Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 3842/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 1876/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt.
Der am 28.07.1953 geborene Kläger ist seit 1997 arbeitslos. Er steht seit dem 01.01.2005 im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Beklagte forderte den Kläger mit einer Einladung vom 06.10.2008 auf, sich am 14.10.2008 persönlich zu melden, um eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Nachdem der Kläger zu diesem Termin nicht erschien, erfolgte am 14.10.2008 eine Folgeeinladung für den 21.10.2008, der der Kläger gleichfalls nicht Folge leistete.
Der Beklagte erließ daraufhin unter dem 21.10.2008 eine Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt. Sie legte hierin für die Zeit vom 21.10.2008 bis 20.04.2009 u.a. die Verpflichtung des Klägers fest, sich monatlich um mindestens sechs versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu bemühen, die Bemühungen - jeweils zum Monatsende - gegenüber dem Beklagten nachzuweisen sowie an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit teilzunehmen.
Wegen des Nichterscheinens zu den Meldeterminen am 14. und 21.10.2008 senkte der Beklagte mit Bescheiden vom 21.10.2008 das dem Kläger gewährte Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.11.2008 - 31.01.2009 jeweils um 40 v.H. der maßgebenden Regelleistung ab. Hieraus ergebe sich eine Absenkung i.H.v. jeweils 140,- EUR monatlich. Auf einen Widerspruch des Klägers hin, nahm der Beklagte die Bescheide später wieder zurück.
Gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt legte der Kläger Widerspruch ein und brachte vor, er habe keinen Vorschlag für eine Eingliederungsvereinbarung erhalten und die Erhöhung der ihm auferlegten Bewerbungsbemühungen - in einem, später zurückgenommenen, Verwaltungsakt vom 27.08.2008 sei nur eine monatliche Bewerbungsbemühung abverlangt worden -, zeuge von Willkür und Schikane.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er führte an, der Kläger sei in den Einladungen vom 06. und vom 14.10.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass diese erfolgten, um eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Die dem Kläger auferlegten Verpflichtungen hätten die persönlichen Verhältnisse des Klägers ausreichend berücksichtigt, sie seien zumutbar, erforderlich und geeignet, seine Eingliederung zu unterstützen.
Hiergegen hat der Kläger am 22.12.2008 "Anfechtungsklage" und "vorsorglich Fortsetzungsfeststellungsklage" zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgebracht, Zweck von Eingliederungsvereinbarungen sei ausschließlich, dem Erwerbslosen sank¬tio¬nier¬bare Verpflichtungen aufzuerlegen und ihn damit verbotenerweise behördlich zu schikanieren. Die Eingliederungsvereinbarung sei willkürlich und verstoße gegen das Grundgesetz.
Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten. Der vom Kläger angeführte Verwaltungsakt vom 27.08.2008, mit dem gleichfalls eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt worden sei, sei lediglich aus formalen Gründen zurückgenommen worden. Die dem Kläger in dem angefochtenen Verwaltungsakt auferlegten Verpflichtungen seien auf ein Mindestmaß begrenzt worden. Die Verpflichtungen seien zumutbar, erforderlich und geeignet, die Eingliederung des Klägers in Arbeit zu unterstützen. Dies ent-spreche dem Forderungsgrundsatz gemäß § 2 SGB II.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.03.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Bezüglich des Hauptantrages, der Anfechtungsklage, sei sie unzulässig, da sich der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt nach Ablauf der Gültigkeitsdauer infolge Zeitablaufs erledigt habe. Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig - das Fortsetzungsfeststellungsinteresse gründe in einer Widerholungsgefahr und dem Rehabilitationsinteresse des Klägers -, inhaltlich jedoch unbegründet. Der Beklagte habe infolge der Meldepflichtverletzungen des Klägers, wegen derer eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen sei, Anlass gehabt, die Regelungen als Verwaltungsakt zu erlassen. Ein Anspruch darauf, einen Entwurf der Eingliederungsvereinbarung übermittelt zu erhalten, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Schließlich seien die inhaltlichen Regelungen des Verwaltungsaktes nicht zu beanstanden, die abgeforderten sechs monatlichen Bewerbungen seien angemessen.
Gegen den am 13.03.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.04.2010 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, dem Erlass des Verwaltungsaktes sei keinerlei Aufforderung vorangegangen, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen. Wesentliche Teile des SGB II seien grundrechtswidrig.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12. März 2010 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Verwaltungsakt vom 21. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2008 rechtswidrig gewesen ist,
höchsthilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bringt vor, der angefochtene Gerichtsbescheid sei aus seiner Sicht nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für den Kläger geführten Leistungsakten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2011 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2011 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Das SG hat die Anfechtungsklage in nicht zu beanstandender Weise bereits als unzulässig, die "vorsorglich" erhobene Fortsetzungsfeststellungklage als unbegründet abgewiesen.
Gegenstand des Verfahrens ist der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt des Beklagten vom 21.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008. Das klägerische Begehren, die im Verwaltungsakt festgelegten Verpflichtungen nicht erfüllen zu müssen, ist im Wege einer Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zu verfolgen. Mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes entfallen die dortigen Verpflichtungen des Klägers. Ein Verwaltungsakt wird mit seiner Bekanntgabe wirksam (§ 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) und bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Der Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes hat sich von vornherein auf die Zeit vom 21.10.2008 – 20.04.2009 beschränkt; nur für diesen Zeitraum hat der Verwaltungsakt Gültigkeit beansprucht. Weitere unmittelbare Wirkungen, wie § 31 Satz 1 SGB X es für einen Verwaltungsakt erfordert, kommen dem Verwaltungsakt nicht mehr zu. Will der Beklagte aus den vom Kläger nicht erfüllten Verpflichtungen Rechtsfolgen ableiten, muss sie dies im Wege eines weiteren Verwaltungsaktes begründen und somit neue Regelungen treffen (vgl. Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen/ Bremen, Urteil vom 12. Juni 2001 - L 8 AL 425/00 -, veröffentlicht in juris). Die Wirkungen des Verwaltungsaktes haben sich mithin zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X). Der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage fehlte und fehlt mithin das Rechtsschutzbedürfnis, da er mit ihr keine rechtlichen, wirtschaftlichen oder sonstigen Vorteile mehr erlangen kann.
Die "vorsorglich", d.h. hilfsweise, eingelegte Fortsetzungsfeststellungsklage ist hingegen zulässig. Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
Ein für diese Feststellung vorausgesetztes schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein. Ein Feststellungsinteresse kommt damit in Betracht bei Präjudiziabilität, d.h., wenn die Entscheidung in einem anderen streitigen Rechtsverhältnis bedeutsam sein kann (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 131 Rn. 10e), bei einem Schadens- oder Rehabilitationsinteresse sowie im Falle einer Wiederholungsgefahr (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R - veröffentlicht in juris). Ein berechtigtes Interesse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Es darf nicht völlig ungewiss bleiben, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 07.09.1988 - 10 RAr 8/87 -; vom 20.05.1992 - 14a/6 RKa 29/89 - veröffentlicht in juris). Da hierbei keine große Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind (BSG, Urteil vom 28.08.2007, a.a.O.), ist es für die Bejahung des besonderen Feststellungsinteresses ausreichend, dass der Kläger weiterhin im Leistungsbezug nach dem SGB II steht und unverändert die Befugnis des Beklagten, eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt zu erlassen, anzweifelt. Auch steht zu erwarten, dass es der Beklagte, seinem gesetzlichen Auftrag folgend, auch zukünftig unternehmen wird, den Kläger in den Arbeitsmarkt einzugliedern und hierzu von seinen Befugnissen, Meldeaufforderungen, Vermittlungsvorschläge und Eingliederungsvereinbarungen zu unterbreiten, Gebrauch machen wird.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt vom 21.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II soll die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger, d.h. vorliegend der Beklagte als gemeinsame Einrichtung i.S.d. § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II, mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die Regelungen nach Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen ( § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II). Da eine Eingliederungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen ist, der Kläger hat den Einladungen des Beklagten, sich bei ihr zwecks Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, keine Folge geleistet, war der Beklagte hiernach befugt, deren Inhalte im Wege eines Verwaltungsaktes festzusetzen. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erfordert nicht zwangsläufig, dass dem Hilfeempfänger zuvor ein Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung vorgelegt wird. Bei § 15 Abs. 1 SGB II handelt es sich um eine reine Verfahrensvorschrift, die das Verhalten und Vorgehen des Grundsicherungsträgers steuern soll. Dieser trifft insoweit eine nicht justiziable Opportunitätsentscheidung darüber, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wählt, ohne dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige dadurch einen Rechtsverlust erleidet (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 13/09 R – veröffentlicht in juris).
Die Eingliederungsvereinbarung soll nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II insbesondere bestimmen, welche Bemühungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige in welcher Häufigkeit zur Einglieder-ung in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form er die Bemühungen nach-zuweisen hat (Nr. 2). Die dem Kläger in dem Verwaltungsakt auferlegten Verpflichtungen, insb. sich mindestens um sechs versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu bemühen und diese - jeweils zum Monatsende - gegenüber dem Beklagten nachzuweisen sowie an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit teilzunehmen, ist hiernach von der gesetzlichen Grundlage gedeckt und unterliegt auch im Hinblick auf die konkreten Inhalte keinen rechtlichen Bedenken. Vor dem Hintergrund der langjährigen Arbeitslosigkeit des Klägers und der aus der Verwaltungsakte ersichtlichen klägerischen Torpedierung der Bemühungen des Beklagten, ist es dem Kläger ohne Weiteres zumutbar, Bewerbungsbemühungen in diesem Umfang zu unternehmen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.02.2008 -L 25 AS 522/06-; Hessisches LSG, Beschluss vom 29.09.2006 - L 9 AS 179/06 ER - die jeweils zehn Bewerbungsbemühungen pro Monat für zumutbar erachten; jew. veröffentlicht in juris).
§ 15 SGB II unterliegt zur Überzeugung des Senats auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insb. vermag der Senat einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem jedes staatliche Handeln unterliegt, nicht zu erkennen. Die Rechtsordnung muss übermäßige, nicht durch wichtigere Gemeinwohlbelange gerechtfertigte Eingriffe in Rechtspositionen des Bürgers verhindern. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet und ergibt sich bereits aus dem Wesen der Grundrechte selbst, die als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers gegenüber dem Staat und der öffentlichen Gewalt jeweils insoweit beschränkt werden dürfen, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 15.12.1987 - 1 BvR 563/85, 582/85, 974/86 - und - 1 BvL 3/86 - veröffentlicht in juris). Die Elemente des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bestehen aus drei Teilgeboten, an denen sich die staatlichen Maßnahme messen lassen muss, und zwar die Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sowie einer vorgeschalteten Prüfung des legitimen Zwecks der Maßnahme. Der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung wird gefordert, damit der erwerbsfähige Hilfebedürftige im Rahmen seiner Möglichkeiten und des ihm Zumutbaren aktiv an der Überwindung seiner Arbeitslosigkeit mitwirkt und durch Zusammenarbeit mit dem Sozialleistungsträger eine möglichst sinnvolle und individuelle Hilfegewährung erreicht wird. Ein derartiger Zweck ist mit der Rechtsordnung ohne Weiteres vereinbar. Die Befugnis, im Fall des Nichtzustandekommens einer Eingliederungsvereinbarung deren Inhalte im Wege eines Verwaltungsaktes festsetzen zu können ist auch geeignet, den gesetzgeberischen Zweck herbeizuführen. Mit Hilfe dieser Befugnis kann der erstrebte Erfolg gefördert werden, nämlich die Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Die Festsetzung im Wege eines Verwaltungsaktes verstößt schließlich auch nicht gegen das Gebot der Erforderlichkeit. Nach diesem darf keine Maßnahme über das zur Verfolgung des Zwecks notwendige Maß hinausgehen. Das Gebot ist verletzt, wenn das Ziel der staatlichen Maßnahme durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden kann, welche das betreffende Grundrecht nicht oder deutlich weniger fühlbar einschränkt. Die dem Beklagten in § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II eröffnete Möglichkeit ist gegenüber der (ehemals) gesetzlich eingeräumten Möglichkeit, den Nichtabschluss einer Eingliederungsvereinbarung nach § 31 SGB II zu sanktionieren, das mildere Mittel (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 13.04.2011 - L 3 AS 332/10 - veröffentlicht in juris). Mithin liegt ein Verstoß gegen das Übermaßverbot nicht vor.
Auch vermag der Senat den von Kläger angeführten Verstoß gegen das Willkürverbot nicht zu erkennen. Eine Verletzung des aus Art. 3 des Grundgesetzes folgenden Willkürverbotes liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (BVerfG, Urteil vom 08.07.1997 - 1 BvR 1934/93 – veröffentlicht in juris). In Ermangelung eines substantiierten Vortrages vermag der Senat bereits nicht zu erkennen, dass sich der Beklagte von sachfremden Erwägungen leiten ließ. Soweit der Kläger hierzu vorgebracht hat, der Beklagte habe im angefochtenen Verwaltungsakt sechs Bewerbungen, hingegen im Verwaltungsakt vom 27.08.2008 nur eine Bewerbungsbemühung pro Monat abverlangt, ist dies unzutreffend, denn auch in diesem Verwaltungsakt waren sechs Bewerbungsbemühungen monatlich abverlangt.
Da im vorliegenden Verfahren keine Sanktion nach § 31 SGB II streitgegenständlich ist, besteht kein Anlass, auf die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit von § 31 SGB II einzugehen.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Keiner der in § 160 Abs. 2 SGG genannten Zulassungsgründe liegt vor. Der Senat weicht weder von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab, noch hat die Sache grundlegende Bedeutung.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt.
Der am 28.07.1953 geborene Kläger ist seit 1997 arbeitslos. Er steht seit dem 01.01.2005 im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Beklagte forderte den Kläger mit einer Einladung vom 06.10.2008 auf, sich am 14.10.2008 persönlich zu melden, um eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Nachdem der Kläger zu diesem Termin nicht erschien, erfolgte am 14.10.2008 eine Folgeeinladung für den 21.10.2008, der der Kläger gleichfalls nicht Folge leistete.
Der Beklagte erließ daraufhin unter dem 21.10.2008 eine Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt. Sie legte hierin für die Zeit vom 21.10.2008 bis 20.04.2009 u.a. die Verpflichtung des Klägers fest, sich monatlich um mindestens sechs versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu bemühen, die Bemühungen - jeweils zum Monatsende - gegenüber dem Beklagten nachzuweisen sowie an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit teilzunehmen.
Wegen des Nichterscheinens zu den Meldeterminen am 14. und 21.10.2008 senkte der Beklagte mit Bescheiden vom 21.10.2008 das dem Kläger gewährte Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.11.2008 - 31.01.2009 jeweils um 40 v.H. der maßgebenden Regelleistung ab. Hieraus ergebe sich eine Absenkung i.H.v. jeweils 140,- EUR monatlich. Auf einen Widerspruch des Klägers hin, nahm der Beklagte die Bescheide später wieder zurück.
Gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt legte der Kläger Widerspruch ein und brachte vor, er habe keinen Vorschlag für eine Eingliederungsvereinbarung erhalten und die Erhöhung der ihm auferlegten Bewerbungsbemühungen - in einem, später zurückgenommenen, Verwaltungsakt vom 27.08.2008 sei nur eine monatliche Bewerbungsbemühung abverlangt worden -, zeuge von Willkür und Schikane.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er führte an, der Kläger sei in den Einladungen vom 06. und vom 14.10.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass diese erfolgten, um eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Die dem Kläger auferlegten Verpflichtungen hätten die persönlichen Verhältnisse des Klägers ausreichend berücksichtigt, sie seien zumutbar, erforderlich und geeignet, seine Eingliederung zu unterstützen.
Hiergegen hat der Kläger am 22.12.2008 "Anfechtungsklage" und "vorsorglich Fortsetzungsfeststellungsklage" zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgebracht, Zweck von Eingliederungsvereinbarungen sei ausschließlich, dem Erwerbslosen sank¬tio¬nier¬bare Verpflichtungen aufzuerlegen und ihn damit verbotenerweise behördlich zu schikanieren. Die Eingliederungsvereinbarung sei willkürlich und verstoße gegen das Grundgesetz.
Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten. Der vom Kläger angeführte Verwaltungsakt vom 27.08.2008, mit dem gleichfalls eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt worden sei, sei lediglich aus formalen Gründen zurückgenommen worden. Die dem Kläger in dem angefochtenen Verwaltungsakt auferlegten Verpflichtungen seien auf ein Mindestmaß begrenzt worden. Die Verpflichtungen seien zumutbar, erforderlich und geeignet, die Eingliederung des Klägers in Arbeit zu unterstützen. Dies ent-spreche dem Forderungsgrundsatz gemäß § 2 SGB II.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.03.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Bezüglich des Hauptantrages, der Anfechtungsklage, sei sie unzulässig, da sich der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt nach Ablauf der Gültigkeitsdauer infolge Zeitablaufs erledigt habe. Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig - das Fortsetzungsfeststellungsinteresse gründe in einer Widerholungsgefahr und dem Rehabilitationsinteresse des Klägers -, inhaltlich jedoch unbegründet. Der Beklagte habe infolge der Meldepflichtverletzungen des Klägers, wegen derer eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen sei, Anlass gehabt, die Regelungen als Verwaltungsakt zu erlassen. Ein Anspruch darauf, einen Entwurf der Eingliederungsvereinbarung übermittelt zu erhalten, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Schließlich seien die inhaltlichen Regelungen des Verwaltungsaktes nicht zu beanstanden, die abgeforderten sechs monatlichen Bewerbungen seien angemessen.
Gegen den am 13.03.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.04.2010 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, dem Erlass des Verwaltungsaktes sei keinerlei Aufforderung vorangegangen, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen. Wesentliche Teile des SGB II seien grundrechtswidrig.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12. März 2010 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Verwaltungsakt vom 21. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2008 rechtswidrig gewesen ist,
höchsthilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bringt vor, der angefochtene Gerichtsbescheid sei aus seiner Sicht nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für den Kläger geführten Leistungsakten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2011 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2011 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Das SG hat die Anfechtungsklage in nicht zu beanstandender Weise bereits als unzulässig, die "vorsorglich" erhobene Fortsetzungsfeststellungklage als unbegründet abgewiesen.
Gegenstand des Verfahrens ist der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt des Beklagten vom 21.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008. Das klägerische Begehren, die im Verwaltungsakt festgelegten Verpflichtungen nicht erfüllen zu müssen, ist im Wege einer Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zu verfolgen. Mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes entfallen die dortigen Verpflichtungen des Klägers. Ein Verwaltungsakt wird mit seiner Bekanntgabe wirksam (§ 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) und bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Der Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes hat sich von vornherein auf die Zeit vom 21.10.2008 – 20.04.2009 beschränkt; nur für diesen Zeitraum hat der Verwaltungsakt Gültigkeit beansprucht. Weitere unmittelbare Wirkungen, wie § 31 Satz 1 SGB X es für einen Verwaltungsakt erfordert, kommen dem Verwaltungsakt nicht mehr zu. Will der Beklagte aus den vom Kläger nicht erfüllten Verpflichtungen Rechtsfolgen ableiten, muss sie dies im Wege eines weiteren Verwaltungsaktes begründen und somit neue Regelungen treffen (vgl. Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen/ Bremen, Urteil vom 12. Juni 2001 - L 8 AL 425/00 -, veröffentlicht in juris). Die Wirkungen des Verwaltungsaktes haben sich mithin zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X). Der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage fehlte und fehlt mithin das Rechtsschutzbedürfnis, da er mit ihr keine rechtlichen, wirtschaftlichen oder sonstigen Vorteile mehr erlangen kann.
Die "vorsorglich", d.h. hilfsweise, eingelegte Fortsetzungsfeststellungsklage ist hingegen zulässig. Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
Ein für diese Feststellung vorausgesetztes schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein. Ein Feststellungsinteresse kommt damit in Betracht bei Präjudiziabilität, d.h., wenn die Entscheidung in einem anderen streitigen Rechtsverhältnis bedeutsam sein kann (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 131 Rn. 10e), bei einem Schadens- oder Rehabilitationsinteresse sowie im Falle einer Wiederholungsgefahr (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R - veröffentlicht in juris). Ein berechtigtes Interesse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Es darf nicht völlig ungewiss bleiben, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 07.09.1988 - 10 RAr 8/87 -; vom 20.05.1992 - 14a/6 RKa 29/89 - veröffentlicht in juris). Da hierbei keine große Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind (BSG, Urteil vom 28.08.2007, a.a.O.), ist es für die Bejahung des besonderen Feststellungsinteresses ausreichend, dass der Kläger weiterhin im Leistungsbezug nach dem SGB II steht und unverändert die Befugnis des Beklagten, eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt zu erlassen, anzweifelt. Auch steht zu erwarten, dass es der Beklagte, seinem gesetzlichen Auftrag folgend, auch zukünftig unternehmen wird, den Kläger in den Arbeitsmarkt einzugliedern und hierzu von seinen Befugnissen, Meldeaufforderungen, Vermittlungsvorschläge und Eingliederungsvereinbarungen zu unterbreiten, Gebrauch machen wird.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt vom 21.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II soll die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger, d.h. vorliegend der Beklagte als gemeinsame Einrichtung i.S.d. § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II, mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die Regelungen nach Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen ( § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II). Da eine Eingliederungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen ist, der Kläger hat den Einladungen des Beklagten, sich bei ihr zwecks Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, keine Folge geleistet, war der Beklagte hiernach befugt, deren Inhalte im Wege eines Verwaltungsaktes festzusetzen. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erfordert nicht zwangsläufig, dass dem Hilfeempfänger zuvor ein Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung vorgelegt wird. Bei § 15 Abs. 1 SGB II handelt es sich um eine reine Verfahrensvorschrift, die das Verhalten und Vorgehen des Grundsicherungsträgers steuern soll. Dieser trifft insoweit eine nicht justiziable Opportunitätsentscheidung darüber, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wählt, ohne dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige dadurch einen Rechtsverlust erleidet (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 13/09 R – veröffentlicht in juris).
Die Eingliederungsvereinbarung soll nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II insbesondere bestimmen, welche Bemühungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige in welcher Häufigkeit zur Einglieder-ung in Arbeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form er die Bemühungen nach-zuweisen hat (Nr. 2). Die dem Kläger in dem Verwaltungsakt auferlegten Verpflichtungen, insb. sich mindestens um sechs versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu bemühen und diese - jeweils zum Monatsende - gegenüber dem Beklagten nachzuweisen sowie an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit teilzunehmen, ist hiernach von der gesetzlichen Grundlage gedeckt und unterliegt auch im Hinblick auf die konkreten Inhalte keinen rechtlichen Bedenken. Vor dem Hintergrund der langjährigen Arbeitslosigkeit des Klägers und der aus der Verwaltungsakte ersichtlichen klägerischen Torpedierung der Bemühungen des Beklagten, ist es dem Kläger ohne Weiteres zumutbar, Bewerbungsbemühungen in diesem Umfang zu unternehmen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.02.2008 -L 25 AS 522/06-; Hessisches LSG, Beschluss vom 29.09.2006 - L 9 AS 179/06 ER - die jeweils zehn Bewerbungsbemühungen pro Monat für zumutbar erachten; jew. veröffentlicht in juris).
§ 15 SGB II unterliegt zur Überzeugung des Senats auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insb. vermag der Senat einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem jedes staatliche Handeln unterliegt, nicht zu erkennen. Die Rechtsordnung muss übermäßige, nicht durch wichtigere Gemeinwohlbelange gerechtfertigte Eingriffe in Rechtspositionen des Bürgers verhindern. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet und ergibt sich bereits aus dem Wesen der Grundrechte selbst, die als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers gegenüber dem Staat und der öffentlichen Gewalt jeweils insoweit beschränkt werden dürfen, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 15.12.1987 - 1 BvR 563/85, 582/85, 974/86 - und - 1 BvL 3/86 - veröffentlicht in juris). Die Elemente des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bestehen aus drei Teilgeboten, an denen sich die staatlichen Maßnahme messen lassen muss, und zwar die Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sowie einer vorgeschalteten Prüfung des legitimen Zwecks der Maßnahme. Der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung wird gefordert, damit der erwerbsfähige Hilfebedürftige im Rahmen seiner Möglichkeiten und des ihm Zumutbaren aktiv an der Überwindung seiner Arbeitslosigkeit mitwirkt und durch Zusammenarbeit mit dem Sozialleistungsträger eine möglichst sinnvolle und individuelle Hilfegewährung erreicht wird. Ein derartiger Zweck ist mit der Rechtsordnung ohne Weiteres vereinbar. Die Befugnis, im Fall des Nichtzustandekommens einer Eingliederungsvereinbarung deren Inhalte im Wege eines Verwaltungsaktes festsetzen zu können ist auch geeignet, den gesetzgeberischen Zweck herbeizuführen. Mit Hilfe dieser Befugnis kann der erstrebte Erfolg gefördert werden, nämlich die Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Die Festsetzung im Wege eines Verwaltungsaktes verstößt schließlich auch nicht gegen das Gebot der Erforderlichkeit. Nach diesem darf keine Maßnahme über das zur Verfolgung des Zwecks notwendige Maß hinausgehen. Das Gebot ist verletzt, wenn das Ziel der staatlichen Maßnahme durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden kann, welche das betreffende Grundrecht nicht oder deutlich weniger fühlbar einschränkt. Die dem Beklagten in § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II eröffnete Möglichkeit ist gegenüber der (ehemals) gesetzlich eingeräumten Möglichkeit, den Nichtabschluss einer Eingliederungsvereinbarung nach § 31 SGB II zu sanktionieren, das mildere Mittel (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 13.04.2011 - L 3 AS 332/10 - veröffentlicht in juris). Mithin liegt ein Verstoß gegen das Übermaßverbot nicht vor.
Auch vermag der Senat den von Kläger angeführten Verstoß gegen das Willkürverbot nicht zu erkennen. Eine Verletzung des aus Art. 3 des Grundgesetzes folgenden Willkürverbotes liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (BVerfG, Urteil vom 08.07.1997 - 1 BvR 1934/93 – veröffentlicht in juris). In Ermangelung eines substantiierten Vortrages vermag der Senat bereits nicht zu erkennen, dass sich der Beklagte von sachfremden Erwägungen leiten ließ. Soweit der Kläger hierzu vorgebracht hat, der Beklagte habe im angefochtenen Verwaltungsakt sechs Bewerbungen, hingegen im Verwaltungsakt vom 27.08.2008 nur eine Bewerbungsbemühung pro Monat abverlangt, ist dies unzutreffend, denn auch in diesem Verwaltungsakt waren sechs Bewerbungsbemühungen monatlich abverlangt.
Da im vorliegenden Verfahren keine Sanktion nach § 31 SGB II streitgegenständlich ist, besteht kein Anlass, auf die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit von § 31 SGB II einzugehen.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Keiner der in § 160 Abs. 2 SGG genannten Zulassungsgründe liegt vor. Der Senat weicht weder von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab, noch hat die Sache grundlegende Bedeutung.
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