L 5 KR 3575/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 6153/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3575/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.04.2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 22.633,38 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen für die Tätigkeit der Beigeladenen Nr. 3 und 4.

Die Klägerin ist ein als GmbH verfasstes Unternehmen. Unternehmensgegenstand ist die Beratung in Finanzierungsfragen und Vermögensangelegenheiten. Die Klägerin ist nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes durch formwechselnde Umwandlung der Kommanditgesellschaft mit der Firma GSM, G., St., M. Vermögensberatungs KG entstanden (Umwandlungsbeschluss vom 5.8.1998).

Das Stammkapital der Klägerin beträgt 64.900 DM. Neben den Beigeladenen Nr. 3 und 4 sind J. und Ju. G. Gesellschafter. Letztere halten jeweils Kapitalanteile von 17.300 DM (26,7 %) bzw. 13.000 DM. Auf die Beigeladenen Nr. 3 und 4 entfallen Kapitalanteile von jeweils 17.300 DM (§ 4 des Gesellschaftsvertrags vom 5.8.1998). Die Geschäftsführer der Klägerin werden durch Gesellschafterbeschluss bestellt oder abberufen (§ 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags). Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, führt einer von ihnen die Bezeichnung "leitender Geschäftsführer", die übrigen Geschäftsführer führen die Bezeichnung "stellvertretender Geschäftsführer". Unbeschadet der nach außen hin unbeschränkten Vertretungsmacht ist nur der leitende Geschäftsführer in Geschäften, die den üblichen Rahmen des Geschäftsbetriebs betreffen, alleinentscheidungsbefugt. Stellvertretende Geschäftsführer entscheiden zusammen mit dem leitenden Geschäftsführer einvernehmlich (§ 7 Abs. 2 Satz 1 bis 3 des Gesellschaftsvertrags). Die Geschäftsführer bedürfen zur Vornahme von Rechtshandlungen, die über den üblichen Rahmen des Geschäftsbetriebes hinausgehen, der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 7 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags). Insbesondere ist durch Gesellschafterbeschluss zu entscheiden über: Erwerb, Belastung oder Veräußerung von Grundstücken, Anschaffung von Gegenständen des Anlagevermögens im Wert von über 5.000 DM, Abschluss von Miet-, Pacht- oder Leasingverträgen, Abschluss, Änderung oder Kündigung von Arbeitsverhältnissen, Zusammenarbeits- und Kooperationsverträgen, Verfügungen über Warenzeichen, Handelsnamen und gewerbliche Schutzrechte, Eingehen von Darlehensverbindlichkeiten und Gewährung von Darlehen, Ausstellung und Entgegennahme von Wechseln, Übernahme von Bürgschaften oder Garantien, Durchführung und Errichtung von Investitions-, Finanzierungs- und Marketingplänen, Erhöhung von Gehältern und Vergütungen mit Nebenleistungen, Zusage und Gewährung von Abfindungen, Vereinbarungen über Pensionszusagen, Erteilung und Widerruf von Prokura, Handlungsvollmacht und Zeichnungsbefugnissen, Vergütung der freien Mitarbeiter (§ 7 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags). Der leitende Geschäftsführer entscheidet allein über Abschluss, Änderung und Kündigung von Arbeits- und Dienstverhältnissen hinsichtlich nachgeordneter Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter (§ 7 Abs. 4 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags). Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft von zwei Geschäftsführern gemeinschaftlich oder von einem Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten (§ 8 des Gesellschaftsvertrags). Die Gesellschafterbeschlüsse werden mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen (1 Stimme je 100 DM Geschäftsanteil), soweit nicht das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorsieht. Ist der leitende Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter, ist ein nicht mit Zustimmung aller Gesellschafter gefasster Beschluss nur wirksam, wenn der leitende (Gesellschafter-)Geschäftsführer zugestimmt hat (Vetorecht, § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags).

Zum leitenden Geschäftsführer der Klägerin ist J. G. bestellt (§ 1 Abs. 1 seines Geschäftsführervertrags). Dieser ist (wie im Handelsregister des Amtsgerichts E. eingetragen) einzelvertretungsberechtigt und vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) befreit.

Der Tätigkeit der Beigeladenen Nr. 3 und 4 liegen ebenfalls Geschäftsführerverträge (vom 16. bzw. 22.10.1998) zugrunde, die inhaltlich im Wesentlichen dem Geschäftsführervertrag des J. G. entsprechen. Danach sind sie stellvertretende Geschäftsführer (§ 1 Abs. 1 der Geschäftsführerverträge). Als Vergütung ist ein Monatsgehalt von 4.000 DM bzw. 5.000 DM vereinbart, das unter Einbehalt gesetzlicher Abzüge gezahlt wird; über Sonderzuwendungen, wie Weihnachts- und Urlaubsgeld entscheidet die Gesellschafterversammlung (§ 3 der Geschäftsführerverträge). Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit werde die Bezüge für drei Monate fortgezahlt, sofern nicht ein Anspruch auf Krankengeld oder Krankentagegeld besteht (§ 4 der Geschäftsführerverträge) Die Urlaubszeit ist mit den übrigen Geschäftsführern abzustimmen, betriebliche Erfordernisse sind zu berücksichtigen (§ 5 der Geschäftsführerverträge). Wird eine betriebliche Altersversorgung eingerichtet, besteht Anspruch auf Teilnahme nach den Vorschriften des Pensionsplans der Gesellschaft (§ 6 der Geschäftsführerverträge). Die Klägerin stellt einen auch privat nutzbaren Firmenwagen; die Lohnsteuer auf den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung tragen die Geschäftsführer (§ 7 der Geschäftsführerverträge).

Die Beklagte führte am 25.3.2004, 30.11.2005 und 2.12.2005 Betriebsprüfungen gem. § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) hinsichtlich des Prüfzeitraums 1.12.1999 bis 31.12.2003 durch.

Mit Bescheid vom 2.12.2005 gab die Beklagte der Klägerin auf, Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen ab 1.1.2005 in Höhe von 22.633,38 EUR nachzuzahlen. Zur Begründung führte sie aus, J. G. verfüge als leitender Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Kapitalanteil von 26,67 % über Sonderrechte (Alleinvertretungsbefugnis, Entscheidung über Beschäftigungsverhältnisse nachgeordneter Arbeitnehmer und freier Mitarbeiter, Vetorecht) und sei deswegen sozialversicherungsfrei. Ju. G. sei (wie die Klägerin selbst zu Recht annehme) sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das gelte auch für die Beigeladenen Nr. 3 und 4. Diese seien mit jeweils 26,67 % Anteil am Stammkapital beteiligt und nicht alleinvertretungsberechtigt. Auch gemeinsam könnten sie Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung nicht durchsetzen, da der leitende Geschäftsführer ein Vetorecht habe und damit alle Beschlüsse verhindern könne. Insgesamt komme ihnen eine untergeordnete Stellung im Unternehmen zu, obwohl sie als Abteilungsleiter gegenüber Kunden und Mitarbeitern als "Chef" auftreten könnten. Ab 1.1 2005 bestehe Sozialversicherungspflicht.

Die Klägerin und die Beigeladenen Nr. 3 und 4 erhoben Widerspruch. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Klägerin sei aus einer KG hervorgegangen, bei der Ju. G. Kommanditistin und die Beigeladenen Nr. 3 und 4 sowie J. G. Komplementäre gewesen seien; jeder habe für seinen Geschäftsbereich die Verantwortung getragen. Zwischen den Gesellschaftern bestehe ein reger, für Arbeitnehmer untypischer, Geldverkehr, etwa über wechselseitige Darlehen. Der Beigeladene Nr. 4 sei außerdem als freier Handelsvertreter tätig und Versicherungsexperte und verfüge hierfür allein über die notwendigen Kenntnisse. Alle Versicherungen würden über seine Agentur (Agentur "St.") abgeschlossen, die Klägerin sei den Versicherern nicht bekannt. Der Beigeladene Nr. 4 sei - ohne dass dies im Gesellschaftsvertrag festgelegt sei - nach einem Treuhandvertrag vom 17.3.1998 verpflichtet, die über seine Agentur vermittelten Versicherungsverträge in die GmbH einzubringen. Der Beigeladene Nr. 3 betreue den Investmentbereich, wofür er allein über die notwenigen Kenntnisse verfüge. Weisungen würden ihm hierbei nicht erteilt. Man wirke im Unternehmen gleichberechtigt zusammen und habe bislang alle Gesellschafterbeschlüsse einvernehmlich gefasst. Sein Vetorecht habe J. G. noch nie ausgeübt. Die Geschäftsführerdienstverträge dienten allein der Nutzung steuerlicher Gestaltungsspielräume und nicht zur Regelung von Sozialversicherungsverhältnissen. Mit der Umwandlung der KG in eine GmbH habe man lediglich die Haftungsrisiken verringern wollen. Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 verfügten schließlich über Gewerbeerlaubnisse nach § 34 c Gewerbeordnung (GewO, gewerbsmäßige Darlehensvermittlung u.a.).

Vorgelegt wurden außerdem Feststellungsbögen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH vom 20.2.2006. Darin ist ergänzend angegeben, die Beigeladenen Nr. 3 und 4 könnten durch Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse weder herbeiführen noch verhindern. Man habe dem Unternehmen Darlehen gegeben (Beigeladener Nr. 4 20.000 EUR, Beigeladene Nr. 3 ca. 3.000 EUR), vom Verbot des § 181 BGB sei Befreiung erteilt. Die Arbeitszeit werde frei gestaltet. Weisungsrechte hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung bestünden nicht. Personal könne selbständig eingestellt werden. Die Abberufung sei nur aus wichtigem Grund möglich, eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart. Von der Vergütung für die Arbeitsleistung, die als Lohn/Gehalt verbucht werde, werde Lohnsteuer entrichtet; außerdem bestehe eine Gewinnbeteiligung.

Die Widerspruchsführer trugen unter dem 9.3.2007 vor, man habe in einem (nicht notariell beurkundeten) Gesellschafterbeschluss vom 15.12.2000 vereinbart, künftig alle Entscheidungen einvernehmlich zu treffen. Nach außen solle derjenige tätig werden, der zuvor von der Gesellschafterversammlung hierfür bestimmt werde. Alle Gesellschafter seien privat krankenversichert und unterhielten eine als betriebliche Pensionszusage gewährte private Rentenversicherung.

Die Beklagte teilte den Widerspruchsführern hierzu in (Anhörungs-)Schreiben vom 5.4.2007 bzw. 18.6.2007 mit, der vorgelegte Gesellschafterbeschluss vorn 15.12.2000 weiche hinsichtlich der Unterschriften von einem weiteren, ebenfalls am 15.12.2000 gefassten Beschluss ab. Außerdem bedürfe der Beschluss hinsichtlich der Abschaffung des Vetorechts der notariellen Beurkundung. Seit Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen Nr. 3 und 4 im August 1998 bestehe Sozialversicherungspflicht, weswegen Beiträge im Hinblick auf die Verjährungsregelungen ab 1.12.1999 nachzufordern seien; dies sei beabsichtigt.

Mit Bescheid vom 16.8.2007 änderte die Beklagte den Nachforderungsbescheid vom 2.12.2005 ab. Der Nachforderungsbetrag wurde auf 169.517,89 EUR festgesetzt. Die Beigeladenen seien (schon) seit 1.8.1998 versicherungspflichtig beschäftigt. Die Beiträge und Umlagen würden ab 1.1.1999 nachgefordert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2007 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin und der Beigeladenen Nr. 3 und 4 zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach dem Gesellschaftsvertrag könne nur der leitende Geschäftsführer, der außerdem über ein Vetorecht verfüge, einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben. Die Beigeladenen Nr. 3 und 4, die mit 26,67 % am Stammkapital beteiligt seien, seien nicht alleinvertretungsberechtigt. Der nachgereichte Gesellschafterbeschluss vom 15.12.2000 sei mangels notarieller Beurkundung (§ 53 Abs. 2 GmbHG) unwirksam. Grundsätzlich trete die Versicherungspflicht mit der Aufnahme der Beschäftigung ein. Sie beginne erst vom Tag der Bekanntgabe der Entscheidung an, wenn der Arbeitnehmer dem späteren Eintritt zustimme und bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt seien. Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 seien wegen der Zustimmung und des Nachweises der erforderlichen Voraussetzungen angeschrieben worden, hätten hierauf aber nicht geantwortet. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin und den Beigeladenen Nr. 3 und 4 mit einem am 26.10.2007 zur Post gegebenen Brief bekannt gegeben.

Am 27.11.2007 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg. Zur Begründung trug sie vor, die Kapitalanteile der Beigeladenen Nr. 3 und 4 betrügen jeweils weniger als die Hälfte des Stammkapitals. Sie seien gleichwohl nicht abhängig beschäftigt, weil sie ihnen nicht genehme Entscheidungen verhindern könnten und ihr tatsächlicher Einfluss auf die Gesellschaft größer sei, als es ihrem Kapitalanteil entspreche. Sie seien für die Vermittlung von Versicherungen bzw. für Investment und Kapitalanlagen zuständig und erfüllten ihre Aufgaben eigenständig und frei von jeglichen Weisungen der übrigen Gesellschafter, die über die entsprechenden Kenntnisse im Aufgabenbereich der Beigeladenen Nr. 3 und 4 ohnehin nicht verfügten. Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 setzten ihre Erlaubnisse nach § 34c GewO, die Voraussetzung für die Vermittlung (u.a.) von Darlehen seien, für ihre Tätigkeit im Unternehmen ein. Der Beigeladene Nr. 4 verfüge außerdem über eigene Agenturverträge mit verschiedenen Versicherungsgesellschaften. Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 hätten dem Unternehmen erhebliche Darlehen gegeben und Bürgschaften gestellt. Der Gesellschafterbeschluss vom 15.12.2000 sei, obgleich nicht notariell beurkundet, in der Praxis ausgeführt worden. Urlaub könne frei gewählt werden. Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 seien zuvor voll haftende Komplementäre gewesen und hätten ihre Selbständigkeit durch Umwandlung der vormaligen KG in eine GmbH, was ausschließlich der Verminderung von Haftungsrisiken diene, nicht aufgeben wollen.

Mit Urteil vom 27.4.2010 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 16.8.2007 auf. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bescheid vom 16.8.2007 über die Nachforderung von Beiträgen und Umlagen für die Zeit vom 1.1.1999 bis 31.12.2004 sei rechtswidrig. Der Nachforderungsbescheid vom 2.12.2005 stelle insoweit einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, als Nachzahlungsansprüche für die Zeit vor dem 1.1.2005 nicht geltend gemacht worden seien. Der Bescheid hätte daher nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden dürfen; das in dieser Vorschrift vorgesehene Rücknahmeermessen habe die Beklagte aber rechtsfehlerhaft nicht ausgeübt. Im Übrigen (hinsichtlich des Nachforderungsbescheids vom 2.12.2005) sei die Klage jedoch unbegründet. Die Beklagte habe zu Recht angenommen, dass die Beigeladenen Nr. 3 und 4 bei der Klägerin abhängig beschäftigt seien, weshalb nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen ab 1.12.2005 nachzuentrichten seien. Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 leisteten höhere Dienste, so dass das für Beschäftigungsverhältnisse kennzeichnende Weisungsrecht im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess eingeschränkt und verfeinert sein könne. Für ihre Dienstleistung müssten sie als Eignungsvoraussetzung auch über das notwendige Fachwissen verfügen. Die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) sei bei (abhängig beschäftigten) Geschäftsführern einer GmbH nicht untypisch (LSG Bad.-Württ., Urt. v. 17.4.2007, - L 11 KR 2644/05 -). Ausschlaggebend sei letztendlich die zu den tatsächlichen Verhältnisse zählende Rechtsmacht der Beteiligten. Nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags könne der leitende Geschäftsführer ihm nicht genehme Entscheidungen mit seinem Vetorecht verhindern. Diese Rechtsmacht stehe den Beigeladenen Nr. 3 und 4 aber nicht zu; der Gesellschafterbeschluss vom 15.12. 2000 (einstimmige Beschlussfassung) sei mangels notarieller Beurkundung nicht rechtswirksam geworden und deswegen für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht von Belang. Für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen Nr. 3 und 4 spreche außerdem, dass sie ein Gehalt bezögen, von dem Lohnsteuer abgeführt werde. Insgesamt lägen besondere Umstände, wegen derer die Beigeladenen Nr. 3 und 4 ungeachtet ihres nur 26,67 % ausmachenden Kapitalanteils als Selbständige eingestuft werden könnten, nicht vor.

Auf das ihr am 30.6.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.7.2010 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat (Anschluss-)Berufung nicht eingelegt.

Die Klägerin trägt ergänzend vor, das Sozialgericht habe das aus Bürgschaften für den Betrieb folgende Unternehmerrisiko der Beigeladenen Nr. 3 und 4 nicht hinreichend gewürdigt. Maßgebend sei nicht die von den Beteiligten gewählte rechtliche Gestaltung, sondern die betriebliche Praxis. Unerheblich sei auch, dass von den Gehältern der Beigeladenen Nr. 3 und 4 Lohnsteuer abgeführt werde. Die Arbeitnehmerbegriffe des Sozialversicherungs- und des Steuerrechts seien nicht deckungsgleich. Schließlich müsse die Entstehungsgeschichte des durch Umwandlung aus einer Kommanditgesellschaft hervorgegangenen Unternehmens angemessen berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.4.2010 abzuändern und auch den Bescheid der Beklagten vom 2.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.

Die Beklagte trägt ergänzend vor, das Urteil des Sozialgerichts werde hinsichtlich der Aufhebung des Bescheids vom 16.8.2007 akzeptiert. Die Klage sei aber im Übrigen zu Recht abgewiesen worden; der Bescheid vom 2.12.2005 sei rechtmäßig. Nach dem Gesellschaftsvertrag sei kein Gesellschafter allein aufgrund der Kapitalbeteiligung in der Lage, ihm nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Der Gesellschafter J. G. könne jedoch wegen seines Vetorechts entscheidenden Einfluss auf Gesellschafterbeschlüsse ausüben und Unternehmensentscheidungen nach seinem Gutdünken lenken, vor allem von ihm abgelehnte Entscheidungen unterbinden. Die Gewährung von Unternehmensdarlehen könne gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen, allerdings komme es auf die Würdigung der Gesamtumstände an; auch die Klägerin habe ihrerseits den Beigeladenen Nr. 3 und 4 Darlehen gewährt. Unter Beachtung der monatlich laufenden Bezüge sei das wirtschaftliche Risiko der Beigeladenen Nr. 3 und 4 im Hinblick auf die gewählte Unternehmensverfassung (GmbH) begrenzt. Hinzukomme ein dreimonatiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des Sozialgerichts nur insoweit, als darin die Klage der Klägerin gegen den Nachforderungsbescheid der Beklagten vom 2.12.2005 (Widerspruchsbescheid vom 25.10.2007) abgewiesen worden ist. Gegen die Aufhebung des Bescheids vom 16.8.2007 hat die Beklagte (Anschluss-)Berufung nicht eingelegt, das Urteil des Sozialgerichts vielmehr ausdrücklich akzeptiert.

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem im Berufungsverfahren streitigen Nachforderungsbetrag von EUR 22.633,38 überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

II. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Nachforderungsbescheid vom 2.12.2005 (Widerspruchsbescheid vom 25.10.2007) ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht angenommen, dass die Beigeladenen Nr. 3 und 4 bei der Klägerin eine abhängige Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) ausüben, weswegen bislang nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen (ab 1.1.2005) nachzuentrichten sind.

1.) Rechtsgrundlage des Nachforderungsbescheids ist § 28p Abs. 1 SGB VI. Gem. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV; vgl. dazu zur Zuständigkeit für den Erlass von Nachforderungsbescheiden auch LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.7.2010, - L 11 R 2595/10 ER-B -).

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Nach diesen Grundsätzen ist auch der sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH oder eines in anderer Funktion (nicht als Geschäftsführer) mitarbeitenden (angestellten) Gesellschafters zu beurteilen.

Ist der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, am Kapital der Gesellschaft also nicht beteiligt (Fremdgeschäftsführer), ist regelmäßig von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit ausnahmsweise aufheben. Das kann bspw. der Fall sein, wenn der Fremdgeschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere bei Geschäftsführern angenommen, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -). In (Sonder-)Fällen dieser Art überlagern die tatsächlichen die rechtlichen Verhältnisse in einem solchen Ausmaß, dass die an sich bestehende rechtliche Abhängigkeit ihre Bedeutung als prägendes Element der Tätigkeit verliert und eine Beschäftigung deswegen in Wahrheit nicht vorliegt. Dafür genügt es aber nicht, dass eine bestehende Rechtsmacht mit daraus folgenden Weisungsrechten (mangels tatsächlichen Anlasses) in der Geschäftspraxis nicht ausgeübt wird, solange sie nur aufrechterhalten bleibt und von ihr (bei gegebenem Anlass) Gebrauch gemacht werden kann. Dann gehört sie zu den Tatsachen, die für das Gesamtbild der Tätigkeit von Belang sind.

Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter (Gesellschafter-Geschäftsführer), schließt ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, Urt. v. vom 23. Juni 1994, -B 12 RK 72/92 -; Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; dazu, hinsichtlich der Größe des Kapitalanteils, auch Hess LSG, Urt. v. 23.11.2006, - L 1 KR 763/03 - m.N. zur Rspr. des BSG). Solche Gesellschafter haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztendlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit nicht dessen Weisungsrecht, bestimmen vielmehr über die unternehmerischen Entscheidungen in der Gesellschaft maßgeblich mit; sie haben daher den Status eines (Mit-)Unternehmers. Wesentliches Merkmal ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des daraus folgenden Einflusses auf die Gesellschaft. Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität oder über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen verfügt (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.4.2007, - L 11 KR 5748/06 -). Für diesen Personenkreis ist regelmäßig von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor, weil die tatsächlichen die rechtlichen Verhältnisse entsprechend überlagern (BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -).

Ist der Gesellschafter, ohne zum Geschäftsführer bestellt zu sein, bei der Gesellschaft angestellt (mitarbeitender bzw. angestellter Gesellschafter), besitzt er allein auf Grund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte (auch wenn er über die Hälfte des Stammkapitals verfügt) nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (BSG, Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -). Im Übrigen bleibt es - wie beim Gesellschafter-Geschäftsführer - aber dabei, dass ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausschließt, wenn der mitarbeitende bzw. angestellte Gesellschafter damit Einzelweisungen im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte.

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04 -). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird. und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).

2.) Davon ausgehend kann die Tätigkeit, die die Beigeladenen Nr. 3 und 4 bei der Klägerin ausüben, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden.

Gegen die Einstufung der Beigeladenen Nr. 3 und 4 als selbständig Erwerbstätige sprechen in unternehmens- bzw. gesellschaftsrechtlicher Hinsicht zunächst die von den Beteiligten gewählte und umgesetzte Rechtskonstruktion, aus der den Beigeladenen Nr. 3 und 4 die für die Lenkung des Unternehmens notwendige Rechtsmacht nicht erwächst.

Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 sind an der als GmbH verfassten Klägerin nur mit Kapitalanteilen von jeweils 26,7 % beteiligt. Die Beschlüsse der Gesellschaft werden nach dem Gesellschaftsvertrag mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen gefasst. Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 verfügen deswegen kraft ihrer Unternehmensbeteiligung nicht über eine Sperrminorität und die daraus folgende Rechtsmacht zur Verhinderung ihnen nachteiliger Gesellschafterbeschlüsse. Ihnen sind auch Sonderrechte, die dies ermöglichen könnten, nicht eingeräumt. Ein Sonderrecht dieser Art hat nur der Mitgesellschafter J. G., dem als leitendem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Vetorecht zusteht. Gem. § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags bedarf die Wirksamkeit von Gesellschaftsbeschlüssen zu ihrer Wirksamkeit nämlich der Zustimmung des leitenden Geschäftsführers. Der Gesellschafterbeschluss vom 15.12.2000, mit dem in Abänderung des Gesellschaftsvertrags das Einstimmigkeitsprinzip eingeführt werden sollte, ist nicht wirksam geworden, da hierfür gem. § 53 Abs. 1 und 2 GmbHG die – unstreitig nicht vollzogene – notarielle Beurkundung erforderlich ist; er hat die Verteilung der Rechtsmacht in der Gesellschafterversammlung der Klägerin daher nicht verändert.

Den Beigeladenen Nr. 3 und 4 fehlt neben einer Verhinderungsmacht auch die Gestaltungsmacht zur Herbeiführung unternehmenspolitischer Entscheidungen. Diese ist aus ihren Kapitalanteilen und der dadurch vermittelten Rechtsstellung in der Gesellschafterversammlung nicht abzuleiten, zumal (auch) die Geschäftsführung zu Rechtshandlungen, die über den üblichen Rahmen des Geschäftsbetriebs hinausgehen, der Zustimmung der (mit 2/3-Mehrheit beschließenden) Gesellschafterversammlung bedarf (§ 7 Abs. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags). Die Rechtsmacht zur Führung der Geschäfte der Klägerin ist bei dem leitenden Geschäftsführer J. G. konzentriert. Dieser darf Entscheidungen in der Geschäftsführung allein treffen, während die Beigeladenen Nr. 3 und 4 als stellvertretende Geschäftsführer nur im Einvernehmen mit dem leitenden Geschäftsführer entscheiden dürfen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 bis 3 des Gesellschaftsvertrags). Nach außen besteht Vertretungsmacht der Beigeladenen Nr. 3 und 4 nur in Gemeinschaft bzw. in Gemeinschaft mit einem Prokuristen (§ 8 des Gesellschaftsvertrags).

Die Verteilung der Rechtsmacht in der Gesellschafterversammlung bzw. hinsichtlich der Geschäftsführung im Unternehmen stellt eine wesentliche Tatsache dar, die das Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen Nr. und 4 (mit-)prägt. Ob und in welchem Umfang die Gesellschafterversammlung bzw. der leitende (Gesellschafter-)Geschäftsführer J. G. von dieser Rechtsmacht in der Geschäftspraxis Gebrauch gemacht hat bzw. hat Gebrauch machen müssen, ist nach dem Gesagten nicht ausschlaggebend. Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 dominieren die anderen Gesellschafter, namentlich den leitenden (Gesellschafter-)Geschäftsführer J. G. auch nicht in solchem Maße, dass wegen der tatsächlichen Machtverhältnisse im Unternehmen die der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung zugewiesene Rechtsmacht für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung verdrängt würde. Hierfür genügt es nicht, dass die Beigeladenen Nr. 3 und 4, wie es von jedem leitenden Angestellten erwartet wird, für ihren Zuständigkeitsbereich über das einschlägige kaufmännische Wissen und die erforderlichen Fachkenntnisse verfügten. Der Mitgesellschafter J. G. ist kein sach- und branchenunkundiger Dritter, der mit seiner Rechtsposition und der daraus folgenden Lenkungsmacht nur in formaler Hinsicht vorgeschoben wäre, während in Wahrheit die Beigeladenen Nr. 3 und 4 auch ohne entsprechende Rechtsmacht das Sagen im Unternehmen hätten und ohne Rücksicht auf Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung "schalten und walten" könnten, wie sie wollten.

In arbeitsrechtlicher Hinsicht liegen der Tätigkeit der Beigeladenen Nr. 3 und 4 Geschäftsführerverträge mit arbeitnehmertypischen Rechtsgehalten zu Grunde. So ist ein festes Monatsgehalt vereinbart, das auch im Krankheitsfall fortgezahlt wird. Dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (über den nach Maßgabe des Entgeltfortzahlungsgesetzes vorgesehenen Sechswochenzeitraum hinaus) für drei Monate stattfinden soll, stellt die Wahl dieses arbeitnehmertypischen Rechtsinstituts nicht in Frage, verbessert nur die Rechtsposition der Beigeladenen Nr. 3 und 4 in ihrer Beschäftigung bei der Klägerin. Das Gehalt der Beigeladenen Nr. 3 und 4 wird auch als Betriebsausgabe gebucht und man führt Lohnsteuer ab. Insofern geht es nicht an, Abreden über Arbeitsentgelte nur in steuerrechtlicher, nicht aber in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht als rechtsverbindlich anzusehen. Die Geltung solcher Abreden ist unteilbar und beschränkt sich nicht nach Wahl der Vertragspartner auf einzelne Rechtsgebiete. Den Beigeladenen Nr. 3 und 4 ist außerdem ein arbeitnehmertypischer Urlaubsanspruch eingeräumt, wobei für den Bestand des Anspruchs unerheblich ist, dass Urlaub mit den übrigen Geschäftsführern abzustimmen und auf betriebliche Erfordernisse Rücksicht zu nehmen ist; vergleichbare Einschränkungen sind auch für leitende Angestellte nicht unüblich.

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben sind den Beigeladenen Nr. 3 und 4 für ihre Zuständigkeitsbereiche unzweifelhaft erhebliche Freiheiten eingeräumt. So sind sie an feste Arbeitszeiten nicht gebunden und dürfen ihre Tätigkeit frei gestalten. Die den Beigeladenen Nr. 3 und 4 eröffneten Freiräume sind freilich kennzeichnend für den Status leitender Angestellter, von denen erwartet wird, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (vgl. BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -) frei von Einzelweisungen erfüllen und selbständig arbeiten (können). Dass die Beigeladenen Nr. 3 und 4 dafür – wie für seinen Zuständigkeitsbereiche der Mitgesellschafter J. G. - über die notwendigen Kenntnisse verfügen müssen, versteht sich von selbst und ist für ihren sozialversicherungsrechtlichen Status ohne Belang.

Die Beigeladenen Nr. 3 und 4 tragen nach Auffassung des Senats auch kein den sozialversicherungsrechtlichen Status ausschlaggebend prägendes Unternehmerrisiko. Aus dem Darlehensverkehr zwischen ihnen und der Klägerin bzw. im Einzelfall übernommenen Bürgschaften für das Unternehmen kann es nicht abgeleitet werden, zumal Darlehen offenbar wechselseitig gewährt wurden. Die Gewährung eines Darlehens oder die Gestellung einer Bürgschaft für den Betrieb ist für Arbeitnehmer sicherlich untypisch. Daraus folgt im Kern aber (nur) das Ausfall- bzw. Haftungsrisiko des Kredit- oder Sicherungsgebers, das dem Risiko des Unternehmers beim Einsatz von Wagniskapital nicht gleichgesetzt werden kann und das den Kredit- oder Sicherungsgeber deswegen nicht ohne Hinzutreten weiterer (hier nicht vorliegender) maßgeblicher Umstände zum (Mit-)Unternehmer macht. Schließlich sind Gewinnbeteiligungen nicht Unternehmern vorbehalten, werden vielmehr auch leitenden Angestellten vielfach eingeräumt. Dass der Beigeladene Nr. 4 eine Versicherungsagentur betreibt und diese über einen Treuhandvertrag mit der Klägerin verbunden ist, verändert seine Rechtsstellung und seinen sozialversicherungsrechtlichen Status in der Klägerin nicht, macht ihn dort insbesondere nicht zum selbständig erwerbstätigen Unternehmer. Auch die Entstehungsgeschichte der Klägerin aus der Umwandlung einer Kommanditgesellschaft ist hierfür nicht ausschlaggebend. Nach dem Gesagten ist eine den Beigeladenen Nr. 3 und 4 als Komplementären der KG dort ggf. zukommende Unternehmerstellung mit der Unternehmensverfassung der Klägerin verloren gegangen.

Der Senat verkennt nicht, dass die Tätigkeit der Beigeladenen Nr. 3 und 4 auch Eigenarten aufweist, die eine selbständige Erwerbstätigkeit begründen können. In der Summe überwiegen aber die zuvor dargestellten und für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte. Diese und dabei vor allem die von den Beteiligten gewählten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Beigeladenen Nr. 3 und 4 im Hinblick auf ihre Rechtsstellung in der Gesellschaft und der Führung der Geschäfte des Unternehmens geben den Ausschlag. Bei Würdigung aller Umstände ergibt sich damit für den Senat das Gesamtbild einer dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.

3.) Die Beklagte hat die von der Klägerin im Nachforderungszeitraum (ab 1.1.2005) für die Beschäftigung der Beigeladenen Nr. 3 und 4 geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen zutreffend berechnet. Bedenken sind insoweit weder geltend gemacht noch ersichtlich. Verjährung (§ 25 Abs. 1 SGB IV) ist nicht eingetreten.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, insbesondere der Beigeladenen Nr. 1, 2 und 5, aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
Saved