L 8 AL 4040/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 4571/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4040/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe und das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Erhalts einer Entlassungsentschädigung festgestellt und die Bewilligung von Alg für den entsprechenden Zeitraum abgelehnt hat.

Der am 1947 geborene Kläger war vom 21.03.1984 bis 30.09.2009 als Disponent bei der Firma A. E. GmbH (Arbeitgeberin) in H. beschäftigt. Mit Schreiben vom 30.03.2009 kündigte seine Arbeitgeberin das mit ihm bestehende Arbeitsverhältnis wegen dringender betrieblicher Erfordernisse zum 30.09.2009. Gleichzeitig bot sie dem Kläger an, mit Ablauf der Kündigungsfrist eine Abfindung im Rahmen der betrieblichen Regelungen in Höhe von 25.800 EUR zu bezahlen, sofern der Kläger gegen diese Kündigung innerhalb von drei Wochen nach Zugang keine Kündigungsschutzklage erhoben habe.

Am 09.07.2009 meldete sich der Kläger mit Wirkung vom 01.10.2009 bei der Arbeitsagentur H. (AA) arbeitslos und beantragte Alg. In der Arbeitsbescheinigung vom 08.09.2009 gab die Arbeitgeberin an, die maßgebende Kündigungsfrist des Arbeitgebers habe sechs Monate zum Ende des Vierteljahres betragen. Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber sei gesetzlich oder (tarif-)vertraglich zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen gewesen. Der Kläger, der 25 Jahre bei ihr beschäftigt gewesen sei, habe eine Abfindung in Höhe von 25.800 EUR erhalten. Im Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei Kündigung durch den Arbeitnehmer oder Abschluss eines Aufhebungs-/Auflösungsvertrages gab der Kläger am 01.10.2009 an, die "Kündigung erfolgte freiwillig".

Mit Bescheid vom 01.10.2009 entschied die AA, dass der Leistungsanspruch des Klägers wegen des Erhalts einer Entlassungsentschädigung in Höhe von 25.800 EUR bis 11.11.2009 ruhe. Ebenfalls mit Bescheid vom 01.10.2009 stellte die AA den Eintritt einer Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf Alg für die Zeit vom 01.10.2009 bis 23.12.2009 fest. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis mit seiner früheren Arbeitgeberin einvernehmlich gelöst. Zwar habe diese formal eine Kündigung ausgesprochen. Nach dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse und dem Verhalten des Klägers habe jedoch zwischen dem Kläger und ihrer ehemaligen Arbeitgeberin Einvernehmen bestanden, da nach dem geltenden Tarifvertrag Beschäftigungsverhältnisse aus betrieblichen Gründen nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers gelöst werden würden. Der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis lösen wollen. Durch die Kündigung sei die einvernehmliche Lösung verdeckt worden. Anhaltspunkte dafür, dass ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses vorgelegen habe, gebe es nicht. Mit weiterem Bescheid vom 01.10.2009 bewilligte die AA dem Kläger Alg vom 24.12.2009 bis 22.06.2011 in Höhe von 49,34 EUR täglich.

Gegen alle drei Bescheide legte der Kläger am 02.11.2009 Widerspruch ein und machte geltend, entgegen den entsprechenden Ausführungen im angegriffenen Bescheid habe ein wichtiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgelegen. Seine frühere Arbeitgeberin sei aus wichtigem Grund zur Kündigung berechtigt gewesen, da sein Arbeitsverhältnis ersatzlos weggefallen gewesen sei und eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nicht bestanden habe. Er habe sich insoweit auf die ihm gegenüber erfolgten Darlegungen der Arbeitgeberin verlassen müssen und dürfen. Er verwies auf die von dieser mit Schreiben vom 22.10.2009 vorgelegte geänderte Arbeitsbescheinigung vom 21.10.2009, in der die Frage, ob eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund erfolgt sei, abweichend von den Angaben in der Arbeitsbescheinigung vom 08.09.2009, in der diese Frage unbeantwortet geblieben war, bejaht wurde. Ergänzend gab die frühere Arbeitgeberin der Klägerin hierzu an, sie hätte es versäumt, in der ursprünglichen Arbeitsbescheinigung anzugeben, dass eine fristgebundene Kündigung des Klägers aus wichtigem Grund erfolgt sei. Aufgrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise habe ihr Unternehmen Rückgänge beim Auftragseingang und beim Umsatz von rund 50 % (bezogen auf den Kündigungszeitpunkt des Klägers) gehabt. Die dadurch bedingte Unterauslastung nahezu aller Abteilungen habe zu Kurzarbeit und einer Reihe von betriebsbedingten Kündigungen geführt. Der Kläger sei dadurch betroffen gewesen, weil sein Arbeitsplatz durch Umstrukturierung ersatzlos entfallen sei. Da es zum Kündigungszeitpunkt und auch heute noch keine anderen freien Arbeitsplätze im Unternehmen gebe, die für den Kläger geeignet wären, habe das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 01.10.2009 zurück. Es sei zu Recht der Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt worden, da der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis bei seiner Arbeitgeberin zum 30.09.2009 durch seine Zustimmung zu einer sonst zeitlich unbegrenzt ausgeschlossenen Kündigung gelöst habe. Es liege somit trotz formal erfolgter Kündigung eine einvernehmliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vor. Der Kläger könne sich hierfür nicht mit Erfolg auf einen wichtigen Grund berufen. In der Person des Klägers bestehende Umstände, die die Arbeitgeberin berechtigt hätten, aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auslauffrist zu kündigen, seien weder vorgetragen noch nach Aktenlage erkennbar. Auch die Feststellung des Ruhens des Anspruchs auf Alg wegen der erhaltenen Abfindung sei zu Recht festgestellt worden. Diese sei angesichts des Alters des Klägers zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (62 Jahre) und seiner 25-jährigen Betriebszugehörigkeit (nur) mit dem gesetzlichen Mindestsatz von 25 %, mithin 6.450 EUR, zu berücksichtigen. Nach dem der Kläger zuletzt ein kalendertägliches Arbeitsentgelt von 153,26 EUR gehabt habe, entspreche der zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung von 6.450 EUR dem Arbeitsentgelt für 42 Tage.

Am 18.12.2009 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), mit der er an seinen Zielen festhielt und unter Hinweis auf seine Widerspruchsbegründung vom 24.11.2009 einen Anspruch auf Alg auch für die Zeit vom 01.10.2009 bis 23.12.2009 geltend machte. Auf entsprechende Anfrage des SG teilte der Kläger mit, dass die Kündigung vorab mit dem Personalleiter der Arbeitgeberin H. K. besprochen worden sei. Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Akten und die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit Beweisaufnahme hörte das SG H. K. als Zeugen. Dieser gab an, Anfang des Jahres 2009 hätte die Firma einen Umsatzrückgang von 35 bis 40 % zu verzeichnen gehabt und habe daher Verluste gemacht. Die Geschäftsleitung habe daher Überlegungen angestellt, wie der Umsatzrückgang durch Einsparungen, auch im Bereich der Belegschaft, kompensiert werden könne. Seinerzeit habe die Firma in H. 450 Mitarbeiter beschäftigt. Heute seien es rund 100 Mitarbeiter weniger. Da der Kläger zusammen mit zwei anderen Mitarbeitern, die besser für eine Weiterbeschäftigung geeignet schienen und auch heute noch in der Abteilung Disposition beschäftigt seien, in der stark vom Umsatzrückgang betroffenen Disposition Automotiv tätig gewesen sei, hätten sie sich entschlossen, dem Kläger zu kündigen. Dies sei nicht allein mit der schriftlichen Kündigung vom 30.03.2009 geschehen, sondern die Vorgehensweise sei zunächst mit dem Kläger mündlich besprochen worden. Unter Hinweis auf die für seine Kündigung sprechenden Gesichtspunkte sei ihm erklärt worden, dass er bei Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung eine Abfindung erhalten könne. Ihm sei dann am 30.03.2009 schriftlich gekündigt worden. Eine Kündigungsschutzklage habe der Kläger nicht erhoben. Vor der Kündigung hätten sie sich auch Gedanken darüber gemacht, ob der Kläger im Unternehmen anderweitig untergebracht werden könne. Es habe jedoch keinen anderen Arbeitsplatz für den Kläger gegeben.

Mit Urteil vom 22.07.2010 wies das SG die Klage ab. Es gelangte zu dem Ergebnis, dass die angegriffenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden seien. Der Kläger habe erst ab 24.12.2009 Anspruch auf Alg. Es sei eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe eingetreten, weil der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis mit der ehemaligen Arbeitgeberin gelöst und grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe. Der Kläger habe gegenüber der Beklagten selbst angegeben, dass die Kündigung von seiner Seite her freiwillig erfolgt sei. Der vernommene Zeuge K. habe angegeben, dass er mit dem Kläger vor der Übergabe des Kündigungsschreibens vom 30.03.2009 die Kündigung bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses besprochen habe. Die Kündigung durch die Arbeitgeberin stelle sich daher als verdeckter Aufhebungsvertrag dar, da sich der Kläger mit seiner ehemaligen Arbeitgeberin einvernehmlich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt hätten. Auf einen wichtigen Grund hierfür könne sich der Kläger nicht berufen. Eine Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist durch die Arbeitgeberin wäre nicht rechtmäßig gewesen, da dringende betriebliche Erfordernisse im vorliegenden Fall nicht zu erkennen seien. Weder sei der Arbeitsplatz noch die Abteilung des Klägers weggefallen. Die Abteilung Disposition gebe es im Werk H. weiterhin. Sie sei jetzt lediglich mit zwei anstelle zuvor mit drei Beschäftigten besetzt. Unter diesen Umständen dürfte noch nicht einmal eine ordentliche Kündigung rechtmäßig gewesen sein.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 30.07.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.08.2010 Berufung eingelegt. Er macht geltend, eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe sei nicht eingetreten, da er sein Beschäftigungsverhältnis nicht gelöst habe. Vielmehr sei das Arbeitsverhältnis durch die betriebsbedingte Kündigung der Arbeitgeberin mit sozialer Auslauffrist zum 30.09.2009 beendet worden. Die bloße Hinnahme einer Kündigung des Arbeitgebers genüge nicht. Vielmehr sei eine aktive Mitwirkung des Arbeitnehmers erforderlich. Er sei jedoch an der Vorbereitung der Kündigung und deren Umsetzung in keiner Weise beteiligt gewesen. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über eine geplante Kündigung und den ihr zugrunde liegenden Sachverhalt informiert bzw. ein Gespräch mit diesem über die Kündigung führt, sei nicht ungewöhnlich. Auch der Hinweis, dass bei Unterlassen einer Kündigungsschutzklage mit einer Abfindung zu rechnen sei, sei nicht ungewöhnlich und sogar in § 1 a Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz gesetzlich vorgesehen. Selbst wenn man von einer Lösung des Arbeitsverhältnisses ausgehen würde, wäre eine Sperrzeit nicht eingetreten, weil er hierfür einen wichtigen Grund gehabt habe. Eine solcher sei dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer außerordentlich mit sozialer Auslauffrist hätte kündigen können. Dies sei hier anzunehmen, nach dem der Arbeitsplatz des Klägers in der Abteilung Disposition wegen des starken Umsatzrückganges und der dadurch erforderlichen Einsparungen bzw. Kompensierungen weggefallen sei. Dies setze nicht zwingend eine Teilbetriebsstilllegung voraus, so dass der Fortbestand der Abteilung Disposition nicht der Annahme eines wichtigen Grundes entgegen stehe. Zudem sei seine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz nicht möglich gewesen. Was das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen des Erhalts einer Abfindung anbetreffe, sei der Ruhenszeitraum - nachdem die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist vorgelegen hätten - auf sechs Monate (ordentliche Kündigungsfrist) begrenzt gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Juli 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 01. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2009 aufzuheben bzw. abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe auch für die Zeit vom 01. Oktober 2009 bis 23. Dezember 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte und diese Möglichkeit nach dem Inhalt der vorliegenden Akten in Betracht komme. Der Kläger hat hierzu erklärt, er sei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann über die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Der Kläger hat sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt; Gesichtspunkte, die dafür sprechen, dass eine mündliche Verhandlung erforderlich ist, sind auch sonst nicht ersichtlich.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat zutreffend den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe für die Zeit vom 01.10.2009 bis 23.12.2009 und das Ruhen des Anspruchs auf Alg für die Zeit vom 01.10.2009 bis 11.11.2009 wegen des Erhalts einer Entlassungsentschädigung festgestellt und dem Kläger erst ab 24.12.2009 Alg bewilligt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg für die Zeit vom 01.10.2009 bis 23.12.2009.

Der Kläger hat das bestehende Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) gelöst und damit zumindest grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit ab 01.10.2009 herbeigeführt. Ursächlich für seine Arbeitslosigkeit war seine Zustimmung zur - durch die am 30.03.2009 erfolgte Kündigung lediglich verdeckten - Aufhebungsvereinbarung, die ihm von seiner Arbeitgeberin vor der Kündigung angeboten worden war.

Der Kläger erfüllt zwar ab 01.10.2009 die Anspruchsvoraussetzungen für Alg gemäß §§ 118 SGB III, da er arbeitslos war, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Es bestand auch Arbeitslosigkeit im Sinne des § 119 SGB III. Der Anspruch auf Alg hat aber wegen des Eintritts einer Sperrzeit vom 01.10.2009 bis 23.12.2009 geruht.

Ob der Anspruch des Klägers für den genannten Zeitraum wegen Eintritts einer Sperrzeit geruht hat, ist nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III ( Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe) zu beurteilen. Dies setzt die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und die dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführte Arbeitslosigkeit sowie einen fehlenden wichtigen Grund hierfür voraus.

Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers ist durch mündliche Absprache zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin beendet worden. Die Zustimmung des Klägers hierzu - und nicht die am 30.03.2009 erfolgte schriftliche Kündigung - war entgegen der Auffassung des Klägers für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich.

Der Arbeitslose hat das Beschäftigungsverhältnis gelöst, wenn er es - was hier nicht zutrifft - selbst gekündigt hat oder durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beendet hat. Insoweit ist ausreichend, dass der Arbeitslose durch seine Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag eine wesentliche Ursache zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gesetzt hat. Der Arbeitnehmer muss seinerseits einen "Lösungsakt" vorgenommen oder an einem solchen mitgewirkt haben. Ein lediglich passives Verhalten des Arbeitnehmers reicht insoweit nicht aus. Unerheblich ist, ob die Initiative von ihm oder vom Arbeitgeber ausgegangen ist. Grundsätzlich maßgeblich ist der tatsächliche Geschehensablauf. Zur Abgrenzung eines sperrzeitbewehrten Aufhebungsvertrages vom (unschädlichen) lediglich passiven Verhalten ist der auf die angestrebte Rechtsfolge gerichtete wirkliche Wille der Arbeitsvertragsparteien zu ermitteln. Nicht entscheidend ist der Wortlaut oder die äußere Form der abgegebenen Erklärung (§ 133 BGB). Als verdeckte Aufhebungsverträge sind auch Abwicklungsverträge zu beurteilen, in denen Vereinbarungen über Vergünstigungen und Rechtswirksamkeit der Kündigung getroffen werden (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 24). Dies gilt umso mehr, wenn die Kündigung und die Modalitäten des Abwicklungsvertrages vor der Kündigung vorher abgesprochen wurden. In diesem Fall liegt der Aufhebungsvertrag bereits in der Absprache. Da - wie bereits erwähnt - nur der tatsächliche Geschehensablauf maßgeblich ist - tritt bei derartigen Absprachen eine Sperrzeit unabhängig davon ein, dass formell nur eine Kündigung des Arbeitgebers vorliegt. Diese ist dann als Umgehungsgeschäft im Sinne des § 117 Abs. 2 BGB unbeachtlich (vgl. zu allem Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. § 144 Rdnrn. 9, 12 m.w.N.).

Ausgehend von diesen Kriterien und Maßstäben hat der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis gelöst. Es ist nicht erst durch die schriftliche Kündigung seiner Arbeitgeberin vom 30.03.2009 zum 30.09.2009 beendet worden. Vielmehr waren die Arbeitsvertragspartien schon vor dieser "Kündigung" überein gekommen, dass das Arbeitsverhältnis des nicht mehr ordentlich kündbaren Klägers wegen des eingetretenen Umsatzrückganges zum 30.09.2009 einvernehmlich beendet wird und der Kläger eine Abfindung in Höhe von 25.800 EUR erhält. Dies folgt für den Senat zunächst aus den eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten, wonach die Kündigung freiwillig erfolgt sei. Das kann nur so verstanden werden, dass der Kläger mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die formal mittels Kündigung erfolgen sollte, schon vor der schriftlichen Kündigung sein Einverständnis erklärt hat. Durch die Angaben des vom SG als Zeugen vernommenen Personalleiters der früheren Arbeitgeberin des Klägers wird diese Beurteilung zusätzlich bestätigt. Der Zeuge K. , der auch Mitglied der Geschäftsleitung der Firma ist, gab an, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers nicht allein durch das Kündigungsschreiben vom 30.03.2009 erfolgte, sondern die Vorgehensweise zunächst mit dem Kläger mündlich besprochen worden sei. In diesem Gespräch sei er auf die zwei für seine Kündigung sprechenden Gesichtspunkte sowie darauf hingewiesen worden, dass er bei Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung erhalten könne. Der Senat geht davon aus, dass das Gespräch nicht der bloßen Information des Klägers über die geplante Kündigung diente, sondern die Bedingungen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ausgehandelt wurden. Damit steht für den Senat fest, dass sich die Arbeitsvertragsparteien bereits vor der schriftlichen Kündigung vom 30.03.2009 über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers und die entsprechenden Modalitäten (Zeitpunkt der Beendigung, Höhe der Abfindung) geeinigt hatten. Soweit der Kläger demgegenüber mit der Berufung geltend macht, er habe keine Aufhebungsvereinbarung mit der Arbeitgeberin getroffen und habe an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses in keiner Form mitgewirkt, sieht der Senat dies durch die eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten und die Angaben des Zeugen K. als widerlegt an. Nach dem hier vorliegenden Ablauf der Geschehnisse - mündliche Vereinbarung vor der Kündigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2009 mit Zusage einer Abfindung und Zusicherung des Klägers, die Kündigung zu akzeptieren sowie anschließender Kündigung - ist der Senat davon überzeugt, dass die Arbeitgeberin und der Kläger sich schon vor der nur formalen Kündigung geeinigt hatten, das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2009 gegen Zahlung einer aufgrund Kündigung gewährten Abfindung und Hinnahme der Kündigung zu beenden. Jedenfalls ist aber nach dem Ablauf ein Abwicklungsvertrag zustande gekommen, der für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses kausal war. Das Kündigungsschreiben enthält das vorher abgesprochene Angebot einer Abfindung, die mit der Hinnahme der Kündigung verknüpft war. Dieses Angebot hat der Kläger unstreitig angenommen.

Die nur formale Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 30.03.2009 ist somit für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und für den Eintritt der Arbeitslosigkeit des Klägers nicht kausal geworden. Kausal geworden ist hingegen die bereits zuvor erfolgte Absprache bzw. spätestens die Abwicklungsvereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin.

Der Kläger hatte für seine Zustimmung zu dieser zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses führenden Vereinbarung auch keinen wichtigen Grund. Die von der früheren Arbeitgeberin am 30.03.2009 zum 30.09.2009 ausgesprochene Kündigung war unwirksam, weil die erklärte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers tarifvertraglich (Manteltarifvertrag IG Metall) ausgeschlossen war. Selbst wenn eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist ausgesprochen worden sein sollte, wie nachträglich vom Arbeitgeber behauptet wurde, wäre die Arbeitgeberin des Klägers auch nicht zu einer betriebsbedingten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers (mit sozialer Auslauffrist) berechtigt gewesen. Dies hätte einen erheblichen Personalabbau in der fraglichen Zeit vorausgesetzt. Ein Personalabbau ist als wichtiger Grund nur anzuerkennen, wenn er kurzfristig erfolgt und drastisch ist. Es wird angenommen, dass ein größerer Betrieb in krisenhafter Situation ca. 20 v.H. des Personals innerhalb von drei Monaten mit kürzestmöglicher Kündigungsfrist abbauen muss. Ein solcher kurzfristiger und drastischer Personalabbau lag hier nicht vor, nachdem die frühere Arbeitgeberin des Klägers im Jahre 2009 nur 40 Mitarbeitern (von ehemals 450) gekündigt hat. Der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung steht im Übrigen auch entgegen, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers in seiner bisherigen Abteilung möglich gewesen wäre, nachdem die Abteilung Disposition auch nach den erfolgten Personalabbau - und Umstrukturierungsmaßnahmen weiterhin bestanden hat und lediglich anstelle mit drei nunmehr nur noch mit zwei Beschäftigten besetzt war.

Der Anspruch des Klägers auf Alg ruht vom 01.10.2009 bis 11.11.2009 auch wegen Anrechnung der bezogenen Abfindung. Die insoweit einschlägige Vorschrift des § 143 a Abs. 1 Satz 1 SGB III lautet: Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber - wie hier - ausgeschlossen, so gilt bei zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten (§ 143 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB III). Da zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ein ursächlicher Zusammenhang besteht, wird unwiderlegbar vermutet, dass in der Zahlung im pauschalierten Umfang auch Arbeitsentgelte enthalten sind, die zum Ruhen des Anspruchs führen. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf die Ausnahmeregelung des § 143 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III berufen. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund im Sinne dieser Vorschrift waren von vorneherein nicht gegeben. Zwar kann auch eine außerordentliche Kündigung (§ 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) gegenüber einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen ausnahmsweise unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zulässig sein, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers entfallen ist und der Arbeitnehmer auch unter Einsatz aller Mittel, ggf. durch Umorganisation des Betriebs, nicht weiter beschäftigt werden kann. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es dem Arbeitgeber nicht zumutbar, ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis über mehrere Jahre fortzuführen (vgl. BAGE 88, 10 ff). Diese engen Voraussetzungen sind hier - wie bereits dargelegt - aber nicht gegeben. Der Kläger hätte - nachdem die Beschäftigtenzahl in der Abteilung, in der der Kläger beschäftigt war, nur von drei auf zwei reduziert worden ist - weiter beschäftigt werden können. Dass die frühere Arbeitgeberin des Klägers den anderen zwei Beschäftigten mit Auslandserfahrung den Vorzug gegeben hat, mag aus Sicht des Unternehmens gesehen sinnvoll gewesen sein, vermag eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist jedoch nicht zu rechtfertigen.

Nach § 143 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg nicht über den Tag hinaus, bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von sechzig Prozent der nach Abs. 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte. Der nach dieser Vorschrift zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in dem selben Betrieb oder Unternehmen also auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 %; er beträgt nicht weniger als 25 % der nach Abs. 1 berücksichtigenden Entlassungsentschädigung (§ 143 a Abs. 2 Satz 3 SGB III).

Im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers (28 Jahre) und sein Lebensalter (62 Jahre) waren nur 25 v.H. der Abfindung von 25.800 EUR, mithin 6.450 EUR, anrechenbar. Im maßgebenden Lohnabrechnungszeitraum mit Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte der Kläger ausweislich der aktenkundigen Arbeitsbescheinigung ein Arbeitsentgelt von insgesamt 51.342 EUR. Dies entspricht für 335 Kalendertagen einem kalendertäglichen Arbeitsentgelt von 153,26 EUR. Das führt zum Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen der erhaltenen Abfindung für 42 Tage, also für die Zeit vom 01.10.2009 bis 11.11.2009.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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