L 11 R 2892/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 2398/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2892/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. April 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.

Die am 5. April 1959 in Rumänien geborene Klägerin siedelte im Jahr 1990 in die Bundesrepublik Deutschland über. In ihrem Heimatland absolvierte sie eine Ausbildung in einer Möbelfabrik. Sie erlernte die Herstellung von Holzintarsien für Möbel. Nach ihrem Zuzug war sie von 1991 bis September 2005 als angelernte Maschinenarbeiterin tätig. Ab Oktober 2006 bezog die Klägerin bis März 2007 Krankengeld. Anschließend erhielt sie Arbeitslosengeld. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit Juni 2006 anerkannt (Bescheid des Landratsamts S. vom 5. Februar 2009).

Nachdem im Januar 2006 bei der Klägerin eine Bandscheibenoperation (Bandscheibenprothese C5/C6 am 11. Januar und nach einem Sturz Revision am 24. Januar mit Entfernung der Bandscheibenprothese und Versteifung der Wirbelkörper nach Cloward C5/C6) durchgeführt worden war, nahm die Klägerin vom 6. Februar 2006 bis 27. Februar 2006 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der S.-Klinik Z. GmbH teil. Der Oberarzt Dr. W. und der Stationsarzt Dr. O. gaben im Entlassungsbericht an, die Klägerin könne in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf als Montiererin lediglich drei bis unter sechs Stunden täglich tätig werden, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr hingegen noch sechs Stunden und mehr täglich möglich (Diagnosen: Belastungsdefizit Wirbelsäule nach Bandscheibenprothese C5/C6 und Revision mit OP nach Cloward C5/C6, Impingementsyndrom des rechten Schultergelenks mehr als links).

Am 16. März 2006 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie leide an "Halswirbel-Bandscheiben-OP, rechte Schulter Sehnenriss, Arthrose in der Lendenwirbelsäule und ganzen Wirbelsäule, Arthrose in beiden Knien, Krampfadern beide Beine, zweimal OP große Zehe rechtes Bein". Die Beklagte ließ die Klägerin vom Orthopäden Dr. H. untersuchen und begutachten. Dieser legte in seinem Gutachten vom 27. Juni 2006 dar, die Klägerin leide an einem Zustand nach Bandscheibenoperation mit Fusions-Operation C5/C6 im Januar 2006, an einer Tendinitis calcarea des rechten Schultergelenks, einer Varus-/Gonarthrose beidseits sowie einem rezidivierenden Lumbalsyndrom. Ferner äußerte er den dringenden Verdacht auf das Vorliegen eines Impingementsyndroms beider Schultergelenke. Leichte körperliche Tätigkeiten könne die Klägerin uneingeschränkt durchführen. Mit Bescheid vom 11. August 2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag der Klägerin ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das Gutachten des Orthopäden Dr. W. vom 24. November 2006 und das nervenärztliche Gutachten von Dr. G. vom 13. März 2007 ein. Dr. W. legte dar, die Klägerin leide an einem Zustand nach Spondylodese C5/6 mit Verdacht auf atlantoaxiale Gefügelockerung, einem innenseitigen Kniegelenksverschleiß sowie einer Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke bei Sehnenengpasssyndrom rechts und einem Zustand nach Acromioplastik und subacromialer Dekompression. Aufgrund dessen könne die Klägerin ihre letzte Tätigkeit als Maschinenarbeiterin lediglich drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen (keine einseitige Körperhaltung, keine Überkopfarbeiten, kein gehäuftes Bücken, kein längeres Stehen oder Gehen auf harten Böden oder in unebenem Gelände) noch sechs Stunden und mehr täglich möglich. Insgesamt sei davon auszugehen, dass sich alle Beschwerden verringern ließen. Er empfahl daher eine Behandlung unter stationären Bedingungen; ferner sollten berufsfördernde Maßnahmen im Sinne einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Erwägung gezogen werden. Dr. G. bestätigte die orthopädischen Beeinträchtigungen und legte zudem dar, bei der Klägerin stehe ein generalisiertes Schmerzsyndrom im Vordergrund, wobei die Schmerzen nicht segmental zugeordnet werden könnten. Er diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung sowie das Vorliegen einer Fibromyalgie. Auch psychisch habe sich der Zustand der Klägerin verschlechtert, da sie unter Angst und innerer Unruhe leide. Es bestünden rezidivierende Ein- und Durchschlafstörungen mit nächtlichem Grübelzwang. Auch träten Kopfschmerzen auf. Ferner sei die Konzentration deutlich eingeschränkt. Die Klägerin könne sowohl ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lediglich vier Stunden täglich verrichten. Die Einschränkungen bestünden auf Zeit für ca drei Jahre. Auch könne mit einer Verbesserung des Gesundheitszustandes gerechnet werden. Er empfahl die Durchführung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation. Mit Bescheid vom 8. Mai 2007 gewährte die Beklagte der Klägerin daraufhin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2009.

Am 21. November 2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Weiterzahlung der Rente wegen Erwerbsminderung über den Wegfallmonat hinaus. Die Beklagte zog zunächst einen Befundbericht der Gemeinschaftspraxis Dres. B. und B.-S. vom 1. Januar 2009 bei und holte das Gutachten des Arztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. F. vom 26. März 2009 ein. Dr. F. führte aus, die Klägerin leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer mittelgradigen Funktionsstörung der HWS nach Spondylodese C5/6 im Januar 2006 sowie einem Funktions- und Belastungsdefizit am rechten Schultergelenk nach Labrum-Refixation, subacromialer Dekompression und lateraler Clavicularesektion im Oktober 2006. Ferner bestehe bei der Klägerin eine beginnende Kniegelenksarthrose beidseits innenseitig, aktuell ohne Funktionsdefizit sowie Übergewicht. Zwar könne die Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit lediglich drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr in wechselnden Körperhaltungen über sechs Stunden täglich möglich. Zu vermeiden seien Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Drei-Schicht-Tätigkeiten, Beschäftigungen mit hoher psychischer Belastung sowie mit besonderen Wirbelsäulenbelastungen. Insbesondere seien Überkopfarbeiten sowie Zwangs- und Fehlhaltungen, häufiges Bücken sowie Hebe- und Tragebelastungen über 10 kg nicht mehr leidensgerecht. Mit Bescheid vom 27. März 2009 gewährte die Beklagte der Klägerin die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit weiter bis zum 31. Mai 2009. Ferner veranlasste die Beklagte eine Begutachtung der Klägerin durch den Neurologen und Psychiater Dr. H ... Dieser beschrieb in seinem Gutachten vom 13. Mai 2009 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, einen Zustand nach Nukleotomie C5/6 sowie Spondylodese C5/6 im Januar 2006 und eine persistierende Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks nach Operation im Oktober 2006. Aufgrund des generalisierten Schmerzsyndroms solle die Klägerin das schwere Heben und Tragen von Lasten sowie Schicht- und Akkordarbeiten vermeiden. Gleichfalls sollten Tätigkeiten unter erhöhter emotionaler Belastung sowie Arbeiten, die ein komplettes Umstellungsvermögen erfordern, ausgespart werden. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in der Kabelkonfektionierung sei lediglich noch zwischen drei bis unter sechs Stunden möglich, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie hingegen unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig ausüben.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2009 gewährte die Beklagte der Klägerin die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit weiter bis 31. Juli 2009; mit Bescheid vom 17. Juni 2009 lehnte sie die Weitergewährung über den Monat Juli 2009 hinaus ab. Den von der Klägerin am 6. Juli 2009 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2009 unter Hinweis auf die Gutachtensergebnisse von Dr. F. und Dr. H. zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 2. September 2009 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und vorgetragen, die Beklagte habe die bei ihr vorhandenen Leistungsbeeinträchtigungen nicht in ausreichendem Umfang gewürdigt. Ihr Gesundheitszustand habe sich seit der letzten Rentengewährung nicht gebessert. Insbesondere habe die Beklagte ihr Schmerzleiden und die auf orthopädischem Fachgebiet vorhandenen Beeinträchtigungen nicht hinreichend berücksichtigt. Es bestehe ein dauernder Schmerzzustand in beiden Schultergelenken, in der Wirbelsäule sowie im rechten Knie. Ferner leide sie an einem chronischen Kopfschmerz.

Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. G. hat mitgeteilt (Auskunft vom 19. November 2009), die Klägerin leide an "Angst und Depression gemischt" sowie an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Sie sei lediglich in der Lage, im zuletzt ausgeübten Beruf oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten mindestens vier Stunden täglich zu verrichten. Der Orthopäde H. hat dargelegt, die Klägerin sei aufgrund ihrer Erkrankungen sicher in der Lage, leichtere Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für mindestens vier bis sechs Stunden täglich zu verrichten. Längerdauernde stehende bzw sitzende Belastungen, Heben und Tragen von schweren Lasten sowie Überkopfarbeiten sollten vermieden werden (Auskunft vom 23. November 2009). Die Allgemeinmedizinerin Dr. B.-S. hat die Frage, ob die Klägerin Tätigkeiten als Maschinenarbeiterin oder leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne, verneint (Auskunft vom 30. November 2009). Dr. M., Arzt für Anästhesiologie und spezielle Schmerztherapie, hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 9. November 2009 ein halbschichtiges Leistungsvermögen für leichte abwechslungsreiche Tätigkeiten angenommen.

Anschließend hat das SG die Klägerin durch Dr. H. auf orthopädischem Fachgebiet begutachten lassen. In seinem Gutachten vom 18. Februar 2010 hat der Sachverständige dargelegt, die Klägerin leide an einem chronisch funktionellen Ganzkörperschmerzsyndrom ohne Nachweis gravierender Körperschäden nach erfolgloser Bandscheibenoperation und Versteifung zwischen dem 5. und 6. Halswirbelkörper und Schulteroperation rechts mit Refixierung des teilweise abgelösten Labrums und Erweiterung des Verkehrsraums der Rotatorenmanschette durch Teilabtragung des knöchernen Schulterdachs und Entfernung des seitlichen Schlüsselbeinendes rechts. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin angegebenen subjektiven Beschwerden halte er sie für fähig, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten zu verrichten. Langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule sollte vermieden werden. Die Körperhaltung sollte immer wieder zwischen Sitzen, Gehen und Stehen abgewechselt werden, wobei ein stündlicher Wechsel ausreichend erscheine. Gelegentliches Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw bis 8 kg in Rumpfvor- oder seitneigung seien zumutbar. Ebenso könnten die Arbeiten mit Treppensteigen im üblichen Umfang (zwei bis drei Stockwerke mehrfach täglich), ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten unter Akkord- und Fließbandbedingungen ausgeübt werden. Ebenfalls sollte die Klägerin Tätigkeiten unter Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft bei Benutzung geeigneter Schutzkleidung, ohne ständigen Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen hinnehmen. Arbeiten an gefährdenden Maschinen seien prinzipiell nicht ausgeschlossen. Zwar gebe die Klägerin an, immer wieder unter Schwindel zu leiden, eine auffällige Sturzneigung sei jedoch nicht zu erkennen.

Die Klägerin hat sich mit dem Gutachtensinhalt nicht einverstanden erklärt. Dr. H. habe keine eigenen Röntgenbilder angefertigt, sondern nur bereits vorhandene ausgewertet. Auch habe er die Auswirkungen der Fibromyalgie auf ihr Leistungsvermögen zu wenig berücksichtigt. Ferner könne sie Hausarbeiten nicht in dem vom Gutachter dargelegten Umfang erledigen.

Mit Urteil vom 21. April 2010, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 25. Mai 2010, hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne zwar ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenarbeiterin nicht mehr ausüben; allerdings sei sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr noch sechs Stunden und mehr täglich möglich.

Am 21. Juni 2010 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, auch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr verrichten zu können. Das SG habe das Ausmaß der Beeinträchtigungen der Fibromyalgie nicht ausreichend gewürdigt. Das Krankheitsbild gehöre in den Spezialbereich eines Rheumatologen. Insoweit werde die Einholung eines rheumatologischen Gutachtens angeregt. Das von Dr. H. erstattete Gutachten sei fehlerhaft. Ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen sollten durch eine Kernspintomographie überprüft werden. Ihre Auffassung werde durch den Bericht der Fachärztin für Innere Medizin, Rheumatologie Dr. L. vom 16. Mai 2011 bestätigt, in dem diese ua den Verdacht auf eine Schmerzchronifizierung im Sinne eines Fibromyalgiesyndroms diagnostiziert habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. April 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweiser teilweiser Erwerbsminderung über den 31. Juli 2009 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Am 19. November 2010 hat die frühere Berichterstatterin mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert und darauf hingewiesen, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien. Auf die Möglichkeit der Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat sie mit Schreiben vom 22. November 2010 hingewiesen. Eine entsprechende Antragstellung ist nicht erfolgt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2009 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer vollen oder teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Juli 2009 hinaus.

Befristete Renten wegen Erwerbsminderung können verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn nach § 102 Abs 2 Satz 3 SGB VI. Mit dieser durch Art 1 Nr 32 Buchst a) Doppelbuchst aa) RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554) mit Wirkung ab 1. Mai 2007 (Art 27 Abs 7 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) eingefügten Regelung wird bestimmt, dass lediglich eine Verlängerung der anfänglichen Befristung erfolgt, es beim ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt und eine Folgerente ohne Neuberechnung im Umfang der bisherigen Rente weiterzuzahlen ist (BT-Drucks 16/3794 S 37).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach dem Ergebnis der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme ist die Klägerin im hier streitgegenständlichen Zeitraum ab 1. August 2009 in der Lage, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Sie ist damit weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig und hat deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Dass bei der Klägerin eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß nicht gegeben ist, hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der umfassend erhobenen Beweise zutreffend aus den im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten von Dr. F. und Dr. H. sowie dem Sachverständigengutachten von Dr. H. gefolgert. Der Senat schließt sich deshalb zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils vom 21. April 2010, insbesondere der dort vorgenommenen Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs 2 SGG).

Das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Berufung rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Auch ergibt sich hieraus keine Veranlassung im Verlauf des Berufungsverfahrens eine weitere Beweisaufnahme durchzuführen. Nachdem das Schwergewicht der das berufliche Leistungsvermögen einschränkenden Erkrankungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet liegt und die auf den Weitergewährungsantrag von der Beklagten eingeholten Gutachten von Dr. F. und Dr. H. sowie das Gerichtsgutachten von Dr. H. nachvollziehbar und schlüssig lediglich qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögen bestätigen können, waren weitere Ermittlungen des Senats nicht veranlasst. Die Klägerin leidet, was sie auch im Berufungsschriftsatz nochmals darlegt, im Wesentlichen an einem Ganzkörperschmerzsyndrom. Soweit sie bemängelt, die Ursache hierfür habe nicht geklärt werden können, ist darauf hinzuweisen, dass lediglich die Auswirkungen und Funktionsbeeinträchtigungen der jeweiligen Erkrankung für die Frage, ob eine Rentengewährung erfolgen kann oder nicht maßgeblich sind. Über die Auswirkungen der Fibromyalgie hat Dr. H. in seinem Gutachten vom 18. Februar 2010 nach seiner auf eine umfassende Befunderhebung gestützte und im Ergebnis überzeugende Beurteilung berichtet. Das von der Klägerin als Fibromyalgie bezeichnete Krankheitsbild hat Dr. H. als chronisches funktionelles Ganzkörperschmerzsyndrom bezeichnet und im Rahmen dessen die hieraus resultierenden qualitativen Leistungseinschränkungen formuliert. Die weitere Einholung eines rheumatologischen Gutachtens ist daher entbehrlich. Dies gilt auch für die Anregung der Klägerin, ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch eine Kernspintomographie zu überprüfen. Hierdurch könnte lediglich eine Ursache für die vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen ermittelt werden, Aufschlüsse im Hinblick auf die vom Gutachter durchzuführende Funktionsbegutachtung ergäben sich hieraus jedoch nicht. Nachdem nämlich die bereits genannten Gesundheitsstörungen unstreitig feststehen, ist die Ursache hierfür letztlich unerheblich, denn es kommt im Hinblick auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung allein darauf an, ob aufgrund der Gesundheitsstörungen das Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt ist. Hiervon konnte sich der Senat - auch unter Berücksichtigung des Befundberichts von Dr. L. vom 16. Mai 2011 - nicht überzeugen.

Auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs 1 SGB VI liegen nicht vor; die Klägerin ist nicht berufsunfähig. Ausgangspunkt der Prüfung ist auch hier entsprechend der zu § 43 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung entwickelten Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 107 und 169). Dabei ist unter dem bisherigen Beruf in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit jedenfalls dann zu verstehen, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten war.

Kann der Versicherte diesen "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist und die er gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann. Das BSG hat zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes und damit zur Bestimmung zumutbarer Verweisungstätigkeiten ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert. Diese werden durch die Leitberufe eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion (und diesem gleichgestellten besonders hochqualifizierten Facharbeiters), eines Facharbeiters, der einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer anerkannten Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren ausübt, eines angelernten Arbeiters, der einen Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ausübt, und eines ungelernten Arbeiters charakterisiert. Dabei wird die Gruppe der angelernten Arbeiter nochmals in die Untergruppen der "oberen Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten) und "unteren Angelernten" (Ausbildungs- oder Anlernzeit von mindestens 3 bis zu 12 Monaten) unterteilt. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Ferner ist erforderlich, dass der Versicherte die für die Verweisungstätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erwerben kann (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 23).

Ausgehend von diesem Schema hat das SG die Klägerin zu Recht der Gruppe der unteren Angelernten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von höchstens zwölf Monaten zugeordnet. Zwar hat die Klägerin in Rumänien eine Ausbildung absolviert und war anschließend in ihrem Heimatland bis November 1990 in diesem Beruf tätig. Allerdings hat sie sich nicht aus gesundheitlichen Gründen von diesem Beruf gelöst, sondern vielmehr nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland keine entsprechende Arbeit gefunden und war von Februar 1991 bis zum Beginn ihrer Erkrankung im September 2005 als Maschinenarbeiterin tätig. Ihre Aufgabe bestand ua darin, Elektrokabel unterschiedlicher Länge in eine Maschine einzufädeln. Dies entnimmt der Senat den Angaben der Klägerin, die diese dem Sachverständigen Dr. H. gegenüber gemacht hat (Gutachten Dr. H. S 4), sowie ihren Angaben bei der Rentenantragstellung. Die Klägerin kann dementsprechend auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ohne dass es der Benennung einer konkreten Tätigkeit bedarf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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