L 9 R 569/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2496/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 569/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Die 1960 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt im Zeitraum von 1992 bis 6.9.2005 als Raumpflegerin abhängig beschäftigt. Im Anschluss daran bezog sie Arbeitslosengeld über die Agentur für Arbeit R ... Eine versicherungspflichtige Beschäftigung hat sie nicht mehr aufgenommen.

Zuletzt beantragte die Klägerin am 29.2.2008 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zuvor hatte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 29.6.2006 mit Bescheid vom 12.10.2006 und Widerspruchsbescheid vom 6.2.2007 unter Berücksichtigung eines von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachtens vom Orthopäden Dr. B. abgelehnt.

Dr. H. stellte in seinem von der Beklagten auf den Antrag vom 29.02.2008 in Auftrag gegebenen Gutachten vom 7.5.2008 degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, einen Bandscheibenvorfall L5/S1 rechts, eine Fehlstatik und eine Rumpfmuskeldysbalance mit mäßiger Bewegungseinschränkung sowie leichten sensiblen Nervenwurzelreizzeichen im Bereich des rechten Beines und ein ausgeprägtes Übergewicht mit einem leichten, medikamentös eingestellten Bluthochdruck fest. Darüber hinaus beschrieb er einen Nikotinabusus, einen erhöhten, medikamentös behandelten Harnsäurewert im Serum, eine langjährig bekannte leichte Erhöhung der weißen Blutkörperchen, einen Z. n. mehreren Sehnenoperationen an beiden Ellenbogen und am rechten Unterarm wegen häufiger Sehnenreizungen und eine Engpasssymptomatik an beiden Ellenbogen fest. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinemachefrau bestehe ein unter 3-stündiges Leistungsvermögen, weil hierbei häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ein häufiges Bücken aufträten. Für leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, mit wechselnder Köperhaltung, ohne häufige und länger dauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ohne häufiges Bücken bestehe seiner Einschätzung nach ein über sechsstündiges Leistungsvermögen.

Mit Bescheid vom 15.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erneut ab. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruches legte die Klägerin ein ärztliches Attest der Hausärztin Dr. K. vor. Sie halte das Leistungsvermögen der Klägerin für reduziert und glaube nicht, dass diese wegen mangelnder körperlicher Belastbarkeit über drei Stunden arbeitsfähig sei. Unter Berücksichtigung einer beratungsärztlichen Stellungnahme der Internistin Dr. M. wies die Beklagte den Widerspruch hierauf mit Widerspruchsbescheid vom 9.7.2009 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 31.7.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Reutlingen erhoben.

Das SG hat zunächst Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen bei der behandelnden Hausärztin Dr. K., dem Arzt für Anästhesiologie/Spezielle Schmerztherapie Dr. M. und dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychotherapeutische Medizin Dr. Z.

Dr. K. hat unter dem 10.11.2009 ein chronisches Lumbalsyndrom bei Bandscheibenprotrusion, eine Spondylose und eine Foramenstenose im Segment L5/S1 mit Wurzelirretationen angegeben. Die Klägerin leide außerdem an einer erheblichen Adipositas, welche die Rückenschmerzen verstärke. Festzustellen sei darüber hinaus ein metabolisches Syndrom, eine arterielle Hypertonie und ein chronisches Schmerzsyndrom. Die Leistungsfähigkeit werde hauptsächlich durch Einschränkungen auf dem orthopädischen Fachgebiet reduziert. Sie habe Bedenken, ob die Klägerin noch in der Lage sei, sechs Stunden zu arbeiten.

In seiner Zeugenaussage vom 28.9.2009 hat Dr. M. über eine seit 19.8.2009 erfolgende Therapie berichtet. Es sei eine leichte Besserung erreicht worden, eine Langzeittherapie sei jedoch erforderlich. Der Schwerpunkt der Leistungsbeeinträchtigung liege auf dem Gebiet der Orthopädie und Psychotherapie/Neurologie. Seines Erachtens sei die Klägerin nicht in der Lage, täglich sechs Stunden zu arbeiten.

Dr. Z. hat die Klägerin seinen Angaben zufolge (28.9.2009) von Oktober 2001 bis Oktober 2003 und einmalig im Juli 2009 behandelt. Es bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine Depression. Er habe Bedenken, ob die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich arbeiten könne, zumal sie starke Schmerzmittel, unter anderem Phentanyl vom Schmerztherapeuten verordnet bekommen habe. Dieses Medikament beeinträchtige die Reaktionsfähigkeit sowie die Vigilanz.

Für die Beklagte hat der Facharzt für Innere Medizin Dr. B. in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 10.12.2009 hierzu ausführlich Stellung genommen.

Das SG hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen eines nervenärztlichen Gutachtens bei Dr. S., V. In seinem Gutachten vom 14.5.2010 hat Dr. S. die Diagnosen anhaltende somatoforme Schmerzstörung, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und der Bandscheiben sowie Bluthochdruck gestellt. Es sei weder eine Depression noch eine Angststörung feststellbar gewesen. Die Klägerin sei noch in der Lage mindestens sechs Stunden arbeitstäglich einer regelmäßigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Es seien keine das quantitative Leistungsvermögen einschränkende, schwergradigen oder therapieresistenten psychischen Funktionsstörungen feststellbar gewesen. Auch das Schmerzerleben sei unter der laufenden Behandlung als nicht beeinträchtigend einzustufen.

Einen daraufhin gestellten Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat die Klägerin zurückgenommen und eine "fachärztliche gutachterliche Äußerung" des Dr. Z. vom 8.11.2010 vorgelegt. Darin vertritt der behandelnde Arzt die Auffassung, dass eine anhaltende Dysthymia mit Angststörungen und anhaltender somatoforme Schmerzstörung sowie Schlafstörungen vorlägen und das Leistungsvermögen auf lediglich drei bis unter sechs Stunden täglich einzuschätzen sei.

Mit Urteil vom 6.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert, weil sie zur Überzeugung der Kammer in der Lage sei, leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Die Kammer hat sich dabei insbesondere auf das im Gerichtsverfahren erstellte Gutachten von Dr. S. sowie auf das in Verwaltungsverfahren erhobenen Gutachten von Dr. H. gestützt. Den Einschätzungen der gehörten behandelnden Ärzte vermochte es sich - unter näherer Darlegung der hierfür bestehenden Gründe - nicht anzuschließen. Darüber hinaus habe die Klägerin auch keinen Anspruch gemäß § 240 SGB IV auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Klägerin müsse sich versicherungsrechtlich auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen.

Gegen das ihr am 21.1.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9.2.2011 Berufung eingelegt. Eine Begründung der Berufung hat sie nicht vorgelegt. Die Bevollmächtigte der Klägerin teilt mit, dass sich die Klägerin zur dringend notwendigen Besprechung nicht bei ihr gemeldet habe. Sie bitte um eine Entscheidung in der Sache.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Dezember 2010 sowie den Bescheid vom 15. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1.2.2008 zu gewähren.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 10.8.2011 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG in Betracht komme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat. Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit gerichtlicher Verfügung vom 10.8.2011 hat der Senat auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchten Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht besteht, weil die Klägerin ihr noch zumutbare Tätigkeiten noch wenigstens sechs Stunden täglich ausführen kann. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Den Ausführungen dem SG im angefochtenen Urteil hat der Senat letztlich nichts hinzuzufügen, zumal sich das SG ausführlich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme, den vorliegenden Gutachten und den teilweise hierzu abweichend vertretenen Auffassungen der behandelnden Ärzte auseinandergesetzt hat und die Klägerin konkrete Einwendung gegen die Entscheidung im Berufungsverfahren auch nicht vorgebracht hat.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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