L 13 SF 2355/11 AB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 SF 2355/11 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das gegen den Richter Dr. S. gerichtete Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 27. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Das Ablehnungsgesuch der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 20. Mai 2011 gegen den Richter Dr. S. ist unbegründet.

Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG gilt für die Ablehnung eines Richters § 42 Abs. 1 ZPO entsprechend. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die hier allein in Betracht zu ziehende Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt nur dann vor, wenn ein objektiv vernünftiger Grund gegeben ist, der den am Verfahren Beteiligten auch von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch und nicht sachlich entscheiden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Jedoch ist eine rein subjektive, unvernünftige Vorstellung der Klägerin unerheblich. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfG, BVerfGE 82, 30, 38; 73, 330, 335; BSG SozR 3-1500 § 60 Nr. 1).

Soweit sich der Befangenheitsantrag der Klägerin darauf stützt, dass ihr die Klageerwiderung der Beklagten vorenthalten worden sei, lässt sich damit kein Grund für Misstrauen gegenüber dem zuständigen Richter glaubhaft machen. Denn dieser hat, nachdem die Klageerwiderung der Beklagten am 16. März 2011 beim SG eingegangen ist, am 17. März 2011 verfügt, diese der Klägerin zur Kenntnis zu übersenden. Da die Übersendung der Klageerwiderung zusammen mit der Bestellung des Gutachters (dazu vgl. das Verfahren L 13 R 2186/11 B) erfolgt war, die die Klägerin, wie ihr Antrag auf Ablehnung des Gutachters zeigt, tatsächlich erhalten hat, ist nicht ersichtlich, dass wegen eines Misstrauen gegenüber dem Richter rechtfertigenden Umstandes die Übersendung der Klageerwiderung unterblieben wäre. Soweit die Klägerin die Klageerwiderung nicht mehr hat oder diese ihr nicht zugegangen sein sollte, kann das SG der Klägerin eine Kopie dieser Stellungnahme der Beklagten (Blatt 270 der SG-Akte) erneut übersenden.

Nachdem der zuständige Richter der Klägerin die Klageerwiderung der Beklagten übersandt hatte, liegt auch die von ihr gerügte Gehörsverletzung (Art. 103 GG) nicht vor.

Auch soweit die Klägerin geltend macht, Befangenheit sei zu befürchten, weil das SG ohne Beweisbeschluss den Gutachter beauftragt hat, ist dies bei objektiver und vernünftiger Betrachtung nicht geeignet, Misstrauen gegen die Amtsführung des Richters zu begründen. Denn im Rahmen der vom SG durchgeführten Beweiserhebung nach § 106 Abs. 2 SGG, wobei der Richter nach § 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG auch die Begutachtung durch Sachverständige anordnen darf, ist der Erlass eines förmlichen Beweisbeschlusses nicht gesetzlich vorgesehen und daher nicht erforderlich (BSG, Beschluss vom 27. März 2003 - B 11 AL 259/02 B - juris; Keller in: Meyer-Ladweig/ Keller / Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 118 Rdnr. 8c). Die Klägerin wurde durch die vom Gericht veranlasste Übersendung des an Dr. M. adressierten Gutachtensauftrags ausreichend über die angeordnete Beweisaufnahme informiert.

Ebenso wenig begründet der Umstand, dass der Richter die Klägerin hinsichtlich des von dieser mit Schriftsatz vom 15. April 2011 angeforderten Geschäftsverteilungsplanes auf dessen Veröffentlichung im Internet verwiesen hatte, bei objektiver und vernünftiger Betrachtung Misstrauen gegen die neutrale und unparteiliche Amtsführung des Richters. Denn im Internet kann der Geschäftsverteilungsplan tatsächlich an der vom SG angegebenen Stelle eingesehen werden. Sofern die Klägerin, wie sie angibt, keinen Internetzugang hat, hat das SG ihr eine Kopie des Geschäftsverteilungsplanes zu übersenden. Dies kann aber noch nachgeholt werden, denn die Klägerin hat insoweit erstmals im vorliegenden Befangenheitsantrag mitgeteilt, über keinen Internetanschluss zu verfügen. Anspruch auf Übersendung einer beglaubigten Abschrift des Geschäftsverteilungsplans besteht dagegen nicht.

Die Auswahl des vom SG beauftragten Sachverständigen Dr. M. sowie die Durchführung der Amtsermittlung durch den Richter begründet ebenfalls bei objektiver und vernünftiger Betrachtung keinen Anlass für die Befürchtung, der Richter werde nicht unparteiisch und nicht sachlich entscheiden. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Richter die verfassungsrechtlichen Gebote der Rechtsstaatlichkeit und eines fairen, objektiven Verfahrens nicht beachtet hätte.

Auch soweit das SG zu einem Zeitpunkt über das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den vom SG beauftragten Gutachter entschieden hat, als sich die Akten noch beim Gutachter befanden, begründet dies weder einen Verfahrensfehler noch einen Umstand, der bei objektiver und vernünftiger Betrachtung die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Richter begründen könnte. Denn die Klägerin hat dem SG ausführlich die Gründe mitgeteilt, weshalb sie - subjektiv - meint, der Gutachter sei befangen. Dies genügt als Basis für die Entscheidung des SG.

Die Klägerin hat daher insgesamt keine Gründe dargetan und es liegen auch keine solche Umstände vor, anhand derer die Befürchtung einer parteiischen oder unsachlichen Ausübung der Amtsgeschäfte durch den Richter glaubhaft ist (§ 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dies gilt umso mehr auch insoweit, als die Klägerin sich gegen die Ermittlungspraxis der Beklagten wendet. Weshalb deren Ermittlungstätigkeit Misstrauen gegen den Richter des SG rechtfertigen sollte, hat auch die Klägerin nicht einmal ansatzweise darzulegen versucht.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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