe, den Vorfall beobachtet zu haben, schmälert dies seine Glaubwürdigkeit nicht. Zum einen hat der Zeuge seine diesbezüglichen Angaben teilweise auch nur unter dem Vorbehalt gemacht, sich so zu erinnern. Zum anderen hat der vom SG zweimal vernommene Zeuge zuletzt angegeben, keine sichere Aussage gerade hierzu machen zu können. Dies ist wegen des Zeitablaufs glaubhaft, zumal der Zeuge bei seinen Aussagen durchgehend betont hatte, dem beobachteten Sturz keine Bedeutung beigemessen zu haben und selbst als er von den Wirbelkörperbrüchen erfahren habe, zunächst nicht geglaubt zu haben, dass dies von dem Sturz gekommen sei. Es ist deshalb verständlich, dass dem Zeugen im Nachhinein eine verlässliche Angabe darüber, wann er von seiner Beobachtung der Klägerin Mitteilung gemacht hat, nicht mehr möglich war. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Klägerin Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben hatte und auch nach Angaben des Zeugen J. - nach seinen insoweit nicht ganz deckungsgleichen Angaben mit oder ohne seine Beteiligung - eine Meldung als Arbeitsunfall im Betrieb zögerlich weitergegeben bzw. bearbeitet worden ist. Das Interesse des Zeugen, seine eigene Beobachtung im Betrieb oder auch gegenüber der Klägerin nicht nachdrücklich bekanntzugeben und die weitere Entwicklung abzuwarten, kann aus diesen Umständen gefolgert werden. Schließlich ist den Erstangaben des Zeugen bei seiner Vernehmung am 14.11.2007 vor dem SG zu entnehmen, dass ihm der Zusammenhang zwischen Wirbelkörperfraktur und Sturz erst nach der "Einladung", gemeint ist die Terminsladung, wieder bewusst geworden ist, denn da hatte er sich die Sache "noch mal überlegt", was nicht heißen sollte, dass sich der Zeuge 3 Jahre später an einen Vorfall, dem er sonst keine Bedeutung beigemessen hatte, jetzt erst wieder erinnerte. Es liegt aber nahe, dass er sein Wissen jetzt offenbarte, wie die Klägerin nach vorherigen insoweit widersprüchlichen Äußerungen zuletzt auch nachvollziehbar erklärt hat. Danach sei ihr erst im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens nach Ladung des Zeugen zum Erörterungstermin bekannt geworden, einen Zeugen für den Sturz zu haben. Dass der Zeuge J. im weiteren Verlauf seiner Vernehmung auf entsprechende Vorhalte der Beteiligten eingeräumt hat, der Klägerin bereits früher von seiner Beobachtung berichtet zu haben, ist im Ergebnis nicht als Tatsache festzustellen. Auch hier hatte der Zeuge die Aussage jeweils dadurch eingeschränkt, dass er entweder ausdrücklich angegeben hatte, er wisse es nicht genau oder er glaube, er habe etwas Vergleichbares zum Ausdruck gebracht.
Der Senat verkennt nicht, dass hinsichtlich des Zeitpunktes, wann der Klägerin vom Zeugen J. berichtet worden ist, dass er den Sturz gesehen hat, widersprüchliches Vorbringen der Klägerin und des Zeugen vorliegt, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat. Diese Widersprüche sind jedoch nach dem in der mündlichen Verhandlung vom Senat gewonnenen Eindruck von der Klägerin damit zu erklären, dass die Klägerin selbst hierüber keine befriedigende Auskunft mehr geben kann. Generelle Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Klägerin sind damit aber nicht zu begründen. Solche hatte auch das SG nicht, denn im angefochtenen Urteil wird ausdrücklich ausgeführt, der Klägerin werde nicht unterstellt, bewusst falsche Angaben zu machen. Der Senat hat die Klägerin jeweils in den Sitzungen am 16.04.2010 und 01.07.2011 angehört. Hierbei hat die Klägerin auf Fragen häufig weitschweifende Ausführungen gemacht, ohne die Fragen zu beantworten, sich in offensichtliche Widersprüche zu unmittelbar zuvor Gesagtem verwickelt - wie zuletzt mit der Angabe, ihrer Meinung nach sei der Unfalltag auch der letzte Arbeitstag des Zeugen J. gewesen, was bislang aber weder sie noch der Zeuge vorgetragen hat und sich auch nicht mit früherem Vortrag vereinbaren lässt - und Unsicherheit selbst bei Aussagen zu nicht entscheidungserheblichen Sachverhalten erkennen lassen. Der Senat hat deshalb von der Klägerin den Eindruck gewonnen, dass sie Erinnerungslücken, statt solche offen zulegen, mit vermuteten Zusammenhängen oder Ereignissen zu schließen versucht, häufig auch aufgrund einer spontanen Eingebung, aber in der gegenwärtigen Überzeugung, es sei so gewesen. Dies macht ihre Aussagen in diesen Punkten unverwertbar, erlaubt aber keinen Rückschluss auf ihre Glaubwürdigkeit. Daher sind aus den unterschiedlichen Angaben, wonach sie einmal bereits 2 ein anderes Mal 4 Wochen nach dem Unfall erfahren haben will, dass der Zeuge den Unfall beobachtet hat, keine für sie günstigen oder nachteiligen Folgerungen zu ziehen. Es bleibt deshalb unaufgeklärt, weshalb die Klägerin zunächst angegeben hatte, für den Vorfall keinen Zeugen benennen zu können, obgleich später der Zeuge J. bestätigt hat, den Unfall gesehen zu haben. Es ist immerhin möglich, wie oben dargelegt, dass der Zeuge J. im Gespräch mit der Klägerin, aus welchen Gründen auch immer, seine Beobachtung zunächst nicht offenbart hat.
Eine nochmalige Vernehmung des Zeugen J. hat sich dem Senat nicht aufgedrängt. Das SG hat den Zeugen nicht als unglaubwürdig beurteilt. Auch der Senat entnimmt den aktenkundigen Aussagen des Zeugen keine Hinweise auf eine mangelnde Glaubwürdigkeit. Im Übrigen stützt sich der Senat ohnehin in erster Linie auf die für glaubhaft beurteilten Angaben der Klägerin, die mit den oben genannten ärztlichen Dokumenten und den glaubhaften verwertbaren Angaben des Zeugen J. übereinstimmen.
Der Senat konnte daher den Sturz der Klägerin auf der Treppe im Betrieb ihres damaligen Arbeitgebers am 05.11.2004 auf das Gesäß feststellen. Dieser hat die Wirbelkörperfrakturen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Äquivalenztheorie verursacht und war wesentliche Ursache der Frakturen.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (ständige Rechtsprechung; vgl. stellvertretend zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; -B 2 U 40/05 R - , UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 26/04 R- , UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris).
Nach diesen Grundsätzen und Maßstäben war der Sturz auch wesentliche Bedingung des erlittenen Gesundheitsschadens. Eine Gelegenheitsursache liegt nicht vor. Die bei der Klägerin zum Zeitpunkt des Sturzes am 05.11.2004 bestehenden krankhaften Knochenveränderungen hätten ohne die versicherte Tätigkeit in absehbarer Zeit nicht auch zu einem Bruch geführt; hierzu bedurfte es der besonderen Einwirkung des Unfalls. Nach der Beurteilung des Sachverständigen PD Dr. K. war die nur regional an den betroffenen Wirbelkörpern vorhandene Knochenbrüchigkeit nicht so weit ausgebildet, dass Spontanfrakturen zu erwarten gewesen sind. Bei der von ihm angenommenen mittleren Gewalteinwirkung auf die Wirbelkörper, wie sie durch den Sturz auf das Gesäß mit Stauchung der Wirbelsäule zu erwarten ist, wären zwar gesunde unbelastete Wirbelkörper nicht gebrochen, jedoch stellt der auf die Wirbelkörper einwirkende Impuls aus einem solchen Sturz keine Belastung dar, denen die Wirbelkörper des Achsenskeletts auch im Alltag ausgesetzt sind (z.B. tiefes Bücken, Verdrehen des Oberkörpers, Anheben einer mittleren Last etc.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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