S 1 KA 60/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 KA 60/11
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vertrags(zahn)arztangelegenheiten
Die Erteilung einer Genehmigung nach SGB V § 103 Abs 2 Satz 7 für einen Vertragsarzt, der auf seine Zulassung zugunsten einer Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) verzichtet, setzt nach der geltenden Rechtslage nicht voraus, dass der Arzt im selben Planungsbereich vertragsärztlich zugelassen sein muss, wie das MVZ, in welchem er angestellt werden soll.
I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 9).

III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.



Tatbestand:


Streitig ist zwischen den Beteiligten die Erteilung einer Anstellungsgenehmigung.

Die Beigeladene zu 9) ist Trägergesellschaft des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in K-Stadt, in dem zwei Augenärzte und ein Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg tätig sind.

Am 17.11.2010 beantragte die Beigeladene zu 9) die Erteilung einer Genehmigung zur Anstellung von Frau I., Augenärztin (= Beigeladene zu 7)) und Herrn Dr. J., Augenarzt (= Beigeladener zu 8)). Diese Ärzte beabsichtigen, gemäß § 103 Abs. 4 a Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) auf ihre Vertragsarztzulassungen für Ha., Planungsbereich H. zu verzichten, um ausschließlich in der vom MVZ K-Stadt, Planungsbereich K-Stadt Stadt und Landkreis bei der Klägerin zu 1) beantragten Filiale in Ha., als angestellte Ärzte tätig zu werden. Bei den Räumen der beantragten Filiale in Ha. handelt es sich um die Praxisräume der bisherigen Gemeinschaftspraxis der Beigeladenen zu 7) und 8).

Mit Bescheid vom 13.04.2011 (Beschluss: 23.03.2011) lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte - U. - (ZA) den Antrag ab.
Nach § 95 Abs. 2 Sätze 7, 8 und 9 SGB V i. V. m. § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V habe der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung verzichtet, um in einem MVZ tätig zu werden.
Für den Planungsbereich K-Stadt Stadt und Landkreis seien für die Arztgruppe der Augenärzte Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet (Versorgungsgrad Stand 18.02.2011: 117, 6 %).
Zwar beabsichtigten die Beigeladenen zu 7) und 8) unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V auf ihre Zulassung für den Vertragsarztsitz Ha. zu verzichten. Eine Anstellung im MVZ am Vertragsarztsitz in K-Stadt sei jedoch nicht möglich, da der jeweils beantragten Genehmigung trotz des erklärten Zulassungsverzichtes zugunsten einer Anstellung die in diesem Planungsbereich angeordneten Zulassungsbeschränkungen entgegenstünden (§ 95 Abs. 2 Satz 9 SGB V).
Die gesetzliche Regelung des § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V stelle darauf ab, dass der Vertragsarzt, welcher auf seine Zulassung zugunsten einer Anstellung in einem MVZ verzichtet, in dem selben Planungsbereich vertragsärztlich zugelassen sein muss wie das MVZ, in welchem er angestellt werden soll. Nur dann könne er seine Zulassung, die in dem betreffenden Planungsbereich bereits in der Bedarfsplanung berücksichtigt sei, in Form eines Anstellungsverhältnisses in ein MVZ einbringen, ohne dass dies mit einer bedarfsplanerischen Auswirkung verbunden wäre. Nur bei Vorliegen eines solchen Sachverhaltes stünden die angeordneten Zulassungsbeschränkungen der beantragten Anstellungsgenehmigung nicht entgegen. Die Voraussetzung der Anstellung "in einem zugelassenen MVZ" im Sinne des § 95 Abs. 2 Sätze 7, 9 SGB V bzw. "um in einem MVZ tätig zu werden" im Sinne des § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V könne hier jedoch nicht erfüllt werden, da der Vertragsarztsitz des MVZ in einem Planungsbereich liege, in dem für die Fachrichtung Augenheilkunde vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Bayern Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB angeordnet seien.
Auch die Erteilung der Anstellungsgenehmigung unmittelbar für die Anstellung in der Filiale in Ha. käme nicht in Betracht. Zwar hätten die Beigeladenen zu 7) und 8) erklärt, dass sie ausschließlich jeweils unter Verzicht auf ihre vertragsärztliche Zulassung zugunsten der Anstellung in der Filiale des MVZ in Ha. tätig werden wollten. Für die Genehmigung der Tätigkeit als angestellter Arzt ausschließlich in der Filiale des MVZ fehle es jedoch an einer Rechtsgrundlage. Die gesetzliche Regelung des § 24 Abs. 3 Satz 5 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), welche es Vertragsärzten ermögliche, angestellte Ärzte ausschließlich in der Filiale zu beschäftigen und hierfür vom ZA eine Genehmigung zu erlangen, sei auf MVZs nicht anwendbar, insbesondere komme auch eine entsprechende Anwendung des § 24 Abs. 3 Satz 5 Ärzte-ZV nach § 1 Abs. 3
Nr. 2 Ärzte-ZV nicht in Betracht, da einer entsprechenden Anwendung dieser für Vertragsärzte geltenden Vorschrift die Eigenart von MVZs entgegenstehe. Eine Anwendung dieser Regelung bei MVZs verbiete sich nach dem für MVZs charakteristischen Zentrumsgedanken (unter einem Dach), mit welchem eine Anstellung ausschließlich in einer Nebenbetriebsstätte des MVZ außerhalb des Vertragsarztsitzes des MVZ nicht vereinbar sei.

Hiergegen legte die Beigeladene zu 9) (= früher die Klägerin zu 2)) mit Schreiben vom 24.04.2011 Widerspruch ein.
Am Standort des MVZ in K-Stadt seien die Disziplinen Augenheilkunde und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie mit entsprechenden zwei Vertragsarztsitzen vorhanden. Die anzustellenden Ärzte (= die Beigeladenen zu 7) und 8)) seien Augenärzte mit bisheriger Praxis in Ha. (im Planungsbereich Landkreis H.). Diese hätten Praxisnachfolger bislang nicht finden können, seien jedoch bereit, die augenärztliche Versorgung im Rahmen einer MVZ-Filiale fortzusetzen. Wenn dies nicht möglich wäre, werde der Versorgungsgrad im Planungsbereich H. auf ca. 60 % abfallen.
Nach § 1 a Nr. 19 des Bundesmanteltarifvertrages-Ärzte (BMV-Ä) seien die Betriebsstätte des MVZ und die des angestellten Arztes ausdrücklich zu unterscheiden. Nach § 1 a Nr. 22 BMV-Ä sei eine Zweigpraxis entweder der genehmigte weitere Tätigkeitsort des Vertragsarztes oder die Nebenbetriebsstätte eines medizinischen Versorgungszentrums. Die Betriebsstätte des MVZ sei der Vertragsarztsitz, während Betriebsstätte des angestellten Arztes der Ort seiner Beschäftigung sei. Aus dieser inhaltlichen und systematischen Unterscheidung ergebe sich, dass angestellte Ärzte nicht nur am Vertragsarztsitz eines MVZs tätig werden könnten, sondern auch in einer Nebenbetriebsstätte nach § 1 a Nr. 22 BMV-Ä, weil auch MVZs neben ihrem Hauptsitz an Nebenbetriebsstätten an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen könnten.
Für § 103 Abs. 4 a SGB V ergebe sich daraus zu dem verwendeten Begriff "im MVZ" deshalb keine Ortsbestimmung, sondern die rechtliche Bestimmung des Arbeitgebers im Sinne eines künftigen Anstellungsverhältnisses des aktuell verzichtenden Vertragsarztes. Deshalb könne auch ein Vertragsarzt, der auf seine Zulassung verzichte, um in einem MVZ in einem anderen Planungsbereich tätig zu werden, dort angestellt werden. Gerade durch die Definition des Tätigkeitsortes, in diesem Fall der Filiale, sei nämlich sichergestellt, dass die Vertragsarztzulassung des verzichtenden Arztes im Planungsbereich verbleibe, in dem die Zweigpraxis liege. Aus diesem Grund sei der anzustellende Vertragsarzt auch nicht berechtigt, Leistungen am Vertragarztsitz des MVZ zu erbringen.

In der in der Vergangenheit geübten Verwaltungspraxis von ZAs in Bayern sei ebenfalls auf das Anstellungsverhältnis in einem MVZ und nicht im Sinne des Tätigkeitsortes des anzustellenden Arztes abgestellt worden.

Mit Bescheid vom 19.10.2011 (Beschluss: 29.09.2011; Az.: 70/11) hob der Berufungsausschuss für Ärzte - Bayern - (BA) den Bescheid des ZA vom 13.04.2011 (Beschluss: 23.03.2011) auf und erteilte der Beigeladenen zu 9) die Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 7) und 8) als angestellte Ärzte mit einem Tätigkeitsumfang von 31 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 1,0) zur ausschließlichen Tätigkeit in der Filiale des MVZ in Ha. Die Genehmigung wurde unter anderem unter der Auflage erteilt, dass das Anstellungsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheides aufgenommen wird.
Nach § 95 Abs. 2 Sätze 7, 8, 9 SGB V i. V. m. § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V habe der ZA die Anstellung zu genehmigen, wenn ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich (das Gesetz spreche nicht von "seinem" Planungsbereich), für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet seien, auf seine Zulassung verzichte, um in einem MVZ tätig zu werden. Eine Anstellung der Beigeladenen zu 7) und 8) am Vertragsarztsitz des MVZ in K-Stadt sei hier möglich, obwohl für diesen Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen nach § 95 Abs. 2 Satz 9 SGB V bestünden. § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V stelle nicht zwingend darauf ab, dass der Vertragsarzt, welcher auf seine Zulassung zugunsten einer Anstellung in einem MVZ verzichte, in demselben Planungsbereich vertragsärztlich zugelassen sein muss, wie das MVZ, in welchem er angestellt werden soll, denn dort sei nicht von "seinem" Planungsbereich oder von dem Planungsbereich, in dem der Vertragsarzt (bisher) niedergelassen und zugelassen ist, die Rede.
Nach der Gesetzesbegründung in BT-DR 15/1525 vom 08.09.2003 (GKV-Modernisierungsgesetz/GMG) Seiten 27/28 und der Begründung auf Seite 112 sollen durch die "Übertragung" der Zulassungen in ein MVZ die Möglichkeiten der Neugründung von Zentren verbessert werden, da auch bei Sperrung wegen Überversorgung neue Zentren gegründet werden könnten. Weil die Übertragung "bedarfsplanungsneutral" erfolge, werde gleichzeitig vermieden, dass es zur Steigerung der Zahl der vertragsärztlichen Leistungserbringer komme.
Die Bedarfsplanungs-Neutralität werde jedoch auch im Rahmen des § 103 Abs. 4 a SGB V gewahrt, da die Leistungserbringung ausschließlich am Filialsitz erfolge und zwar durch Ärzte, die schon bisher an diesem Vertragsarztsitz zugelassen waren. Bei einer ausschließlichen Tätigkeit am Filialstandort werde deshalb der Regelungszweck (Bedarfsplanungs-Neutralität) weder im Planungsbereich am Sitz des MVZ in K-Stadt noch am Filialort in Ha. gefährdet, weil die anzustellenden Ärzte (die Beigeladenen zu 7) und 8)) dort bereits zugelassen und tätig seien. Die Behandlungskapazität am bisherigen Praxisort der Vertragsärzte in Ha. werde also nur "rechtlich umgelagert", jedoch nicht in irgendeiner Weise erweitert.
§ 24 Abs. 3 Satz 7 Ärzte-ZV, der es Vertragsärzten ermögliche, angestellte Ärzte ausschließlich in der Filiale zu beschäftigen, sei dabei nachrangig.
Auch der Zentrumsgedanke könne dadurch gewahrt werden, dass die Leistungserbringung nur am Filialstandort durch die dort zulässigerweise tätigen Leistungserbringer erfolge.
Rechtsgrundlage für die hier zu erteilende Genehmigung sei § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V, nicht jedoch Satz 2 dieser Norm, denn es gehe um eine von den Beigeladenen zu 7) und 8) angestrebten Zulassungsverzicht zugunsten eines MVZ, nicht um eine Praxisnachfolge durch ein MVZ.
Die von Wenner (in Vertragsarztrecht, 2008, Randnr. 47 zu Kapitel 16) vertretene Auffassung, dass § 103 Abs. 4 a SGB V nicht in den Kontext der Vorschriften über die Praxisnachfolge passe, weil die Norm den Fall regele, dass ein Arzt auf die Zulassung allein deshalb verzichte, um im selben Planungsbereich in einem MVZ tätig zu werden, weil sonst eine ärztliche Tätigkeit in einem überversorgten Gebiet durch einen Wechsel des Status von der Zulassung zur Anstellung in einem MVZ nicht möglich gewesen wäre, stehe dieser Auffassung nicht entgegen. Nach § 103 Abs. 4 a Satz 4 SGB V gebe es einen Niederlassungsanspruch für angestellte Ärzte nach mindestens fünfjähriger Tätigkeit in einem MVZ in Form eines bedarfsunabhängigen Zulassungsanspruches im selben Planungsbereich. Es sei jedoch nicht zwingend erforderlich, dass sich all dies im selben Planungsbereich vollziehen müsse. Im Übrigen handle es sich dabei um eine Literaturstelle und nicht jedoch um ein Judikat.
Durch die Entscheidung des BSG vom 09.02.2011 - B 6 KA 12/10 R - sei klargestellt, dass Rechtsgrundlage für die Begrenzung für Tätigkeiten von MVZs an weiteren Standorten allein § 17 Abs. 1 a Satz 3 i. V. m. Satz 5 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7 a Satz 3 i. V. m. Satz 5 EKV-Ä bilde. Danach müsse in Fällen der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an mehreren Orten die Tätigkeit am Vertragsarztsitz insgesamt zeitlich überwiegen. Wenn ein Arzt in einem MVZ tätig sei, müsse seine Tätigkeit an dem ihm zugeordneten Stammsitz gegenüber seiner Tätigkeiten in weiteren (Zweig-)Praxen des MVZ zeitlich insgesamt überwiegen. Hier werde jedoch die gesamte Tätigkeit ausschließlich im auswärtigen Planungsbereich Ha. ausgeübt, so dass auch diese Entscheidung der Rechtsauffassung des Beklagten nicht entgegenstünde.
Im übrigen sei auch zu berücksichtigen, dass man sich hier im Bereich des Berufszuganges des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) befinde.

Dagegen hat die Klägerin am 21.11.2011 Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben.

Am selben Tag hat auch die O. GmbH für das MVZ K-Stadt Klage zum SG Nürnberg erhoben (= zunächst Klägerin zu 2)). Beide Klagen wurden mit Verbindungsbeschluss vom 02.02.2012 miteinander verbunden.
Gleichzeitig wurden die AOK Bayern, der Landesverband der Betriebskrankenkassen Bayern, die IKK classic, der Funktionelle Landesverband der Landwirtschaftlichen Krankenkassen und Pflegekassen in Bayern, der Verband der Ersatzkassen e. V., die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und Herr Dr. J. zum Rechtsstreit vor dem SG Nürnberg beigeladen.
Zur Begründung der Klage hat die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns vorgetragen, der Erwerb von Vertragsarztsitzen durch MVZs im Rahmen des § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V könne nur planungsbereichsintern erfolgen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wo von einem Verzicht auf die Zulassung "in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind", die Rede sei.
Gleiches ergebe sich aus der Gesetzesbegründung auf Seite 112 der BT-DS 15/1525, wonach die Übertragung einer Zulassung in ein MVZ bedarfsplanungsneutral zu erfolgen habe.
Im Übrigen habe der Beklagte verkannt, dass zwischen dem Erwerb eines Vertragsarztsitzes und der Errichtung von Filialen durch ein MVZ differenziert werden müsse.
Auch § 103 Abs. 4 c Satz 1 SGB V gehe davon aus, dass der Vertragsarztsitz übernommen und durch einen angestellten Arzt "in der Einrichtung" weitergeführt werden müsse.
Ferner habe das SG Marburg in seinem Urteil vom 16.07.2008 - S 12 KA 45/08 - bestätigt, dass ein MVZ die Praxis zunächst an den eigenen Sitz verlegen müsse und es ihm ggf. vorbehalten bleibe, am Sitz der übernommenen Praxis eine Zweitpraxis zu betreiben.
Aus § 24 Abs. 3 Satz 8 Ärzte-ZV ergebe sich keine andere Lösung, da diese Bestimmung beim MVZ nicht anwendbar sei, weil eine entsprechende Anwendung weder mit der vom Gesetzgeber verfolgten Grundkonzeption für ein MVZ vereinbar sei noch mit den gesetzliche Vorgaben bezüglich Gründung und Erweiterung von MVZs in Einklang gebracht werden könne. Die Zielsetzung einer Versorgung "aus einer Hand" und "unter einem Dach" werde dadurch sichergestellt, dass die erworbenen Vertragsarztsitze in das MVZ einzubringen seien. Ob und inwieweit ein MVZ nach dem Erwerb eines Vertragsarztsitzes berechtigt sei, eine Filiale zu errichten, in der es z. B. auf seine Zulassung verzichtende Vertragsärzte tätig werden lassen könne, sei eine andere Frage.
Durch den in § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV eingefügte Satz 2 ergebe sich kein anderes Ergebnis. Zum einen sei bereits fraglich, ob diese Norm auf ein MVZ entsprechend anwendbar sei. Im übrigen stehe auch hier der Anwendung der Norm der Zentrumsgedanke entgegen, weil die Regelung darauf hinausliefe, dass ein MVZ zwar über eine Vielzahl unterschiedlichster Fachgebiete verfügen könne, gleichwohl nur einige wenige Fachgebiete im Extremfall nur zwei an seinem Vertragsarztsitz unter einem Dach anbieten würde.

Die Klägerin beantragt:
1. Der Bescheid des Beklagten vom 19.10.2011 (Beschluss: 29.09.2011; Az.: 70/11), mit dem dem MVZ in Trägerschaft der O. GmbH, die Anstellung der Beigeladenen zu 7) und 8), Augenärzte, für eine beantragte Filiale am Standort: Ha., erteilt wurde, wird aufgehoben.
2. Die darauf gerichteten Anträge der Beigeladenen zu 9) vom 12.11.2010, beim Zulassungsausschuss für Ärzte - U. - am 17.11.2010 eingegangen, werden abgelehnt.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Entscheidungsgründe des Bescheides des BA vom 19.10.2011 (Beschluss: 29.09.2011; Az.: 70/11).

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG Nürnberg vom 28.03.2012 hat die Klägerin zu 2) die Klage zurückgenommen und wurde auf ihren Antrag zum Verfahren vor dem SG Nürnberg unter 9) beigeladen.

Die Beigeladene zu 9) beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Forderung einer Versorgung aus einer Hand widerspreche in keiner Weise der Zulässigkeit von Filialen von MVZs. Wenn jedoch Filialen für MVZs zulässig seien, müssten in diesen Filialen auch angestellte Ärzte beschäftigt werden können.
Aus § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV ergäbe sich, dass ein MVZ an weiteren Orten außerhalb des Vertragsarztsitzes Leistungen erbringen dürfe. Diese Vorschrift verweise ausdrücklich auf die Regelung der Einzelheiten in den Bundesmantelverträgen.
Nach § 1 a Nr. 15.1 BMV-Ä liege eine KV-bereichsübergreifende Tätigkeit dann vor, wenn ein MVZ in den Bereichen von mindestens zwei kassenärztlichen Vereinigungen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehme. Nachdem ein MVZ stets nur einen Vertragsarztsitz habe, setze dies zwingend voraus, dass eine weitere Tätigkeit außerhalb des Vertragsarztsitzes möglich sei. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus der Definition des Tätigkeitsortes in § 1 a Nr. 17 BMV-Ä. Danach gelten als Tätigkeitsorte nicht nur die Betriebsstätten, sondern auch Nebenbetriebsstätten, die üblicherweise als Filialen geführt würden. Der von der Klägerin angeführte Zentrumsgedanke des MVZs mit der Zulässigkeit von Filialen und der Tätigkeit an weiteren Orten kollidiere damit nicht, da man ansonsten zu einem Widerspruch zu den zitierten Normen gelangen würde.
Im Hinblick auf die gesetzgeberischen Versorgungsziele, der Versorgung aus einer Hand, ergebe sich lediglich, dass die fachübergreifende Versorgung in einem MVZ als organisatorische Einheit begriffen werden müsse. Nur wenn die im MVZ tätigen Vertragsärzte fachübergreifend, abgestimmt und möglichst koordiniert die Versorgung von Patienten übernehmen, bestehe ein versorgungspolitisch wesentlicher Unterschied zu verschiedenen Ärzten in Einzelpraxen. Dies bedeute, dass im MVZ fachübergreifend mit mindestens zwei Fächern am Vertragarztsitz Patienten behandelt werden sollen, darüber hinaus aber die Beschäftigung von weiteren angestellten Ärzten in einer Filiale nicht ausgeschlossen sei. Im Falle des MVZ K-Stadt sei die Forderung nach einem Zentrum der Versorgung in jedem Falle erfüllt, da im Vertragsarztsitz des MVZ zwei Fachgebiete räumlich und organisatorisch zusammenarbeiteten.
Es finde sich auch keine Vorschrift, die die Filialbildung durch ein MVZ anders, einschränkender, regele als für Vertragsärzte. Im Gegenteil ergebe sich nach der Änderung des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV, dass dieser gerade mit dem Ziel neu gefasst worden sei, die Tätigkeit in zwei Praxen zur Versorgungsverbesserung bei Bedarf ausweiten zu können. Damit stehe fest, dass der Genehmigung der Anstellung in einer Filiale - gleich wo diese sich befinde - mit dem Zentrumsgedanken nicht kollidiere. Mit diesem Argument könne auch die begehrte Anstellungsgenehmigung nicht versagt werden.
Auch die Grundsätze der Bedarfsplanungs-Neutralität würden durch die Genehmigung einer Anstellung im benachbarten Planungsbereich nicht verletzt. Durch die Anstellung der Beigeladenen zu 7) und 8) im Planungsbereich Ha. werde deren Tätigkeit auf diesen Planungsbereich beschränkt und eine Tätigkeit im gesamten Planungsbereich Stadt und Landkreis am Vertragsarztsitz des MVZ nicht ermöglicht. Insofern sei die Genehmigung der Anstellung bedarfsplanungsneutral.
Die im benachbarten Planungsbereich angestellten Ärzte seien ferner "in einem MVZ" (§ 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V) tätig, denn vom Wortlaut der Bestimmung her handle es sich nicht um eine reine Ortsbestimmung. Eine andere Auffassung würde letztlich dazu führen, dass auch im gleichen Planungsbereich jegliche Filialbildung durch ein MVZ unzulässig wäre.
In dem vom Kläger zitierten Urteil des SG Marburg und der zitierten Fundstelle von Wenner seien Fragen der Filialgenehmigung in einem anderen, benachbarten Planungsbereich nicht Gegenstand der Betrachtung gewesen.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beigeladene zu 1) hat sich im Schriftsatz vom 27.03.2012 der Auffassung der Klägerin angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des ZA und des BA sowie des SG Nürnberg, insbesondere auf das Vorbringen der Beteiligten in den eingereichten Schriftsätzen, Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht (§§ 90, 92, 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz = SGG) zum sachlich und örtlich zuständigen SG Nürnberg (§§ 51 Abs. 1 Nr. 5, 10 Abs. 2, 57 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 3 Abs. 2 der Verordnung über die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern - BayRS 33-3-A -) erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist zulässig.
Gegenstand der Klage ist dabei der Bescheid des BA vom 19.10.2011 (Beschluss: 29.02.2011; Az.: 70/11), da damit der Anrufung des BA durch § 96 Abs. 4 SGB V ein besonderes, der organisatorischen Eigenständigkeit des ZA und BA entsprechendes Verfahren eingeleitet wird, das nicht mit dem Widerspruchsverfahren nach den §§ 83 ff SGG identisch ist (vgl. dazu BSG in SozR 1500 § 96 Nr. 32, Seite 42; BSGE 62, 24, 32; BSG vom 21.01.1993 - 6 RKa 40/91 -). Das SG Nürnberg hat deshalb in der Vertragsarztzulassungssache in der Gestalt zu entscheiden, wie sie im Bescheid des BA gefunden hat.

In der Sache erweist sich die Klage jedoch als unbegründet, denn der Beklagte hat im Bescheid vom 19.10.2011 (Beschluss: 29.09.2011; Az.: 70/11) dem Beigeladenen zu 9) unter Aufhebung des Bescheides des ZA vom 13.04.2011 (Beschluss: 23.03.2011) die Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 7) und 8) als angestellte Augenärzte mit einem Tätigkeitsumfang von 31 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 1,0) zur ausschließlichen Tätigkeit in der Filiale des MVZ in Ha., erteilt.

Rechtsgrundlage für die Anstellungsgenehmigung nach Zulassungsverzicht von bisher zugelassenen Vertragsärzten zugunsten der Anstellung bilden § 95 Abs. 2 Sätze 7, 8, 9 SGB V i. V. m. § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V. Danach hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung verzichtet, um in einem MVZ tätig zu werden.

Konkret beabsichtigen sowohl die Beigeladene zu 7) als auch der Beigeladene zu 8) unter Hinweis auf § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V auf ihre Zulassung am Vertragsarztsitz in Ha. zu verzichten. Dadurch würde das Versorgungsniveau - was im Übrigen zwischen allen Beteiligten unstreitig ist - auf ca. 60 % der nötigen Versorgungsmöglichkeiten absinken.
Eine Anstellung am Vertragsarztsitz der Beigeladenen zu 9) in K-Stadt ist hier möglich, obwohl auch für den Planungsbereich K-Stadt Stadt und Landkreis Zulassungsbeschränkungen nach § 95 Abs. 2 Satz 9 SGB V angeordnet sind.
Aus dem Wortlaut des § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V ergibt sich nicht, dass der Vertragsarzt, der auf seine Zulassung zugunsten einer Anstellung im MVZ verzichtet, in demselben Planungsbereich bisher vertragsärztlich zugelassen sein muss, wie das MVZ, in dem er angestellt werden soll, denn in § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V ist nicht von "seinem" Planungsbereich oder von dem Planungsbereich, in dem der Vertragarzt (bisher) niedergelassen und zugelassen ist, die Rede.

Auch dem Normzweck (vgl. insbesondere Gesetzesbegründung in BT-Dr 15/1525 vom 08.09.2003 (GKV-Modernisierungsgesetz/GMG) ist auf den Seiten 27/28 und der Begründung auf Seite 112 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass durch die Möglichkeiten der "Übertragung" der Zulassung in ein MVZ die Möglichkeiten der Neugründung von Zentren verbessert werden sollen, weil so auch bei Sperrung wegen Überversorgung so neue Zentren gegründet werden können. Da die Übertragung "bedarfsplanungsneutral" erfolgt, wird gleichzeitig vermieden, dass es zur Steigerung der Zahl der vertragsärztlichen Leistungserbringer kommt.
Dem steht auch der Hinweis der Klägerin nach einer Versorgung aus einer Hand in einem MVZ nicht entgegen, denn dieser Grundgedanke widerspricht in keiner Weise der Zulässigkeit von Filialen von MVZs.
Aus § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV ergibt sich vielmehr, dass MVZs an weiteren Orten außerhalb des Vertragsarztsitzes Leistungen erbringen dürfen, wobei ausdrücklich auf die Regelungen der Einzelheiten in den Bundesmantelverträgen verwiesen wird.
Nach § 1 a Nr. 15.1 BMV-Ä liegt jedoch eine im Bereich einer kassenärztlichen Vereinigung übergreifende Tätigkeit auch dann vor, wenn ein MVZ in den Bereichen von mindestens zwei KVs an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Nachdem ein MVZ jedoch stets nur einen Vertragsarztsitz hat, setzt dies zwingend voraus, dass eine weitere Tätigkeit außerhalb des Vertragsarztsitzes möglich ist.
Darüber hinaus gelten nach § 1 a Nr. 17 BMV-Ä als Tätigkeitsorte nicht nur die Betriebsstätte, sondern auch Nebenbetriebsstätten, die üblicherweise als Filialen geführt werden.

Ferner regelt § 15 a Abs. 3 BMV-Ä, dass § 15 a Abs. 1 und 2 BMV-Ä auch für MVZs entsprechend gelten. Nach § 15 a Abs. 2 BMV-Ä kann jedoch die Tätigkeit des Vertragsarztes, entsprechend des MVZ, in einer weiteren Nebenbetriebsstätte außerhalb des Vertragsarztsitzes zulässig sein, wenn sie gemäß § 24 Ärzte-ZV genehmigt worden ist. Schließlich regelt § 15 a Abs. 6 BMV-Ä, dass die Beschäftigung eines angestellten Arztes allein zur Durchführung der Behandlung an einer Nebenbetriebsstätte gestattet ist.
Der von der Klägerin angeführte Zentrumsgedanke des MVZ kollidiert deshalb nicht mit der Zulässigkeit von Filialen und der Tätigkeit eines MVZs an weiteren Orten.

Der hier strittigen Genehmigung nach § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V steht auch nicht die Auslegung des Begriffes "in einem MVZ" als Ortsbestimmung entgegen. Die fachübergreifende Versorgung in einem MVZ aus einer Hand ist nämlich nach Auffassung der Kammer als organisatorischer Einhalt zu verstehen.
Am Vertragsarztsitz des MVZ müssen fachübergreifend in mindestens zwei Fächern Patienten behandelt werden. Diese Voraussetzung ist jedoch - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - am Sitz des MVZ in K-Stadt der Fall, da dort zwei weitere Augenärzte und ein MKG-Chirurg tätig sind. Die Beschäftigung von weiteren angestellten Ärzten in Filialen ist daneben nicht ausgeschlossen. Die Neufassung des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV dient gerade dem Ziel, die Tätigkeit in zwei Praxen bei Bedarf zur Versorgungsverbesserung ausweiten zu können.

Der Genehmigung der Anstellung der Beigeladenen zu 7) und 8) im benachbarten Planungsbereich Ha. steht auch nicht der Grundsatz der Bedarfsplanungs-Neutralität entgegen. Zwar hat der Gesetzgeber - wie oben bereits dargelegt - betont, dass es bei der Neugründung von MVZs nicht zu einer Steigerung der Zahl der vertragsärztlichen Leistungserbringer kommen soll. Die Regelung in § 103 Abs. 4 a Satz 1 SGB V sieht jedoch vor, dass der Verzicht zugunsten der Anstellung ausschließlich auf die Anstellung am Vertragsarztsitz des MVZ gerichtet sein kann. Der Erwerb von Vertragsarztsitzen ist dabei nach dem Wortlaut dieser Vorschrift und den Regelungszwecken nicht nur planungsbereichsintern zulässig.
Zum einen ist die Bedarfsplanungs-Neutralität im vorliegenden Fall in Bezug auf den Planungsbereich Ha. durch die Genehmigung der Anstellung nicht gefährdet, da die anzustellenden Ärzte dort bereits zugelassen und tätig sind. Durch die Genehmigung der Anstellung der Beigeladenen zu 7) und 8) in diesem Planungsbereich wird deren Tätigkeit nur auf diesen Planungsbereich beschränkt, so dass eine Tätigkeit im gesperrten Planungsbereich K-Stadt Stadt und Land und damit am Sitz des MVZ nicht möglich ist. Diese Genehmigung der Anstellung der Beigeladenen zu 7) und 8) am Filialsitz in Ha. ist deshalb bedarfsplanungsneutral, da die beiden Augenärzte ausschließlich und nur dort tätig sein können.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des SG Marburg vom 16.07.2008 - S 12 KA 45/08. Zum einen betraf das Urteil nicht eine Zweigpraxis in zwei benachbarten Planungsbereichen. Zum anderen ist dort ausdrücklich ausgeführt, dass die vollständige oder überwiegende Auslagerung eines bestimmten Leistungsspektrums weg vom Hauptsitz des MVZ in eine Zweigpraxis dem Betreiben einer weiteren Praxis gleichkommt. Davon kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden, da das Leistungs-spektrum Augenheilkunde auch weiterhin am Sitz des MVZ in K-Stadt angeboten werden soll, was im übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Nach der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 09.02.2011 - B 6 KA 12/10 R, wonach die Begrenzung auf zwei Zweigpraxen nicht für medizinische Versorgungszentrum gilt, ergibt sich vielmehr eine Begrenzung für Tätigkeiten an MVZs an weiteren Standorten einzig aus § 17 Abs. 1 a Satz 3 i. V. m. Satz 5 BMV-Ä/§ 13 Abs. 7 a Satz 3 i. V. m. Satz 5 EKV-Ä. Hiernach muss lediglich in Fällen der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit an mehreren Orten die Tätigkeit am Vertragsarztsitz zeitlich insgesamt überwiegen. In einem MVZ sind dagegen - wie auch hier - mehrere Ärzte beschäftigt, so dass es keiner gleichen strikten Begrenzung der Anzahl von Zweigpraxen bedarf und die Situation eines MVZ insoweit vergleichbar mit derjenigen einer Berufsausübungsgemeinschaft ist, die aus mehreren Ärzten besteht. Darüber hinaus sind auch die Regelungen des § 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V i. V. m. § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Ärzte-ZV anzuwenden, wonach die Versorgung der Versicherten an weiteren Orten verbessert und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Vertragsarztsitz (= Sitz des MVZ) nicht beeinträchtigt wird. Hiervon ist jedoch der Beklagte in Übereinstimmung mit der Auffassung der übrigen Beteiligten zutreffend ausgegangen. Im angefochtenen Bescheid wurde ausgeführt, dass zur Sicherung der ambulanten Versorgung im ländlichen Bereich des Planungsbereiches Ha. mit einer andernfalls drohenden Unterversorgung (60 %) den Vorgaben des § 23 Ärzte-ZV entspricht. Insbesondere die in § 24 Abs. 3 Satz 8 Ärzte-ZV geschaffene Möglichkeit, wonach ein Vertragsarzt für die Tätigkeit an dem weiteren Ort nach Maßgabe der Vorschriften Ärzte anstellen kann, spricht für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Beklagten, denn - entgegen der Auffassung der Klägerin - gibt es nach Auffassung der Kammer keine sachlichen Gründe, diese Bestimmung nicht auf MVZs entsprechend anzuwenden.

Darüber hinaus sind auch keine weiteren Regelungen ersichtlich, die der Entscheidung des Beklagten entgegenstehen.

Die Klage konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Gehört in einem Rechtszug - wie im vorliegenden Fall - weder die Klägerin noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden nach § 197 a SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sind dabei entsprechend anzuwenden. Im vorliegenden Fall waren danach der Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als dem unterliegenden Teil die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen und auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 9) (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Bezüglich des Streitwertes in Zulassungssachen finden nach § 197 a Abs. 1 SGG ebenfalls die Vorschriften des GKG Anwendung. Da im vorliegenden Fall jedoch die Zulassung der Beigeladenen zu 7) und 8) nicht streitig ist, sondern lediglich die Genehmigung zur Anstellung am Filialsitz, deren Wert nicht genau bestimmt werden kann, war nach Auffassung der Kammer hier der Regelstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG (5.000 Euro) zugrunde zu legen. Da hier zwei Genehmigungen streitig waren, war der Streitwert somit auf 10.000 Euro festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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