Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 AS 2353/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 6064/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 30. November 2009 streitig.
Die 1947 geborene Klägerin, die erwerbsfähig ist und weder über Einkommen noch Vermögen verfügt, bezieht seit 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. Die Klägerin ist verheiratet mit P.K.; P.K. bekommt seit Juni 2005 eine Regelaltersrente in Höhe von 665,89 EUR (ab Juli 2008) bzw. 681,93 EUR (ab Juli 2009) ausgezahlt. Die Klägerin bewohnt eine Wohnung in der M.-S.-Str ... in H., zu der ein Dachgeschosszimmer gehört, das von P.K. bewohnt wird. Die Eheleute haben eine Nutzungsgebühr für die Wohnung in Höhe von 262,88 EUR zu entrichten. Die Wohnung wird mit einem Holzofen beheizt; die Klägerin erhält durch den Beklagten gesondert für die Anschaffung von Holz Brennstoffbeihilfen.
Nachdem die Klägerin und P.K. geltend gemacht hatten, dass sie sich getrennt hätten, veranlasste der Beklagte einen Hausbesuch, der am 1. Juli 2005 stattfand. Ausweislich des Berichts des Mitarbeiters des Beklagten Leitz sei die Wohnung durch die Klägerin geöffnet worden. Ihr Ehemann habe sich ebenfalls in der Wohnung befunden. Beide Personen lebten nach ihren Angaben seit ca. einem halben Jahr getrennt. Als Grund für die Trennung hätten sie Streitigkeiten und Geldmangel angegeben. In der ehelichen Wohnung könne P.K. die Toilette und die Dusche nutzen, in Ausnahmefällen die Küche. Getrennte Kassen seien nach gemeinsamer Aussage vorhanden. Das gemeinsame Konto der Eheleute solle so lange bestehen bleiben, bis P.K. eine neue Wohnung gefunden habe. Zu den Wohnverhältnissen ist im Ermittlungsbericht verzeichnet, dass im Dachgeschoss des Anwesens sich ein abschließbares Zimmer befinde, das zu der Wohnung der Eheleute gehöre. Das Zimmer sei mit einem einfachen Bett, Tisch, Kühlschrank mit Inhalt, Kleiderschrank mit Inhalt und Ofen ausgestattet. Das Bett sei mit Bettzeug für eine Person gerichtet. Bei der Überprüfung des Schlüsselbundes des P.K. sei festgestellt worden, dass sich kein Wohnungsschlüssel für die eheliche Wohnung bei den Schlüsseln befinde. P.K. würde klopfen, wenn er die Toilette der Wohnung aufsuchen müsse. Das Ehebett in der Ehewohnung sei nur auf einer Bettseite mit Bettwäsche ausgestattet gewesen.
Der Beklagte ging ab Mai 2005 von einem Getrenntleben der Eheleute aus und gewährte der Klägerin die Regelleistung für Alleinstehende, einen krankheitsbedingten Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung im Hinblick auf eine von Dr. B. bescheinigte Hyperlipidämie und Hypertonie bei Adipositas sowie die Hälfte der Kosten der Unterkunft.
Am 22. Januar 2008 fand ein weiterer Hausbesuch durch den Außendienstmitarbeiter des Beklagten L. in der Wohnung der Klägerin statt. Danach lebe das Ehepaar K. seit 5 Jahren getrennt. Aus Geldmangel sei eine Scheidung nicht möglich. P.K. nutze die Toilette und Dusche in der Ehewohnung. Er erledige für die Klägerin den gesamten Schriftverkehr.
Am 20. Oktober 2008 beantragte die Klägerin die Weiterbewilligung der Leistungen. Der Beklagte veranlasste einen erneuten Hausbesuch. Der Außendienstmitarbeiter V. führte in seinem Ermittlungsbericht vom 12. November 2008 u.a. aus, dass er sowohl die Klägerin als auch P.K. am 8. November 2008 in der Wohnung angetroffen habe. Er habe sich das Zimmer von P.K. auf dem Dachboden angesehen. Dort sei ein kleiner Holzofen vorhanden, der "blitzblank" geputzt gewesen sei. Der Ofen habe ungenutzt gewirkt. P.K. habe betont, dass er Rentner wäre und sein Holz sich selbst kaufe. Das Zimmer von P.K. habe unbenutzt ausgesehen. Dieser habe sich zum Überprüfungszeitpunkt "ohne ersichtlichen Grund" in der Wohnung der Klägerin aufgehalten. Bad, Küche oder Toilette habe er nicht genutzt. Im Schlafzimmer der Klägerin hat der Außendienstmitarbeiter ein Doppelbett festgestellt, auf dem sich zwei gleiche Eindeckungen und zwei Kissen auf einer Tagesdecke befunden hätten. Im Schlafzimmerschrank der Klägerin hätten sich Kleidungsstücke ihres Ehemannes befunden. Angeblich bestünden im Zimmer von P.K. Platzprobleme, um die Kleidung zu lagern. Dieser wäre durchaus in der Lage, weitere Kleidung in seinem Zimmer selbst aufzubewahren (leere Kleiderständer). Die Inhalte des Gesprächs hätten gezeigt, dass P.K. über alles informiert sei. Nicht Gegenstand der Prüfung sei gewesen, ein gegebenenfalls eheähnliches Verhältnis festzustellen. Hierzu hätten sich aber Hinweise ergeben.
Daraufhin bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung der Rente des P.K. mit Bescheid vom 28. November 2008 für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009 der Klägerin Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von insgesamt 322,99 EUR (230,56 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 92,38 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung). Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass nach der Überprüfung der Wohnverhältnisse durch den Ermittlungsdienst er zur Erkenntnis gekommen sei, dass die Klägerin und P.K. nicht dauernd getrennt leben würden. Demnach bildeten die Klägerin und ihr Ehemann nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft, in der auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen sei. Gegen den Bescheid vom 28. November 2008 legte die Klägerin am 8. Dezember 2008 Widerspruch ein und reichte eine von ihr und ihrem Ehemann unterzeichnete Erklärung ein, wonach sie in dem ihnen noch verbleibenden Leben getrennt leben würden. Der Beklagte wies die Klägerin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens darauf hin, dass erhebliche Zweifel an der Trennung aufgrund des im November 2008 durchgeführten Hausbesuchs bestünden, und bat die Klägerin vor einer abschließenden Entscheidung über den Widerspruch um eine Stellungnahme (Schreiben vom 4. Februar 2009).
Die Klägerin nahm gegenüber dem Beklagten dahingehend Stellung, dass die Mitteilung des Außendienstes nicht korrekt sei. In den meisten Fällen erledige sie den Schriftverkehr selbst. Wenn sie Hilfe benötige, komme ihr Ehemann ihr zu Hilfe. In ihrem Kleiderschrank in der Wohnung befänden sich teilweise die Kleider von P.K., weil dessen Schrank kaputt sei. Der Ofen im Zimmer werde geheizt, wenn er gebraucht werde. Sie und P.K. hätten immer das gleiche Girokonto.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2009 änderte der Beklagte seinen Bewilligungsbescheid vom 28. November 2008 und setzte den monatlichen Gesamtbetrag für den Bewilligungsabschnitt vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009 nun auf 354,86 EUR (223,43 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 131,43 EUR Kosten für Unterkunft) fest, wogegen die Klägerin Widerspruch einlegte.
Der Beklagte wies die klägerischen Widersprüche als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheide vom 16. Februar und 15. April 2009). Es bestünden keinerlei Zweifel, dass die Klägerin nach wie vor mit ihrem Ehemann zusammenlebe. Das schlichte Trennen der Schlafzimmer führe nicht dazu, dass ein Trennungswille bestehe.
Am 6. Mai 2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Nach § 21 Abs. 5 SGB II stehe ihr aus medizinischen Gründen ein Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung zu. Aus gesundheitlichen Gründen hätten sich sie und P.K. getrennt. P.K. wohne im gleichen Haus im Dachgeschoss in einem Zimmer; er brauche seine kleine Rente für sich alleine. Gesetzlich stehe ihr zum Lebensunterhalt ein Betrag von monatlich 350,00 EUR zu.
Auf Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 27. April 2009 für den Monat Juni 2009 Alg II in Höhe von 288,89 EUR (157,55 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 131,43 EUR Kosten für Unterkunft) und für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. November 2009 monatlich 279,94 EUR (148,51 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 131,43 EUR für Unterkunft). Den Widerspruch der Klägerin (Schreiben vom 29. April 2009) wies der Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2009).
Dagegen erhob die Klägerin am 11. Mai 2009 Klage zum SG, die unter dem Aktenzeichen S 19 AS 2381/09 geführt und vom SG am 3. September 2009 zum Rechtsstreit S 19 AS 2353/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurde.
Im Laufe des Rechtsstreits änderte der Beklagte seinen Bewilligungsbescheid vom 27. April 2009 im Hinblick auf die Erhöhung der Regelleistung zum 1. Juli 2009 und setzte das Alg II für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. November 2009 auf monatlich 286,94 EUR (155,51 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 131,43 EUR Kosten für Unterkunft) fest (Bescheid vom 6. Juni 2009).
Das SG hat am 3. September 2009 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt, in dem es die Klägerin persönlich angehört und P.K. als Zeugen vernommen hat. Hinsichtlich des Ergebnisses der persönlichen Anhörung der Klägerin und der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des SG vom 3. September 2009 Bezug genommen (Bl. 46/51 SG-Akten).
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2009 abgewiesen. Die Klägerin habe im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Der Beklagte habe zu Recht eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann angenommen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhielten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 SGB II sei der, der seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend mit eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II seien bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II gehörten zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte. Ein Getrenntleben liege dann vor, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die Klägerin und ihr Ehemann nicht dauernd getrennt lebten und somit weiterhin eine Bedarfsgemeinschaft zwischen ihnen bestehe. Zwar bewohne der Ehemann ein eigenes Zimmer außerhalb der Wohnung der Klägerin. Er nutze jedoch Bad, Toilette und nach Angaben der Klägerin auch die Küche in der Wohnung. Der Zeuge P.K. habe dagegen vorgetragen, die Küche und den Kühlschrank der Klägerin nie genutzt zu haben. Diesen Vortrag halte das SG jedoch für unglaubwürdig, insbesondere die Behauptung, er habe die letzten zehn Jahre nie einen Kühlschrank benötigt und sämtliche Lebensmittel bei sich unter dem Dach aufbewahrt, auch im Sommer. Für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft spreche ebenfalls das Vorbringen des Zeugen P.K., dass eine Scheidung deshalb nicht erfolge, weil sich die Eheleute im Alter gegenseitig helfen wollten. Auch unterstütze der Zeuge P.K. die Klägerin in sämtlichen Behördenangelegenheiten und Klageverfahren und verfasse sämtliche Schriftsätze für sie. Ebenfalls erscheine es unglaubwürdig, dass eine Scheidung der Eheleute trotz einer angeblichen zehnjährigen Trennung nicht erfolgt sei, weil dafür kein Geld da sei. Diesbezüglich hat das SG darauf hingewiesen, dass für ein Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe beantragt werden könne. Diese Möglichkeit dürfte der Klägerin und ihrem Ehemann bekannt sein, da die Klägerin in sämtlichen Verfahren vor dem SG Prozesskostenhilfe beantrage. Es erscheine zudem nicht glaubwürdig, dass bei einem angeblich schon seit zehn Jahren bestehenden Trennungswillen der Ehemann nicht in eine eigene Wohnung gezogen sei. Innerhalb dieser langen Zeit sei es auch Personen mit geringem Einkommen möglich, eine eigene Wohnung zu finden, wenn ernsthaft danach gesucht werde. Weiterhin spreche gegen eine Aufhebung der Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft, dass die Klägerin sich nach wie vor um die Wäsche ihres Mannes kümmere, weiterhin Zugriff auf sein Konto habe und sich kein eigenes Konto einrichte. Da nach alledem eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann vorliege, habe der Beklagte zutreffend Einkommen bzw. Unterhaltszahlungen des Zeugen P.K. bei der Leistungsberechnung berücksichtigt. Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, betrage die Regelleistung jeweils 90 v.H. der Regelleistung eines Alleinstehenden (§ 20 Abs. 3 SGB II). Somit habe der Beklagte auch korrekt bei der Leistungsberechnung der Klägerin nur 90% der Regelleistung zugrunde gelegt. Die Klägerin habe ebenfalls keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwendiger Ernährung. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedürften, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Die Klägerin leide an Diabetes mellitus Typ II. Das SG gehe in Übereinstimmung mit dem Beklagten davon aus, dass bei dieser Erkrankung die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II nicht gerechtfertigt sei. Bis zum 30. November 2008 habe der Beklagte einen Mehrbedarf in Anlehnung an die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierten Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe in der 2. Auflage von 1997 gewährt. Bei der Einstellung der Gewährung des Mehrbedarfs folge der Beklagte der überarbeiteten Empfehlung des Deutschen Vereins vom Oktober 2008. Zwar habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2008 (B 14/7B AS 64/06 R) ausgeführt, diese Empfehlungen könnten nur als Orientierungshilfe dienen, nicht jedoch als antizipiertes Sachverständigengutachten herangezogen werden. Diese Entscheidung basiere jedoch auf der Begründung, dass die damaligen Empfehlungen bereits über zehn Jahre alt seien und nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass die Empfehlungen in allen Punkten allgemeine und im Wesentlichen unumstrittene aktuelle Erfahrungswerte wiedergeben. Die von dem Beklagten zugrunde gelegten neuen Empfehlungen in der 3. Auflage vom Oktober 2008 basierten nun auf neuesten medizinischen Erkenntnissen. Damit seien die vom BSG in der genannten Entscheidung vorgetragenen Bedenken ausgeräumt, sodass diese Empfehlungen wieder als antizipiertes Sachverständigengutachten herangezogen werden könnten. Nach diesen neuesten Empfehlungen sei ein Mehrbedarf nunmehr nur noch bei verzehrenden Erkrankungen, bei Niereninsuffizienz und bei Zöliakie zu gewähren. Die Klägerin leide jedoch an keiner der genannten Erkrankungen. Bei Diabetes mellitus werde in den Empfehlungen ausdrücklich davon ausgegangen, dass in der Regel ein krankheitsbedingter Mehraufwand zu verneinen und lediglich eine Ernährung mit Vollkost erforderlich sei. Im Regelsatz nach § 20 Abs. 2 SGB II sei ein Anteil für eine vollwertige Ernährung enthalten. Somit sei die bei der Klägerin benötigte Ernährungsform Vollkost vollständig vom Regelsatz umfasst. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise besondere Umstände vorliegen, die auch bei Ernährung mit Vollkost einen höheren Bedarf rechtfertigten, seien nicht ersichtlich.
Gegen den ihr am 16. Dezember 2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. Dezember 2009 eingelegte Berufung der Klägerin. Sechs Klagen mit verschiedenen Leistungsbescheiden seien von der 19. Kammer des SG beiseitegeschoben worden. Im Land Baden-Württemberg würden die Gesetze von den Behörden und Richtern missbraucht und verdreht, sodass der kleine Mann überhaupt keine Chance zum Überleben habe. Sie - die Klägerin - sei krank und werde von den Behörden verfolgt und finanziell abgezapft. Ihr sei das Alg II teilweise gestrichen worden. Zur Sicherung des Lebensunterhalts stünden ihr 351,00 EUR sowie ein Mehrbedarf aus medizinischen Gründen wegen kostenaufwendiger Ernährung in Höhe von monatlich 120,00 EUR zu. P.K. bekomme eine kleine Rente, aber diese reiche für ihn selbst nicht.
Die Klägerin beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Dezember 2009 aufzuheben, 2. unter Abänderung des Bescheids vom 28. November 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. April 2009 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Regelleistung in Höhe von 351,00 EUR sowie eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von monatlich 120,00 EUR zu gewähren, 3. unter Abänderung des Bescheids vom 27. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2009 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Regelleistung von monatlich 351,00 EUR sowie eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung von monatlich 120,00 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist zur Begründung auf ihre getroffene Entscheidung.
Der Senat hat den behandelnden Arzt der Klägerin als sachverständigen Zeugen schriftlich einvernommen. Der Internist Dr. B. teilte mit Schreiben vom 2. Mai 2011 mit, dass die Klägerin seit 2008 in seiner regelmäßigen Behandlung mit zwei Arzt-Patienten-Kontakten pro Quartal sei. Bei der Klägerin liege eine Hypertonie, eine Gonarthrose beidseits, Spreizfüße mit Hallux-Valgus beidseits, ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit Fehlhaltung der Wirbelsäule, eine chronische venöse Insuffizienz bei Zustand nach Varizen-Operation, eine Innenohrerkrankung, Schlafstörung, Migräne und eine Fettstoffwechselstörung vor. Das maßgebliche Leiden der Klägerin liege auf orthopädischem Gebiet. Die Klägerin sei angehalten, eine kohlenhydrat- und fettarme Kost einzuhalten. Eine konsumierende Erkrankung sei nicht bekannt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens bilden die Bescheide vom 28. November 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. April 2009 und vom 27. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2009 in der Fassung des - nach § 96 SGG in das Verfahren einzubeziehenden -Änderungsbescheids vom 6. Juni 2009, mit dem der Beklagte für die Bewilligungsabschnitte vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009 und vom 1. Juni bis zum 30. November 2009 über die Gewährung von Alg II entschieden hat.
3. Der Klägerin steht gegen den Beklagten für den Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 30. November 2009 kein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als die bewilligten Beträge zu.
a. Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben gemäß § 7 Abs. 1 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Streitig ist vorliegend allein, in welcher Höhe der Klägerin Leistungen zustehen. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus seinen eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr.2), sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
b. Die Klägerin erzielte im oben genannten Zeitraum kein Einkommen und verfügte über kein zu berücksichtigendes Vermögen. Jedoch war bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu beachten, dass sie mit P.K. eine Bedarfsgemeinschaft bildete mit der Folge, dass bei der Bestimmung der Hilfebedürftigkeit auch das Einkommen des P.K. in diesem Zeitraum zu berücksichtigen war (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II gehört als Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte zur Bedarfsgemeinschaft. Bei der Auslegung des Begriffs des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II folgt das BSG (Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 49/09 R -) den Grundsätzen, die zum familienrechtlichen Begriff des "Getrenntlebens" entwickelt worden sind. Neben einer räumlichen Trennung setzt dies einen Trennungswillen voraus (§ 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die gesetzliche Definition des Getrenntlebens stellt auf die auch äußerlich wahrnehmbare Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft sowie den Willen mindestens eines der Ehegatten, die Gemeinschaft nicht wiederherstellen zu wollen, ab. Zum anderen muss dieser Wille sein Motiv darin haben, dass der trennungswillige Gatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (vgl. nur Ey in MüKo-BGB, § 1567 Rdnr. 10 f.; Neumann in Bamberger/Roth, Beck´scher Online-Kommentar BGB, § 1567 Rdnr. 2; Kemper in Hk-BGB, § 1567 Rdnr. 3). Deutlich erkennbar ist die Trennung da, wo sie durch Auszug aus der bis dahin geführten Hausgemeinschaft, Einzug in eine andere Wohnung und das Führen zweier weitgehend getrennter Haushalte sichtbar wird (vgl. Neumann a.a.O. Rdnr.2). Das Getrenntleben nach § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB kann auch innerhalb der Ehewohnung organisiert werden. Dies ist dann problemlos, wenn die Wohnung oder das Einfamilienhaus genügend Raum bietet, um zwei weitgehend getrennte Lebensbereiche einrichten zu können. Die häusliche Gemeinschaft besteht dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung eine weitestmögliche Trennung herbeigeführt haben und keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen, in dem die jeweils privaten Bereiche, vor allem zum Wohnen und Schlafen, strikt aufgeteilt sind (vgl. nur BGH, NJW 1979, 105; Neumann a.a.O. Rdnr. 3), wobei die Organisation des Getrenntlebens innerhalb der Ehewohnung konkret dargelegt werden muss.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wobei der Senat die Zeugenaussage des P.K. im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG am 3. September 2009 im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat, ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin und P.K. weiterhin in einer ehelichen Gemeinschaft entsprechend dem von ihnen gewählten Ehemodell leben. Zunächst hat der Senat erhebliche Zweifel, ob die für ein Getrenntleben erforderliche äußerlich wahrnehmbare Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft in der von der Klägerin und P.K. bewohnten Ehewohnung, die auch das Zimmer im Dachgeschoss umfasst, tatsächlich vorliegt. Die Zweifel begründen sich darin, dass die Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes zum Zeitpunkt der Trennung äußerst widersprüchlich sind. So hat P.K. in dem Antragsformular vom 3. September 2004 verzeichnet, dass sie seit 1961 verheiratet seien; die Frage nach dem Getrenntleben hat er nicht bejaht. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2004 brachte er erstmals vor, dass sich die Klägerin von ihm getrennt habe. Mit Schreiben vom 9. Januar 2005 machten beide geltend, dass sie aus finanziellen Gründen auseinandergegangen seien. Auch im Rahmen des Hausbesuchs im Juli 2005 gaben sie an, dass sie seit ca. einem halben Jahr, mithin seit Ende 2004/Anfang 2005 getrennt leben würden. Demgegenüber gab die Klägerin in den Folgenanträgen an, dass sich keine Änderungen in den persönlichen Verhältnisses ergeben hätten, und berief sich nicht auf eine Trennung von ihrem Ehemann. Im Rahmen eines weiteren Hausbesuchs im Januar 2008 gab die Klägerin nunmehr an, eine Trennung bestehe seit ca. 5 Jahren, mithin seit Ende 2002/Anfang 2003. Im Erörterungstermin am 3. September 2009 brachte die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem SG vor, sie und P.K. hätten sich vor ca. 10 Jahren getrennt, also im Herbst 1999. Dagegen hat P.K. als Zeuge bekundet, er lebe seit 1991 eigentlich nicht mehr mit der Klägerin zusammen. Damals sei er in sein jetziges Zimmer gezogen. Für den Senat sind diese widersprüchlichen und erheblich voneinander abweichenden Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes nicht nachvollziehbar. Es ist dem Senat nicht verständlich, aus welchen Gründen sie den Zeitpunkt ihrer Trennung nicht benennen können, zumal die dauerhafte Trennung ein gravierendes und einschneidendes Ereignis im Lebens eines jeden Ehegatten darstellt, das jedenfalls ansatzweise erinnerlich sein müsste. Auch dem Ermittlungsbericht des Außendienstmitarbeiters Vogelbach, den er aufgrund seines Hausbesuchs am 12. November 2008 verfasst hat, lassen sich deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Klägerin und P.K. die häusliche Gemeinschaft nicht vollständig aufgehoben haben. So war P.K. in der Ehewohnung anwesend und über die Belange der Klägerin gut informiert. Das Zimmer im Dachgeschoss machte einen unbewohnten Eindruck. Das Ehebett in der Ehewohnung war beidseitig bezogen. Aber auch die Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes im Erörterungstermin vom 3. September 2009 sprechen gegen eine weitestgehende Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft. So hat die Klägerin eingeräumt, dass P.K. Küche und Bad in der Ehewohnung weiterhin nutzt, seine Kleidung teilweise im gemeinsamen Schlafzimmerschrank unterbringt, und sie für P.K. ab und zu kocht und immer die Wäsche wäscht. Auch besteht ein gemeinsames Konto, auf das jeder Ehegatte zugreifen kann. Weiterhin hat die Klägerin angegeben, dass ihr Ehemann den gesamten Schriftverkehr für sie erledigt und über ihre finanzielle Situation Bescheid weiß. Weitgehend übereinstimmend hat der Zeuge P.K. bekundet, dass er Toilette und Dusche in der Ehewohnung benutzt, ein gemeinsames Konto besteht, auf das die Klägerin zugreifen kann, die Klägerin seine Wäsche wäscht und bügelte. Auch hat er ausgeführt, dass die Klägerin alle Bankgeschäfte erledige. Vor diesem Hintergrund ist dem Senat eine Änderung des ursprünglich einvernehmlich gebildeten bzw. über Jahre praktizierten Ehemodells, das nicht zwingend eine häusliche Gemeinschaft vorsehen muss, nicht ersichtlich. Auch kann der Senat einen Trennungswillen, d.h. den Willen eines der Ehegatten, die Gemeinschaft nicht wiederherstellen zu wollen, nicht feststellen. Gegen einen solchen Trennungswillen spricht, dass die Eheleute bisher keinerlei Anstrengungen unternommen haben, ihre Ehe scheiden zu lassen. Auch in beengten wirtschaftlichen Verhältnisses ist bei Vorhandensein eines entsprechenden Willens die Durchführung eines gerichtlichen Scheidungsverfahrens möglich und üblich, gegebenenfalls nach der Gewährung von Prozesskostenhilfe. Weiterhin spricht gegen den erforderlichen Trennungswillen, dass es den Ehegatten nicht gelungen ist, ihre Lebensbereiche vollständig zu trennen, sondern sie sich im Alltag gegenseitig helfen und unterstützen. Der fehlende Trennungswille kommt schließlich deutlich in der Bekundung des Zeugen P.K. zum Ausdruck, dass eine Scheidung auch deshalb unterblieben ist, weil sich die Eheleute im Alter gelegentlich helfen müssten. Damit halten sie gerade an der für die Ehe typischen Verantwortungsgemeinschaft fest.
Gegen die Einbeziehung des P.K. in die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin bestehen keine Bedenken. Der Grundgedanke der Bedarfsgemeinschaft beruht auf der Annahme, dass in dieser Gemeinschaft alle Mitglieder füreinander Verantwortung auch im finanziellen Sinne übernehmen. Erst nachrangig, wenn die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ihren Bedarf nicht gemeinsam decken können, sind Grundsicherungsleistungen zu gewähren. Die Vermutung einer gegenseitigen Bedarfsdeckung hat der Gesetzgeber des SGB II daher nicht vorrangig mit dem Vorhandensein von Unterhaltsansprüchen verbunden, sondern an die in § 7 Abs. 3 SGB II im Einzelnen aufgeführten tatsächlichen Umstände geknüpft (vgl. BSG, Urteile vom 15.April 2008 - B 14/7B AS 58/06 R -; vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 49/09 R -). Mit dem Anknüpfen an den Status der Ehe in § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGBII unterstellt der Gesetzgeber im Sinne einer verwaltungspraktischen Anwendung der SGB II-Vorschriften vielmehr regelmäßig das Vorhandensein einer durch Ehe und Familie typischerweise gegebenen wirtschaftlichen und sonstigen Lebenssituation. Dabei liegt es im Wesen einer typisierenden gesetzlichen Verallgemeinerung, dass mit dem Bezug auf bestimmte tatsächliche Verhältnisse bzw. sozialtypische Befunde eine weite, allen betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einbeziehende Betrachtung stattfindet. Hierbei darf sich der Gesetzgeber grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen aufzunehmen (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 49/09 R -). Es soll gerade nicht bei jeder Gestaltungsform der Ehe im Einzelfall geprüft werden, ob mit ihr auch eine bestimmte Form des Zusammenlebens und Wirtschaftens verbunden ist.
c. Unter Anrechnung des Einkommens ihres Ehemannes, der selbst nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II wegen des Bezugs einer Altersrente vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen ist, was aber der Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin nicht entgegensteht (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7B AS 58/06 R -), hat die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Dabei berechnet sich die Höhe des Bedarfs der Klägerin aus dem ihr zustehenden Regelsatz in einer Höhe von 316,- EUR bzw. ab 1. Juli 2009 von 323,- EUR (§ 20 Abs. 3 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung [a.F.] i.V.m. den Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II vom 20. Juni 2008 [BGBl. I, S. 1102] und vom 17. Juni 2009 [BGBl. I, S. 1342]). Hinzu kommen die anteiligen Kosten der Unterkunft in Höhe von 131,44 EUR, wobei die Unterkunftskosten hälftig zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann aufzuteilen sind, da sie die Wohnung, die auch das Zimmer im Dachgeschoss umfasst, gemeinsam nutzen (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14/7b AS 8/07 R -). Die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für Heizung übernimmt der Beklagte durch gesonderte Brennstoffbeihilfen, so dass sich die Heizkosten) im Rahmen der laufenden Leistungen nicht bedarfserhöhend auswirken.
Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II ist zugunsten der Klägerin nicht zu berücksichtigen. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin an einer Krankheit leidet und sie deshalb aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedarf. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Als Erkrankungen, die einen ernährungsbedingten Mehrbedarf verursachen können, kommt lediglich eine Hypertonie und eine Fettstoffwechselstörung in Betracht. Eine Erkrankung, die einen erhöhten Energiebedarf und insoweit höhere Kosten für Ernährung verursacht, konnte durch die sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. B. ausgeschlossen werden. Auch aufgrund der vorliegenden Hypertonie und Fettstoffwechselstörung bedarf die Klägerin nicht einer kostenaufwendigen Ernährung. Denn nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist bei diesen Erkrankungen eine Ernährungsform, die einen finanziellen Mehraufwand bedeutet, nicht erforderlich. Aufgrund der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Stand 01. Oktober 2008, ist ein ernährungsbedingter Mehrbedarf weder bei Hypertonie noch bei Hyperlipidämie anzunehmen; der noch in den Empfehlungen des Vereins Stand 1997 angenommene Standpunkt wurde darin revidiert. Danach (vgl. Ziffer 4 ff. der Empfehlungen) ist unter anderem bei Diabetes mellitus gleich welchen Typs, Hypercholesterinämie (Hyperlipidämie) und arterieller Hypertonie ein krankheitsbedingt erhöhter Mehrbedarf zu verneinen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 2003) bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt. Ob es sich bei den Empfehlungen des Deutschen Vereins um ein antizipiertes Sachverständigengutachten handelt (bejahend: z.B. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. Dezember 2008 - L 8 B 386/08 - und Urteil vom 09. März 2009 - L 8 AS 68/08 -; LSG Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 03. Februar 2009 - L 9 B 339/08 AS -; LSG Sachsen, Urteile vom 27. August 2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22. Juni 2009 - L 7 AS 250/08 -; LSG Bayern, Urteil vom 23. April 2009 - L 11 AS 124/08 -) und ob insoweit eine Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 27. Februar 2008 (B 14/7 B AS 64/06 R) vorliegt, kann offenbleiben (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Oktober 2010 - L 19 AS 1140/10). Die Empfehlungen des Deutschen Vereins haben nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG jedenfalls den Charakter einer Orientierungshilfe. Sie können im Regelfall zur Feststellung des angemessenen Mehrbedarfs im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II herangezogen werden (Urteile des BSG vom 27. Februar 2008 - B 14/7 B AS 64/06 R - sowie B 14/7 B AS 32/06 R; Urteil des BSG vom 25.04.2008 - B 14 /11 B AS 3/07 R -). Die Empfehlungen gelten nur dann nicht, wenn im Einzelfall anzustellende Ermittlungen Hinweise auf einen von den Empfehlungen abweichenden Mehrbedarf ergeben (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 a.a.O.). Abweichungen von den Empfehlungen sind auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründungsbedürftig (Beschluss vom 20. Juni 2006 - 1 BvR 2673/05 -). Vorliegend ist weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus der Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. B. ersichtlich, dass und aus welchen Gründen von den Empfehlungen abzuweichen ist. Soweit Dr. B. ausführt, dass die Klägerin eine kohlenhydrat- und fettarme Kost einzuhalten habe, begründet dies keine von der Vollkost, definiert als eine Kost, die den Bedarf an essenziellen Nährstoffen deckt (1.), in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt (2.), Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und auch zur Therapie berücksichtigt (3.) und in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1. - 3. nicht tangiert werden (4.), abweichende Kostform. Dessen Empfehlungen können im Rahmen der Vollkost umgesetzt werden. Der Kostenaufwand für eine Ernährung mit Vollkost wird nach einer in die Empfehlungen des Deutschen Vereins eingegangenen wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum Thema: Lebensmittelkosten für eine vollwertige Ernährung, April 2008 durch den bei der Bemessung des Regelsatzes für Ernährung eingeflossenen Betrag gedeckt (http://www.dge.de/pdf/ws/Lebensmittelkosten-vollwertige-Ernaehrung.pdf). Es muss daher nunmehr als wissenschaftlich gesichert gelten, dass Vollkost nicht teurer als "normale ungesunde" Kost ist, oder doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes finanziert werden kann (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2009 - L 12 AS 4179/08 - m.w.N.). Einzelfallbezogene Ermittlungen, welchen Kostenaufwand eine vollwertige Ernährung verursacht, sind daher vorliegend nicht erforderlich.
Auch die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte verfassungswidrige Ermittlung der Regelleistung (vgl. Urteil vom 09. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 -) führt nicht dazu, dass die Klägerin eine höhere Regelleistung verlangen kann. Denn das Bundesverfassungsgericht konnte gerade nicht feststellen, dass die gesetzlich festgesetzten Regelleistungsbeträge unzureichend sind, daher sah es den Gesetzgeber nicht unmittelbar von Verfassungs wegen als verpflichtet an, für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB II ab 01. Januar 2005 höhere Leistungen festzusetzen. Da die Vorschriften des SGB II weiterhin anwendbar sind und der Gesetzgeber nach den Ausführungen in den Urteilsgründen nicht zu einer rückwirkenden Neuregelung verpflichtet ist, steht fest, dass es bei dem im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund von § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II festgesetzten Regelleistungsbetrag bleibt und die Klägerin mit ihrem Begehren auf höhere Leistungen nicht durchdringen kann (bspw. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2010 - 1 BvR 395/09 -). Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderungen des Zweiten und Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch vom 23. März 2011 (BGBl. I, S. 453 ff.) mit Wirkung zum 1. Januar 2011 den Regelbedarf für alleinstehende Personen auf monatlich 364,- EUR festgesetzt, ohne jedoch eine Änderung für die Vergangenheit vorzunehmen. Schließlich liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Klägerin aus sonstigen Gründen, insbesondere wegen eines Mehrbedarfs (§ 21 SGB II), ein Anspruch auf höhere Leistungen zusteht.
Demnach belief sich der monatliche Bedarf der Klägerin in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 30. Juni 2009 auf 447,44 EUR und für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. November 2009 auf 454,44 EUR. Dem stand das zu berücksichtigende Einkommen ihres Ehemannes von monatlich 665,89 netto und ab 1. Juli 2009 von 681,93 EUR netto (nach Absetzung von Krankenversicherungsbeiträgen, § 11 Abs. 2 Nr. 2 SGB II a.F.) gegenüber, wobei dieses um die Versicherungspauschale von 30,- EUR zu bereinigen ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V). Von diesem Einkommen ist der Bedarf des nicht leistungsberechtigten Ehemannes abzuziehen, der sich wie bei der Klägerin auf 447,44 EUR und ab 1. Juli 2009 auf 454,44 EUR belief. Auch insoweit sind Anhaltspunkte weder für einen ernährungsbedingten Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II noch für andere Mehrbedarfe ersichtlich. Demnach verbleiben 188,45 EUR und ab 1. Juli 2009 197,49 EUR als Einkommen, die auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen sind. Daraus folgt, dass der von dem Beklagten für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2008 bewilligte monatliche Betrag von 354,86 EUR den ungedeckten Bedarf der Klägerin von 258,99 EUR sogar übersteigt. Auch für Juni 2009 (288,89 EUR anstatt 258,99 EUR) und die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. November 2009 (286,94 EUR anstatt 256,95 EUR) übersteigt der bewilligte Leistungsbetrag den ungedeckten Bedarf der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 30. November 2009 streitig.
Die 1947 geborene Klägerin, die erwerbsfähig ist und weder über Einkommen noch Vermögen verfügt, bezieht seit 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. Die Klägerin ist verheiratet mit P.K.; P.K. bekommt seit Juni 2005 eine Regelaltersrente in Höhe von 665,89 EUR (ab Juli 2008) bzw. 681,93 EUR (ab Juli 2009) ausgezahlt. Die Klägerin bewohnt eine Wohnung in der M.-S.-Str ... in H., zu der ein Dachgeschosszimmer gehört, das von P.K. bewohnt wird. Die Eheleute haben eine Nutzungsgebühr für die Wohnung in Höhe von 262,88 EUR zu entrichten. Die Wohnung wird mit einem Holzofen beheizt; die Klägerin erhält durch den Beklagten gesondert für die Anschaffung von Holz Brennstoffbeihilfen.
Nachdem die Klägerin und P.K. geltend gemacht hatten, dass sie sich getrennt hätten, veranlasste der Beklagte einen Hausbesuch, der am 1. Juli 2005 stattfand. Ausweislich des Berichts des Mitarbeiters des Beklagten Leitz sei die Wohnung durch die Klägerin geöffnet worden. Ihr Ehemann habe sich ebenfalls in der Wohnung befunden. Beide Personen lebten nach ihren Angaben seit ca. einem halben Jahr getrennt. Als Grund für die Trennung hätten sie Streitigkeiten und Geldmangel angegeben. In der ehelichen Wohnung könne P.K. die Toilette und die Dusche nutzen, in Ausnahmefällen die Küche. Getrennte Kassen seien nach gemeinsamer Aussage vorhanden. Das gemeinsame Konto der Eheleute solle so lange bestehen bleiben, bis P.K. eine neue Wohnung gefunden habe. Zu den Wohnverhältnissen ist im Ermittlungsbericht verzeichnet, dass im Dachgeschoss des Anwesens sich ein abschließbares Zimmer befinde, das zu der Wohnung der Eheleute gehöre. Das Zimmer sei mit einem einfachen Bett, Tisch, Kühlschrank mit Inhalt, Kleiderschrank mit Inhalt und Ofen ausgestattet. Das Bett sei mit Bettzeug für eine Person gerichtet. Bei der Überprüfung des Schlüsselbundes des P.K. sei festgestellt worden, dass sich kein Wohnungsschlüssel für die eheliche Wohnung bei den Schlüsseln befinde. P.K. würde klopfen, wenn er die Toilette der Wohnung aufsuchen müsse. Das Ehebett in der Ehewohnung sei nur auf einer Bettseite mit Bettwäsche ausgestattet gewesen.
Der Beklagte ging ab Mai 2005 von einem Getrenntleben der Eheleute aus und gewährte der Klägerin die Regelleistung für Alleinstehende, einen krankheitsbedingten Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung im Hinblick auf eine von Dr. B. bescheinigte Hyperlipidämie und Hypertonie bei Adipositas sowie die Hälfte der Kosten der Unterkunft.
Am 22. Januar 2008 fand ein weiterer Hausbesuch durch den Außendienstmitarbeiter des Beklagten L. in der Wohnung der Klägerin statt. Danach lebe das Ehepaar K. seit 5 Jahren getrennt. Aus Geldmangel sei eine Scheidung nicht möglich. P.K. nutze die Toilette und Dusche in der Ehewohnung. Er erledige für die Klägerin den gesamten Schriftverkehr.
Am 20. Oktober 2008 beantragte die Klägerin die Weiterbewilligung der Leistungen. Der Beklagte veranlasste einen erneuten Hausbesuch. Der Außendienstmitarbeiter V. führte in seinem Ermittlungsbericht vom 12. November 2008 u.a. aus, dass er sowohl die Klägerin als auch P.K. am 8. November 2008 in der Wohnung angetroffen habe. Er habe sich das Zimmer von P.K. auf dem Dachboden angesehen. Dort sei ein kleiner Holzofen vorhanden, der "blitzblank" geputzt gewesen sei. Der Ofen habe ungenutzt gewirkt. P.K. habe betont, dass er Rentner wäre und sein Holz sich selbst kaufe. Das Zimmer von P.K. habe unbenutzt ausgesehen. Dieser habe sich zum Überprüfungszeitpunkt "ohne ersichtlichen Grund" in der Wohnung der Klägerin aufgehalten. Bad, Küche oder Toilette habe er nicht genutzt. Im Schlafzimmer der Klägerin hat der Außendienstmitarbeiter ein Doppelbett festgestellt, auf dem sich zwei gleiche Eindeckungen und zwei Kissen auf einer Tagesdecke befunden hätten. Im Schlafzimmerschrank der Klägerin hätten sich Kleidungsstücke ihres Ehemannes befunden. Angeblich bestünden im Zimmer von P.K. Platzprobleme, um die Kleidung zu lagern. Dieser wäre durchaus in der Lage, weitere Kleidung in seinem Zimmer selbst aufzubewahren (leere Kleiderständer). Die Inhalte des Gesprächs hätten gezeigt, dass P.K. über alles informiert sei. Nicht Gegenstand der Prüfung sei gewesen, ein gegebenenfalls eheähnliches Verhältnis festzustellen. Hierzu hätten sich aber Hinweise ergeben.
Daraufhin bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung der Rente des P.K. mit Bescheid vom 28. November 2008 für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009 der Klägerin Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von insgesamt 322,99 EUR (230,56 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 92,38 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung). Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass nach der Überprüfung der Wohnverhältnisse durch den Ermittlungsdienst er zur Erkenntnis gekommen sei, dass die Klägerin und P.K. nicht dauernd getrennt leben würden. Demnach bildeten die Klägerin und ihr Ehemann nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft, in der auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen sei. Gegen den Bescheid vom 28. November 2008 legte die Klägerin am 8. Dezember 2008 Widerspruch ein und reichte eine von ihr und ihrem Ehemann unterzeichnete Erklärung ein, wonach sie in dem ihnen noch verbleibenden Leben getrennt leben würden. Der Beklagte wies die Klägerin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens darauf hin, dass erhebliche Zweifel an der Trennung aufgrund des im November 2008 durchgeführten Hausbesuchs bestünden, und bat die Klägerin vor einer abschließenden Entscheidung über den Widerspruch um eine Stellungnahme (Schreiben vom 4. Februar 2009).
Die Klägerin nahm gegenüber dem Beklagten dahingehend Stellung, dass die Mitteilung des Außendienstes nicht korrekt sei. In den meisten Fällen erledige sie den Schriftverkehr selbst. Wenn sie Hilfe benötige, komme ihr Ehemann ihr zu Hilfe. In ihrem Kleiderschrank in der Wohnung befänden sich teilweise die Kleider von P.K., weil dessen Schrank kaputt sei. Der Ofen im Zimmer werde geheizt, wenn er gebraucht werde. Sie und P.K. hätten immer das gleiche Girokonto.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2009 änderte der Beklagte seinen Bewilligungsbescheid vom 28. November 2008 und setzte den monatlichen Gesamtbetrag für den Bewilligungsabschnitt vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009 nun auf 354,86 EUR (223,43 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 131,43 EUR Kosten für Unterkunft) fest, wogegen die Klägerin Widerspruch einlegte.
Der Beklagte wies die klägerischen Widersprüche als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheide vom 16. Februar und 15. April 2009). Es bestünden keinerlei Zweifel, dass die Klägerin nach wie vor mit ihrem Ehemann zusammenlebe. Das schlichte Trennen der Schlafzimmer führe nicht dazu, dass ein Trennungswille bestehe.
Am 6. Mai 2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Nach § 21 Abs. 5 SGB II stehe ihr aus medizinischen Gründen ein Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung zu. Aus gesundheitlichen Gründen hätten sich sie und P.K. getrennt. P.K. wohne im gleichen Haus im Dachgeschoss in einem Zimmer; er brauche seine kleine Rente für sich alleine. Gesetzlich stehe ihr zum Lebensunterhalt ein Betrag von monatlich 350,00 EUR zu.
Auf Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 27. April 2009 für den Monat Juni 2009 Alg II in Höhe von 288,89 EUR (157,55 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 131,43 EUR Kosten für Unterkunft) und für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. November 2009 monatlich 279,94 EUR (148,51 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 131,43 EUR für Unterkunft). Den Widerspruch der Klägerin (Schreiben vom 29. April 2009) wies der Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2009).
Dagegen erhob die Klägerin am 11. Mai 2009 Klage zum SG, die unter dem Aktenzeichen S 19 AS 2381/09 geführt und vom SG am 3. September 2009 zum Rechtsstreit S 19 AS 2353/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurde.
Im Laufe des Rechtsstreits änderte der Beklagte seinen Bewilligungsbescheid vom 27. April 2009 im Hinblick auf die Erhöhung der Regelleistung zum 1. Juli 2009 und setzte das Alg II für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. November 2009 auf monatlich 286,94 EUR (155,51 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 131,43 EUR Kosten für Unterkunft) fest (Bescheid vom 6. Juni 2009).
Das SG hat am 3. September 2009 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt, in dem es die Klägerin persönlich angehört und P.K. als Zeugen vernommen hat. Hinsichtlich des Ergebnisses der persönlichen Anhörung der Klägerin und der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des SG vom 3. September 2009 Bezug genommen (Bl. 46/51 SG-Akten).
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2009 abgewiesen. Die Klägerin habe im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Der Beklagte habe zu Recht eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann angenommen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhielten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Hilfebedürftig nach § 9 Abs. 1 SGB II sei der, der seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend mit eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II seien bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II gehörten zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte. Ein Getrenntleben liege dann vor, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die Klägerin und ihr Ehemann nicht dauernd getrennt lebten und somit weiterhin eine Bedarfsgemeinschaft zwischen ihnen bestehe. Zwar bewohne der Ehemann ein eigenes Zimmer außerhalb der Wohnung der Klägerin. Er nutze jedoch Bad, Toilette und nach Angaben der Klägerin auch die Küche in der Wohnung. Der Zeuge P.K. habe dagegen vorgetragen, die Küche und den Kühlschrank der Klägerin nie genutzt zu haben. Diesen Vortrag halte das SG jedoch für unglaubwürdig, insbesondere die Behauptung, er habe die letzten zehn Jahre nie einen Kühlschrank benötigt und sämtliche Lebensmittel bei sich unter dem Dach aufbewahrt, auch im Sommer. Für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft spreche ebenfalls das Vorbringen des Zeugen P.K., dass eine Scheidung deshalb nicht erfolge, weil sich die Eheleute im Alter gegenseitig helfen wollten. Auch unterstütze der Zeuge P.K. die Klägerin in sämtlichen Behördenangelegenheiten und Klageverfahren und verfasse sämtliche Schriftsätze für sie. Ebenfalls erscheine es unglaubwürdig, dass eine Scheidung der Eheleute trotz einer angeblichen zehnjährigen Trennung nicht erfolgt sei, weil dafür kein Geld da sei. Diesbezüglich hat das SG darauf hingewiesen, dass für ein Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe beantragt werden könne. Diese Möglichkeit dürfte der Klägerin und ihrem Ehemann bekannt sein, da die Klägerin in sämtlichen Verfahren vor dem SG Prozesskostenhilfe beantrage. Es erscheine zudem nicht glaubwürdig, dass bei einem angeblich schon seit zehn Jahren bestehenden Trennungswillen der Ehemann nicht in eine eigene Wohnung gezogen sei. Innerhalb dieser langen Zeit sei es auch Personen mit geringem Einkommen möglich, eine eigene Wohnung zu finden, wenn ernsthaft danach gesucht werde. Weiterhin spreche gegen eine Aufhebung der Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft, dass die Klägerin sich nach wie vor um die Wäsche ihres Mannes kümmere, weiterhin Zugriff auf sein Konto habe und sich kein eigenes Konto einrichte. Da nach alledem eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann vorliege, habe der Beklagte zutreffend Einkommen bzw. Unterhaltszahlungen des Zeugen P.K. bei der Leistungsberechnung berücksichtigt. Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, betrage die Regelleistung jeweils 90 v.H. der Regelleistung eines Alleinstehenden (§ 20 Abs. 3 SGB II). Somit habe der Beklagte auch korrekt bei der Leistungsberechnung der Klägerin nur 90% der Regelleistung zugrunde gelegt. Die Klägerin habe ebenfalls keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwendiger Ernährung. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedürften, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Die Klägerin leide an Diabetes mellitus Typ II. Das SG gehe in Übereinstimmung mit dem Beklagten davon aus, dass bei dieser Erkrankung die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II nicht gerechtfertigt sei. Bis zum 30. November 2008 habe der Beklagte einen Mehrbedarf in Anlehnung an die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierten Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe in der 2. Auflage von 1997 gewährt. Bei der Einstellung der Gewährung des Mehrbedarfs folge der Beklagte der überarbeiteten Empfehlung des Deutschen Vereins vom Oktober 2008. Zwar habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 27. Februar 2008 (B 14/7B AS 64/06 R) ausgeführt, diese Empfehlungen könnten nur als Orientierungshilfe dienen, nicht jedoch als antizipiertes Sachverständigengutachten herangezogen werden. Diese Entscheidung basiere jedoch auf der Begründung, dass die damaligen Empfehlungen bereits über zehn Jahre alt seien und nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass die Empfehlungen in allen Punkten allgemeine und im Wesentlichen unumstrittene aktuelle Erfahrungswerte wiedergeben. Die von dem Beklagten zugrunde gelegten neuen Empfehlungen in der 3. Auflage vom Oktober 2008 basierten nun auf neuesten medizinischen Erkenntnissen. Damit seien die vom BSG in der genannten Entscheidung vorgetragenen Bedenken ausgeräumt, sodass diese Empfehlungen wieder als antizipiertes Sachverständigengutachten herangezogen werden könnten. Nach diesen neuesten Empfehlungen sei ein Mehrbedarf nunmehr nur noch bei verzehrenden Erkrankungen, bei Niereninsuffizienz und bei Zöliakie zu gewähren. Die Klägerin leide jedoch an keiner der genannten Erkrankungen. Bei Diabetes mellitus werde in den Empfehlungen ausdrücklich davon ausgegangen, dass in der Regel ein krankheitsbedingter Mehraufwand zu verneinen und lediglich eine Ernährung mit Vollkost erforderlich sei. Im Regelsatz nach § 20 Abs. 2 SGB II sei ein Anteil für eine vollwertige Ernährung enthalten. Somit sei die bei der Klägerin benötigte Ernährungsform Vollkost vollständig vom Regelsatz umfasst. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise besondere Umstände vorliegen, die auch bei Ernährung mit Vollkost einen höheren Bedarf rechtfertigten, seien nicht ersichtlich.
Gegen den ihr am 16. Dezember 2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. Dezember 2009 eingelegte Berufung der Klägerin. Sechs Klagen mit verschiedenen Leistungsbescheiden seien von der 19. Kammer des SG beiseitegeschoben worden. Im Land Baden-Württemberg würden die Gesetze von den Behörden und Richtern missbraucht und verdreht, sodass der kleine Mann überhaupt keine Chance zum Überleben habe. Sie - die Klägerin - sei krank und werde von den Behörden verfolgt und finanziell abgezapft. Ihr sei das Alg II teilweise gestrichen worden. Zur Sicherung des Lebensunterhalts stünden ihr 351,00 EUR sowie ein Mehrbedarf aus medizinischen Gründen wegen kostenaufwendiger Ernährung in Höhe von monatlich 120,00 EUR zu. P.K. bekomme eine kleine Rente, aber diese reiche für ihn selbst nicht.
Die Klägerin beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Dezember 2009 aufzuheben, 2. unter Abänderung des Bescheids vom 28. November 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. April 2009 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Regelleistung in Höhe von 351,00 EUR sowie eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von monatlich 120,00 EUR zu gewähren, 3. unter Abänderung des Bescheids vom 27. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2009 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Regelleistung von monatlich 351,00 EUR sowie eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung von monatlich 120,00 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist zur Begründung auf ihre getroffene Entscheidung.
Der Senat hat den behandelnden Arzt der Klägerin als sachverständigen Zeugen schriftlich einvernommen. Der Internist Dr. B. teilte mit Schreiben vom 2. Mai 2011 mit, dass die Klägerin seit 2008 in seiner regelmäßigen Behandlung mit zwei Arzt-Patienten-Kontakten pro Quartal sei. Bei der Klägerin liege eine Hypertonie, eine Gonarthrose beidseits, Spreizfüße mit Hallux-Valgus beidseits, ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit Fehlhaltung der Wirbelsäule, eine chronische venöse Insuffizienz bei Zustand nach Varizen-Operation, eine Innenohrerkrankung, Schlafstörung, Migräne und eine Fettstoffwechselstörung vor. Das maßgebliche Leiden der Klägerin liege auf orthopädischem Gebiet. Die Klägerin sei angehalten, eine kohlenhydrat- und fettarme Kost einzuhalten. Eine konsumierende Erkrankung sei nicht bekannt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens bilden die Bescheide vom 28. November 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. April 2009 und vom 27. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Mai 2009 in der Fassung des - nach § 96 SGG in das Verfahren einzubeziehenden -Änderungsbescheids vom 6. Juni 2009, mit dem der Beklagte für die Bewilligungsabschnitte vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009 und vom 1. Juni bis zum 30. November 2009 über die Gewährung von Alg II entschieden hat.
3. Der Klägerin steht gegen den Beklagten für den Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 30. November 2009 kein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als die bewilligten Beträge zu.
a. Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben gemäß § 7 Abs. 1 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Streitig ist vorliegend allein, in welcher Höhe der Klägerin Leistungen zustehen. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus seinen eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr.2), sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
b. Die Klägerin erzielte im oben genannten Zeitraum kein Einkommen und verfügte über kein zu berücksichtigendes Vermögen. Jedoch war bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu beachten, dass sie mit P.K. eine Bedarfsgemeinschaft bildete mit der Folge, dass bei der Bestimmung der Hilfebedürftigkeit auch das Einkommen des P.K. in diesem Zeitraum zu berücksichtigen war (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II gehört als Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte zur Bedarfsgemeinschaft. Bei der Auslegung des Begriffs des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II folgt das BSG (Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 49/09 R -) den Grundsätzen, die zum familienrechtlichen Begriff des "Getrenntlebens" entwickelt worden sind. Neben einer räumlichen Trennung setzt dies einen Trennungswillen voraus (§ 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die gesetzliche Definition des Getrenntlebens stellt auf die auch äußerlich wahrnehmbare Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft sowie den Willen mindestens eines der Ehegatten, die Gemeinschaft nicht wiederherstellen zu wollen, ab. Zum anderen muss dieser Wille sein Motiv darin haben, dass der trennungswillige Gatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (vgl. nur Ey in MüKo-BGB, § 1567 Rdnr. 10 f.; Neumann in Bamberger/Roth, Beck´scher Online-Kommentar BGB, § 1567 Rdnr. 2; Kemper in Hk-BGB, § 1567 Rdnr. 3). Deutlich erkennbar ist die Trennung da, wo sie durch Auszug aus der bis dahin geführten Hausgemeinschaft, Einzug in eine andere Wohnung und das Führen zweier weitgehend getrennter Haushalte sichtbar wird (vgl. Neumann a.a.O. Rdnr.2). Das Getrenntleben nach § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB kann auch innerhalb der Ehewohnung organisiert werden. Dies ist dann problemlos, wenn die Wohnung oder das Einfamilienhaus genügend Raum bietet, um zwei weitgehend getrennte Lebensbereiche einrichten zu können. Die häusliche Gemeinschaft besteht dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung eine weitestmögliche Trennung herbeigeführt haben und keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen, in dem die jeweils privaten Bereiche, vor allem zum Wohnen und Schlafen, strikt aufgeteilt sind (vgl. nur BGH, NJW 1979, 105; Neumann a.a.O. Rdnr. 3), wobei die Organisation des Getrenntlebens innerhalb der Ehewohnung konkret dargelegt werden muss.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wobei der Senat die Zeugenaussage des P.K. im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG am 3. September 2009 im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat, ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin und P.K. weiterhin in einer ehelichen Gemeinschaft entsprechend dem von ihnen gewählten Ehemodell leben. Zunächst hat der Senat erhebliche Zweifel, ob die für ein Getrenntleben erforderliche äußerlich wahrnehmbare Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft in der von der Klägerin und P.K. bewohnten Ehewohnung, die auch das Zimmer im Dachgeschoss umfasst, tatsächlich vorliegt. Die Zweifel begründen sich darin, dass die Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes zum Zeitpunkt der Trennung äußerst widersprüchlich sind. So hat P.K. in dem Antragsformular vom 3. September 2004 verzeichnet, dass sie seit 1961 verheiratet seien; die Frage nach dem Getrenntleben hat er nicht bejaht. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2004 brachte er erstmals vor, dass sich die Klägerin von ihm getrennt habe. Mit Schreiben vom 9. Januar 2005 machten beide geltend, dass sie aus finanziellen Gründen auseinandergegangen seien. Auch im Rahmen des Hausbesuchs im Juli 2005 gaben sie an, dass sie seit ca. einem halben Jahr, mithin seit Ende 2004/Anfang 2005 getrennt leben würden. Demgegenüber gab die Klägerin in den Folgenanträgen an, dass sich keine Änderungen in den persönlichen Verhältnisses ergeben hätten, und berief sich nicht auf eine Trennung von ihrem Ehemann. Im Rahmen eines weiteren Hausbesuchs im Januar 2008 gab die Klägerin nunmehr an, eine Trennung bestehe seit ca. 5 Jahren, mithin seit Ende 2002/Anfang 2003. Im Erörterungstermin am 3. September 2009 brachte die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem SG vor, sie und P.K. hätten sich vor ca. 10 Jahren getrennt, also im Herbst 1999. Dagegen hat P.K. als Zeuge bekundet, er lebe seit 1991 eigentlich nicht mehr mit der Klägerin zusammen. Damals sei er in sein jetziges Zimmer gezogen. Für den Senat sind diese widersprüchlichen und erheblich voneinander abweichenden Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes nicht nachvollziehbar. Es ist dem Senat nicht verständlich, aus welchen Gründen sie den Zeitpunkt ihrer Trennung nicht benennen können, zumal die dauerhafte Trennung ein gravierendes und einschneidendes Ereignis im Lebens eines jeden Ehegatten darstellt, das jedenfalls ansatzweise erinnerlich sein müsste. Auch dem Ermittlungsbericht des Außendienstmitarbeiters Vogelbach, den er aufgrund seines Hausbesuchs am 12. November 2008 verfasst hat, lassen sich deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Klägerin und P.K. die häusliche Gemeinschaft nicht vollständig aufgehoben haben. So war P.K. in der Ehewohnung anwesend und über die Belange der Klägerin gut informiert. Das Zimmer im Dachgeschoss machte einen unbewohnten Eindruck. Das Ehebett in der Ehewohnung war beidseitig bezogen. Aber auch die Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes im Erörterungstermin vom 3. September 2009 sprechen gegen eine weitestgehende Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft. So hat die Klägerin eingeräumt, dass P.K. Küche und Bad in der Ehewohnung weiterhin nutzt, seine Kleidung teilweise im gemeinsamen Schlafzimmerschrank unterbringt, und sie für P.K. ab und zu kocht und immer die Wäsche wäscht. Auch besteht ein gemeinsames Konto, auf das jeder Ehegatte zugreifen kann. Weiterhin hat die Klägerin angegeben, dass ihr Ehemann den gesamten Schriftverkehr für sie erledigt und über ihre finanzielle Situation Bescheid weiß. Weitgehend übereinstimmend hat der Zeuge P.K. bekundet, dass er Toilette und Dusche in der Ehewohnung benutzt, ein gemeinsames Konto besteht, auf das die Klägerin zugreifen kann, die Klägerin seine Wäsche wäscht und bügelte. Auch hat er ausgeführt, dass die Klägerin alle Bankgeschäfte erledige. Vor diesem Hintergrund ist dem Senat eine Änderung des ursprünglich einvernehmlich gebildeten bzw. über Jahre praktizierten Ehemodells, das nicht zwingend eine häusliche Gemeinschaft vorsehen muss, nicht ersichtlich. Auch kann der Senat einen Trennungswillen, d.h. den Willen eines der Ehegatten, die Gemeinschaft nicht wiederherstellen zu wollen, nicht feststellen. Gegen einen solchen Trennungswillen spricht, dass die Eheleute bisher keinerlei Anstrengungen unternommen haben, ihre Ehe scheiden zu lassen. Auch in beengten wirtschaftlichen Verhältnisses ist bei Vorhandensein eines entsprechenden Willens die Durchführung eines gerichtlichen Scheidungsverfahrens möglich und üblich, gegebenenfalls nach der Gewährung von Prozesskostenhilfe. Weiterhin spricht gegen den erforderlichen Trennungswillen, dass es den Ehegatten nicht gelungen ist, ihre Lebensbereiche vollständig zu trennen, sondern sie sich im Alltag gegenseitig helfen und unterstützen. Der fehlende Trennungswille kommt schließlich deutlich in der Bekundung des Zeugen P.K. zum Ausdruck, dass eine Scheidung auch deshalb unterblieben ist, weil sich die Eheleute im Alter gelegentlich helfen müssten. Damit halten sie gerade an der für die Ehe typischen Verantwortungsgemeinschaft fest.
Gegen die Einbeziehung des P.K. in die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin bestehen keine Bedenken. Der Grundgedanke der Bedarfsgemeinschaft beruht auf der Annahme, dass in dieser Gemeinschaft alle Mitglieder füreinander Verantwortung auch im finanziellen Sinne übernehmen. Erst nachrangig, wenn die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ihren Bedarf nicht gemeinsam decken können, sind Grundsicherungsleistungen zu gewähren. Die Vermutung einer gegenseitigen Bedarfsdeckung hat der Gesetzgeber des SGB II daher nicht vorrangig mit dem Vorhandensein von Unterhaltsansprüchen verbunden, sondern an die in § 7 Abs. 3 SGB II im Einzelnen aufgeführten tatsächlichen Umstände geknüpft (vgl. BSG, Urteile vom 15.April 2008 - B 14/7B AS 58/06 R -; vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 49/09 R -). Mit dem Anknüpfen an den Status der Ehe in § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGBII unterstellt der Gesetzgeber im Sinne einer verwaltungspraktischen Anwendung der SGB II-Vorschriften vielmehr regelmäßig das Vorhandensein einer durch Ehe und Familie typischerweise gegebenen wirtschaftlichen und sonstigen Lebenssituation. Dabei liegt es im Wesen einer typisierenden gesetzlichen Verallgemeinerung, dass mit dem Bezug auf bestimmte tatsächliche Verhältnisse bzw. sozialtypische Befunde eine weite, allen betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einbeziehende Betrachtung stattfindet. Hierbei darf sich der Gesetzgeber grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen aufzunehmen (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 49/09 R -). Es soll gerade nicht bei jeder Gestaltungsform der Ehe im Einzelfall geprüft werden, ob mit ihr auch eine bestimmte Form des Zusammenlebens und Wirtschaftens verbunden ist.
c. Unter Anrechnung des Einkommens ihres Ehemannes, der selbst nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II wegen des Bezugs einer Altersrente vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen ist, was aber der Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin nicht entgegensteht (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7B AS 58/06 R -), hat die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Dabei berechnet sich die Höhe des Bedarfs der Klägerin aus dem ihr zustehenden Regelsatz in einer Höhe von 316,- EUR bzw. ab 1. Juli 2009 von 323,- EUR (§ 20 Abs. 3 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung [a.F.] i.V.m. den Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II vom 20. Juni 2008 [BGBl. I, S. 1102] und vom 17. Juni 2009 [BGBl. I, S. 1342]). Hinzu kommen die anteiligen Kosten der Unterkunft in Höhe von 131,44 EUR, wobei die Unterkunftskosten hälftig zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann aufzuteilen sind, da sie die Wohnung, die auch das Zimmer im Dachgeschoss umfasst, gemeinsam nutzen (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14/7b AS 8/07 R -). Die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für Heizung übernimmt der Beklagte durch gesonderte Brennstoffbeihilfen, so dass sich die Heizkosten) im Rahmen der laufenden Leistungen nicht bedarfserhöhend auswirken.
Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II ist zugunsten der Klägerin nicht zu berücksichtigen. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin an einer Krankheit leidet und sie deshalb aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedarf. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Als Erkrankungen, die einen ernährungsbedingten Mehrbedarf verursachen können, kommt lediglich eine Hypertonie und eine Fettstoffwechselstörung in Betracht. Eine Erkrankung, die einen erhöhten Energiebedarf und insoweit höhere Kosten für Ernährung verursacht, konnte durch die sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. B. ausgeschlossen werden. Auch aufgrund der vorliegenden Hypertonie und Fettstoffwechselstörung bedarf die Klägerin nicht einer kostenaufwendigen Ernährung. Denn nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist bei diesen Erkrankungen eine Ernährungsform, die einen finanziellen Mehraufwand bedeutet, nicht erforderlich. Aufgrund der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Stand 01. Oktober 2008, ist ein ernährungsbedingter Mehrbedarf weder bei Hypertonie noch bei Hyperlipidämie anzunehmen; der noch in den Empfehlungen des Vereins Stand 1997 angenommene Standpunkt wurde darin revidiert. Danach (vgl. Ziffer 4 ff. der Empfehlungen) ist unter anderem bei Diabetes mellitus gleich welchen Typs, Hypercholesterinämie (Hyperlipidämie) und arterieller Hypertonie ein krankheitsbedingt erhöhter Mehrbedarf zu verneinen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 2003) bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt. Ob es sich bei den Empfehlungen des Deutschen Vereins um ein antizipiertes Sachverständigengutachten handelt (bejahend: z.B. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. Dezember 2008 - L 8 B 386/08 - und Urteil vom 09. März 2009 - L 8 AS 68/08 -; LSG Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 03. Februar 2009 - L 9 B 339/08 AS -; LSG Sachsen, Urteile vom 27. August 2009 - L 3 AS 245/08 - und vom 22. Juni 2009 - L 7 AS 250/08 -; LSG Bayern, Urteil vom 23. April 2009 - L 11 AS 124/08 -) und ob insoweit eine Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 27. Februar 2008 (B 14/7 B AS 64/06 R) vorliegt, kann offenbleiben (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Oktober 2010 - L 19 AS 1140/10). Die Empfehlungen des Deutschen Vereins haben nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG jedenfalls den Charakter einer Orientierungshilfe. Sie können im Regelfall zur Feststellung des angemessenen Mehrbedarfs im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II herangezogen werden (Urteile des BSG vom 27. Februar 2008 - B 14/7 B AS 64/06 R - sowie B 14/7 B AS 32/06 R; Urteil des BSG vom 25.04.2008 - B 14 /11 B AS 3/07 R -). Die Empfehlungen gelten nur dann nicht, wenn im Einzelfall anzustellende Ermittlungen Hinweise auf einen von den Empfehlungen abweichenden Mehrbedarf ergeben (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 a.a.O.). Abweichungen von den Empfehlungen sind auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründungsbedürftig (Beschluss vom 20. Juni 2006 - 1 BvR 2673/05 -). Vorliegend ist weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus der Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. B. ersichtlich, dass und aus welchen Gründen von den Empfehlungen abzuweichen ist. Soweit Dr. B. ausführt, dass die Klägerin eine kohlenhydrat- und fettarme Kost einzuhalten habe, begründet dies keine von der Vollkost, definiert als eine Kost, die den Bedarf an essenziellen Nährstoffen deckt (1.), in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt (2.), Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und auch zur Therapie berücksichtigt (3.) und in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1. - 3. nicht tangiert werden (4.), abweichende Kostform. Dessen Empfehlungen können im Rahmen der Vollkost umgesetzt werden. Der Kostenaufwand für eine Ernährung mit Vollkost wird nach einer in die Empfehlungen des Deutschen Vereins eingegangenen wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum Thema: Lebensmittelkosten für eine vollwertige Ernährung, April 2008 durch den bei der Bemessung des Regelsatzes für Ernährung eingeflossenen Betrag gedeckt (http://www.dge.de/pdf/ws/Lebensmittelkosten-vollwertige-Ernaehrung.pdf). Es muss daher nunmehr als wissenschaftlich gesichert gelten, dass Vollkost nicht teurer als "normale ungesunde" Kost ist, oder doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes finanziert werden kann (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2009 - L 12 AS 4179/08 - m.w.N.). Einzelfallbezogene Ermittlungen, welchen Kostenaufwand eine vollwertige Ernährung verursacht, sind daher vorliegend nicht erforderlich.
Auch die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte verfassungswidrige Ermittlung der Regelleistung (vgl. Urteil vom 09. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 -) führt nicht dazu, dass die Klägerin eine höhere Regelleistung verlangen kann. Denn das Bundesverfassungsgericht konnte gerade nicht feststellen, dass die gesetzlich festgesetzten Regelleistungsbeträge unzureichend sind, daher sah es den Gesetzgeber nicht unmittelbar von Verfassungs wegen als verpflichtet an, für die Zeit ab Inkrafttreten des SGB II ab 01. Januar 2005 höhere Leistungen festzusetzen. Da die Vorschriften des SGB II weiterhin anwendbar sind und der Gesetzgeber nach den Ausführungen in den Urteilsgründen nicht zu einer rückwirkenden Neuregelung verpflichtet ist, steht fest, dass es bei dem im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund von § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II festgesetzten Regelleistungsbetrag bleibt und die Klägerin mit ihrem Begehren auf höhere Leistungen nicht durchdringen kann (bspw. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2010 - 1 BvR 395/09 -). Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderungen des Zweiten und Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch vom 23. März 2011 (BGBl. I, S. 453 ff.) mit Wirkung zum 1. Januar 2011 den Regelbedarf für alleinstehende Personen auf monatlich 364,- EUR festgesetzt, ohne jedoch eine Änderung für die Vergangenheit vorzunehmen. Schließlich liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Klägerin aus sonstigen Gründen, insbesondere wegen eines Mehrbedarfs (§ 21 SGB II), ein Anspruch auf höhere Leistungen zusteht.
Demnach belief sich der monatliche Bedarf der Klägerin in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 30. Juni 2009 auf 447,44 EUR und für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. November 2009 auf 454,44 EUR. Dem stand das zu berücksichtigende Einkommen ihres Ehemannes von monatlich 665,89 netto und ab 1. Juli 2009 von 681,93 EUR netto (nach Absetzung von Krankenversicherungsbeiträgen, § 11 Abs. 2 Nr. 2 SGB II a.F.) gegenüber, wobei dieses um die Versicherungspauschale von 30,- EUR zu bereinigen ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V). Von diesem Einkommen ist der Bedarf des nicht leistungsberechtigten Ehemannes abzuziehen, der sich wie bei der Klägerin auf 447,44 EUR und ab 1. Juli 2009 auf 454,44 EUR belief. Auch insoweit sind Anhaltspunkte weder für einen ernährungsbedingten Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II noch für andere Mehrbedarfe ersichtlich. Demnach verbleiben 188,45 EUR und ab 1. Juli 2009 197,49 EUR als Einkommen, die auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen sind. Daraus folgt, dass der von dem Beklagten für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2008 bewilligte monatliche Betrag von 354,86 EUR den ungedeckten Bedarf der Klägerin von 258,99 EUR sogar übersteigt. Auch für Juni 2009 (288,89 EUR anstatt 258,99 EUR) und die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. November 2009 (286,94 EUR anstatt 256,95 EUR) übersteigt der bewilligte Leistungsbetrag den ungedeckten Bedarf der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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Aus
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