L 8 U 121/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 301/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 121/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.12.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin wegen des am 04.08.2009 erlittenen Arbeitsunfalls Anspruch auf über den 25.08.2009 hinausgehende Entschädigungsleistungen nach der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Die 1955 geborene Klägerin war im Rahmen einer am 03.08.2009 beginnenden Wiedereingliederungsmaßnahme als Reinigungskraft in der Reha-Klinik Bad W. am 04.08.2009 auf das rechte Knie gestürzt. Der Durchgangsarzt Dr. L. diagnostizierte am Unfalltag eine Kniegelenksprellung rechts bei vorbestehender Kniearthrose, Zustand nach Außenbandzerrung und auswärtiger Arthroskopie (Durchgangsarztbericht vom 08.08.2009).

Verletzungen des rechten Knies als Unfallfolge waren bereits zuvor von der Klägerin geltend gemacht worden.

Bei einem Sturz vom Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit am 01.10.2006 wurde u.a. auch eine Knieprellung rechts diagnostiziert (Durchgangsarztbericht von Dr. L. vom 02.10.2006). Mit Bescheid der Beklagten vom 06.02.2008/Widerspruchsbescheid vom 12.08.2008 wurde die Übernahme von Behandlungskosten über den 29.10.2006 hinaus abgelehnt.

Am 02.05.2007 verdrehte sich die Klägerin beim Bettenüberziehen das rechte Kniegelenk. Der Durchgangsarzt Dr. L. stellte die Verdachtsdiagnose auf Außenbandruptur (Durchgangsarztbericht vom 08.05.2007). Eine Kernspintomographie vom 08.05.2007 ergab degenerative Veränderungen des Innenmeniskus und des Gelenkknorpels, einen Reizzustand des Innenbandes und narbige Veränderung des Kreuzbandes rechts (radiologischer Befundbericht von Dr. R. vom 08.05.2007). Gestützt auf die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Ko. vom 15.11.2007 (keine Verletzung, kein geeigneter Unfallhergang) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.02.2008 die Feststellung eines Arbeitsunfalls ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2008 zurückgewiesen.

Am 16.11.2007 rutschte die Klägerin während der Zimmerreinigung aus und fiel auf die rechte Schulter, Hüfte und das rechte Kniegelenk (Unfallanzeige vom 19.11.2007). Am Unfalltag war nach Röntgenerhebung eine HWS-Distorsion und Distorsion der rechten Schulter diagnostiziert worden (H-Arzt-Bericht von Dres. O. und Kollegen vom 19.11.2007). Mit Bescheid vom 14.05.2008/Widerspruchsbescheid vom 11.11.2008 lehnte die Beklagte die Übernahme von Behandlungskosten ab 25.11.2007 ab.

Nach Anzeige des Unfalls vom 04.08.2009 zog die Beklagte die Unfallakten zu diesen Vorgängen bei und holte die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Ko. vom 01.11.2009 ein. Danach sei von der Prellung eines vorgeschädigten Gelenkes ohne wesentliche weitere strukturelle Läsion auszugehen. Eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit habe nur bis zum 25.08.2009 vorgelegen. Mit Bescheid vom 12.11.2009 lehnte die Beklagte die Übernahme von Behandlungskosten ab dem 26.08.2009 ab.

Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Vorgelegt wurde das sozialmedizinische Gutachten des MDK, R. , vom 30.11.2009 (Diagnose u.a. anhaltende chronifizierte, somatisierte Schmerzstörung, aktivierte Gonarthrose rechts) und der Befundbericht des Orthopäden Dr. M. vom 26.11.2009 (Diagnose: chronifiziertes Schmerzsyndrom, depressive Komponente, Rentenbegehren). Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Die Klägerin erhob am 11.02.2010 Klage vor dem Sozialgericht Konstanz. Sie legte u. a. Arztbriefe des Internisten-Rheumatologen Dr. Kr. vom 26.06.2010 und des Internisten-Gastroenterologen, Proktologen Dr. G. vom 30.06.2010 vor. Das Sozialgericht zog den Entlassungsbericht der Klinik für Unfallchirurgie M. vom 18.02.2010 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 20.01.2010 bis 25.01.2010 mit Arthroskopie am 20.01.2010 (Diagnose: Varusgonarthrose rechts) bei und hörte schriftlich Dr. Ku. als sachverständigen Zeugen (Aussage von Dr. Ku. vom 10.05.2010 mit weiteren Arztbriefen). In dem von Amts wegen veranlassten orthopädischen-unfallchirurgischen Gutachten vom 12.10.2010 führte der Sachverständige Dr. F. aus, am Unfalltag seien vom Durchgangsarzt Zeichen einer Kniegelenkprellung, nicht aber einer Meniskus-, Knieband- oder sonstigen Schädigung erhoben worden. Es habe ein unauffälliger Röntgenbefund vorgelegen. Verschleißerscheinungen des rechten Kniegelenks seien jedoch durch die 10 Tage nach dem Unfall angefertigte Kernspintomographie bestätigt worden mit degenerativen Knorpelschäden nach Grad III-IV, Osteophytenbildung innenseitig und Knorpelerosion laterale Facette der Kniescheibe. Keine der bei der Klägerin zu diagnostizierenden Gesundheitsstörungen am Kniegelenk sei mit Wahrscheinlichkeit durch den Unfall verursacht worden. Die Klägerin habe bereits vor August 2009 Beschwerden im rechten Knie gehabt. Gesundheitsstörungen des rechten Kniegelenks seien durch den Unfall am 04.08.2009 auch nicht verschlimmert worden. Allenfalls sei es zu einer Verstärkung der Symptome des unfallvorbestehenden Verschleißes gekommen, die nach einigen Wochen wieder abgeklungen seien und keine bleibenden Schäden hinterlassen hätten. Die unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit sei bis zum 25.08.2009 einzuschätzen. Eine kausale Behandlung des Knochenmarködems sei nicht möglich. Dem könne nur durch Schonung begegnet werden, was keine Behandlungsbedürftigkeit über den 25.08.2009 hinaus begründe. Eine Arbeitsunfähigkeit über den 18.09.2009 hinaus habe nicht vorgelegen.

Mit Urteil vom 14.12.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Soweit die Klage auf Gewährung von Heilbehandlung gerichtet sei, sei sie zulässig. Soweit sie sich auf weitere Leistungen wegen Unfallfolgen beziehe, sei sie unzulässig, denn die Beklagte habe im angefochtenen Bescheid nur über die Übernahme von Behandlungskosten, somit über die Gewährung von Heilbehandlung, entschieden. Darüber hinaus sei die Klage aber unbegründet. Hierzu stützte sich das Sozialgericht auf das Gutachten von Dr. F ...

Die Klägerin hat am 10.01.2011 Berufung eingelegt und bezieht sich auf ihre Widerspruchs- und Klagebegründung. Sie hat den Arztbrief von Prof. Dr. S. , Unfallchirurgische Klinik M. , vom 18.02.2011 über die stationäre Behandlung vom 16.02.2011 bis 19.02.2011 und den Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad W. von 23.09.2008 über die stationäre Behandlung vom 01.09. bis 19.09.2008 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14.12.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.02.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, wegen des Arbeitsunfalls vom 04.08.2009 über den 25.08.2009 hinaus gesetzliche Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen und macht geltend, die vorgelegten Berichte über die stationären Behandlungen seien nicht sachdienlich. Eine Aussage zum ursächlichen Zusammenhang zwischen Kniebeschwerden und Unfall enthielten diese nicht. Aus dem Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad W. ergebe sich allenfalls, dass vor dem Unfall erhebliche Vorschäden am rechten Knie bestanden hätten.

Mit richterlicher Verfügung vom 13.04.2011 und wiederholt mit Verfügung vom 21.06.2011 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten ...

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts sowie auf die im Berufungsverfahren angefallene Akte des Senats verwiesen.

II

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit richterlichen Verfügungen vom 13.04.2011 und vom 21.06.2011 hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Die gemäß § 151 SGG form und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ist in der Sache nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Es hat ausführlich und zutreffend begründet, dass die Klage bereits unzulässig ist, soweit über die nach gebotener zweckentsprechender Auslegung begehrte Heilbehandlung hinaus weitere Entschädigungsleistungen begehrt werden. Dieses Begehren ist auch deshalb unzulässig, weil die Leistungsklage insoweit nicht hinreichend spezifiziert und damit vollstreckungsfähig ist. Eine Auslegung dahingehend, dass nur ein Grundurteil (§ 130 SGG) begehrt wird, ist nicht sachdienlich, denn einem Grundurteil sind nur die in Betracht kommenden Geldleistungen zugänglich, nicht aber die als Sachleistung zu gewährenden sonstigen Entschädigungsleistungen. Darüber hinaus hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Heilbehandlung nicht besteht. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Berufungsvorbringen zwingt zu keiner anderen Beurteilung. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin vorgelegten Arztbriefe von Prof. Dr. S. und Dr. G. keine Anknüpfungspunkte dafür enthalten, dass die fortbestehenden Kniegelenksbeschwerden der Klägerin auf das geltend gemachte Unfallereignis zurückzuführen sind. Dass eine Behandlungsbedürftigkeit am rechten Kniegelenk fortbesteht, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Nach dem ausführlichen und auch für den Senat überzeugenden Gutachten von Dr. F. ist davon auszugehen, dass die Unfalleinwirkung am 04.08.2009 auf das rechte Kniegelenk nur zu einer vorübergehenden Schmerzverstärkung der unfallvorbestehenden Kniegelenkserkrankung geführt hat. Die fortbestehenden Kniegelenksbeschwerden sind nach den plausiblen Ausführungen von Dr. F. nach dem 25.08.2009 nicht mehr auf den Unfall, sondern auf die unfallvorbestehenden degenerativen Kniegelenksveränderungen zurückzuführen. Die danach aufgetretene Behandlungsbedürftigkeit des Kniegelenks ist damit nicht mehr unfallbedingt und begründet keinen Anspruch der Klägerin auf Heilbehandlung gegenüber der Beklagten über den 25.08.2009 hinaus. Weitere Unfallfolgen sind nicht ersichtlich. Eine generalisierte somatoforme Schmerzstörung ist bei der Klägerin bereits vor dem Unfall diagnostiziert worden (Neurologe und Psychiater Dr. St. vom 22.05.2007 und vom 01.09.2005, Diplom-Psychologe Li. vom 29.03.2007). Eine unfallbedingte – weder direkte noch mittelbare - Einwirkung auf die Schulter ist nicht ersichtlich und wurde zeitnah zum Unfall auch nicht vorgetragen. Im Übrigen sind ebenfalls bereits vor dem Unfall behandlungsbedürftige Beschwerden an der Schulter wegen degenerativen Veränderungen des Gelenkes aktenkundig geworden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved