Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 2910/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3027/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem SGB II.
Die 1963 geborene Antragstellerin, die erwerbsfähig ist und über kein Einkommen und Vermögen verfügt, bewohnt gemeinsam mit ihrem Lebenspartner H.E. eine Wohnung in der Z.-Str ... in F ... Der Antragsgegner bewilligte der Bedarfsgemeinschaft zuletzt für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Mai 2011 Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von insgesamt 1142,31 EUR und berücksichtigte dabei jeweils die Regelleistung in Höhe von 323,- EUR sowie die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 496,31 EUR (Bescheid vom 30. November 2010).
Im Dezember 2010 bewilligte die Agentur für Arbeit ab 1. Oktober 2010 H.E. Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungssatz von 39,58 EUR (monatlich 1187,40 EUR); ab 14. März 2011 bezog er Krankengeld kalendertäglich in gleicher Höhe. Daraufhin hob der Antragsgegner mit Bescheid vom 1. Februar 2011 seinen Bewilligungsbescheid vom 30. November 2010 für die Zeit ab 1. März 2011 hinsichtlich der Antragstellerin auf, weil diese wegen des Einkommens von H.E. nicht hilfebedürftig sei. Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch mit der Begründung ein, ihr Lebenspartner H.E. habe seinen zwei minderjährigen Kindern Unterhalt zu leisten (Widerspruchsschreiben vom 4. Februar 2011). Tatsächlich besteht eine titulierte Verpflichtung des H.E., an seine beiden Kinder, die bei der Kindsmutter leben, insgesamt 686,- EUR Unterhalt zu zahlen. Dieser Verpflichtung kommt er jedenfalls seit Januar 2011 nicht nach.
Der Antragsgegner gewährte der Antragstellerin für März 2011 einen Zuschuss zu den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (Bescheid vom 12. April 2011). Für die Zeit vom 1. April bis zum 31. Mai 2011 bewilligte er der Antragstellerin und H.E. vorläufig Alg II in Höhe von 3,27 EUR bzw. 3,28 EUR (Bescheid vom 12. April 2011). Derzeit sei noch unklar, ob eine Trennung der Bedarfsgemeinschaft erfolgt sei. Im Übrigen wies er den Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 1. Februar 2011 als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 12. April 2011). Die Antragstellerin und H.E hätten einen Gesamtbedarf von 1.163,95 EUR (2 - 328,- EUR = 656 EUR [Regelbedarf] + 507,95 EUR [Bedarf für Unterkunft und Heizung]). Vorliegend sei das um die Versicherungspauschale bereinigte Einkommen des H.E. auf Arbeitslosen- und Krankengeld für März 2011 in Höhe von insgesamt 1.196,98 EUR und anschließend in Höhe von 1.157,40 EUR anzurechnen.
Dagegen erhob die Antragstellerin am 2. Mai 2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG; S 10 AS 2250/11).
Auf Fortzahlungsantrag bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Mai 2011 vorläufig für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2011 Alg II von monatlich 3,27 EUR bzw. 3,28 EUR und berücksichtigte dabei des Einkommen des H.E. bedarfsmindernd.
Am 7. Juni 2011 hat die Antragstellerin beim SG im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung voller Leistungen nach dem SGB II ab März 2011 begehrt und dabei auf ihr Widerspruchsschreiben vom 4. Februar 2011 Bezug genommen. Ihr Lebenspartner müsse für seine zwei Kinder Unterhalt in Höhe von 606,- EUR leisten. Die Leistungen sollten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens S 10 AS 2250/10 ausgezahlt werden.
Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz durch Beschluss vom 14. Juni 2011 zurückgewiesen. Die Antragstellerin sei seit März 2011 nicht hilfebedürftig. Hilfebedürftig sei, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit und aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhalte (§ 9 Abs. 1 SGB II). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, seien auch das Einkommen und Vermögen des anderen aus der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehörten u.a. die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) und als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner (§ 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II) oder ein Lebensgefährte (§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II). Im vorliegenden Fall habe zwar der Lebensgefährte der Antragstellerin im März 2011 angegeben, man habe sich getrennt. Da die Antragstellerin aber weder ausgezogen sei noch sonst Anhaltspunkte für eine dauerhafte Trennung vorlägen und sie H.E. im Eilantrag weiterhin als ihren "Lebenspartner" bezeichne, gehe das Gericht von einer ungetrennten Beziehung in einer Bedarfsgemeinschaft aus. Damit sei das Einkommen des H.E. auf den Bedarf der Antragstellerin bedarfsmindernd anzurechnen. Dieses Einkommen decke ganz überwiegend den Bedarf. Das SG hat zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid des Antragsgegners verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass die geltend gemachten Unterhaltsverpflichtungen zwar gegenüber den Kindern des H.E. bestünden. Diese würden aber nicht eingehalten. H.E. zahle nichts, habe also keine aktuell wirksame Belastung, die den Gesamtbedarf erhöhe. Nicht mehr entscheidungserheblich sei gewesen, dass hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs für die Zeit vom 1. März 2011 bis zum Tag der Einreichung des Antrags auf einstweilige Anordnung am 7. Juni 2011 ein Anspruch für die Vergangenheit geltend gemacht werde. Für diesen überwiegenden Teil der beanspruchten Grundsicherungsleistungen fehle die Eilbedürftigkeit einer Entscheidung des SG und damit der Anordnungsgrund.
Gegen den ihr am 17. Juni 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 7. Juli 2011 beim SG eingelegte Beschwerde der Antragstellerin. Das Existenzminimum sei nicht gedeckt. H.E. sei genug belastet mit der finanziellen Verpflichtung gegenüber seinen Kindern. Sie - die Antragstellerin - fühle sich als Frau auf moderne Art unterdrückt und erniedrigt.
Ausweislich eines Aktenvermerks des Berichterstatters teilte Frau L. für den Antragsgegner mit, dass kein Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. Mai 2011 vorliege.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG). Ist der Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 86 b Abs. 1 S. 2 SGG). Soweit ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 86 b Abs. 2 S. 1 SGG). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG).
2. In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist das einstweilige Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin dahingehend auszulegen, dass sie hinsichtlich der Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 2011 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Aufhebungsbescheid des Antragsgegners vom 1. Februar 2011 gem. § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG und Aufhebung der Vollziehung nach § 86 b Abs. 1 S. 2 SGG und bezüglich der Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2011 den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG begehrt. Der Eilrechtsschutzantrag der Antragstellerin bezüglich der Gewährung von Alg II für März bis Mai 2011 ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auszulegen, da insoweit aufgrund der vorangegangenen Leistungsbewilligung vom 30. November 2010 und der im Bescheid vom 1. Februar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2011 enthaltenen teilweisen Aufhebungsentscheidung in der Hauptsache die Anfechtungsklage die statthafte Klageart ist. Demnach bildet § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage. Zwar haben nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung, die aufschiebende Wirkung entfällt jedoch in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Klage gegen Aufhebungsbescheide keine aufschiebende Wirkung. Allein die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen den genannten Aufhebungsbescheid vor dem SG geführten Klage S 10 AS 2250/11 würde - angesichts der von der Antragstellerin begehrten Auszahlung der bereits für die Monate März bis Mai 2011 einbehaltenen Leistungen - ins Leere laufen. Die Aufhebung der Leistungsbewilligung für die genannten Monate ist bereits durch den Einbehalt der ursprünglich bewilligten Leistungen vom Antragsgegner vollzogen worden. Insofern ist der Antrag der Antragstellerin dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG durch das Gericht begehrt. Hinsichtlich der für die Zeit ab 1. Juni 2011 von Anfang an unter Anrechnung des Einkommens von H.E. bewilligten Leistungen richtet sich das Begehren der Antragstellerin auf einstweilige Bewilligung ungekürzter Leistungen, mithin auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG.
3. Für den Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Mai 2011 fehlt es an der erforderlichen Eilbedürftigkeit, da ein für die Antragstellerin objektiv dringendes Interesse, die einbehaltenen Beträge unmittelbar zum jetzigen Zeitpunkt ausbezahlt zu bekommen, nicht erkennbar ist. Zwar ist im Rahmen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eine Abwägung zwischen dem Aussetzungs- und Vollzugsinteresse vorzunehmen. Vorliegend kann allerdings dahinstehen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung erfüllt sind, da es jedenfalls an der Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Rückabwicklung der angegriffenen Aufhebung des Alg II fehlt. § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG erfasst als unselbstständiger Folgenbeseitigungsanspruch die Rückgängigmachung bereits erfolgter Vollziehungshandlungen. Bei der Entscheidung, ob eine bereits erfolgte Vollziehung aufzuheben ist und Leistungen für die Vergangenheit auszuzahlen sind, ist das öffentliche Interesse an dem Fortbestand des Vollzugs gegen das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung der Vollziehung abzuwägen (vgl. zur vorzunehmenden Interessenabwägung LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2009 - L 29 AS 375/09 ER B -). Auch hierbei ist die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers nach § 39 SGB II, der die aufschiebende Wirkung einer Klage u.a. gegen Verwaltungsakte, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende aufheben, ausreichend zu beachten. Nur in Ausnahmefällen kann im Wege der Aufhebung der Vollziehung eine Maßnahme angeordnet werden, die nur schwer rückgängig zu machen ist. Ein solcher Ausnahmefall ist dann gegeben, wenn es zur Gewährung effektiven Rechtschutzes erforderlich ist. Vorliegend kann die Antragstellerin unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes zur Durchsetzung ihrer Interessen auf das Hauptsacheverfahren S 10 AS 2250/11 verwiesen werden. Unabhängig davon, ob nach summarischer Prüfung Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids vom 1. Februar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2011 bestehen, ist eine Aufhebung der Vollziehung für die Monate März bis Mai 2011 zu Gunsten der Antragstellerin nicht gerechtfertigt. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die sofortige Vollziehung Tatsachen geschaffen worden sind, die - sollte sich der Bescheid im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen - nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Die Monate März bis Mai 2011, für die die Antragsstellerin die Auszahlung des Alg II verlangt, liegen in der Vergangenheit. Eine Eilbedürftigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn die geltend gemachte Dringlichkeit in die Zukunft fortwirkt, mithin noch gegenwärtig ist. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass bei der Antragstellerin aktuell eine existenzielle Notlage vorliegt und das Vorenthalten des durch Bescheid vom 30. November 2010 bewilligten Alg II in der Zeit von März bis Mai 2011 gegenwärtig fortwirkt. Dem hingegen ist zu berücksichtigen, dass im Falle einer Auszahlung der vorläufig einbehaltenen Leistungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Antragsgegner im Falle seines Obsiegens im Hauptsacheverfahren die Rückforderung nur schwerlich realisieren könnte. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin dürften Zweifel daran bestehen, dass sie sodann finanziell in der Lage wäre, die vorläufig ausgezahlten Beträge zurückzuerstatten. Demnach ist die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer Interessen auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.
4. Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit die Antragstellerin die vorläufige Gewährung höherer Leistungen für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2011 als das durch Bescheid vom 30. Mai 2011 bewilligte Alg II geltend macht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund. Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung. Vorliegend fehlt es an einem Anordnungsanspruch, da der Antragsgegner durch den Bescheid vom 30. Mai 2011 - mangels hiergegen eingelegten Widerspruchs - bestandskräftig und damit für die Beteiligten bindend (vgl. §§ 77 SGG, 39 Abs. 2 SGB X) über die Höhe des der Antragsstellerin für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2011 zu gewährenden Alg II entschieden hat. Die Antragstellerin hat gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch eingelegt, so dass nach Ablauf der Widerspruchsfrist von einem Monat (§ 84 Abs. 1 SGG) Bestandskraft eingetreten ist. In den Verwaltungsakten des Antragsgegners ist keine Widerspruch der Antragstellerin dokumentiert. Auch hat sich die Antragstellerin nicht darauf berufen, dass sie gegen den Bescheid vom 30. Mai 2011 tatsächlich Widerspruch eingelegt hat. Schließlich enthält der am 7. Juni 2011 beim SG erhobene einstweilige Rechtsschutzantrag keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Mai 2011. Zwar muss der Rechtsbehelf nicht als Widerspruch bezeichnet werden; es genügt, wenn der Betroffene zum Ausdruck bringt, dass er sich durch den Verwaltungsakt beeinträchtigt fühlt und die Überprüfung durch die Verwaltung verlangt (vgl. nur Leitherer in: Meyer-Ladewig, 9. Aufl. 2008, § 84 Rdnr. 2). Daher ist anerkannt, dass eine Klage und ein einstweiliges Rechtsschutzbegehren einen Widerspruch beinhalten kann. Vorliegend kann der einstweilige Rechtsschutzantrag der Antragstellerin vom 7. Juni 2011 nach dem objektiven Erklärungswert, der sich danach bestimmt, wie der Empfänger die Erklärung nach den Umständen, insbesondere der wohl verstandenen Interessenlage, verstehen muss (Keller in: Meyer-Ladewig, 9. Aufl. 2008, Vor § 60 Rdnr. 11a), nicht als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. Mai 2011 ausgelegt werden. Denn die Antragstellerin nahm ausdrücklich nur auf ihr Widerspruchsschreiben vom 4. Februar 2011 gegen den Aufhebungsscheid vom 1. Februar 2011 Bezug, der lediglich den Zeitraum bis zum 31. Mai 2011 (Ende des durch Bescheid vom 30. November 2010 geregelten Bewilligungsabschnitts) regelt, und verlangte insofern die Auszahlung der "vollen Leistungen nach dem SGB II". Dass sie damit gleichzeitig die Überprüfung des zwischenzeitlich auf ihren Fortzahlungsantrag ergangenen Bewilligungsbescheids vom 30. Mai 2011 durch den Antragsgegner verlangt, ist nicht erkennbar. Vielmehr war zu erwarten, dass sie die im Bescheid vom 30. Mai 2011 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung beachtet und ihren gegebenenfalls vorhandenen Wunsch auf Überprüfung mit hinreichender Deutlichkeit gegenüber dem Antragsgegner zum Ausdruck bringt, wie sie es in der Vergangenheit bereits praktiziert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem SGB II.
Die 1963 geborene Antragstellerin, die erwerbsfähig ist und über kein Einkommen und Vermögen verfügt, bewohnt gemeinsam mit ihrem Lebenspartner H.E. eine Wohnung in der Z.-Str ... in F ... Der Antragsgegner bewilligte der Bedarfsgemeinschaft zuletzt für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Mai 2011 Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von insgesamt 1142,31 EUR und berücksichtigte dabei jeweils die Regelleistung in Höhe von 323,- EUR sowie die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 496,31 EUR (Bescheid vom 30. November 2010).
Im Dezember 2010 bewilligte die Agentur für Arbeit ab 1. Oktober 2010 H.E. Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungssatz von 39,58 EUR (monatlich 1187,40 EUR); ab 14. März 2011 bezog er Krankengeld kalendertäglich in gleicher Höhe. Daraufhin hob der Antragsgegner mit Bescheid vom 1. Februar 2011 seinen Bewilligungsbescheid vom 30. November 2010 für die Zeit ab 1. März 2011 hinsichtlich der Antragstellerin auf, weil diese wegen des Einkommens von H.E. nicht hilfebedürftig sei. Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch mit der Begründung ein, ihr Lebenspartner H.E. habe seinen zwei minderjährigen Kindern Unterhalt zu leisten (Widerspruchsschreiben vom 4. Februar 2011). Tatsächlich besteht eine titulierte Verpflichtung des H.E., an seine beiden Kinder, die bei der Kindsmutter leben, insgesamt 686,- EUR Unterhalt zu zahlen. Dieser Verpflichtung kommt er jedenfalls seit Januar 2011 nicht nach.
Der Antragsgegner gewährte der Antragstellerin für März 2011 einen Zuschuss zu den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (Bescheid vom 12. April 2011). Für die Zeit vom 1. April bis zum 31. Mai 2011 bewilligte er der Antragstellerin und H.E. vorläufig Alg II in Höhe von 3,27 EUR bzw. 3,28 EUR (Bescheid vom 12. April 2011). Derzeit sei noch unklar, ob eine Trennung der Bedarfsgemeinschaft erfolgt sei. Im Übrigen wies er den Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 1. Februar 2011 als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 12. April 2011). Die Antragstellerin und H.E hätten einen Gesamtbedarf von 1.163,95 EUR (2 - 328,- EUR = 656 EUR [Regelbedarf] + 507,95 EUR [Bedarf für Unterkunft und Heizung]). Vorliegend sei das um die Versicherungspauschale bereinigte Einkommen des H.E. auf Arbeitslosen- und Krankengeld für März 2011 in Höhe von insgesamt 1.196,98 EUR und anschließend in Höhe von 1.157,40 EUR anzurechnen.
Dagegen erhob die Antragstellerin am 2. Mai 2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG; S 10 AS 2250/11).
Auf Fortzahlungsantrag bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Mai 2011 vorläufig für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2011 Alg II von monatlich 3,27 EUR bzw. 3,28 EUR und berücksichtigte dabei des Einkommen des H.E. bedarfsmindernd.
Am 7. Juni 2011 hat die Antragstellerin beim SG im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung voller Leistungen nach dem SGB II ab März 2011 begehrt und dabei auf ihr Widerspruchsschreiben vom 4. Februar 2011 Bezug genommen. Ihr Lebenspartner müsse für seine zwei Kinder Unterhalt in Höhe von 606,- EUR leisten. Die Leistungen sollten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens S 10 AS 2250/10 ausgezahlt werden.
Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz durch Beschluss vom 14. Juni 2011 zurückgewiesen. Die Antragstellerin sei seit März 2011 nicht hilfebedürftig. Hilfebedürftig sei, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit und aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhalte (§ 9 Abs. 1 SGB II). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, seien auch das Einkommen und Vermögen des anderen aus der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehörten u.a. die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) und als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner (§ 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II) oder ein Lebensgefährte (§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II). Im vorliegenden Fall habe zwar der Lebensgefährte der Antragstellerin im März 2011 angegeben, man habe sich getrennt. Da die Antragstellerin aber weder ausgezogen sei noch sonst Anhaltspunkte für eine dauerhafte Trennung vorlägen und sie H.E. im Eilantrag weiterhin als ihren "Lebenspartner" bezeichne, gehe das Gericht von einer ungetrennten Beziehung in einer Bedarfsgemeinschaft aus. Damit sei das Einkommen des H.E. auf den Bedarf der Antragstellerin bedarfsmindernd anzurechnen. Dieses Einkommen decke ganz überwiegend den Bedarf. Das SG hat zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid des Antragsgegners verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass die geltend gemachten Unterhaltsverpflichtungen zwar gegenüber den Kindern des H.E. bestünden. Diese würden aber nicht eingehalten. H.E. zahle nichts, habe also keine aktuell wirksame Belastung, die den Gesamtbedarf erhöhe. Nicht mehr entscheidungserheblich sei gewesen, dass hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs für die Zeit vom 1. März 2011 bis zum Tag der Einreichung des Antrags auf einstweilige Anordnung am 7. Juni 2011 ein Anspruch für die Vergangenheit geltend gemacht werde. Für diesen überwiegenden Teil der beanspruchten Grundsicherungsleistungen fehle die Eilbedürftigkeit einer Entscheidung des SG und damit der Anordnungsgrund.
Gegen den ihr am 17. Juni 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 7. Juli 2011 beim SG eingelegte Beschwerde der Antragstellerin. Das Existenzminimum sei nicht gedeckt. H.E. sei genug belastet mit der finanziellen Verpflichtung gegenüber seinen Kindern. Sie - die Antragstellerin - fühle sich als Frau auf moderne Art unterdrückt und erniedrigt.
Ausweislich eines Aktenvermerks des Berichterstatters teilte Frau L. für den Antragsgegner mit, dass kein Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. Mai 2011 vorliege.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG). Ist der Verwaltungsakt in dem Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 86 b Abs. 1 S. 2 SGG). Soweit ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 86 b Abs. 2 S. 1 SGG). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG).
2. In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist das einstweilige Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin dahingehend auszulegen, dass sie hinsichtlich der Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 2011 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Aufhebungsbescheid des Antragsgegners vom 1. Februar 2011 gem. § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG und Aufhebung der Vollziehung nach § 86 b Abs. 1 S. 2 SGG und bezüglich der Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2011 den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG begehrt. Der Eilrechtsschutzantrag der Antragstellerin bezüglich der Gewährung von Alg II für März bis Mai 2011 ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auszulegen, da insoweit aufgrund der vorangegangenen Leistungsbewilligung vom 30. November 2010 und der im Bescheid vom 1. Februar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2011 enthaltenen teilweisen Aufhebungsentscheidung in der Hauptsache die Anfechtungsklage die statthafte Klageart ist. Demnach bildet § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage. Zwar haben nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung, die aufschiebende Wirkung entfällt jedoch in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Klage gegen Aufhebungsbescheide keine aufschiebende Wirkung. Allein die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen den genannten Aufhebungsbescheid vor dem SG geführten Klage S 10 AS 2250/11 würde - angesichts der von der Antragstellerin begehrten Auszahlung der bereits für die Monate März bis Mai 2011 einbehaltenen Leistungen - ins Leere laufen. Die Aufhebung der Leistungsbewilligung für die genannten Monate ist bereits durch den Einbehalt der ursprünglich bewilligten Leistungen vom Antragsgegner vollzogen worden. Insofern ist der Antrag der Antragstellerin dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG durch das Gericht begehrt. Hinsichtlich der für die Zeit ab 1. Juni 2011 von Anfang an unter Anrechnung des Einkommens von H.E. bewilligten Leistungen richtet sich das Begehren der Antragstellerin auf einstweilige Bewilligung ungekürzter Leistungen, mithin auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG.
3. Für den Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Mai 2011 fehlt es an der erforderlichen Eilbedürftigkeit, da ein für die Antragstellerin objektiv dringendes Interesse, die einbehaltenen Beträge unmittelbar zum jetzigen Zeitpunkt ausbezahlt zu bekommen, nicht erkennbar ist. Zwar ist im Rahmen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eine Abwägung zwischen dem Aussetzungs- und Vollzugsinteresse vorzunehmen. Vorliegend kann allerdings dahinstehen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung erfüllt sind, da es jedenfalls an der Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Rückabwicklung der angegriffenen Aufhebung des Alg II fehlt. § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG erfasst als unselbstständiger Folgenbeseitigungsanspruch die Rückgängigmachung bereits erfolgter Vollziehungshandlungen. Bei der Entscheidung, ob eine bereits erfolgte Vollziehung aufzuheben ist und Leistungen für die Vergangenheit auszuzahlen sind, ist das öffentliche Interesse an dem Fortbestand des Vollzugs gegen das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung der Vollziehung abzuwägen (vgl. zur vorzunehmenden Interessenabwägung LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2009 - L 29 AS 375/09 ER B -). Auch hierbei ist die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers nach § 39 SGB II, der die aufschiebende Wirkung einer Klage u.a. gegen Verwaltungsakte, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende aufheben, ausreichend zu beachten. Nur in Ausnahmefällen kann im Wege der Aufhebung der Vollziehung eine Maßnahme angeordnet werden, die nur schwer rückgängig zu machen ist. Ein solcher Ausnahmefall ist dann gegeben, wenn es zur Gewährung effektiven Rechtschutzes erforderlich ist. Vorliegend kann die Antragstellerin unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes zur Durchsetzung ihrer Interessen auf das Hauptsacheverfahren S 10 AS 2250/11 verwiesen werden. Unabhängig davon, ob nach summarischer Prüfung Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids vom 1. Februar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2011 bestehen, ist eine Aufhebung der Vollziehung für die Monate März bis Mai 2011 zu Gunsten der Antragstellerin nicht gerechtfertigt. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die sofortige Vollziehung Tatsachen geschaffen worden sind, die - sollte sich der Bescheid im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen - nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Die Monate März bis Mai 2011, für die die Antragsstellerin die Auszahlung des Alg II verlangt, liegen in der Vergangenheit. Eine Eilbedürftigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn die geltend gemachte Dringlichkeit in die Zukunft fortwirkt, mithin noch gegenwärtig ist. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass bei der Antragstellerin aktuell eine existenzielle Notlage vorliegt und das Vorenthalten des durch Bescheid vom 30. November 2010 bewilligten Alg II in der Zeit von März bis Mai 2011 gegenwärtig fortwirkt. Dem hingegen ist zu berücksichtigen, dass im Falle einer Auszahlung der vorläufig einbehaltenen Leistungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Antragsgegner im Falle seines Obsiegens im Hauptsacheverfahren die Rückforderung nur schwerlich realisieren könnte. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin dürften Zweifel daran bestehen, dass sie sodann finanziell in der Lage wäre, die vorläufig ausgezahlten Beträge zurückzuerstatten. Demnach ist die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer Interessen auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.
4. Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit die Antragstellerin die vorläufige Gewährung höherer Leistungen für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2011 als das durch Bescheid vom 30. Mai 2011 bewilligte Alg II geltend macht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund. Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung. Vorliegend fehlt es an einem Anordnungsanspruch, da der Antragsgegner durch den Bescheid vom 30. Mai 2011 - mangels hiergegen eingelegten Widerspruchs - bestandskräftig und damit für die Beteiligten bindend (vgl. §§ 77 SGG, 39 Abs. 2 SGB X) über die Höhe des der Antragsstellerin für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2011 zu gewährenden Alg II entschieden hat. Die Antragstellerin hat gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch eingelegt, so dass nach Ablauf der Widerspruchsfrist von einem Monat (§ 84 Abs. 1 SGG) Bestandskraft eingetreten ist. In den Verwaltungsakten des Antragsgegners ist keine Widerspruch der Antragstellerin dokumentiert. Auch hat sich die Antragstellerin nicht darauf berufen, dass sie gegen den Bescheid vom 30. Mai 2011 tatsächlich Widerspruch eingelegt hat. Schließlich enthält der am 7. Juni 2011 beim SG erhobene einstweilige Rechtsschutzantrag keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Mai 2011. Zwar muss der Rechtsbehelf nicht als Widerspruch bezeichnet werden; es genügt, wenn der Betroffene zum Ausdruck bringt, dass er sich durch den Verwaltungsakt beeinträchtigt fühlt und die Überprüfung durch die Verwaltung verlangt (vgl. nur Leitherer in: Meyer-Ladewig, 9. Aufl. 2008, § 84 Rdnr. 2). Daher ist anerkannt, dass eine Klage und ein einstweiliges Rechtsschutzbegehren einen Widerspruch beinhalten kann. Vorliegend kann der einstweilige Rechtsschutzantrag der Antragstellerin vom 7. Juni 2011 nach dem objektiven Erklärungswert, der sich danach bestimmt, wie der Empfänger die Erklärung nach den Umständen, insbesondere der wohl verstandenen Interessenlage, verstehen muss (Keller in: Meyer-Ladewig, 9. Aufl. 2008, Vor § 60 Rdnr. 11a), nicht als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 30. Mai 2011 ausgelegt werden. Denn die Antragstellerin nahm ausdrücklich nur auf ihr Widerspruchsschreiben vom 4. Februar 2011 gegen den Aufhebungsscheid vom 1. Februar 2011 Bezug, der lediglich den Zeitraum bis zum 31. Mai 2011 (Ende des durch Bescheid vom 30. November 2010 geregelten Bewilligungsabschnitts) regelt, und verlangte insofern die Auszahlung der "vollen Leistungen nach dem SGB II". Dass sie damit gleichzeitig die Überprüfung des zwischenzeitlich auf ihren Fortzahlungsantrag ergangenen Bewilligungsbescheids vom 30. Mai 2011 durch den Antragsgegner verlangt, ist nicht erkennbar. Vielmehr war zu erwarten, dass sie die im Bescheid vom 30. Mai 2011 enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung beachtet und ihren gegebenenfalls vorhandenen Wunsch auf Überprüfung mit hinreichender Deutlichkeit gegenüber dem Antragsgegner zum Ausdruck bringt, wie sie es in der Vergangenheit bereits praktiziert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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