Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 KR 3347/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3165/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V findet auf Versicherungsverhältnisse,
die ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V haben,
keine Anwendung.
2. § 6 Abs. 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler
vom 27.10.2008 verstößt gegen höherrangiges Recht und ist
daher unwirksam.
die ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V haben,
keine Anwendung.
2. § 6 Abs. 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler
vom 27.10.2008 verstößt gegen höherrangiges Recht und ist
daher unwirksam.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2010 abgeändert. Die Bescheide der Beklagten vom 3. August 2009, 17. November 2009 und 11. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 sowie der Bescheid vom 20. Dezember 2010 werden insoweit aufgehoben, als darin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 1. Juli 2009 von mehr als 138,60 EUR, für die Zeit ab 1. Januar 2010 von mehr als 140,53 EUR und für die Zeit ab 1. Januar 2011 von mehr als 145,64 EUR gefordert werden. Im Übrigen werden die Berufung des Klägers zurück- und seine Klage abgewiesen.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren trägt die Beklagte ein Viertel. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die bei den Beklagten bestehende Mitgliedschaft und die damit verbundene Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Ferner verlangt er von der Beklagten zu 1) die Herausgabe von Unterlagen über die Versicherung seiner vermeintlichen Ehegattin.
Der 1982 geborene Kläger studierte nach seinen gegenüber den Beklagten unter dem 10. November 2007 gemachten Angaben bis 31. Dezember 2006. Seitdem ist er erwerbslos. Er war bis 31. Dezember 2006 über seine Mutter bei den Beklagten famlilienversichert. Am 22. November 2007 ging bei den Beklagten die Anzeige des Klägers zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) sowie der Einkommensfragebogen ein. Der Kläger gab ua an, er sei ledig und habe keine Einnahmen. Beigefügt war auch eine Aufenthaltsbescheinigung des Einwohnermeldeamts der Stadt M. vom 24. September 2007, in der der Familienstand des Klägers mit ledig angegeben wurde. Zur Prüfung der Voraussetzungen der Versicherungspflicht vermerkte ein Mitarbeiter der Beklagten in einer internen Checkliste "Neuaufnahme freiwilliges Mitglied", die von zwei Mitarbeitern auszufüllen ist, bei "Versicherung des Ehegatten geklärt (PKV)" handschriftlich "led.". Des Weiteren kreuzte ein Mitarbeiter das Kästchen "ja" und ein weiterer Mitarbeiter das Kästchen "nein" an (vgl Bl 11 der Verwaltungsakte der Beklagten).
Die Beklagten führten den Kläger ab 1. April 2007 als Pflichtversicherten nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI. Die Beklagte zu 1) teilte ihm mit Bescheid vom 18. Januar 2008, der auch im Namen der Beklagten zu 2) erging, mit, er sei ab 1. April 2007 bei ihr versichert. In diesem Bescheid, der - ebenso wie alle nachfolgenden Beitragsbescheide - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, setzte die Beklagte zu 1) den monatlichen Beitrag in der Krankenversicherung auf 119,28 EUR und in der Pflegeversicherung auf 16,15 EUR fest. Dabei ging sie von monatlichen Einnahmen von 816,67 EUR ab 1. April 2007 und 828,33 EUR ab 1. Januar 2008 (Mindestbemessungsgrundlage) aus. Dies ergibt sich allerdings nur aus dem Inhalt der Verwaltungsakte; im Bescheid wird nicht erläutert, wie der Beitrag berechnet wurde. In dem Einkommensfragebogen vom 27. Mai 2008, bei den Beklagten eingegangen am 28. Mai 2008, gab der Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von jährlich 350,00 EUR an. Sein Lebensunterhalt werde durch Kost und Wohnung durch die Eltern sichergestellt. Ab 1. Juli 2008 setzten die Beklagten den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung mit 226,07 EUR und zur Pflegeversicherung mit 34,54 EUR fest (Bescheid vom 25. Juni 2008). Sie führten aus, da der Kläger auf die Anfrage nach dem aktuellen Einkommen nicht geantwortet habe, schätzten sie sein Einkommen und orientierten sich dabei an der allgemeinen Einkommensentwicklung. Am 4. September 2008 übersandte der Kläger die Bescheinigung der Sparkasse P./C. mit einer Gutschrift aus Wertpapieren zum 5. Juni 2008 in Höhe von 319,56 EUR. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2008 setzten die Beklagten die monatlichen Beiträge des Klägers ab 1. Juli 2008 für die Krankenversicherung auf 119,28 EUR und in der Pflegeversicherung auf 18,23 EUR sowie wegen Erhöhung des Beitragssatzes der Krankenversicherung um 0,6 Prozentpunkte ab 1. Oktober 2008 in der Krankenversicherung auf 124,25 EUR und in der Pflegeversicherung auf 16,16 EUR fest. Sie gingen von monatlichen fiktiven Einnahmen des Klägers von 801,70 EUR sowie von monatlichen Kapitalerträgen von 26,63 EUR aus. Die Zahlung der rückständigen Beiträge für die Monate Juli bis Dezember 2008 erfolgte am 5. und 9. Februar 2009. Der Kläger wandte sich gegen die der Berechnung der Beiträge zugrunde gelegten fiktiven Einnahmen und übersandte der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 eine "Liste der von Ihnen an mir begangenen Gesetzesüberschreitungen".
Die Beklagten setzten mit Bescheid vom 19. Dezember 2008 wegen der Änderung des Beitragssatzes der Krankenversicherung die monatlichen Beiträge des Klägers ab 1. Januar 2009 zur Krankenversicherung auf 125,16 EUR und zur Pflegeversicherung auf 18,48 EUR fest und teilten mit, dieser Bescheid ersetze den bisherigen Beitragsbescheid mit Wirkung zum 1. Januar 2009. Zuvor hatte der Kläger im Einkommensfragebogen unter dem 27. Mai 2008 angegeben, über keinerlei Brutto-Einnahmen zu verfügen; allerdings hatte er eine Dividendengutschrift seiner Bank vorgelegt, aus der sich (umgerechnet) monatliche Dividendeneinkünfte iHv 26,23 EUR für 2008 ergaben.
Mit Eingaben vom 1. Februar 2009 und 24. April 2009 wandte sich der Kläger an das Ministerium für Arbeit und Soziales des Landes Baden-Württemberg. In der Eingabe vom 24. April 2009 machte er geltend, er sei aus formellen Gründen bei der Beklagten zu 1) seit 1. April 2004 nicht krankenversichert, weil in der "Checkliste" zwei Mitarbeiter der Beklagten unterschiedliche Angaben zur Versicherung des Ehegatten gemacht hätten, obwohl er tatsächlich ledig sei. Die Beklagte zu 1) teilte dem Kläger nach Kenntnis dieser Eingabe mit, sie habe keine Anhaltspunkte, seine Angabe in der Anzeige zur Pflichtversicherung, er sei ledig, anzuzweifeln. Bei der zweiten Prüfung durch einen zweiten Mitarbeiter sei versehentlich das Kreuz an der falsche Stelle gesetzt worden, was jedoch für die Beitragseinstufung keine Auswirkungen habe (Schreiben vom 3. Juli 2009). Sie änderte die "Checkliste" dahin, dass in der Rubrik des zweiten Mitarbeiters das im Kästchen "nein" vorhandene Kreuz gestrichen und das Kästchen "ja" angekreuzt wurde.
Die Beklagten übersandten dem Kläger mit Schreiben vom 4. Juni 2009 einen Einkommensfragebogen und forderten ihn auf, diesen ausgefüllt zurückzusenden. Nachdem eine Antwort des Klägers nicht eingegangen war, setzte die Beklagte zu 1) - im Gegensatz zu den vorangegangenen Beitragsbescheiden ist die Beklagte zu 2) im Briefkopf nicht genannt - mit Bescheid vom 3. August 2009 die monatlichen Beiträge des Klägers ab 1. Juli 2009 zur Krankenversicherung auf 525,53 EUR und zur Pflegeversicherung auf 80,85 EUR fest und teilte mit, dieser Bescheid ersetze den bisherigen Beitragsbescheid mit Wirkung zum 1. Juli 2009. Sie legte als Einnahmen die Beitragsbemessungsgrenze des Jahres 2009 in Höhe von 3.675,00 EUR zugrunde. Gegen diesen Bescheid, der eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, erhob der Kläger am 11. August 2009 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009 gaben die Beklagten dem Widerspruch des Klägers insoweit statt, als sie die Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. November 2009 von monatlich 80,85 EUR auf 18,48 EUR reduzierten; im Übrigen wiesen sie den Widerspruch des Klägers gegen die Beitragsbescheide vom 18. Januar 2008, 25. Juni 2008, 8. Oktober 2008, 19. Dezember 2008 und 3. August 2009 zurück.
Der Kläger hatte bereits am 30. Juli 2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe ([SG] S 7 KR 3347/09) erhoben und (zunächst) die Klärung seines Familienstandes begehrt. Zu diesem Zweck seien die Akten der Beklagten zu 1) an ihn herauszugeben, um ein rechtmäßiges Versicherungsverhältnis herzustellen. Ferner sei "im Vorverfahren" das seit 1. April 2007 bestehende Versicherungsverhältnis aufzuheben. Sinngemäß hat er sich darüber hinaus gegen sämtliche ergangenen Beitragsbescheide gewandt und in diesem Zusammenhang auch auf die fehlenden Rechtsbehelfsbelehrungen hingewiesen. In den unterschiedlichen Angaben zu seinem Familienstand in der "Checkliste" sehe er überdies die Verwirklichung eines Straf- oder Bußgeldtatbestands. Mit Urteil vom 11. Mai 2010, dem Kläger zugestellt am 18. Juni 2010, hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V seit dem 1. April 2007 bei der Beklagten zu 1) krankenversicherungspflichtiges Mitglied (§ 186 Abs 11 Satz 1 SGB V). Die zunächst vorgenommene fehlerhafte Eintragung eines Mitarbeiters der Beklagten, das Versicherungsverhältnis des Ehegatten sei nicht geklärt, habe keinen Einfluss auf seine Mitgliedschaft, denn auch die Beklagte gehe davon aus, der Kläger sei ledig. Auch seien die angefochtenen Beitragsbescheide rechtmäßig. Als versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten sei der Kläger nach § 223 Abs 1 SGB V beitragspflichtig. Die Beitragshöhe hätten die Beklagten zu Recht unter Berücksichtigung der Mindestbemessungsgrundlage und dem jeweils gültigen Beitragssatz festgesetzt. Insoweit werde auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009 verwiesen. Ein Anspruch des Klägers auf Herausgabe von Unterlagen, die seine Ehegattin betreffen, bestehe nicht, da der Kläger nicht verheiratet sei.
Der Kläger hat am 30. Juni 2010 "Restitutionsklage" beim SG erhoben. Das SG hat diese an das LSG weitergeleitet, das den Kläger darauf hingewiesen hat, sein Begehren werde als Berufung gegen das Urteil des SG vom 11. Mai 2010 gewertet. Zur Begründung legt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags sinngemäß dar, er sei niemals Mitglied der Beklagten geworden. Die Beklagten hätten keinen Nachweis dafür erbracht, dass er ledig sei. Auch habe er niemals die Möglichkeit erhalten, Akteneinsicht zu nehmen. All dies habe strafrechtsrelevanten Charakter. Abweichend zu seinem bisherigen Vortrag führt er aus, er sei mit einer P. M., geboren 1981, seit 8. Dezember 2007 verheiratet (vgl Bl 5 der LSG-Akte). Bei dieser bleibe er auch mitversichert (vgl Bl 10 der LSG-Akte). Die Tatsache, dass sich dies nicht aus der Aufenthaltsbestätigung ergebe, stelle allenfalls eine Ordnungswidrigkeit dar; die Meldebestätigung könne jedoch nicht zur Klärung des Familienstandes herangezogen werden, da sie lediglich der Wohnortfeststellung diene.
Nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. August 2011 noch weitere Beitragsbescheide vom 17. November 2009, 11. Dezember 2009 und 20. Dezember 2010 vorgelegt hat, beantragt der Kläger (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2010 aufzuheben und festzustellen, dass er nicht Mitglied der Beklagten geworden ist, die Bescheide vom 18. Januar 2008, 25. Juni 2008, 8. Oktober 2008, 19. Dezember 2008, 3. August 2009, 17. November 2009 und 11. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 sowie den Bescheid vom 20. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Unterlagen über die Versicherung seiner Ehegattin herauszugeben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie halten die Entscheidung des SG für zutreffend.
Neben dem Klageverfahren hat der Kläger seine Begehren in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgt. In dem beim SG unter dem Az S 7 KR 3758/09 ER geführten Verfahren hat er den Erlass einer einstweiliger Anordnung, gerichtet auf die Zahlung von Schadensersatz durch entgangenen Unterhalt in Höhe von vorläufig 33.660,00 EUR, sowie auf Feststellung der Nichtigkeit der Mitgliedschaft bei den Beklagten begehrt. In dem Verfahren S 7 KR 3914/09 ER hat er beantragt, bis zum Abschluss des Verfahrens jeden Verwaltungsakt der Beklagten aufzuheben und die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen. Das SG hat die Anträge mit Beschlüssen vom 11. und 21. September 2009 abgelehnt. Die hiergegen eingelegten Beschwerden hat der 4. Senat des LSG mit Beschlüssen vom 13. November 2009 (Az L 4 KR 4675/09 ER-B und L 4 KR 4811/09 ER-B) zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten dieser Verfahren wird auf die Gründe der genannten Beschlüsse des 4. Senats Bezug genommen.
Da der Kläger auf Anforderung der vorherigen Berichterstatterin keine aktuelle Aufenthaltsbescheinigung vorgelegt hat, hat der Senat das Einwohnermeldeamt der Stadt M. zur Klärung des Familienstandes des Klägers seit 24. September 2007 angeschrieben. Unter dem 3. November 2010 hat die Stadtverwaltung M. mitgeteilt, der Familienstand des Klägers sei nach wie vor "ledig".
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen Akten der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und teilweise begründet. Der Kläger ist seit 1. April 2007 versicherungspflichtiges Mitglied bei den Beklagten; insoweit ist die Berufung unbegründet (dazu unter 1.). Das Gleiche gilt hinsichtlich des Begehrens, die gegen den Kläger ergangenen Beitragsbescheide insgesamt aufzuheben. Soweit sich der Kläger sinngemäß auch gegen die Höhe der von der Beklagten geforderten Beiträge wendet, hat die Berufung teilweise Erfolg. Die Bescheide der Beklagten vom 3. August 2009, 17. November 2009 und 11. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 (§ 95 SGG) sowie der Bescheid vom 20. Dezember 2010, der gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist und über den der Senat auf Klage zu entscheiden hat, sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 1. Juli 2009 von mehr als 138,60 EUR, für die Zeit ab 1. Januar 2010 von mehr als 140,53 EUR und für die Zeit ab 1. Januar 2011 von mehr als 145,64 EUR gefordert werden (dazu unter 2.). Demgegenüber erweisen sich die zuvor ergangenen Bescheide vom 18. Januar 2008, 25. Juni 2008, 8. Oktober 2008, 19. Dezember 2008 als rechtmäßig und den Kläger nicht in subjektiven Rechten verletzend (dazu unter 3.). Letztlich besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Herausgabe der von ihm geforderten Unterlagen; insoweit ist die Berufung wiederum unbegründet (dazu unter 4.).
1. Der Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und nach § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI.
Nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V sind (seit 1. April 2007) versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 (SGB V) genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger war bis zum 31. Dezember 2006 bei der Beklagten krankenversichert. Anschließend bestand weder eine private noch eine gesetzliche Krankenversicherung. Der Kläger wohnte auch ab dem 1. Januar 2007 bei seinen Eltern, er ging keiner Erwerbsarbeit nach.
Nach § 5 Abs 8a Satz 1 SGB V ist nach Absatz 1 Nr 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist. Nach Satz 2 dieser Bestimmung gilt Satz 1 entsprechend ua für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII. Die Ausnahmetatbestände des § 5 Abs 8a Sätze 1 und 2 SGB V sind - auch nach den eigenen Angaben des Klägers in der Anzeige den Pflichtversicherung vom 10. November 2007 - nicht erfüllt. Er hatte dort angegeben, seit Ende der Familienversicherung am 31. Dezember 2006 nicht mehr selbst, über seine Eltern oder über einen Ehegatten gesetzlich oder privat krankenversichert zu sein. Er hat insoweit auch im vorliegenden Klage- und Berufungsverfahren nichts anderes behauptet. Obgleich der Kläger seinen Angaben nach erwerbslos ist, gibt es insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V besteht. Denn andernfalls wäre eine entsprechende Meldung durch den zuständigen SGB II-Leistungsträger erfolgt.
Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind nach § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind nach § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V oder nach § 2 Abs 1 Nr 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen. Der Kläger ist - wie dargestellt - nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V versichert.
Da der Kläger zuletzt bei den Beklagten familienversichert war, sind diese die für die Durchführung der Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI zuständige Kranken- und Pflegekasse (§ 174 Abs 5 SGB V, § 48 Abs 1 Satz 1 SGB XI). Die Mitgliedschaft des Klägers begann am 1. April 2007, da der Kläger an diesem Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland war (§ 186 Abs 11 Satz 1 SGB V § 49 Abs 1 Satz 1 SGB XI). Die Versicherungspflicht trat kraft Gesetzes ein.
Für den Eintritt der Versicherungspflicht des Antragstellers nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI sowie die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen, insbesondere die Höhe der Beiträge (dazu sogleich), hat die in der "Checkliste" zunächst fehlerhaft eingetragene Annahme des zweiten Mitarbeiters, das Versicherungsverhältnis des Ehegatten sei nicht geklärt, keinerlei Auswirkungen. Die Frage, ob die Beklagten - wie vom Kläger behauptet - in irgendeiner Weise gegen den Sozialdatenschutz verstoßen haben, ist für die kraft Gesetzes eingetretene Mitgliedschaft des Klägers bei den Beklagten und die sich daraus ergebende Beitragszahlung unerheblich. Allein auf Grund der vom Kläger selbst gemachten Angaben in der Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI ergibt sich, dass die Voraussetzungen der genannten gesetzlichen Vorschriften gegeben sind. Ferner gingen und gehen die Beklagten davon aus, dass der Antragsteller ledig ist (vgl Schreiben der Beklagten zu 1) vom 3. Juli 2009). Durch die vom Senat veranlassten Ermittlungen wurde im Übrigen (nochmals) bestätigt, dass der Kläger auch nach dem 24. September 2007 noch ledig gewesen ist. Vor dem Hintergrund der entsprechenden Mitteilung des Stadtverwaltung M. vom 3. November 2010, an deren Richtigkeit zu zweifeln für den Senat kein Anlass besteht, erweist sich der entgegenstehende Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren als unzutreffend.
2. Die Bescheide vom 3. August 2009, 17. November 2009 und 11. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 sowie der Bescheid vom 20. Dezember 2010 sind rechtswidrig, soweit darin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 1. Juli 2009 von mehr als 138,60 EUR, für die Zeit ab 1. Januar 2010 von mehr als 140,53 EUR und für die Zeit ab 1. Januar 2011 von mehr als 145,64 EUR gefordert werden. Während die Forderung der Mindestbeiträge auf § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V beruht, fehlt es für die Festsetzung höherer Beiträge an einer Rechtsgrundlage.
Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung der Höchstbeiträge kann nicht auf die für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige geltende Regelung in § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V (in den ab 1. April 2007 geltenden Fassungen) gestützt werden, da der Kläger - auch nach Ansicht der Beklagten - nicht zu diesem Personenkreis gehört. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit behauptet und auch aus den Akten gibt es hierfür keine Hinweise. Die für Versicherte nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V in § 227 SGB V angeordnete entsprechende Geltung des § 240 SGB V besagt nicht, dass für diese Versicherten die in § 240 SGB V für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige geltende Regelungen unabhängig davon anzuwenden sind, ob diese Versicherten eine selbständige Tätigkeit überhaupt ausüben. Wie die Regelung in § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V, die zwischen Versicherten nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V mit und ohne Anspruch auf Krankenngeld differenziert, zeigt, geht das Gesetz auch in einem anderen Zusammenhang davon aus, dass nicht jeder nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherte wie ein hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger zu behandeln ist.
Die Festsetzung der Höchstbeiträge für die Zeit ab 1. Juli 2009 findet ihre Rechtsgrundlage auch nicht in § 6 Abs 5 der vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27. Oktober 2008. Nach dieser Bestimmung sind für die weitere Beitragsbemessung für den Kalendertag beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1/30 der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen, sofern und solange Nachweise auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorgelegt werden. Änderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines später vorgelegten Nachweises sind erst zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats zu berücksichtigen, wenn der Nachweis nach Ablauf eines Monats nach der Bekanntgabe der Beitragsfestsetzung nach Satz 1 der Krankenkasse vorgelegt wird. Zwar steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger den mit Schreiben der Beklagten vom 4. Juni 2009 übersandten Fragebogen nicht ausgefüllt und auch nicht auf andere Weise Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemacht hat, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze erfüllt sind. Der Senat ist jedoch der Ansicht, dass die Regelung in § 6 Abs 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze mit höherem Recht nicht im Einklang steht und daher unwirksam ist.
Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind Entscheidungen des GKV-Spitzenverbandes, die nach § 217e Abs 2 SGB V auch für die Versicherten verbindlich sind (vgl Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 240 SGB V - Stand Juni 2010 - Rz 5). Aufgrund der durch Gesetz angeordneten Verbindlichkeit können die Grundsätze nicht als bloße Verwaltungsvorschriften interpretiert werden (so aber HessLSG, Beschluss vom 21. Februar 2011, L 1 KR 327/10 B ER, zit nach juris); sie sind - insoweit vergleichbar mit den Richtlinien nach § 92 SGB V - Gesetze im materiellen Sinn, die Elemente der delegierten Rechtssetzung und des autonomen Satzungsrechts verbinden (so zu den Richtlinien nach § 92 SGB V Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung § 92 SGB V - Stand November 2009 - Rz 9). Ebenso wie Satzungen sind die Beitragsverfahrensgrundsätze von einer mit Selbstverwaltung ausgestatteten Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 217a SGB V) erlassen worden. Sie unterscheiden sich aber von Satzungen, weil sie vom GKV-Spitzenverband nicht im Rahmen der diesem gesetzlich verliehenen Autonomie und auch nicht nur mit Wirksamkeit für die dem Verband angehörenden Krankenkassen (Mitglieder) erlassen wurden (vgl BVerfG im sog Facharzt-Beschluss vom 9. Mai 1972, 1 BvR 518/62, 1 BvR 308/64, BVerfGE 33, 125 mwN). Die Beitragsverfahrensgrundsätze sind - insoweit vergleichbar mit Rechtsverordnungen - Regelungen, die auf einer vom Gesetz erteilten Rechtssetzungsbefugnis beruhen. Die Ermächtigung zum Erlass der Beitragsverfahrensgrundsätze folgt ua aus § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V. Da die Grundsätze somit nicht der Ausgestaltung der durch das Gesetz eingeräumten Selbstverwaltung des GKV-Spitzenverbandes dienen, sondern das Beitragsrecht zur freiwilligen Selbstverwaltung bzw - über die Verweisung in § 227 SGB V - die Beitragsentrichtung der nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherten gestalten, gelten für sie die sich aus der Verfassung ergebenden Anforderungen an den Erlass untergesetzlicher Normen im besonderen Maße. Dies bedeutet nicht nur, dass entsprechend Art 80 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Zu beachten ist auch der im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip wurzelnde Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der im Sozialrecht zudem in § 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auch einfachgesetzlich normiert ist. Eine Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung darf danach nur begründet werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Ob die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler diesen Anforderungen insgesamt nicht genügen (vgl hierzu HessLSG aaO; SG München, Urteil vom 2. März 2010, S 19 KR 873/09, zit nach juris), lässt der Senat offen.
Die in § 6 Abs 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vorgesehene Festsetzung des Höchstbeitrages für Versicherte nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V, die (schuldhaft) keine Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen machen und damit ihrer sich aus § 206 SGB V ergebenden Mitwirkungspflicht nicht nachkommen, wird jedenfalls von der Ermächtigungsgrundlage des § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht gedeckt. Daher ist diese Regelung unwirksam. Denn dadurch werden höhere Einnahmen nur fingiert. Hierzu hat das BSG zum früheren Recht bereits entschieden, dass gegen die Zulässigkeit einer Fiktion von höheren Mindesteinnahmen bereits § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V (Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) spreche. Mit dieser allgemeinen Handlungsanleitung werde dem Satzungsgeber gestattet und aufgetragen, die Einzelheiten der Beitragsbemessung für die freiwilligen Mitglieder - ausgerichtet an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Mitglieds - in der Satzung näher zu regeln. Hierbei könne die Krankenkasse etwa Bestimmungen darüber treffen, welche Einnahmearten zu berücksichtigen sind, inwieweit Betriebsausgaben oder Abschreibungen sich beitragsmindernd auswirken, wie Steuervergünstigungen zu behandeln sind und inwieweit Verlustausgleiche zugelassen werden. Dagegen gestatte die Vorschrift keine Fiktion tatsächlich nicht erzielter Einnahmen; denn die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds werde durch seine tatsächlichen und nicht durch fiktive Einnahmen bestimmt (BSG, Urteil vom 15. September 1992, 12 RK 51/91, SozR 3-2500 § 240 Nr 9). Diese Argumentation lässt sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Zwar hat das BSG im Urteil vom 9. Februar 1993 (12 RK 69/92, SozR 3-2500 § 240 Nr 14) entschieden, dass ein Versicherter nicht mit Erfolg geltend machen könne, dass die der Beitragsbemessung zugrundeliegenden Einnahmen zu hoch angesetzt seien, wenn er der Krankenkasse die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen unmöglich macht. Diese Entscheidung betraf aber einen selbständig Erwerbstätigen, der Einkommensteuerbescheide oder Gewinn- und Verlustrechnungen hätte vorlegen können, die Vorlage dieser Unterlagen aber verweigerte. Diese Entscheidung des BSG ist durch die Regelung in § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V inzwischen überholt.
Im Übrigen lässt sich der Regelung in § 240 Abs 4 SGB V, die für verschiedene Fallkonstellationen die Bemessung der Beiträge nach einer Mindestbemessungsgrundlage bestimmt, entnehmen, dass der Gesetzgeber die Frage, ob und in welchen Fällen von einer Mindestbemessungsgrundlage ausgegangen werden darf, abschließend geregelt hat. Auch aus diesem Grund ist für eine Regelung durch den GKV-Spitzenverband kein Raum. Ferner werden in anderen Fällen, zB bei der Verletzung von Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers (§ 28f Abs 2 Satz 3 SGB IV) oder der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Beantragung und dem Bezug von Sozialleistungen (§ 66 SGB I), die Folgen einer Verletzung dieser Pflichten ebenfalls im Gesetz selbst bestimmt. Dies hat seinen Grund darin, dass es sich dabei um wesentliche Entscheidungen handelt, die nach dem Grundsatz des Parlamentsvorbehalts im Gesetz selbst geregelt werden müssen.
3. Dagegen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig, soweit darin Beiträge nach der Mindestbemessungsgrundlage des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V festgesetzt werden.
Hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung gilt nach § 227 SGB V für die nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherungspflichtigen § 240 SGB V entsprechend. Nach § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Als beitragspflichtige Einnahmen gilt nach § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Die Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V darf auch in Härtefällen nicht unterschritten werden, etwa dann, wenn die beitragsrelevanten tatsächlichen Einnahmen des Versicherten wesentlich unter dieser Grenze liegen oder Einkommen überhaupt nicht vorhanden ist (vgl. zB BSG, Urteil vom 18. Februar 1997 - 1 RR 1/94 - SozR 3-2500 § 240 Nr 29). § 227 SGB V gilt für die Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen in der Pflegeversicherung entsprechend (§ 57 Abs 1 SGB XI).
Die Festsetzung eines Mindestbeitrags beruht direkt auf der gesetzlichen Regelung in § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V. Auf die Wirksamkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze kommt es deshalb nicht an. Das BSG hat in seiner Rechtsprechung, der der Senat folgt (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 23. August 2005 - L 11 KR 3450/04 = veröffentlicht in juris sowie Urteil vom 16. August 2011, L 11 KR 1801/10), die gesetzliche Beitragsbemessung nach Mindesteinnahmen in der freiwilligen Versicherung für Mitglieder, die nur unter dieser Grenze liegende oder überhaupt keine Einkünfte habe, ausnahmslos für verfassungsgemäß gehalten (vgl BSGE 52, 32; BSGE 70, 13; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 7; BSG SozR 3-1300 § 40 Nr 2; Urteil vom 6. November 1997 - 12 RK 61/96; vgl auch Gerlach in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB V, § 240 Rdnr 45, Stand Dezember 2008). Nach Auffassung des Senats gilt dies auch für die Beitragsbemessung der nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherten. Denn für diese Versicherten können die Beiträge zur Krankenversicherung unter den Voraussetzungen des § 32 Abs 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch vom Sozialhilfeträger übernommen werden.
Für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2007 setzten die Beklagten im Bescheid vom 18. Januar 2008 als Beitrag zur Krankenversicherung den Mindestbeitrag des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V in Höhe von 117,60 EUR (Krankenversicherung) sowie von 15,93 EUR (Pflegeversicherung) zutreffend fest. Bei der für das Jahr 2007 maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße von 2.450,00 EUR beträgt der neunzigste Teil 27,22 EUR. Da der Monat mit 30 Kalendertagen anzusetzen ist (§ 223 Abs 2 Satz 2 SGB V, § 54 Abs 2 Satz 3 SGB XI), ergeben sich beitragspflichtige Mindesteinnahmen von monatlich 816,16 EUR, bei einem ermäßigten Beitragssatz von 14,4 vH ein Beitrag zur Krankenversicherung von 117,60 EUR sowie bei einem Beitragssatz von 1,95 vH - der Kläger ist kinderlos - ein Beitrag zur Pflegeversicherung von 15,93 EUR. Gleichzeitig erhoben sie zu Recht unter Zugrundelegung der erhöhten monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2008 (= 2.485,00 EUR) einen Krankenversicherungsbeitrag von 119,28 EUR und einen Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 16,15 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2008.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2008, ersetzt durch den Bescheid vom 8. Oktober 2008, legten die Beklagten die Beitragshöhe ab 1. Juli 2008 zutreffend auf 119,28 EUR (Krankenversicherung) und 18,23 EUR (Pflegeversicherung bei Erhöhung des Beitragssatzes auf 2,2 vH) fest. Für die Zeit ab 1. Oktober 2008 ergaben sich infolge der Anhebung des Beitragssatzes in der Krankenversicherung auf 15,0 vH Beiträge in Höhe von 124,25 EUR (Krankenversicherung) und 16,16 EUR (Pflegeversicherung).
Auch die verfügte Beitragshöhe für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagten setzten im Bescheid vom 19. Dezember 2008 als Beitrag zur Krankenversicherung den Mindestbeitrag des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V in rechtmäßiger Höhe von 125,16 EUR (Krankenversicherung) sowie von 18,48 EUR (Pflegeversicherung) fest. Bei der für das Jahr 2009 maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße von 2.520,00 EUR beträgt bei einem ermäßigten Beitragssatz von 14,9 vH der Beitrag zur Krankenversicherung 125,16 EUR sowie bei einem Beitragssatz von 2,2 vH der Beitrag zur Pflegeversicherung 18,48 EUR.
Für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2009 ergibt sich ein rechtmäßiger Krankenversicherungsbeitrag von 120,12 EUR (ermäßigter Beitragssatz von 14,3 vH) und ein Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 18,48 EUR (Beitragssatz von 2,2 vH), insgesamt 138,60 EUR unter Berücksichtigung der beitragspflichtigen monatlichen Mindesteinnahmen von 840,00 EUR für das Jahr 2009 (monatliche Bezugsgröße von 2.520,00 EUR, neunzigster Teil beträgt 28,00 EUR).
Für das Jahr 2010 haben die Beklagten gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung des Mindestbeitrags des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V in Höhe von insgesamt 140,53 EUR monatlich. Bei der für das Jahr 2010 maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße von 2.555,00 EUR und der daraus resultierenden monatliche Mindesteinnahme von 851,67 EUR beträgt bei einem ermäßigten Beitragssatz von 14,3 vH der Beitrag zur Krankenversicherung 121,79 EUR sowie bei einem Beitragssatz von 2,2 vH der Beitrag zur Pflegeversicherung 18,74 EUR.
Ab 1. Januar 2011 ergibt sich unter Zugrundelegung eines im Vergleich zu 2010 erhöhten Beitragssatzes zur Krankenversicherung um 0,6 vH (14,9 vH) ein monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung von 126,90 EUR sowie von 18,74 EUR zur Pflegeversicherung (insgesamt 145,64 EUR).
Aus der fehlerhaften Angabe in der "Checkliste" zur Frage der Klärung des Versicherungsverhältnisses eines Ehegatten sind auch hinsichtlich der Höhe der Beiträge keine Nachteile für den Kläger entstanden, weil der Familienstand bei der Beitragsbemessung keine Rolle gespielt hat. Abstufungen nach dem Familienstand sind im Übrigen auch nach § 240 Abs 2 Satz 2 SGB V - eingefügt mit Wirkung zum 1. Januar 2009 durch Art 2 Nr 29a) Buchst b) bb) des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl I, S 378) -, der nach § 227 SGB V für die nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherungspflichtigen entsprechend gilt, unzulässig (vgl hierzu Beschluss vom 13. November 2009 – L 4 KR 4811/09 ER-B).
4. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, besteht kein Anspruch des Klägers auf Herausgabe von Unterlagen seiner vermeintlichen Ehegattin. Der Kläger ist, wie bereits oben dargelegt, nicht verheiratet. Unterlagen über seine Ehegattin können damit nicht existieren.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
6. Die Revision wird zugelassen. Der Frage, ob die von der Beklagten herangezogenen einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27. Oktober 2008 den Krankenversicherungsträger auch bei versicherungspflichtigen Mitgliedern im Sinne des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V berechtigen, Beiträge unter Zugrundelegung der Beitragsbemessungsgrenze (Höchstbeiträge) zu erheben, wenn der Versicherte keine oder unvollständige Angaben zur Höhe seines Einkommens macht, kommt grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren trägt die Beklagte ein Viertel. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die bei den Beklagten bestehende Mitgliedschaft und die damit verbundene Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Ferner verlangt er von der Beklagten zu 1) die Herausgabe von Unterlagen über die Versicherung seiner vermeintlichen Ehegattin.
Der 1982 geborene Kläger studierte nach seinen gegenüber den Beklagten unter dem 10. November 2007 gemachten Angaben bis 31. Dezember 2006. Seitdem ist er erwerbslos. Er war bis 31. Dezember 2006 über seine Mutter bei den Beklagten famlilienversichert. Am 22. November 2007 ging bei den Beklagten die Anzeige des Klägers zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) sowie der Einkommensfragebogen ein. Der Kläger gab ua an, er sei ledig und habe keine Einnahmen. Beigefügt war auch eine Aufenthaltsbescheinigung des Einwohnermeldeamts der Stadt M. vom 24. September 2007, in der der Familienstand des Klägers mit ledig angegeben wurde. Zur Prüfung der Voraussetzungen der Versicherungspflicht vermerkte ein Mitarbeiter der Beklagten in einer internen Checkliste "Neuaufnahme freiwilliges Mitglied", die von zwei Mitarbeitern auszufüllen ist, bei "Versicherung des Ehegatten geklärt (PKV)" handschriftlich "led.". Des Weiteren kreuzte ein Mitarbeiter das Kästchen "ja" und ein weiterer Mitarbeiter das Kästchen "nein" an (vgl Bl 11 der Verwaltungsakte der Beklagten).
Die Beklagten führten den Kläger ab 1. April 2007 als Pflichtversicherten nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI. Die Beklagte zu 1) teilte ihm mit Bescheid vom 18. Januar 2008, der auch im Namen der Beklagten zu 2) erging, mit, er sei ab 1. April 2007 bei ihr versichert. In diesem Bescheid, der - ebenso wie alle nachfolgenden Beitragsbescheide - nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, setzte die Beklagte zu 1) den monatlichen Beitrag in der Krankenversicherung auf 119,28 EUR und in der Pflegeversicherung auf 16,15 EUR fest. Dabei ging sie von monatlichen Einnahmen von 816,67 EUR ab 1. April 2007 und 828,33 EUR ab 1. Januar 2008 (Mindestbemessungsgrundlage) aus. Dies ergibt sich allerdings nur aus dem Inhalt der Verwaltungsakte; im Bescheid wird nicht erläutert, wie der Beitrag berechnet wurde. In dem Einkommensfragebogen vom 27. Mai 2008, bei den Beklagten eingegangen am 28. Mai 2008, gab der Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von jährlich 350,00 EUR an. Sein Lebensunterhalt werde durch Kost und Wohnung durch die Eltern sichergestellt. Ab 1. Juli 2008 setzten die Beklagten den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung mit 226,07 EUR und zur Pflegeversicherung mit 34,54 EUR fest (Bescheid vom 25. Juni 2008). Sie führten aus, da der Kläger auf die Anfrage nach dem aktuellen Einkommen nicht geantwortet habe, schätzten sie sein Einkommen und orientierten sich dabei an der allgemeinen Einkommensentwicklung. Am 4. September 2008 übersandte der Kläger die Bescheinigung der Sparkasse P./C. mit einer Gutschrift aus Wertpapieren zum 5. Juni 2008 in Höhe von 319,56 EUR. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2008 setzten die Beklagten die monatlichen Beiträge des Klägers ab 1. Juli 2008 für die Krankenversicherung auf 119,28 EUR und in der Pflegeversicherung auf 18,23 EUR sowie wegen Erhöhung des Beitragssatzes der Krankenversicherung um 0,6 Prozentpunkte ab 1. Oktober 2008 in der Krankenversicherung auf 124,25 EUR und in der Pflegeversicherung auf 16,16 EUR fest. Sie gingen von monatlichen fiktiven Einnahmen des Klägers von 801,70 EUR sowie von monatlichen Kapitalerträgen von 26,63 EUR aus. Die Zahlung der rückständigen Beiträge für die Monate Juli bis Dezember 2008 erfolgte am 5. und 9. Februar 2009. Der Kläger wandte sich gegen die der Berechnung der Beiträge zugrunde gelegten fiktiven Einnahmen und übersandte der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 eine "Liste der von Ihnen an mir begangenen Gesetzesüberschreitungen".
Die Beklagten setzten mit Bescheid vom 19. Dezember 2008 wegen der Änderung des Beitragssatzes der Krankenversicherung die monatlichen Beiträge des Klägers ab 1. Januar 2009 zur Krankenversicherung auf 125,16 EUR und zur Pflegeversicherung auf 18,48 EUR fest und teilten mit, dieser Bescheid ersetze den bisherigen Beitragsbescheid mit Wirkung zum 1. Januar 2009. Zuvor hatte der Kläger im Einkommensfragebogen unter dem 27. Mai 2008 angegeben, über keinerlei Brutto-Einnahmen zu verfügen; allerdings hatte er eine Dividendengutschrift seiner Bank vorgelegt, aus der sich (umgerechnet) monatliche Dividendeneinkünfte iHv 26,23 EUR für 2008 ergaben.
Mit Eingaben vom 1. Februar 2009 und 24. April 2009 wandte sich der Kläger an das Ministerium für Arbeit und Soziales des Landes Baden-Württemberg. In der Eingabe vom 24. April 2009 machte er geltend, er sei aus formellen Gründen bei der Beklagten zu 1) seit 1. April 2004 nicht krankenversichert, weil in der "Checkliste" zwei Mitarbeiter der Beklagten unterschiedliche Angaben zur Versicherung des Ehegatten gemacht hätten, obwohl er tatsächlich ledig sei. Die Beklagte zu 1) teilte dem Kläger nach Kenntnis dieser Eingabe mit, sie habe keine Anhaltspunkte, seine Angabe in der Anzeige zur Pflichtversicherung, er sei ledig, anzuzweifeln. Bei der zweiten Prüfung durch einen zweiten Mitarbeiter sei versehentlich das Kreuz an der falsche Stelle gesetzt worden, was jedoch für die Beitragseinstufung keine Auswirkungen habe (Schreiben vom 3. Juli 2009). Sie änderte die "Checkliste" dahin, dass in der Rubrik des zweiten Mitarbeiters das im Kästchen "nein" vorhandene Kreuz gestrichen und das Kästchen "ja" angekreuzt wurde.
Die Beklagten übersandten dem Kläger mit Schreiben vom 4. Juni 2009 einen Einkommensfragebogen und forderten ihn auf, diesen ausgefüllt zurückzusenden. Nachdem eine Antwort des Klägers nicht eingegangen war, setzte die Beklagte zu 1) - im Gegensatz zu den vorangegangenen Beitragsbescheiden ist die Beklagte zu 2) im Briefkopf nicht genannt - mit Bescheid vom 3. August 2009 die monatlichen Beiträge des Klägers ab 1. Juli 2009 zur Krankenversicherung auf 525,53 EUR und zur Pflegeversicherung auf 80,85 EUR fest und teilte mit, dieser Bescheid ersetze den bisherigen Beitragsbescheid mit Wirkung zum 1. Juli 2009. Sie legte als Einnahmen die Beitragsbemessungsgrenze des Jahres 2009 in Höhe von 3.675,00 EUR zugrunde. Gegen diesen Bescheid, der eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, erhob der Kläger am 11. August 2009 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009 gaben die Beklagten dem Widerspruch des Klägers insoweit statt, als sie die Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. November 2009 von monatlich 80,85 EUR auf 18,48 EUR reduzierten; im Übrigen wiesen sie den Widerspruch des Klägers gegen die Beitragsbescheide vom 18. Januar 2008, 25. Juni 2008, 8. Oktober 2008, 19. Dezember 2008 und 3. August 2009 zurück.
Der Kläger hatte bereits am 30. Juli 2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe ([SG] S 7 KR 3347/09) erhoben und (zunächst) die Klärung seines Familienstandes begehrt. Zu diesem Zweck seien die Akten der Beklagten zu 1) an ihn herauszugeben, um ein rechtmäßiges Versicherungsverhältnis herzustellen. Ferner sei "im Vorverfahren" das seit 1. April 2007 bestehende Versicherungsverhältnis aufzuheben. Sinngemäß hat er sich darüber hinaus gegen sämtliche ergangenen Beitragsbescheide gewandt und in diesem Zusammenhang auch auf die fehlenden Rechtsbehelfsbelehrungen hingewiesen. In den unterschiedlichen Angaben zu seinem Familienstand in der "Checkliste" sehe er überdies die Verwirklichung eines Straf- oder Bußgeldtatbestands. Mit Urteil vom 11. Mai 2010, dem Kläger zugestellt am 18. Juni 2010, hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V seit dem 1. April 2007 bei der Beklagten zu 1) krankenversicherungspflichtiges Mitglied (§ 186 Abs 11 Satz 1 SGB V). Die zunächst vorgenommene fehlerhafte Eintragung eines Mitarbeiters der Beklagten, das Versicherungsverhältnis des Ehegatten sei nicht geklärt, habe keinen Einfluss auf seine Mitgliedschaft, denn auch die Beklagte gehe davon aus, der Kläger sei ledig. Auch seien die angefochtenen Beitragsbescheide rechtmäßig. Als versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten sei der Kläger nach § 223 Abs 1 SGB V beitragspflichtig. Die Beitragshöhe hätten die Beklagten zu Recht unter Berücksichtigung der Mindestbemessungsgrundlage und dem jeweils gültigen Beitragssatz festgesetzt. Insoweit werde auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2009 verwiesen. Ein Anspruch des Klägers auf Herausgabe von Unterlagen, die seine Ehegattin betreffen, bestehe nicht, da der Kläger nicht verheiratet sei.
Der Kläger hat am 30. Juni 2010 "Restitutionsklage" beim SG erhoben. Das SG hat diese an das LSG weitergeleitet, das den Kläger darauf hingewiesen hat, sein Begehren werde als Berufung gegen das Urteil des SG vom 11. Mai 2010 gewertet. Zur Begründung legt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags sinngemäß dar, er sei niemals Mitglied der Beklagten geworden. Die Beklagten hätten keinen Nachweis dafür erbracht, dass er ledig sei. Auch habe er niemals die Möglichkeit erhalten, Akteneinsicht zu nehmen. All dies habe strafrechtsrelevanten Charakter. Abweichend zu seinem bisherigen Vortrag führt er aus, er sei mit einer P. M., geboren 1981, seit 8. Dezember 2007 verheiratet (vgl Bl 5 der LSG-Akte). Bei dieser bleibe er auch mitversichert (vgl Bl 10 der LSG-Akte). Die Tatsache, dass sich dies nicht aus der Aufenthaltsbestätigung ergebe, stelle allenfalls eine Ordnungswidrigkeit dar; die Meldebestätigung könne jedoch nicht zur Klärung des Familienstandes herangezogen werden, da sie lediglich der Wohnortfeststellung diene.
Nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. August 2011 noch weitere Beitragsbescheide vom 17. November 2009, 11. Dezember 2009 und 20. Dezember 2010 vorgelegt hat, beantragt der Kläger (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2010 aufzuheben und festzustellen, dass er nicht Mitglied der Beklagten geworden ist, die Bescheide vom 18. Januar 2008, 25. Juni 2008, 8. Oktober 2008, 19. Dezember 2008, 3. August 2009, 17. November 2009 und 11. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 sowie den Bescheid vom 20. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Unterlagen über die Versicherung seiner Ehegattin herauszugeben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie halten die Entscheidung des SG für zutreffend.
Neben dem Klageverfahren hat der Kläger seine Begehren in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgt. In dem beim SG unter dem Az S 7 KR 3758/09 ER geführten Verfahren hat er den Erlass einer einstweiliger Anordnung, gerichtet auf die Zahlung von Schadensersatz durch entgangenen Unterhalt in Höhe von vorläufig 33.660,00 EUR, sowie auf Feststellung der Nichtigkeit der Mitgliedschaft bei den Beklagten begehrt. In dem Verfahren S 7 KR 3914/09 ER hat er beantragt, bis zum Abschluss des Verfahrens jeden Verwaltungsakt der Beklagten aufzuheben und die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen. Das SG hat die Anträge mit Beschlüssen vom 11. und 21. September 2009 abgelehnt. Die hiergegen eingelegten Beschwerden hat der 4. Senat des LSG mit Beschlüssen vom 13. November 2009 (Az L 4 KR 4675/09 ER-B und L 4 KR 4811/09 ER-B) zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten dieser Verfahren wird auf die Gründe der genannten Beschlüsse des 4. Senats Bezug genommen.
Da der Kläger auf Anforderung der vorherigen Berichterstatterin keine aktuelle Aufenthaltsbescheinigung vorgelegt hat, hat der Senat das Einwohnermeldeamt der Stadt M. zur Klärung des Familienstandes des Klägers seit 24. September 2007 angeschrieben. Unter dem 3. November 2010 hat die Stadtverwaltung M. mitgeteilt, der Familienstand des Klägers sei nach wie vor "ledig".
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen Akten der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig und teilweise begründet. Der Kläger ist seit 1. April 2007 versicherungspflichtiges Mitglied bei den Beklagten; insoweit ist die Berufung unbegründet (dazu unter 1.). Das Gleiche gilt hinsichtlich des Begehrens, die gegen den Kläger ergangenen Beitragsbescheide insgesamt aufzuheben. Soweit sich der Kläger sinngemäß auch gegen die Höhe der von der Beklagten geforderten Beiträge wendet, hat die Berufung teilweise Erfolg. Die Bescheide der Beklagten vom 3. August 2009, 17. November 2009 und 11. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 (§ 95 SGG) sowie der Bescheid vom 20. Dezember 2010, der gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist und über den der Senat auf Klage zu entscheiden hat, sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 1. Juli 2009 von mehr als 138,60 EUR, für die Zeit ab 1. Januar 2010 von mehr als 140,53 EUR und für die Zeit ab 1. Januar 2011 von mehr als 145,64 EUR gefordert werden (dazu unter 2.). Demgegenüber erweisen sich die zuvor ergangenen Bescheide vom 18. Januar 2008, 25. Juni 2008, 8. Oktober 2008, 19. Dezember 2008 als rechtmäßig und den Kläger nicht in subjektiven Rechten verletzend (dazu unter 3.). Letztlich besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Herausgabe der von ihm geforderten Unterlagen; insoweit ist die Berufung wiederum unbegründet (dazu unter 4.).
1. Der Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und nach § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI.
Nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V sind (seit 1. April 2007) versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 (SGB V) genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger war bis zum 31. Dezember 2006 bei der Beklagten krankenversichert. Anschließend bestand weder eine private noch eine gesetzliche Krankenversicherung. Der Kläger wohnte auch ab dem 1. Januar 2007 bei seinen Eltern, er ging keiner Erwerbsarbeit nach.
Nach § 5 Abs 8a Satz 1 SGB V ist nach Absatz 1 Nr 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist. Nach Satz 2 dieser Bestimmung gilt Satz 1 entsprechend ua für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII. Die Ausnahmetatbestände des § 5 Abs 8a Sätze 1 und 2 SGB V sind - auch nach den eigenen Angaben des Klägers in der Anzeige den Pflichtversicherung vom 10. November 2007 - nicht erfüllt. Er hatte dort angegeben, seit Ende der Familienversicherung am 31. Dezember 2006 nicht mehr selbst, über seine Eltern oder über einen Ehegatten gesetzlich oder privat krankenversichert zu sein. Er hat insoweit auch im vorliegenden Klage- und Berufungsverfahren nichts anderes behauptet. Obgleich der Kläger seinen Angaben nach erwerbslos ist, gibt es insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V besteht. Denn andernfalls wäre eine entsprechende Meldung durch den zuständigen SGB II-Leistungsträger erfolgt.
Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind nach § 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind nach § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V oder nach § 2 Abs 1 Nr 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen. Der Kläger ist - wie dargestellt - nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V versichert.
Da der Kläger zuletzt bei den Beklagten familienversichert war, sind diese die für die Durchführung der Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI zuständige Kranken- und Pflegekasse (§ 174 Abs 5 SGB V, § 48 Abs 1 Satz 1 SGB XI). Die Mitgliedschaft des Klägers begann am 1. April 2007, da der Kläger an diesem Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland war (§ 186 Abs 11 Satz 1 SGB V § 49 Abs 1 Satz 1 SGB XI). Die Versicherungspflicht trat kraft Gesetzes ein.
Für den Eintritt der Versicherungspflicht des Antragstellers nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI sowie die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen, insbesondere die Höhe der Beiträge (dazu sogleich), hat die in der "Checkliste" zunächst fehlerhaft eingetragene Annahme des zweiten Mitarbeiters, das Versicherungsverhältnis des Ehegatten sei nicht geklärt, keinerlei Auswirkungen. Die Frage, ob die Beklagten - wie vom Kläger behauptet - in irgendeiner Weise gegen den Sozialdatenschutz verstoßen haben, ist für die kraft Gesetzes eingetretene Mitgliedschaft des Klägers bei den Beklagten und die sich daraus ergebende Beitragszahlung unerheblich. Allein auf Grund der vom Kläger selbst gemachten Angaben in der Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI ergibt sich, dass die Voraussetzungen der genannten gesetzlichen Vorschriften gegeben sind. Ferner gingen und gehen die Beklagten davon aus, dass der Antragsteller ledig ist (vgl Schreiben der Beklagten zu 1) vom 3. Juli 2009). Durch die vom Senat veranlassten Ermittlungen wurde im Übrigen (nochmals) bestätigt, dass der Kläger auch nach dem 24. September 2007 noch ledig gewesen ist. Vor dem Hintergrund der entsprechenden Mitteilung des Stadtverwaltung M. vom 3. November 2010, an deren Richtigkeit zu zweifeln für den Senat kein Anlass besteht, erweist sich der entgegenstehende Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren als unzutreffend.
2. Die Bescheide vom 3. August 2009, 17. November 2009 und 11. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2009 sowie der Bescheid vom 20. Dezember 2010 sind rechtswidrig, soweit darin Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 1. Juli 2009 von mehr als 138,60 EUR, für die Zeit ab 1. Januar 2010 von mehr als 140,53 EUR und für die Zeit ab 1. Januar 2011 von mehr als 145,64 EUR gefordert werden. Während die Forderung der Mindestbeiträge auf § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V beruht, fehlt es für die Festsetzung höherer Beiträge an einer Rechtsgrundlage.
Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung der Höchstbeiträge kann nicht auf die für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige geltende Regelung in § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V (in den ab 1. April 2007 geltenden Fassungen) gestützt werden, da der Kläger - auch nach Ansicht der Beklagten - nicht zu diesem Personenkreis gehört. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit behauptet und auch aus den Akten gibt es hierfür keine Hinweise. Die für Versicherte nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V in § 227 SGB V angeordnete entsprechende Geltung des § 240 SGB V besagt nicht, dass für diese Versicherten die in § 240 SGB V für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige geltende Regelungen unabhängig davon anzuwenden sind, ob diese Versicherten eine selbständige Tätigkeit überhaupt ausüben. Wie die Regelung in § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V, die zwischen Versicherten nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V mit und ohne Anspruch auf Krankenngeld differenziert, zeigt, geht das Gesetz auch in einem anderen Zusammenhang davon aus, dass nicht jeder nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherte wie ein hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger zu behandeln ist.
Die Festsetzung der Höchstbeiträge für die Zeit ab 1. Juli 2009 findet ihre Rechtsgrundlage auch nicht in § 6 Abs 5 der vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27. Oktober 2008. Nach dieser Bestimmung sind für die weitere Beitragsbemessung für den Kalendertag beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1/30 der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen, sofern und solange Nachweise auf Verlangen der Krankenkasse nicht vorgelegt werden. Änderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines später vorgelegten Nachweises sind erst zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats zu berücksichtigen, wenn der Nachweis nach Ablauf eines Monats nach der Bekanntgabe der Beitragsfestsetzung nach Satz 1 der Krankenkasse vorgelegt wird. Zwar steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger den mit Schreiben der Beklagten vom 4. Juni 2009 übersandten Fragebogen nicht ausgefüllt und auch nicht auf andere Weise Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemacht hat, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze erfüllt sind. Der Senat ist jedoch der Ansicht, dass die Regelung in § 6 Abs 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze mit höherem Recht nicht im Einklang steht und daher unwirksam ist.
Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind Entscheidungen des GKV-Spitzenverbandes, die nach § 217e Abs 2 SGB V auch für die Versicherten verbindlich sind (vgl Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 240 SGB V - Stand Juni 2010 - Rz 5). Aufgrund der durch Gesetz angeordneten Verbindlichkeit können die Grundsätze nicht als bloße Verwaltungsvorschriften interpretiert werden (so aber HessLSG, Beschluss vom 21. Februar 2011, L 1 KR 327/10 B ER, zit nach juris); sie sind - insoweit vergleichbar mit den Richtlinien nach § 92 SGB V - Gesetze im materiellen Sinn, die Elemente der delegierten Rechtssetzung und des autonomen Satzungsrechts verbinden (so zu den Richtlinien nach § 92 SGB V Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung § 92 SGB V - Stand November 2009 - Rz 9). Ebenso wie Satzungen sind die Beitragsverfahrensgrundsätze von einer mit Selbstverwaltung ausgestatteten Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 217a SGB V) erlassen worden. Sie unterscheiden sich aber von Satzungen, weil sie vom GKV-Spitzenverband nicht im Rahmen der diesem gesetzlich verliehenen Autonomie und auch nicht nur mit Wirksamkeit für die dem Verband angehörenden Krankenkassen (Mitglieder) erlassen wurden (vgl BVerfG im sog Facharzt-Beschluss vom 9. Mai 1972, 1 BvR 518/62, 1 BvR 308/64, BVerfGE 33, 125 mwN). Die Beitragsverfahrensgrundsätze sind - insoweit vergleichbar mit Rechtsverordnungen - Regelungen, die auf einer vom Gesetz erteilten Rechtssetzungsbefugnis beruhen. Die Ermächtigung zum Erlass der Beitragsverfahrensgrundsätze folgt ua aus § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V. Da die Grundsätze somit nicht der Ausgestaltung der durch das Gesetz eingeräumten Selbstverwaltung des GKV-Spitzenverbandes dienen, sondern das Beitragsrecht zur freiwilligen Selbstverwaltung bzw - über die Verweisung in § 227 SGB V - die Beitragsentrichtung der nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherten gestalten, gelten für sie die sich aus der Verfassung ergebenden Anforderungen an den Erlass untergesetzlicher Normen im besonderen Maße. Dies bedeutet nicht nur, dass entsprechend Art 80 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Zu beachten ist auch der im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip wurzelnde Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der im Sozialrecht zudem in § 31 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auch einfachgesetzlich normiert ist. Eine Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung darf danach nur begründet werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Ob die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler diesen Anforderungen insgesamt nicht genügen (vgl hierzu HessLSG aaO; SG München, Urteil vom 2. März 2010, S 19 KR 873/09, zit nach juris), lässt der Senat offen.
Die in § 6 Abs 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vorgesehene Festsetzung des Höchstbeitrages für Versicherte nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V, die (schuldhaft) keine Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen machen und damit ihrer sich aus § 206 SGB V ergebenden Mitwirkungspflicht nicht nachkommen, wird jedenfalls von der Ermächtigungsgrundlage des § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht gedeckt. Daher ist diese Regelung unwirksam. Denn dadurch werden höhere Einnahmen nur fingiert. Hierzu hat das BSG zum früheren Recht bereits entschieden, dass gegen die Zulässigkeit einer Fiktion von höheren Mindesteinnahmen bereits § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V (Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) spreche. Mit dieser allgemeinen Handlungsanleitung werde dem Satzungsgeber gestattet und aufgetragen, die Einzelheiten der Beitragsbemessung für die freiwilligen Mitglieder - ausgerichtet an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Mitglieds - in der Satzung näher zu regeln. Hierbei könne die Krankenkasse etwa Bestimmungen darüber treffen, welche Einnahmearten zu berücksichtigen sind, inwieweit Betriebsausgaben oder Abschreibungen sich beitragsmindernd auswirken, wie Steuervergünstigungen zu behandeln sind und inwieweit Verlustausgleiche zugelassen werden. Dagegen gestatte die Vorschrift keine Fiktion tatsächlich nicht erzielter Einnahmen; denn die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds werde durch seine tatsächlichen und nicht durch fiktive Einnahmen bestimmt (BSG, Urteil vom 15. September 1992, 12 RK 51/91, SozR 3-2500 § 240 Nr 9). Diese Argumentation lässt sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Zwar hat das BSG im Urteil vom 9. Februar 1993 (12 RK 69/92, SozR 3-2500 § 240 Nr 14) entschieden, dass ein Versicherter nicht mit Erfolg geltend machen könne, dass die der Beitragsbemessung zugrundeliegenden Einnahmen zu hoch angesetzt seien, wenn er der Krankenkasse die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen unmöglich macht. Diese Entscheidung betraf aber einen selbständig Erwerbstätigen, der Einkommensteuerbescheide oder Gewinn- und Verlustrechnungen hätte vorlegen können, die Vorlage dieser Unterlagen aber verweigerte. Diese Entscheidung des BSG ist durch die Regelung in § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V inzwischen überholt.
Im Übrigen lässt sich der Regelung in § 240 Abs 4 SGB V, die für verschiedene Fallkonstellationen die Bemessung der Beiträge nach einer Mindestbemessungsgrundlage bestimmt, entnehmen, dass der Gesetzgeber die Frage, ob und in welchen Fällen von einer Mindestbemessungsgrundlage ausgegangen werden darf, abschließend geregelt hat. Auch aus diesem Grund ist für eine Regelung durch den GKV-Spitzenverband kein Raum. Ferner werden in anderen Fällen, zB bei der Verletzung von Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers (§ 28f Abs 2 Satz 3 SGB IV) oder der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Beantragung und dem Bezug von Sozialleistungen (§ 66 SGB I), die Folgen einer Verletzung dieser Pflichten ebenfalls im Gesetz selbst bestimmt. Dies hat seinen Grund darin, dass es sich dabei um wesentliche Entscheidungen handelt, die nach dem Grundsatz des Parlamentsvorbehalts im Gesetz selbst geregelt werden müssen.
3. Dagegen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig, soweit darin Beiträge nach der Mindestbemessungsgrundlage des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V festgesetzt werden.
Hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung gilt nach § 227 SGB V für die nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherungspflichtigen § 240 SGB V entsprechend. Nach § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Als beitragspflichtige Einnahmen gilt nach § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Die Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V darf auch in Härtefällen nicht unterschritten werden, etwa dann, wenn die beitragsrelevanten tatsächlichen Einnahmen des Versicherten wesentlich unter dieser Grenze liegen oder Einkommen überhaupt nicht vorhanden ist (vgl. zB BSG, Urteil vom 18. Februar 1997 - 1 RR 1/94 - SozR 3-2500 § 240 Nr 29). § 227 SGB V gilt für die Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen in der Pflegeversicherung entsprechend (§ 57 Abs 1 SGB XI).
Die Festsetzung eines Mindestbeitrags beruht direkt auf der gesetzlichen Regelung in § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V. Auf die Wirksamkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze kommt es deshalb nicht an. Das BSG hat in seiner Rechtsprechung, der der Senat folgt (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 23. August 2005 - L 11 KR 3450/04 = veröffentlicht in juris sowie Urteil vom 16. August 2011, L 11 KR 1801/10), die gesetzliche Beitragsbemessung nach Mindesteinnahmen in der freiwilligen Versicherung für Mitglieder, die nur unter dieser Grenze liegende oder überhaupt keine Einkünfte habe, ausnahmslos für verfassungsgemäß gehalten (vgl BSGE 52, 32; BSGE 70, 13; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 7; BSG SozR 3-1300 § 40 Nr 2; Urteil vom 6. November 1997 - 12 RK 61/96; vgl auch Gerlach in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB V, § 240 Rdnr 45, Stand Dezember 2008). Nach Auffassung des Senats gilt dies auch für die Beitragsbemessung der nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherten. Denn für diese Versicherten können die Beiträge zur Krankenversicherung unter den Voraussetzungen des § 32 Abs 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch vom Sozialhilfeträger übernommen werden.
Für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2007 setzten die Beklagten im Bescheid vom 18. Januar 2008 als Beitrag zur Krankenversicherung den Mindestbeitrag des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V in Höhe von 117,60 EUR (Krankenversicherung) sowie von 15,93 EUR (Pflegeversicherung) zutreffend fest. Bei der für das Jahr 2007 maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße von 2.450,00 EUR beträgt der neunzigste Teil 27,22 EUR. Da der Monat mit 30 Kalendertagen anzusetzen ist (§ 223 Abs 2 Satz 2 SGB V, § 54 Abs 2 Satz 3 SGB XI), ergeben sich beitragspflichtige Mindesteinnahmen von monatlich 816,16 EUR, bei einem ermäßigten Beitragssatz von 14,4 vH ein Beitrag zur Krankenversicherung von 117,60 EUR sowie bei einem Beitragssatz von 1,95 vH - der Kläger ist kinderlos - ein Beitrag zur Pflegeversicherung von 15,93 EUR. Gleichzeitig erhoben sie zu Recht unter Zugrundelegung der erhöhten monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2008 (= 2.485,00 EUR) einen Krankenversicherungsbeitrag von 119,28 EUR und einen Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 16,15 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2008.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2008, ersetzt durch den Bescheid vom 8. Oktober 2008, legten die Beklagten die Beitragshöhe ab 1. Juli 2008 zutreffend auf 119,28 EUR (Krankenversicherung) und 18,23 EUR (Pflegeversicherung bei Erhöhung des Beitragssatzes auf 2,2 vH) fest. Für die Zeit ab 1. Oktober 2008 ergaben sich infolge der Anhebung des Beitragssatzes in der Krankenversicherung auf 15,0 vH Beiträge in Höhe von 124,25 EUR (Krankenversicherung) und 16,16 EUR (Pflegeversicherung).
Auch die verfügte Beitragshöhe für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagten setzten im Bescheid vom 19. Dezember 2008 als Beitrag zur Krankenversicherung den Mindestbeitrag des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V in rechtmäßiger Höhe von 125,16 EUR (Krankenversicherung) sowie von 18,48 EUR (Pflegeversicherung) fest. Bei der für das Jahr 2009 maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße von 2.520,00 EUR beträgt bei einem ermäßigten Beitragssatz von 14,9 vH der Beitrag zur Krankenversicherung 125,16 EUR sowie bei einem Beitragssatz von 2,2 vH der Beitrag zur Pflegeversicherung 18,48 EUR.
Für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2009 ergibt sich ein rechtmäßiger Krankenversicherungsbeitrag von 120,12 EUR (ermäßigter Beitragssatz von 14,3 vH) und ein Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 18,48 EUR (Beitragssatz von 2,2 vH), insgesamt 138,60 EUR unter Berücksichtigung der beitragspflichtigen monatlichen Mindesteinnahmen von 840,00 EUR für das Jahr 2009 (monatliche Bezugsgröße von 2.520,00 EUR, neunzigster Teil beträgt 28,00 EUR).
Für das Jahr 2010 haben die Beklagten gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung des Mindestbeitrags des § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V in Höhe von insgesamt 140,53 EUR monatlich. Bei der für das Jahr 2010 maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße von 2.555,00 EUR und der daraus resultierenden monatliche Mindesteinnahme von 851,67 EUR beträgt bei einem ermäßigten Beitragssatz von 14,3 vH der Beitrag zur Krankenversicherung 121,79 EUR sowie bei einem Beitragssatz von 2,2 vH der Beitrag zur Pflegeversicherung 18,74 EUR.
Ab 1. Januar 2011 ergibt sich unter Zugrundelegung eines im Vergleich zu 2010 erhöhten Beitragssatzes zur Krankenversicherung um 0,6 vH (14,9 vH) ein monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung von 126,90 EUR sowie von 18,74 EUR zur Pflegeversicherung (insgesamt 145,64 EUR).
Aus der fehlerhaften Angabe in der "Checkliste" zur Frage der Klärung des Versicherungsverhältnisses eines Ehegatten sind auch hinsichtlich der Höhe der Beiträge keine Nachteile für den Kläger entstanden, weil der Familienstand bei der Beitragsbemessung keine Rolle gespielt hat. Abstufungen nach dem Familienstand sind im Übrigen auch nach § 240 Abs 2 Satz 2 SGB V - eingefügt mit Wirkung zum 1. Januar 2009 durch Art 2 Nr 29a) Buchst b) bb) des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl I, S 378) -, der nach § 227 SGB V für die nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherungspflichtigen entsprechend gilt, unzulässig (vgl hierzu Beschluss vom 13. November 2009 – L 4 KR 4811/09 ER-B).
4. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, besteht kein Anspruch des Klägers auf Herausgabe von Unterlagen seiner vermeintlichen Ehegattin. Der Kläger ist, wie bereits oben dargelegt, nicht verheiratet. Unterlagen über seine Ehegattin können damit nicht existieren.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
6. Die Revision wird zugelassen. Der Frage, ob die von der Beklagten herangezogenen einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) vom 27. Oktober 2008 den Krankenversicherungsträger auch bei versicherungspflichtigen Mitgliedern im Sinne des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V berechtigen, Beiträge unter Zugrundelegung der Beitragsbemessungsgrenze (Höchstbeiträge) zu erheben, wenn der Versicherte keine oder unvollständige Angaben zur Höhe seines Einkommens macht, kommt grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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