L 7 SO 3186/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 334/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3186/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Juni 2006 wird aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten der Mietwohnung im Rahmen der Sozialhilfe während der Inhaftierung der Klägerin.

Die 1970 geborene Klägerin bezog zwischen dem 23. Oktober 1996 und dem 30. November 2004 von der Beklagten mit Unterbrechungen Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Aachen vom 29. Juni 2004 (41 Gs 2527/04) befand sich die Klägerin ab diesem Tag bis zu ihrer Haftverschonung am 12. Oktober 2004 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Köln. Am 2. Juli 2004 teilte die Kriminalpolizei Karlsruhe (Kripo) der Beklagten mit, dass sie gegen die Klägerin, die sich seit dem 28. Juni 2004 nicht in Karlsruhe befinde, ermittele. Die Beklagte stellte daraufhin die Hilfegewährung zum 1. Juli 2004 ein. Am 3. August teilte die Kripo der Beklagten telefonisch mit, die Klägerin befinde sich in Untersuchungshaft in Köln, demnächst finde ein Haftprüfungstermin statt. Der Vermieter der Klägerin meldete sich am 9. August 2004 telefonisch bei der Beklagten und teilte einen Mietrückstand von zwei Monatsmieten mit. Bereits im Jahr 2003 hatte der Vermieter der Klägerin die Wohnung fristlos gekündigt, nachdem diese mit drei Monatsmieten in Verzug geraten war. Die damaligen Mietrückstände waren von der Beklagten im Rahmen einer einmaligen Beihilfe übernommen worden. Am 16. August 2004 sprach die Schwester der Klägerin bei der Beklagten vor. Ihr wurde mitgeteilt, dass die Klägerin einen Antrag auf Weitergewährung der Miete stellen müsse.

Am 20. September 2004 beantragte die Klägerin schriftlich die Übernahme der Mietkosten für ihre Wohnung in der L.str ... , Karlsruhe. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28. September 2004 ab und verwies darauf, dass der Vermieter mitgeteilt habe, bereits Räumungsklage eingereicht zu haben. Die Wohnung könne durch Übernahme der rückständigen Mieten daher nicht mehr gesichert werden, da es sich bereits um die zweite fristlose Kündigung innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes handele. Die Übernahme von Schuldverpflichtungen sei im Rahmen des BSHG nicht möglich.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens machte die Klägerin geltend, die fristlose Kündigung wegen des aufgelaufenen Mietrückstandes sei auf die Vorgehensweise der Beklagten zurückzuführen, da diese ohne Anhörung der Klägerin die Mietzahlungen eingestellt habe. Die Beklagte habe bei der Vorsprache der Schwester der Klägerin einen Antrag auf Übernahme der Mietkosten nicht entgegengenommen, so dass es der Klägerin aufgrund der längeren Postlaufzeiten im Rahmen der Untersuchungshaft erst am 20. September 2004 gelungen sei, den Antrag zu stellen. Die Ablehnung der Kostenübernahme mit der Begründung der fristlosen Kündigung der Wohnung trage das Gepräge des Ermessensmissbrauches.

Für Oktober 2004 erhielt die Klägerin Hilfe zum Lebensunterhalt unter voller Übernahme der Kosten der Unterkunft (Bescheid vom 21. Oktober 2004), für November 2004 wurden Hilfeleistungen ohne Kosten der Unterkunft übernommen (Bescheid vom 11. November 2004). Zum 1. Dezember 2004 bezog die Klägerin eine Wohnung in P ...

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Gewährung von Sozialhilfeleistungen sei grundsätzlich auf die Deckung eines aktuellen Bedarfes gerichtet. Durch die Untersuchungshaft sei der seinerzeitige Unterkunftsbedarf gedeckt gewesen. Es sei dem Träger der Sozialhilfe daher nicht möglich, die Wohnungsmiete während der Inhaftierung im Rahmen der §§ 11, 12 BSHG zu übernehmen. Eine Leistungsgewährung im Rahmen des § 15a BSHG komme nur in Betracht, wenn die Leistungsgewährung zu einer "Sicherung der Unterkunft" führen werde. Dies sei nicht der Fall, da die am 20. September 2004 ausgesprochene fristlose Kündigung der Wohnung trotz Übernahme der Mietrückstände wirksam geblieben wäre. Der Vermieter habe sich auch nicht bereit erklärt, die bereits ausgesprochene Kündigung zurückzunehmen. Eine Leistungsgewährung sei damit ausgeschlossen gewesen, die Frage der Ermessensausübung habe sich nicht gestellt. Darüber hinaus scheide eine Hilfegewährung auch deshalb aus, weil aufgrund des Auszugs der Klägerin zum 30. November 2004 eine Hilfegewährung nicht mehr dem gesetzlichen Zweck - Sicherung der Unterkunft - entsprechend erbracht werden könne (unter Hinweis auf OVG Nordrhein-Westfalen, FEVS 44, 457).

Hiergegen richtet sich die am 27. Januar 2005 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Erst das Verhalten der Beklagten habe zu den Mietrückständen und der fristlosen Kündigung durch den Vermieter der Klägerin geführt. Die Ansicht der Beklagten, dass eine Leistungsgewährung im Rahmen des § 15a BSHG ausgeschlossen sei, greife schon deshalb nicht, da es die Beklagte gewesen sei, die die Voraussetzungen hierfür vorsätzlich in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise herbeigeführt habe. Es könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen, dass durch mangelnde Mitwirkung der Beklagten die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null im Rahmen des § 15a BSHG geschaffen worden seien. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass einem Bewilligungsbescheid über den Bedarfsmonat hinaus kein Dauercharakter zukomme. In der Regel werde stillschweigend weitergezahlt, wenn die Verhältnisse gleich geblieben seien. Mit dem Wegfall der Leistungsvoraussetzungen gehe auch ein Wegfall der Leistungsgewährung durch den Sozialhilfeträger einher, ohne dass es einer "Einstellung" in Gestalt eines Verwaltungsaktes bedürfe. Daher sei auch kein Raum für die Durchführung einer vorherigen Anhörung. Erstmalig Anfang August habe die Beklagte Kenntnis von der Untersuchungshaft der Klägerin erhalten. Anlässlich der Vorsprache der Schwester der Klägerin sei diese darauf hingewiesen worden, dass eine Übernahme anfallender Mieten für die Klägerin bei einem nicht absehbaren Ende der Untersuchungshaft nicht erfolgen könne. Die Schwester habe bei jenem Gespräch erklärt, der anwaltliche Vertreter der Klägerin werde sich um diese Angelegenheit kümmern. Tatsächlich sei die Klägerin dann erstmalig am 20. September 2004 an die Beklagte herangetreten. Angesichts dieser zeitlichen Abfolge sei nicht erkennbar, wo im Handeln der Beklagten eine Pflichtverletzung liegen solle.

Mit Urteil vom 8. Juni 2006 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin für Juli und August 2004 im Rahmen laufender Hilfe zum Lebensunterhalt Aufwendungen für die Unterkunft im Anwesen L.str ... , 76131 Karlsruhe zu erbringen, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin ergebe sich nicht aus § 15a BSHG, da ein solcher Anspruch selbst dann, wenn er ursprünglich bestanden haben sollte, durch den Umzug zum 1. Dezember 2004 erloschen wäre. Für Oktober 2004 habe die Beklagte die Leistungen bereits in vollem Umfang bewilligt und unmittelbar an den Vermieter ausgezahlt, für den Monat November 2004 liege mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 11. November 2004 eine die Beteiligten bindende Entscheidung der Beklagten vor, so dass für diese Monate eine Übernahme der Kosten der Unterkunft nicht in Betracht komme. Der Anspruch für die Monate Juli und August 2004 ergebe sich aus §§ 11, 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG. Trotz Einsitzens der Klägerin in Untersuchungshaft habe in den Monaten Juli und August 2004 ein Unterkunftsbedarf bestanden. Die Untersuchungshaft sei befristet, so dass sich die Klägerin nur vorübergehend in der Justizvollzugsanstalt Köln aufgehalten habe. Der vorübergehende Aufenthalt habe den Bedarf für die bisherige Unterkunft nicht entfallen lassen. Die Untersuchungshaft habe bis zur Entlassung der Klägerin wegen Haftverschonung jederzeit beendet werden können, mit der Folge, dass die Klägerin in ihre bisherige Wohnung zurückkehren können müsse (unter Hinweis auf VG Münster, Urteil vom 20. Mai 2003 - 5 K 2855/99 - (juris)). Die Lage eines Untersuchungshäftlings sei vergleichbar mit Sachverhalten, bei denen sich der Betroffene lediglich nicht in seiner Wohnung aufhalte, etwa während eines Urlaubs oder Krankenhausaufenthalts. In allen diesen Fällen bleibe der bisherige Unterkunftsbedarf des Betroffenen unverändert bestehen.

Hiergegen richtet sich die am 23. Juni 2006 eingelegte Berufung der Beklagten. Der Ansicht des SG, der geltend gemachte Bedarf während der Untersuchungshaft sei im Rahmen der §§ 11, 12 BSHG zu berücksichtigen, sei nicht zu folgen. Im Gegensatz zu einem auswärtigen Urlaub sei der Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt in der Regel unfreiwilliger Natur und vollständig fremdbestimmt. Der Untersuchungshäftling könne nicht darüber befinden, ob und wann er die Untersuchungshaft antrete bzw. wann diese ende. Die zitierte Entscheidung des VG Münster sei Ausdruck einer einzelnen Mindermeinung. Von der herrschenden Meinung im Sozialhilferecht werde ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine während der Inhaftierung vorgehaltene Unterkunft auf § 15a BSHG gestützt (mit Nachweisen auf Rechtsprechung und Literatur). Eine Leistungsgewährung im Rahmen von § 15a BSHG setze voraus, dass diese "zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt sei". Scheide schon begrifflich eine Sicherung der Unterkunft aus, sei für eine Hilfegewährung kein Raum mehr.

Die Beklagte beantragt (teilweise sinngemäß):

Das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Juni 2006 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung trotz Abwesenheit der Beteiligten aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2007 entscheiden, da die Beteiligten in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsbestimmung hierauf hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat für den im Berufungsverfahren allein noch streitigen Zeitraum vom 1. Juli bis 31. August 2004 keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme der Mietkosten für die Wohnung in der L.str ... in Karlsruhe.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, entscheidend ist jedoch das zugrunde liegende materielle Recht (BSGE 41, 38; 43, 1; 89, 294; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 54 Rdnr. 34). In Sozialhilfesachen ist bei Verpflichtungsklagen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids maßgeblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1992 - 5 C 15/90 - BVerwGE 91, 254 und vom 15. April 1992 - 5 C 1/88 - FEVS 43, 19). Obgleich das BSHG gemäß Art. 68, 70 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022) zum 1. Januar 2005 aufgehoben worden ist, richtet sich der geltend gemachte Anspruch daher noch nach diesem Gesetz.

Entgegen der Auffassung des SG ergibt sich der geltend gemachte Anspruch der Klägerin nicht aus §§ 11, 12 BSHG. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG ist Hilfe zum Lebensunterhalt demjenigen zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Der notwendige Lebensunterhalt umfasst nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG u.a. die Unterkunft. Der auf der Grundlage von § 22 Abs. 5 BSHG erlassene § 3 Abs. 1 Satz 1 der Regelsatzverordung sieht vor, dass laufende Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt werden. Nach Satz 2 der Vorschrift sind Aufwendungen für die Unterkunft, die den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, so lange anzuerkennen, wie es den betroffenen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Die angemessenen Kosten der Unterkunft sind daher in tatsächlicher Höhe zu bewilligen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 - 5 C 14.95 - FEVS 47, 97). Die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten ist vorliegend nicht streitig, die Beklagte hat auch zuletzt für Oktober 2004 die vollen Kosten der Unterkunft in Höhe von 378,36 EUR übernommen (Bescheid vom 21. Oktober 2004). Voraussetzung für einen entsprechenden Hilfeanspruch ist jedoch ein aktueller Wohnbedarf, welcher durch die Mietzahlungen zu decken ist. Im Juli und August 2004 befand sich die Klägerin in Untersuchungshaft, so dass zu dieser Zeit ihr tatsächlicher Unterkunftsbedarf gedeckt war; § 12 BSHG gibt keinen Anspruch auf eine zusätzliche Unterkunft (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 22. Januar 1993 - 12 CE 92.3748 -; VG Frankfurt, Urteil vom 20. Januar 2003 - 7 E 6044/00 - (beide juris)). Die Gegenansicht (VG Münster, Urteil vom 20. Mai 2003, a.a.O.), der sich das SG angeschlossen hat, differenziert nicht zwischen dem tatsächlichen Unterkunftsbedarf und einem Unterkunftserhaltungsbedarf. Zutreffend ist, dass auch bei einer längeren Abwesenheit des Hilfebedürftigen etwa im Falle von Urlaub, Krankenhausaufenthalt oder Heilverfahren ein Wohnungserhaltungsbedarf für die Rückkehr bestehen kann, denn der Hilfebedürftige muss dann wieder "ein Dach über den Kopf" haben. Entsprechend differenziert auch das Bundesverwaltungsgericht in der vom SG wie auch vom VG Münster herangezogenen Entscheidung zur örtlichen Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers bei längeren Auslandsurlaubsreisen eines Sozialhilfeempfängers (BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1998 - 5 C 21/97 - FEVS 51, 145). In dieser Entscheidung wird ausdrücklich ausgeführt, dass der dortige Kläger in Folge einer dreimonatigen Urlaubsreise zwar keinen aktuellen notwendigen Wohnbedarf, möglicherweise jedoch einen Wohnungserhaltungsbedarf für die Rückkehr hatte. Ob ein Hilfeempfänger vom Sozialhilfeträger im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt die Übernahme der Wohnungskosten für die Zeit einer längeren Ortsabwesenheit verlangen könne, hänge von der sozialhilferechtlichen Notwendigkeit des Wohnungserhalts und den damit verbundenen Kosten ab, die sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles beurteilen ließen (BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1998, a.a.O.). Diese Ausführungen sprechen dafür, dass der Wohnungserhaltungsbedarf auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht nach § 12 BSHG, sondern nach § 15a BSHG zu beurteilen ist (so auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 22. Januar 1980 - 12.CE-1654/97 - FEVS 29, 14 und Beschluss vom 22. Januar 1993 a.a.O.; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 6. Januar 2000 - 4 Bs 413/99 - FEVS 52, 9; VG Frankfurt, Urteil vom 20. Januar 2003, a.a.O.; Birk in LPK-BSHG, 5. Auflage, § 15a Rdnr. 7; Dauber in Mergler/Zink, BSHG, Stand August 2004, § 15a Rdnr. 8a; Kunz in Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, Stand Juni 2003, § 15a Rdnr. 6 a.E.; a.A. OVG Berlin, Urteil vom 14. September 1978 - VI B 11.77 - FEVS 27, 142, 145). Nach alledem kann die Übernahme der Mietkosten während der Untersuchungshaft nicht auf §§ 11, 12 BSHG gestützt werden.

Ein Anspruch auf Übernahme der Mietkosten für die während der Untersuchungshaft vorgehaltene Unterkunft der Klägerin ergibt sich hier auch nicht aus § 15a Abs. 1 BSHG, denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 BSHG kann Hilfe zum Lebensunterhalt in Fällen, in denen nach den vorstehenden Bestimmungen die Gewährung von Hilfe nicht möglich ist, gewährt werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie soll gewährt werden, wenn sie gerechtfertigt und notwendig ist und ohne sie Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Eine entsprechende Hilfe muss folglich der Sicherung der Unterkunft dienen, setzt also voraus, dass mit ihr dem Hilfesuchenden die Unterkunft für eine nicht nur vorübergehende Zeit erhalten werden kann (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. April 1994 - 6 S 835/94 - (juris); Sächsisches OVG, Beschluss vom 18. Mai 1998 - 2 S 33/98 - FEVS 49, 77). Zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung im Dezember 2004 hatte die Klägerin die Wohnung in der L.str ... in Karlsruhe bereits aufgegeben und eine neue Wohnung bezogen. Schon aus diesem Grund bestand keine Unterkunft mehr, die durch die Zahlung der Mietschulden hätte gesichert werden können. Selbst ein eventuell bestehender Anspruch wäre durch die Räumung der Klägerin zum 30. November 2004 erloschen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Februar 1993 - 24 A 870/90 - FEVS 44, 457 ff.: Erlöschen des Anspruchs nach § 15a BSHG sogar dann noch angenommen, wenn die Räumung der Wohnung erst während des gerichtlichen Verfahrens erfolgt ist; Sächsisches OVG, Beschluss vom 18. Mai 1998, a.a.O.).

Auch § 72 BSHG scheidet als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch aus. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist bei Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Hilfe zu Überwindung dieser Schwierigkeiten zu gewähren, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift bestimmt, dass die Hilfe alle Maßnahmen umfasst, die no00twendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, was u.a. Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung umfasst. Die Erhaltung einer Wohnung während der Haft des Mieters kann folglich nach dieser Vorschrift in Betracht kommen (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 13. Dezember 1979 - VI S 77.79 - FEVS 28, 407; Kunz in Oestreicher/Schelter/Kunz, a.a.O., § 72 Rdnr. 13). Aber auch hier ist zu berücksichtigen, dass die Erhaltung der Wohnung der Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht mehr möglich war, so dass der Zweck der Norm nicht mehr erreichbar war.

Auch soweit tatsächlich für Juli und August 2004 noch Mietschulden bestehen sollten, kommt eine Übernahme durch die Beklagte nicht in Betracht. Es ist nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers, Schulden des Hilfesuchenden abzudecken und so Ansprüche Dritter zu befriedigen (vgl. BVerwGE 40, 59; 40, 343; 66, 342, 346; 92, 152, 155 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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